Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 28. Okt. 2015 - 12 Sa 631/15

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2015:1028.12SA631.15.00
bei uns veröffentlicht am28.10.2015

Tenor

1.Auf die Berufung der beklagten Stadt wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 13.03.2015 - 3 Ca 3701/15 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3.Die Revision wird zugelassen.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

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Tenor

Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Juni 2010 - 9 Sa 1261/09 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente des Klägers.

2

Der 1931 geborene Kläger war vom 2. Oktober 1961 bis zum 31. Januar 1991 bei der V AG (im Folgenden: V AG) beschäftigt.

3

Die V AG war die Rechtsvorgängerin der erstinstanzlichen Beklagten zu 2., der R W AG. Im Zuge der Fusion der V AG und der R AG (alt) zur R AG (neu) im Jahr 2000 wurde der Kläger als Versorgungsempfänger der R W AG als Versorgungsschuldnerin zugeordnet. Die R W AG wurde im September 2009 als übertragender Rechtsträger mit der R R AG verschmolzen. Noch vor der Verschmelzung hatte die R W AG sämtliche Versorgungsleistungen durch Abspaltungs- und Übernahmevertrag vom 11. August 2009 auf die neu gegründete R V AG, die nunmehrige Beklagte, übertragen.

4

Der Kläger und die V AG hatten im Arbeitsvertrag vom 6./12. Juni 1972 ua. vereinbart:

        

„...   

        

Wir gewähren Ihnen hiermit Anwartschaft auf Pension und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe der für unsere Werksangehörigen jeweils geltenden Richtlinien. Ihr pensionsberechtigtes Dienstalter rechnet vom Tage Ihres Diensteintritts, und zwar vom

        

2. Oktober 1961

        

an.     

        

...“   

5

Zum damaligen Zeitpunkt galten bei der V AG die „Richtlinien für die Berechtigung zur Pensionierung und Hinterbliebenen-Versorgung der Werksangehörigen der V Aktiengesellschaft“ vom 23. Dezember 1925 in der Fassung von Oktober 1966 (im Folgenden: RL 1966). Die RL 1966 sahen eine Gesamtversorgung vor, enthielten jedoch keine Anpassungsregeln für die Rentenbezugsphase.

6

In der Folgezeit schloss die V AG dieses Versorgungswerk für Neueintritte ab dem 1. Juli 1980. Für diese Mitarbeiter gelten die Regelungen der Betriebsvereinbarung vom 16. März 1984.

7

Am 29. Januar 1986 vereinbarten die V AG und der Gesamtbetriebsrat die „Betriebsvereinbarung zur Neufassung des geänderten Versorgungswerks“ (im Folgenden: GVW 1986). Diese hat auszugsweise den folgenden Inhalt:

        

„...   

        

II. Präambel

        

...     

        

3.    

Die Abschlüsse der nachfolgenden neufassenden und der ihr vorangegangenen ablösenden Betriebsvereinbarung vom 16.03.1984 sind dadurch verursacht, daß V zum 30.06.1980 das bis dahin geltende Versorgungswerk (ALTES VERSORGUNGSWERK) geschlossen hat mit dem erklärten Ziel, mit dem GBR über eine Umstrukturierung des Systems der Betrieblichen Altersversorgung zu verhandeln.

        

4.    

V hatte diese Maßnahme eingehend begründet und die mit ihr verfolgten Regelungsziele ausführlich dargelegt; im wesentlichen ging es V um folgende Fragen:

                 

-       

Insbesondere sollten Überversorgungen abgebaut werden, d.h. es sollten die V-Mitarbeiter in keinem Fall nach ihrer Pensionierung finanziell besser gestellt sein als während ihrer aktiven Dienstzeit.

                 

-       

Die Anpassung der laufenden Versorgungsleistungen sollte so umgestaltet werden, daß sie sich für die Pensionäre nicht günstiger auswirken kann als für die aktiven Mitarbeiter.

                 

-       

…       

                 

-       

Das Risiko jedes Gesamtversorgungssystems, daß Einschränkungen der Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung vom Unternehmen durch zusätzliche Leistungen der Betrieblichen Altersversorgung ausgeglichen werden müssen, sollte für das Unternehmen gemindert werden.

                 

...     

        
        

5.    

Ohne diesen Regelungszielen der V eine Berechtigung völlig abzusprechen, hatte der GBR den Standpunkt vertreten, daß es für die Mitarbeiter, die bis zum 30.06.1980 in den Dienst der V getreten waren, grundsätzlich bei dem bisherigen Versorgungswerk bleiben sollte. Für sie dürften Änderungen nur insofern stattfinden, als damit ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Unternehmens an einer Neustrukturierung der betrieblichen Altersversorgung einerseits und dem schützenswerten Besitzstand dieser Mitarbeiter andererseits hergestellt würde.

        

...     

        
        

7.    

Dieses GEÄNDERTE VERSORGUNGSWERK hält für den Kreis der Mitarbeiter, für die es Geltung hat, an allen tragenden Grundprinzipien des ALTEN VERSORGUNGSWERKES fest und beschränkt Eingriffe in die von diesen Mitarbeitern bereits erworbenen individuellen betrieblichen Versorgungsanwartschaften auf ein Maß, das den betrieblichen Parteien, ausgehend von ihren in Ziffern 4 und 5 beschriebenen Verhandlungspositionen, letztlich als angemessen und vertretbar erschien.

        

8.    

