Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 22. Okt. 2014 - 12 Sa 617/14

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2014:1022.12SA617.14.00
bei uns veröffentlicht am22.10.2014

Tenor

1.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 21.05.2014 - 6 Ca 404/14 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 180,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2014 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die materiellen zukünftigen Schäden aus dem Schadensereignis vom 22.11.2013 in der B. straße, F., welche durch eine Rückstufung in der Kaskoversicherung noch entstehen, zu ersetzen.

2.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 48 % und die Beklagte zu 52 %.

4.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen, soweit sie mit dem Zahlungsantrag zu den Reparaturkosten (877,29 €) unterlegen ist.

Für die Beklagte wird die Revision zugelassen, soweit sie auf den Hilfsantrag verurteilt worden ist (künftige Schadensfeststellung). Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.


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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2009 - 7 Sa 70/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2009 - 7 Sa 70/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Aufwendungsersatzanspruch des Klägers wegen der Beschädigung seines Personenkraftwagens.

2

Die Beklagte handelt mit technischem Schiffs- und Industriebedarf. Der Kläger war bei ihr bis zu seinem Ausscheiden am 31. August 2007 im Verkauf beschäftigt.

3

Üblicherweise werden im Betrieb der Beklagten die auszuliefernden Waren von Lagermitarbeitern mittels eines firmeneigenen Transporters zu den Kunden befördert. Kleinere Sendungen wurden in der Vergangenheit auch durch die im Verkauf beschäftigten Mitarbeiter an die Kunden ausgeliefert bzw. bei diesen abgeholt, wenn die Wohnung des Kunden auf dem Weg des Mitarbeiters von und zur Arbeit lag. Die dadurch veranlassten Fahrten wurden als Arbeitszeiten vergütet. Die Abholung und Auslieferung von Waren mittels Privat-Pkw wurde auf Weisung der Beklagten nach dem 9. Mai 2007 zunächst eingestellt.

4

An diesem Tag war der Kläger gegen 15:45 Uhr mit seinem Kraftfahrzeug zu einem Kunden in der N-Straße in Hamburg-Wansbeck gefahren, um dort für die Beklagte Kleinteile abzuholen. Er fuhr dabei auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auf, nachdem dieses durch plötzliches Abbremsen zum Stillstand gekommen war. Der Unfall wurde polizeilich nicht aufgenommen. Den Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners regulierte die Haftpflichtversicherung des Klägers. Eine Versicherung für den am Pkw des Klägers entstandenen Schaden besteht nicht. Insbesondere hatte die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt keine Dienstreise-Kaskoversicherung abgeschlossen. Ein solcher Versicherungsschutz besteht für die Mitarbeiter der Beklagten, die ihren Privatwagen für Firmenfahrten einsetzen, erst ab dem 1. Juni 2007. Ab diesem Zeitpunkt war es den Mitarbeitern auch wieder gestattet, mit ihren Privatfahrzeugen Auslieferungs- und Abholfahrten durchzuführen. Mit E-Mail vom 15. Mai 2007 erläuterte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten, L, das Unfallgeschehen wie folgt:

        

„Wie passierte der Unfall?

        

Beim befahren der N-Str in der sich die Härterei K & S befindet bremste der sich vor meinem Unfallgegner befindliche Wagen plötzlich unverhältnismäßig stark ab um (in letzter Sekunde) links in eine Seitenstraße abzubiegen. Mein Unfallgegner der seinen Wagen gerade noch rechtzeitig zum stehen bringen konnte um oben genannten Wagen nicht zu rammen kann wie sich hinterher rausstellte nicht das Kennzeichen des Ihm vorrausfahrendem erinnern, da dieser sich sofort ‚auf und davon’ machte. Mir war es leider nicht mehr möglich meinen Wagen rechtzeitig zum stehen zu bringen so das ich meinem Unfallgegner mit einer Restgeschwindigkeit von schätzungsweise 10 bis 15 km/h auffuhr und an dem Wagen meines Unfallgegners sowie an meinem KFZ ein Schaden entstand. Die Ausgangsgeschwindigkeit hat 40 bis 45 km/h aufgrund des einsetzenden Feierabendverkehrs bei mir sowohl auch meinem Unfallgegner nicht überschritten. Ein Personenschaden ist hierbei bei beiden Parteien zum Glück nicht entstanden, sodass nach einem Austausch der Personalien auf der sich in der nähe befindlichen Polizeidienststelle jeder seine fahrt mit dem eigenem PKW fortsetzen konnte.

        

Wann? 

        

Am 09.05.2007 um ca. 15:45 Uhr

        

…“    

5

Am 2. Juli 2007 erfolgte eine Kalkulation des Sachschadens am Fahrzeug des Klägers durch die T GmbH & Co. KG. Diese kommt zu Reparaturkosten in Höhe von 7.954,73 Euro inklusive Umsatzsteuer.

6

Der Geschäftsführer der Beklagten teilte dem Kläger am 9. Juli 2007 mittels einer E-Mail mit, dass das „Gutachten“ seinen Verdacht bestätige, dass der Kläger zu schnell gefahren sei. Anderenfalls wäre es wohl nicht zu einem solchen Schaden gekommen.

7

Nachdem der Kläger eine von der Beklagten angebotene pauschale Entschädigung in Höhe von 3.000,00 Euro abgelehnt hatte und der Geschäftsführer der Beklagten schriftlich gegenüber dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen hatte, dass das „Gutachten“ (wohl: die Kalkulation) unvollständig sei, beauftragte der Kläger erneut die T GmbH & Co. KG mit der Begutachtung des Unfallschadens. Dieses neue, vom selben Gutachter erstellte Gutachten vom 20. August 2007 weist Reparaturkosten in Höhe von 9.368,72 Euro inklusive Mehrwertsteuer, einen Wiederbeschaffungswert von 6.127,45 Euro ohne Umsatzsteuer, einen Restwert von 1.500,00 Euro inklusive Umsatzsteuer sowie eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Kalendertagen aus. Im Ergebnis beurteilt das Gutachten den eingetretenen Schaden als „Totalschaden“. Für diese Begutachtung stellte die T GmbH & Co. KG dem Kläger am 22. August 2007 einen Betrag von 689,63 Euro inklusive Umsatzsteuer in Rechnung.

8

Am 19. September 2007 verkaufte der Kläger seinen Pkw unrepariert an einen Dritten, nachdem er den Wagen zunächst in einem Internetforum erfolglos für 3.999,00 Euro zum Verkauf angeboten hatte. Der Kaufvertrag weist einen Verkaufserlös von 1.600,00 Euro aus.

9

Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen des Totalschadens an seinem Kraftfahrzeug die Zahlung des Wiederbeschaffungswerts (6.127,45 Euro) abzüglich des Restwerts (1.500,00 Euro), die Erstattung der verauslagten Gutachterkosten (689,63 Euro), eine Nutzungsausfallentschädigung (700,00 Euro) sowie den Ersatz des Rückstufungsschadens bei seiner Haftpflichtversicherung (869,00 Euro).

10

Er trägt vor, die Fahrt zu dem Kunden sei mit seinem Vorgesetzten abgesprochen gewesen. In der N-Straße habe der unmittelbar vor seinem Unfallgegner fahrende Pkw unerwartet stark abgebremst, um nach links in eine Seitenstraße einzubiegen. Der direkt vor dem Kläger fahrende Pkw habe durch starkes Bremsen einen Auffahrunfall noch verhindern können, während ihm dies nicht mehr gelungen sei. Die Abstände von Fahrzeugen im dichten Kolonnenverkehr seien geringer als bei freier Fahrt. Daher könne bei plötzlichem Bremsen ein Auffahrunfall leicht passieren.

11

Weiter behauptet der Kläger, er sei vor dem Unfall wegen des bereits einsetzenden Feierabendverkehrs lediglich mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 45 km/h gefahren und habe diese zum Zeitpunkt der Kollision auf etwa 10 bis 15 km/h reduziert gehabt. Eine genauere Geschwindigkeitsangabe könne er nicht machen, weil er im dichten Innenstadtverkehr nur gelegentlich auf den Tachometer habe schauen können und daher angegebene Geschwindigkeiten lediglich „gefühlte“ Geschwindigkeiten seien. Die auf den Fotografien des Gutachters erkennbare starke Deformation des Frontbereichs seines Fahrzeugs könne kein Indiz für eine höhere Geschwindigkeit sein, da dieses einen Mittelmotor habe und der Frontbereich als Knautschzone diene.

12

Der Kläger meint, die Beklagte müsse ihm die an seinem Fahrzeug entstandenen Unfallschäden in entsprechender Anwendung des § 670 BGB ersetzen, weil er das Fahrzeug mit Billigung der Beklagten für deren Geschäftsbetrieb eingesetzt habe. Seine Unfallverursachung sei als Mitverschulden in entsprechender Anwendung des § 254 BGB zu berücksichtigen, dies jedoch unter Anwendung der Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung bei betrieblich veranlasster Tätigkeit. Ihm sei nur ein leichter Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen, weshalb seine Mithaftung entfalle. Aber selbst, wenn er mit mittlerer Fahrlässigkeit gehandelt hätte, würde sich sein Haftungsumfang nicht ändern, weil die Versicherbarkeit des eingetretenen Schadens berücksichtigt werden müsse. Weil die Beklagte die gebotene Dienstreise-Kaskoversicherung erst nach dem Unfallzeitpunkt abgeschlossen habe, müsse sie den Unfallschaden voll umfänglich tragen.

13

Der Kläger ist der Ansicht, seine Unfallschilderung lasse auch Rückschlüsse auf den Grad seines Verschuldens zu. Der von ihm eingeräumte zu geringe Abstand zum Vordermann rechtfertige nicht die Annahme einer groben Fahrlässigkeit. Eine solche könne nur beim Hinzutreten weiterer Umstände, wie etwa einer massiven Geschwindigkeitsüberschreitung, angenommen werden. Im Übrigen trage nicht er die Darlegungs- und Beweislast, dafür, dass grobe Fahrlässigkeit nicht vorliege. Das Vorliegen einer solchen müsse der Arbeitgeber beweisen.

14

Auch sei es ihm nicht zuzumuten gewesen, das beschädigte Fahrzeug bis zu einer gerichtlich veranlassten Begutachtung vorzuhalten. Vielmehr habe er mit der Veräußerung des beschädigten Wagens seiner Schadensminderungspflicht genügt.

15

Letztlich behauptet der Kläger, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm die Übernahme von 2/3 der Reparaturkosten zugesagt.

16

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.886,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. September 2007 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

18

Sie macht geltend, ein Erstattungsanspruch des Klägers scheide bereits deshalb aus, weil dieser auf seiner privaten Heimfahrt von der Arbeit einen dienstlichen Auftrag lediglich miterledigt habe. Außerdem sei der Auffahrunfall vom Kläger grob fahrlässig verursacht worden. Dies folge aus der erheblichen Verformung des Fahrzeugs, dem hohen Reparaturkostenaufwand und dem Erfordernis einer Instandsetzung unter Verwendung einer Richtbank. Auch bestünden an der Richtigkeit des Gutachtens vom 20. August 2007 Zweifel, insbesondere weil derselbe Gutachter den Umfang der Reparatur in seinen beiden Bewertungen unterschiedlich eingeschätzt habe und der Restwert von 1.500,00 Euro vor dem Hintergrund des Verkaufsangebots des Klägers für 3.999,00 Euro zu niedrig angesetzt sei. Ein Rückstufungsschaden habe sich beim Kläger bislang nicht realisiert, weil er nicht vorgetragen habe, ein neues Auto angeschafft zu haben.

19

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Ersatzanspruch nicht zu.

21

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ungeachtet der Frage, ob eine Veranlassung der Unfallfahrt am 9. Mai 2007 durch die Beklagte vorgelegen habe, sei ein Aufwendungsersatzanspruch des Klägers entsprechend § 254 BGB ausgeschlossen.

22

Voraussetzung eines sich aus der analogen Anwendung des § 670 BGB ergebenden Ersatzanspruchs sei, dass der Arbeitnehmer den Schaden nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe. Den Arbeitnehmer treffe die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, welche eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen. Diese Darlegungslastverteilung ergebe sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen müsse. Dieser Darlegungslast sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe nicht ausreichend konkret vorgetragen, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Der Kläger hätte Tatsachen vorbringen müssen, welche die ernsthafte Möglichkeit aufzeigen, dass der Geschehensablauf nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhe. Seine Angaben zu der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit seien nicht nachvollziehbar. Auch habe er keine Umstände vorgetragen, aus welchen geschlossen werden könne, wie groß sein Sicherheitsabstand tatsächlich gewesen sei. Auch fehle Sachvortrag zu weiteren Umständen, welche den Unfall mitverursacht haben könnten. Daneben sei das klägerische Vorbringen nicht zutreffend, die N-Straße sei eine verhältnismäßig kleine Straße mit einspuriger Verkehrsführung je Richtung. Der Kläger habe Fotografien vorgelegt, die auf eine zweispurige Straßenführung schließen ließen, bei der die zweite Spur sich in Form einer Abbiegespur auf eine Spur verenge. Im Übrigen sei eine Aufprallgeschwindigkeit von 10 bis 15 km/h unter Berücksichtigung der gutachterlich festgestellten Schäden höchst unwahrscheinlich. Der Kläger habe die von ihm vorgebrachten und von der Beklagten bestrittenen Umstände auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr habe er durch die Unterlassung der polizeilichen Unfallaufnahme und den Verkauf des beschädigten Fahrzeugs die Situation heraufbeschworen, dass keine Partei den Beweis über die Frage der groben Fahrlässigkeit antreten könne. Er könne sich auch nicht darauf berufen, sein Fahrzeug im Interesse der Beklagten zur Wahrung seiner Schadensminderungspflicht veräußert zu haben, weil er die Möglichkeit eines selbstständigen Beweissicherungsverfahrens hätte nutzen können, um den Pkw dennoch kurzfristig verkaufen zu können.

23

Schließlich sei der Ersatzanspruch auch nicht aufgrund einer gesonderten Vereinbarung begründet, nach welcher die Beklagte 2/3 der Kosten übernehmen werde, da zum einen der Abschluss einer solchen Vereinbarung vom Kläger nicht ausreichend substantiiert dargelegt worden sei und er zum anderen nicht vorgetragen habe, ein solches Angebot der Beklagten angenommen zu haben.

24

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

25

1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ein Aufwendungsersatzanspruch in analoger Anwendung des § 670 BGB in Betracht kommt.

26

a) Nach § 670 BGB kann der Beauftragte vom Auftraggeber Ersatz von Aufwendungen verlangen, die er zum Zwecke der Ausführung des Auftrages gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Ein Arbeitnehmer hat in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Anspruch auf Ersatz von Schäden, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Voraussetzung der Ersatzfähigkeit des Eigenschadens ist, dass dieser nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält (BAG GS 10. November 1961 - GS 1/60 - BAGE 12, 15 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 2 = EzA BGB § 670 Nr. 2; BAG 8. Mai 1980 - 3 AZR 82/79 - BAGE 33, 108 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 6 = EzA BGB § 670 Nr. 14).

27

Sachschäden des Arbeitnehmers, mit denen nach Art und Natur des Betriebs oder der Arbeit nicht zu rechnen ist, insbesondere Schäden, die notwendig oder regelmäßig entstehen, sind arbeitsadäquat und im Arbeitsverhältnis keine Aufwendungen iSd. § 670 BGB. Handelt es sich dagegen um außergewöhnliche Sachschäden, mit denen der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder der Arbeit nicht ohne weiteres zu rechnen hat, so liegt eine Aufwendung nach § 670 BGB vor(Senat 20. April 1989 - 8 AZR 632/87 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 9 = EzA BGB § 670 Nr. 20). Ein Verkehrsunfall bei der Auslieferung oder Abholung von Waren für den Arbeitgeber beruht zwar auf der dem Fahrer übertragenen und damit betrieblich veranlassten Tätigkeit, gehört aber nicht zu den üblichen Begleiterscheinungen dieser Tätigkeit (Senat 16. März 1995 - 8 AZR 260/94 - BAGE 79, 294 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 12 = EzA BGB § 670 Nr. 24) und ist mithin nicht arbeitsadäquat.

28

b) In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde. Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste (Senat 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2).

29

Das Landesarbeitsgericht hat die Frage, ob eine Veranlassung für die Fahrt am 9. Mai 2007 seitens der Beklagten vorgelegen hat, dahinstehen lassen. Die betriebliche Veranlassung ergibt sich allerdings bereits aus dem unstreitigen Parteivorbringen.

30

Der Kläger hat seinen Pkw im Betätigungsbereich der Beklagten eingesetzt, weil diese ohne diesen Einsatz ein eigenes Fahrzeug benötigt hätte und damit das Unfallrisiko hätte tragen müssen. Die Beklagte räumt ein, dass der Kläger am Unfalltag bei der Firma K & S Kleinteile abholen sollte, weist aber darauf hin, dass er nicht angewiesen worden sei, dafür sein eigenes Fahrzeug zu benützen. Sie meint, der Transport hätte nicht mit dem Privat-Pkw erfolgen müssen, weil für entsprechende Fahrten ein Lieferwagen zur Verfügung stehe. Daraus folgert sie, dass die Abholung der Kleinteile und damit die Fahrt zur Firma K & S zwar im betrieblichen Interesse gelegen habe, die Nutzung des Privat-Pkws jedoch im Interesse des Klägers.

31

Da die Beklagte den Kläger beauftragt hatte, die Teile mit einem Kraftfahrzeug bei dem Kunden bzw. Auftragnehmer abzuholen und der Kläger hierfür seinen eigenen Pkw benutzt hat, hat er diesen im Betätigungsbereich der Beklagten eingesetzt. Ob dies neben dem Interesse der Beklagten auch seinem eigenen Interesse gedient hat, ist unbeachtlich. Die Benutzung seines eigenen Fahrzeugs erfolgte mit Billigung der Beklagten. Im Betrieb der Beklagten war es - wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat - üblich, dass Mitarbeiter mit ihren Privatfahrzeugen Gegenstände zu Kunden bringen und/oder dort abholen. Diese Praxis ergibt sich auch aus der Mitarbeiterinformation vom 1. Juni 2007, in welcher es heißt: „… Es können also Mitarbeiter wieder mit dem privaten Pkw Firmenfahrten unternehmen“. Auch der Umstand, dass die Beklagte Fahrtzeiten für Auslieferungs- oder Abholfahrten mit Privat-Pkws als Arbeitszeiten vergütet hat, lässt auf die grundsätzliche Billigung der Nutzung von Privatwagen schließen. Deshalb hätte die Beklagte eine konkrete gegenteilige Weisung behaupten müssen, wenn sie eine Billigung der vom Kläger durchgeführten Fahrt mit seinem Fahrzeug zu dem Kunden am 9. Mai 2007 in Abrede stellen will.

32

c) Für diesen mit Billigung der Beklagten in deren Betätigungsbereich durchgeführten Einsatz des eigenen Kraftfahrzeugs hat der Kläger keine besondere zur Abdeckung des Unfallschadenrisikos bestimmte Vergütung erhalten. Ihm wurde weder eine Fahrtenpauschale oder Wegstreckenentschädigung gezahlt noch ist vom Landesarbeitsgericht festgestellt oder von den Parteien vorgetragen, dass ihm wegen der privaten Pkw-Nutzung eine erhöhte Vergütung gezahlt worden ist.

33

d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass ein Ersatzanspruch des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist.

34

aa) Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient. Andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein, als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde. Ein Ersatzanspruch kann daher nur in dem Umfange bestehen, in dem der Arbeitgeber eine Beschädigung seiner Sachmittel hinzunehmen hätte.

35

bb) Ein Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Rechtsgedanken des § 670 BGB auf Aufwendungsersatz scheidet dann aus, wenn der Arbeitnehmer infolge einer schuldhaften Handlungsweise sein Vorgehen den Umständen nach nicht für erforderlich halten durfte(Senat 14. November 1991 - 8 AZR 628/90 - BAGE 69, 81 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 10 = EzA BGB § 670 Nr. 22). Bei der Bewertung, wann und ggf. in welchem Umfange Verschulden des Arbeitnehmers den Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, kommen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung. In Anwendung des Rechtsgedankens des § 254 BGB bedeutet dies, dass im Falle leichtester Fahrlässigkeit eine Mithaftung des Arbeitnehmers entfällt(Senat 17. Juli 1997 - 8 AZR 480/95 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 14 = EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 6; 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2). Bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen und bei grob fahrlässiger Schadensverursachung ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen (Senat 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 - BAGE 59, 203 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 7 = EzA BGB § 670 Nr. 19).

36

cc) Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger im Streitfalle nicht der geltend gemachte Anspruch auf volle Erstattung des Unfallschadens zu.

37

Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers mit der Begründung verneint, dieser habe nicht ausreichend konkret vorgetragen, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Das Berufungsgericht meint, dem Kläger obliege die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, welche eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen.

38

Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 - BAGE 59, 203 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 7 = EzA BGB § 670 Nr. 19).

39

Auch im Schrifttum ist es annähernd einhellige Auffassung, dass der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände trägt, die eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen, wenn er die volle Erstattung eines erlittenen Schadens verlangt (ErfK/Preis/Müller-Glöge 10. Aufl. § 619a BGB Rn. 92; MüArbR/Blomeyer 2. Aufl. § 96 Rn. 74; MüArbR/Reichold 3. Aufl. § 85 Rn. 32; AR-Blattei SD 860.1 Rn. 184a; Frieges NZA 1995, 403). Begründet wird dies damit, dass eine erforderliche Aufwendung iSv. § 670 BGB nur unter Ausschluss eines bestimmten Verschuldens vorliegen könne. Da mithin für einen unbeschränkten Aufwendungsersatzanspruch Voraussetzung sei, dass der Arbeitnehmer den Schaden nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe, treffe diesen auch die Darlegungslast für Umstände, die eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen. Die Darlegungslast folge der Regel, dass derjenige die Umstände darzulegen hat, der sich auf deren Vorliegen oder Nichtvorliegen beruft (Frieges NZA 1995, 403; aA Müller-Glöge FS Dieterich S. 387).

40

In Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten keinen Schadensersatzanspruch geltend. Vielmehr verlangt er den Ersatz erforderlicher Aufwendungen nach § 670 BGB. Voraussetzung eines solchen Aufwendungsersatzanspruchs ist, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen für diesen Anspruch gegeben sind. Zu diesen zählt, wenn der Arbeitnehmer vollen Ersatz seiner Aufwendungen verlangt, unter Berücksichtigung der Haftungsregeln für den innerbetrieblichen Schadensausgleich, dass seine Aufwendungen nur dann als in vollem Umfange erforderlich zu betrachten sind, wenn sich der Arbeitnehmer nicht schuldhaft (vgl. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern allenfalls leicht fahrlässig verhalten hat (vgl. Senat 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 - BAGE 59, 203 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 7 = EzA BGB § 670 Nr. 19). Damit muss nach den allgemeinen prozessualen Darlegungs- und Beweislastregeln, die verlangen, dass der Anspruchssteller alle Tatbestandsvoraussetzungen für seinen geltend gemachten Anspruch darlegt und ggf. beweist, der Arbeitnehmer, der vollen Aufwendungsersatz entsprechend § 670 BGB verlangt, zunächst darlegen, dass er den Schaden nicht schuldhaft, dh. vorsätzlich oder normal fahrlässig, sondern allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat.

41

dd) Das Landesarbeitsgericht hat im Einzelnen ausgeführt, warum es annimmt, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass er den Auffahrunfall nicht grob fahrlässig verschuldet habe. Ebenso wie die Feststellung des Grades des Verschuldens eines Arbeitnehmers durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nur beschränkt nachprüfbar ist (vgl. Senat 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70), muss dies auch für die Feststellung des Landesarbeitsgerichts gelten, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines bestimmten Verschuldensgrades seien ausreichend oder nicht ausreichend vom Darlegungsverpflichteten dargelegt. Damit kann die Annahme des Landesarbeitsgerichts, aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich nicht das Nichtvorliegen grober Fahrlässigkeit, durch den Senat lediglich darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht von den richtigen rechtlichen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt hat und Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften nicht verletzt hat (vgl. Senat 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - mwN, aaO).

42

Dieser beschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält das Berufungsurteil stand.

43

ee) Der Kläger hat sich darauf beschränkt vorzutragen, dass der vor ihm fahrende Pkw plötzlich und unerwartet stark abgebremst habe, weil ein vor diesem fahrender Pkw seinerseits unvermittelt gebremst habe, um abzubiegen. Während der vor dem Kläger fahrende Wagen noch zum Stehen gebracht werden konnte, sei ihm dies nicht mehr gelungen. Der Kläger hat eine geschätzte Eigengeschwindigkeit von 40 bis 45 km/h und eine Aufprallgeschwindigkeit von etwa 10 bis 15 km/h angegeben. Zu seinem Sicherheitsabstand hat der Kläger zwar ausgeführt: „Es fällt dem Kläger schwer, seinen Abstand zum Vordermann genau zu bemessen. Es mögen 10 bis 15 Meter gewesen sein. Es war ein Abstand wie er nach seiner Erfahrung im dichten Stadtverkehr üblich ist“. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Vorbringen zwar nicht in den Tatbestand aufgenommen, aber in den Entscheidungsgründen ausgeführt:

        

„Soweit der Kläger behauptet, seine Ausgangsgeschwindigkeit habe infolge des einsetzenden Feierabendverkehrs 40 bis 45 km/h betragen, er sei nach dem Abbremsen mit 10 bis 15 Stundenkilometern Geschwindigkeit auf seinen Vordermann aufgefahren, sind diese Angaben auch für die Berufungskammer nicht nachvollziehbar. Denn der Kläger selbst geht nur von einer von ihm geschätzten Geschwindigkeit aus. Er trägt vor, der Autofahrer könne im innerstädtischen Verkehr die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs nur sporadisch durch einen Blick auf den Tacho überprüfen. Es habe sich um ‚gefühlte Geschwindigkeit’ gehandelt. Der Kläger hat jedoch keine Tatsachen dazu vorgetragen, wie er an den Wert zwischen 10 und 15 km/h Aufprallgeschwindigkeit gelangt ist. Messungen haben nicht stattgefunden. Der Unfall wurde nicht polizeilich aufgenommen. Die behauptete Ausgangsgeschwindigkeit, die der Kläger pauschal und ohne Beweisantritt mit 40 bis 45 km/h angibt, die Länge des Bremsweges, aus der sich Rückschlüsse auf die Auffahrgeschwindigkeit hätten ziehen lassen, wären aber von erheblicher Bedeutung gewesen, um den Verschuldensgrad bewerten zu können. Da der Kläger den Sicherheitsabstand zu seinem Vordermann nicht einhielt, hätte es entsprechender Darlegung bedurft, wie groß denn der Abstand gewesen sein soll. Dazu hat der Kläger aber keinerlei Umstände vorgetragen. …“

44

Diese Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe den von ihm eingehaltenen Sicherheitsabstand nicht dargelegt, hat der Kläger in der Revisionsbegründung als unzutreffend gerügt. Diese Verfahrensrüge ist zwar statthaft, jedoch nicht ausreichend begründet.

45

Der in einem Berufungsurteil festgestellte Sachverhalt bindet das Revisionsgericht, gleichgültig ob die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand oder in den Entscheidungsgründen getroffen sind (BAG 13. Juni 1996 - 2 AZR 497/95 - RzK I 5 g Nr. 64; 20. Mai 1988 - 2 AZR 682/87 - BAGE 59, 32 = AP KSchG 1969 § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 9 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 3), soweit sie nicht mit einer wirksamen Rüge angegriffen sind.

46

Der Vortrag des Klägers stellt keine begründete Verfahrensrüge dar. Er ist nämlich nicht geeignet, den eingehaltenen Sicherheitsabstand zum Vorausfahrenden zu beschreiben, weil er keine Grundlagen für die vorgenommene Schätzung enthält. Deshalb ist das klägerische Vorbringen auch nicht ausreichend, die Annahme des Landesarbeitsgerichts zu erschüttern, er habe nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand zu seinem Vordermann eingehalten. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass derjenige, der im Straßenverkehr auf den Vorausfahrenden auffährt, in der Regel unaufmerksam oder zu dicht hinter diesem gefahren ist (st. Rspr., vgl. BGH 16. Januar 2007 - VI ZR 248/05 - NJW-Spezial 2007, 161).

47

Diesen Anscheinsbeweis hätte der Kläger durch Darlegung konkreter Gegentatsachen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen, nichttypischen Geschehensverlaufs ergibt, erschüttern müssen (vgl. BAG 18. Januar 1995 - 5 AZR 817/93 - BAGE 79, 115 = AP BGB § 812 Nr. 13 = EzA BGB § 818 Nr. 8).

48

Entscheidend für die rechtliche Beurteilung des Sachvortrags des Klägers ist auch, dass dieser keine besonderen Umstände vorgetragen hat, die nahelegen, dass sein Verschulden nicht grob fahrlässig gewesen ist. Hinsichtlich seines Vortrags, er sei im Kolonnenverkehr gefahren, erschließt sich nicht, weshalb das vorausfahrende Fahrzeug vollständig zum Stehen gebracht werden konnte, während dem Kläger dies mit seinem Fahrzeug nicht gelungen und er auf das stehende Fahrzeug aufgefahren ist. Ob die Aufmerksamkeit des Klägers durch äußere Umstände abgelenkt oder er schlicht unkonzentriert war oder ob der Unfall trotz bestmöglicher Reaktion erfolgt ist, sind Umstände, die lediglich der Kläger kennt, und deren Darlegung für eine zweckdienliche Einlassung durch die Beklagte ebenso zwingend ist wie für eine Beurteilung des Verschuldensgrades des klägerischen Verhaltens. Während in den Fällen mangelnder Aufmerksamkeit des Klägers der Abstand möglicherweise „nur“ subjektiv zu gering war, so wäre er im letztgenannten Fall objektiv zu gering gewesen.

49

Soweit hinsichtlich eines „nur“ subjektiv zu geringen Abstandes äußere Umstände die Aufmerksamkeit des Klägers abgelenkt haben sollten, so wäre für die Frage des Verschuldens entscheidend, welche äußeren Umstände die Aufmerksamkeit beeinträchtigt haben. So begründete beispielsweise die Beobachtung spielender Kinder am Fahrbahnrand oder das plötzliche und unerwartete Aufleuchten einer Warnlampe am Armaturenbrett einen anderen Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich eines hierdurch erfolgten Auffahrunfalls, als beispielsweise das Telefonieren mit einem Mobiltelefon, das Anzünden einer Zigarette oder das Wechseln einer CD. Sollte der Unfall trotz bestmöglicher Reaktion erfolgt und damit der eingehaltene Abstand objektiv zu gering gewesen sein, stellten sich hinsichtlich des Fahrlässigkeitsvorwurfs beispielsweise die Fragen, ob dies für den Fahrer erkennbar und wie stark der zwingende Mindestabstand unterschritten war.

50

Den gebotenen einlassungsfähigen Vortrag kann der Kläger auch nicht erfolgreich durch Bezugnahme auf das von der T GmbH & Co. KG erstellte Gutachten ersetzen. Zwar mag ein solches grundsätzlich als substantiiertes Parteivorbringen zu betrachten sein, jedoch kommt es vorliegend hierauf nicht an. Streitentscheidend ist zunächst die Frage des Verschuldens und nicht die der Höhe des Schadens. Hinsichtlich der Frage des Verschuldens bzw. der Umstände, die Rückschlüsse auf das Verschulden zulassen, namentlich der Aufprallgeschwindigkeit, enthält das Gutachten keine Aussagen, zumal die Aufprallgeschwindigkeit nur sehr bedingt Rückschlüsse auf das Verschulden zulässt. Hätte der Fahrer eines Kraftfahrzeugs einen Auffahrunfall verursacht, weil er beispielsweise gerade eine SMS auf seinem Mobiltelefon eingegeben oder gelesen hat, so wäre es für die Qualifizierung als grob fahrlässiges Verschulden gleichgültig, ob die Aufprallgeschwindigkeit 15 oder 45 km/h betragen hätte.

51

ff) Der Einwand des Klägers, es stelle einen Wertungswiderspruch dar, dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für eine nicht grob fahrlässige Verursachung eines Schadens im Falle der betrieblich veranlassten Beschädigung des eigenen Pkws aufzuerlegen, während der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für den Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers trägt, wenn dieser bei der gleichen Tätigkeit einen Firmenwagen beschädigt, greift zumindest vorliegend nicht durch. Auch im Rahmen eines arbeitgeberseitigen Schadensersatzanspruchs wegen der Beschädigung eines Firmenwagens ist eine abgestufte Darlegungslast hinsichtlich der Umstände, die zur Beschädigung geführt haben, zu beachten. Das heißt, auch dann hätte sich der Kläger zunächst zu den konkreten Umständen des Schadensfalles erklären müssen (vgl. Senat 17. September 1998 - 8 AZR 175/97 - BAGE 90, 9 = AP BGB § 611 Mankohaftung Nr. 2 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 64), da an die Darlegungslast des Arbeitgebers keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber gelegen hat (vgl. Senat 2. Dezember 1999 - 8 AZR 386/98 - AP BGB § 611 Mankohaftung Nr. 3 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 67). Auch nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger darlegen müssen, wie es zu dem Auffahrunfall gekommen ist, damit für die Beklagte die Möglichkeit bestanden hätte, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass und ggf. mit welchem Grad der Fahrlässigkeit der Kläger den Unfall verschuldet hat.

52

gg) Da sich aus dem Vorbringen des Klägers keine ausreichenden Anhaltspunkte für den Grad seines Verschuldens im Zusammenhang mit dem von ihm verursachten Auffahrunfall ergeben, war auch nicht zu entscheiden, ob zu seinen Gunsten aufgrund einer nur „normalen“ Fahrlässigkeit eine anteilige Kostenerstattungspflicht der Beklagten in Frage kommen könnte.

53

hh) Auch der Nichtabschluss einer Dienstreise-Kaskoversicherung durch die Beklagte führt nicht zu einem Aufwendungsersatzanspruch des Klägers. Ebenso wenig wie der Arbeitgeber verpflichtet ist, für ein vom Arbeitnehmer genutztes Firmenfahrzeug eine Vollkaskoversicherung abzuschließen (Senat 24. November 1987 - 8 AZR 66/82 - BAGE 57, 47 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 92 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Tätigkeit Nr. 16), besteht eine solche Verpflichtung zum Abschluss einer Kaskoversicherung zugunsten eines vom Arbeitnehmer für Dienstfahrten eingesetzten Privatwagens.

54

2. Der Ersatzanspruch steht dem Kläger auch nicht aufgrund einer Vereinbarung mit der Beklagten zu. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass weder die näheren Modalitäten der vom Kläger behaupteten Kostenübernahmeverpflichtung der Beklagten durch diesen vorgetragen sind noch die Annahme eines entsprechenden Übernahmeangebots durch ihn.

55

Unstreitig hatte der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger pauschal 3.000,00 Euro als Entschädigung angeboten. Hiermit war der Kläger aber nicht einverstanden. Dies hat er dem Geschäftsführer der Beklagten auch mitgeteilt und hierdurch dessen Angebot nicht angenommen.

56

Der Kläger hat nicht konkret vorgetragen, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm angeboten, ungeachtet der noch festzustellenden Höhe des Schadens, zwei Drittel des Schadens auszugleichen. Dass die angebotenen 3.000,00 Euro möglicherweise annähernd zwei Drittel des zunächst vom Kläger geschätzten Schadens ausgemacht haben, lässt nicht den Schluss zu, die Beklagte habe ihm den Ersatz von zwei Dritteln des Schadens zugesagt.

57

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Dezember 2009 - 6 Sa 637/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Erstattung des am Personenkraftwagen des Klägers entstandenen Schadens.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2008 in der von der Beklagten betriebenen Klinik als Oberarzt beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 9. Mai 2006 fanden auf sein Arbeitsverhältnis ua. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nebst dem Besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung.

3

Am Sonntag, dem 6. Januar 2008, hatte der Kläger Rufbereitschaftsdienst, den er von seinem Wohnort in A aus wahrnahm. Während dieses Dienstes wurde er mehrmals ua. gegen 9:00 Uhr zum Einsatz im Krankenhaus aufgefordert. Auf der Fahrt dorthin hatte er einen Unfall.

4

Mit Schreiben vom 14. Januar 2008 an seinen Vorgesetzten W sowie den stellvertretenden Verwaltungsleiter der Klinikumsverwaltung F beantragte der Kläger die Erstattung von Pkw-Reparaturkosten und legte auszugsweise dar:

        

„am Sonntag, 06.01.08, befand ich mich in Rufbereitschaft. Es wurde an diesem Tag vor Straßenglätte gewarnt. Ich wurde um ca. 9:00 Uhr zur Patientenaufnahme ins Klinikum gerufen. Auf der ST 2045 von A nach L etwa 100 m vor der Abzweigung nach G (siehe Straßenkarte) kam ich mit meinem PKW auf eine Eisplatte und kam ins Rutschen. Der PKW kam nach links auf die Gegenfahrbahn und rutschte von der Fahrbahn in den Graben. Da ich ohne Hilfe das Fahrzeug nicht aus dem Graben fahren konnte, rief ich Herrn B an, der mir mit einer Seilwinde zu Hilfe kam. Der PKW konnte so wieder auf die Straße gestellt werden.

        

Als Zeugen sind … zu benennen.

        

Die Begutachtung des Schadens nahm die Fa. V vor (siehe Anlage). Der Schaden an meinem PKW beträgt € 6.690,80.

        

Ich bitte Sie um Übernahme der Reparaturkosten.“

5

Am Folgetag wandte sich W unter der Betreffangabe: „Unfall von OA Ab am 06.01.2008 im Rahmen der Rufbereitschaft“ schriftlich an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F. In diesem Schreiben heißt es ua.:

        

„im Rahmen der derzeit in der Neurologie etablierten Rufbereitschaft ist es am 06.01.2008 zu einem Wegeunfall von der Wohnung von Dr. Ab zur Klinik gekommen.

        

Im Rahmen der Rufbereitschaft ist sein Fahrzeug auf der Staatsstraße 2045 von A zum Klinikum L von der Straße abgekommen. Dabei entstand ein Sachschaden an seinem Fahrzeug in Höhe von 6.690,80 Euro (siehe beiliegenden Kostenvoranschlag). Ein Personenschaden ist nicht entstanden und wird nicht geltend gemacht.

        

Diese Rufbereitschaft durch die Neurologie ist im Rahmen der Grundversorgung des Krankenhauses etabliert. Ich bitte Sie, zu überprüfen, in wie weit dieser im Rahmen der Rufbereitschaft aufgetretene Sachschaden bei einer Dienstfahrt am Fahrzeug versicherungsmäßig durch den Krankenhausträger abgedeckt ist.

        

Um die näheren Einzelheiten zu besprechen, schlage ich vor, dass wir kurzfristig einen Gesprächstermin miteinander vereinbaren.

        

Im Voraus möchte ich mich für Ihre Hilfe und Unterstützung bedanken, um diesen Schaden entsprechend schnell - auch für den Mitarbeiter - abwickeln zu können.“

6

Der beiden Schreiben beigefügte Kostenvoranschlag der Autohaus V weist voraussichtliche Reparaturkosten von 6.690,80 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer) aus. Zu einer Schadensregulierung durch die Beklagte oder deren Versicherung kam es in der Folgezeit nicht.

7

Der Kläger meint, die Beklagte sei dazu verpflichtet, ihm die veranschlagten Reparaturkosten von netto 5.622,52 Euro sowie die Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlags (75,00 Euro) zu ersetzen und eine Schadenspauschale (30,00 Euro) zu zahlen, da es sich bei der Fahrt von seinem Wohnort in die Klinik um eine Dienstfahrt gehandelt habe. Der Charakter der Fahrt als Dienstfahrt ergebe sich auch aus dem Schreiben seines Vorgesetzten W vom 15. Januar 2008. Mit der Entgegennahme des Anrufs, mit welchem er in die Klinik gerufen worden sei, habe er seinen Dienst aufgenommen. Dies folge ua. daraus, dass es sich bei den Bereitschaftsdienstzeiten um Arbeitszeit iSd. bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 2005 zur Bereitschaftsdienstregelung handele.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.727,52 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu bezahlen. Ein Betrag in Höhe von 5.622,52 Euro ist seit dem 16. Januar 2008, ein weiterer Betrag in Höhe von 100,00 Euro seit dem 22. Januar 2008 und ein weiterer Betrag in Höhe von 5,00 Euro seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie bestreitet den Unfallhergang, die behauptete Unfallursache sowie den Umfang der Beschädigungen am Fahrzeug. Außerdem vertritt sie die Auffassung, ein Erstattungsanspruch scheide bereits deshalb aus, weil es sich bei der Fahrt nicht um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt habe. Der Kläger habe im Rahmen seiner Rufbereitschaft die Freiheit der Ortswahl und könne den Aufenthaltsort so wählen, dass er ohne Inanspruchnahme von Hilfe seines Arbeitgebers rechtzeitig seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen könne. Daher trage der Kläger auch das Wegerisiko im Falle seines Einsatzes während der Rufbereitschaftszeit.