Die folgenden nachteiligen Veränderungen wurden für angemessen und vertretbar gehalten:

                 

-       

...     

                 

-       

Für die Mitarbeiter, die am 30.06.1980 die Wartezeit von 10 Jahren im Sinne des bisherigen Versorgungswerkes noch nicht vollendet hatten, wurde das Begrenzungseinkommen stufenweise abgesenkt; damit soll zwischen den Gruppen der vor und der nach dem 30.06.1980 eingetretenen Mitarbeiter im Versorgungsgrad ein Übergang geschaffen werden.

                 

...     

        
        

9.    

Da es im übrigen auch weiterhin fast vollständig bei den Regelungen des ALTEN VERSORGUNGSWERKES bleibt, beschränkt sich die nachfolgende Betriebsvereinbarung im Wesentlichen darauf, das mit der ablösenden Betriebsvereinbarung vom 16.03.1984 geschaffene GEÄNDERTE VERSORGUNGSWERK in der Form einer einzigen Betriebsvereinbarung, in die alle fortgeltenden Teile des ALTEN VERSORGUNGSWERKES integriert sind, redaktionell zusammenzufassen.

                 

...     

        

10.     

Das GEÄNDERTE VERSORGUNGSWERK ist damit auch in seiner jetzt hergestellten Neufassung eine Fortführung des 1925 begründeten ALTEN VERSORGUNGSWERKES, das bereits mehrfach

                 

-       

vor allem 1957 - mit dem Ziel einer Anpassung an die Entwicklung der Rahmenbedingungen geändert worden war.

        

...     

                 
                                   
        

§ 2 Betriebliche Altersversorgungsleistungen

        

…       

        
        

2.    

Die Höhe der Pension … bestimmt sich nach

                 

der anrechnungsfähigen Dienstzeit (§ 4),

                 

dem versorgungsfähigen Einkommen (§ 5),

                 

den anzurechnenden und zu berücksichtigenden

                 

Versorgungsbezügen (§ 14),

                 

den allgemeinen Obergrenzen für das Versorgungseinkommen (§§ 15 und 16),

                 

der persönlichen Obergrenze für das Versorgungseinkommen (§ 18).

        

...     

        
        

§ 5 Versorgungsfähiges Einkommen

        

1. Das VERSORGUNGSFÄHIGE EINKOMMEN als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der betrieblichen Altersversorgungsleistungen wird auf den Monat bezogen und umfaßt

        

a) die Tabellenvergütung,

        

b) eine tarifvertragliche persönliche Zulage,

        

c) die sich nach Dienstplan regelmäßig ergebenden Zuschläge für Schicht- und Sonntagsarbeit der Wechselschichter,

        

d) Vergütung für Mehrarbeitsstunden, jedoch nur als Besitzstände nach Ziff. 2.

        

Die Höhe dieser Bestandteile des versorgungsfähigen Einkommens richtet sich nach den jeweils bei V geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen. Maßgebend für die Tabellenvergütung ist die Vergütungsgruppe, der der Versorgungsanwärter unmittelbar vor Eintritt des Versorgungsfalles angehört hat.

        

...     

                 
        

§ 26 Anpassung der betrieblichen Altersversorgungsleistungen

        

Die Anpassung der laufenden betrieblichen Altersversorgungsleistungen erfolgt in der Weise, daß die ungekürzte Pension, die ungekürzte Ehegattenversorgung, die Waisenversorgung und die Begrenzungseinkommen in dem Umfang und zu dem Zeitpunkt wie die jeweiligen tariflichen Tabellenvergütungen bei V erhöht werden.

        

...“   

8

Nach seinem Ausscheiden bei der V AG erhielt der Kläger bis zum 30. April 1991 ein Übergangsgeld. Seit dem 1. Mai 1991 bezieht er Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Mit Schreiben vom 13. Mai 1991 hatte die V AG einen Pensionsanspruch iHv. monatlich 4.553,41 DM errechnet.

9

Am 27. Juli 1993 schlossen die V AG und der Gesamtbetriebsrat die „Ergänzende Betriebsvereinbarung zur Betriebsvereinbarung zur Neufassung des geänderten Versorgungswerkes (GVW)“ (im Folgenden: GVW 1993). Diese lautet auszugsweise:

        

„1.     

Präambel

                 

Die Rentenreform 1992 gab Veranlassung, Verhandlungen zwischen Vorstand und Gesamtbetriebsrat über eine Anpassung der Betriebsvereinbarung zur Neufassung des GEÄNDERTEN VERSORGUNGSWERKES aufzunehmen.

                 

Diese Verhandlungen standen unter der Zielsetzung der Verhandlungspartner, die Belastungen aus der Rentenreform angemessen zu verteilen.

                 

Die Verhandlungspartner sind einvernehmlich der Meinung, daß mit dem vorliegenden Ergebnis ein tragfähiger Kompromiß erreicht wird. Gleichzeitig wird für das GVW an dem System der Gesamtversorgung festgehalten und damit für die Mitarbeiter/innen, die unter diese Regelung fallen, eine angemessene betriebliche Altersversorgung sichergestellt.

                 

...     

        

2.    

Mit den folgenden Bestimmungen werden die gesetzlichen Bestimmungen, die notwendigerweise berücksichtigt werden mußten, unter Punkt 2.1 und die materiellen Ergebnisse der Verhandlungen unter Punkt 2.2 - 4. festgehalten.

        

...     

                 
        

2.3     

Ersatz der §§ 5 Ziff. 1 und 26 GVW - (Versorgungsfähiges Einkommen/Anpassung der betrieblichen Altersversorgungsleistungen)

                 

- § 5 Versorgungsfähiges Einkommen

                 

1.    

Das versorgungsfähige Einkommen als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der betrieblichen Altersversorgungsleistungen wird auf den Monat bezogen und umfaßt

                          

…       

                 

Die Höhe dieser Bestandteile des versorgungsfähigen Einkommens richtet sich nach den jeweils bei V geltenden tariflichen Bestimmungen; dabei wird die jeweilige lineare Erhöhung der Aktiven-Einkommen ab 01.04.1993 mit 95vH berücksichtigt.

                 

…       

                 

- § 26 Anpassung der betrieblichen Altersversorgungsleistungen und des Begrenzungseinkommens

                 

Die laufenden betrieblichen Altersversorgungsleistungen (ungekürzte Pension, ungekürzte Ehegattenversorgung, Waisenversorgung) und das Begrenzungseinkommen werden ab 01.04.1993 mit 85 vH der jeweiligen linearen Erhöhung der Tabellenvergütungen angepaßt.

                 

Die Anpassung erfolgt zum Zeitpunkt der Tariferhöhung.

        

...“   

                          
10

Im Jahr 2000 wurde im R-Konzern die R S AG, die frühere Beklagte zu 1., gegründet, der innerhalb des Konzerns zentrale Personaldienstleistungen, ua. die Steuerung und Betreuung der betrieblichen Altersversorgung, übertragen wurde. Die R S AG ist Ansprechpartnerin für sämtliche Betriebsrentner im Konzern. Seit dem 30. Oktober 2008 firmiert sie als R Se GmbH.

11

Im R-Konzern existierte zunächst eine große Anzahl unterschiedlicher Versorgungsordnungen, die stark voneinander abweichende vertragliche Anpassungsregelungen enthielten. Dabei orientierte sich die Anpassung zum Teil an der Nettolohnentwicklung, zum Teil an der Verbraucherpreisentwicklung, zum Teil an der Entwicklung der Beamtenbezüge oder an der Entwicklung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Teilweise erfolgte eine völlige Neuberechnung der Betriebsrente. Auch wichen die Anpassungsstichtage stark voneinander ab. Darüber hinaus gab es im Konzern auch Versorgungsordnungen, die keine Anpassungsvorschriften enthielten.

12

Im Dezember 2006 schlossen nahezu alle konzernverbundenen Unternehmen des R-Konzerns, so auch die damalige Versorgungsschuldnerin des Klägers, die R W AG, mit dem Gesamtbetriebsrat inhaltsgleich formulierte Betriebsvereinbarungen ab, mit denen die in zahlreichen Versorgungsordnungen enthaltenen unterschiedlichen Anpassungsregelungen für die Betriebsrentner neu gefasst wurden. Die „Betriebsvereinbarung zur Änderung der ‚Betriebsvereinbarung zur Neufassung des geänderten Versorgungswerks’ der V vom 29. Januar 1986“ vom 14. Dezember 2006 (im Folgenden: GBV 2006) hat folgenden Inhalt:

        

„Präambel

        

Die Betriebsparteien stimmen darin überein, dass eine Harmonisierung der Regelwerke zur betrieblichen Altersversorgung des R-Konzerns im Hinblick auf die jeweiligen Ruhegeldanpassungsregelungen unumgänglich geworden ist. Insoweit sollen die Regelungen zur Anpassung der laufenden betrieblichen Altersversorgungsleistungen vereinheitlicht werden.

        

Zu diesem Zweck wird die in § 26 der ‚Betriebsvereinbarung zur Neufassung des geänderten Versorgungswerks’ der V vom 29. Januar 1986 vorgesehene Bestimmung zur Anpassung der Betriebsrente in der Fassung der ‚Ergänzenden Betriebsvereinbarung zur Betriebsvereinbarung zur Neufassung des geänderten Versorgungswerks’ vom 27.07.1993 und in allen bis zum Inkrafttreten dieser Betriebsvereinbarung geltenden Fassungen (GVW) mit nachstehender Betriebsvereinbarung ab dem Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens geändert.

                 
        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens - im Folgenden Mitarbeiter genannt -, die ausgeschiedenen Mitarbeiter sowie Pensionäre und Hinterbliebene, denen eine Versorgungszusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der GVW erteilt wurde oder zukünftig erteilt wird.

                 
        

§ 2     

        

Neufassung des § 26 GVW

        

§ 26 GVW wird in allen bis zum Inkrafttreten dieser Betriebsvereinbarung geltenden Fassungen durch folgende Regelung ersetzt:

        

‚Das Unternehmen verpflichtet sich, jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 1 % anzupassen. Steigen die Verbraucherpreise in einem Jahr um 4,75 % oder mehr oder in drei aufeinander folgenden Jahren um 11,5 % oder mehr, verpflichten sich die Betriebsparteien, über eine einmalige Neuregelung der Anpassung zu verhandeln mit dem Ziel, eine Entwertung der Renten zu verhindern.’

        

Im Übrigen bleiben die Regelungen des GVW unberührt.

                 
        

§ 3     

        

Teilunwirksamkeit

        

Die Unwirksamkeit einzelner Bestandteile berührt die Wirksamkeit der übrigen Regelungen dieser Betriebsvereinbarung nicht.