11

Im Übrigen bestehe bereits deshalb kein Ersatzanspruch, da der Kläger seine Fahrweise nicht den winterlichen Straßenverhältnissen angepasst habe und dadurch den Unfall grob fahrlässig verschuldet habe.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der von dem Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und einen Ersatzanspruch nach § 670 BGB abgelehnt, da der Kläger sein Fahrzeug zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Unfall ereignet haben soll, nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers, sondern in seinem eigenen Betätigungsbereich eingesetzt habe. Es sei die Angelegenheit des Klägers gewesen, wie er während der von ihm geleisteten Rufbereitschaft im Falle des Abrufs der Arbeitsleistung zur Arbeitsstelle gelange. Die Fahrt habe - ungeachtet der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23. Dezember 2005 und des Schreibens des Vorgesetzten des Klägers, W, - nicht während der Arbeitszeit stattgefunden. Obgleich nach § 8 Abs. 3 TVöD die aufgewendete Wegezeit während der Rufbereitschaft wie Arbeitszeit zu vergüten sei, werde die Wegezeit selbst nicht zur Arbeitszeit.

15

Da der Kläger frei darüber habe entscheiden können, an welchem Ort er sich während seiner Rufbereitschaft aufhalte und wie er im Falle des Abrufs zur Arbeitsstelle gelangen könne, sei seine Fahrt zur Arbeitsstelle nach erfolgtem Abruf nicht mehr als im Betätigungsbereich des Arbeitgebers liegend anzusehen. Die Notwendigkeit der Fahrzeugnutzung sei allein durch die Entscheidung des Klägers bedingt gewesen, wo er sich während der Rufbereitschaft aufhalten wolle. Erst die Ausübung dieser Aufenthaltsbestimmung habe ergeben, ob und inwieweit der Kläger im Falle seines Abrufs einen mehr oder weniger weiten Weg zur Arbeitsstelle zurücklegen musste und ob er hierfür ein Fahrzeug benötigte.

16

Die Rufbereitschaft stelle auch gemäß den einschlägigen tariflichen Bestimmungen und der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23. Dezember 2005 keine Arbeitszeit dar.

17

Auch handele es sich nicht deshalb um eine während der Arbeitszeit angefallene Fahrt, weil der Vorgesetzte des Klägers, W, in seinem Schreiben an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F die Fahrt als Dienstfahrt bezeichnet habe. Es könne dahinstehen, ob der Vorgesetzte tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen sei, die Fahrt des Klägers als Dienstfahrt anzuerkennen, da er dies nach dem Wortlaut des Schreibens nicht getan habe.

18

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

19

1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB(analog) in Betracht kommt.

20

Nach § 670 BGB hat der Beauftragte gegen den Auftraggeber Anspruch auf den Ersatz von Aufwendungen, die er zum Zwecke der Ausführung des Auftrags gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Ein Arbeitnehmer hat in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Anspruch auf Ersatz von Schäden, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Voraussetzung der Ersatzfähigkeit eines Eigenschadens ist, dass der Schaden nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält (st. Rspr., vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

21

Sachschäden des Arbeitnehmers, mit denen nach Art und Natur des Betriebs oder der Arbeit zu rechnen ist, insbesondere Schäden, die notwendig oder regelmäßig entstehen, sind arbeitsadäquat und im Arbeitsverhältnis keine Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB. Handelt es sich dagegen um außergewöhnliche Sachschäden, mit denen der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder der Arbeit nicht ohne weiteres zu rechnen hat, so liegt eine Aufwendung nach § 670 BGB vor(vgl. BAG 20. April 1989 - 8 AZR 632/87 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 9 = EzA BGB § 670 Nr. 20).

22

In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde. Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich ua., wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4)oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2).

23

2. Im Streitfalle war die Gefahr eines Eigenschadens am Pkw bei Zurücklegung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsort nicht dem Lebensbereich des Klägers, sondern dem Betätigungsbereich der Beklagten zuzurechnen. Deshalb scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch des Kläger wegen der Beschädigung seines Pkw in entsprechender Anwendung des § 670 BGB nicht grundsätzlich aus.

24

a) Nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen hat der Arbeitnehmer - soweit keine abweichende Vereinbarung existiert - seine Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte selbst zu tragen (BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 471/92 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Versicherungsgewerbe Nr. 9). Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz sind erforderliche Handlungen des Arbeitnehmers, um die geschuldete Tätigkeit am Arbeitsplatz aufnehmen zu können.

25

b) Dieser Grundsatz wird vorliegend allerdings dadurch abgeändert, dass der Kläger am 6. Januar 2008 im Rahmen der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft zur Arbeitsleistung in das Klinikum abgerufen wurde. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Fahrzeit des Klägers zum Krankenhaus rechtlich als Arbeitszeit darstellt.

26

aa) Es besteht weder der Grundsatz, dass Eigenschäden eines Arbeitnehmers während der Arbeitszeit immer die Erstattungspflicht des Arbeitgebers auslösen, noch ist eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers stets ausgeschlossen, nur weil der Schaden außerhalb der Arbeitszeit eingetreten ist. So hat es der Senat für einen Entschädigungsanspruch wegen eines Schadens an einem vom Arbeitnehmer benutzten Privatwagen als allein entscheidungserheblich angesehen, ob ein Vorgesetzter den Arbeitnehmer angewiesen hatte, das eigene Fahrzeug für die Fahrt zur Arbeitsstelle (Baustelle) zu benutzen. Ist die Nutzung auf Verlangen des Arbeitgebers erfolgt, fällt die Fahrt - auch wenn diese außerhalb der Arbeitszeit stattfindet - in den Risikobereich des Arbeitgebers. Ist es dem Arbeitnehmer hingegen freigestellt, ob er zur Arbeitsstelle zu Fuß geht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt oder im eigenen Interesse sein Fahrzeug nutzt, erfolgt die Nutzung des Pkw nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers (vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2). Für die Ersatzpflicht spielt die Frage, ob der Schaden während der Arbeitszeit eingetreten ist, mithin keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob der Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten ist.

27

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist ein Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug hätte einsetzen müssen (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4; 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2; 17. Juli 1997 - 8 AZR 480/95 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 14 = EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 6) oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgefordert hat, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - aaO).

28

bb) Dass die Beklagte den Kläger angewiesen hatte, für die Fahrten während der Rufbereitschaft den eigenen Pkw zu verwenden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger durfte es jedoch für erforderlich halten, sein Privatfahrzeug für die Fahrt von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstätte zu benutzen, um rechtzeitig am Arbeitsort zu erscheinen.

29

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die „Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K)“ vom 1. August 2006 (im Folgenden: TVöD-K) Anwendung. Aus § 6 Abs. 5 TVöD-K folgt ua. die Verpflichtung des Klägers, Rufbereitschaftsdienst zu leisten. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 TVöD-K leisten Beschäftigte Rufbereitschaft, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Unter Arbeitsaufnahme ist in diesem Zusammenhang die Aufnahme der geschuldeten Tätigkeit zu verstehen, also im Falle des Klägers der ärztliche Dienstantritt im Klinikum der Beklagten.

30

cc) Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort so wählen muss, dass er auf Abruf die Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet (BAG 20. Mai 2010 - 6 AZR 1015/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 36). Damit stellt sie keine Freizeit des Arbeitnehmers im eigentlichen Sinne dar. Dass dies auch die Tarifvertragsparteien so sehen, folgt bereits daraus, dass der Rufbereitschaft leistende Arbeitnehmer für diese eine tägliche Pauschale erhält (§ 8 Abs. 3 TVöD-K). Während der Rufbereitschaft hat der Arbeitnehmer - wie während seiner eigentlichen Arbeitszeit - die Verpflichtung, Weisungen seines Arbeitgebers nachzukommen. So hat er sich auf dessen Aufforderung zur Arbeitsstelle zu begeben und dort seine Arbeitsleistung zu erbringen. Da es im Regelfalle nicht in seinem Belieben steht, wann er diese vom Arbeitgeber „abgerufene“ Arbeitsleistung erbringt, sondern weil er dies innerhalb einer den Arbeitseinsatz nicht gefährdenden Zeit tun muss, steht es ihm somit auch nicht frei, wie er sich zur Arbeitsstelle begibt. Er hat regelmäßig die Pflicht, sich auf „schnellstmöglichem Wege“ dorthin zu begeben. Dies gilt insbesondere für den Kläger als Arzt, da dessen Tätigkeit im Krankenhaus nach erfolgtem Abruf während der Rufbereitschaft in der Regel keinen beliebigen Aufschub erlaubt.

31

Damit unterscheidet sich der Weg zur Arbeitsstelle während der Rufbereitschaft grundlegend von dem allgemeinen Weg zur Arbeit. Bei Letzterem ist der Arbeitnehmer frei, wann, wie und von wo aus er diesen antritt. Der Arbeitgeber hat lediglich ein berechtigtes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer pünktlich an der Arbeitsstelle erscheint. Bei der Rufbereitschaft hingegen hat der Arbeitgeber deren Dauer angeordnet, hat Anspruch auf Mitteilung, wo sich der Arbeitnehmer aufhält und bestimmt den Zeitpunkt, ab welchem dieser sich auf den Weg zur Arbeitsaufnahme machen muss. Daraus ergibt sich ein besonderes Interesse des Arbeitgebers daran, dass der Arbeitnehmer innerhalb einer angemessenen Zeitspanne ab dem Abruf der Arbeit dieselbe aufnimmt. Wäre dies nicht der Fall, hätte der Arbeitgeber keine Rufbereitschaft angeordnet.

32

Hält es nunmehr der Arbeitnehmer für erforderlich, mit seinem Privatfahrzeug im Rahmen der Rufbereitschaft zum Arbeitsort zu fahren, weil dies aus seiner Sicht der schnellste Weg ist, um rechtzeitig dort zu erscheinen, so handelt er regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Benutzung des Privatwagens nicht auch den Interessen des Arbeitgebers dient, weil der Arbeitnehmer zB zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller zur Arbeit gelangen könnte als mit seinem Privat-Pkw oder weil er sich in einer den Sinn und Zweck der Rufbereitschaft gefährdenden Entfernung vom Arbeitsort aufhält und nur deshalb auf sein Privatfahrzeug angewiesen ist. Nur in einem solchen Falle, in dem die Nutzung des Privatfahrzeugs ausschließlich den Interessen des Arbeitnehmers dient, scheidet eine Entschädigung des Arbeitgebers für Schäden am Privatfahrzeug des Arbeitnehmers aus. Dass ein solcher Ausnahmefall vorliegend gegeben war, ist weder von den Parteien vorgetragen noch aufgrund des festgestellten Sachverhalts ersichtlich. Letztlich ist sogar davon auszugehen, dass die Beklagte die Benutzung des Privatwagens für die Fahrt vom Wohn- zum Arbeitsort durch den Kläger gebilligt hat. Zwar ist nicht vorgetragen, sie habe davon Kenntnis gehabt, dass er im Falle seiner Rufbereitschaft den Weg von zu Hause zum Dienst mit seinem Privat-Pkw zurücklegen werde. Allerdings musste sie hiervon ausgehen, da eine Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel gerade zu Nachtzeiten oder an Wochenenden außerhalb von Städten und Ballungsräumen den kurzfristigen Arbeitsantritt nicht gewährleistet. Davon, dass auch die Beklagte im Interesse der Patienten ihres Krankenhauses an einem „schnellstmöglichen“ Arbeitsantritt des Klägers nach erfolgtem Abruf interessiert war, ist auszugehen.

33

Da die Benutzung des Privatwagens durch den Kläger aufgrund der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft - auch - in deren gesteigertem Interesse lag, fällt sie letztlich in deren Risikobereich. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich ein Anspruch des Klägers in entsprechender Anwendung des § 670 BGB gegen die Beklagte auf Erstattung des an seinem Privatfahrzeug entstandenen Unfallschadens gegeben ist.

34

3. Ob der dem Grunde nach gegebene Aufwendungsersatzanspruch des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB gemindert oder gar ausgeschlossen ist, kann der Senat nicht nach § 563 Abs. 3 ZPO entscheiden. Insoweit bedurfte es der Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

35

a) Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient. Andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein, als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde. Ein Ersatzanspruch kann daher nur in dem Umfange bestehen, in dem der Arbeitgeber eine Beschädigung seiner eigenen Sachmittel hinzunehmen hätte (innerbetrieblicher Schadensausgleich) (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

36

Bei der Bewertung, wann und ggf. in welchem Umfange Verschulden des Arbeitnehmers den Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, kommen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung. Unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 254 BGB bedeutet dies, dass im Falle leichtester Fahrlässigkeit eine Mithaftung des Arbeitnehmers entfällt. Bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen und bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - mwN, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

37

Im Prozess über einen Entschädigungsanspruch obliegt dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, die eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen, wenn er die volle Erstattung des erlittenen Schadens verlangt. Damit muss er, wenn er vollen Aufwendungsersatz entsprechend § 670 BGB verlangt, darlegen, dass er den Unfall allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat(vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

38

b) Da das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur Frage des Verschuldens und zur Schadenshöhe getroffen hat, wird es dies nachzuholen haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Burr    

                 

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2009 - 7 Sa 70/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Aufwendungsersatzanspruch des Klägers wegen der Beschädigung seines Personenkraftwagens.

2

Die Beklagte handelt mit technischem Schiffs- und Industriebedarf. Der Kläger war bei ihr bis zu seinem Ausscheiden am 31. August 2007 im Verkauf beschäftigt.

3

Üblicherweise werden im Betrieb der Beklagten die auszuliefernden Waren von Lagermitarbeitern mittels eines firmeneigenen Transporters zu den Kunden befördert. Kleinere Sendungen wurden in der Vergangenheit auch durch die im Verkauf beschäftigten Mitarbeiter an die Kunden ausgeliefert bzw. bei diesen abgeholt, wenn die Wohnung des Kunden auf dem Weg des Mitarbeiters von und zur Arbeit lag. Die dadurch veranlassten Fahrten wurden als Arbeitszeiten vergütet. Die Abholung und Auslieferung von Waren mittels Privat-Pkw wurde auf Weisung der Beklagten nach dem 9. Mai 2007 zunächst eingestellt.

4

An diesem Tag war der Kläger gegen 15:45 Uhr mit seinem Kraftfahrzeug zu einem Kunden in der N-Straße in Hamburg-Wansbeck gefahren, um dort für die Beklagte Kleinteile abzuholen. Er fuhr dabei auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auf, nachdem dieses durch plötzliches Abbremsen zum Stillstand gekommen war. Der Unfall wurde polizeilich nicht aufgenommen. Den Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners regulierte die Haftpflichtversicherung des Klägers. Eine Versicherung für den am Pkw des Klägers entstandenen Schaden besteht nicht. Insbesondere hatte die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt keine Dienstreise-Kaskoversicherung abgeschlossen. Ein solcher Versicherungsschutz besteht für die Mitarbeiter der Beklagten, die ihren Privatwagen für Firmenfahrten einsetzen, erst ab dem 1. Juni 2007. Ab diesem Zeitpunkt war es den Mitarbeitern auch wieder gestattet, mit ihren Privatfahrzeugen Auslieferungs- und Abholfahrten durchzuführen. Mit E-Mail vom 15. Mai 2007 erläuterte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten, L, das Unfallgeschehen wie folgt:

        

„Wie passierte der Unfall?

        

Beim befahren der N-Str in der sich die Härterei K & S befindet bremste der sich vor meinem Unfallgegner befindliche Wagen plötzlich unverhältnismäßig stark ab um (in letzter Sekunde) links in eine Seitenstraße abzubiegen. Mein Unfallgegner der seinen Wagen gerade noch rechtzeitig zum stehen bringen konnte um oben genannten Wagen nicht zu rammen kann wie sich hinterher rausstellte nicht das Kennzeichen des Ihm vorrausfahrendem erinnern, da dieser sich sofort ‚auf und davon’ machte. Mir war es leider nicht mehr möglich meinen Wagen rechtzeitig zum stehen zu bringen so das ich meinem Unfallgegner mit einer Restgeschwindigkeit von schätzungsweise 10 bis 15 km/h auffuhr und an dem Wagen meines Unfallgegners sowie an meinem KFZ ein Schaden entstand. Die Ausgangsgeschwindigkeit hat 40 bis 45 km/h aufgrund des einsetzenden Feierabendverkehrs bei mir sowohl auch meinem Unfallgegner nicht überschritten. Ein Personenschaden ist hierbei bei beiden Parteien zum Glück nicht entstanden, sodass nach einem Austausch der Personalien auf der sich in der nähe befindlichen Polizeidienststelle jeder seine fahrt mit dem eigenem PKW fortsetzen konnte.

        

Wann? 

        

Am 09.05.2007 um ca. 15:45 Uhr

        

…“    

5

Am 2. Juli 2007 erfolgte eine Kalkulation des Sachschadens am Fahrzeug des Klägers durch die T GmbH & Co. KG. Diese kommt zu Reparaturkosten in Höhe von 7.954,73 Euro inklusive Umsatzsteuer.

6

Der Geschäftsführer der Beklagten teilte dem Kläger am 9. Juli 2007 mittels einer E-Mail mit, dass das „Gutachten“ seinen Verdacht bestätige, dass der Kläger zu schnell gefahren sei. Anderenfalls wäre es wohl nicht zu einem solchen Schaden gekommen.

7

Nachdem der Kläger eine von der Beklagten angebotene pauschale Entschädigung in Höhe von 3.000,00 Euro abgelehnt hatte und der Geschäftsführer der Beklagten schriftlich gegenüber dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen hatte, dass das „Gutachten“ (wohl: die Kalkulation) unvollständig sei, beauftragte der Kläger erneut die T GmbH & Co. KG mit der Begutachtung des Unfallschadens. Dieses neue, vom selben Gutachter erstellte Gutachten vom 20. August 2007 weist Reparaturkosten in Höhe von 9.368,72 Euro inklusive Mehrwertsteuer, einen Wiederbeschaffungswert von 6.127,45 Euro ohne Umsatzsteuer, einen Restwert von 1.500,00 Euro inklusive Umsatzsteuer sowie eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Kalendertagen aus. Im Ergebnis beurteilt das Gutachten den eingetretenen Schaden als „Totalschaden“. Für diese Begutachtung stellte die T GmbH & Co. KG dem Kläger am 22. August 2007 einen Betrag von 689,63 Euro inklusive Umsatzsteuer in Rechnung.

8

Am 19. September 2007 verkaufte der Kläger seinen Pkw unrepariert an einen Dritten, nachdem er den Wagen zunächst in einem Internetforum erfolglos für 3.999,00 Euro zum Verkauf angeboten hatte. Der Kaufvertrag weist einen Verkaufserlös von 1.600,00 Euro aus.

9

Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen des Totalschadens an seinem Kraftfahrzeug die Zahlung des Wiederbeschaffungswerts (6.127,45 Euro) abzüglich des Restwerts (1.500,00 Euro), die Erstattung der verauslagten Gutachterkosten (689,63 Euro), eine Nutzungsausfallentschädigung (700,00 Euro) sowie den Ersatz des Rückstufungsschadens bei seiner Haftpflichtversicherung (869,00 Euro).

10

Er trägt vor, die Fahrt zu dem Kunden sei mit seinem Vorgesetzten abgesprochen gewesen. In der N-Straße habe der unmittelbar vor seinem Unfallgegner fahrende Pkw unerwartet stark abgebremst, um nach links in eine Seitenstraße einzubiegen. Der direkt vor dem Kläger fahrende Pkw habe durch starkes Bremsen einen Auffahrunfall noch verhindern können, während ihm dies nicht mehr gelungen sei. Die Abstände von Fahrzeugen im dichten Kolonnenverkehr seien geringer als bei freier Fahrt. Daher könne bei plötzlichem Bremsen ein Auffahrunfall leicht passieren.

11

Weiter behauptet der Kläger, er sei vor dem Unfall wegen des bereits einsetzenden Feierabendverkehrs lediglich mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 45 km/h gefahren und habe diese zum Zeitpunkt der Kollision auf etwa 10 bis 15 km/h reduziert gehabt. Eine genauere Geschwindigkeitsangabe könne er nicht machen, weil er im dichten Innenstadtverkehr nur gelegentlich auf den Tachometer habe schauen können und daher angegebene Geschwindigkeiten lediglich „gefühlte“ Geschwindigkeiten seien. Die auf den Fotografien des Gutachters erkennbare starke Deformation des Frontbereichs seines Fahrzeugs könne kein Indiz für eine höhere Geschwindigkeit sein, da dieses einen Mittelmotor habe und der Frontbereich als Knautschzone diene.

12

Der Kläger meint, die Beklagte müsse ihm die an seinem Fahrzeug entstandenen Unfallschäden in entsprechender Anwendung des § 670 BGB ersetzen, weil er das Fahrzeug mit Billigung der Beklagten für deren Geschäftsbetrieb eingesetzt habe. Seine Unfallverursachung sei als Mitverschulden in entsprechender Anwendung des § 254 BGB zu berücksichtigen, dies jedoch unter Anwendung der Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung bei betrieblich veranlasster Tätigkeit. Ihm sei nur ein leichter Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen, weshalb seine Mithaftung entfalle. Aber selbst, wenn er mit mittlerer Fahrlässigkeit gehandelt hätte, würde sich sein Haftungsumfang nicht ändern, weil die Versicherbarkeit des eingetretenen Schadens berücksichtigt werden müsse. Weil die Beklagte die gebotene Dienstreise-Kaskoversicherung erst nach dem Unfallzeitpunkt abgeschlossen habe, müsse sie den Unfallschaden voll umfänglich tragen.

13

Der Kläger ist der Ansicht, seine Unfallschilderung lasse auch Rückschlüsse auf den Grad seines Verschuldens zu. Der von ihm eingeräumte zu geringe Abstand zum Vordermann rechtfertige nicht die Annahme einer groben Fahrlässigkeit. Eine solche könne nur beim Hinzutreten weiterer Umstände, wie etwa einer massiven Geschwindigkeitsüberschreitung, angenommen werden. Im Übrigen trage nicht er die Darlegungs- und Beweislast, dafür, dass grobe Fahrlässigkeit nicht vorliege. Das Vorliegen einer solchen müsse der Arbeitgeber beweisen.

14

Auch sei es ihm nicht zuzumuten gewesen, das beschädigte Fahrzeug bis zu einer gerichtlich veranlassten Begutachtung vorzuhalten. Vielmehr habe er mit der Veräußerung des beschädigten Wagens seiner Schadensminderungspflicht genügt.

15

Letztlich behauptet der Kläger, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm die Übernahme von 2/3 der Reparaturkosten zugesagt.

16

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.886,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. September 2007 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

18

Sie macht geltend, ein Erstattungsanspruch des Klägers scheide bereits deshalb aus, weil dieser auf seiner privaten Heimfahrt von der Arbeit einen dienstlichen Auftrag lediglich miterledigt habe. Außerdem sei der Auffahrunfall vom Kläger grob fahrlässig verursacht worden. Dies folge aus der erheblichen Verformung des Fahrzeugs, dem hohen Reparaturkostenaufwand und dem Erfordernis einer Instandsetzung unter Verwendung einer Richtbank. Auch bestünden an der Richtigkeit des Gutachtens vom 20. August 2007 Zweifel, insbesondere weil derselbe Gutachter den Umfang der Reparatur in seinen beiden Bewertungen unterschiedlich eingeschätzt habe und der Restwert von 1.500,00 Euro vor dem Hintergrund des Verkaufsangebots des Klägers für 3.999,00 Euro zu niedrig angesetzt sei. Ein Rückstufungsschaden habe sich beim Kläger bislang nicht realisiert, weil er nicht vorgetragen habe, ein neues Auto angeschafft zu haben.

19

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Ersatzanspruch nicht zu.

21

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ungeachtet der Frage, ob eine Veranlassung der Unfallfahrt am 9. Mai 2007 durch die Beklagte vorgelegen habe, sei ein Aufwendungsersatzanspruch des Klägers entsprechend § 254 BGB ausgeschlossen.

22

Voraussetzung eines sich aus der analogen Anwendung des § 670 BGB ergebenden Ersatzanspruchs sei, dass der Arbeitnehmer den Schaden nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe. Den Arbeitnehmer treffe die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, welche eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen. Diese Darlegungslastverteilung ergebe sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen müsse. Dieser Darlegungslast sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe nicht ausreichend konkret vorgetragen, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Der Kläger hätte Tatsachen vorbringen müssen, welche die ernsthafte Möglichkeit aufzeigen, dass der Geschehensablauf nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhe. Seine Angaben zu der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit seien nicht nachvollziehbar. Auch habe er keine Umstände vorgetragen, aus welchen geschlossen werden könne, wie groß sein Sicherheitsabstand tatsächlich gewesen sei. Auch fehle Sachvortrag zu weiteren Umständen, welche den Unfall mitverursacht haben könnten. Daneben sei das klägerische Vorbringen nicht zutreffend, die N-Straße sei eine verhältnismäßig kleine Straße mit einspuriger Verkehrsführung je Richtung. Der Kläger habe Fotografien vorgelegt, die auf eine zweispurige Straßenführung schließen ließen, bei der die zweite Spur sich in Form einer Abbiegespur auf eine Spur verenge. Im Übrigen sei eine Aufprallgeschwindigkeit von 10 bis 15 km/h unter Berücksichtigung der gutachterlich festgestellten Schäden höchst unwahrscheinlich. Der Kläger habe die von ihm vorgebrachten und von der Beklagten bestrittenen Umstände auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr habe er durch die Unterlassung der polizeilichen Unfallaufnahme und den Verkauf des beschädigten Fahrzeugs die Situation heraufbeschworen, dass keine Partei den Beweis über die Frage der groben Fahrlässigkeit antreten könne. Er könne sich auch nicht darauf berufen, sein Fahrzeug im Interesse der Beklagten zur Wahrung seiner Schadensminderungspflicht veräußert zu haben, weil er die Möglichkeit eines selbstständigen Beweissicherungsverfahrens hätte nutzen können, um den Pkw dennoch kurzfristig verkaufen zu können.

23

Schließlich sei der Ersatzanspruch auch nicht aufgrund einer gesonderten Vereinbarung begründet, nach welcher die Beklagte 2/3 der Kosten übernehmen werde, da zum einen der Abschluss einer solchen Vereinbarung vom Kläger nicht ausreichend substantiiert dargelegt worden sei und er zum anderen nicht vorgetragen habe, ein solches Angebot der Beklagten angenommen zu haben.

24

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

25

1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ein Aufwendungsersatzanspruch in analoger Anwendung des § 670 BGB in Betracht kommt.

26

a) Nach § 670 BGB kann der Beauftragte vom Auftraggeber Ersatz von Aufwendungen verlangen, die er zum Zwecke der Ausführung des Auftrages gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Ein Arbeitnehmer hat in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Anspruch auf Ersatz von Schäden, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Voraussetzung der Ersatzfähigkeit des Eigenschadens ist, dass dieser nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält (BAG GS 10. November 1961 - GS 1/60 - BAGE 12, 15 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 2 = EzA BGB § 670 Nr. 2; BAG 8. Mai 1980 - 3 AZR 82/79 - BAGE 33, 108 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 6 = EzA BGB § 670 Nr. 14).

27

Sachschäden des Arbeitnehmers, mit denen nach Art und Natur des Betriebs oder der Arbeit nicht zu rechnen ist, insbesondere Schäden, die notwendig oder regelmäßig entstehen, sind arbeitsadäquat und im Arbeitsverhältnis keine Aufwendungen iSd. § 670 BGB. Handelt es sich dagegen um außergewöhnliche Sachschäden, mit denen der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder der Arbeit nicht ohne weiteres zu rechnen hat, so liegt eine Aufwendung nach § 670 BGB vor(Senat 20. April 1989 - 8 AZR 632/87 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 9 = EzA BGB § 670 Nr. 20). Ein Verkehrsunfall bei der Auslieferung oder Abholung von Waren für den Arbeitgeber beruht zwar auf der dem Fahrer übertragenen und damit betrieblich veranlassten Tätigkeit, gehört aber nicht zu den üblichen Begleiterscheinungen dieser Tätigkeit (Senat 16. März 1995 - 8 AZR 260/94 - BAGE 79, 294 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 12 = EzA BGB § 670 Nr. 24) und ist mithin nicht arbeitsadäquat.

28

b) In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde. Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste (Senat 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2).

29

Das Landesarbeitsgericht hat die Frage, ob eine Veranlassung für die Fahrt am 9. Mai 2007 seitens der Beklagten vorgelegen hat, dahinstehen lassen. Die betriebliche Veranlassung ergibt sich allerdings bereits aus dem unstreitigen Parteivorbringen.

30

Der Kläger hat seinen Pkw im Betätigungsbereich der Beklagten eingesetzt, weil diese ohne diesen Einsatz ein eigenes Fahrzeug benötigt hätte und damit das Unfallrisiko hätte tragen müssen. Die Beklagte räumt ein, dass der Kläger am Unfalltag bei der Firma K & S Kleinteile abholen sollte, weist aber darauf hin, dass er nicht angewiesen worden sei, dafür sein eigenes Fahrzeug zu benützen. Sie meint, der Transport hätte nicht mit dem Privat-Pkw erfolgen müssen, weil für entsprechende Fahrten ein Lieferwagen zur Verfügung stehe. Daraus folgert sie, dass die Abholung der Kleinteile und damit die Fahrt zur Firma K & S zwar im betrieblichen Interesse gelegen habe, die Nutzung des Privat-Pkws jedoch im Interesse des Klägers.

31

Da die Beklagte den Kläger beauftragt hatte, die Teile mit einem Kraftfahrzeug bei dem Kunden bzw. Auftragnehmer abzuholen und der Kläger hierfür seinen eigenen Pkw benutzt hat, hat er diesen im Betätigungsbereich der Beklagten eingesetzt. Ob dies neben dem Interesse der Beklagten auch seinem eigenen Interesse gedient hat, ist unbeachtlich. Die Benutzung seines eigenen Fahrzeugs erfolgte mit Billigung der Beklagten. Im Betrieb der Beklagten war es - wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat - üblich, dass Mitarbeiter mit ihren Privatfahrzeugen Gegenstände zu Kunden bringen und/oder dort abholen. Diese Praxis ergibt sich auch aus der Mitarbeiterinformation vom 1. Juni 2007, in welcher es heißt: „… Es können also Mitarbeiter wieder mit dem privaten Pkw Firmenfahrten unternehmen“. Auch der Umstand, dass die Beklagte Fahrtzeiten für Auslieferungs- oder Abholfahrten mit Privat-Pkws als Arbeitszeiten vergütet hat, lässt auf die grundsätzliche Billigung der Nutzung von Privatwagen schließen. Deshalb hätte die Beklagte eine konkrete gegenteilige Weisung behaupten müssen, wenn sie eine Billigung der vom Kläger durchgeführten Fahrt mit seinem Fahrzeug zu dem Kunden am 9. Mai 2007 in Abrede stellen will.

32

c) Für diesen mit Billigung der Beklagten in deren Betätigungsbereich durchgeführten Einsatz des eigenen Kraftfahrzeugs hat der Kläger keine besondere zur Abdeckung des Unfallschadenrisikos bestimmte Vergütung erhalten. Ihm wurde weder eine Fahrtenpauschale oder Wegstreckenentschädigung gezahlt noch ist vom Landesarbeitsgericht festgestellt oder von den Parteien vorgetragen, dass ihm wegen der privaten Pkw-Nutzung eine erhöhte Vergütung gezahlt worden ist.

33

d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass ein Ersatzanspruch des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist.

34

aa) Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient. Andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein, als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde. Ein Ersatzanspruch kann daher nur in dem Umfange bestehen, in dem der Arbeitgeber eine Beschädigung seiner Sachmittel hinzunehmen hätte.

35

bb) Ein Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Rechtsgedanken des § 670 BGB auf Aufwendungsersatz scheidet dann aus, wenn der Arbeitnehmer infolge einer schuldhaften Handlungsweise sein Vorgehen den Umständen nach nicht für erforderlich halten durfte(Senat 14. November 1991 - 8 AZR 628/90 - BAGE 69, 81 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 10 = EzA BGB § 670 Nr. 22). Bei der Bewertung, wann und ggf. in welchem Umfange Verschulden des Arbeitnehmers den Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, kommen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung. In Anwendung des Rechtsgedankens des § 254 BGB bedeutet dies, dass im Falle leichtester Fahrlässigkeit eine Mithaftung des Arbeitnehmers entfällt(Senat 17. Juli 1997 - 8 AZR 480/95 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 14 = EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 6; 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2). Bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen und bei grob fahrlässiger Schadensverursachung ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen (Senat 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 - BAGE 59, 203 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 7 = EzA BGB § 670 Nr. 19).

36

cc) Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger im Streitfalle nicht der geltend gemachte Anspruch auf volle Erstattung des Unfallschadens zu.

37

Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers mit der Begründung verneint, dieser habe nicht ausreichend konkret vorgetragen, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Das Berufungsgericht meint, dem Kläger obliege die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, welche eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen.

38

Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 - BAGE 59, 203 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 7 = EzA BGB § 670 Nr. 19).

39

Auch im Schrifttum ist es annähernd einhellige Auffassung, dass der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände trägt, die eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen, wenn er die volle Erstattung eines erlittenen Schadens verlangt (ErfK/Preis/Müller-Glöge 10. Aufl. § 619a BGB Rn. 92; MüArbR/Blomeyer 2. Aufl. § 96 Rn. 74; MüArbR/Reichold 3. Aufl. § 85 Rn. 32; AR-Blattei SD 860.1 Rn. 184a; Frieges NZA 1995, 403). Begründet wird dies damit, dass eine erforderliche Aufwendung iSv. § 670 BGB nur unter Ausschluss eines bestimmten Verschuldens vorliegen könne. Da mithin für einen unbeschränkten Aufwendungsersatzanspruch Voraussetzung sei, dass der Arbeitnehmer den Schaden nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe, treffe diesen auch die Darlegungslast für Umstände, die eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen. Die Darlegungslast folge der Regel, dass derjenige die Umstände darzulegen hat, der sich auf deren Vorliegen oder Nichtvorliegen beruft (Frieges NZA 1995, 403; aA Müller-Glöge FS Dieterich S. 387).

40

In Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten keinen Schadensersatzanspruch geltend. Vielmehr verlangt er den Ersatz erforderlicher Aufwendungen nach § 670 BGB. Voraussetzung eines solchen Aufwendungsersatzanspruchs ist, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen für diesen Anspruch gegeben sind. Zu diesen zählt, wenn der Arbeitnehmer vollen Ersatz seiner Aufwendungen verlangt, unter Berücksichtigung der Haftungsregeln für den innerbetrieblichen Schadensausgleich, dass seine Aufwendungen nur dann als in vollem Umfange erforderlich zu betrachten sind, wenn sich der Arbeitnehmer nicht schuldhaft (vgl. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern allenfalls leicht fahrlässig verhalten hat (vgl. Senat 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 - BAGE 59, 203 = AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 7 = EzA BGB § 670 Nr. 19). Damit muss nach den allgemeinen prozessualen Darlegungs- und Beweislastregeln, die verlangen, dass der Anspruchssteller alle Tatbestandsvoraussetzungen für seinen geltend gemachten Anspruch darlegt und ggf. beweist, der Arbeitnehmer, der vollen Aufwendungsersatz entsprechend § 670 BGB verlangt, zunächst darlegen, dass er den Schaden nicht schuldhaft, dh. vorsätzlich oder normal fahrlässig, sondern allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat.

41

dd) Das Landesarbeitsgericht hat im Einzelnen ausgeführt, warum es annimmt, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass er den Auffahrunfall nicht grob fahrlässig verschuldet habe. Ebenso wie die Feststellung des Grades des Verschuldens eines Arbeitnehmers durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nur beschränkt nachprüfbar ist (vgl. Senat 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70), muss dies auch für die Feststellung des Landesarbeitsgerichts gelten, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines bestimmten Verschuldensgrades seien ausreichend oder nicht ausreichend vom Darlegungsverpflichteten dargelegt. Damit kann die Annahme des Landesarbeitsgerichts, aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich nicht das Nichtvorliegen grober Fahrlässigkeit, durch den Senat lediglich darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht von den richtigen rechtlichen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt hat und Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften nicht verletzt hat (vgl. Senat 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - mwN, aaO).

42

Dieser beschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält das Berufungsurteil stand.

43

ee) Der Kläger hat sich darauf beschränkt vorzutragen, dass der vor ihm fahrende Pkw plötzlich und unerwartet stark abgebremst habe, weil ein vor diesem fahrender Pkw seinerseits unvermittelt gebremst habe, um abzubiegen. Während der vor dem Kläger fahrende Wagen noch zum Stehen gebracht werden konnte, sei ihm dies nicht mehr gelungen. Der Kläger hat eine geschätzte Eigengeschwindigkeit von 40 bis 45 km/h und eine Aufprallgeschwindigkeit von etwa 10 bis 15 km/h angegeben. Zu seinem Sicherheitsabstand hat der Kläger zwar ausgeführt: „Es fällt dem Kläger schwer, seinen Abstand zum Vordermann genau zu bemessen. Es mögen 10 bis 15 Meter gewesen sein. Es war ein Abstand wie er nach seiner Erfahrung im dichten Stadtverkehr üblich ist“. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Vorbringen zwar nicht in den Tatbestand aufgenommen, aber in den Entscheidungsgründen ausgeführt:

        

„Soweit der Kläger behauptet, seine Ausgangsgeschwindigkeit habe infolge des einsetzenden Feierabendverkehrs 40 bis 45 km/h betragen, er sei nach dem Abbremsen mit 10 bis 15 Stundenkilometern Geschwindigkeit auf seinen Vordermann aufgefahren, sind diese Angaben auch für die Berufungskammer nicht nachvollziehbar. Denn der Kläger selbst geht nur von einer von ihm geschätzten Geschwindigkeit aus. Er trägt vor, der Autofahrer könne im innerstädtischen Verkehr die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs nur sporadisch durch einen Blick auf den Tacho überprüfen. Es habe sich um ‚gefühlte Geschwindigkeit’ gehandelt. Der Kläger hat jedoch keine Tatsachen dazu vorgetragen, wie er an den Wert zwischen 10 und 15 km/h Aufprallgeschwindigkeit gelangt ist. Messungen haben nicht stattgefunden. Der Unfall wurde nicht polizeilich aufgenommen. Die behauptete Ausgangsgeschwindigkeit, die der Kläger pauschal und ohne Beweisantritt mit 40 bis 45 km/h angibt, die Länge des Bremsweges, aus der sich Rückschlüsse auf die Auffahrgeschwindigkeit hätten ziehen lassen, wären aber von erheblicher Bedeutung gewesen, um den Verschuldensgrad bewerten zu können. Da der Kläger den Sicherheitsabstand zu seinem Vordermann nicht einhielt, hätte es entsprechender Darlegung bedurft, wie groß denn der Abstand gewesen sein soll. Dazu hat der Kläger aber keinerlei Umstände vorgetragen. …“

44

Diese Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe den von ihm eingehaltenen Sicherheitsabstand nicht dargelegt, hat der Kläger in der Revisionsbegründung als unzutreffend gerügt. Diese Verfahrensrüge ist zwar statthaft, jedoch nicht ausreichend begründet.

45

Der in einem Berufungsurteil festgestellte Sachverhalt bindet das Revisionsgericht, gleichgültig ob die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand oder in den Entscheidungsgründen getroffen sind (BAG 13. Juni 1996 - 2 AZR 497/95 - RzK I 5 g Nr. 64; 20. Mai 1988 - 2 AZR 682/87 - BAGE 59, 32 = AP KSchG 1969 § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 9 = EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 3), soweit sie nicht mit einer wirksamen Rüge angegriffen sind.

46

Der Vortrag des Klägers stellt keine begründete Verfahrensrüge dar. Er ist nämlich nicht geeignet, den eingehaltenen Sicherheitsabstand zum Vorausfahrenden zu beschreiben, weil er keine Grundlagen für die vorgenommene Schätzung enthält. Deshalb ist das klägerische Vorbringen auch nicht ausreichend, die Annahme des Landesarbeitsgerichts zu erschüttern, er habe nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand zu seinem Vordermann eingehalten. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass derjenige, der im Straßenverkehr auf den Vorausfahrenden auffährt, in der Regel unaufmerksam oder zu dicht hinter diesem gefahren ist (st. Rspr., vgl. BGH 16. Januar 2007 - VI ZR 248/05 - NJW-Spezial 2007, 161).

47

Diesen Anscheinsbeweis hätte der Kläger durch Darlegung konkreter Gegentatsachen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen, nichttypischen Geschehensverlaufs ergibt, erschüttern müssen (vgl. BAG 18. Januar 1995 - 5 AZR 817/93 - BAGE 79, 115 = AP BGB § 812 Nr. 13 = EzA BGB § 818 Nr. 8).

48

Entscheidend für die rechtliche Beurteilung des Sachvortrags des Klägers ist auch, dass dieser keine besonderen Umstände vorgetragen hat, die nahelegen, dass sein Verschulden nicht grob fahrlässig gewesen ist. Hinsichtlich seines Vortrags, er sei im Kolonnenverkehr gefahren, erschließt sich nicht, weshalb das vorausfahrende Fahrzeug vollständig zum Stehen gebracht werden konnte, während dem Kläger dies mit seinem Fahrzeug nicht gelungen und er auf das stehende Fahrzeug aufgefahren ist. Ob die Aufmerksamkeit des Klägers durch äußere Umstände abgelenkt oder er schlicht unkonzentriert war oder ob der Unfall trotz bestmöglicher Reaktion erfolgt ist, sind Umstände, die lediglich der Kläger kennt, und deren Darlegung für eine zweckdienliche Einlassung durch die Beklagte ebenso zwingend ist wie für eine Beurteilung des Verschuldensgrades des klägerischen Verhaltens. Während in den Fällen mangelnder Aufmerksamkeit des Klägers der Abstand möglicherweise „nur“ subjektiv zu gering war, so wäre er im letztgenannten Fall objektiv zu gering gewesen.