        

Die Betriebsparteien verpflichten sich, in diesem Fall anstelle der unwirksamen Regelung eine solche zu vereinbaren, die wirksam ist und dem Inhalt der unwirksamen Regelung unter Beachtung des von den Betriebsparteien Gewollten möglichst nahe kommt.

                 
        

§ 4     

        

Inkrafttreten

        

Die vorliegende Betriebsvereinbarung tritt mit Wirkung zum 01. Juli 2007 in Kraft.“

13

Sowohl die V AG als auch deren unmittelbare Rechtsnachfolgerin, die R W AG, passten die laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung des Klägers in der Zeit ab dem 1. Mai 1991 stets auf der Grundlage von § 26 GVW 1986 und ab dem 1. April 1993 auf der Grundlage von § 26 GVW 1993 an. Ab dem 1. Juli 2007 wurde die Betriebsrente des Klägers nach der GBV 2006 jährlich um 1 % angehoben.

14

Im Jahr 2010 beschloss der Vorstand der R AG, zum 1. Juli 2010 eine gebündelte Anpassungsprüfung aller laufenden Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG durchzuführen und bis zum 30. Juni 2007 ausstehende Anpassungsprüfungen nachzuholen. Zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2010 hob die Beklagte die Betriebsrente des Klägers auf 2.646,45 Euro brutto an. Für den vorangegangenen Zeitraum vom 1. Februar 2006 bis zum 30. Juni 2010 ermittelte sie einen Nachzahlungsbetrag iHv. 1.192,77 Euro, den sie ebenfalls im Juli 2010 an den Kläger auszahlte. Von diesem Betrag entfielen auf die Zeit von Februar 2006 bis Juni 2009 insgesamt 563,85 Euro.

15

Mit seiner am 30. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die ursprüngliche Beklagte zu 1. auf Zahlung einer höheren Betriebsrente in Anspruch genommen. Mit seinem am 28. April 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er seine Klage auf die ursprüngliche Beklagte zu 2. und nunmehrige alleinige Beklagte erweitert.

16

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anpassung seiner Versorgungsleistungen richte sich nach § 26 GVW 1986. Die GVW 1986 sei weder durch die GVW 1993 noch durch die GBV 2006 abgelöst worden. Dies folge bereits daraus, dass den Betriebspartnern keine Regelungskompetenz für Betriebsrentner zukomme. Die im Arbeitsvertrag enthaltene „Jeweiligkeitsklausel“ beschränke sich auf Veränderungen der Versorgungsbedingungen während der Anwartschaftsphase und erstrecke sich nicht auf Veränderungen während der Rentenbezugsphase. Selbst wenn von einer die Rentenbezugsphase umfassenden dynamischen Verweisung auf die jeweils geltenden Richtlinien auszugehen wäre, habe die Anpassungsregelung in § 26 GVW 1986 durch nachfolgende Regelungen nicht geändert werden können. Dies ergebe sich insbesondere aus Nr. 3, 4, 5, 7, 8, 9 und 10 der Präambel der GVW 1986. Die GVW 1986 habe den bis dahin erworbenen Besitzstand garantiert. Im Übrigen hielten weder die GVW 1993 noch die GBV 2006 einer Überprüfung am Maßstab der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes stand. Nach dem vom Senat entwickelten Drei-Stufen-Prüfungsschema müsse die Beklagte für die Änderung der Anpassungsregelung zwingende Gründe haben. Solche Gründe habe sie nicht vorgebracht.

17

Der Kläger hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - sinngemäß beantragt

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2009 iHv. 6.002,64 Euro brutto zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch über den 30. Juni 2009 hinaus die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung des Klägers nach § 26 GVW 1986 in Höhe der jeweiligen linearen tariflichen Tabellenvergütungen bei der Beklagten anzupassen,

                 

hilfsweise,

                 

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch über den 30. Juni 2009 hinaus die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung des Klägers nach § 26 GVW 1993 in Höhe von 85 % der jeweiligen linearen Erhöhung der tariflichen Tabellenvergütungen bei der Beklagten zu erhöhen.

18

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

19

Sie hat die Auffassung vertreten, die GVW 1986 sei zum 1. April 1993 durch die GVW 1993 wirksam abgelöst worden. Die Regelungskompetenz der Betriebspartner für Betriebsrentner folge aus der im Arbeitsvertrag enthaltenen „Jeweiligkeitsklausel“, die sich auch auf die Rentenbezugsphase erstrecke. Die mit der GVW 1993 verbundene Änderung der Versorgungsbestimmungen halte einer Überprüfung am Maßstab der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes stand. Die Tarifgehälter der Aktiven seien in der Vergangenheit - unstreitig - stärker angestiegen als die gesetzlichen Renten. Zudem sei die Anpassung der gesetzlichen Renten durch das Rentenreformgesetz 1992 ab dem 1. Januar 1992 von der Bruttolohnentwicklung abgekoppelt und an die Steigerung der Nettoeinkommen der Beschäftigten geknüpft worden. Eine ungekürzte Weitergabe von Brutto-Tariferhöhungen sei deshalb nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Zudem hätten die Sozialversicherungslasten der aktiven Arbeitnehmer - unstreitig - weit überproportional über denen der Betriebsrentner gelegen. § 26 GVW 1986 habe damit für die Betriebsrentner zu einer planwidrigen Überversorgung und im Verhältnis zu den aktiven Arbeitnehmern des Unternehmens zu einer tendenziell unausgewogenen Ordnung geführt. Vor diesem Hintergrund hätten die Betriebsparteien die Anpassung der Betriebsrenten auf eine Erhaltung der Kaufkraft beschränken können. Im Übrigen könne der Kläger sich nicht mehr darauf berufen, dass auf ihn weiterhin die GVW 1986 Anwendung finde. Er habe die auf der Grundlage der GVW 1993 erfolgten Anpassungen nicht fristgerecht gerügt. Jedenfalls habe er einen entsprechenden Anspruch verwirkt.

20

Die GVW 1993 sei zum 1. Juli 2007 durch die GBV 2006 wirksam abgelöst worden. Mit der GBV 2006 hätten die Betriebspartner im Wesentlichen zwei Regelungsziele verfolgt: Erstes und vorrangiges Ziel sei es gewesen, den bisherigen Anpassungsmechanismus nach § 26 GVW 1993 durch die in der GBV 2006 geregelte garantierte jährliche Anhebung um 1 % zu ersetzen. Zum anderen, jedoch nachrangig, hätten die Betriebspartner von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen wollen, die Anpassungsprüfungspflicht aus § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG dauerhaft durch eine „1 %-Regelung“ iSd. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG zu ersetzen. Die GBV 2006 verstoße nicht gegen die Übergangsregelung des § 30c Abs. 1 BetrAVG. Ein etwaiger Verstoß gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG führe zudem nicht zur Gesamtunwirksamkeit der in § 2 GBV 2006 getroffenen Regelung. Es sei allenfalls von einer Teilnichtigkeit auszugehen mit der Folge, dass lediglich die Anpassung nach § 26 GVW 1993 durch die Anpassungsregelung des § 2 GBV 2006 ersetzt worden sei und daneben stets eine Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG stattfinde.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente iHv. 5.769,00 Euro brutto zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert, die Beklagte verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2009 iHv. 1.623,60 Euro brutto zu zahlen und die Zahlungsklage im Übrigen abgewiesen. Zudem hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch ab dem 1. Juli 2009 die betriebliche Altersversorgung des Klägers entsprechend den Vorgaben des § 26 GVW 1993 um 85 % der jeweiligen linearen Erhöhung der tariflichen Tabellenvergütungen bei der Beklagten zu erhöhen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin vollständige Klageabweisung. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision seinen in zweiter Instanz gestellten Feststellungsantrag sowie seinen Zahlungsantrag im Umfang des Unterliegens - allerdings der Höhe nach gemindert um die von der Beklagten für die Zeit von Februar 2006 bis Juni 2009 nachgezahlten 563,85 Euro - weiter. Insoweit hat er seine Klage mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung des jeweiligen gegnerischen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2009 1.623,60 Euro brutto zu zahlen und zu Recht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch über den 30. Juni 2009 hinaus die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung des Klägers nach § 26 GVW 1993 iHv. 85 % der jeweiligen linearen Erhöhung der tariflichen Tabellenvergütungen bei der Beklagten zu erhöhen. Da der Kläger seine Zahlungsklage in der Revisionsinstanz iHv. 563,85 Euro zurückgenommen hat, ist der Rechtsstreit insoweit als nicht anhängig geworden anzusehen, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. Insoweit ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts wirkungslos geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) mit der Folge, dass dem Kläger hieraus lediglich der Differenzbetrag iHv. 1.059,75 Euro brutto zusteht.

23

A. Die Klage ist zulässig. Das gilt auch für die Feststellungsanträge.

24

I. Die Feststellungsanträge sind auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr, wie vorliegend, auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 653/07 - Rn. 12, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6).

25

II. Die Feststellungsanträge werden auch von dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse getragen. Die Beklagte bestreitet eine Verpflichtung, die laufende Betriebsrente des Klägers über den 30. Juni 2009 hinaus nach Maßgabe von § 26 GVW 1986 oder § 26 GVW 1993 anzupassen.

26

B. Die Klage ist zum Teil begründet. Die Beklagte ist zwar nicht verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers im streitbefangenen Zeitraum nach § 26 GVW 1986 anzupassen. § 26 GVW 1986 wurde durch § 26 GVW 1993 wirksam abgelöst. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung des Klägers ab dem 1. Januar 2006 und über den 30. Juni 2009 hinaus nach § 26 GVW 1993 neu zu berechnen. § 26 GVW 1993 wurde durch § 2 GBV 2006 nicht wirksam abgelöst. Da der Kläger seine Zahlungsklage in der Revisionsinstanz iHv. 563,85 Euro zurückgenommen hat, ist der Rechtsstreit insoweit als nicht anhängig geworden anzusehen, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. Insoweit ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts wirkungslos geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) mit der Folge, dass der Kläger hieraus nicht die vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilten 1.623,60 Euro brutto, sondern lediglich den Differenzbetrag iHv. 1.059,75 Euro beanspruchen kann.

27

I. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers im streitbefangenen Zeitraum nach § 26 GVW 1986 anzupassen. § 26 GVW 1986 ist wirksam durch § 26 GVW 1993 abgelöst worden. Es kommt demnach nicht darauf an, ob der Kläger sich deshalb nicht mehr auf die Anwendung der GVW 1986 berufen kann, weil er die auf der Grundlage der GVW 1993 erfolgten Anpassungen nicht fristgerecht gerügt oder er seinen Anspruch verwirkt hat.