49

Soweit hinsichtlich eines „nur“ subjektiv zu geringen Abstandes äußere Umstände die Aufmerksamkeit des Klägers abgelenkt haben sollten, so wäre für die Frage des Verschuldens entscheidend, welche äußeren Umstände die Aufmerksamkeit beeinträchtigt haben. So begründete beispielsweise die Beobachtung spielender Kinder am Fahrbahnrand oder das plötzliche und unerwartete Aufleuchten einer Warnlampe am Armaturenbrett einen anderen Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich eines hierdurch erfolgten Auffahrunfalls, als beispielsweise das Telefonieren mit einem Mobiltelefon, das Anzünden einer Zigarette oder das Wechseln einer CD. Sollte der Unfall trotz bestmöglicher Reaktion erfolgt und damit der eingehaltene Abstand objektiv zu gering gewesen sein, stellten sich hinsichtlich des Fahrlässigkeitsvorwurfs beispielsweise die Fragen, ob dies für den Fahrer erkennbar und wie stark der zwingende Mindestabstand unterschritten war.

50

Den gebotenen einlassungsfähigen Vortrag kann der Kläger auch nicht erfolgreich durch Bezugnahme auf das von der T GmbH & Co. KG erstellte Gutachten ersetzen. Zwar mag ein solches grundsätzlich als substantiiertes Parteivorbringen zu betrachten sein, jedoch kommt es vorliegend hierauf nicht an. Streitentscheidend ist zunächst die Frage des Verschuldens und nicht die der Höhe des Schadens. Hinsichtlich der Frage des Verschuldens bzw. der Umstände, die Rückschlüsse auf das Verschulden zulassen, namentlich der Aufprallgeschwindigkeit, enthält das Gutachten keine Aussagen, zumal die Aufprallgeschwindigkeit nur sehr bedingt Rückschlüsse auf das Verschulden zulässt. Hätte der Fahrer eines Kraftfahrzeugs einen Auffahrunfall verursacht, weil er beispielsweise gerade eine SMS auf seinem Mobiltelefon eingegeben oder gelesen hat, so wäre es für die Qualifizierung als grob fahrlässiges Verschulden gleichgültig, ob die Aufprallgeschwindigkeit 15 oder 45 km/h betragen hätte.

51

ff) Der Einwand des Klägers, es stelle einen Wertungswiderspruch dar, dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für eine nicht grob fahrlässige Verursachung eines Schadens im Falle der betrieblich veranlassten Beschädigung des eigenen Pkws aufzuerlegen, während der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für den Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers trägt, wenn dieser bei der gleichen Tätigkeit einen Firmenwagen beschädigt, greift zumindest vorliegend nicht durch. Auch im Rahmen eines arbeitgeberseitigen Schadensersatzanspruchs wegen der Beschädigung eines Firmenwagens ist eine abgestufte Darlegungslast hinsichtlich der Umstände, die zur Beschädigung geführt haben, zu beachten. Das heißt, auch dann hätte sich der Kläger zunächst zu den konkreten Umständen des Schadensfalles erklären müssen (vgl. Senat 17. September 1998 - 8 AZR 175/97 - BAGE 90, 9 = AP BGB § 611 Mankohaftung Nr. 2 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 64), da an die Darlegungslast des Arbeitgebers keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber gelegen hat (vgl. Senat 2. Dezember 1999 - 8 AZR 386/98 - AP BGB § 611 Mankohaftung Nr. 3 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 67). Auch nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger darlegen müssen, wie es zu dem Auffahrunfall gekommen ist, damit für die Beklagte die Möglichkeit bestanden hätte, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass und ggf. mit welchem Grad der Fahrlässigkeit der Kläger den Unfall verschuldet hat.

52

gg) Da sich aus dem Vorbringen des Klägers keine ausreichenden Anhaltspunkte für den Grad seines Verschuldens im Zusammenhang mit dem von ihm verursachten Auffahrunfall ergeben, war auch nicht zu entscheiden, ob zu seinen Gunsten aufgrund einer nur „normalen“ Fahrlässigkeit eine anteilige Kostenerstattungspflicht der Beklagten in Frage kommen könnte.

53

hh) Auch der Nichtabschluss einer Dienstreise-Kaskoversicherung durch die Beklagte führt nicht zu einem Aufwendungsersatzanspruch des Klägers. Ebenso wenig wie der Arbeitgeber verpflichtet ist, für ein vom Arbeitnehmer genutztes Firmenfahrzeug eine Vollkaskoversicherung abzuschließen (Senat 24. November 1987 - 8 AZR 66/82 - BAGE 57, 47 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 92 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Tätigkeit Nr. 16), besteht eine solche Verpflichtung zum Abschluss einer Kaskoversicherung zugunsten eines vom Arbeitnehmer für Dienstfahrten eingesetzten Privatwagens.

54

2. Der Ersatzanspruch steht dem Kläger auch nicht aufgrund einer Vereinbarung mit der Beklagten zu. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass weder die näheren Modalitäten der vom Kläger behaupteten Kostenübernahmeverpflichtung der Beklagten durch diesen vorgetragen sind noch die Annahme eines entsprechenden Übernahmeangebots durch ihn.

55

Unstreitig hatte der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger pauschal 3.000,00 Euro als Entschädigung angeboten. Hiermit war der Kläger aber nicht einverstanden. Dies hat er dem Geschäftsführer der Beklagten auch mitgeteilt und hierdurch dessen Angebot nicht angenommen.

56

Der Kläger hat nicht konkret vorgetragen, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm angeboten, ungeachtet der noch festzustellenden Höhe des Schadens, zwei Drittel des Schadens auszugleichen. Dass die angebotenen 3.000,00 Euro möglicherweise annähernd zwei Drittel des zunächst vom Kläger geschätzten Schadens ausgemacht haben, lässt nicht den Schluss zu, die Beklagte habe ihm den Ersatz von zwei Dritteln des Schadens zugesagt.

57

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Dezember 2009 - 6 Sa 637/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Erstattung des am Personenkraftwagen des Klägers entstandenen Schadens.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2008 in der von der Beklagten betriebenen Klinik als Oberarzt beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 9. Mai 2006 fanden auf sein Arbeitsverhältnis ua. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nebst dem Besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung.

3

Am Sonntag, dem 6. Januar 2008, hatte der Kläger Rufbereitschaftsdienst, den er von seinem Wohnort in A aus wahrnahm. Während dieses Dienstes wurde er mehrmals ua. gegen 9:00 Uhr zum Einsatz im Krankenhaus aufgefordert. Auf der Fahrt dorthin hatte er einen Unfall.

4

Mit Schreiben vom 14. Januar 2008 an seinen Vorgesetzten W sowie den stellvertretenden Verwaltungsleiter der Klinikumsverwaltung F beantragte der Kläger die Erstattung von Pkw-Reparaturkosten und legte auszugsweise dar:

        

„am Sonntag, 06.01.08, befand ich mich in Rufbereitschaft. Es wurde an diesem Tag vor Straßenglätte gewarnt. Ich wurde um ca. 9:00 Uhr zur Patientenaufnahme ins Klinikum gerufen. Auf der ST 2045 von A nach L etwa 100 m vor der Abzweigung nach G (siehe Straßenkarte) kam ich mit meinem PKW auf eine Eisplatte und kam ins Rutschen. Der PKW kam nach links auf die Gegenfahrbahn und rutschte von der Fahrbahn in den Graben. Da ich ohne Hilfe das Fahrzeug nicht aus dem Graben fahren konnte, rief ich Herrn B an, der mir mit einer Seilwinde zu Hilfe kam. Der PKW konnte so wieder auf die Straße gestellt werden.

        

Als Zeugen sind … zu benennen.

        

Die Begutachtung des Schadens nahm die Fa. V vor (siehe Anlage). Der Schaden an meinem PKW beträgt € 6.690,80.

        

Ich bitte Sie um Übernahme der Reparaturkosten.“

5

Am Folgetag wandte sich W unter der Betreffangabe: „Unfall von OA Ab am 06.01.2008 im Rahmen der Rufbereitschaft“ schriftlich an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F. In diesem Schreiben heißt es ua.:

        

„im Rahmen der derzeit in der Neurologie etablierten Rufbereitschaft ist es am 06.01.2008 zu einem Wegeunfall von der Wohnung von Dr. Ab zur Klinik gekommen.

        

Im Rahmen der Rufbereitschaft ist sein Fahrzeug auf der Staatsstraße 2045 von A zum Klinikum L von der Straße abgekommen. Dabei entstand ein Sachschaden an seinem Fahrzeug in Höhe von 6.690,80 Euro (siehe beiliegenden Kostenvoranschlag). Ein Personenschaden ist nicht entstanden und wird nicht geltend gemacht.

        

Diese Rufbereitschaft durch die Neurologie ist im Rahmen der Grundversorgung des Krankenhauses etabliert. Ich bitte Sie, zu überprüfen, in wie weit dieser im Rahmen der Rufbereitschaft aufgetretene Sachschaden bei einer Dienstfahrt am Fahrzeug versicherungsmäßig durch den Krankenhausträger abgedeckt ist.

        

Um die näheren Einzelheiten zu besprechen, schlage ich vor, dass wir kurzfristig einen Gesprächstermin miteinander vereinbaren.

        

Im Voraus möchte ich mich für Ihre Hilfe und Unterstützung bedanken, um diesen Schaden entsprechend schnell - auch für den Mitarbeiter - abwickeln zu können.“

6

Der beiden Schreiben beigefügte Kostenvoranschlag der Autohaus V weist voraussichtliche Reparaturkosten von 6.690,80 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer) aus. Zu einer Schadensregulierung durch die Beklagte oder deren Versicherung kam es in der Folgezeit nicht.

7

Der Kläger meint, die Beklagte sei dazu verpflichtet, ihm die veranschlagten Reparaturkosten von netto 5.622,52 Euro sowie die Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlags (75,00 Euro) zu ersetzen und eine Schadenspauschale (30,00 Euro) zu zahlen, da es sich bei der Fahrt von seinem Wohnort in die Klinik um eine Dienstfahrt gehandelt habe. Der Charakter der Fahrt als Dienstfahrt ergebe sich auch aus dem Schreiben seines Vorgesetzten W vom 15. Januar 2008. Mit der Entgegennahme des Anrufs, mit welchem er in die Klinik gerufen worden sei, habe er seinen Dienst aufgenommen. Dies folge ua. daraus, dass es sich bei den Bereitschaftsdienstzeiten um Arbeitszeit iSd. bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 2005 zur Bereitschaftsdienstregelung handele.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.727,52 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu bezahlen. Ein Betrag in Höhe von 5.622,52 Euro ist seit dem 16. Januar 2008, ein weiterer Betrag in Höhe von 100,00 Euro seit dem 22. Januar 2008 und ein weiterer Betrag in Höhe von 5,00 Euro seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie bestreitet den Unfallhergang, die behauptete Unfallursache sowie den Umfang der Beschädigungen am Fahrzeug. Außerdem vertritt sie die Auffassung, ein Erstattungsanspruch scheide bereits deshalb aus, weil es sich bei der Fahrt nicht um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt habe. Der Kläger habe im Rahmen seiner Rufbereitschaft die Freiheit der Ortswahl und könne den Aufenthaltsort so wählen, dass er ohne Inanspruchnahme von Hilfe seines Arbeitgebers rechtzeitig seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen könne. Daher trage der Kläger auch das Wegerisiko im Falle seines Einsatzes während der Rufbereitschaftszeit.

11

Im Übrigen bestehe bereits deshalb kein Ersatzanspruch, da der Kläger seine Fahrweise nicht den winterlichen Straßenverhältnissen angepasst habe und dadurch den Unfall grob fahrlässig verschuldet habe.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der von dem Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und einen Ersatzanspruch nach § 670 BGB abgelehnt, da der Kläger sein Fahrzeug zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Unfall ereignet haben soll, nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers, sondern in seinem eigenen Betätigungsbereich eingesetzt habe. Es sei die Angelegenheit des Klägers gewesen, wie er während der von ihm geleisteten Rufbereitschaft im Falle des Abrufs der Arbeitsleistung zur Arbeitsstelle gelange. Die Fahrt habe - ungeachtet der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23. Dezember 2005 und des Schreibens des Vorgesetzten des Klägers, W, - nicht während der Arbeitszeit stattgefunden. Obgleich nach § 8 Abs. 3 TVöD die aufgewendete Wegezeit während der Rufbereitschaft wie Arbeitszeit zu vergüten sei, werde die Wegezeit selbst nicht zur Arbeitszeit.

15

Da der Kläger frei darüber habe entscheiden können, an welchem Ort er sich während seiner Rufbereitschaft aufhalte und wie er im Falle des Abrufs zur Arbeitsstelle gelangen könne, sei seine Fahrt zur Arbeitsstelle nach erfolgtem Abruf nicht mehr als im Betätigungsbereich des Arbeitgebers liegend anzusehen. Die Notwendigkeit der Fahrzeugnutzung sei allein durch die Entscheidung des Klägers bedingt gewesen, wo er sich während der Rufbereitschaft aufhalten wolle. Erst die Ausübung dieser Aufenthaltsbestimmung habe ergeben, ob und inwieweit der Kläger im Falle seines Abrufs einen mehr oder weniger weiten Weg zur Arbeitsstelle zurücklegen musste und ob er hierfür ein Fahrzeug benötigte.

16

Die Rufbereitschaft stelle auch gemäß den einschlägigen tariflichen Bestimmungen und der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23. Dezember 2005 keine Arbeitszeit dar.

17

Auch handele es sich nicht deshalb um eine während der Arbeitszeit angefallene Fahrt, weil der Vorgesetzte des Klägers, W, in seinem Schreiben an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F die Fahrt als Dienstfahrt bezeichnet habe. Es könne dahinstehen, ob der Vorgesetzte tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen sei, die Fahrt des Klägers als Dienstfahrt anzuerkennen, da er dies nach dem Wortlaut des Schreibens nicht getan habe.

18

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

19

1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB(analog) in Betracht kommt.

20

Nach § 670 BGB hat der Beauftragte gegen den Auftraggeber Anspruch auf den Ersatz von Aufwendungen, die er zum Zwecke der Ausführung des Auftrags gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Ein Arbeitnehmer hat in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Anspruch auf Ersatz von Schäden, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Voraussetzung der Ersatzfähigkeit eines Eigenschadens ist, dass der Schaden nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält (st. Rspr., vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

21

Sachschäden des Arbeitnehmers, mit denen nach Art und Natur des Betriebs oder der Arbeit zu rechnen ist, insbesondere Schäden, die notwendig oder regelmäßig entstehen, sind arbeitsadäquat und im Arbeitsverhältnis keine Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB. Handelt es sich dagegen um außergewöhnliche Sachschäden, mit denen der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder der Arbeit nicht ohne weiteres zu rechnen hat, so liegt eine Aufwendung nach § 670 BGB vor(vgl. BAG 20. April 1989 - 8 AZR 632/87 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 9 = EzA BGB § 670 Nr. 20).

22

In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde. Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich ua., wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4)oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2).

23

2. Im Streitfalle war die Gefahr eines Eigenschadens am Pkw bei Zurücklegung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsort nicht dem Lebensbereich des Klägers, sondern dem Betätigungsbereich der Beklagten zuzurechnen. Deshalb scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch des Kläger wegen der Beschädigung seines Pkw in entsprechender Anwendung des § 670 BGB nicht grundsätzlich aus.

24

a) Nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen hat der Arbeitnehmer - soweit keine abweichende Vereinbarung existiert - seine Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte selbst zu tragen (BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 471/92 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Versicherungsgewerbe Nr. 9). Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz sind erforderliche Handlungen des Arbeitnehmers, um die geschuldete Tätigkeit am Arbeitsplatz aufnehmen zu können.

25

b) Dieser Grundsatz wird vorliegend allerdings dadurch abgeändert, dass der Kläger am 6. Januar 2008 im Rahmen der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft zur Arbeitsleistung in das Klinikum abgerufen wurde. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Fahrzeit des Klägers zum Krankenhaus rechtlich als Arbeitszeit darstellt.

26

aa) Es besteht weder der Grundsatz, dass Eigenschäden eines Arbeitnehmers während der Arbeitszeit immer die Erstattungspflicht des Arbeitgebers auslösen, noch ist eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers stets ausgeschlossen, nur weil der Schaden außerhalb der Arbeitszeit eingetreten ist. So hat es der Senat für einen Entschädigungsanspruch wegen eines Schadens an einem vom Arbeitnehmer benutzten Privatwagen als allein entscheidungserheblich angesehen, ob ein Vorgesetzter den Arbeitnehmer angewiesen hatte, das eigene Fahrzeug für die Fahrt zur Arbeitsstelle (Baustelle) zu benutzen. Ist die Nutzung auf Verlangen des Arbeitgebers erfolgt, fällt die Fahrt - auch wenn diese außerhalb der Arbeitszeit stattfindet - in den Risikobereich des Arbeitgebers. Ist es dem Arbeitnehmer hingegen freigestellt, ob er zur Arbeitsstelle zu Fuß geht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt oder im eigenen Interesse sein Fahrzeug nutzt, erfolgt die Nutzung des Pkw nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers (vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2). Für die Ersatzpflicht spielt die Frage, ob der Schaden während der Arbeitszeit eingetreten ist, mithin keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob der Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten ist.

27

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist ein Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug hätte einsetzen müssen (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4; 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2; 17. Juli 1997 - 8 AZR 480/95 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 14 = EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 6) oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgefordert hat, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - aaO).

28

bb) Dass die Beklagte den Kläger angewiesen hatte, für die Fahrten während der Rufbereitschaft den eigenen Pkw zu verwenden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger durfte es jedoch für erforderlich halten, sein Privatfahrzeug für die Fahrt von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstätte zu benutzen, um rechtzeitig am Arbeitsort zu erscheinen.

29

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die „Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K)“ vom 1. August 2006 (im Folgenden: TVöD-K) Anwendung. Aus § 6 Abs. 5 TVöD-K folgt ua. die Verpflichtung des Klägers, Rufbereitschaftsdienst zu leisten. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 TVöD-K leisten Beschäftigte Rufbereitschaft, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Unter Arbeitsaufnahme ist in diesem Zusammenhang die Aufnahme der geschuldeten Tätigkeit zu verstehen, also im Falle des Klägers der ärztliche Dienstantritt im Klinikum der Beklagten.

30

cc) Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort so wählen muss, dass er auf Abruf die Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet (BAG 20. Mai 2010 - 6 AZR 1015/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 36). Damit stellt sie keine Freizeit des Arbeitnehmers im eigentlichen Sinne dar. Dass dies auch die Tarifvertragsparteien so sehen, folgt bereits daraus, dass der Rufbereitschaft leistende Arbeitnehmer für diese eine tägliche Pauschale erhält (§ 8 Abs. 3 TVöD-K). Während der Rufbereitschaft hat der Arbeitnehmer - wie während seiner eigentlichen Arbeitszeit - die Verpflichtung, Weisungen seines Arbeitgebers nachzukommen. So hat er sich auf dessen Aufforderung zur Arbeitsstelle zu begeben und dort seine Arbeitsleistung zu erbringen. Da es im Regelfalle nicht in seinem Belieben steht, wann er diese vom Arbeitgeber „abgerufene“ Arbeitsleistung erbringt, sondern weil er dies innerhalb einer den Arbeitseinsatz nicht gefährdenden Zeit tun muss, steht es ihm somit auch nicht frei, wie er sich zur Arbeitsstelle begibt. Er hat regelmäßig die Pflicht, sich auf „schnellstmöglichem Wege“ dorthin zu begeben. Dies gilt insbesondere für den Kläger als Arzt, da dessen Tätigkeit im Krankenhaus nach erfolgtem Abruf während der Rufbereitschaft in der Regel keinen beliebigen Aufschub erlaubt.

31

Damit unterscheidet sich der Weg zur Arbeitsstelle während der Rufbereitschaft grundlegend von dem allgemeinen Weg zur Arbeit. Bei Letzterem ist der Arbeitnehmer frei, wann, wie und von wo aus er diesen antritt. Der Arbeitgeber hat lediglich ein berechtigtes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer pünktlich an der Arbeitsstelle erscheint. Bei der Rufbereitschaft hingegen hat der Arbeitgeber deren Dauer angeordnet, hat Anspruch auf Mitteilung, wo sich der Arbeitnehmer aufhält und bestimmt den Zeitpunkt, ab welchem dieser sich auf den Weg zur Arbeitsaufnahme machen muss. Daraus ergibt sich ein besonderes Interesse des Arbeitgebers daran, dass der Arbeitnehmer innerhalb einer angemessenen Zeitspanne ab dem Abruf der Arbeit dieselbe aufnimmt. Wäre dies nicht der Fall, hätte der Arbeitgeber keine Rufbereitschaft angeordnet.

32

Hält es nunmehr der Arbeitnehmer für erforderlich, mit seinem Privatfahrzeug im Rahmen der Rufbereitschaft zum Arbeitsort zu fahren, weil dies aus seiner Sicht der schnellste Weg ist, um rechtzeitig dort zu erscheinen, so handelt er regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Benutzung des Privatwagens nicht auch den Interessen des Arbeitgebers dient, weil der Arbeitnehmer zB zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller zur Arbeit gelangen könnte als mit seinem Privat-Pkw oder weil er sich in einer den Sinn und Zweck der Rufbereitschaft gefährdenden Entfernung vom Arbeitsort aufhält und nur deshalb auf sein Privatfahrzeug angewiesen ist. Nur in einem solchen Falle, in dem die Nutzung des Privatfahrzeugs ausschließlich den Interessen des Arbeitnehmers dient, scheidet eine Entschädigung des Arbeitgebers für Schäden am Privatfahrzeug des Arbeitnehmers aus. Dass ein solcher Ausnahmefall vorliegend gegeben war, ist weder von den Parteien vorgetragen noch aufgrund des festgestellten Sachverhalts ersichtlich. Letztlich ist sogar davon auszugehen, dass die Beklagte die Benutzung des Privatwagens für die Fahrt vom Wohn- zum Arbeitsort durch den Kläger gebilligt hat. Zwar ist nicht vorgetragen, sie habe davon Kenntnis gehabt, dass er im Falle seiner Rufbereitschaft den Weg von zu Hause zum Dienst mit seinem Privat-Pkw zurücklegen werde. Allerdings musste sie hiervon ausgehen, da eine Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel gerade zu Nachtzeiten oder an Wochenenden außerhalb von Städten und Ballungsräumen den kurzfristigen Arbeitsantritt nicht gewährleistet. Davon, dass auch die Beklagte im Interesse der Patienten ihres Krankenhauses an einem „schnellstmöglichen“ Arbeitsantritt des Klägers nach erfolgtem Abruf interessiert war, ist auszugehen.

33

Da die Benutzung des Privatwagens durch den Kläger aufgrund der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft - auch - in deren gesteigertem Interesse lag, fällt sie letztlich in deren Risikobereich. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich ein Anspruch des Klägers in entsprechender Anwendung des § 670 BGB gegen die Beklagte auf Erstattung des an seinem Privatfahrzeug entstandenen Unfallschadens gegeben ist.

34

3. Ob der dem Grunde nach gegebene Aufwendungsersatzanspruch des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB gemindert oder gar ausgeschlossen ist, kann der Senat nicht nach § 563 Abs. 3 ZPO entscheiden. Insoweit bedurfte es der Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

35

a) Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient. Andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein, als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde. Ein Ersatzanspruch kann daher nur in dem Umfange bestehen, in dem der Arbeitgeber eine Beschädigung seiner eigenen Sachmittel hinzunehmen hätte (innerbetrieblicher Schadensausgleich) (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

36

Bei der Bewertung, wann und ggf. in welchem Umfange Verschulden des Arbeitnehmers den Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, kommen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung. Unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 254 BGB bedeutet dies, dass im Falle leichtester Fahrlässigkeit eine Mithaftung des Arbeitnehmers entfällt. Bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen und bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - mwN, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

37

Im Prozess über einen Entschädigungsanspruch obliegt dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, die eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen, wenn er die volle Erstattung des erlittenen Schadens verlangt. Damit muss er, wenn er vollen Aufwendungsersatz entsprechend § 670 BGB verlangt, darlegen, dass er den Unfall allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat(vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

38

b) Da das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur Frage des Verschuldens und zur Schadenshöhe getroffen hat, wird es dies nachzuholen haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Burr    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Februar 2008 - 14 Sa 682/06 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zurückgewiesen hat, an die Klägerin 99.932,40 Euro abzüglich übergegangener Ansprüche in Höhe von 47.428,56 Euro netto sowie 4.919,40 Euro netto an die Klägerin zu zahlen.

Insoweit wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Februar 2006 - 12 Ca 6478/05 - auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu 97 %, die Beklagte zu 3 %, die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu 89 %, die Beklagte zu 11 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Dauer einer Beurlaubung sowie die Bemessung eines Gesamtruhegelds.

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag gilt für die Arbeitnehmer/innen der Techniker Krankenkasse (TK), nachfolgend Angestellte genannt.

        

…       

        

§ 30   

        

Beurlaubung aus betrieblichen oder persönlichen Gründen bis zum Eintritt des Versorgungsfalles

        

…       

        

(2)     

Erklärt ein/e unkündbare/r Angestellte/r mit Gesamtversorgungsansprüchen nach Anlage 6a oder 6b TKT, der das 58. Lebensjahr (als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 % des 57. Lebensjahr) vollendet hat, dass er/sie dauernd außerstande sei, die ihnen obliegenden Aufgaben in vollem Umfang zu erfüllen und können ihm andere seiner Vergütungsgruppe entsprechende Aufgaben nicht übertragen werden, kann ihn/sie der Arbeitgeber auf seinen/ihren Antrag, wenn ihm/ihr außerdem Rente wegen voller Erwerbsminderung abgelehnt worden ist, bis zum Eintritt des Versorgungsfalles beurlauben.

        

(3)     

Die Beurlaubung endet mit einem Bezug von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beantragen ist.

        

(4)     

Der/die beurlaubte Angestellte erhält bis zum Eintritt des Versorgungsfalles Gesamtruhegeld nach Anlagen 6a oder 6b TKT.

        

...     

        

§ 31   

        

Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses … bei Bezug von Altersruhegeld

        

Mit dem Ablauf des Monats, in dem der/die Angestellte das 65. Lebensjahr vollendet oder indem ihm/ihr der Rentenbescheid über (vorgezogenes) Altersruhegeld zugestellt wird, endet das Beschäftigungsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

...     

        

§ 34   

        

Alters- und Hinterbliebenenversorgung

        

…       

        

(2)     

Für Angestellte, deren Beschäftigungsverhältnis vor dem 01.05.77 begonnen hat, richten sich die Ansprüche auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Anlage 6a TKT, …

        

...     

        

§ 40   

        

Ausschlussfristen

        

(1)     

Ansprüche des Arbeitgebers oder der Angestellten aus diesem Tarifvertrag sind innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen, ...

        

…“    

3

Die von § 30 Abs. 2 TKT in Bezug genommene Anlage 6a sieht ua. Folgendes vor:

        

„Die Angestellten, deren Beschäftigungsverhältnis bei der TK vor dem 01.05.77 begann, haben unter folgenden Voraussetzungen Anspruch auf eine Gesamtversorgung gegen die TK.

        

...     

        

Abschnitt C

        

Voraussetzungen für den Anspruch auf Gesamtversorgung

        

Nr. 5 

        

Kreis der Anspruchsberechtigten

        

Angestellte, deren Zusatzversicherung bis zu den in Abschnitt A Nr. 1 genannten Terminen als Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder als freiwillige Weiterversicherung bei der VBL durchgeführt wurde, haben Anspruch auf eine Gesamtversorgung gegen die Techniker Krankenkasse, wenn sie die Wartezeit nach Nr. 6 erfüllt haben, Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugebilligt wird, der Versorgungsfall nach Nr. 7 eingetreten ist und das Beschäftigungsverhältnis bis zu dessen Eintritt bestanden hat.

        

Nr. 6 

        

Beschäftigungs- und Wartezeit

        

…       

        

4.    

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn Angestellte 60 Beschäftigungsmonate bei einer Krankenkasse zurückgelegt haben. Angebrochene Kalendermonate gelten als volle Monate.

        

Nr. 7 

        

Versorgungsfall

        

1.    

Der Versorgungsfall tritt ein, wenn Angestellte

                 

…       

                 

d)    

Altersruhegeld auf Antrag vor Vollendung des 65. Lebensjahres erhalten,

                 

…       

                 

frühestens jedoch am Tage nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.

        

…       

        
        

Abschnitt D

        

Gesamtruhegeld

                 

Nr. 8 

                 

Zuschuss an Angestellte

        

Die Techniker Krankenkasse gewährleistet Angestellten als Gesamtruhegeld je nach Dauer der Beschäftigungszeit einen nach Nr. 9 ermittelten Vomhundertsatz des nach Nr. 10 festgesetzten ruhegeldfähigen Gehalts. Auf das Gesamtruhegeld werden die in Nr. 11 angeführten Bezüge angerechnet; der verbleibende Differenzbetrag wird als Zuschuss von der Techniker Krankenkasse gezahlt.

        

Nr. 9 

        

Höhe des Gesamtruhegeldes

        

1.    

Des Gesamtruhegeld beträgt nach erfüllter Wartezeit (Nr. 6 Ziffer 4) 35 v. H. des ruhegeldfähigen Gehalts (Nr. 10).

        

Es erhöht sich

                 

vom 6. bis 10. Beschäftigungsjahr um je 3,0 v. H.,

                 

vom 11. bis 20. Beschäftigungsjahr um je 1,5 v. H.,

                 

vom 21. bis 25. Beschäftigungsjahr um je 1,0 v. H.

                 

und für die folgenden Beschäftigungsjahre um je 0,5 v. H. bis höchstens 75 v. H. des ruhegeldfähigen Gehalts.

        

…       

        
        

Nr. 10

        

Ruhegeldfähiges Gehalt

        

Das Gesamtruhegeld wird vom Bruttogehalt und der Stellenzulage (Anlage 2 und 2a zum TKT) des Monats berechnet, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet (ruhegeldfähiges Gehalt); wenn es für Angestellte günstiger ist, wird jedoch der Durchschnittsverdienst der letzten fünf Jahre zugrunde gelegt. Ergibt sich bei der Berechnung aus dem Durchschnitt der monatlichen Bruttogehälter der letzten 10 oder der letzten 20 Beschäftigungsjahre bei der Techniker Krankenkasse ein höherer Betrag, so wird dieser Betrag als ruhegeldfähiges Gehalt zugrunde gelegt. …

        

Für Beurlaubte nach § 30 TKT wird das Gesamtruhegeld von dem Bruttogehalt berechnet, dass unmittelbar vor Eintritt des Versorgungsfalles für die Berechnung der laufenden Beurlaubungsbezüge maßgebend war.

        

Nr. 11

        

Anzurechnende Bezüge

        

1.    

Auf das Gesamtruhegeld werden angerechnet:

                 

a) die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe, und zwar auch dann, wenn die Rente ruht,

                 

…       

                 

e) die Rente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, und zwar auch dann in monatlichen Beträgen, wenn die Versicherungsrente von der VBL in einer einmaligen Zahlung abgefunden wurde,

                 

f) die nach dem Beamtengesetz oder aus sonstigen öffentlichen Kassen gezahlten Versorgungsbezüge.

                 

…       

        

Nr. 17

        

Bestimmungen für Sonderfälle

        

1.    

a) Werden unkündbare Angestellte gemäß § 30 TKT beurlaubt, so wird ihnen ungeachtet des fehlenden Rentenbezugs nach Nr. 11 Ziffer 1 Buchstaben a) und c) ein Gesamtruhegeld nach Abschnitt D gewährt, auf das er zum Zeitpunkt des Beginns der Beurlaubung Anspruch hat.

                 

…“    

4

Vom 1. Oktober 2002 bis zum 30. September 2004 war die Klägerin gemäß § 30 Abs. 2 TKT beurlaubt. Die Klägerin erhielt in diesem Zeitraum ein monatliches Gesamtruhegeld in Form von Beurlaubungsgeld, dessen Höhe die Beklagte nach Nr. 17 iVm. Nr. 9 und 10 Anlage 6a TKT berechnete.

5

Auf der Grundlage des Bescheids der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 16. Juli 2004 bezog die Klägerin ab dem 1. Oktober 2004 eine vorzeitige Altersrente für Frauen.

6

Seit dem 1. Oktober 2004 zahlt die Beklagte an die Klägerin ein Gesamtruhegeld gemäß § 34 Abs. 2 iVm. Anlage 6a TKT. Auf das Gesamtruhegeld rechnet die Beklagte die Abschläge, um die die Altersrente der Klägerin infolge der vorzeitigen Inanspruchnahme gemindert ist, zulasten der Klägerin in einer Höhe von monatlich 271,75 Euro an.

7

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2004 verlangte die Klägerin erfolglos von der Beklagten, in die Berechnung des Gesamtruhegelds lediglich die gekürzte Altersrente einzustellen.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, an sie im Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2007 einen Kassenzuschuss in Form von Beurlaubungsgeld zu zahlen. Ihre Beurlaubung habe erst am 30. September 2007 ihr Ende gefunden. Indem § 30 Abs. 3 TKT an die Möglichkeit anknüpfe, vorzeitige Altersrente zu beanspruchen, benachteilige die Tarifbestimmung Frauen wegen des Geschlechts. Auf das Gesamtruhegeld, das sie nach dem Ende der Beurlaubung ab dem 1. Oktober 2007 beziehe, sei lediglich die tatsächlich von ihr bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 99.932,40 Euro brutto abzüglich übergegangener Ansprüche in Höhe von 47.428,56 Euro netto sowie 4.919,40 Euro netto zu zahlen, und

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie zusätzlich zur monatlichen Betriebsrente 157,33 Euro monatlich zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die zeitliche Begrenzung der Beurlaubungsdauer bis zum Eintritt des Versorgungsfalls sei sachlich gerechtfertigt. Die Tarifvertragsparteien seien befugt, die Dauer der Beurlaubung unter Rückgriff auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zu regeln. Denn die vor dem Eintritt des Versorgungsfalls liegende Beurlaubung bezwecke allein die Überbrückung des Zeitraums zwischen aktiver Beschäftigung und Eintritt in die Altersrente. Auf das tarifliche Gesamtruhegeld während des Versorgungsverhältnisses seien die Renteneinkünfte anzurechnen, welche die Klägerin ohne die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente bezogen hätte. Schließlich seien die Ansprüche der Klägerin nach § 40 TKT verfallen.

11

Die Vorinstanzen haben der Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - stattgegeben. Die Beklagte verfolgt mit der Revision die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet; im Übrigen ist sie nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten insoweit zu Unrecht zurückgewiesen, als das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1. stattgegeben hat. Soweit die Klägerin mit dem Feststellungsantrag zu 2. ein höheres Gesamtruhegeld geltend macht, hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

13

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere erfüllt der Klageantrag zu 2. die Voraussetzungen, an die § 256 Abs. 1 ZPO die Zulässigkeit einer Feststellungsklage knüpft.

14

1. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

15

2. Mit dem Klageantrag zu 2. will die Klägerin den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Versorgungsverhältnisses und damit eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO geklärt wissen. Feststellungsklagen müssen sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern können einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen zum Gegenstand haben (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 20, EzA GG Art. 3 Nr. 109).

16

3. Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, die Höhe des Gesamtruhegelds gerichtlich feststellen zu lassen.

17

4. Der Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Eine Feststellungsklage ist zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (Senat 16. Dezember 2008 9 AZR 985/07  - Rn. 19, BAGE 129, 72).

18

Diese Erfordernisse sind gewahrt. Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist geeignet, den Streit der Parteien über die Frage, ob die Rentenabschläge die Versorgungsansprüche der Klägerin mindern, abschießend zu klären und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über die Berechnung des Gesamtruhegelds, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht.

19

II. Die Klage ist insoweit unbegründet, als die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. für den Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2007 Beurlaubungsgeld iHv. 99.932,40 Euro brutto abzüglich übergegangener Ansprüche iHv. 47.428,56 Euro netto sowie 4.919,40 Euro netto verlangt.

20

1. Die tarifvertraglichen Vorschriften der Nr. 17 Abs. 1 Buchst. a, Nr. 8 Satz 1 der Anlage 6a TKT, die kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme auf das Rechtsverhältnis der Parteien Anwendung finden, rechtfertigen das Klagebegehren nicht.

21

a) Nach Nr. 17 Abs. 1 Buchst. a der Anlage 6a TKT haben Angestellte, die gemäß § 30 TKT beurlaubt sind, Anspruch auf ein Gesamtruhegeld.

22

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Klägerin war im Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2007 weder beurlaubt, noch hatte sie einen Anspruch auf Beurlaubung. Zwischen den Parteien bestand zu diesem Zeitpunkt kein Arbeits-, sondern ein Versorgungsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis endete mit Wirkung zum 30. September 2004 infolge der in § 31 TKT vorgesehenen Beendigungsregelung, deren Wirksamkeit die Klägerin nicht binnen der in §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG bestimmten Dreiwochenfrist zur Überprüfung durch die Arbeitsgerichte gestellt hat. Eine Beurlaubung im Versorgungsverhältnis sehen die Vorschriften des TKT nicht vor.

23

aa) Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung seines Arbeitsvertrags rechtsunwirksam ist, muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet worden ist (§ 17 Satz 1 TzBfG). Nach § 7 KSchG iVm. § 17 Satz 2 TzBfG gilt die Befristung als wirksam, wenn die Rechtsunwirksamkeit der vereinbarten Befristung nicht innerhalb dieser Frist gerichtlich geltend gemacht worden ist. Das trifft gemäß § 21 TzBfG auch auf auflösend bedingte Arbeitsverträge zu.

24

Knüpft eine Tarifnorm die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Eintritt einer Bedingung, hat der Arbeitnehmer, der die Wirksamkeit der Tarifvorschrift überprüfen lassen will, die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG zu beachten(vgl. BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 1 der Gründe, BAGE 111, 148). Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer geltend macht, die Tarifvorschrift sei wegen einer unzulässigen Benachteiligung bestimmter Arbeitnehmergruppen unwirksam (vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 31 ff., NZA 2010, 1409).

25

Gemäß § 31 TKT endete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem Ablauf des Monats, in dem der Klägerin der Rentenbescheid über „vorgezogenes Altersruhegeld“ zugestellt wurde. Diese auflösende Bedingung iSd. § 21 TzBfG ist mit Zustellung des Bescheids der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 16. Juli 2004 an die Klägerin eingetreten. Die Klägerin hat nicht binnen der in § 17 Satz 1 TzBfG bestimmten dreiwöchigen Frist Klage beim Arbeitsgericht erhoben, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Tarifbestimmung des § 31 TKT rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis deshalb nicht beendet.

26

Die Fristenregelung der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Die Festlegung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung aus Gründen der Rechtssicherheit ist mit dem europäischen Unionsrecht vereinbar, sofern damit die Ausübung eines Rechts nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36, 42, EzA AGG § 15 Nr. 8). Die zeitliche Begrenzung der Klagemöglichkeit bezweckt, alsbald Klarheit über den Fortbestand von Arbeitsverhältnissen zu erhalten (vgl. BAG 11. Dezember 2008 - 2 AZR 472/08 - Rn. 31, BAGE 129, 32). Eine dreiwöchige Frist zur Klageerhebung erschwert den Kündigungsschutz des Arbeitnehmers nicht übermäßig, zumal §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 KSchG die nachträgliche Klagezulassung eröffnen, wenn ein Arbeitnehmer nach Eintritt einer das Arbeitsverhältnis auflösenden Bedingung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, fristgerecht Rechtsschutz zu suchen(vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 33, NZA 2010, 1409). Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung seines Arbeitsvertrags rechtsunwirksam ist, muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet worden ist (§ 17 Satz 1 TzBfG). Nach § 7 KSchG iVm. § 17 Satz 2 TzBfG gilt die Befristung als wirksam, wenn die Rechtsunwirksamkeit der vereinbarten Befristung nicht innerhalb dieser Frist gerichtlich geltend gemacht worden ist. Das trifft gemäß § 21 TzBfG auch auf auflösend bedingte Arbeitsverträge zu.

27

bb) Das Verstreichen der Klagefrist hat zur Folge, dass die tarifvertragliche Befristungsregelung im Verhältnis der Parteien als wirksam gilt (§ 7 KSchG iVm. § 17 Satz 2 TzBfG). Dies gilt unabhängig davon, ob die Tarifbestimmung Frauen wegen ihres Geschlechts mittelbar benachteiligt. Macht ein Arbeitnehmer von der Möglichkeit, eine Befristungsregelung durch die Gerichte für Arbeitssachen kontrollieren zu lassen, nicht Gebrauch, kann er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge der Bedingung nicht mehr infrage stellen. Denn mit dem Versäumen der Klagefrist werden alle Voraussetzungen einer rechtswirksamen Bedingung fingiert (vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 64/03 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 109, 110).