28

1. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers scheitert eine wirksame Ablösung von § 26 GVW 1986 durch § 26 GVW 1993 nicht an einer fehlenden Regelungskompetenz der Betriebspartner. Zwar sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Betriebspartner nicht berechtigt, für ausgeschiedene Arbeitnehmer Rechte und Pflichten zu begründen oder einzuschränken. Es kann offenbleiben, ob an dieser im Schrifttum zunehmend kritisierten Rechtsprechung, für die aus Sicht des Senats die besseren Gründe sprechen dürften, für Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung festzuhalten ist (vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 54 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 59). Die Regelungskompetenz der Betriebspartner folgt vorliegend aus der im Arbeitsvertrag vom 6./12. Juni 1972 getroffenen Vereinbarung, wonach dem Kläger „Anwartschaft auf Pension und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe der für“ die „Werksangehörigen jeweils geltenden Richtlinien“ gewährt wird. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers beschränkt sich diese dynamische Verweisung nicht auf die Anwartschaftsphase, sondern erstreckt sich auch auf die Rentenbezugsphase. Mit der „Jeweiligkeitsklausel“ haben die Parteien zudem die Möglichkeit für eine Ablösung auf kollektivvertraglicher Grundlage und damit auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung eröffnet.

29

a) Das Landesarbeitsgericht hat die im Arbeitsvertrag enthaltene dynamische Verweisung auf die jeweils für die Versorgungsschuldnerin geltenden Richtlinien dahin ausgelegt, dass diese nicht nur Änderungen der Versorgungsregelungen während der Anwartschaftsphase, sondern auch in der Rentenbezugsphase erfasst. Es kann offenbleiben, ob die V AG auch den anderen Mitarbeitern eine inhaltsgleiche Versorgungszusage erteilt hatte und es sich daher bei der im Arbeitsvertrag des Klägers enthaltenen Jeweiligkeitsklausel um eine typische oder eine nicht typische Vereinbarung handelt. Die Auslegung nicht typischer, individueller Willenserklärungen kann das Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB)verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Demgegenüber unterliegt die Auslegung typischer Vereinbarungen einer unbeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. Juli 2005 - 3 AZR 472/04 - zu I 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Nr. 42 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 7). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer unbeschränkten Überprüfung stand.

30

aa) Das Landesarbeitsgericht hat bei der Auslegung zunächst zutreffend berücksichtigt, dass Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch sind und sich auch auf die Rentenbezugsphase erstrecken. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung für alle Betroffenen nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Dies ist bei der Auslegung dahin gehender Vereinbarungen zu berücksichtigen (vgl. BAG 17. Juni 2008 - 3 AZR 553/06 - Rn. 24, AP BGB § 133 Nr. 55; 27. Juni 2006 - 3 AZR 255/05 - Rn. 18 mwN, BAGE 118, 326; 23. September 1997 - 3 AZR 529/96 - zu I 2 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14). Will der Arbeitgeber entweder eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, oder will er die Dynamik nicht auf die Rentenbezugsphase erstrecken, so muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. BAG 28. Juli 2005 - 3 AZR 14/05 - zu B III der Gründe, BAGE 115, 304; 23. September 1997 - 3 AZR 529/96 - aaO).

31

bb) Die Vertragsparteien haben mit der Verwendung des Begriffs „Anwartschaft auf Pension“ in der Jeweiligkeitsklausel nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass Änderungen der Richtlinien in der Rentenbezugsphase ausgeschlossen sein sollten. Der Begriff „Anwartschaft auf Pension“ ist vielmehr lediglich eine andere Bezeichnung für „Anspruch auf Pension“. Dies folgt bereits daraus, dass der Anwartschaftsberechtigte erst mit Eintritt des Versorgungsfalls die Zahlung der ihm zugesagten Leistungen fordern kann. Vorher hat er nur eine rechtlich geschützte Aussicht auf die spätere Leistungsgewährung. Die Einräumung eines Anwartschaftsrechts ohne die Möglichkeit, dass dieses später zum Vollrecht erstarkt und Leistungsansprüche auslöst, würde die Anwartschaft selbst - worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - sinnlos machen. Zudem gab es für die V AG zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages am 6./12. Juni 1972 keine Veranlassung, zwischen der Anwartschaftsphase und der Rentenbezugsphase zu differenzieren. Zu diesem Zeitpunkt galten bei der V AG die RL 1966. Diese enthielten zwar Regelungen zur Berechnung der Ausgangsrente, jedoch keine Anpassungsbestimmungen für die Rentenbezugsphase; die gesetzliche Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 BetrAVG wurde erst durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 eingeführt. Zudem läge eine Auslegung der im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarung dahin, dass die Dynamik sich auf die Anwartschaftsphase beschränkt und sich nicht auf die Rentenbezugsphase erstreckt, weder im wohl verstandenen Interesse des Klägers noch der übrigen Versorgungsberechtigten. In einem solchen Fall wären die Betriebspartner gegenüber bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern nämlich nicht berechtigt gewesen, mit der GVW 1986 eine zusätzliche Anpassungsregelung einzuführen, die neben die Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG tritt.