28

cc) Die Klägerin kann eine Fortgewährung von Beurlaubungsbezügen nicht mehr beanspruchen, nachdem das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beendet und der Versorgungsfall eingetreten ist. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens zum 30. September 2004 fehlt es an einem Arbeitsverhältnis, das die Grundlage für eine Beurlaubung der Klägerin bildete. Der Kassenzuschuss in Gestalt von Beurlaubungsbezügen gemäß Nr. 17 Abs. 1 Buchst. a Anlage 6a, § 30 Abs. 2, Abs. 4 TKT, den die Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2007 geltend macht, hängt sowohl für Männer als auch für Frauen von dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ab. Dies folgt aus § 30 Abs. 2 TKT, der die Möglichkeit der Beurlaubung und damit den Bezug von Beurlaubungsgeld nur für „unkündbare Angestellte“ vorsieht. Versorgungsempfänger befinden sich nicht in einem unkündbaren Arbeitsverhältnis.

29

2) Die Klägerin kann den Zahlungsanspruch nicht mit Erfolg auf den Grundsatz der Entgeltgleichheit bei Frauen und Männern stützen.

30

a) Nach § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB idF des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42) durfte bei einem Arbeitsverhältnis für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts. Diese Bestimmung ist mit Wirkung zum 17. August 2006 außer Kraft getreten. Seitdem gelten die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (BGBl. I S. 1897). Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das in § 7 Abs. 1 AGG normierte Benachteiligungsverbot verstoßen, unwirksam. § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG schützt ua. Frauen gegen eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.

31

b) Die Klägerin begehrt Gesamtruhegeld für einen Beurlaubungszeitraum, der sich vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2007 erstreckt. Der Senat braucht nicht abschließend darüber zu befinden, ob die tarifliche Bestimmung des § 30 Abs. 3 TKT an § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB aF oder an den Vorschriften des AGG zu messen ist. Denn der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt in beiden Fällen nicht vor. Es fehlt an einem vergleichbaren Sachverhalt, der Ansprüche der Klägerin begründen könnte.

32

Im Gegensatz zu männlichen Arbeitnehmern, die gemäß § 30 Abs. 2 TKT bis zum Eintritt in die Altersrente im fortbestehenden Arbeitsverhältnis beurlaubt waren, bestand zwischen den Parteien nach dem 30. September 2004 kein Arbeits-, sondern ein Versorgungsverhältnis. Anders als den beurlaubten männlichen Mitarbeitern schuldete die Beklagte der Klägerin nicht eine Arbeitsvergütung, sondern eine nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlende Versorgung. Damit fehlt es an einem vergleichbaren Sachverhalt, der den Anwendungsbereich des § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB aF eröffnet. Wie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. November 1993 (- C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 17 ff., Slg. 1993, I-5579) ausgeführt hat, sind die Entgeltbedingungen von männlichen Arbeitnehmern, die ohne tatsächliche Leistungserbringung noch Überbrückungszahlungen des Arbeitgebers erhalten, bis sie das gesetzliche Renteneintrittsalter erreichen, nicht mit denen weiblicher Versorgungsempfänger vergleichbar, die bei gleichem Alter gesetzliche Altersrente beziehen. Der Eintritt in die Altersrente bedeutet eine Zäsur, die dem Anspruch auf Gleichbehandlung entgegensteht.

33

III. Der Klageantrag zu 2. ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin für den Zeitraum ab dem 1. Oktober 2007 ein um 157,33 Euro erhöhtes Gesamtruhegeld zu zahlen. Das Klagebegehren findet in § 34 Abs. 2 TKT iVm. Nr. 5, 8 und 9 Anlage 6a TKT seine Rechtfertigung. Davon ist das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht ausgegangen.

34

1. Gemäß Nr. 5 Anlage 6a TKT haben Angestellte, deren Zusatzversicherung bis zu den in Abschnitt A Nr. 1 genannten Terminen als Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder als freiwillige Weiterversicherung bei der VBL durchgeführt wurde, Anspruch auf eine Gesamtversorgung, wenn sie die Wartezeit nach Nr. 6 erfüllt haben, Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugebilligt wird, der Versorgungsfall nach Nr. 7 eingetreten ist und das Beschäftigungsverhältnis bis zu dessen Eintritt bestanden hat. Die Wartezeit ist nach Nr. 6 Satz 1 Anlage 6a TKT erfüllt, wenn Angestellte 60 Beschäftigungsmonate bei einer Krankenkasse zurückgelegt haben. Der Versorgungsfall tritt ein, wenn der Angestellte Altersruhegeld auf Antrag vor Vollendung des 65. Lebensjahres erhält, frühestens jedoch am Tage nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (Nr. 7 Abs. 1 Buchst. d Anlage 6a TKT).

35

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen zum Bezug von Gesamtruhegeld nach Eintritt des Versorgungsfalls. Die diesbezüglichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte mit der Revision nicht angegriffen.

36

2. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Rentenabschläge wegen der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente auf die Versorgungsansprüche der Klägerin anzurechnen.

37

a) Gemäß Nr. 11 Abs. 1 Buchst. a Anlage 6a TKT wird auf das Gesamtruhegeld die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe angerechnet.

38

b) Entgegen der Auffassung der Revision ist auf das ruhegehaltsfähige Gehalt iSd. Nr. 10 Anlage 6a TKT lediglich die von der Klägerin tatsächlich bezogene gesetzliche Altersrente iHv. 1.317,46 Euro, nicht aber die gesetzliche Altersrente, welche die Klägerin bezogen hätte, wenn sie die vorzeitige Altersrente nicht in Anspruch genommen hätte. Dies ergibt eine Auslegung der maßgeblichen Anrechnungsvorschrift Nr. 11 Abs. 1 Buchst. a Anlage 6a TKT.

39

aa) Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Auf dieser Grundlage ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu ermitteln, soweit er sich in den tariflichen Regelungen niedergeschlagen hat. Der tarifliche Zusammenhang kann Aufschlüsse über den von den Tarifvertragsparteien verfolgten Zweck geben. Auch auf die Entstehungsgeschichte und die Tarifpraxis kann zurückgegriffen werden. Praktikabilität und Sinn des Auslegungsergebnisses sind im Auge zu behalten. Im Zweifel ist die Auslegung vorzugswürdig, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat 20. Januar 2009 - 9 AZR 677/07 - Rn. 35, BAGE 129, 131). An versorgungsrechtliche Anrechnungsvorschriften legt die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung von jeher einen strengen Maßstab an: Anrechnungen von anderweitigen Bezügen auf Versorgungsansprüche sind nur insoweit möglich, als die maßgeblichen Bestimmungen die Anrechnungstatbestände für den Versorgungsberechtigten erkennbar und eindeutig beschreiben (st. Rspr. seit BAG 5. September 1989 - 3 AZR 654/87 - zu 1 der Gründe, AP BetrAVG § 5 Nr. 32). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen eine Versorgungsordnung die Anrechnung einer ungekürzten, nicht durch den Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI verringerten Altersrente vorsieht.

40

bb) Nach diesen Grundsätzen unterfällt dem Anrechnungstatbestand lediglich die gesetzliche Altersrente, die der Versorgungsempfänger tatsächlich bezieht. Fiktive Renten, die sich ergäben, wenn man einen vorzeitigen Rentenbezug hinwegdachte, bleiben bei der Berechnung der Höhe des Gesamtruhegeldes außer Betracht. Dies folgt aus dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang des Tarifvertrags und dem Zweck der Gesamtversorgung, wie Anlage 6a TKT sie den Berechtigten gewährt.

41

(1) Der Wortlaut der Tarifbestimmung (Nr. 11 Abs. 1 Buchst. a Anlage 6a TKT), der mit dem Begriff „Rente … in voller Höhe“ auf sozialrechtliche Vorschriften Bezug nimmt, lässt es nicht zu, Rentenbezüge, auf die die Klägerin keinen Anspruch hat, von dem ruhegeldfähigen Gehalt iSd. Nr. 10 Anlage 6a TKT in Abzug zu bringen.

42

Der Gesetzgeber verwendet den Begriff der „Rente ... in voller Höhe“ in § 42 Abs. 1 SGB VI in Abgrenzung zur Teilrente, die gemäß § 42 Abs. 2 SGB VI ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der Rente in voller Höhe beträgt. Bereits im Jahr 2003, als die Tarifvertragsparteien die Anlage 6a TKT überarbeiteten, hatte der Begriff die durch § 42 Abs. 1 SGB VI festgelegte fachliche Bedeutung. Die Vorschrift ist mit dem Rentenreformgesetz vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) in Kraft getreten. Übernimmt ein Tarifvertrag ohne eigene Definition einen Begriff, der in einem Gesetz verwandt wird mit dem ein Sachzusammenhang besteht, so ist grundsätzlich die fachspezifische gesetzliche Bedeutung zugrunde zu legen (BAG 29. Juli 2003 - 3 AZR 425/02 - zu I der Gründe, AP BetrAVG § 1 Gesamtversorgung Nr. 4). Nr. 11 Abs. 1 Buchst. a Anlage 6a TKT greift auf den durch rentenrechtliche Vorschriften präfigurierten Fachbegriff zurück, der mangels eigener Definition seitens der Tarifvertragsparteien für die Interpretation der Tarifbestimmung maßgeblich ist.

43

(2) Der Regelungszusammenhang, in den die Anrechnungsbestimmung eingebettet ist, stützt dieses Auslegungsergebnis.

44

Die Überschrift der Vorschrift (Nr. 11 Anlage 6a TKT) beschreibt die in Abzug zu bringenden Leistungen als „anzurechnende Bezüge“. Ein Bezug einer Leistung liegt nach umgangssprachlichem Begriffsverständnis nur vor, wenn der Berechtigte die Leistung tatsächlich vereinnahmt. Dem Begriff unterfallen nicht fiktive Leistungen.

45

In dieselbe Richtung weist Nr. 8 Satz 2 Anlage 6a TKT, der zufolge auf das Gesamtruhegeld die in Nr. 11 angeführten Bezüge angerechnet werden. Es ist nicht anzunehmen, dass die Anrechnungsvorschrift, auf die Nr. 8 Satz 2 Anlage 6a TKT verweist, einen von der Verweisungsnorm abweichenden begrifflichen Inhalt hat.

46

Die Annahme, unter Nr. 11 Abs. 1 Buchst. a Anlage 6a TKT fielen auch fiktive Renten, führte darüber hinaus zu einem inkohärenten Auslegungsergebnis. So stellen sowohl Nr. 11 Abs. 1 Buchst. e Anlage 6a TKT als auch Nr. 11 Abs. 1 Buchst. f Anlage 6a TKT auf Versorgungsleistungen ab, die dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung stehen. Gemäß Nr. 11 Abs. 1 Buchst. e Anlage 6a TKT sind auf das Gesamtruhegeld ua. auch Versicherungsrenten anzurechnen, die der Versicherungsträger in einer einmaligen Zahlung abfindet. Nach Nr. 11 Abs. 1 Buchst. f Anlage 6a TKT unterliegen auch die nach dem Beamtengesetz oder aus sonstigen öffentlichen Kassen gezahlten Versorgungsbezüge der Anrechnung. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die darauf hindeuteten, die Tarifvertragsparteien wollten gesetzliche Renten abweichend von anderen Bezüge einem fiktiven Betrag nach anrechnen.

47

(3) Gegen eine Einbeziehung hypothetischer Einkünfte sprechen schließlich Sinn und Zweck der durch Anlage 6a TKT gewährleisteten Gesamtversorgung. Tarifvertragliches Versorgungsziel ist es, ausscheidenden Arbeitnehmern mit einer Gesamtversorgungsobergrenze iHv. bis zu 75 % des Bruttoeinkommens den im aktiven Dienst erreichten Lebensstandard annähernd zu erhalten. Die durch Nr. 11 Anlage 6a TKT angeordnete Anrechnung anderweitiger Versorgungsleistungen auf das ruhegeldfähige Gehalt will eine Überversorgung der in den Ruhestand getretenen Mitarbeiter vermeiden. Zu diesem Zweck sollen Nachteilsüberkompensationen aus der Summierung zweckähnlicher Leistungen der gesetzlichen wie der betrieblichen Alterssicherung vermieden werden. Zu den funktionsgleichen Erwerbsersatzeinkommen zählen jedoch nur die von dem Versorgungsempfänger tatsächlich vereinnahmten, nicht aber die Rententeile, auf die er infolge sozialrechtlicher Abschlagsregelungen keinen Anspruch hat. Damit ist eine Anrechnung der Beträge, um die die vorzeitige Rente der Klägerin gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI gemindert ist, ausgeschlossen.

48

(4) Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat, die Tarifvertragsparteien hätten den Willen gehabt, den Arbeitgeber zu einer Anrechnung fiktiver Rentenbestandteile zu ermächtigen, ist dies für das Auslegungsergebnis unbeachtlich. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist bei der Auslegung von Tarifverträgen nur zu berücksichtigen, wenn und soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. Senat 20. Januar 2009 - 9 AZR 677/07 - Rn. 35, BAGE 129, 131). Hieran fehlt es. Der Wortlaut der Nr. 11 Abs. 1 Buchst. a Anlage 6a TKT lässt lediglich eine Anrechnung tatsächlich bezogener Leistungen zu.

49

3. Die Beklagte hat auf das Gesamtruhegeld, das die Klägerin seit dem 1. Oktober 2007 bezieht, Rentenabschläge in einer monatlichen Höhe von 271,75 Euro angerechnet. Diese Anrechnung ist tarifwidrig. Die Klägerin hat deshalb ab dem 1. Oktober 2007 Anspruch auf ein höheres Gesamtruhegeld. Der Senat, der gemäß § 557 Abs. 1 ZPO an die von den Parteien gestellten Anträge gebunden ist, kann nur darüber befinden, dass der Klägerin jedenfalls ein Gesamtruhegeld zusteht, dass 157,33 Euro über dem bislang von der Beklagten gezahlten Betrag liegt.

50

4. Die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 40 Abs. 1 TKT steht dem von der Klägerin erhobenen Anspruch nicht entgegen. Nach dieser Tarifbestimmung sind tarifvertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Die Klägerin hat ihre Rechte mit Schreiben vom 2. Oktober 2004 form- und fristgemäß gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

51

IV. Die Kosten des Rechtsstreits bestimmen sich nach den Kostenanteilen und dem Unterliegen der Parteien in den Instanzen.

52

1. Die Parteien haben die Kosten erster Instanz im Umfang ihres Unterliegens und der Klagerücknahme zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Es errechnet sich ein fiktiver Gesamtstreitwert erster Instanz iHv. 157.143,96 Euro. Dieser setzt sich aus dem 36-fachen Betrag des von der Klägerin geltend gemachten Beurlaubungsgelds iHv. monatlich 2.775,90 Euro und dem 36-fachen Betrag der monatlich beanspruchten Betriebsrente iHv. 1.589,21 Euro zusammen. Soweit die Klägerin Beurlaubungsgeld begehrt hat, ist sie unterlegen. Im Übrigen hat sie die Klage im Umfang von 51.547,68 Euro (36-fache Differenz zwischen den Beträgen, die die Klägerin ursprünglich als Betriebsrente und letztlich als Differenz zur Betriebsrente verlangt hat) zurückgenommen. Die Beklagte ist mit einem Betrag iHv. 5.663,88 Euro belastet (36-facher Differenzbetrag zwischen der von der Beklagten gezahlten und der von der Klägerin begehrten Betriebsrente). Die Kosten erster Instanz sind damit im Verhältnis von 97 % zu 3 % zu teilen.

53

2. Auch die Kosten zweiter und dritter Instanz sind zwischen den Parteien zu teilen. Auf der Grundlage eines fiktiven Streitwerts iHv. 53.248,32 Euro (bezifferter Zahlungsantrag zu 1.: 47.584,44 Euro; 36-facher Betrag nach dem Klageantrag zu 2.: 5.663,88 Euro) ist die Klägerin mit dem Betrag, den sie mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemacht hat, unterlegen. Die Revision der Beklagten ist hinsichtlich eines Betrags iHv. 5.663,88 Euro erfolglos geblieben. Dies entspricht einem Verhältnis der Kostentragung von 89 % zu 11 %.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    Brossardt    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.11.12, AZ: 4 Ca 1949/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Ersatz eines an seinem Personenkraftwagen entstandenen Schadens.

2

Der in C-Stadt wohnhafte Kläger ist bei dem beklagten Land, vertreten durch den A., auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14. März 1991 (im Folgenden: AV) als Fernmeldemechaniker in der Fernmeldemeisterei K - Autobahnamt M - beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet jedenfalls kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in der jeweils geltenden Fassung (TV-L) Anwendung. Am 24. Dezember 2009 befand sich der Kläger im Rufbereitschaftsdienst, den er von zu Hause aus wahr nahm. Er wurde im Rahmen seiner Rufbereitschaft zu einem Einsatz gerufen, um eine Störung der Notrufanlage im Tunnel M-H zu beseitigen, und fuhr mit seinem privaten PKW zur Dienststelle Fernmeldemeisterei K, von wo aus er die Störung zusammen mit einem Kollegen per Computer beseitigte. Gegen 11:40 Uhr trat der Kläger die Rückfahrt zu seinem Wohnort an. Von der Fernmeldemeisterei K fuhr er über die Landstraße L 121 zur Auffahrt M-K, um auf die dort vierspurige Bundesstraße B9 Richtung B aufzufahren. Gegen Ende der Beschleunigungsspur zur B9 befindet sich unter der B9 eine quer verlaufende Straße. Auf der Höhe der Brückenüberführung rutschte das Fahrzeug des Klägers plötzlich mit dem Heck weg und geriet ins Schleudern. Trotz Gegenlenkens und Bremsens rutschte der PKW am Ende der Beschleunigungsspur nach rechts in die Betongleitschutzwand. Zum Zeitpunkt des Unfalls herrschten Außentemperaturen von 2 Grad Celsius bei nasser Fahrbahn. Auf der B9 ist an der Unfallstelle eine Höchstgeschwindigkeit bei Nässe nicht vorgeschrieben. Der Kläger fuhr 60 bis 70 km/h. Dort, wo der Kläger auf die B9 auffahren wollte, ist eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h vorgeschrieben. Bei dem Unfall kam es zu einem Schaden am Fahrzeug des Klägers in Höhe von insgesamt 3.686,92 Euro netto, der bis auf die Selbstbeteiligung in Höhe von 500,00 Euro von der Vollkaskoversicherung des Klägers ausgeglichen wurde. Die Selbstbeteiligung hat der Kläger selbst getragen.

3

Der Kläger machte den ihm in Höhe des Eigenanteils entstandenen Schaden mit Schreiben vom 05. Februar 2010 beim beklagten Land geltend, welches die Forderung mit Schreiben vom 25. Februar 2010 mit der Begründung zurückwies, nach § 99 Abs. 1 Satz 2 LBG beginne der Dienst nicht mit dem Verlassen der Wohnung. Nach weiterer Korrespondenz zwischen den Parteien hat der Kläger am 23. Mai 2012 vorliegende Zahlungsklage wegen Schadensersatzes beim Arbeitsgericht Koblenz erhoben.

4

Er hat erstinstanzlich - im Wesentlichen - vorgetragen, das beklagte Land sei zum Ersatz seines Schadens nach § 670 BGB analog verpflichtet, insbesondere finde § 70 LBG RP (= § 99 LBG RP aF) weder direkt, noch analog auf das privatrechtliche Dienstverhältnis Anwendung. Die Beklagte verkenne, dass er sich im Rahmen der Rufbereitschaft im Dienst befunden habe und sein Fahrzeug mit Billigung im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingesetzt habe. Da das beklagte Land ein unbedingtes Interesse daran habe, dass er bei Störungsfällen in kurzer Zeit am Einsatzort sei, sei der hierbei entstandene Schaden an seinem privaten PKW vom beklagten Land zu ersetzen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, angesichts seiner angepassten Fahrweise ohne überhöhte Geschwindigkeit auf der relativ kurzen Beschleunigungsspur könne ihm grobe Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden, zumal er nicht habe erkennen können, dass die Beschleunigungsspur zur B9 über eine Brücke führe und die Straße an der Unfallstelle möglicherweise und unvorhersehbar überfroren gewesen sei.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Februar 2010 zu zahlen.

7

Das beklagte Land hat beantragt,

8

die Klage wird abgewiesen.

9

Das beklagte Land hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe einen Anspruch aus § 670 BGB weder unmittelbar noch analog, weil sich Fürsorgeleistungen des Landes wie gegenüber seinen Beamten auch gegenüber seinen Angestellten ausschließlich nach der entsprechenden Anwendung des § 70 LBG RP (= § 99 LBG aF) richteten, wodurch die Gleichbehandlung der Beamten und Angestellten in diesem Bereich gewährleistet werden solle. Der Kläger habe weder nach dieser Vorschrift, noch nach § 670 BGB analog einen Erstattungsanspruch, weil er den Unfall infolge überhöhter Geschwindigkeit grob fahrlässig verschuldet habe und zudem spätestens nach dem Durchdrehen der Räder - als Hinweis auf Glätte - beim Auffahren zur B9 die restliche Auffahrt besonders vorsichtig habe befahren müssen, statt - wie er selbst angegeben habe - noch zu beschleunigen.

10

Das Arbeitsgericht Koblenz hat der Klage mit Urteil vom 14. November 2012 (Bl. 75 - 84 d. A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, unter Zulassung der Berufung bis auf einen Zinstag entsprochen und zur Begründung angeführt, das beklagte Land hafte für den entstandenen Schaden nach den Grundsätzen ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 670 BGB analog, da der betrieblich veranlasste und nicht durch besondere Vergütungsbestandteile abgedeckte Schaden bei einem objektiv erforderlichen Einsatz des Fahrzeugs im Betätigungsbereich der Arbeitgeberin entstanden und ein Fahrfehler des Klägers nicht ersichtlich sei. An diesen Grundsätzen ändere auch § 70 LBG RP (= § 99 LBG RP aF) nichts, da die Norm weder unmittelbar, noch analog anwendbar sei. Insbesondere rechtfertige der Gleichbehandlungsgrundsatz eine analoge Anwendung nicht, da dieser als Teilhaberecht konzipiert sei und nicht dazu herangezogen werden könne, das Schutzniveau abzusenken. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 81 ff. d. A. Bezug genommen.

11

Das beklagte Land hat gegen das ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten am 30. November 2012 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 17. Dezember 2012 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 28. Februar 2013 mit Schriftsatz vom 26. Februar 2013, bei Gericht eingegangen am 27. Februar 2013, begründet.

12

Das beklagte Land macht mit der Berufungsbegründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 107 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend,

13

§ 70 LBG RP (= § 99 LBG aF) sei vorliegend - unter Ausschluss der Haftung nach § 670 BGB analog - analog anwendbar, da das beklagte Land sowohl Landesbeamte als auch nach TV-L Angestellte mit überwiegend identischen Aufgabenstellungen beschäftige und die Nähe ua. ausweislich der Bezugnahmen beispielsweise in § 3 Abs. 3 TV-L, § 4 Abs. 1 TV-L und § 3 Abs. 7 TV-L zum öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis größer sei als die zum privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis. Außerdem nehme der Kläger hoheitliche Tätigkeiten wahr, weshalb er insoweit als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne gelte. Auch nach § 670 BGB analog sei ein Anspruch des Klägers nicht gegeben. Es fehle bereits an der betrieblichen Veranlassung, da der Schaden des Klägers im Rahmen der Rufbereitschaft während der Rückfahrt zur Wohnung eingetreten sei und ein arbeitgeberseitiges Interesse an einer möglichst zügigen Rückfahrt des Arbeitnehmers nicht anzunehmen sei. Im Übrigen habe der Kläger nicht wie ein Arzt, der dringend zu einem Kranken gerufen werde, an seinem Arbeitsplatz erscheinen müssen, sondern es sei lediglich die Möglichkeit einer zeitnahen Fehlerbehebung am gleichen Tag beabsichtigt gewesen. Auch sei die Annahme des Arbeitsgerichts fehlerhaft, der Kläger habe den Unfall nur leicht fahrlässig verursacht, weil dieser nach dem Durchdrehen der Räder noch beschleunigt habe und die Geschwindigkeitsangaben allein auf seinen Aussagen beruhten. Selbst wenn der Anspruch dem Grunde nach berechtigt sein solle, habe der Kläger den Schaden als berufsbedingte Aufwendung steuerlich geltend machen können und ihm sei insoweit eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorzuwerfen.

14

Das beklagte Land beantragt,

15

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.

16

Der Kläger beantragt,

17

die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.11.2012, Aktenzeichen 4 Ca 1949/12, wird zurückgewiesen.

18

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 08. April 2013, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 181 ff. d. A.) und trägt im Wesentlichen vor,

19

die Anwendbarkeit des § 70 LBG RP lasse sich nicht mit dem TV-L begründen, da dieser hinsichtlich der Haftung des Arbeitgebers für Schäden des Arbeitnehmers gerade nicht auf beamtenrechtliche Vorschriften verweise und eine Heranziehung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu Lasten des Beschäftigten nicht in Betracht komme. Im Übrigen existiere das behauptete Nebeneinander von Beamten und Angestellten im Tätigkeitsbereich des Klägers nicht. Auch die Ausführungen des beklagten Landes zu § 670 BGB analog überzeugten nicht, da eine Rufbereitschaft bei Störfällen im Bereich der Fernmeldemechanik bezüglich des Interesses des Arbeitgebers am kurzfristigen Erscheinen durchaus vergleichbar sei mit der Dringlichkeit eines Arztes im Rahmen dessen Rufbereitschaft, wobei der PKW selbstverständlich auch für den Rückweg zu nutzen sei. Der Kläger trägt vor, mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte seine Anfahrt - statt durchschnittlich 25 Minuten mit dem PKW - mit mindestens zweimaligem Umsteigen zwischen 1:10 und 1:48 gedauert. Im Übrigen habe er auch nicht fahrlässig gehandelt, sondern sei vorsichtig gefahren, insbesondere habe er zu keiner Zeit behauptet, nach dem Durchdrehen der Reifen nochmals beschleunigt zu haben, sondern er habe nach dem Durchdrehen der Reifen und dem Wegrutschen des Fahrzeugs nur noch versucht, gegenzulenken, wobei das Fahrzeug allerdings gegen die Betonwand gestoßen sei. Auch der Einwand zur Anspruchshöhe greife nicht, da eine geleistete Selbstbeteiligung nicht als berufsbedingte Aufwendung geltend gemacht werden könne und - selbst wenn dem so wäre - eine eventuelle Steuerersparnis nicht die Haftung der Beklagten mindern könne.

20

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 23. April 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

A. Die zulässige Berufung des beklagten Landes ist in der Sache nicht erfolgreich.

22

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe a ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 30. November 2012 mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 17. Dezember 2012 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung bis 28. Februar 2013 mit Schriftsatz vom 26. Februar 2013, eingegangen am 27. Februar 2013 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO). Die Begründung setzt sich in hinreichender Weise mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr.2, 4 ZPO).

23

II. Die Berufung ist nicht begründet. Die als Leistungsklage zulässige Klage ist auch in der Sache erfolgreich. Das beklagte Land ist verpflichtet, dem Kläger den ihm entstandenen Unfallschaden in Höhe der Selbstbeteiligung zu ersetzen.

24

1. Das beklagte Land hat dem Kläger den anlässlich der Heimfahrt im Rahmen seiner Rufbereitschaft am 24. Dezember 2009 infolge des Unfalls mit seinem privaten Fahrzeug entstandenen Schaden in Höhe der Selbstbeteiligung von 500,00 Euro gemäß § 670 BGB analog zu erstatten. Hiervon geht das Arbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen aus.

25

1.1. Das beklagte Land haftet für den entstandenen Schaden dem Grunde nach gemäß § 670 BGB analog.

26

a) Nach § 670 BGB hat der Beauftragte gegen den Auftraggeber Anspruch auf den Ersatz von Aufwendungen, die er zum Zwecke der Ausführung des Auftrags gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Ein Arbeitnehmer hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Anspruch auf Ersatz von Schäden, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Voraussetzung der Ersatzfähigkeit eines Eigenschadens ist, dass der Schaden nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält (st. Rspr., vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 102/10 - Rn. 20; 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - Rn. 26; jeweils zitiert nach juris).

27

Sachschäden des Arbeitnehmers, mit denen nach Art und Natur des Betriebs oder der Arbeit zu rechnen ist, insbesondere Schäden, die notwendig oder regelmäßig entstehen, sind arbeitsadäquat und im Arbeitsverhältnis keine Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB. Handelt es sich dagegen um außergewöhnliche Sachschäden, mit denen der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder der Arbeit nicht ohne weiteres zu rechnen hat, so liegt eine Aufwendung nach § 670 BGB vor(vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 102/10 - Rn. 21, 20. April 1989 - 8 AZR 632/87 - Rn. 16; jeweils zitiert nach juris).

28

In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde. Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich ua., wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - Rn. 28) oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 102/10 - Rn. 22 aaO; 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - Rn. 15; zitiert nach juris).

29

Ein Arzt, der im Rahmen der vom Arbeitgeber angeordneten Rufbereitschaft zur Arbeitsleistung abgerufen wird und bei der Fahrt von seinem Wohnort zur Klinik mit seinem Privatfahrzeug verunglückt, hat grundsätzlich Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Ersatz des Unfallschadens, wenn er es für erforderlich halten durfte, seinen privaten Wagen für die Fahrt zur Arbeitsstätte zu benutzen, um rechtzeitig zu erscheinen (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 102/10 - Rn. 28, 33, zitiert nach juris).

30

b) Ausgehend von diesen vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen sich die Berufungskammer anschließt, ist das beklagte Land zum Ersatz des Unfallschadens grundsätzlich verpflichtet. Die Gefahr eines Eigenschadens am privaten Fahrzeug des Klägers während der streitgegenständlichen Fahrt vom Arbeitsort zu seiner Wohnung im Zusammenhang mit der Rufbereitschaft war nicht seinem Lebensbereich, sondern dem Betätigungsbereich des beklagten Landes zuzurechnen.

31

(1) Bei der vom Kläger im Rahmen seiner Rufbereitschaft absolvierten Fahrt handelt es sich nicht um eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im herkömmlichen Sinne, für die der Kläger nach allgemeinen arbeitrechtlichen Grundsätzen seine Aufwendungen selbst tragen müsste, da solche Fahrten erforderliche Handlungen des Arbeitnehmers darstellen, um die geschuldete Tätigkeit am Arbeitsplatz überhaupt aufnehmen zu können (vgl. BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 471/92 - Rn. 29, zitiert nach juris). Der Kläger war von der Beklagten am 24. Dezember 2009 in seiner Funktion als Fernmeldemechaniker zur Rufbereitschaft eingeteilt. Rufbereitschaft leisten gemäß dem jedenfalls kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbaren § 7 Abs. 4 Satz 1 TV-L Beschäftigte, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Der allgemeine Weg zur Arbeitsstelle unterscheidet sich grundlegend vom Weg zur Arbeitsstelle während der Rufbereitschaft. Bei der Rufbereitschaft handelt es sich - wie die nach § 8 Abs. 5 TV-L zu zahlende Rufbereitschaftspauschale zeigt - nicht um Freizeit. Der Arbeitnehmer hat vielmehr im Rahmen der Rufbereitschaft regelmäßig die Pflicht, sich auf Abruf innerhalb einer den Arbeitseinsatz nicht gefährdenden Zeit zu seiner Arbeitsstelle zu begeben. Daher steht es dem Arbeitnehmer - anders als beim allgemeinen Weg zur Arbeit - auch nicht frei, wie er sich zur Arbeitsstelle begibt, sondern er hat regelmäßig die Pflicht, sich „schnellstmöglich“ zur Arbeitsstelle zu begeben (vgl. BAG 22. Juni 2011 – 8 AZR 102/10 - Rn. 30 f., zitiert nach juris).

32

(2) Die Benutzung des privaten Fahrzeugs des Klägers aufgrund der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft fiel in deren Risikobereich; auch wenn die Beklagte ihn hierzu nicht angewiesen haben sollte, durfte der Kläger den Einsatz seines Privatwagens anlässlich seiner Rufbereitschaft für erforderlich halten.

33

Das beklagte Land hat nicht in Abrede gestellt, dass die Anfahrt des Klägers von C-Stadt zu seiner Dienststelle mit dem Pkw lediglich ca. eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nimmt, während sich bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Anfahrtszeit mehr als verdoppelt bzw. je nach Verbindung verdreifacht. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger als Fernmeldetechniker im Einsatz war und eine Störung der Notrufanlage im Tunnel M-H zu beseitigen hatte, hatte das beklagte Land ein unbedingtes Interesse daran, dass der Kläger nach Abruf zur Arbeit schnellstmöglich zur Dienststelle gelangt. Soweit sie im Berufungsverfahren vorgetragen hat, es sei lediglich um die „zeitnahe“ Fehlerbehebung gegangen, vermochte dieser Einwand angesichts der drohenden Gefahr für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer bei Ausfall der im Verantwortungsbereich des beklagten Landes stehenden Notrufanlage im fraglichen Tunnel nicht zu einer anderen Beurteilung durch die Berufungskammer zu führen. Ähnlich wie beim in Rufbereitschaft befindlichen Arzt duldete auch der vorliegende Einsatz des Klägers keinen beliebigen Aufschub.

34

Entgegen der Auffassung des beklagten Landes wird seine Einstandspflicht nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger nicht auf dem Weg zur Arbeitsstelle verunfallt ist, sondern sich bereits auf dem Rückweg zu seinem Wohnort nach seinem Rufbereitschaftseinsatz befand. Liegt der Einsatz des privaten Fahrzeuges des Arbeitnehmers bei der Anfahrt zur Dienststelle während der Rufbereitschaft im gesteigerten Interesse des Arbeitgebers, sind auch auf der Rückfahrt entstandene Unfallschäden nach den Grundsätzen zu§ 670 BGB analog zu erstatten. Eine Unterscheidung dergestalt, dass der Arbeitnehmer die Nutzung des privaten Pkw bei der Rufbereitschaft zwar für die Hinfahrt für erforderlich halten darf, für die Rückfahrt jedoch auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel unter Zurücklassung seines Privatwagens bei der Arbeitsstelle verwiesen sein soll, ist - auch unter Berücksichtigung arbeitsvertraglicher Fürsorgepflichten - denknotwendig ausgeschlossen. Dass der Kläger sich nicht auf dem unmittelbaren Heimweg vom Rufbereitschaftseinsatz befunden, sondern zuvor noch privaten Verrichtungen nachgegangen wäre, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich.

35

1.2. Der Aufwendungsersatzanspruch des Klägers ist nicht nach § 254 BGB gemindert oder gar ausgeschlossen.

36

a) Der Anspruch ist nicht nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 254 BGB eingeschränkt.

37

(1) Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient. Andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein, als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde. Ein Ersatzanspruch kann daher nur in dem Umfange bestehen, in dem der Arbeitgeber eine Beschädigung seiner eigenen Sachmittel hinzunehmen hätte (innerbetrieblicher Schadensausgleich). Bei der Bewertung, wann und ggf. in welchem Umfange Verschulden des Arbeitnehmers den Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, kommen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung. Unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 254 BGB bedeutet dies, dass im Falle leichtester Fahrlässigkeit eine Mithaftung des Arbeitnehmers entfällt. Bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen und bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen. Im Prozess über einen Entschädigungsanspruch obliegt dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, die eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen, wenn er die volle Erstattung des erlittenen Schadens verlangt. Damit muss er, wenn er vollen Aufwendungsersatz entsprechend § 670 BGB verlangt, darlegen, dass er den Unfall allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat(vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 102/10 - Rn. 35 ff. mwN, zitiert nach juris).

38

(2) Mit dem Arbeitsgericht geht die Berufungskammer davon aus, dass der Kläger den Unfall am 24. Dezember 2009 allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte, dass ihm weder grobe, noch mittlere Fahrlässigkeit vorzuwerfen sind. Der Kläger hat, ohne sich auf eine bloße Einschätzung zu berufen, zum Unfallhergang nachvollziehbar angegeben, bei 2 Grad Celsius Außentemperatur auf der nassen Auffahrspur mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h gefahren zu sein, als sein Wagen plötzlich mit dem Heck weggerutscht, ins Schleudern geraten und trotz Gegenlenkens und Bremsens am Ende der Beschleunigungsspur in die Betongleitschutzwand gerutscht sei. Da zuletzt zwischen den Parteien nicht mehr streitig ist, dass auf der B9 an der Unfallstelle eine Höchstgeschwindigkeit bei Nässe nicht vorgeschrieben ist, ist der Kläger jedenfalls nicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, zumal auf der B9 an der Auffahrstelle eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h gilt und er auf der Beschleunigungsspur eine Geschwindigkeit wählen musste, die für auf der B9 fahrende Verkehrsteilnehmer keine Verkehrsbehinderung darstellte. Da nicht ersichtlich ist, dass der Kläger hätte erkennen können oder gar müssen, dass sich am Ende der Auffahrspur eine Straßenunterführung mit eventueller Vereisungsgefahr befindet, kann von einem Fahrfehler nicht ausgegangen werden. Soweit die Beklagte sich darauf berufen hat, der Kläger habe nicht - wie von ihm angegeben - beschleunigen dürfen, nachdem der Wagen bereits weggerutscht gewesen sei, hat der Kläger derartigen Vortrag nicht gehalten, sondern den Unfallhergang von Anbeginn so dargestellt, dass er zwischen dem plötzlichen Wegrutschen und dem Ins-Schleudern-Geraten des Fahrzeuges lediglich versuchte, gegenzulenken und zu bremsen, was jedoch erfolglos blieb.

39

b) Das beklagte Land kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht in vollem Umfang zu haften, da der Kläger verpflichtet gewesen sei, den Eigenanteil als berufsbedingte Aufwendung steuerlich geltend zu machen und sich die sich ergebende Steuerersparnis anrechnen lassen müsse. Zwar trifft grundsätzlich gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB den Geschädigten eine Schadensminderungspflicht. Der Geschädigte soll im Rahmen des von einem vernünftigen und sorgfältigen Menschen zu Erwartenden dazu beitragen, dass der Schaden nicht unnötig groß wird; darüber hinausgehende Anstrengungen muss der Geschädigte jedoch nicht unternehmen (Münchner Kommentar zum BGB - Oetker 6. Auflage 2012 § 254 BGB Rn. 76). Ausgehend hiervon ist vom Kläger, der den Schaden im Übrigen bereits zugunsten der Beklagten über seine Vollkaskoversicherung abgewickelt hat, nicht zu verlangen, auch den verbleibenden Betrag an Selbstbeteiligung zur Entlastung der Beklagten unter Inanspruchnahme der Allgemeinheit im Rahmen seiner Steuererklärung als besondere Belastung geltend zu machen. Darauf, dass das beklagte Land nicht vorgetragen hat, inwieweit es überhaupt zu einer Steuerersparnis gekommen wäre, kam es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

40

2. Das beklagte Land kann sich nicht darauf berufen, seine Verpflichtung zum Ersatz des dem Kläger entstandenen Schadens richte sich aus Gründen der Gleichbehandlung mit den vergleichbar beschäftigten Beamten ausschließlich nach beamtenrechtlichen Regelungen, insbesondere nach dem zum Zeitpunkt des Schadensereignisses geltenden § 99 LBG RP in der Fassung vom 14. Juli 1970, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 1993 (GVBl. S. 647) (im Folgenden: LBG aF) (= § 70 LBG RP in der Fassung vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), der zu einem Anspruch des Klägers nicht führe. Die für Beamte im Dienst des beklagten Landes anwendbaren Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits keine Anwendung. Darüber hinaus wäre das beklagte Land im vorliegenden Fall, selbst wenn man von der Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Regelungen ausgehen wollte, nach Auffassung der Berufungskammer auch danach zum Ersatz des entstandenen Unfallschadens verpflichtet.

41

2.1. Die Frage, ob das beklagte Land gegenüber dem Kläger zur Erstattung des entstandenen Unfallschadens verpflichtet ist, beurteilt sich nicht nach beamtenrechtlichen Regelungen, insbesondere nicht nach dem Ersatz von Sachschaden regelnden § 99 Abs. 1 LBG RP aF oder der Fürsorge- und Treuepflicht des Dienstherrn nach § 87 LBG RP aF.

42

a) Da der Kläger kein Beamter ist, unterfällt er gemäß § 1 LBG aF weder dem Anwendungsbereich des § 99 Abs. 1 LBG RP aF, noch dem des § 87 LBG RP aF unmittelbar. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes sind die beamtenrechtlichen Regelungen vorliegend auch nicht analog anzuwenden.

43

(1) Die entsprechende Anwendung einer Gesetzesnorm kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn die gesetzliche Regelung planwidrig lückenhaft erscheint und zur Ausfüllung der Lücke die Übertragung der Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand erforderlich ist. Dabei muss eine dem Plan des Gesetzgebers widersprechende Lücke bestehen oder sich jedenfalls später durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben haben (BAG 25.06.2009 - 8 AZR 780/07 - Rn. 32; 08. Dezember 2008 - 8 AZR 660/07 - Rn. 32; 13. Februar 2003 - 8 AZR 654/01 - Rn 39, 13. Mai 2004 - 8 AZR 92/03 - Rn. 55; jeweils zitiert nach juris). Die analoge Anwendung einer Bestimmung muss zur Ausfüllung der Lücke erforderlich sein, sodass die Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand zu übertragen ist. Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu schließen und es ist zu fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist (BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 487/10 - Rn. 18; 13. Februar 2003 - 8 AZR 654/01 - Rn 39; jeweils zitiert nach juris).

44

(2) Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 99 LBG RP aF oder des § 87 LBG RP aF, auf das Arbeitsverhältnis des als Fernmeldemechaniker in der Fernmeldemeisterei K - Autobahnamt M - beschäftigten Klägers beim beklagten Land, vertreten durch den A., nicht vor. Die beamtenrechtlichen Regelungen, insbesondere § 99 LBG RP aF enthält nicht dadurch eine planwidrige Regelungslücke, dass die Vorschrift hinsichtlich des Ersatzes von Sachschäden durch den Dienstherrn auf angestellte Beschäftigte des beklagten Landes nicht anwendbar ist. Sie ist ausschließlich und ausdrücklich für Beamte bestimmt, während sich die Arbeitsverhältnisse der angestellten Beschäftigten grundsätzlich nach arbeitsrechtlichen Regelungen richten, gegebenenfalls in Form von Tarifrecht. Auch wenn einzelvertraglich oder tarifvertraglich Verweisungen auf Vorschriften des Beamtenrechts denkbar sind, führt dieser Umstand nicht zu einer planwidrigen Lückenwidrigkeit des Beamte erfassenden § 99 LBG aF oder vergleichbarer die Haftung des Dienstherrn für Sachschäden von Beamten betreffender Regelungen. Da bereits keine planwidrige Regelungslücke gegeben ist, kann dahinstehen, ob vorliegend - vom Kläger bestritten - im A. Beamte und Angestellte mit identischen Tätigkeiten beschäftigt sind und wegen einer vergleichbaren Interessenlage unter Berücksichtigung des vom beklagten Land angeführten Gleichbehandlungsgedankens die Übertragung von § 99 LBG aF auf das Anstellungsverhältnis des Klägers gerechtfertigt wäre. Zu berücksichtigen wäre hierbei jedenfalls, dass sich weder die im Beamtenrecht und im Arbeitsrecht anzuwendenden Grundsätze noch alle daraus folgenden Ergebnisse decken (vgl. BVerwG 18. Januar 1996 - 2 C 28/94 - Rn. 19, VGH Baden-Württemberg 19. November 1992 - 4 S 757/92 - Rn. 36, jeweils zitiert nach juris).

45

b) Auch kraft einzelvertraglicher Vereinbarung finden die beamtenrechtlichen Regelungen auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Eine ausdrückliche Vereinbarung diesbezüglich enthält der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 14. März 1991 nicht. Auch der jedenfalls kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbare TV-L enthält keine Verweisung auf beamtenrechtliche Regelungen zur Erstattung von im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit entstandenen Sachschäden der Arbeitnehmer durch den Dienstherrn. Hiervon geht auch das beklagte Land zutreffend aus.

46

c) Der Anwendungsbereich beamtenrechtlicher Regelungen ist nicht kraft betrieblicher Übung eröffnet. Es kann dahinstehen, ob die Anwendung beamtenrechtlicher Regelungen zur Erstattungspflicht des Dienstherrn bei Sachschäden unter Ausschluss der vom Bundesarbeitsgericht zu § 670 BGB analog entwickelten Grundsätze Gegenstand einer betrieblichen Übung sein könnte und ob vorliegend davon ausgegangen werden kann, dass die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung insoweit gegeben sind. Einer derartigen betrieblichen Übung stünde jedenfalls § 2 Abs. 3 Satz 1 TV-L entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Nebenabreden nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart sind. § 2 Abs. 3 TV-L betrifft Gegenstände, die entweder Sekundärcharakter oder jedenfalls nicht unmittelbar mit den Hauptrechten und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag zu tun haben(Breier/Dassau/Kiefer u.a., TV-L, Stand 04/13, § 2 Rn. 134; vgl. zu § 4 Abs. 2 BAT: BAG 07. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - Rn. 25, zitiert nach juris). Die Norm erfasst auch Nebenabreden, die auf eine betriebliche Übung gestützt werden; Sinn und Zweck dieser Tarifnorm ist, dass Nebenabreden nur im Weg der Schriftform und nicht anderweitig wirksam begründet werden sollen (vgl. BAG 18. September 2002 - 1 AZR 477/01 - Rn. 16, zitiert nach juris). Auch wenn die Frage der Haftung des Dienstherrn für dem Angestellten anlässlich der dienstlichen Tätigkeit entstandene Sachschäden dem Bereich der Nebenabreden zuzuordnen ist, ist nicht erkennbar, dass dem Schriftformgebot des § 2 Abs. 3 Satz 1 TV-L hinsichtlich der Anwendung beamtenrechtlicher Regelungen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers eingehalten wäre(vgl. BAG 08. Mai 1980 - 3 AZR 82/79 - Rn. 17; 01. März 1972 - 4 AZR 208/71 - Rn. 24, jeweils zitiert nach juris).

47

2.2. Selbst wenn man mit dem beklagten Land von der Eröffnung des Anwendungsbereichs der beamtenrechtlichen Regelungen zum Ersatz von Sachschäden ausgehen wollte, stünde dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Sachschadens zu.

48

a) Es kann dahinstehen, ob sich ein Anspruch des Klägers aus § 99 Abs. 1 Satz 1 LGB RP aF ableiten lässt. Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 LBG RP aF kann die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde Ersatz leisten, wenn bei Ausübung des Dienstes durch ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis, das keinen Körperschaden verursacht hat, einem Beamten Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die bei Wahrnehmung des Dienstes üblicherweise getragen oder mitgeführt werden, beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen. Der Weg von und nach der Dienststelle gehört nicht zum Dienst im Sinne des Satzes 1 (§ 99 Abs. 1 Satz 2 LBG RP aF). Es spricht nach Auffassung der Berufungskammer einiges dafür, dass § 99 Abs. 1 Satz 2 LBG RP aF nach seinem Sinn und Zweck einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass der Weg von und zur Dienststelle lediglich das Aufsuchen der Stammdienststelle im Rahmen des regulären Dienstes betrifft, nicht jedoch eine - aus den unter A I 1.1. b) (2) dargelegten Gründen - dringliche Fahrt im Interesse des Arbeitgebers im Rahmen einer Rufbereitschaft. Mit § 99 Abs. 1 LBG RP aF soll das Schadensrisiko vom Dienstherrn übernommen werden, das der Beamte durch die Ausübung des Dienstes notwendigerweise eingeht(OVG RP 15. März 2003 - 2 A 11521/03 - Rn. 23; zitiert nach juris). Wird ein privates Fahrzeug im dringenden Interesse des Dienstherrn zur Abwendung drohender Gefahren bei einem Störungseinsatz während der Rufbereitschaft eingesetzt, sind die Voraussetzungen für die Übernahme des Schadensrisikos gegeben. Allerdings sieht Nr. 1.3.1. der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 10. Juni 1994 (MinBl. S. 248) - SachschädenVV - einen Ersatz von Sachschäden lediglich bei anerkannt privateigenen Kraftfahrzeugen bei Dienstreisen, für die die Anerkennung gilt oder an anderen privateigenen Kraftfahrzeugen, deren dienstlicher Einsatz genehmigt worden ist, vor. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Einsatz des Privatfahrzeugs des Klägers im Rahmen der Rufbereitschaft zumindest genehmigt gewesen wäre. Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob aufgrund ermessensbindender Wirkung der Verwaltungsvorschrift in Nr. 1.3.1. SachschädensVV (OVG RP 15. März 2003 - 2 A 11521/03 - Rn. 20; vgl. allgemein auch VGH Baden-Württemberg 19. November 1992 - 4 Sa 757/92 Rn. 27 - Rn. 27; jeweils zitiert nach juris) ein Anspruch nach § 99 LGB RP aF ausgeschlossen ist.

49

b) Das beklagte Land würde dem Kläger bei Anwendung beamtenrechtlicher Grundsätze jedenfalls unmittelbar aufgrund der allgemeinen Fürsorge- und Treuepflicht des Dienstherrn gemäß § 87 LBG aF haften. Gemäß § 87 Satz 1 LBG RP hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten zu sorgen.

50

(1) Die Vorschriften über die Fürsorgepflichten des Dienstherrn enthalten keine Normierung dieser Pflicht in der Weise, dass die aus ihr fließenden zahlreichen Einzelverpflichtungen des Dienstherrn sowie die Art und Weise ihrer Erfüllung abschließend geregelt wären. Die Einzelpflichten lassen sich nicht abstrakt festlegen. Welches Verhalten in einer bestimmten Situation dem Prinzip der Fürsorge gemäß ist, und deshalb dem Dienstherrn nach § 87 LBG aF obliegt, kann nur anhand der Gesamtumstände der konkreten Situation festgestellt werden. Soweit für einen abgrenzbaren Bereich der Fürsorge - wie bezüglich des Ersatzes von Sachschäden nach § 99 LBG RP aF – bereits eine Konkretisierung dieser Pflicht spezialgesetzlich geregelt ist, ist dies allerdings in dem Sinne als eine abschließende Regelung anzusehen, dass aus dieser Vorschrift über die allgemeine Fürsorgepflicht grundsätzlich keine Ansprüche hergeleitet werden können, welche über die in den speziellen Normen statuierten hinausgehen. In besonders gelagerten Härtefällen muss dieser Grundsatz jedoch eine Ausnahme erfahren, nämlich dann, wenn bei Versagung der begehrten Leistung unter Berufung auf die bestehende abschließende Regelung die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht in ihrem Wesenkern verletzt würde (vgl. OVG RP 18. Dezember 1985 - 2 A 43785 - NJW 1986, 1830 mwN; zitiert nach juris).

51

(2) Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Aus den unter A I 1.1. b) (2) dargestellten Gründen durfte der Kläger den Einsatz seines privaten Kraftfahrzeugs im Zusammenhang mit dem dringlichen Störfall während der Rufbereitschaft am 24. Dezember 2009 für erforderlich halten. Er hat sein Fahrzeug nicht überwiegend im eigenen Interesse, sondern im überwiegenden Interesse des Dienstherrn eingesetzt und war in der Wahl, auf welchem Weg er zur Dienststelle nach K zur Beseitigung der Störung der Notrufanlage im Tunnel M-H gelangt, angesichts des mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel verbundenen Zeitaufwandes nicht frei. Hätte der Kläger nicht sein privates Fahrzeug zum Einsatz gebracht, hätte das die Rufbereitschaft anordnende beklagte Land zur Erledigung der Dienstaufgabe des Klägers auf ein Dienstfahrzeug zurückgreifen müssen. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger den ihm entstandenen Schaden überwiegend über seine Versicherung abgewickelt hat und er lediglich noch den Ersatz der Selbstbeteiligungskosten in Höhe von 500,00 Euro verlangt, wäre ein Rückgriff auf die allgemeine beamtenrechtliche Fürsorgepflicht bei Eröffnung deren Anwendungsbereichs angemessen und zwar auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes auf Grund von § 670 BGB analog Ersatz erhalten würde(vgl. Grabendorf Arend LBG RP Stand 11.1.11 § 99 LBG Erläuterungen zu 6 mwN). Darauf, ob die Fahrt des Klägers während der Arbeitszeit erfolgte oder ob ihm hierfür eine Wegstreckenentschädigung zustehen würde (verneinend zu § 6 BRKG: BVerwG 28. August 1991 - 10 C 4/91 - zitiert nach juris), kommt es nicht entscheidungserheblich an.

52

3. Dem Kläger stehen die auf den zuerkannten Betrag geltend gemachten Zinsen unter dem Gesichtspunkt des Verzuges beginnend ab 26. Februar 2010 nach den §§ 291, 286 Abs. 1, 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zu.

53

B. Die Kostenentscheidung folgt aus den § 97 ZPO.

54

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Februar 2012 - 8 Sa 836/11 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12. August 2011 - 37 Ca 13605/10 - teilweise abgeändert und der Klage stattgegeben hat.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12. August 2011 - 37 Ca 13605/10 - wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der jährlichen Anpassung des betrieblichen Altersruhegelds des Klägers.

2

Der im Januar 1944 geborene Kläger war als Ingenieur bei der Bundesanstalt für Flugsicherung (im Folgenden: BFS) beschäftigt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1993 wurden die Aufgaben der BFS auf die Beklagte übertragen. Die Dienstverhältnisse der Beamten und Angestellten der BFS wurden auf die Beklagte übergeleitet. Im Vorfeld hatten die Bundesrepublik Deutschland und die Beklagte am 23. Dezember 1992 eine Rahmenvereinbarung geschlossen. Darin verpflichtete sich die Beklagte, jedem Beschäftigten der BFS ein Übernahmeangebot einschließlich einer Versorgungszusage zu unterbreiten. Die Rahmenvereinbarung bestimmt dazu in § 5 Abs. 11 auszugsweise:

        

„Die DFS wird grundsätzlich jedem dem Luftfahrt-Bundesamt (Abteilung Flugsicherung) angehörenden ehemaligen Beschäftigten der Bundesanstalt für Flugsicherung ein Übernahmeangebot unterbreiten. Das Angebot hat auch eine Versorgungszusage zu enthalten, welche die spätere Versorgung dieses Personals durch die DFS regelt. Diese Zusage muß dem jeweiligen Beamten und Arbeitnehmer eine Versorgung in der Höhe sicherstellen, die er zum Zeitpunkt des Überwechselns zur DFS erreicht hat; dies soll in geeigneter Form tarifvertraglich vereinbart werden.“

3

Die Beklagte schloss mit den Gewerkschaften DAG und ÖTV den Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 (im Folgenden: MTV 1993). § 42 MTV 1993 lautet:

        

„Die betriebliche Altersversorgung wird in einem separaten Tarifvertrag geregelt.“

4

Hierzu schlossen dieselben Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 (im Folgenden: VersTV 1993). Dieser Tarifvertrag bestimmt ua.:

        

„Die nachfolgend vereinbarte Leistung, deren Finanzierung von der DFS garantiert wird, dient der Absicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei Dienstunfähigkeit sowie der Hinterbliebenen bei Tod einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters, und ersetzen die bei der BFS und dem LBA vorhandenen Versorgungssysteme. ...

                 
        

§ 3     

        

Art der Versorgungsleistungen

        

(1)     

Folgende Leistungen werden nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen gewährt:

                 

a)    

Altersruhegeld,

                 

…       

        
        

(2)     

Die Höhe der Leistungen richtet sich nach dem ruhegeldfähigen Jahreseinkommen (§ 4) und der anrechenbaren Beschäftigungszeit (§ 5).

                          
        

§ 4     

        

Ruhegeldfähiges Einkommen

        

(1)     

Das ruhegeldfähige Jahreseinkommen wird aus der Vergütung im letzten Beschäftigungsjahr vor Eintritt des Versorgungsfalles bestehend aus den Grundbeträgen nach dem VTV und ggf. festen monatlichen Zulagen nach dem ZTV zuzügl. des jeweiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes ermittelt. …

                          
        

§ 16   

        

Anpassung

        

Die DFS paßt jährlich erstmals zum 1.1. des dem Rentenbeginn folgenden übernächsten Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 2 % an. Nach 3 vollen Kalenderjahren erfolgt eine Anpassung in Höhe der Steigerung der Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen (alte Bundesländer) innerhalb des jeweiligen Rentenbezugszeitraumes, wobei die zwischenzeitlichen Anpassungen angerechnet werden. Ist die Steigerung der Lebenshaltungskosten innerhalb dieses Zeitraumes niedriger als die Wirkung der jährlich vorgenommenen Anpassungen, so werden diese Teile der Anpassung im folgenden Dreijahreszeitraum angerechnet.“

5

Am 23. Juni 1993 hatte die Beklagte über die Einigung der Tarifvertragsparteien auf einen Versorgungstarifvertrag mit dem Informationsblatt Transition Transparent auszugsweise wie folgt informiert:

        

Einigung bei der Versorgung:

        

Besitzstandswahrung noch übertroffen

        

Die Verhandlungskommissionen von DAG und ÖTV haben am 22.06.1993 dem von der DFS-Geschäftsführung vorgelegten Modell einer Betrieblichen Altersversorgung zugestimmt. …

        

Diese Zusatzrente wurde bewußt so konzipiert, daß der DFS-Angestellte im Ruhestand insgesamt mindestens so viel bekommt, als wäre er beim LBA geblieben. Damit ist die Lücke zwischen Nachversicherung und erworbenen Versorgungsansprüchen als Beamter/BAT-Angestellter geschlossen. Eine Anpassung der Zusatzrente um 2 Prozent pro Jahr wird garantiert, alle drei Jahre erfolgt eine Anpassung nach dem Lebenshaltungskostenindex der letzten 3 Jahre, der die 2 Prozent Steigerung mit einschließt.“

6

In einer Mitarbeiterbroschüre aus Juni 1993 heißt es ua.:

        

„Noch eine Bemerkung zur Sicherheit dieser Betrieblichen Altersversorgung: Das Betriebliche Altersversorgungswerk soll über einen eigenen Tarifvertrag vereinbart werden. Das hat die rechtliche Wirkung, daß die Mitarbeiter, die unter diesem Tarifvertrag einen Arbeitsvertrag eingegangen sind, einen Anspruch auf die darin vereinbarten Leistungen haben, auch wenn dieser Tarifvertrag einmal auslaufen sollte. Nicht einmal mit Zustimmung der Gewerkschaften könnte die DFS diese Leistungen kürzen.“

7

Am 30. August/4. Oktober 1993 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der ua. bestimmt:

        

§ 1 Vertragsgegenstand

        

1.    

Herr D wird ab 01.11.1993 als FS-Senior Ingenieur bei der DFS Region Süd, Regionalstelle M, beschäftigt.

        

2.    

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 07.07.1993 und den diesen ergänzenden, ändernden und an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung.

        

…       

        

§ 5 Versorgung

        

Es gilt der Versorgungstarifvertrag vom 07.07.1993.“

8

Ab dem Jahr 1996 ergänzte die Beklagte die von ihr verwendeten Arbeitsvertragsformulare hinsichtlich des Verweises auf den Versorgungstarifvertrag vom 7. Juli 1993 um die Wendung „in der jeweils gültigen Fassung“.

9

Mit Wirkung ab dem 1. November 2004 vereinbarte die Beklagte erstmals einen Vergütungstarifvertrag mit der Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (im Folgenden: GdF). Seither wurden zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di keine Tarifverträge mehr geschlossen. Den VersTV 1993 hatte die Beklagte zum 31. Dezember 2004 gekündigt.

10

Am 29. September 2006 vereinbarte die Beklagte mit der GdF den am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2005). Dieser Tarifvertrag trat nach seiner Präambel an die Stelle der Versorgungszusage nach dem Tarifvertrag vom 7. Juli 1993 und ist im Wesentlichen wortgleich mit dem VersTV 1993.

11

Der Kläger befand sich vom 1. Februar 2000 bis zum 31. Januar 2007 im Vorruhestand. In dieser Zeit wurden seine Vorruhestandsbezüge entsprechend den für die aktiven Arbeitnehmer der Beklagten vereinbarten Tarifsteigerungen erhöht und das zuletzt bezogene ruhegeldfähige Einkommen mit den Tariferhöhungen während des Vorruhestands dynamisiert. Seit dem 1. Februar 2007 bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und betriebliches Altersruhegeld von der Beklagten. Dieses belief sich zunächst auf 1.600,96 Euro und wurde zum 1. Januar 2009 um 2 vH auf 1.632,98 Euro angepasst.

12

Am 21. August 2009 schlossen die Beklagte und die GdF den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2009). Dieser bestimmt ua.:

        

Präambel

        

Für alle vor 2005 eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt das bisherige Versorgungssystem auf der Grundlage des VersTV 2005 nach der Maßgabe dieses VersTV 2009 (Teil A) weiter. Teil A gilt ferner für alle Empfänger von Versorgungsleistungen aus dem VersTV 1993 oder VersTV 2005 sowie für ehemalige Beschäftigte der DFS, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor 2009 ausgeschieden waren.

        

Dieser Tarifvertrag schafft gleichzeitig in Teil B für die betriebliche Altersversorgung der DFS ein neues, am Einkommen über die gesamte Beschäftigungszeit ausgerichtetes System. Es gilt für alle Neueintritte ab dem Jahr 2005 und tritt für diese Personengruppe an die Stelle des Tarifvertrags vom 29. September 2006 (VersTV 2005).

        

Die Allgemeinen und Schlussbestimmungen (Teil C) gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

                 
        

Teil A

        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Die §§ 1 bis 17 (Teil A) dieses Tarifvertrags gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der DFS aufgenommen haben, unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages in der jeweils geltenden Fassung fallen und am 1. Januar 2009 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen oder die sich am 1. Januar 2009 in der Übergangsversorgung für Lotsen oder FDB befanden.

        

(2)     

Die §§ 1 bis 17 (Teil A) gelten nicht für

                 

a)    

Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen,

                 

b)    

Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder als Soldat beziehen,

                 

c)    

zur DFS beurlaubte Soldatinnen und Soldaten.

        

…       

        

§ 16   

        

Anpassung

        

Die DFS passt jährlich erstmals zum 1. Januar des dem Rentenbeginn folgenden übernächsten Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 1,25 % an. Sind während eines Kalenderjahres die Lebenshaltungskosten entsprechend dem vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Verbraucherpreisindex um mehr als 2,75 % gestiegen, wird die Anpassung zum 1. Januar des Folgejahres nachträglich um die über 1,25 % hinausgehende Steigerungsrate erhöht.

        

       

        

Teil B

        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Die §§ 1 bis 17 (Teil B) gelten für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach dem 31. Dezember 2004 ein Arbeitsverhältnis mit der DFS aufgenommen haben, unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages (MTV) in der jeweils geltenden Fassung fallen und nicht vor dem 1. Januar 2009 ausgeschieden waren.

        

(2)     

Die §§ 1 bis 17 (Teil B) gelten nicht für

                 

a)    

Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen,

                 

b)    

Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder als Soldat beziehen,

                 

c)    

zur DFS beurlaubte Soldatinnen und Soldaten.

        

…       

        

Teil C

        

Allgemeine und Schlussbestimmungen

        

       

        

§ 24   

        

Inkrafttreten und Laufzeit

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag tritt hinsichtlich des Teils B rückwirkend zum 1. Januar 2005, im Übrigen rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft. Abweichend davon tritt der jeweilige § 16 zum 1. Januar 2010 in Kraft.

        

(2)     

Teil A dieses Tarifvertrags tritt für den Personenkreis nach § 1 A an die Stelle des nachwirkenden Versorgungstarifvertrages vom 26. September 2006 (VersTV 2005). Teil B tritt für den Personenkreis nach § 1 B an die Stelle der Geltung des VersTV 2005.

        

(3)     

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 gilt dieser Tarifvertrag - unbeschadet des nach einer früheren Fassung erworbenen Stammrechts - für alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Beschäftigten der DFS sowie für alle Bezieher von laufenden Versorgungsleistungen.“

13

Die Beklagte passte das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 2009 zum 1. Januar 2010 und zum 1. Januar 2011 um jeweils 1,25 vH auf 1.653,39 Euro und sodann auf 1.674,05 Euro an. Das Altersruhegeld bestimmter anderer Versorgungsempfänger passte die Beklagte zum 1. Januar 2010 nach § 16 VersTV 1993 um 2 vH an. In einem Schreiben an diesen Personenkreis vom 15. Juni 2010 erläuterte die Beklagte die Anpassung wie folgt:

        

„…    

        

aufgrund der hier eingegangenen Eingaben bezüglich der Rentenanpassung zum 1. Januar 2010 gemäß dem neuen VersTV 2009 haben wir die Anpassung der Betriebsrenten nochmals übergeprüft.

        

Nach dem Ergebnis der Prüfung bleibt es für ehemalige Mitarbeiter mit Rentenbeginn vor dem 1. November 2004, deren Arbeitsvertrag einen schlichten Verweis auf den VersTV 1993 enthält, nach heutigem Stand des § 16 VersTV 1993 bei der Anpassung um 2 % p.a. mit jeweils nachlaufender Korrektur anhand der Entwicklung des tatsächlichen Verbraucherpreisindexes für Deutschland.“

14

Mit seiner Klage hat der Kläger die Anpassung seines Altersruhegelds zum 1. Januar 2010 und zum 1. Januar 2011 um jeweils 2 vH begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach § 16 VersTV 1993 zur Anpassung des Altersruhegelds um 2 vH jährlich verpflichtet. § 5 des Arbeitsvertrags enthalte keine dynamische Bezugnahme auf den Versorgungstarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung, sondern eine statische Bezugnahme auf den VersTV 1993. Dies ergebe sich bereits aus den unterschiedlichen Formulierungen in § 1 Abs. 2 und § 5 des Arbeitsvertrags. Hierfür spreche auch die später von der Beklagten vorgenommene Ergänzung des Verweises in den Arbeitsvertragsformularen auf den VersTV 1993 um die Worte „in der jeweils gültigen Fassung“. Zumindest sei die vertragliche Regelung unklar, sodass nach § 305c Abs. 2 BGB von einer statischen Bezugnahme auszugehen sei. Mit dem Informationsblatt vom 23. Juni 1993 habe die Beklagte eine jährliche Anpassung des Altersruhegelds um 2 vH garantiert; sie habe durch die Mitarbeiterbroschüre aus Juni 1993 zugesichert, die betrieblichen Ruhegeldleistungen nicht einmal mit Zustimmung der Gewerkschaft kürzen zu können. Diese Erklärungen stellten eine Gesamtzusage dar. Im Übrigen ergebe sich sein Anspruch auf Anpassung des Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Es liege kein sachlicher Grund vor, ihn gegenüber anderen Versorgungsempfängern, bei denen das Altersruhegeld auch ab dem 1. Januar 2010 nach § 16 VersTV 1993 um jährlich 2 vH erhöht worden sei, ungleich zu behandeln. Der Eintritt in den Ruhestand vor dem 1. November 2004 rechtfertige die Ungleichbehandlung nicht. Er sei - ebenso wie die begünstigten Arbeitnehmer - bereits vor dem 1. November 2004 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden.

15

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 171,90 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 12,25 Euro für jeden Monat, beginnend mit dem 1. Februar 2010 und endend mit dem 1. Januar 2011, und aus 24,90 Euro seit dem 1. Februar 2011 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem Monat Februar 2011 über den Betrag von monatlich 1.653,39 Euro hinaus jeweils weitere 24,90 Euro brutto monatliche Betriebsrente, fällig jeweils zum Monatsende, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen Ersten des Monats, der auf den Fälligkeitsmonat folgt, zu zahlen,

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die ihm aus § 5 seines Arbeitsvertrags vom 4. Oktober 1993 in Verbindung mit dem Versorgungstarifvertrag vom 7. Juli 1993 zustehende betriebliche Altersrente nach Maßgabe des § 16 des Versorgungstarifvertrags vom 7. Juli 1993 anzupassen.

16

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag des Klägers verweise dynamisch auf den in ihrem Unternehmen jeweils geltenden Versorgungstarifvertrag. Das Informationsschreiben und die Mitarbeiterbroschüre dienten lediglich der Erläuterung des Versorgungstarifvertrags. Auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Die Anpassung des Altersruhegelds erfolge nur bei den Versorgungsempfängern nach dem VersTV 1993, die bereits vor dem 1. November 2004 in den Ruhestand getreten sind. Der Stichtag 1. November 2004 sei gewählt worden, weil ab diesem Zeitpunkt Tarifverträge nur noch mit der GdF und nicht mehr mit der Gewerkschaft ver.di geschlossen worden seien. Versorgungsempfänger mit einem Beginn des Ruhestands vor diesem Stichtag seien während ihres Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt dem Tarifregime der GdF unterworfen gewesen. Sie hätten keine Gehaltszahlungen nach den mit der GdF vereinbarten Entgelttarifverträgen erhalten. Bei diesen Versorgungsempfängern sei es daher bei der Anpassung um jährlich 2 vH nach dem VersTV 1993 verblieben. Bei den nach dem 31. Oktober 2004 in den Ruhestand getretenen Versorgungsempfängern erfolge die Anpassung des Ruhegelds nach § 16 VersTV 2009. Diese Versorgungsempfänger hätten vor dem Eintritt in den Ruhestand an von der GdF ausgehandelten Vergütungssteigerungen partizipiert.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage - mit Ausnahme eines Teils der begehrten Zinsen - stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht im Wesentlichen entsprochen. Die zulässige Klage ist unbegründet.

19

I. Die Klage ist zulässig.

20

1. Der Klageantrag zu 2. ist dahin auszulegen, dass der Kläger die Verurteilung der Beklagten erstrebt, ihm ab Februar 2011 über den von der Beklagten gezahlten Betrag iHv. 1.674,05 Euro monatlich hinaus weitere 24,90 Euro zu zahlen. Der im Antrag genannte Betrag von 1.653,39 Euro beruht auf einem erkennbaren Versehen. Der Kläger hat insoweit den von der Beklagten bis Ende des Jahres 2010 gezahlten Betrag des monatlichen Altersruhegelds wiedergegeben und dabei die zum 1. Januar 2011 erfolgte Anpassung um 1,25 vH nicht berücksichtigt. Dieses Verständnis des Antrags hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

21

Mit diesem Inhalt ist der Klageantrag zu 2. zulässig. Er ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird(vgl. BAG 15. Januar 2013 3 AZR 638/10  - Rn. 15, BAGE 144, 180).

22

2. Der Klageantrag zu 3. ist ebenfalls zulässig.

23

a) Der Antrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 17. September 2013 - 3 AZR 418/11 - Rn. 20 mwN).

24

b) Der Antrag ist als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Von der Entscheidung über den Feststellungsantrag hängt auch die Entscheidung über die Zahlungsanträge ab, weshalb es keines besonderen Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO bedarf(vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 21, BAGE 138, 197).

25

II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat das Altersruhegeld des Klägers zum 1. Januar 2010 und zum 1. Januar 2011 zu Recht jeweils nach Teil A § 16 VersTV 2009 um 1,25 vH angepasst. Sie ist weder aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen noch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 1993 um jährlich 2 vH anzupassen.

26

1. Die Beklagte ist nach den im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht verpflichtet, das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 1993 jährlich um 2 vH anzupassen. Der Arbeitsvertrag der Parteien verweist dynamisch auf den jeweils bei der Beklagten geltenden Versorgungstarifvertrag und damit derzeit auf den VersTV 2009. Der Kläger unterfällt dem Geltungsbereich des VersTV 2009.

27

a) Der VersTV 2009 wird von der Bezugnahme im Arbeitsvertrag der Parteien erfasst. Dies ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

28

aa) Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Vertragstext wurde von der Beklagten für eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen vorformuliert. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 18 mwN).

29

bb) Danach nimmt § 5 des Arbeitsvertrags der Parteien - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht statisch den VersTV 1993 in Bezug. Der Arbeitsvertrag verweist vielmehr auf den jeweils bei der Beklagten geltenden Versorgungstarifvertrag.

30

(1) Ein arbeitsvertraglicher Verweis auf einen mit Datum unverwechselbar gekennzeichneten Tarifvertrag ohne Jeweiligkeitsklausel kann zwar als statische Bezugnahme verstanden werden. Allerdings werden Bezugnahmen auf außerhalb des Arbeitsvertrags liegende Versorgungsvorschriften in der Regel als dynamisch angesehen (vgl. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22). Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Versorgungsregelungen ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahingehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Deshalb ist für den Regelfall eine dynamische Verweisung anzunehmen (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 22 mwN). Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 22 mwN; 18. September 2012 - 3 AZR 415/10 - Rn. 25, BAGE 143, 90).

31

(2) Aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergibt sich nicht, dass sich die Versorgung des Klägers unabhängig von den bei der Beklagten jeweils geltenden Versorgungsbestimmungen nach dem VersTV 1993 richten soll. Die unterschiedlichen Formulierungen in § 1 Abs. 2 und § 5 des Arbeitsvertrags sprechen nicht für eine statische Verweisung auf den VersTV 1993. Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 und den den Manteltarifvertrag ergänzenden, ändernden und an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Der VersTV 1993 ist ein von der dynamischen Verweisung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erfasster ergänzender Tarifvertrag. In § 42 MTV ist ausdrücklich bestimmt, dass die betriebliche Altersversorgung in einem separaten, mithin den Manteltarifvertrag iSd. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ergänzenden Tarifvertrag geregelt wird. § 5 des Arbeitsvertrags stellt lediglich deklaratorisch klar, dass sich die Versorgung im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags des Klägers nach dem VersTV 1993 richtet(BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 23). Insoweit ist es auch unerheblich, dass der VersTV 2009 ebenso wie der zu diesem Zeitpunkt geltende Manteltarifvertrag von der GdF und damit von einer anderen Gewerkschaft abgeschlossen wurde als der MTV 1993 und der VersTV 1993. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags nimmt die bei der Beklagten jeweils geltenden Tarifverträge in Bezug, ohne nach den Tarifvertragsparteien zu differenzieren.

32

(3) Eine andere Auslegung von § 5 des Arbeitsvertrags der Parteien ist nicht deshalb geboten, weil die Beklagte ab dem Jahr 1996 in anderen Arbeitsverträgen die Bestimmung um eine Jeweiligkeitsklausel ergänzt hat. Formulierungen in später abgeschlossenen Arbeitsverträgen mit anderen Arbeitnehmern haben auf die Auslegung des im Jahr 1993 abgeschlossenen Arbeitsvertrags der Parteien keinen Einfluss. Die Ergänzung hat zudem nur klarstellenden Charakter. Die Dynamik ergibt sich bereits aus § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags.

33

(4) Aus der Mitarbeiterbroschüre und dem Informationsblatt Transition Transparent ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung. Diese Schriftstücke enthalten keine die Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelungen betreffenden Erklärungen, sondern lediglich Informationen über das erzielte Tarifergebnis.

34

cc) Da die Auslegung der Bezugnahmeklausel eindeutig ist, besteht für die Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB kein Raum.

35

b) Der Kläger unterfällt dem persönlichen Geltungsbereich des in Bezug genommenen VersTV 2009. Dies ergibt sich aus der Präambel und Teil C § 24 VersTV 2009. Nach Satz 2 der Präambel zum VersTV 2009 gilt Teil A VersTV 2009 für alle Empfänger von Versorgungsleistungen aus dem VersTV 1993 oder dem VersTV 2005. Der Kläger bezog bei Inkrafttreten des VersTV 2009 am 1. Januar 2009 seit dem 1. Februar 2007 Versorgungsleistungen nach dem VersTV 1993 oder dem VersTV 2005. Aus Teil A § 1 Abs. 1 und Abs. 2 VersTV 2009 ergibt sich nichts anderes.

36

aa) Die Tarifvertragsparteien haben nicht nur in Teil A § 1 VersTV 2009 und in Teil B § 1 VersTV 2009, sondern auch in der Präambel und in Teil C § 24 VersTV 2009 Regelungen zum Geltungsbereich des VersTV 2009 getroffen.

37

Nach Satz 1 der Präambel gilt für alle vor dem 1. Januar 2005 eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das bisherige Versorgungssystem auf der Grundlage des VersTV 2005 nach Maßgabe des VersTV 2009 (Teil A) weiter. Nach Satz 2 der Präambel gilt Teil A des VersTV 2009 auch für Empfänger von Versorgungsleistungen nach dem VersTV 1993 und dem VersTV 2005 sowie für ehemalige Beschäftigte der Beklagten, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor dem Jahr 2009 ausgeschieden sind. Nach Satz 3 und Satz 4 der Präambel wird im Teil B des VersTV 2009 für die betriebliche Altersversorgung der Beklagten ein neues, am Einkommen über die gesamte Beschäftigungszeit ausgerichtetes System geschaffen, das für Neueintritte ab dem Jahr 2005 gilt und für diese Personengruppe an die Stelle des VersTV 2005 tritt. Mit dem VersTV 2009 wollten die Tarifvertragsparteien daher erkennbar die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten umfassend und für alle Mitarbeiter, auch für bereits ausgeschiedene Mitarbeiter sowie für Versorgungsempfänger, einheitlich regeln. Für diejenigen Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetreten sind, soll das endgehaltsbezogene Versorgungssystem des Teil A VersTV 2009 zur Anwendung kommen, das die Vorgängerregelungen im VersTV 1993 und VersTV 2005 abgelöst hat. Für die ab dem 1. Januar 2005 in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetretenen Arbeitnehmer gilt Teil B VersTV 2009. Für diese Mitarbeiter war das ursprüngliche Versorgungswerk nach dem VersTV 1993 durch die Kündigung des VersTV 1993 zum 31. Dezember 2004 geschlossen worden und es wurde durch Teil B VersTV 2009 ein am Verdienst während des gesamten Arbeitsverhältnisses ausgerichtetes Bausteinsystem neu eingeführt. Dieses Verständnis vom Geltungsbereich des VersTV 2009 wird durch Teil C § 24 VersTV 2009 bestätigt. Danach trat Teil B des VersTV 2009 rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft und schafft für die ab dem 1. Januar 2005 eingetretenen Mitarbeiter die Grundlage für die betriebliche Altersversorgung. Die Teile A und C VersTV 2009 traten hingegen erst mit Wirkung zum 1. Januar 2009 in Kraft. Nach Teil C § 24 Abs. 3 VersTV 2009 gilt mit Wirkung vom 1. Januar 2009 der VersTV 2009 auch für alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Beschäftigten sowie für alle Bezieher laufender Versorgungsleistungen. Damit werden alle bei der Beklagten aktuell beschäftigten Arbeitnehmer und alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Arbeitnehmer sowie die Bezieher laufender Leistungen von dem VersTV 2009 erfasst.

38

bb) Dem steht Teil A § 1 VersTV 2009 nicht entgegen. Zwar gelten die §§ 1 bis 17 (Teil A) nach Teil A § 1 Abs. 2 VersTV 2009 nicht für Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen und für Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder Soldat beziehen. Die den Geltungsbereich regelnden Bestimmungen in Teil A § 1 VersTV 2009 betreffen jedoch nur die bei Inkrafttreten des Tarifvertrags noch aktiv beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten, nicht jedoch die Versorgungsempfänger.

39

Nach Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009 erfasst Teil A VersTV 2009 nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 2005 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgenommen haben, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags in seiner jeweils gültigen Fassung fallen und am 1. Januar 2009 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen oder die sich am 1. Januar 2009 in einer Übergangsversorgung für Lotsen oder FDB befanden. Nach Teil A § 1 Abs. 2 VersTV 2009 gelten die §§ 1 bis 17 (Teil A) nicht für Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen, Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder als Soldat beziehen und zur DFS beurlaubte Soldatinnen und Soldaten. Entsprechendes regelt Teil B § 1 Abs. 2 VersTV 2009. In Teil A § 1 VersTV 2009 und in Teil B § 1 VersTV 2009 ist nur von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Beschäftigten die Rede. Bezogen auf diese wird in zeitlicher Hinsicht unterschieden, ob sie vor dem 1. Januar 2005 oder nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten sind. Davon hängt ab, ob Teil A oder Teil B des VersTV 2009 gilt. Die Regelung im jeweiligen § 1 Abs. 1 VersTV 2009 betrifft folglich nur aktiv Beschäftigte. Das setzt sich im jeweiligen § 1 Abs. 2 VersTV 2009 fort.

40

Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch die Tarifgeschichte. Nach dem Wortlaut von § 1 VersTV 2005 war unklar, ob bei der Beklagten beschäftigte ehemalige Soldaten, die nicht beurlaubt waren, aber eine Altersversorgung erhielten, vom Geltungsbereich erfasst waren oder nicht. Im Hinblick darauf wurde in § 1 Abs. 2 Buchst. b VersTV 2009 klargestellt, dass aktiv Beschäftigte keine betriebliche Altersversorgung erhalten, wenn sie bereits eine Alterspension erhalten (vgl. ausführlich BAG 15. November 2011 - 3 AZR 113/10 - Rn. 30 ff.). Dies zeigt auch für § 1 Abs. 2 Buchst. a VersTV 2009, dass nur aktiv Beschäftigte, die bereits eine gesetzliche Altersrente erhalten, aus dem Geltungsbereich des VersTV 2009 ausgeschlossen werden.

41

Die Geltung des VersTV 2009 für die ehemaligen, vor dem 1. Januar 2005 bei der Beklagten eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei Inkrafttreten des VersTV 2009 entweder mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren oder bereits laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezogen, wird nicht durch Teil A § 1 VersTV 2009, sondern durch die Präambel und Teil C § 24 Abs. 3 VersTV 2009 bestimmt. Sie unterfallen Teil A VersTV 2009 aufgrund dieser besonderen Bestimmungen unabhängig von den Voraussetzungen des § 1 VersTV 2009.

42

2. Die Beklagte ist nicht aufgrund einer Gesamtzusage zur Anpassung des Altersruhegelds des Klägers nach § 16 VersTV 1993 um 2 vH jährlich verpflichtet. Weder das Informationsblatt Transition Transparent vom 23. Juni 1993 noch die Mitarbeiterbroschüre aus Juni 1993 enthalten eine dahingehende Gesamtzusage.

43

a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung zu gewähren. Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer gesonderten Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebots bedarf. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Sie sind als typisierte Willenserklärungen nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien auszulegen. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht des Empfängers (BAG 17. September 2013 - 3 AZR 418/11 - Rn. 24; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 51 mwN, BAGE 141, 222).