32

b) Der Kläger und die V AG haben mit der „Jeweiligkeitsklausel“ zudem die Möglichkeit für eine Ablösung der Richtlinien auf kollektivvertraglicher Grundlage und damit auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung eröffnet. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung ist allgemein gehalten und differenziert nicht danach, ob eine Neufassung der Richtlinien auf eine einseitige Regelung des Arbeitgebers, auf eine Betriebsvereinbarung oder auf einen Tarifvertrag zurückgeht. Damit sind alle Regelungen erfasst, mit denen betriebliche Altersversorgung gestaltet werden kann.

33

2. § 26 GVW 1986 ist durch § 26 GVW 1993 wirksam abgelöst worden. Die Neuregelung hält einer Überprüfung am Maßstab der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes stand.

34

a) Regeln mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen denselben Gegenstand, gilt das Ablösungsprinzip. Danach löst eine neue Betriebsvereinbarung eine ältere grundsätzlich auch dann ab, wenn die Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstiger ist (st. Rspr., vgl. ua. BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187). Das Ablösungsprinzip ermöglicht allerdings nicht jede Änderung. Soweit in bestehende Besitzstände eingegriffen wird, sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 653/07 - Rn. 18, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6). Deshalb unterliegen Betriebsvereinbarungen, die Versorgungsansprüche aus einer früheren Betriebsvereinbarung einschränken, einer entsprechenden Rechtskontrolle (vgl. BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - aaO; 18. September 2001 - 3 AZR 728/00 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 99, 75).

35

aa) Die bei Einschnitten in Versorgungsrechte zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht für Anwartschaften durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (st. Rspr. seit 17. April 1985 - 3 AZR 72/83 - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57). Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 384/07 - AP BetrAVG § 9 Nr. 22 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 47). Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich - wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen - dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, also noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe.

36

bb) Dieses Schema ist allerdings auf Eingriffe in Versorgungsanwartschaften, nicht jedoch auf Eingriffe in laufende Leistungen oder Anpassungsregelungen zugeschnitten. Bei Veränderungen der Versorgungsordnung nach Eintritt des Versorgungsfalls ist deshalb auf die diesem Prüfungsschema zugrunde liegenden Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zurückzugreifen (vgl. etwa BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 38, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 54 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 14. Dezember 2010 - 3 AZR 799/08 - Rn. 32 mwN; 9. November 1999 - 3 AZR 432/98 - zu B I 3 c der Gründe mwN, BAGE 92, 358). Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit erfordern eine Abwägung der wechselseitigen Interessen. Dabei müssen die vom Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Änderung angeführten Gründe um so gewichtiger sein je schwerwiegender für den Arbeitnehmer die Nachteile der Änderung sind (vgl. etwa BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 76, BetrAV 2012, 524 zur Umstellung eines Versprechens laufender Rentenleistungen auf ein Versprechen einer Kapitalleistung).

37

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist die Neuregelung nicht zu beanstanden. Für die Änderung bestand ein ausreichender Anlass. Sie wägt die wechselseitigen Interessen auch angemessen ab.

38

aa) § 26 GVW 1993 führt weder zu einer Kürzung der laufenden Leistungen oder zu einem Eingriff in die Ausgangsrente noch wird der in § 26 GVW 1986 enthaltene, neben der Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 BetrAVG bestehende und von der wirtschaftlichen Lage der Beklagten unabhängige Anpassungsmechanismus völlig beseitigt, sondern bewirkt im Vergleich zu § 26 GVW 1986 lediglich eine geringere Anhebung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Im Rahmen der Neuberechnung der Betriebsrente werden die ungekürzten laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und das Begrenzungseinkommen nicht mehr mit 100 % der jeweiligen linearen Erhöhung der Tabellenvergütungen angepasst, sondern lediglich mit 85 %. Für diese Änderung bestand ein ausreichender Anlass.

39

Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetz 1992 - vom 18. Dezember 1989 (im Folgenden: RRG 1992) hatte der Gesetzgeber die Anpassung der gesetzlichen Altersrente von der Bruttolohnentwicklung (Bruttolohnprinzip) abgekoppelt und an die verfügbaren Einkommen der Aktiven (Nettolohnprinzip) angeknüpft. Ergebnis war die Anpassungsformel des § 68 SGB VI idF des RGG 1992. Nach ihr ändert sich der aktuelle Rentenwert jährlich zum 1. Juli um das Maß, um das sich die Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigtem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Veränderung der Belastung bei Arbeitsentgelten und Renten entwickelt. Damit sollte die gesetzliche Rente nicht mehr den durch versichertes Arbeitsentgelt oder -einkommen erworbenen Anteil des Lebensstandards des Rentners nach Maß der eigenen Vorleistung bewahren, vielmehr wurde die „Teilnahme auch des Rentners an der wirtschaftlichen Entwicklung“ zur „Teilhabe an verfügbaren Einkünften“ (vgl. BSG 31. Juli 2002 - B 4 RA 120/00 R - zu 3 a der Gründe, BSGE 90, 11). Diese Änderung in der gesetzlichen Rentenversicherung hatte naturgemäß Auswirkungen auf die von der V AG nach Gesamtversorgungsgrundsätzen zu zahlende Betriebsrente.

40

bb) Die Neuregelung schafft einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen Interessen.

41

(1) Die Betriebsparteien haben mit § 26 GVW 1993 keinen grundsätzlichen Systemwechsel vollzogen, sondern an der Dynamisierung der Betriebsrenten und deren Orientierung an der Veränderung der Bruttovergütungen festgehalten. Dabei hatte die V AG ein berechtigtes Interesse daran, den ursprünglichen Anpassungssatz von 100 % der jeweiligen tariflichen Tabellenvergütungen abzusenken.