44

b) Danach hat die Beklagte keine Gesamtzusage erteilt.

45

aa) Das Informationsblatt vom 23. Juni 1993 gibt eine Zusammenfassung des Verhandlungsergebnisses der Tarifvertragsparteien wieder. Eine über das gefundene Tarifergebnis hinausgehende zusätzliche Leistung hat die Beklagte dabei nicht versprochen. Vielmehr hat sie die tariflich vorgesehene betriebliche Altersversorgung in ihren Grundzügen dargestellt und die zu diesem Zeitpunkt in § 16 VersTV 1993 bestimmte Anpassung des Ruhegelds um jährlich 2 vH wiedergegeben. Eine über das Tarifergebnis hinausgehende eigenständige Anpassungsgarantie ist dem Informationsblatt nicht zu entnehmen.

46

bb) Auch die Mitarbeiterbroschüre von Juni 1993 enthält keine Zusage von tarifvertraglich nicht vorgesehenen Leistungen. In dieser Broschüre wird auf die tariflichen Regelungen der betrieblichen Altersversorgung verwiesen und die Folgen einer Nachwirkung des Versorgungstarifvertrags wiedergegeben. Die Mitarbeiterbroschüre selbst garantiert keine Anpassung der Betriebsrente in bestimmter Höhe.

47

3. Der Kläger kann die jährliche Anpassung der Betriebsrente gemäß § 16 VersTV 1993 auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen.

48

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 448/09 - Rn. 22; 21. August 2007 - 3 AZR 269/06 - Rn. 21, BAGE 124, 22). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Das gilt auch bei der Anpassung von Betriebsrenten gemäß § 16 BetrAVG(BAG 14. Februar 2012 - 3 AZR 685/09 - Rn. 65 ff.). Eine Gruppenbildung liegt vor, wenn für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Leistungen vorgesehen werden. Dann verlangt der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass diese Unterscheidung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich für die Beurteilung, ob für die unterschiedliche Behandlung ein hinreichender Sachgrund besteht, ist vor allem der Regelungszweck. Dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen (BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 20, BAGE 124, 71; 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 31, BAGE 133, 158). Gerechtfertigt ist danach eine Gruppenbildung, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 13, BAGE 137, 339). Der Differenzierungsgrund muss die in der Regelung getroffene Rechtsfolge tragen.

49

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Die Beklagte passt zwar die Versorgungsleistungen derjenigen Versorgungsempfänger, die vor dem 1. November 2004 in den Ruhestand getreten sind, nach § 16 VersTV 1993 an, obwohl auch für diese der VersTV 2009 und damit die Anpassungsregelung in Teil A § 16 VersTV 2009 gilt; die Versorgungsleistungen derjenigen Versorgungsempfänger, die ab dem 1. November 2004 in den Ruhestand getreten sind, werden hingegen nach Teil A § 16 VersTV 2009 angepasst. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Sie beruht darauf, dass die Beklagte mit Wirkung zum 1. November 2004 erstmals einen Vergütungstarifvertrag mit der GdF abgeschlossen hat und sie in der Folgezeit keine Tarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di, sondern nur noch mit der GdF vereinbart hat. Bei den Versorgungsempfängern, die vor dem 1. November 2004 in den Ruhestand getreten sind, wurde das betriebliche Altersruhegeld gemäß § 4 Abs. 1 VersTV 1993 nach den mit der Gewerkschaft ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen DAG und ÖTV geschlossenen Vergütungs- und Zulagentarifverträgen berechnet. Sie haben nicht an der auf den Tarifabschlüssen mit der GdF beruhenden Vergütungsentwicklung ab dem 1. November 2004 teilgenommen. Deshalb soll auch die Anpassung der laufenden Leistungen nach der zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand geltenden Tarifregelung erfolgen. Die übrigen Versorgungsempfänger, die - wie der Kläger - erst ab dem 1. November 2004 in den Ruhestand getreten sind, haben hingegen mit Auswirkungen auf ihr Altersruhegeld an der auf den Tarifabschlüssen mit der GdF beruhenden Vergütungsentwicklung teilgenommen. Das aus den Tarifabschlüssen mit der GdF resultierende höhere Entgelt führt zu einem höheren Altersruhegeld, auch wenn das Einkommen in den Vorjahren geringer war. Für das Altersruhegeld ist gemäß § 4 des Versorgungstarifvertrags das ruhegeldfähige Einkommen im letzten Beschäftigungsjahr maßgeblich. Bei denjenigen Versorgungsempfängern, die sich vor dem Rentenbeginn im Vorruhestand befinden, wird das zuletzt bezogene ruhegeldfähige Einkommen dynamisiert mit den Tariferhöhungen während der Zeit des Vorruhestands. Es ist daher nicht sachwidrig, die Anpassung der Versorgungsleistungen derjenigen Versorgungsempfänger, deren Versorgungsleistungen sich nach den bis zum 31. Oktober 2004 mit der Gewerkschaft ver.di bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen DAG und ÖTV abgeschlossenen Vergütungs- und Zulagentarifverträgen berechnen und die insoweit nicht an den mit der GdF abgeschlossenen Vergütungstarifverträgen partizipiert haben, nach § 16 des mit der DAG und der ÖTV abgeschlossenen VersTV 1993 vorzunehmen und die Versorgungsleistungen der Versorgungsempfänger, deren ruhegeldfähiges Einkommen sich nach den mit der GdF ab dem 1. November 2004 abgeschlossenen Vergütungs- und Zulagentarifverträgen richtet, nach dem VersTV 2009 anzupassen.

50

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Heuser    

        

    Busch     

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2011 - 6 Sa 1422/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines Kaufkraftausgleichs für die Jahre 2007 bis 2010.

2

Der Kläger, der deutscher Staatsangehöriger ist, trat am 1. Mai 1988 als Wächter beim Generalkonsulat Rio de Janeiro in die Dienste der beklagten Bundesrepublik Deutschland. Er ist eine sog. nicht entsandte Ortskraft. Nach Nr. 1 Abs. 2 seines Arbeitsvertrags gilt der jeweils für das Auswärtige Amt maßgebende Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei den Auslandsvertretungen beschäftigten deutschen nicht entsandten Arbeiter. Das Entgelt wird in Euro geleistet. Der Kläger erhält neben dem Tabellenentgelt des § 15 TVöD-AT einen Auslandszuschlag, einen Kaufkraftausgleich und Zuschüsse zur Krankenversicherung und privaten Altersvorsorge.

3

Aus Anlass der Kündigung der Tarifverträge Angestellte/Arbeiter Ausland zum 31. März 2000 konnten die betroffenen Arbeitnehmer ihre Arbeitsverträge auf das jeweilige Ortsrecht umstellen lassen. Der darüber informierte Kläger machte davon keinen Gebrauch. Seit November 2006 wird sein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten deutschen nicht entsandten Beschäftigten vom 1. November 2006 (TV Beschäftigte Ausland) durchgeführt. Der TV Beschäftigte Ausland lautet in Art. 1 auszugsweise:

        

§ 2   

        

Geltung des Bundestarifrechts

        

(1)     

Für die in § 1 genannten Beschäftigten gelten die für unter den Geltungsbereich des § 45 (Bund) des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Besonderer Teil Verwaltung - (BT-V) fallende Beschäftigte des Bundes jeweils geltenden Tarifvorschriften mit Ausnahme der Nr. 2 dieser Sonderregelungen entsprechend, soweit nicht in diesem Tarifvertrag etwas Abweichendes bestimmt ist.

        

…       

        
        

§ 4     

        

Entgelt

        

Anstelle des § 45 Nr. 8 TVöD-BT-V (Bund) gilt Folgendes:

        

…       

        
        

(3)     

§ 55 des Bundesbesoldungsgesetzes gilt entsprechend.

        

…“    

4

Nach der bis 30. Juni 2010 anzuwendenden Fassung des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland galten §§ 7 und 54 BBesG entsprechend. Aufgrund dieser Verweisung richtete sich die Berechnung des Kaufkraftausgleichs für den Kläger in den streitgegenständlichen Zeiträumen zunächst nach den früheren Fassungen des § 7 BBesG vom 6. August 2002 und 19. Juni 2009 sowie des § 54 BBesG vom 10. September 2003 und 19. Juni 2009 (für alle diese Altfassungen der beiden Bestimmungen im Folgenden einheitlich: aF). Der Kaufkraftausgleich wurde auf der Grundlage der Auslandsdienstbezüge iSv. § 52 BBesG errechnet. Seit dem 1. Juli 2010 richtet sich die Berechnung des Kaufkraftausgleichs nach § 55 BBesG zunächst idF vom 5. Februar 2009, seit dem 22. März 2012 idF vom 15. März 2012 und seit dem 1. August 2013 idF vom 11. Juni 2013. § 55 BBesG in seinen drei letzten Fassungen fasst im Wesentlichen die Regelungen der §§ 7, 54 BBesG aF zusammen. § 55 BBesG idF vom 11. Juni 2013 lautet:

        

„(1)   

Entspricht bei einer allgemeinen Verwendung im Ausland die Kaufkraft der Besoldung am ausländischen Dienstort nicht der Kaufkraft der Besoldung am Sitz der Bundesregierung, ist der Unterschied durch Zu- oder Abschläge auszugleichen (Kaufkraftausgleich). …

        

(2)     

Das Statistische Bundesamt ermittelt für den einzelnen Dienstort nach einer wissenschaftlichen Berechnungsmethode auf Grund eines Preisvergleichs und des Wechselkurses zwischen den Währungen den Prozentsatz, um den die Lebenshaltungskosten am ausländischen Dienstort höher oder niedriger sind als am Sitz der Bundesregierung (Teuerungsziffer). Die Teuerungsziffern sind vom Statistischen Bundesamt bekannt zu machen.

        

(3)     

Der Kaufkraftausgleich wird anhand der Teuerungsziffer festgesetzt. Die Berechnungsgrundlage beträgt 60 Prozent des Grundgehaltes, der Anwärterbezüge, des Familienzuschlags, des Auslandszuschlags …

        

(4)     

Die Einzelheiten zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs regelt das Auswärtige Amt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Finanzen … durch allgemeine Verwaltungsvorschrift.“

5

Die beiden vorangegangenen Fassungen des aktuellen § 55 BBesG waren in den zitierten Passagen bis auf zwei Abweichungen wortgleich mit § 55 BBesG idF vom 11. Juni 2013. In den beiden älteren Fassungen der Norm vom 5. Februar 2009 und 15. März 2012 hieß es ohne inhaltlichen Unterschied in Abs. 2 Satz 1 „Vomhundertsatz“ anstelle „Prozentsatz“ und in Abs. 3 Satz 2 „60 vom Hundert“ anstatt „60 Prozent“ (für alle drei jüngsten Fassungen des § 55 BBesG im Folgenden einheitlich: nF).

6

Die Beklagte hatte den Beschäftigten aller Auslandsvertretungen die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs nach dem Bundesbesoldungsgesetz vom 24. September 2002 und die Verfahrensregelung zur Ermittlung der Teuerungsziffern für den Kaufkraftausgleich vom 19. Januar 2005 als Anlagen des Runderlasses 131-31 des Auswärtigen Amts vom 11. Oktober 2006 bekannt gemacht.

7

Mit Schreiben vom 15. September 2010 verlangte der Kläger, den Kaufkraftausgleich auf einer dem tatsächlichen Konsumverhalten einer Ortskraft annähernd entsprechenden Basis neu zu berechnen.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland stehe ihm ein am realen Konsumverhalten von Ortskräften orientierter Kaufkraftausgleich zu. Die Beklagte habe den Kaufkraftausgleich zwar zutreffend nach den in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Regelungen zunächst der §§ 7, 54 BBesG aF, später des § 55 BBesG nF festgesetzt. Die beamtenrechtlichen Regelungen seien jedoch auf entsandte Beschäftigte zugeschnitten. Der Kaufkraftausgleich werde anhand der Teuerungsziffer festgesetzt, die sich aus einem Preisvergleich bestimmter Waren und Dienstleistungen (Warenkorb) ergebe. Für 40 % dieses Warenkorbs werde kein Preisvergleich angestellt, weil von der Beschaffung dieser Güter in der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werde. Dabei handle es sich zB um Möbel, elektronische Geräte oder Autos. Außerdem werde der Kaufkraftausgleich nur auf der Grundlage von 60 % des Grundentgelts berechnet, weil entsandte Mitarbeiter aufgrund ihrer begrenzten Aufenthaltsdauer im Gastland einen nicht unerheblichen Teil ihrer laufenden Zahlungsverpflichtungen (Lohn- und Einkommensteuer, Sozialversicherung oder Wohnkosten) im Inland abwickelten. Diese Art der Berechnung des Kaufkraftausgleichs benachteilige Ortskräfte, die dauerhaft im Ausland lebten und dort ihren Lebensunterhalt zu nahezu 100 % bestritten. Der Kläger hat behauptet, der reale Kaufkraftverlust liege seit Ende 2004 wegen der Verschlechterung des Wechselkurses und der brasilianischen Inflation bei 75 % bis 80 %. Der tatsächlich geleistete Kaufkraftausgleich decke demgegenüber nur 6 % bis 9 % der realen Verluste. Diese Umstände habe die Beklagte bei der Festsetzung des Kaufkraftausgleichs bislang ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt. Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland sehe lediglich die entsprechende Anwendung der beamtenrechtlichen Regelungen zum Kaufkraftausgleich vor und räume der Beklagten damit einen Ermessensspielraum bei der Rechtsanwendung ein. In Ausübung dieses Ermessens habe die Beklagte sich bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs am tatsächlichen Konsumverhalten der Ortskräfte zu orientieren. Für den gesamten Warenkorb sei daher eine Teuerungsziffer anzusetzen. Der Kaufkraftausgleich müsse ferner auf der Grundlage der gesamten Grundvergütung und nicht nur anteilig auf der Basis von 60 % des Grundentgelts errechnet werden. Seine höheren monatlichen Ansprüche folgten zudem aus Art. 3 Abs. 1 GG und dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Gleichbehandlung von Ortskräften und entsandten Beschäftigten bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs sei nicht gerechtfertigt. Die Ansprüche seien nicht nach § 45 Nr. 15 TVöD-BT-V (Bund) iVm. § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen. Der Beklagten sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die neunmonatige Ausschlussfrist zu berufen, weil sie den Kaufkraftausgleich trotz Aufforderung weder gesondert errechnet noch die jeweiligen Festsetzungen begründet habe.

9

Der Kläger hat für die Jahre 2007 bis 2010 deshalb die Nachzahlung eines Kaufkraftausgleichs von insgesamt 48.111,60 Euro geltend gemacht. Bei der Berechnung hat er den realen Kaufkraftverlust ermittelt und davon den tatsächlich erhaltenen Kaufkraftausgleich abgezogen. Er hat die verbleibenden Differenzbeträge um die monatlichen Unterschiedsbeträge, die 50 % der Grundvergütung überstiegen, gekürzt. Dieser „Sicherheitsabschlag“ sei geboten, weil der Beklagten ein Ermessensspielraum zustehe.

10

Hilfsweise hat der Kläger die Anpassung seines Arbeitsvertrags verlangt und sich angesichts der realen nicht ausgeglichenen Kaufkraftverluste zunächst darauf berufen, die Geschäftsgrundlage sei entfallen iSv. § 313 BGB. In der Berufungsinstanz hat er ausgeführt, der nicht ausgeglichene Kaufkraftverlust habe mittlerweile zu einer so erheblichen Äquivalenzstörung geführt, dass die tarifliche Regelung des Kaufkraftausgleichs nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig geworden sei. Daraus ergäben sich Ansprüche auf die übliche Vergütung aus § 612 Abs. 2 BGB. Jedenfalls könne er verlangen, dass der Vertrag durch Umdeutung angepasst werde (§§ 140, 612 Abs. 2 BGB).

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 48.111,60 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen aufgeführter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

die Beklagte hilfsweise zu verurteilen, der Aufnahme einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Inhalt der Gewährung eines Kaufkraftausgleichs in seinen Arbeitsvertrag rückwirkend zum 1. Januar 2007 zuzustimmen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, dem Kläger stünden keine weiteren Ansprüche auf Kaufkraftausgleich zu. Die tarifliche Regelung lege bindend fest, dass der Kaufkraftausgleich auch für Ortskräfte nach der zu §§ 7, 54 BBesG aF und § 55 BBesG nF erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs nach dem Bundesbesoldungsgesetz vom 24. September 2002 zu berechnen sei. Ein Ermessensspielraum, der es ihr erlaube, Besonderheiten des Kaufverhaltens von Ortskräften zu berücksichtigen, bestehe nicht. Die tarifliche Regelung zum Kaufkraftverlust verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifvertragsparteien hätten sich im Interesse der Vereinfachung bewusst für eine pauschale Verweisung auf die beamtenrechtlichen Regelungen und gegen eine Sonderregelung für Ortskräfte entschieden. Das sei sachgerecht und von der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien gedeckt. Der Kläger könne sich auch nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Ein Kaufkraftverlust sei allenfalls eine objektive Geschäftsgrundlage. Eine erhebliche Äquivalenzstörung sei jedoch nicht feststellbar. Die Höhe des vom Kläger für die letzten Jahre behaupteten Kaufkraftverlusts sei nicht nachvollziehbar. Die vom Statistischen Bundesamt anhand von Preisanstiegen und Wechselkursänderungen regelmäßig errechneten Teuerungsziffern für Brasilien lägen bei 5 % bis 11 %. Im Übrigen vernachlässige der Kläger, dass er immer noch ein um 20 % bis 30 % höheres Entgelt erziele, als es in Brasilien üblich sei.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich des Hauptantrags für unbegründet und bezüglich des Hilfsantrags für unzulässig gehalten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist mit Blick auf den Hauptantrag unbegründet. Hinsichtlich des Hilfsantrags ist sie unzulässig.

15

A. Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sich der Kaufkraftausgleich am tatsächlichen Konsumverhalten einer Ortskraft orientiert. Die ihm zustehenden Ansprüche sind durch die erbrachten Leistungen erfüllt. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

16

I. Die erhobenen Ansprüche beurteilen sich nach deutschem materiellen Arbeitsrecht.

17

1. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wird vollständig in Brasilien durchgeführt. Es handelt sich deshalb um einen Sachverhalt mit Bezug zu ausländischem Recht (Art. 3 EGBGB in der bis 16. Dezember 2009 geltenden Fassung [EGBGB]). Das anzuwendende Arbeitsvertragsstatut bestimmt sich nach Art. 27 EGBGB. Diese Vorschrift gilt noch für alle Arbeitsverhältnisse, die bis zum 16. Dezember 2009 begründet wurden (vgl. BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 267/92 - zu II 1 der Gründe, BAGE 71, 297). Erst für Arbeitsverträge, die seit dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden, ist die sog. ROM I-Verordnung anzuwenden (Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht; vgl. ErfK/Schlachter 14. Aufl. Rom I-VO Rn. 1 mwN).

18

2. Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich erfolgen. Sie kann sich aus den Bestimmungen des Vertrags oder den Umständen des Einzelfalls ergeben. Es gibt keinen abschließenden Katalog von Indizien. Für Schuldverhältnisse sind jedoch typische Hinweise auf eine konkludente Rechtswahl aus der Vereinbarung eines Gerichtsstands oder Schiedsverfahrens, einer vertraglichen Bezugnahme auf ein bestimmtes Recht und der Vereinbarung eines gemeinsamen Erfüllungsorts für beide Parteien zu entnehmen. Die vertragliche Verweisung auf Tarifverträge und sonstige Regelungen am Sitz des Arbeitgebers ist ein gewichtiges Indiz für eine konkludente Rechtswahl (vgl. BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 28; 13. November 2007 - 9 AZR 134/07  - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 24).

19

3. Nach diesen Grundsätzen haben sich die Parteien hier für die Geltung deutschen Rechts entschieden. Das folgt neben der Vertragssprache und der Vergütung in deutscher Währung vor allem aus der Verweisung auf den für das Auswärtige Amt jeweils maßgebenden Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei den Auslandsvertretungen beschäftigten deutschen nicht entsandten Arbeiter.

20

II. Ansprüche des Klägers auf zusätzlichen Kaufkraftausgleich ergeben sich nicht aus der vertraglich in Bezug genommenen Regelung des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland.

21

1. Nach Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland hat der Kläger Anspruch auf Kaufkraftausgleich nach §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF. Die Verweisung auf die beamtenrechtlichen Regelungen des Kaufkraftausgleichs ist wirksam.

22

a) Tarifvertragsparteien können die ihnen verliehene Rechtsetzungsbefugnis zwar nicht an Dritte delegieren. Die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG übertragene Aufgabe, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder sinnvoll zu ordnen, umfasst aber die Befugnis, in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes auf die für Beamte geltenden gesetzlichen Vorschriften zu verweisen. Das setzt voraus, dass diese Bestimmungen eindeutig sind und mit der tariflichen Regelung in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 22 mwN). Bei solchen Verweisungen ist sichergestellt, dass der anzustrebenden sachgerechten tariflichen Regelung durch einen angemessenen Interessenausgleich Rechnung getragen wird. Die Tarifvertragsparteien können die Verweisung auf die gesetzlichen Bestimmungen jederzeit aufheben oder ändern (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 22; 15. Dezember 2005 -  6 AZR 227/05  - Rn. 17, BAGE 116, 346 ).

23

b) Das in Bezug genommene Besoldungsrecht weist den erforderlichen Sachzusammenhang mit der tariflichen Regelung in Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland auf. Der Kaufkraftausgleich nach dem Bundesbesoldungsgesetz passt die Dienstbezüge zur Erhaltung der Kaufkraft den durch das Währungs- und Preisgefälle bedingten veränderten Verhältnissen im Ausland an. Damit soll sichergestellt werden, dass der mit der Besoldung verfolgte Zweck, dem Beamten die dem jeweiligen Amt und seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Besoldung zu gewähren, auch bei einem dienstlichen Wohnsitz außerhalb des deutschen Währungsgebiets erhalten bleibt (vgl. BAG 21. November 1996 - 6 AZR 222/96 - zu II 2 der Gründe; BVerwG 26. Mai 1971 - VI C 39.68  - BVerwGE 38, 139, 143  f.). Die Problematik eines unterschiedlichen Währungs- und Preisgefälles betrifft die im Ausland tätigen und in deutscher Währung vergüteten nicht entsandten Ortskräfte ebenso wie die entsandten Beamten.

24

c) Die für den Tarifvertrag vorgeschriebene Schriftform des § 1 Abs. 2 TVG ist durch die Verkündung als Gesetz und die Veröffentlichung im Bundesanzeiger gewahrt(vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 24 mwN).

25

2. Auf der Grundlage der wirksamen tariflichen Verweisung auf das Gesetzesrecht steht dem Kläger ein monatlicher Kaufkraftausgleich nach §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF zu. Diese Ansprüche hat die Beklagte erfüllt. Der Kläger rügt keine fehlerhafte Berechnung des Kaufkraftausgleichs nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen. Er beanstandet vielmehr, dass die Beklagte in fehlerfreier Ausübung ihres Ermessens von den beamtenrechtlichen Regelungen hätte abweichen müssen, um einer Benachteiligung der Ortskräfte bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs entgegenzuwirken. Diese Rüge greift nicht durch. Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland räumt der Beklagten keinen Ermessensspielraum bei der Anwendung von §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF auf Arbeitsverhältnisse nicht entsandter Ortskräfte ein.

26

a) Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland ist nach den für Tarifnormen geltenden Maßstäben auszulegen und auf seine Rechtswirksamkeit zu überprüfen. Die Bezugnahme auf §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF wirkt wie eine wörtliche Übernahme dieser Regelungen in den Tarifvertrag. Die gesetzlichen Bestimmungen über den Kaufkraftausgleich gelten aufgrund der Verweisung als Tarifnormen (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 25; 11. September 2003 -  6 AZR 323/02  - zu I 3 der Gründe, BAGE 107, 272 ).

27

b) Der Beklagten kommt kein Ermessen darin zu, ob die beamtenrechtlichen Regelungen anzuwenden sind.

28

aa) Nach dem Wortlaut des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland gelten §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF entsprechend. Ein Wille, nach pflichtgemäßem Ermessen auch abweichende Regelungen des Kaufkraftausgleichs zuzulassen, ist und war im Wortlaut des Tarifvertrags nicht ausgedrückt.

29

bb) Die Tarifsystematik bestätigt dieses Ergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben in Art. 1 § 2 Abs. 1 TV Beschäftigte Ausland grundsätzlich auf die Regelungen des § 45 TVöD-BT-V (Bund) verwiesen. Sie haben in der Folge jedoch zahlreiche Ausnahmen von der Geltung des § 45 TVöD-BT-V (Bund) aufgenommen. Zum Teil haben die Tarifvertragsparteien auf Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes oder der Heimaturlaubsverordnung verwiesen. Teilweise haben sie selbst den von § 45 TVöD-BT-V (Bund) abweichenden Regelungsgehalt niedergelegt. Der TV Beschäftigte Ausland enthält damit ein in sich geschlossenes System, das sich einerseits aus Verweisungen auf den TVöD-BT-V oder andere öffentlich-rechtliche Normen und andererseits aus eigenständigen Regelungen zusammensetzt. Abweichungen davon durchbrechen das System und stellen damit zugleich die inhaltliche Ausgewogenheit der tariflichen Regelungsstruktur infrage.

30

cc) Sinn und Zweck der Tarifnorm stehen mit diesem Auslegungsergebnis in Einklang. Verweist ein Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes - wie hier Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland - auf die für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen, soll den Arbeitnehmern dieselbe Rechtsstellung wie den Beamten eingeräumt werden(vgl. BAG 11. September 2003 -  6 AZR 323/02  - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 107, 272 ; 13. Februar 2003 - 6 AZR 411/01  - zu 1 der Gründe, BAGE 104, 342). Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland dient dazu, Ansprüche auf Kaufkraftausgleich zu vereinheitlichen. Die Übernahme der für Beamte der Bundesrepublik Deutschland geltenden Bestimmungen soll gewährleisten, dass Arbeitnehmer hinsichtlich der Voraussetzungen, des Umfangs und der Dauer der zu gewährenden Leistungen nicht schlechter-, aber auch nicht bessergestellt werden als vergleichbare Beamte. Die tarifliche Verweisung will zudem die Zahlung des Kaufkraftausgleichs vereinfachen. Der Arbeitgeber soll in den Stand versetzt werden, seine in verschiedenen Dienststellen zusammenarbeitenden Beschäftigten nach denselben Rechtsnormen zu behandeln (vgl. BAG 11. September 2003 -  6 AZR 323/02  - zu II 2 b cc der Gründe mwN, aaO).

31

c) Es besteht auch kein Ermessen der Beklagten in der Frage, wie die beamtenrechtlichen Regelungen anzuwenden sind.

32

aa) Mit Blick auf den Zweck der tariflichen Verweisung, die Vereinheitlichung der Rechtsstellungen von Beamten und Arbeitnehmern, sind die für die Beamten geltenden Gesetze, Verordnungen und Durchführungserlasse auch für die Arbeitnehmer maßgebend. Steht es nach den für die Beamten geltenden Vorschriften im Ermessen des Dienstherrn, die Leistung zu gewähren, gelten deswegen auch für die Arbeitnehmer die für das Verwaltungsermessen entwickelten Grundsätze (vgl. BAG 21. November 1996 -  6 AZR 222/96  - zu II 1 der Gründe mwN).

33

bb) §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF gewähren der Beklagten jedoch auch im Verhältnis zu ihren Beamten kein Durchführungsermessen. Nach §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF wird die Höhe des Kaufkraftausgleichs durch das Auswärtige Amt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Finanzen geregelt. Damit ist es ministerieller Bestimmung überlassen, die Höhe des jeweiligen Kaufkraftausgleichs festzulegen. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. BAG 21. November 1996 -  6 AZR 222/96  - zu II 2 der Gründe; BVerwG 26. Oktober 1995 - 2 C 24.94 - BVerwGE 99, 355 , 357).

34

cc) Von dieser Ermächtigung hat der Bundesminister des Auswärtigen zuletzt durch Erlass der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs nach dem Bundesbesoldungsgesetz vom 24. September 2002 Gebrauch gemacht. Diese Verwaltungsvorschrift gibt der Beklagten die Art und Weise der Berechnung des Kaufkraftausgleichs bindend vor, ohne ihr Ermessen einzuräumen.

35

3. Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifnorm sieht keine sachwidrige Gleichbehandlung der nicht entsandten Ortskräfte mit den entsandten Beamten vor.

36

a) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dennoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Unterscheidungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 43; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 58).

37

b) Verfassungsrechtlich erheblich ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 44; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 59). Bei einer personenbezogenen Gleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normdressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten gleichbehandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine gleiche Behandlung nicht rechtfertigen (vgl. für den umgekehrten Fall der sachwidrigen Ungleichbehandlung BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 45; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).

38

c) Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien die nicht entsandten Ortskräfte mit den entsandten Beamten bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs nach Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland gleichbehandelt haben.

39

aa) Dem liegt der Wille zugrunde, die nicht entsandten Ortskräfte hinsichtlich des Kaufkraftausgleichs weder besser- noch schlechterzustellen als die entsandten Beamten und zugleich die Zahlung des Kaufkraftausgleichs zu vereinfachen.

40

bb) Diese Gleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt. Die Gemeinsamkeiten der Lebensverhältnisse beider Personengruppen überwiegen die Unterschiede. Beide Personengruppen sind durch ihre deutsche Staatsangehörigkeit und ihr Arbeits- oder Beamtenverhältnis, das sich nach deutschem Recht richtet, mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden. Aufgrund ihrer Tätigkeit im Ausland bei gleichzeitiger Vergütung in deutscher Währung sind sie einem Währungs- und Preisgefälle ausgesetzt. Anders als entsandte Beamte leben Ortskräfte zwar dauerhaft an ihrem ausländischen Arbeitsort. Sie kehren nicht regelmäßig durch Rotation in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Das geht bei typisierender Betrachtung entgegen der Annahme der Revision aber nicht zwingend mit einem erheblich abweichenden Konsumverhalten beider Personengruppen einher. Ortskräfte sind nicht gezwungen, auf den Import deutscher Waren oder eine Alters-, Gesundheits- oder Vermögensvorsorge nach deutschem Recht zu verzichten. Auch entsandte Beamte halten sich häufig über mehrere Monate hinweg ohne Unterbrechung am Dienstort auf. Es ist ihnen nicht ohne Weiteres möglich, stets bei Bedarf nach Deutschland zu reisen und den Kauf von Konsumgütern wie Kleidung, Schuhen oder elektronischen Geräten am ausländischen Dienstort zu vermeiden. Die Tarifvertragsparteien haben ihre Einschätzungsprärogative daher nicht überschritten, indem sie die Lebensverhältnisse von nicht entsandten Ortskräften und entsandten Beamten im Hinblick auf das regelmäßige Konsumverhalten am Dienstort für weitgehend vergleichbar gehalten und eine für beide Personengruppen einheitliche Berechnung des Kaufkraftausgleichs vorgesehen haben.

41

III. Der Kläger kann zusätzlichen Kaufkraftausgleich auch nicht aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen.

42

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 606; Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 112 Rn. 31).

43

2. Der Kläger ist jedoch nicht von einer Begünstigung ausgenommen. Er fühlt sich vielmehr zu Unrecht gleichbehandelt und erstrebt eine Besserstellung gegenüber der Vergleichsgruppe der entsandten Beamten. Eine solche Rechtsfolge begründet der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.

44

IV. Die mit dem Hauptantrag geltend gemachten Ansprüche lassen sich schließlich nicht auf § 612 Abs. 2 BGB stützen.

45

1. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist immer dann die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Im Streitfall ist die Vergütungshöhe aber durch die vertragliche Bezugnahme auf den TV Beschäftigte Ausland bestimmt.

46

2. Die Vergütungsvereinbarung ist nicht nach § 138 Abs. 1 BGB infolge unzureichenden Kaufkraftausgleichs nichtig.

47

a) Die Frage, ob Tarifverträge am Maßstab des § 138 BGB überprüft werden können, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden(offengelassen von BAG 30. November 1983 - 4 AZR 353/81 - BAGE 44, 268, 278 ). In § 138 Abs. 1 BGB kommen elementare Gerechtigkeitsanforderungen, die der gesamten Rechtsordnung zugrunde liegen, zum Ausdruck. Sie sind Ausfluss der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit und des Sozialstaatsprinzips in Art. 20 Abs. 1 GG. Daran sind auch Tarifabschlüsse zu messen (vgl. BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 a bb der Gründe, BAGE 110, 79).

48

b) Sittenwidrigkeit des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland käme allerdings nur in Betracht, wenn die Höhe des Arbeitsentgelts für die geschuldete Arbeitsleistung aufgrund des unzureichenden Kaufkraftausgleichs dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspräche. Davon kann nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ausgegangen werden. Ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnungen erreicht die monatlich gezahlte Grundvergütung nebst Auslandszuschlag sowie Zuschüssen zur Krankenversicherung und zur privaten Altersvorsorge bei Weitem nicht die Grenze eines sittenwidrigen „Hungerlohns“.

49

V. Da alle vom Kläger mit dem Hauptantrag erhobenen Ansprüche auf zusätzlichen Kaufkraftausgleich für die Zeit von Januar 2007 bis Dezember 2010 schon nicht entstanden sind, kann offenbleiben, ob die Ansprüche für die Monate Januar 2007 bis März 2010 zudem aufgrund der neunmonatigen Ausschlussfrist des Art. 1 § 2 Abs. 1 TV Beschäftigte Ausland iVm. § 45 Nr. 15 TVöD-BT-V (Bund), § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen wären.

50

B. Die gegen die Verwerfung der Berufung hinsichtlich des Hilfsantrags gerichtete Revision ist unzulässig. Sie gibt die Revisionsgründe nicht ausreichend an iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO.

51

I. Bei Verfahrensrügen iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO muss der Mangel, den die Revision geltend macht, genau bezeichnet werden. Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. nur BAG 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 12). Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden Streitgegenstand eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 691/09 - Rn. 17). Vertretbar oder auch nur einleuchtend braucht die Rüge nicht zu sein. Die Revision muss sich jedoch mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese Erwägungen bekämpfen will. Das erfordert, dass in der Revisionsbegründung konkret darlegt wird, aus welchen Gründen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers die Berufungsentscheidung mit Blick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage durchdenkt (vgl. zB BAG 11. Juni 2013 - 9 AZR 855/11 - Rn. 10).

52

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung für den Hilfsantrag nicht gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen die Abweisung des Hilfsantrags für unzulässig gehalten. Das hat der Kläger in der Revisionsbegründung als nicht nachvollziehbar angesehen und in der Folge seine materiell-rechtliche Begründung des Hilfsantrags unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit von Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland wiederholt. Darin liegt keine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils. Hat das Landesarbeitsgericht ein Prozessurteil erlassen, genügt eine Auseinandersetzung ausschließlich mit materiell-rechtlichen Fragen nicht (vgl. GK-ArbGG/Mikosch Stand Juli 2011 § 74 Rn. 56). Die Revisionsbegründung muss in einem solchen Fall vielmehr erkennen lassen, aus welchen Gründen es fehlerhaft war, die Berufung gerade als unzulässig zu verwerfen. Der prozessuale Mangel der Revisionsbegründung bestand am Ende der Revisionsverhandlung fort. Der Kläger hat erst mit Schriftsatz vom 21. November 2013 und damit erheblich nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist zu der Frage der Zulässigkeit der Berufung gegen die Abweisung des Hilfsantrags Stellung genommen.

53

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Juli 2012 - 2 Sa 340/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach einer Herabgruppierung bei vorheriger Vergütung aus einer individuellen Endstufe.

2

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land langjährig als Lehrerin an einer Förderschule beschäftigt. Ausweislich § 2 des Arbeitsvertrags in der Fassung vom 8. Juli/1. August 1992 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechtes - manteltarifrechtliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Nach § 3 dieses Vertrags richtete sich die Eingruppierung nach Abschnitt E der Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfassten Angestellten vom 24. Juni 1991. Demnach war die Klägerin in die Vergütungsgruppe IVa BAT-O eingruppiert.

3

Mit Änderungsvertrag vom 1. August 1997 wurde der Klägerin die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters einer Förderschule auf Dauer übertragen. § 1 dieses Änderungsvertrags lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Die Eingruppierung bestimmt sich nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 08.05.1991 in Verbindung mit den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter und erfolgt mit Wirkung vom 01.08.1997 nach Vergütungsgruppe Ib BAT-O.

        

Die Eingruppierung erfolgt nach Maßgabe der für die entsprechende besoldungsrechtliche Einstufung zu beachtenden Schülerzahl. Soweit diese Schülerzahl nach Maßgabe der jährlich amtlichen Schulstatistik unterschritten wird, besteht Einvernehmen, daß die Eingruppierung unter Beachtung der sonst für eine ordentliche Änderungskündigung zu beachtenden Frist entsprechend der dann besoldungsrechtlich vorgesehenen Einstufung angepaßt wird.“

4

Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006. Entsprechend der Anlage 2 Teil B zu § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder erfolgte eine Überleitung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Entgeltgruppe 14 TV-L. Ausgehend von dem nach § 5 TVÜ-Länder zu bildenden Vergleichsentgelt wurde gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder eine Zuordnung der Klägerin zu einer individuellen Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L vorgenommen. Im November 2006 führte dies zu einer Differenz von 264,98 Euro brutto gegenüber der Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L.

5

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 teilte das Staatliche Schulamt der Klägerin mit, dass sich ausweislich der amtlichen Schulstatistik die Schülerzahl an der Schule der Klägerin auf 162 verringert habe. Entsprechend der besoldungsrechtlichen Vorgaben erhalte sie deshalb mit Wirkung vom 1. Juli 2010 Vergütung nach „Entgeltgruppe 13 gD TV-L“. Mit Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 vereinbarten die Parteien unter § 1 auszugsweise Folgendes:

        

„Für die Eingruppierung gelten die Abschnitte A und B der Richtlinie der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte-Ost (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in der jeweiligen Fassung in Verbindung mit Anlage 2 Teil B/Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder und den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter.

        

Die Eingruppierung erfolgt in die Entgeltgruppe E 13 gD TV-L mit Wirkung vom 01.07.2010.“

6

Bis Juli 2010 erhielt die Klägerin zuletzt 5.131,93 Euro brutto. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Entgelt nach Entgeltgruppe 14 TV-L in der Stufe 5 iHv. 4.718,19 Euro brutto monatlich. Hinzu kamen für ein Kind der „Besitzstand Ortszuschlag“ iHv. 97,15 Euro brutto sowie als sog. Zulage die auf 316,59 Euro angestiegene individuelle Endstufe. Im Juli 2010 bezog die Klägerin ein Entgelt nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L iHv. 4.428,29 Euro brutto sowie unverändert einen „Besitzstand Ortszuschlag“ für ein Kind iHv. 97,15 Euro brutto. Es ergab sich ein Betrag von 4.525,44 Euro brutto. Irrtümlich leistete das beklagte Land im Monat Juli 2010 zudem noch die bisherige Zulage iHv. 316,59 Euro, korrigierte dies jedoch durch Aufrechnung in den Folgemonaten. Bezogen auf die bisherige Vergütung von 5.131,93 Euro brutto hatte die Klägerin daher für den Juli 2010 letztlich eine Verminderung iHv. 606,49 Euro brutto zu verzeichnen.

7

Mit ihrer am 3. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Reduzierung ihrer Vergütung gewandt. Die individuelle Endstufe sei auch nach der Herabgruppierung beizubehalten. Sie stehe in keinem Zusammenhang mit gesunkenen Schülerzahlen, sondern sei eine Besitzstandssicherung im Rahmen der Überleitung in den TV-L. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 habe nur die Eingruppierung zum Gegenstand. Da der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 erstmals die Auffassung vertreten habe, dass sie (die Klägerin) mit Abschluss dieses Änderungsvertrags unabhängig von einer Tarifautomatik einzelvertraglich in den Wegfall der individuellen Endstufe eingewilligt habe, habe sie noch in dieser Verhandlung - und damit unverzüglich - ihr Einverständnis zum Abschluss dieses Änderungsvertrags wegen Erklärungsirrtums angefochten. Sie sei lediglich mit einer Neueingruppierung einverstanden gewesen.

8

Erstinstanzlich hat die Klägerin deshalb mit vier bezifferten Leistungsanträgen die unveränderte Fortzahlung der bisherigen Vergütung verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht hat die Klägerin die bisherigen Anträge zurückgenommen und ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung verlangt, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

9

Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich dies aus § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L, wonach bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe die oder der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen ist. Für den Fall der Überleitung in eine Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe müsse bei einer späteren Herabgruppierung wiederum eine individuelle Zwischen- oder Endstufe gebildet werden. Die „erreichte Stufe“ iSd. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sei die individuelle Endstufe. Anderenfalls sei eine stufengleiche Zuordnung nicht möglich und es liege eine Tariflücke vor. Im Fall einer bewussten Regelungslücke hätten die Tarifvertragsparteien gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wenn die Herabgruppierung bei einer individuellen Endstufe eine Reduzierung des Einkommens zur Folge hätte. Dies zeige sich durch den Vergleich mit der Vergütung einer Kollegin, welche nicht als ständige Vertreterin des Schulleiters fungiert. Bei einer Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L mit einer individuellen Endstufe behalte diese Kollegin die Endstufe. Eine Herabgruppierung wegen sinkender Schülerzahlen finde nicht statt. Demgegenüber führe die Herabgruppierung für sie (die Klägerin) zu einem Verlust der individuellen Endstufe mit der Folge eines im Verhältnis zu ihrer Kollegin um 126,67 Euro brutto monatlich niedrigeren Einkommens. Hierfür habe sie zusätzlich die Belastung als Mitglied der Schulleitung zu tragen. Für diese Schlechterstellung bestehe kein ausreichendes Differenzierungskriterium.

10

Im Fall einer unbewussten Regelungslücke sei diese durch die entsprechende Anwendung der für Herabgruppierungen bis zum 1. November 2008 geltenden Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zu schließen. Danach werden Beschäftigte bei Herabgruppierungen in der niedrigeren Entgeltgruppe derjenigen individuellen Zwischenstufe zugeordnet, die sich bei einer Herabgruppierung im Oktober 2006 ergeben hätte. In entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder sei in ihrem Fall die individuelle Zwischen- oder Endstufe maßgeblich, die sich bei einer fiktiven Herabgruppierung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Vergütungsgruppe IIa BAT-O im Oktober 2006 und der daraus folgenden Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L ergeben würde.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung zu zahlen, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O am 1. November 2006 in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

12

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Die wegen reduzierter Schülerzahlen erfolgte Herabgruppierung führe nach den tariflichen Vorgaben zum Verlust der individuellen Endstufe. § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder gelte nach seinem eindeutigen Wortlaut nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008. Die vorliegend im Jahr 2010 erfolgte Herabgruppierung führe folglich zu einer Stufenzuordnung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Danach sei die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe nicht mehr vorgesehen. Die Zahlung der individuellen Endstufe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder gelte nur für die Dauer des Verbleibs in dieser Entgeltgruppe.

13

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Der zuletzt gestellte Antrag setzt eine wirksame Herabgruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und hinsichtlich der Stufenzuordnung eine Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder voraus. Die Parteien haben mit dem Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 zwar eine solche Herabgruppierung wirksam vereinbart. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

15

I. Die Parteien vereinbarten in § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 wirksam eine Herabgruppierung von der Entgeltgruppe 14 TV-L in die Entgeltgruppe 13 TV-L. Hiervon geht nach Änderung des Klageantrags nunmehr auch die Klägerin aus.

16

1. Wegen der vereinbarten Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Regelungen bedurfte es zur Wirksamkeit einer Herabgruppierung einer Vertragsänderung.

17

a) Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 sind die angestellten Lehrkräfte in diejenige Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Auf diese Tarifvorschrift nehmen die Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in Abschnitt A Nr. 1 Bezug (zu deren Fortgeltung ab dem 1. Januar 2012 vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 TVÜ-Länder).

18

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt bei Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der übertragenen Stelle entsprechende Vergütung (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21). Dies entspricht der Gleichstellung mit den beamteten Lehrkräften. Im Grundsatz ist daher auch bei einem Absinken der Schülerzahlen unter den für die Eingruppierung maßgeblichen Schwellenwert die mit der ursprünglich übertragenen Funktion verbundene Vergütung fortzuzahlen. Eine Herabgruppierung erfordert eine Änderungsvereinbarung oder eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem für die beamteten Lehrkräfte maßgeblichen Beamtenrecht eine Tarifautomatik fremd ist (vgl. BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).

19

c) Der Klägerin wurde mit dem Änderungsvertrag vom 1. August 1997 formell die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters auf Dauer übertragen. Zudem wurde in diesem Vertrag § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in Bezug genommen und die Eingruppierung der Klägerin an beamtenrechtliche Regelungen gekoppelt. Folglich bedurfte es für eine wirksame Herabgruppierung wegen gesunkener Schülerzahlen einer Änderungsvereinbarung oder einer sozial gerechtfertigten Änderungskündigung.

20

2. In § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 haben die Parteien mit Wirkung ab dem 1. Juli 2010 ausdrücklich eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und damit ausgehend von der Entgeltgruppe 14 TV-L eine Herabgruppierung vereinbart. Auch die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag den Änderungsvertrag dahingehend verstanden, dass ab dem 1. Juli 2010 eine Änderung der Eingruppierung erfolgen soll.

21

3. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 ist nicht aufgrund der Anfechtung der Klägerin als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB). Die auf § 119 Abs. 1 BGB gestützte Anfechtungserklärung erfolgte erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 und damit nicht mehr unverzüglich iSd. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB.

22

a) Nach dieser Vorschrift muss die Anfechtung unverzüglich - dh. ohne schuldhaftes Zögern - vorgenommen werden, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Sie ist innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist zu erklären (vgl. BVerwG 10. März 2010 - 6 C 15.09 - Rn. 21; BGH 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - zu II 1 a der Gründe).

23

b) Das war hier nicht der Fall. Die Klägerin erlangte von dem Wegfall der individuellen Endstufe in Folge der neuen Eingruppierung spätestens mit Erhalt der Lohnabrechnung für den Monat August 2010 Kenntnis. Nach der aus Sicht des beklagten Landes versehentlichen Weiterzahlung der individuellen Endstufe im Juli 2010 erfolgte im August 2010 nicht nur die Reduzierung um die individuelle Endstufe, sondern auch der erste Teil der Aufrechnung wegen der Überzahlung im Vormonat. Die Klägerin konnte dies anhand der Höhe der bezahlten Beträge feststellen. Soweit sie die Anfechtung darauf gestützt hat, dass der Vertreter des beklagten Landes erstmals in der mündlichen Verhandlung am 24. März 2011 von einem vertraglich vereinbarten Wegfall der individuellen Endstufe ausging, stellt dies nicht die Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund dar. Das beklagte Land hatte bereits mit der Klageerwiderung vom 8. Februar 2011 deutlich gemacht, dass es den Wegfall der individuellen Endstufe auf die vertraglich vereinbarte Herabgruppierung mit der Folge einer Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L zurückführt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Entfall der individuellen Endstufe unmittelbar auf die vertragliche Vereinbarung oder auf die vertraglich festgelegte Herabgruppierung in Verbindung mit den tariflichen Vorgaben zur Stufenzuordnung zurückzuführen ist. Die Grundlage ist in beiden Fällen der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010. Dies ist klar erkennbar, weshalb eine entschuldbare Verzögerung der Anfechtung wegen Rechtsirrtums nicht in Betracht kommt.

24

c) Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Wirkung ihrer Anfechtungserklärung durch einen konkludent erklärten Widerruf im Rahmen der Antragsänderung beseitigen konnte oder ob die Anfechtungserklärung wegen ihrer gemäß § 142 Abs. 1 BGB rechtsgestaltenden Wirkung grundsätzlich unwiderruflich ist(vgl. MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 143 Rn. 5; BeckOK BGB/Wendtland Stand 1. Mai 2014 BGB § 143 Rn. 2; Palandt/Ellenberger BGB 73. Aufl. § 143 Rn. 2, Überbl. vor § 104 Rn. 17; zur Unwiderruflichkeit einer Gestaltungserklärung vgl. BAG 21. März 2013 - 6 AZR 618/11 - Rn. 15).

25

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

26

1. Ein solcher Anspruch lässt sich den einzelvertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht entnehmen. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 enthält ebenso wie die im Übrigen weitergeltenden Regelungen der Verträge vom 1. August 1997 und 8. Juli/1. August 1992 keine Regelungen zur Stufenzuordnung. Eine sonstige individuelle Zusage bezüglich einer (übertariflichen) Stufenzuordnung ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

27

2. Auch die durch Bezugnahme zum Vertragsinhalt gewordenen LehrerRichtlinien-O der TdL enthalten bezüglich der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L keine Regelungen zur Stufenzuordnung.

28

3. Die Stufenzuordnung richtet sich daher nach den Vorgaben der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Regelungen des TVÜ-Länder und des TV-L. Der geltend gemachte Anspruch kann aber nicht auf tarifliche Normen gestützt werden.

29

a) Der gestellte Antrag entspricht einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Diese Tarifnorm gilt ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts jedoch nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008, so dass ihre direkte Anwendung auf die zum 1. Juli 2010 erfolgte Herabgruppierung der Klägerin nicht in Betracht kommt. Davon geht auch die Revision aus.

30

b) Entgegen der Revision kann die begehrte fiktive Überleitung entsprechend § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder nicht auf § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L gestützt werden.

31

aa) Diese Regelung gilt für Herabgruppierungen nach dem 1. November 2008 (Sponer/Steinherr TV-L Stand Januar 2007 § 6 TVÜ-L zu 6.6). In einem solchen Fall ist der oder die Beschäftigte der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen.

32

bb) Für Herabgruppierungen aus einer individuellen Endstufe enthält § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L keine Regelung(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand November 2013 Teil II § 17 Rn. 63 iVm. Rn. 205a zu TVÜ-Länder Stand Dezember 2009 Teil IV/3 6.8; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 69). Der Begriff der „Stufe“ in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L kann nicht als individuelle Endstufe verstanden werden mit der Folge, dass der Beschäftigte in der niedrigeren Entgeltgruppe unverändert seiner individuellen Endstufe zugeordnet bliebe. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L und seinem systematischen Zusammenhang. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sichert die Beibehaltung der „erreichten“ Stufe. Die Verwendung dieses Begriffes entspricht § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L und macht deutlich, dass § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L die Stufenzuordnung innerhalb des Systems des TV-L regelt. Die individuelle Endstufe ist demgegenüber ein „Instrument des Überleitungstarifrechts zur Sicherung des materiellen Besitzstands von Beschäftigten“ (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61a). Sie wurde nicht nach § 16 Abs. 3 TV-L erreicht, sondern im Rahmen der Überleitung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 iVm. § 5 TVÜ-Länder gebildet. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L stellt keinen Bezug zu Überleitungsvorschriften des TVÜ-Länder her, sondern nimmt eine stufengleiche Zuordnung nach den Stufen der Entgelttabelle gemäß § 16 Abs. 3 TV-L vor.

33

cc) Dies hat zur Konsequenz, dass nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L der oder die Beschäftigte auch im Fall der Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe höchstens der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen ist(so auch Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 17 Rn. 28). Folglich kann - wie im Fall der Klägerin - eine Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe in eine niedrigere Entgeltgruppe bei einer Vergütung nach deren höchster regulärer Stufe zu einem durch die neue Stufenzuordnung verstärkten Einkommensverlust führen.

34

dd) Dem steht die von der Revision angeführte Entscheidung des Senats vom 14. April 2011 - 6 AZR 726/09 - nicht entgegen. Sie befasst sich bezogen auf den Fall einer Herabgruppierung nur mit dem Anspruch auf Strukturausgleich gemäß § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005 und dabei insbesondere mit der Stichtagsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund.

35

ee) Zur wortgleichen Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 5 TVöD-AT hat das Bundesministerium des Innern mit Rundschreiben vom 22. Juli 2010 (Az. - D 5 - 220 210 - 2/17 -) unter 3.1 festgestellt, dass Beschäftigte in einer individuellen Endstufe nach Herabgruppierung der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zugeordnet werden. Bei Herabgruppierung im Einvernehmen mit dem Beschäftigten aus einer individuellen Endstufe werde aber übertariflich eine persönliche, abbaubare Besitzstandszulage in Höhe der Differenz zwischen der individuellen Endstufe der bisherigen Entgeltgruppe und der regulären Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe gewährt. Damit wurde für die betroffenen Beschäftigten des Bundes ein übertariflicher Ausgleich geschaffen. Das beklagte Land hat eine solche Zusage nicht gegeben.

36

c) Eine ergänzende Auslegung des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L im Sinne der Revision durch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder ist dem Senat nicht möglich.

37

aa) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29 mwN; vgl. auch BVerfG 29. März 2010 - 1 BvR 1373/08 - Rn. 29, BVerfGK 17, 203 ).

38

bb) Es ist schon nicht erkennbar, ob bezüglich der Stufenzuordnung bei einer Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe eine unbewusste Regelungslücke besteht.

39

(1) In der Literatur wird angenommen, dass eine solche Lücke vorliege, weil in allen tariflichen Überleitungsregeln des TVÜ-Länder mindestens der bisherige finanzielle Besitzstand eines aus dem alten Tarifrecht übergeleiteten Beschäftigten abgesichert werde (vgl. §§ 8, 9, 11 TVÜ-Länder). Ein sachlicher Grund, warum gerade die Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe nicht mit einer Besitzstandsregelung tariflich geregelt worden ist, sei bei der Fülle der tariflichen Besitzstandsregelungen nicht zu erkennen. Die unbewusste Regelungslücke sei durch die Zahlung einer nicht dynamischen Besitzstandszulage zu schließen (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61d, 61g).

40

(2) Der Blick auf die ausgeprägte Besitzstandssicherung durch den TVÜ-Länder ist kein zwingendes Argument für die Annahme einer unbewussten Regelungslücke in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Ebenso denkbar wäre, dass die Tarifvertragsparteien des TV-L gerade keine Besitzstandssicherung vornehmen wollten. Nach dem Auslaufen der Übergangsvorschriften ist der spezifische Zweck der Absicherung der Beschäftigten anlässlich der Überleitung in den TV-L entfallen. Die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe im System des TV-L kann auch als Zäsur verstanden werden, welche bewusst zu einem Wegfall der individuellen Endstufe führen soll. § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder begründet den Anspruch auf Vergütung nach einer individuellen Endstufe nur, solange sich die Eingruppierung nicht ändert(vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Juni 2013 Teil B 3 § 6 TVÜ-Länder Rn. 28).

41

cc) Sollten die Tarifvertragsparteien für den Fall einer Herabgruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L bewusst keine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe getroffen haben, würde dies nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

42

(1) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 43; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 58). Verfassungsrechtlich erheblich ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 28). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 45; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).

43

(2) Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die Klägerin nach dem Verlust der individuellen Endstufe nunmehr im Ergebnis weniger verdient als eine Lehrerin, welche nicht als Stellvertreterin des Schulleiters fungiert und ohne Herabgruppierung unverändert nach einer individuellen Endstufe in der Entgeltgruppe 13 TV-L vergütet wird. Dies begründet aber keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Wegen der Herabgruppierung sind unterschiedliche Sachverhalte gegeben. Die Herabgruppierung stellt einen vergütungsrechtlichen Einschnitt dar, welcher das Erfordernis einer erneuten Stufenzuordnung mit sich bringt. In diesem Zusammenhang ist es grundsätzlich Aufgabe der Tarifvertragsparteien darüber zu befinden, ob der mit einer Herabgruppierung zwangsläufig zu verzeichnende Einkommensverlust durch die Stufenzuordnung teilweise kompensiert oder verstärkt wird. Durch die mit § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L vorgenommene stufengleiche Zuordnung haben sich die Tarifvertragsparteien für eine beschränkte Besitzstandswahrung bzgl. der „erreichten“ Stufe entschieden.Die finanziellen Folgen der Herabgruppierung sollen damit abgemildert werden (vgl. BVerwG 13. Oktober 2009 - 6 P 15.08 - Rn. 55). Es wäre nicht zu beanstanden, wenn die Tarifvertragsparteien keine weitere Besitzstandswahrung bezüglich einer individuellen Endstufe vornehmen wollten. Dies würde der in § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zum Ausdruck kommenden zeitlichen Begrenzung des Schutzes einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung entsprechen.

44

(3) Der Gleichheitssatz ist auch nicht verletzt, weil bei einer Höhergruppierung die Stufenzuordnung nicht stufengleich erfolgt, sondern sich gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 TV-L an der Höhe des bisherigen Entgelts orientiert(vgl. zu § 17 Abs. 4 TVöD-AT BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 18). Die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe stellt einen anderen Sachverhalt dar als die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe. Die Entgeltsicherung bei der Höhergruppierung soll den Verlust der in der niedrigeren Entgeltgruppe erreichten Stufenzuordnung und Stufenlaufzeit ausgleichen. Bei einem Einkommensverlust wäre anderenfalls die Bereitschaft geeigneter Beschäftigter, eine höher eingruppierte Tätigkeit zu übernehmen, beeinträchtigt. Die Situation ist nicht vergleichbar mit der einer ohnehin mit einer Vergütungsabsenkung behafteten Herabgruppierung.

45

dd) Der Verlust einer individuellen Endstufe würde auch unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Die individuelle Endstufe ist - wie dargelegt - ein Element der Besitzstandswahrung des Überleitungsrechts. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die vergleichbaren Überleitungsregelungen in den TVöD als angemessen und erforderlich angesehen, weil es sich dabei um Regelungen mit Übergangscharakter handelt und die Fortwirkung der wegen der Vergütung nach Lebensaltersstufen im BAT/BAT-O gegebenen Altersdiskriminierung schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung der Angestellten verschwinden werde (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 25, BAGE 140, 83; 19. Februar 2013 - 6 AZN 2338/12 - Rn. 3; EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 96, 99, Slg. 2011, I-7965; zum Besoldungsrecht EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 53 f.). Der Verlust der individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung nach dem 1. November 2008 entspricht diesem Ansatz.

46

ee) Sollte § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L eine unbewusste Regelungslücke im Hinblick auf das Schicksal einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung enthalten, könnte diese nicht - wie von der Revision angenommen - durch die analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder geschlossen werden. Eine tarifliche Regelung wäre vielmehr wegen mehrerer Möglichkeiten der Lückenschließung den Tarifvertragsparteien vorbehalten.

47

(1) Die Tarifvertragsparteien könnten den durch die Kombination von Herabgruppierung und Wegfall der individuellen Endstufe verstärkten Einkommensverlust durch die Gewährung einer Besitzstandszulage ausgleichen. In diesem Fall hätten sie darüber zu entscheiden, ob die Zulage zeitlich begrenzt werden soll. Hinsichtlich der Höhe der Zulage wäre ferner zu bedenken, ob eine Dynamisierung oder ein Abschmelzen durch Anrechnung auf Tariferhöhungen stattfinden soll.

48

(2) Denkbar wäre auch der von der Revision vorgeschlagene Weg der entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Bezogen auf den hier vorliegenden Fall der Herabgruppierung eines Mitglieds der Schulleitung wegen gesunkener Schülerzahlen läge kein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung wegen ungerechtfertigter Fortführung der Vergütungsregelungen, welche auf die diskriminierenden Lebensaltersstufen des BAT/BAT-O zurückzuführen sind, vor (vgl. zu dieser Problematik Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 70). Es würde sich um eine eigenständige Form der Besitzstandswahrung im TV-L handeln, die in keinem Zusammenhang mit dem Lebensalter steht. Maßgeblich für die Herabgruppierung als Anlass der neuen Stufenzuordnung ist letztlich die mit der Schülerzahl gesunkene dienstliche Belastung.

49

(3) Schließlich könnten sich die Tarifvertragsparteien auch erstmals bewusst gegen eine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe entscheiden. Bezüglich der Vereinbarkeit einer solchen Entscheidung mit höherrangigem Recht wird auf die vorstehenden Ausführungen Rn. 41 bis 45 verwiesen.

50

4. Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangt werden.

51

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber (vgl. nur BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 42; ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 606; Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 112 Rn. 31).

52

b) Die Klägerin hat keine Arbeitnehmer benannt, die in vergleichbarer Lage, dh. bei einer Herabgruppierung, eine Vergütung entsprechend der im Antrag vorgesehenen fiktiven Überleitung erhalten. Sie vergleicht sich vielmehr mit einer Kollegin, die keine Einkommenseinbußen in Folge einer Herabgruppierung zu verzeichnen hat und deren Vergütung seit der Überleitung hinsichtlich Eingruppierung und Stufenzuordnung unverändert blieb. Soweit die Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, dass Beschäftigte, die einer Herabgruppierung nicht zugestimmt haben, unverändert vergütet werden, hat das Landesarbeitsgericht dies nicht festgestellt. Hiergegen gerichtete Verfahrensrügen sind nicht erhoben. Dessen ungeachtet könnte dieser Vortrag keine gleichheitswidrige Benachteiligung begründen, denn solche Arbeitnehmer wären mangels Vereinbarung einer Herabgruppierung nicht in einer vergleichbaren Lage.

53

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Lorenz    

        

    M. Geyer     

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Oktober 2011 - 5 Sa 1310/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 19. April 2011 - 3 Ca 2426/10 - wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, hinsichtlich des bei der D GmbH unter der Kontonummer 183 bestehenden Investmentkontos eine nicht durch ein Absonderungsrecht belastete Massezugehörigkeit zu reklamieren oder sich eines Verwertungsrechts nach § 166 Abs. 2 InsO zu berühmen, soweit das Guthaben auf diesem Investmentkonto zur Sicherung des Altersteilzeitguthabens der Klägerin benötigt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Insolvenzsicherung eines Altersteilzeitguthabens der Klägerin.

2

Die Klägerin war bei der M GmbH zuletzt auf Basis eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell beschäftigt. Das monatliche Altersteilzeitgehalt der Klägerin lag inklusive Aufstockungsleistung bei 1.526,89 Euro.

3

Die M GmbH war eine 100%ige Tochter der S GmbH & Co. KG, die ursprünglich unter S D AG & Co. KG firmierte (im Folgenden: S). S bot einem Teil ihrer Mitarbeiter den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags an. Zur Abwicklung dieser Altersteilzeitarbeitsverträge schloss S am 10. Juni 2003 eine Rahmenvereinbarung mit den Rechtsanwälten H & Partner und der D GmbH. In dieser Rahmenvereinbarung heißt es auszugsweise wie folgt:

        

„Präambel

        

Das Unternehmen bietet einem Teil seiner Mitarbeiter einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente gem. Altersteilzeitgesetz an. Der Mitarbeiter, der am Altersteilzeit-Blockmodell teilnimmt, verzichtet in der Ansparphase auf einen Teil seiner Bezüge und erhält im Gegenzug während der Freistellungsphase sein bisheriges Gehalt weitergezahlt. Die daraus resultierenden Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens sollen durch den Erwerb von Fondsanteilen rückgedeckt werden. Die Rückdeckung erfolgt durch Eröffnung von Investmentkonten bei der D. Zur Aussonderung und Sicherstellung des Versorgungsvermögens im Sinne der U.S. Rechnungslegungsvorschriften (US-GAAP) sowie als Mittel der privatrechtlichen Insolvenzsicherung wird das Unternehmen das Fondsvermögen durch einen Treuhänder verwalten lassen. Der Treuhänder ist auf der Grundlage des Treuhandvertrags zwischen dem Unternehmen und dem Treuhänder berechtigt, im eigenen Namen und für eigene Rechnung bei der D Investmentkonten zu eröffnen.

        

…       

        

3. Depoteröffnung/Legitimation

        

Der Treuhänder eröffnet im eigenen Namen ein oder mehrere Investmentkonten. Bei der Depoteröffnung ist das Unternehmen als wirtschaftlich Berechtigter zu nennen. …

        

…       

        

5. Wertentwicklung/Aufklärung der Mitarbeiter

        

Die Wertentwicklung der im Investmentkonto erworbenen Anteile kann nicht zugesichert werden. Neben den Gewinn- und Ertragschancen beinhalten Wertpapiere stets auch Risiken. Die Wertentwicklung kann daher auch unter dem Einzahlungsbetrag liegen.

        

…       

        

10. Beteiligungsgesellschaften

        

Sofern die in der Anlage genannten Beteiligungsgesellschaften ihren Mitarbeitern ebenfalls die Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben entsprechend dem Altersteilzeitmodell gewähren wollen, wird das Unternehmen die jeweilige Beteiligungsgesellschaft verpflichten, diese Rahmenvereinbarung als für sich geltend anzuerkennen.

                 
        

Die Einrichtung und Abwicklung der für die Rückdeckung eröffneten Investmentkonten bei der D für die vorgenannten Beteiligungsgesellschaften erfolgt ebenfalls durch den Treuhänder namens und in Vollmacht des Unternehmens.

        

…       

        

11. Kündigung/Vertragsänderung

        

Dieser Vertrag kann von jedem Beteiligten mit einer Frist von einem Monat zum Quartalsende schriftlich gekündigt werden. Die Kündigung berührt den Bestand und die Verpfändung der Investmentkonten bei der D nicht. Diese werden unverändert zu den dann aktuellen Konditionen und Bedingungen weitergeführt. …“

4

Ergänzend dazu schloss S am 12. Juni 2003 einen Treuhandvertrag mit den Rechtsanwälten H & Partner (Treuhänder), mit auszugsweise folgendem Inhalt:

        

Präambel          

        

Einige der zum Konzern der S gehörenden Tochtergesellschaften bieten ihren Mitarbeitern Altersteilzeitmodelle auf Grundlage des Altersteilzeitgesetzes an. Zur Umsetzung dieser Modelle hat S den als Anlage 1 diesem Treuhandvertrag beigefügten Rahmenvertrag mit der D GmbH, F, abgeschlossen -- hiernach als der „Rahmenvertrag“ bezeichnet --, der der Insolvenzsicherung für die angesparten Arbeitszeitanteile der teilnehmenden Mitarbeiter gemäß § 7d SGB IV dient. Bestandteil dieser Insolvenzsicherung ist auch die Einschaltung des Treuhänders als Treuhänder nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Treuhandvertrages.

        

§ 1     

        

Treuhand            

        

1. Der Treuhänder wird im Rahmen des Altersteilzeitmodells von S als Treuhänder tätig und wird insbesondere die dem Treuhänder nach Maßgabe des Rahmenvertrages erwachsenden Pflichten gegenüber S erfüllen und die vom Treuhänder gemäß des Rahmenvertrages geforderten Mitwirkungshandlungen vornehmen. Im Einzelnen wird der Treuhänder

                 

a)    

die regelmäßige Zahlung der zur Absicherung des Wertguthabens der teilnehmenden Mitarbeiter erforderlichen Geldmittel durch S überwachen,

        
                 

b)    

zweimal jährlich überprüfen, ob die von S auf den jeweiligen Depots der teilnehmenden Mitarbeiter angesparten Beträge zur Sicherung des jeweiligen Wertguthabens der einzelnen Mitarbeiter ausreichen,

        
                 

c)    

die nicht mehr zur Sicherung der Wertguthaben der teilnehmenden Mitarbeiter auf den jeweiligen Depots erforderlichen Beträge an S zurückzahlen,

        
                 

d)    

jeden teilnehmenden Mitarbeiter über die Einrichtung dieser Treuhand sachlich informieren und den Mitarbeitern für Rückfragen und ergänzende Informationen zur Verfügung stehen.

        
        

2. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass der Treuhänder die für die teilnehmenden Mitarbeiter jeweils einzurichtenden Depots und Unterdepots gemäß den Bestimmungen des Rahmenvertrages im eigenen Namen einrichten und die darauf eingezahlten Beträge im eigenen Namen, aber für Rechnung von S verwahren wird. Wirtschaftlich Berechtigter der eingezahlten Beträge ist S.

        

…       

        

§ 2     

        

Insolvenzfall            

        

Wird über das Vermögen von S das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag auf Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse rechtskräftig abgewiesen - beide Fälle hiernach als „Insolvenzfall“ bezeichnet - so ist der jeweilige Mitarbeiter, für den das Depot  oder Unterdepot geführt wird, wirtschaftlich Berechtigter der vom Treuhänder auf den einzelnen Depots und Unterdepots verwahrten Gelder bis zur Höhe ihrer jeweiligen Wertguthaben. An diesen wird der Treuhänder das angesparte Guthaben im Insolvenzfalle und im Falle des Vorliegens der sonst hierfür erforderlichen, gesetzlichen Voraussetzungen nach Wahl des betreffenden Mitarbeiters auszahlen oder - soweit das Guthaben in Wertpapieren angelegt ist - diese an den betreffenden Mitarbeiter überweisen. Erfasst der Insolvenzfall nur ein zum Konzern der S gehörendes Unternehmen, so gelten die vorstehenden Bestimmungen sinngemäß für dieses Unternehmen bzw. für die Mitarbeiter dieses Unternehmens.

        

§ 3     

        

Wertpapieranlage            

        

Der Treuhänder wird gemäß den Bestimmungen des Rahmenvertrages die von S zur Sicherung der Wertguthaben der teilnehmenden Mitarbeiter erforderlichen Geldmittel in Fondsanteile der D GmbH des Typs Vermögensbildungsfond R (WKN 847652) anlegen. Wünscht S eine andere Anlageform, so ist S berechtigt, dies dem Treuhänder anzuzeigen. Der Treuhänder wird dann umgehend eine Umschichtung der Depotvermögen vornehmen sowie das laufend anzusparende Geld in den neu bestimmten Wertpapieren anlegen. Die konkrete Anlageentscheidung ist allein Sache von S. Der Treuhänder wird diese Anlageentscheidung weder überprüfen noch Empfehlungen hierzu abgeben.

        

§ 4     

        

Unterdeckung            

        

Ergeben die vom Treuhänder gemäß vorstehendem § 1 Abs. 1 b) durchgeführten Überprüfungen, dass das auf den einzelnen Depots und Unterdepots vorhandene Vermögen zur Absicherung des Wertguthabens des jeweiligen Mitarbeiters nicht mehr ausreicht, so wird der Treuhänder den Betrag der Unterdeckung S bekannt geben. S wird unverzüglich den fehlenden Betrag durch Überweisung auf das oder die betreffenden Depots oder Unterdepots nachschießen.

        

       

        

§ 7     

        

Laufzeit            

        

1. Dieser Treuhandvertrag beginnt am Tage der Unterzeichnung durch beide Vertragsparteien. Er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Jede Partei ist berechtigt, den Treuhandvertrag mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines jeden Kalenderjahres zu kündigen.

        

2. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. …“

5

Am 21. Oktober 2005 vereinbarte die Klägerin mit der M GmbH die Änderung ihres Arbeitsvertrags in einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell. Die Altersteilzeit der Klägerin begann am 1. Oktober 2005 und endete zum 30. September 2011, wobei sie sich bis zum 30. September 2008 in der Arbeitsphase und anschließend in der Freistellungsphase befand. Ziff. 13 des Altersteilzeitarbeitsvertrags lautet:

        

„Wegen der Sicherung der Ansprüche der Arbeitnehmer/innen aus diesem Tarifvertrag im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers ist unter Mitbestimmung des Betriebsrates eine betriebliche Regelung zu treffen. Für Altersteilzeitarbeitsverträge ab dem 01. Juli 2004 ist eine Insolvenzsicherung nach § 8 a AltersteilzeitG durchzuführen.“

6

Die von S geschlossene Rahmenvereinbarung und der Treuhandvertrag liegen auch dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Klägerin zugrunde. Die Insolvenzsicherung des Altersteilzeitguthabens der Klägerin wurde dementsprechend abgewickelt. Der Treuhänder eröffnete im eigenen Namen ein der Klägerin zugeordnetes Investmentkonto mit der Kontonummer 183 (Unterdepot) bei der D GmbH. Außerdem erhielt die Klägerin von ihm mit Datum vom 30. Mai 2006 ein Informationsschreiben über die erfolgte Insolvenzabsicherung ihres Altersteilzeitguthabens, in welchem es auszugsweise wie folgt heißt:

        

„…    

        

Eine dieser Sicherungsmöglichkeiten, für die sich die teilnehmenden Gesellschaften des S-Konzerns entschieden haben, besteht in der Einschaltung eines Treuhänders, der über die für Sie gebildeten Gehaltsrücklagen wacht. Mit der Funktion dieses Treuhänders sind Herr Rechtsanwalt und Notar H aus dem Büro des Unterzeichners sowie der Unterzeichner selbst beauftragt worden. Unsere Aufgabe ist es, regelmäßig zu überwachen, dass Ihr Arbeitgeber den während der Ansparphase nicht an Sie ausgezahlten Teil Ihres Lohns oder Gehalts auf einem Treuhandkonto hinterlegt. Auf dieses sind nur wir zugriffsberechtigt. Sollte es zu einer Insolvenz Ihres Arbeitgebers kommen, so sind wir Ihr Ansprechpartner. Wir sorgen dann dafür, dass der für Sie zurückgelegte Teil Ihres Lohns oder Gehalts an Sie ausbezahlt wird. …“

7

Am 1. Februar 2010 wurde aufgrund eines Antrags vom 24. November 2009 über das Vermögen der M GmbH (Schuldnerin) wie auch über das Vermögen der S und aller weiteren konzernzugehörigen Unternehmen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin wurde zum 31. Juli 2010 eingestellt. Ab August 2010 zahlte der Beklagte kein Altersteilzeitgehalt mehr an die Klägerin aus.

8

Das Guthaben auf dem der Klägerin zugeordneten Investmentkonto wurde weder an die Klägerin ausgezahlt noch vom Beklagten zur Insolvenzmasse gezogen. Der Beklagte wies außergerichtlich die Forderung der Klägerin nach Auszahlung des Kontoguthabens durch den Treuhänder zurück. Es liege keine insolvenzfeste Absicherung des Altersteilzeitguthabens vor. Das Guthaben gehöre zur Insolvenzmasse. Der Treuhänder erklärte außergerichtlich, er werde das Guthaben nach Freigabe durch den Insolvenzverwalter an die Klägerin auszahlen.

9

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die auf dem Investmentkonto zu ihren Gunsten hinterlegten Beträge nicht zur Insolvenzmasse gehören. Der Treuhandvertrag sei unter Berücksichtigung der Regelungen des Rahmenvertrags als sog. Doppeltreuhand auszulegen, die neben der Verwaltungstreuhand auch eine insolvenzfeste Sicherungstreuhand beinhalte. Deshalb stehe ihr bzw. dem Treuhänder bzgl. des ihre Ansprüche deckenden Wertguthabens ein Aussonderungsrecht zu. Sollte nur ein Recht zur Absonderung aus der Insolvenzmasse entstanden sein, dürfe der Beklagte keine Verwertung vornehmen.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass der bei der D GmbH unter der Investmentkontonummer 183 für sie durch den Treuhänder Rechtsanwälte H & Partner hinterlegte Betrag nicht zur Insolvenzmasse gehört;

        

hilfsweise

        

den Beklagten zu verurteilen, den bei der D GmbH unter der Investmentkontonummer 183 für sie durch den Treuhänder Rechtsanwälte H & Partner hinterlegten Betrag gegenüber dem Treuhänder freizugeben.

11

Nach einem Hinweis des Senats stellte die Klägerin im Revisionsverfahren den Hilfsantrag wie folgt:

        

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, hinsichtlich des bei der D GmbH unter der Kontonummer 183 bestehenden Investmentkontos eine nicht durch ein Absonderungsrecht belastete Massezugehörigkeit zu reklamieren oder sich eines Verwertungsrechts nach § 166 Abs. 2 InsO zu berühmen, soweit das Guthaben auf diesem Investmentkonto zur Sicherung des Altersteilzeitguthabens der Klägerin benötigt wird.

12

Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei den Vergütungsansprüchen der Klägerin um Insolvenzforderungen handle, die nicht insolvenzfest abgesichert seien. Der Treuhandvertrag beinhalte eine Verwaltungstreuhand, die infolge der Insolvenzeröffnung gemäß §§ 115 f. InsO erloschen sei und den Treuhänder zur Rückgabe des Treuguts in die Insolvenzmasse verpflichte. Eine darüber hinausgehende, eigenständige Vereinbarung einer Sicherungstreuhand lasse sich dem Treuhandvertrag nicht entnehmen. Zudem wäre auch eine Sicherungstreuhand mit Verfahrenseröffnung erloschen. Unbeschadet dessen begründe eine Sicherungstreuhand allenfalls ein Absonderungsrecht.

13

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist begründet. Der Hauptantrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unbegründet. Das für die Klägerin bei der D GmbH geführte Konto gehört zur Insolvenzmasse. Allerdings steht dem Treuhänder bzgl. dieses Kontos ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO zu. Der beklagte Insolvenzverwalter hat diesbezüglich kein Verwertungsrecht. Da der Beklagte eine unbelastete Massezugehörigkeit reklamiert und ein Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 2 InsO beansprucht, war entsprechend dem Hilfsantrag zu entscheiden.

15

A. Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist unbegründet. Das Guthaben auf dem der Klägerin zugeordneten Investmentkonto zur Kontonummer 183 bei der D GmbH gehört zur Insolvenzmasse (§ 35 InsO).

16

I. Das Insolvenzverfahren erfasst gemäß § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Insolvenzeröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt(Insolvenzmasse). Die Norm bestimmt den Umfang des den Gläubigern haftungsrechtlich zugewiesenen Vermögens (Eickmann in HK-InsO 6. Aufl. § 35 Rn. 1). Wer aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist gemäß § 47 Satz 1 InsO kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten (§ 47 Satz 2 InsO). Einem Aussonderungsanspruch unterfallende Gegenstände gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die Aussonderung ist vielmehr die haftungsrechtliche Trennung von der Insolvenzmasse.

17

Demgegenüber regeln die §§ 49 bis 51 InsO die Rechte von Gläubigern, die an zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenständen besondere Rechte haben. Den in § 50 InsO genannten Pfandgläubigern stehen ua. Gläubiger gleich, denen der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs eine bewegliche Sache übereignet oder ein Recht übertragen hat (§ 51 Nr. 1 InsO). Solche Gläubiger haben ein Absonderungsrecht, dh. ihnen wird ein Vorzugsrecht an Gegenständen oder Forderungen zuerkannt, die haftungsrechtlich der Masse zugeordnet sind (MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. § 47 Rn. 12). Gemäß § 50 Abs. 1 InsO erfolgt die abgesonderte Befriedigung nach Maßgabe der §§ 166 bis 173 InsO.

18

II. Im vorliegenden Fall gehört das streitbefangene Konto zur Insolvenzmasse. Selbst wenn zugunsten der Klägerin die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob das Guthaben auf dem Investmentkonto durch eine Doppeltreuhand insolvenzfest gesichert worden ist, bejaht würde, bestünde kein Aussonderungsrecht, sondern allenfalls ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO, das nicht der Klägerin, sondern dem Treuhänder zustünde. Im Rahmen der Prüfung des Hauptantrags kann deshalb dahinstehen, ob eine insolvenzfeste Doppeltreuhand vereinbart worden ist.

19

1. Das Aussonderungsrecht nach § 47 InsO betrifft in erster Linie dingliche Rechte. Ein schuldrechtlicher Anspruch kann jedoch ebenfalls zur Aussonderung berechtigen, wenn der Gegenstand, auf den er sich bezieht, nicht zur Insolvenzmasse gehört (§ 47 Satz 1 Alt. 2 InsO). Hierfür kommt es entscheidend darauf an, welchem Vermögen der umstrittene Gegenstand nach Inhalt und Zweck der gesetzlichen Regelung haftungsrechtlich zuzuordnen ist. Die Zuordnung wird in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Schuldrechtliche Ansprüche können aber bei einer den Normzweck beachtenden, wertenden Betrachtungsweise zu einer von der dinglichen Rechtslage abweichenden Vermögenszuordnung führen (BGH 10. Februar 2011 - IX ZR 73/10 - Rn. 19 mwN; vgl. auch MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. § 47 Rn. 340).

20

2. Ein solcher Fall liegt hier selbst bei Annahme einer der Absicherung der Klägerin im Insolvenzfall dienenden Doppeltreuhandkonstruktion nicht vor. Es fehlt an einer hinreichenden Zuordnung des Wertguthabens zum Vermögen des Treuhänders bzw. der Klägerin. Weder der Treuhänder noch die Klägerin können daher ein Aussonderungsrecht in Anspruch nehmen.

21

a) Der Treuhänder hat auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen kein Aussonderungsrecht bzgl. der Investmentkonten.

22

aa) Die echte Treuhand hat nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwei Komponenten: eine schuldrechtliche und eine „quasi-dingliche“. Die schuldrechtliche Komponente findet in der Treuhandabrede Niederschlag, mit der sich der Treuhänder verpflichtet, Rechte über einen bestimmten Vermögenswert zumindest auch in fremdem Interesse auszuüben, wobei Einigkeit mit dem Treugeber besteht, dass ihm dafür ein Vermögenswert rechtlich zugeordnet werden soll, der aber weiterhin wirtschaftlich dem Treugeber zuzuordnen ist. Ihm sollen Vermögensrechte übertragen werden, von denen er nur nach Maßgabe der Treuhandabrede Gebrauch machen darf (BGH 24. Juni 2003 - IX ZR 75/01 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 155, 227). Es handelt sich um eine Verwaltungstreuhand. Die dingliche Komponente besteht in der rechtlichen Umsetzung dieser schuldrechtlichen Vereinbarung, also der Verlagerung der Rechte an einem Gegenstand auf den Treuhänder und dem Anvertrauen dieses Gegenstands unter gleichzeitiger Separierung vom Vermögen des Treuhänders. Wegen der im Innenverhältnis aufgrund des Treuhandvertrags bestehenden Beschränkung der Rechtsmacht des Treuhänders ist der treuhänderisch übertragene Gegenstand jedoch sachlich und wirtschaftlich dem Vermögen des Treugebers zuzuordnen (BAG 24. September 2003 - 10 AZR 640/02 - zu II 2 c bb (1) der Gründe mwN, BAGE 108, 1). Bei Insolvenz des Treugebers fällt das Treugut daher in die Insolvenzmasse.

23

Dies gilt auch, wenn eine solche Verwaltungstreuhand um eine echte Sicherungstreuhand ergänzt wird. Zur Absicherung Dritter kann eine sog. Doppeltreuhand begründet werden, die aus einer Kombination von Verwaltungs- und Sicherungstreuhand besteht. Es entsteht ein Dreipersonenverhältnis, bei dem der Drittbegünstigte eine Forderung gegen den Sicherungsgeber hat. Zur Sicherung dieser Forderung wird einem Treuhänder ein Gegenstand übertragen, wobei der Treuhänder sowohl gegenüber dem Drittbegünstigten als auch dem Sicherungsgeber durch den Treuhandvertrag gebunden ist (vgl. Bitter FS Ganter S. 101, 107). Er ist gleichsam Sicherungsnehmer im Drittinteresse. Der Sicherungscharakter besteht dabei nicht im Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und dem Treuhänder als Rechtsinhaber, sondern zwischen dem Sicherungsgeber und dem Drittbegünstigten, dessen Forderung gesichert werden soll. Die Sicherung wird über den Treuhänder nur vermittelt. Der Drittbegünstigte ist im Unterschied zu einer typischen Sicherungstreuhand im Zwei-Personen-Verhältnis nicht formalrechtlich, wohl aber materiell Inhaber der Sicherheit (Bitter FS Ganter S. 101, 116 f.; MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. § 47 Rn. 388e). Auch der Bundesgerichtshof hat bei einer fremdnützigen oder uneigennützigen Treuhand nicht nur eine bloße Verwaltungstreuhand, sondern zugleich eine Sicherungstreuhand im Interesse eines Dritten angenommen (BGH 12. Oktober 1989 - IX ZR 184/88 - zu III der Gründe, BGHZ 109, 47).

24

Die Sicherungstreuhand ist mit der Sicherungsabrede im Rahmen der Sicherungsübereignung vergleichbar. Wie bei der Sicherungsübereignung steht dem Treuhänder bei einer Insolvenz des Treugebers kein Aussonderungsrecht, sondern lediglich ein Absonderungsrecht iSv. § 51 Nr. 1 InsO zu(vgl. MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. § 47 Rn. 381, 389; Uhlenbruck/Brinkmann 13. Aufl. § 47 InsO Rn. 37; Küppers/Louven BB 2004, 337, 343; Pechartscheck Entgeltansprüche aus Altersteilzeitarbeit in der Arbeitgeberinsolvenz S. 222 ff.; Rüger Die Doppeltreuhand zur Insolvenzsicherung von Arbeitnehmeransprüchen S. 273 ff.; differenzierend im Einzelfall BGH 12. Oktober 1989 - IX ZR 184/88 - zu III der Gründe, BGHZ 109, 47). Die Zubilligung eines Aussonderungsrechts allein aufgrund einer schuldrechtlichen Sicherungsvereinbarung stünde in einem Wertungswiderspruch zum Erfordernis des dinglichen Übertragungsakts bei Sicherungsübereignung und Sicherungszession (vgl. BGH 24. Juni 2003 - IX ZR 75/01 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 155, 227).

25

bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt dem vorliegenden Fall keine Treuhandgestaltung zugrunde, die eine von den dargestellten Grundsätzen abweichende Beurteilung bedingt. Selbst bei Annahme einer Doppeltreuhand konnte allenfalls ein Absonderungsrecht des Treuhänders entstehen.

26

(1) Bei den Erklärungen der Parteien des Treuhandvertrags vom 12. Juni 2003 wie auch der Rahmenvereinbarung vom 10. Juni 2003 handelt es sich um sog. typische Willenserklärungen, deren Auslegung durch das Berufungsgericht in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachprüfbar ist (st. Rspr., BAG 25. April 2007 - 6 AZR 622/06 - Rn. 22, BAGE 122, 197). Die Verträge waren dazu bestimmt, im Zusammenhang mit einer Vielzahl von Altersteilzeitarbeitsverträgen der S wie auch konzernzugehöriger Unternehmen zur Anwendung zu kommen (vgl. Nr. 10 der Rahmenvereinbarung).

27

(2) Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Ausgehend vom Wortlaut der Erklärung ist der objektive Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind auch der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (BAG 25. April 2007 - 6 AZR 622/06 - Rn. 22, BAGE 122, 197).

28

(3) Im vorliegenden Fall weist die Stellung des Treuhänders nach dem Treuhandvertrag und der Rahmenvereinbarung bzgl. der Vermögenszuordnung keine relevante Besonderheit auf. Gemäß § 1 Nr. 2 des Treuhandvertrags vom 12. Juni 2003 bleibt das Unternehmen wirtschaftlich Berechtigter der eingezahlten Beträge, auch wenn den Mitarbeitern konkrete Depots bzw. Unterdepots zugeordnet werden. Zwar ist noch die D GmbH als Vermögensverwalter eingeschaltet. Die D GmbH selbst übernimmt aber keine Sicherungsfunktion zugunsten der Arbeitnehmer. Diese liegt beim Treuhänder, der den Zugriff auf die Konten hat (vgl. Rüger NZI 2012, 488, 492). Es macht hinsichtlich der insolvenzrechtlichen Vermögenszuordnung keinen Unterschied, ob der Treuhänder die ihm anvertrauten Gelder selbst verwaltet oder diesbezüglich ein Dritter beauftragt ist.

29

b) Auch der Klägerin steht kein Aussonderungsrecht zu. Gemäß § 2 des Treuhandvertrags wird im Insolvenzfall der Mitarbeiter zum wirtschaftlich Berechtigten bzgl. der vom Treuhänder verwahrten Gelder und erhält dann einen Auszahlungsanspruch gegenüber dem Treuhänder. Selbst im Insolvenzfall hat die Klägerin somit nur einen schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch gegenüber dem Treuhänder, nicht aber ein dingliches oder persönliches Recht am Wertguthaben des Investmentkontos. Unverändert hat nur der Treuhänder Zugriff auf das Depot.

30

B. Der Beklagte hat es zu unterlassen, hinsichtlich des bei der D GmbH unter der Kontonummer 183 bestehenden Investmentkontos eine nicht durch ein Absonderungsrecht belastete Massezugehörigkeit zu reklamieren oder sich eines Verwertungsrechts nach § 166 Abs. 2 InsO zu berühmen, soweit das Guthaben auf diesem Investmentkonto zur Sicherung des Altersteilzeitguthabens der Klägerin benötigt wird. Mit diesem Inhalt ist der Hilfsantrag begründet.

31

I. Der Hilfsantrag bedurfte der Auslegung. In der im Revisionsverfahren zuletzt gestellten Fassung ist er zulässig.

32

1. Gerichte haben Prozessanträge soweit als möglich rechtsschutzgewährend auszulegen (zum Begriff der rechtsschutzgewährenden Auslegung siehe BFH 17. Januar 2002 - VI B 114/01 - zu II 4 e der Gründe, BFHE 198, 1). Bei der Auslegung von Prozesshandlungen ist davon auszugehen, dass die Vorschriften des Verfahrensrechts nicht Selbstzweck sind. Auch bei der Auslegung von Anträgen ist zwar zunächst auf deren Wortlaut abzustellen. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen darf eine Partei jedoch nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Wortwahl festgehalten werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 595/09 - Rn. 12 mwN). Dabei sind allerdings auch die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZN 753/09 - Rn. 12, BAGE 133, 28).

33

2. Nach ihrem gesamten Vorbringen will die Klägerin erreichen, dass der Treuhänder das Wertguthaben des Investmentkontos aufgrund ihres in § 2 des Treuhandvertrags geregelten Zahlungsanspruchs an sie auszahlt. Da der Treuhänder außergerichtlich auf eine durch den Beklagten verweigerte „Freigabe“ des Guthabens verwiesen hat, möchte sie diese „Freigabe“ gerichtlich durchsetzen.

34

3. Diesem Prozessziel entsprach der ursprünglich formulierte Hilfsantrag nicht. Er ist entsprechend der Erklärung des Treuhänders auf „Freigabe“ gegenüber dem Treuhänder gerichtet. Dessen ungeachtet verwendet er eine unzutreffende Bezeichnung. Eine („echte“) Freigabe liegt vor, wenn der Insolvenzverwalter einen massezugehörigen Gegenstand an den Schuldner herausgibt und diesem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis daran wieder verschaffen will (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 44, 46). Wird ein nicht zur Masse gehörender Gegenstand vom Insolvenzverwalter an den Aussonderungsberechtigten herausgegeben, spricht man von einer „unechten“ bzw. „deklaratorischen“ Freigabe (Eickmann in HK-InsO 6. Aufl. § 35 Rn. 48). Schließlich liegt eine „modifizierte“ Freigabe vor, wenn der Insolvenzverwalter den Schuldner ermächtigt, ein massezugehöriges Recht im eigenen Namen geltend zu machen, ihn aber zugleich verpflichtet, den erzielten Erlös an die Masse abzuführen (Eickmann aaO Rn. 49; vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 556/11 - Rn. 47). Keiner dieser Fälle wird von der Klägerin zur Begründung des Hilfsantrags geltend gemacht.

35

4. Der Antrag zielt vielmehr darauf ab, dass der Beklagte es unterlassen soll, eine nicht durch ein Absonderungsrecht belastete Massezugehörigkeit zu reklamieren oder sich eines Verwertungsrechts nach § 166 Abs. 2 InsO zu berühmen. Dies entspricht dem Klageziel. Die Klägerin will die „Blockade“ durch den Beklagten beseitigen. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für das Unterlassungsbegehren ergibt sich daraus, dass der Beklagte das Guthaben für die Masse in Anspruch nimmt bzw. ein eigenes Verwertungsrecht reklamiert, das wegen der nach § 170 InsO anfallenden Kosten zu einer Schmälerung des Guthabens führen würde.

36

5. Nach einem Hinweis des Senats hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat den Antrag klarstellend neu formuliert. Schutzwürdige Belange des Beklagten werden hierdurch nicht verletzt, weil seine rechtlichen Argumente gewürdigt werden, seine Möglichkeit der Rechtsverteidigung nicht eingeschränkt und kein Vertrauen in bereits erreichte Prozesserfolge verletzt wird.

37

II. Der Hilfsantrag ist begründet. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin zur Verwirklichung der Insolvenzsicherung zu. Der Beklagte reklamiert bzgl. des streitbefangenen Investmentkontos zu Unrecht eine nicht durch ein Absonderungsrecht belastete Massezugehörigkeit und ein Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 2 InsO, soweit das Guthaben auf diesem Investmentkonto zur Sicherung des Altersteilzeitguthabens der Klägerin benötigt wird. Dem Treuhänder steht insoweit ein Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO und ein Verwertungsrecht gemäß § 173 Abs. 1 InsO zu.

38

1. Die Klägerin kann die begehrte Unterlassung gemäß § 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB verlangen.

39

a) In der Insolvenz des Arbeitgebers tritt der Insolvenzverwalter in die Arbeitgeberstellung ein und übt für die Dauer des Insolvenzverfahrens statt des Vertragsarbeitgebers die Funktion des Arbeitgebers aus. Er ist solange Arbeitgeber kraft Amtes (GmS-OGB 27. September 2010 - GmS-OGB 1/09 - Rn. 18, BGHZ 187, 105). Folglich trägt er auch die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (vgl. BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, BAGE 132, 72). Der Arbeitgeber ist zwar nicht allgemein verpflichtet, den Arbeitnehmer vor Vermögensnachteilen zu bewahren (DFL/Kamanabrou 5. Aufl. § 611 BGB Rn. 331; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 1003). Zu den Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB gehört jedoch auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Seiten die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 98/11 - Rn. 50; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26, BAGE 134, 296). Diese Pflicht kann abhängig von ihrem Inhalt auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehen (vgl. zB BAG 21. November 2000 - 3 AZR 415/99 - zu II 1 der Gründe, BAGE 96, 257).

40

b) Der hier streitige Unterlassungsanspruch bezieht sich auf die Verpflichtung, die Durchführung der in Ziff. 13 Satz 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vereinbarten Insolvenzsicherung zu ermöglichen. Diese vertragliche Arbeitgeberpflicht steht nicht im Widerspruch zu den Pflichten des Beklagten als Insolvenzverwalter. Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter nämlich nach Maßgabe der §§ 165 ff. InsO gegenüber den Absonderungsberechtigten zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung verpflichtet. Er hat für die Berücksichtigung etwaiger Absonderungsrechte einzustehen (vgl. Lohmann in HK-InsO 6. Aufl. § 60 Rn. 23). Demgegenüber behindert der Beklagte hier die vereinbarte Insolvenzsicherung, indem er faktisch die Auszahlung durch den Treuhänder blockiert. Ungeachtet der zwischenzeitlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat er dies zu unterlassen. Anderenfalls könnte der Vertragszweck nicht verwirklicht werden.

41

Da die vom Beklagten zu vertretende Pflichtverletzung noch andauert und noch kein irreparabler Schaden vorliegt, kann die Klägerin aus § 280 Abs. 1 BGB einen Unterlassungsanspruch ableiten(vgl. BGH 5. Juni 2012 - X ZR 161/11 - Rn. 15; 11. September 2008 - I ZR 74/06 - Rn. 17 mwN, BGHZ 178, 63).

42

2. Dem Treuhänder steht in Höhe der Sicherung des Altersteilzeitguthabens der Klägerin ein Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO an dem Guthaben auf dem Investmentkonto zu. Durch die Rahmenvereinbarung und den Treuhandvertrag ist eine Doppeltreuhand begründet worden. Die dabei begründete Sicherungstreuhand, die der Treuhänder zwischen der Schuldnerin und der Klägerin vermittelt, ist nicht nach §§ 115, 116 InsO erloschen und unterfällt nicht der Insolvenzanfechtung. Sie begründet nach den bereits dargestellten Grundsätzen das Absonderungsrecht.

43

a) Gemäß § 115 Abs. 1 InsO erlischt ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Einer besonderen Erklärung des Insolvenzverwalters bedarf es nicht (Pöhlmann in Graf-Schlicker InsO 3. Aufl. § 115 Rn. 6). Hat sich jemand durch einen Dienst- oder Werkvertrag mit dem Schuldner verpflichtet, ein Geschäft für diesen zu besorgen, so gilt § 115 InsO entsprechend(§ 116 Abs. 1 InsO).

44

b) Die dem Treuhänder durch die Schuldnerin übertragene Verwaltungstreuhand ist gemäß § 116 Abs. 1 InsO iVm. § 115 Abs. 1 InsO erloschen(vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 74/11 - Rn. 12, BGHZ 193, 129).

45

Die Schuldnerin hat mit dem Treuhänder durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung und des Treuhandvertrags eine echte Treuhand vereinbart. Es handelt sich um eine fremdnützige Treuhand, weil der Treuhänder keine eigenen Sicherungszwecke verfolgt. Der Treuhänder ist nach den §§ 1, 3, 4 des Treuhandvertrags verpflichtet, die ihm zur Sicherung der Altersteilzeitguthaben übertragenen Geldmittel nach Weisung des Unternehmens in bestimmte Fondsanteile der D GmbH anzulegen, die Depots zu verwalten, für die Sicherung der Altersteilzeitguthaben nicht benötigte Überschüsse auszukehren und in Fällen der Unterdeckung über den nachzuschießenden Betrag zu informieren. Wegen dieser Verpflichtungen liegt eine sog. Verwaltungstreuhand im Verhältnis zwischen der Schuldnerin und dem Treuhänder vor. Diese stellt eine entgeltliche Geschäftsbesorgung gemäß § 675 BGB dar. Nach § 116 Abs. 1 InsO iVm. § 115 Abs. 1 InsO ist sie mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen.

46

Ob daneben noch eine weitere Verwaltungstreuhand zwischen dem Treuhänder und der Klägerin als Drittbegünstigte begründet wurde (vgl. Bitter FS Ganter S. 101, 116; MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. § 47 Rn. 388e), kann vorliegend dahinstehen.

47

c) Unabhängig von dem rechtlichen Schicksal der Verwaltungstreuhand besteht die eigenständig zugunsten der Klägerin begründete Sicherungstreuhand fort. Die §§ 115, 116 InsO sind auf sie nicht anwendbar.

48

aa) Bei der doppelseitigen Treuhand handelt es sich nicht um einen zusammengesetzten Vertrag, der für die rechtliche Beurteilung eine Einheit bildet (vgl. Wiezer Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten S. 161). Verwaltungstreuhand und Sicherungstreuhand sind selbstständige Rechtsgeschäfte. Die Sicherungstreuhand ist nicht als Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren. Wie die Sicherungsabrede bei der Sicherungsübereignung ist die Sicherungstreuhand vielmehr ein Vertrag sui generis (vgl. Pechartscheck Entgeltansprüche aus Altersteilzeitarbeit in der Arbeitgeberinsolvenz S. 201, 217; Hirschberger Die Doppeltreuhand in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung S. 17 ff.). Als solcher fällt die Sicherungstreuhand nicht in den Anwendungsbereich der §§ 115 f. InsO und bleibt vom Erlöschen der Verwaltungstreuhand unberührt (im Ergebnis ebenso, wenngleich mit teilweise abweichender Begründung: Rößler BB 2010, 1405, 1411 f.; Passarge NZI 2006, 20, 23; Küppers/Louven BB 2004, 337, 343; Fischer/Thoms-Meyer DB 2000, 1861, 1863; Bode/Bergt/Obenberger DB 2000, 1864, 1866; Bork NZI 1999, 337, 341; Hirschberger aaO S. 38; Pechartscheck aaO S. 201, 207; MünchKomm InsO/Ganter 3. Aufl. § 47 Rn. 389; Rüger NZI 2012, 488, 491; aA MünchKommInsO/Ott/Vuia 2. Aufl. § 116 Rn. 25; Wiezer aaO S. 158 ff.).

49

Der Schutzzweck der §§ 115 f. InsO wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die §§ 115 f. InsO wollen sicherstellen, dass die Verwaltung der Insolvenzmasse nicht durch Dritte ausgeübt werden kann. Der Aufgabenbereich des Insolvenzverwalters soll gegenüber massebezogenen Verwaltungshandlungen Dritter abgeschirmt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 151). Dieser Normzweck trifft allein auf die Verwaltungstreuhand zu. Die im Drittverhältnis wirkende Sicherungstreuhand dient allein dem Schutz der Begünstigten gegen einen Forderungsausfall. Durch den weiteren Bestand der Sicherungstreuhand wird nicht in das Verwaltungshandeln des Insolvenzverwalters eingegriffen. Denn der Sicherungsnehmer darf die versprochene Sicherheit nur zu einem bestimmten Zweck und nur in einem bestimmten Umfang nutzen (vgl. Rüger Die Doppeltreuhand zur Insolvenzsicherung von Arbeitnehmeransprüchen S. 255).

50

Im Übrigen soll eine Doppeltreuhandkonstruktion nach dem Willen des Gesetzgebers zur Insolvenzsicherung von Altersteilzeitguthaben geeignet sein. In der Gesetzesbegründung zu § 8a AltTZG wird die Doppeltreuhand ausdrücklich als geeignetes Modell hierfür erwähnt(BT-Drucks. 15/1515 S. 134). Diese Sicherung könnte nicht erreicht werden, wenn die Sicherungstreuhand gemäß § 115 Abs. 1 InsO gerade im Sicherungsfall der Insolvenz erlischt. Die vereinbarte Sicherung bindet auch den Insolvenzverwalter und kann von ihm nur bei Vorliegen der Voraussetzungen durch eine Insolvenzanfechtung rückgängig gemacht werden.

51

bb) Im vorliegenden Fall wurde im Treuhandvertrag vom 12. Juni 2003 eine insolvenzfeste Sicherungstreuhand vereinbart. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

52

(1) In § 2 des Treuhandvertrags ist für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers vorgesehen, dass die Mitarbeiter bis zur Höhe ihrer jeweiligen Wertguthaben wirtschaftlich Berechtigte der auf den einzelnen Depots und Unterdepots verwahrten Gelder, dh. des Treuguts, werden und das Guthaben vom Treuhänder ausgezahlt bzw. überwiesen erhalten. Die damit begründete Sicherungstreuhand hat eine eigenständige und klar von der Verwaltungstreuhand abgrenzbare Ausgestaltung erfahren. Den Arbeitnehmern wird für den Insolvenzfall ein eigener Zahlungsanspruch gegen den Treuhänder eingeräumt. Die Sicherungstreuhand stellt sich deshalb als echter Vertrag zugunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB dar.

53

Die Regelung in § 2 des Treuhandvertrags entspricht dem vertraglichen Zweck der Insolvenzsicherung. Dieser kommt in § 1 Buchst. a und b des Treuhandvertrags zum Ausdruck. Danach obliegt es dem Treuhänder, den regelmäßigen Geldfluss auf das Investmentkonto und die Deckung der angesparten Altersteilzeitguthaben durch den Wert der angesparten Beträge zu überwachen. Dies dient ebenso der Absicherung der Altersteilzeitguthaben wie die in § 4 des Treuhandvertrags enthaltene Verpflichtung des Treuhänders, bei einer Unterdeckung der angesparten Altersteilzeitguthaben den Arbeitgeber über den nachzuschießenden Betrag zu informieren. Ob diese Regelungen angesichts der Wertschwankungen des Depots den gesetzlichen Anforderungen einer Insolvenzsicherung genügen, bedarf hier keiner Entscheidung.

54

Die beabsichtigte Insolvenzsicherung ergibt sich zudem aus der Präambel des Treuhandvertrags. Diese definiert unter Bezugnahme auf die Rahmenvereinbarung die Insolvenzsicherung „für die angesparten Arbeitszeitanteile“ nach § 7d SGB IV als die mit dem Treuhandvertrag verfolgte Zielsetzung. Damit beziehen sich die Parteien des Treuhandvertrags auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebende gesetzliche Regelung zur Insolvenzsicherung für Altersteilzeitguthaben. Die Vorschrift wurde für den Bereich der Altersteilzeit erst mit Wirkung zum 1. Juli 2004 von § 8a AltTZG abgelöst.

55

(2) Das in § 7 des Treuhandvertrags vorgesehene Kündigungsrecht steht der wirksamen Begründung einer Sicherungstreuhand nicht entgegen. Selbst bei einer Kündigung durch die Schuldnerin wäre die zugunsten der Klägerin gemäß § 328 Abs. 1 BGB vereinbarte Sicherung nicht entfallen. Dies ergibt eine Auslegung des Treuhandvertrags iVm. der Rahmenvereinbarung.

56

(a) Bei Kündigung des Treuhandvertrags entfallen dessen Rechtswirkungen für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist. § 328 Abs. 2 BGB sichert die drittbegünstigten Mitarbeiter nicht vor einem Erlöschen des Treuhandverhältnisses. Das Kündigungsrecht stellt eine Vereinbarung der Vertragsschließenden zur Aufhebung oder Abänderung von Rechten des begünstigten Dritten dar.

57

(b) Der Treuhandvertrag trifft aber für den Fall seiner Kündigung keine Regelung zum Schicksal der für die Mitarbeiter bereits eingerichteten Investmentkonten. In Betracht kommt eine Rückgabeverpflichtung des Treuguts an die Schuldnerin gemäß §§ 675, 667 BGB. Eine solche Rückgabeverpflichtung stünde aber im Widerspruch zu den Vorgaben der Rahmenvereinbarung. Die Bestellung des Treuhänders nach Maßgabe des Treuhandvertrags ist ausweislich der Präambel des Treuhandvertrags Bestandteil der durch die Rahmenvereinbarung bezweckten Insolvenzsicherung. Treuhandvertrag und Rahmenvereinbarung sind aufeinander abgestimmte Regelwerke. Eine Kündigung des Treuhandvertrags würde die Rahmenvereinbarung nicht entfallen lassen. Die Rückgabe des Treuguts würde die nach der Rahmenvereinbarung vorgesehene Insolvenzsicherung unterlaufen. Zudem stünde eine Rückgabeverpflichtung im Widerspruch zu Nr. 11 der Rahmenvereinbarung, wonach die Kündigung der Rahmenvereinbarung den Bestand der Investmentkonten nicht berührt. Bei Kündigung des Treuhandvertrags wären die Konten daher ebenso wie bei einer Kündigung der Rahmenvereinbarung zu den aktuellen Konditionen weiterzuführen. Dies gilt jedenfalls, solange der Arbeitgeber entsprechend seiner arbeitsvertraglichen (hier § 13 des Altersteilzeitarbeitsvertrags) und gesetzlichen Verpflichtung keine anderweitige Sicherung vornimmt. Dies kommt in Nr. 11 der Rahmenvereinbarung zum Ausdruck.

58

(3) Auch die in der Rahmenvereinbarung vorgesehene, dann aber nicht durchgeführte, Verpfändung des Investmentfondsguthabens an die Klägerin ändert nichts an vorstehender Auslegung des Treuhandvertrags. Durch eine Verpfändung des Guthabens hätte die Klägerin neben dem schuldrechtlichen Zahlungsanspruch gegen den Treuhänder ein eigenes Absonderungsrecht am Treugut erworben. Diese unterbliebene zusätzliche Absicherung der Klägerin schränkt aber nicht ihr schuldrechtliches Forderungsrecht aus § 2 des Treuhandvertrags ein.

59

d) Die Vereinbarung der Sicherungstreuhand unterfällt nicht der Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO.

60

aa) Der Beklagte hat die Anfechtung nicht ausdrücklich erklärt. Einer solchen Erklärung bedarf es jedoch nicht. Die Anfechtungsabsicht muss zwar erkennbar sein. Für die Ausübung des Anfechtungsrechts genügt aber jede erkennbare - auch konkludente - Willensäußerung, dass der Insolvenzverwalter eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz nicht hinnehme, sondern zur Masseanreicherung wenigstens wertmäßig auf Kosten des Anfechtungsgegners wieder auszugleichen suche (vgl. BGH 21. Februar 2008 - IX ZR 209/06 - Rn. 11 mwN). Einen solchen Willen hat der Beklagte sowohl gegenüber dem Treuhänder als auch gegenüber der Klägerin erkennen lassen.

61

bb) Die Insolvenzsicherung von Altersteilzeitguthaben gemäß § 8a AltTZG unterfällt den Vorschriften der Insolvenzanfechtung. Der Gesetzgeber hat keine auf Arbeitnehmer mit Wertguthaben bezogenen Anfechtungsschranken in §§ 129 ff. InsO normiert (BAG 15. Januar 2013 - 9 AZR 448/11 - Rn. 15). Bei Einschaltung eines Treuhänders hat der Bundesgerichtshof neben der Deckungsanfechtung gegen den Insolvenzgläubiger die Vorsatzanfechtung gegen einen uneigennützigen Verwaltungstreuhänder grundsätzlich zugelassen (BGH 26. April 2012 - IX ZR 74/11 - Rn. 14 ff., BGHZ 193, 129).

62

cc) Im vorliegenden Fall liegen die Anfechtungsvoraussetzungen bzgl. der in § 2 des Treuhandvertrags vereinbarten Sicherungstreuhand jedoch nicht vor.

63

(1) Eine Anfechtung der gewährten Sicherheit nach §§ 130, 131, 132 InsO scheidet unter den zeitlichen Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände aus, denn die Absicherung des Altersteilzeitguthabens der Klägerin mittels der Doppeltreuhand erfolgte mehr als drei Monate vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung vom 24. November 2009 (§§ 140 Abs. 1, Abs. 3 InsO). Maßgebliche Rechtshandlung bei mehraktigen Rechtsgeschäften ist der letzte Teilakt im Rahmen der Vermögensverschiebung (vgl. Braun/Riggert InsO 5. Aufl. § 140 Rn. 3). Dies ist bei der Sicherungsgewährung im Rahmen einer Doppeltreuhand die Vermögensübertragung auf den Treuhänder. Sie wurde in Bezug auf die Klägerin letztmalig mit dem Ende der Arbeitsphase am 30. September 2008 vorgenommen.

64

(2) Auch die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO sind nicht erfüllt. Ein Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung ist nicht erkennbar. Der Treuhandvertrag wurde weit vor der Krise und vor dem Entstehen der zu sichernden Vergütungsansprüche geschlossen. Er diente ebenso wie die Rahmenvereinbarung dem Ziel der gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzsicherung. Auch der Beklagte hat nicht behauptet, dass die Schuldnerin bei Abschluss der Verträge von einer künftigen Gläubigerbenachteiligung wusste oder sie für möglich halten musste.

65

(3) Auch eine Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO scheidet aus. Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit ist nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar (so zu einer nachträglichen Bestellung BGH 18. März 2010 - IX ZR 57/09 - Rn. 10). Die bloße Sicherung ist nicht in weiter gehendem Umfang anfechtbar als die Erfüllung selbst (Huber in Graf-Schlicker InsO 3. Aufl. § 134 Rn. 18). Vorliegend hat die Schuldnerin nur ihre Entgeltzahlungspflicht gegenüber der Klägerin abgesichert. Die Klägerin hat hierfür ihre Arbeitsleistung erbracht.

66

e) Die Bejahung eines Absonderungsrechts verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Der Gesetzgeber hat dem Arbeitgeber durch § 8a AltTZG eine Pflicht zur Insolvenzsicherung auferlegt. Dies impliziert, dass Guthaben, die wie vorliegend insolvenzfest gesichert sind, der Insolvenzmasse nicht zugutekommen.

67

3. Der Treuhänder ist nach § 173 Abs. 1 InsO zur Verwertung der Fondsanteile zugunsten der Klägerin berechtigt. Das vom Beklagten in Anspruch genommene Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 2 InsO besteht nicht.

68

a) Den nach §§ 49 ff. InsO Absonderungsberechtigten wird ein Vorzugsrecht an Gegenständen oder Forderungen zuerkannt, die haftungsrechtlich der Masse zugeordnet sind. Dem absonderungsberechtigten Gläubiger steht der Erlös aus der Verwertung des abgesonderten Gegenstands bis zur völligen Höhe seines Anspruchs zu. Ein etwaiger Mehrerlös gebührt der Masse. Mit einem nicht befriedigten Teil der Forderung nimmt der absonderungsberechtigte Gläubiger am Insolvenzverfahren teil (vgl. MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. Vor §§ 49 bis 52 Rn. 1).

69

b) Bewegliche Sachen, an denen ein Absonderungsrecht besteht, darf der Insolvenzverwalter gemäß § 166 Abs. 1 InsO freihändig verwerten, wenn er sie in seinem Besitz hat. Forderungen, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, darf der Insolvenzverwalter gemäß § 166 Abs. 2 InsO einziehen oder in anderer Weise verwerten. Aus keiner dieser beiden Vorschriften kann der Beklagte ein Verwertungsrecht herleiten.

70

aa) Handelte es sich bei den Fondsanteilen um bewegliche Sachen iSd. § 166 Abs. 1 InsO(so Rüger Die Doppeltreuhand zur Insolvenzsicherung von Arbeitnehmeransprüchen S. 278; Wiezer Insolvenzsicherung von Arbeitszeitkonten S. 152), scheiterte ein Verwertungsrecht des Beklagten an seinem fehlenden Besitz.

71

bb) Entgegen der Annahme des Beklagten ist auch § 166 Abs. 2 InsO nicht einschlägig. Die Fondsanteile auf dem für die Klägerin angelegten Konto sind keine „Forderung“ iSd. § 166 Abs. 2 InsO. § 166 Abs. 2 InsO beschränkt das Verwertungsrecht des Verwalters auf die Sicherungsabtretung(Landfermann in HK-InsO 6. Aufl. § 166 Rn. 24). Diese Vorschrift erfasst sämtliche zur Sicherheit abgetretenen Forderungen ohne Rücksicht darauf, ob und zu welchem Zeitpunkt die Abtretung angezeigt worden ist (BGH 11. Juli 2002 - IX ZR 262/01 - zu II 1 der Gründe). Auf die treuhänderisch angelegten Fondsanteile findet sie dagegen keine Anwendung. Das folgt nicht nur aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, sondern auch aus deren Entstehungsgeschichte und Zweck.

72

(1) § 166 Abs. 2 InsO soll nach dem Willen des Gesetzgebers Rechte, an denen Absonderungsrechte bestehen, nur insoweit einem Verwertungsrecht des Verwalters unterstellen, als es sich um Forderungen handelt, die zur Sicherung abgetreten worden sind(BT-Drucks. 12/2443 S. 178). § 173 Abs. 1 InsO soll klarstellen, dass außerhalb des Bereichs, in dem nach den §§ 165 bis 172 InsO ein Verwertungsrecht des Verwalters besteht, der Gläubiger zur Verwertung berechtigt ist(BT-Drucks. 12/2443 S. 183 zu § 200 InsO des RegE). Insoweit ist § 173 InsO als Auffangtatbestand konzipiert. Das ist durch die ursprünglich beabsichtigte Fassung „Soweit der Insolvenzverwalter nicht zur Verwertung … eines Rechts berechtigt ist“ (Fassung des § 200 InsO im RegE, BT-Drucks. 12/2443 S. 41) klarer als in der Gesetz gewordenen Fassung, in der es statt „Recht“ „Forderung“ heißt, zum Ausdruck gebracht worden. An der gesetzgeberischen Intention hat sich durch diese Änderung, die nur zur Anpassung an die Formulierung des § 191 Abs. 2 InsO des Regierungsentwurfs erfolgt ist(BT-Drucks. 12/7302 S. 178), nichts geändert (Bork NZI 1999, 337, 342).

73

(2) Das Verwertungsrecht des Verwalters gemäß § 166 Abs. 2 InsO ist aus Zweckmäßigkeitsgründen geschaffen worden. Der Gesetzgeber hat angenommen, der Zessionar verfüge regelmäßig nicht über die erforderlichen Unterlagen, um ohne Mithilfe des Verwalters die Forderung einzuziehen (BT-Drucks. 12/2443 S. 178). Diese ratio legis trifft auf die vorliegende treuhänderische Verwaltung von Fondsanteilen nicht zu. Der Treuhänder ist ohne Weiteres zu deren Verwertung in der Lage (vgl. allgemein Bork NZI 1999, 337, 342).

74

(3) Soweit Ganter ausführt, der Treuhänder erfülle seine Pflicht aus der nicht erloschenen, von ihm vermittelten Sicherungstreuhand gegenüber dem Dritten dadurch, dass er das Treugut dem Insolvenzverwalter überlasse, damit dieser daraus den Dritten befriedige (MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. § 47 Rn. 389), berücksichtigt er nicht, dass gemäß § 173 InsO ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters positiv geregelt sein müsste. Weder aus §§ 165 ff. InsO noch aus der hier getroffenen Sicherungstreuhandabrede lässt sich jedoch eine solche Regelung zugunsten des Insolvenzverwalters entnehmen.

75

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, weil bei wirtschaftlicher Betrachtung die Klägerin praktisch voll obsiegt hat.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Kammann    

        

    Kreis    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 36/05 Verkündet am:
25. April 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 249 Bb., 254 Cb
Auch bei nur anteiliger Schadensverursachung haftet der Schädiger für den
Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte die Kaskoversicherung
in Anspruch nimmt.
BGH, Versäumnisurteil vom 25. April 2006 - VI ZR 36/05 - LG Berlin
AG Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 58 des Landgerichts Berlin vom 17. Januar 2005 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Mitte - 106 C 3486/03 - vom 7. Oktober 2004 im Kostenausspruch und insoweit abgeändert, als die Klage abgewiesen worden ist. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 50 % sämtliche Schäden zu ersetzen , die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung bei der IDUNA Versicherung AG aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 23. November 2002 entstanden sind und entstehen werden. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Eigentümerin eines PKW, der am 23. November 2002 in einen Verkehrsunfall mit einem bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversicherten und von der Beklagten zu 2 geführten PKW verwickelt worden ist. Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu einer Quote von 50 % ist dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner zu 50 % für sämtliche Schäden, die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung zur Schadensregulierung resultieren.
2
Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei den bei der Klägerin durch die Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung eingetretenen Prämiennachteilen nicht um einen adäquat kausalen Schaden des streitgegenständlichen Unfallereignisses, für welche die Beklagten eine (anteilige) Haftung treffe. Ausschlaggebend für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung durch den Geschädigten sei im Falle seiner anteiligen Mithaftung nicht die Regulierung der durch den Schädiger verursachten Schäden, sondern der Ausgleich der vom Geschädigten selbst zu tragenden Schäden. Auf dieser Grund- lage träten die Prämiennachteile bereits ihrem gesamten Umfang nach ein (so auch AG Altenkirchen VersR 2002, 116).

II.

4
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
5
1. Da die Beklagten und Revisionsbeklagten in der Revisionsverhandlung trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten waren, ist über die Revision der Klägerin antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81; BGH, Urteil vom 18. November 1998 - VIII ZR 344/97 - NJW 1999, 647, 648).
6
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin die beantragte Feststellung verlangen.
7
a) Sie kann ihren Anspruch insgesamt im Wege der Feststellungsklage geltend machen. Das hierfür erforderliche und von Amts wegen zu prüfende Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist für den künftigen Schaden jedenfalls zu bejahen, weil noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen der Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 140/91 - VersR 1992, 244). Soweit der Antrag der Klägerin den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung betrifft, könnte die Klägerin den Schaden zwar beziffern. Doch ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig , weil sich der Schaden noch in der Fortentwicklung befindet (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89 - VersR 1991, 788 f.).
8
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Rückstufungsschaden in der Vollkaskoversicherung trotz des anteiligen Mitverschuldens des Geschädigten eine adäquate Folge des Unfalls.
9
aa) Anders als beim Verlust des Schadensfreiheitsrabattes in der Haftpflichtversicherung , bei dem es sich lediglich um einen allgemeinen Vermögensnachteil in der Form des Sachfolgeschadens handelt (BGHZ 66, 398, 400 m.w.N.; vgl. BVerwGE 95, 98, 101; BAG NJW 1993, 1028), ist die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung für den Geschädigten eine Folge seines unfallbedingten Fahrzeugschadens (Senatsurteil BGHZ 44, 382, 387; ebenso BGH, Urteil vom 14. Juni 1976 - III ZR 35/74 - VersR 1976, 1066, 1067, insoweit in BGHZ 66, 398 nicht abgedruckt; BVerwGE 95, 98, 102 f.; vgl. zur Gebäudekaskoversicherung Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - VersR 2005, 558, 559). Für den Fall der vollen Haftung des Schädigers stellt dies auch das Berufungsgericht nicht in Frage.
10
bb) Doch liegt der Auffassung des Berufungsgerichts, dass im Falle anteiliger Mithaftung des Geschädigten der Prämienschaden allein infolge der Regulierung der durch den Geschädigten selbst zu tragenden Schäden eintrete, ein rechtsfehlerhaftes Verständnis des Ursachenzusammenhangs im Haftungsrecht zugrunde. Es kommt nicht darauf an, ob ein Ereignis die "ausschließliche" oder "alleinige" Ursache des Schadens ist; auch eine Mitursächlichkeit, sei sie auch nur "Auslöser" neben erheblichen anderen Umständen, steht einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich (vgl. Senatsurteile vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04 - VersR 2005, 945, 946; vom 20. November 2001 - VI ZR 77/00 - VersR 2002, 200, 201; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282, 1283 und vom 26. Januar 1999 - VI ZR 374/97 - VersR 1999, 862). Auch bei anteiliger Schadensverursachung haftet der Schädiger dementsprechend für den Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte die Kaskoversicherung in Anspruch nimmt.
11
cc) Im Streitfall hat die Abrechnung des gesamten Unfallschadens über die Vollkaskoversicherung den Rückstufungsschaden der Klägerin zur Folge, der durch die Beklagte zu 2 mitverursacht worden ist. Dass die Klägerin eine hälftige Mithaftung trifft, ändert daran nichts. Der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung trat, unabhängig von der Schuldfrage, allein dadurch ein, dass überhaupt Versicherungsleistungen in Anspruch genommen wurden. Da der Unfall als das den Schaden begründende Ereignis teils von der Beklagten zu 2, teils von der Klägerin zu vertreten ist, ist auch der Rückstufungsschaden hälftig zu teilen (Senatsurteil BGHZ 44, 382, 387 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1992, 67, 68; LG Ulm, VersR 1993, 334; vgl. Klunzinger, NJW 1969, 2113, 2116; Becker /Böhme, Kraftverkehrshaftpflichtschäden, 22. Aufl., D 84; GeigelSchlegelmilch , Haftpflichtprozess, 24. Aufl., § 13 Rn. 88).
12
c) Die Fragen, ob und inwieweit die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung zum Ausgleich des Schadens erforderlich ist, wenn der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer die Regulierung ihres Schadensanteils sofort angeboten haben (vgl. zur Erforderlichkeit von Rechtsanwaltsgebühren als Rechtsverfolgungskosten Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 - aaO; zur Inanspruchnahme der Kaskoversicherung Becker/Böhme, Kraftverkehrshaftpflichtschäden , 22. Aufl., Rn. D 84) oder ob der Geschädigte bei geringer Fremdbeteiligung gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt (verneinend OLG Hamm, VersR 1993, 1545; LG Aachen, DAR 2000, 36; AG Gießen , DAR 1995, 29; AG Münster, VersR 2001, 781, 782), wirft der Streitfall nicht auf, weil die Beklagten nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen die Haftung zunächst dem Grunde nach bestritten haben. Jedenfalls unter diesen Umständen war die Klägerin berechtigt, die Versicherung in Anspruch zu nehmen.
13
3. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen waren, konnte der Senat nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Mitte, Entscheidung vom 07.10.2004 - 106 C 3486/03 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.01.2005 - 58 S 384/04 -

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.