42

(a) Die Tarifgehälter der Aktiven waren bereits in der Vergangenheit stärker angestiegen als die gesetzlichen Renten. Zudem war die Anpassung der gesetzlichen Renten durch das Rentenreformgesetz 1992 ab dem 1. Januar 1992 von der Bruttolohnentwicklung abgekoppelt und an die Steigerung der Nettoeinkommen der Beschäftigten geknüpft worden. Eine ungekürzte Weitergabe von Bruttolohnerhöhungen hätte dazu geführt, dass die Betriebsrentner eine deutlich höhere Versorgung erhalten als es dem ursprünglichen Versorgungsziel der V AG, mit der von ihr gezahlten Betriebsrente neben anderen anrechenbaren Leistungen zu einer angemessenen Versorgung im Alter lediglich mit beizutragen, entsprach.

43

(b) Dem steht nicht entgegen, dass die V AG bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 26 GVW 1986 grundsätzlich damit rechnen musste, dass sich die gesetzlichen Renten anders entwickeln würden als die Bruttovergütungen der Aktiven. Zusagen, die Betriebsrenten im Rahmen einer Gesamtversorgung an die Entwicklung der Einkünfte aktiver Arbeitnehmer anbinden, sind von vornherein erheblichen Unsicherheiten ausgesetzt, weil zur Zeit der Schaffung des Versorgungswerks nicht nur die allgemeine Vergütungsentwicklung ungewiss ist, sondern auch die Höhe der anrechenbaren Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung Schwankungen und sozialpolitischen Unwägbarkeiten unterliegt (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 3 AZR 290/06 - Rn. 27, BAGE 126, 1). Dass die V AG schon bei Einführung der Anpassungsregelung auf einen ungefähren Gleichlauf der Entwicklung der Bezugsgrößen „Tabellenvergütungen der aktiven Arbeitnehmer“ und „Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ nicht vertrauen konnte, führt nicht dazu, dass ihr Interesse daran, durch eine Absenkung des Anpassungssatzes eine planwidrige Überversorgung abzubauen, im Rahmen der Interessenabwägung keine Berücksichtigung finden kann. Die Übernahme des mit der Zusage einer Gesamtversorgung gesteigerten Risikos durch den Arbeitgeber, dass sich die Berechnungsfaktoren der Betriebsrente zu seinen Lasten verändern können, hat nur Bedeutung für die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber bei Gesamtversorgungszusagen eine Anpassung der Zusagen wegen einer Äquivalenzstörung verlangen kann (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 3 AZR 290/06 - aaO). Vorliegend geht es jedoch nicht darum, ob die V AG aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage in Form der Äquivalenzstörung zu einer Änderung der Anpassungsregelung befugt war. Ob § 26 GVW 1986 durch § 26 GVW 1993 wirksam abgelöst wurde, beurteilt sich vielmehr allein danach, ob die Neuregelung zu einem angemessenen Ausgleich der gegenläufigen Interessen führt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kann das Interesse der V AG, zu verhindern, dass die Betriebsrentner bei einer ungekürzten Weitergabe von Tariferhöhungen, die an die Bruttobezüge anknüpfen, eine deutlich höhere Betriebsrente erhalten würden, als es ihren ursprünglichen Vorstellungen entsprach, ohne weiteres Berücksichtigung finden. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber mit dem Rentenreformgesetz 1992 einen grundlegenden Systemwechsel vollzogen hat.

44

(2) Die Herabsetzung des Anpassungssatzes und des Begrenzungseinkommens von 100 % auf 85 % der jeweiligen linearen Erhöhung der Tabellenvergütungen ist nicht zu beanstanden.

45

(a) Hierdurch wird der allgemeine Zweck der in § 26 GVW 1986 enthaltenen Regelung, durch eine von der V AG zu zahlenden Betriebsrente zur Existenzsicherung des Arbeitnehmers im Alter ergänzend beizutragen, nicht beeinträchtigt.

46

Da die von der V AG zugesagte Versorgung der Existenzsicherung im Alter dient, bedarf es grundsätzlich einer wiederkehrenden Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Nur so kann verhindert werden, dass aufgrund der Kaufkraftentwicklung ein fortlaufender Wertverlust der Renten eintritt und diese über kurz oder lang ihre existenzsichernde Funktion nicht mehr erfüllen können (vgl. BAG 27. März 2007 - 3 AZR 299/06 - Rn. 69, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68). Diesen Anforderungen wird die in § 26 GVW 1993 getroffene Regelung, die eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unabhängig von der Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG und damit unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers vorsieht, gerecht. Wie das Landesarbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, haben die Betriebspartner mit § 26 GVW 1993 eine den Kaufkraftverlust ausgleichende Regelung getroffen. Während die ungekürzte Ausgangsrente des Klägers iHv. 2.318,12 Euro nach § 26 GVW 1993 in der Zeit vom 1. Mai 1991 bis zum 1. Januar 2009 auf 3.258,34 Euro anzuheben war, hätte eine Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG für die Zeit von April 1991 bis Mai 2009 einen Anpassungsbedarf von 39,37 % ergeben und damit eine Anhebung auf 3.230,76 Euro verlangt.

47

(b) Die GVW 1993 führte auch nicht dazu, dass die Belastungen aus der Rentenreform 1992 einseitig nur von den Betriebsrentnern zu tragen waren. Auch den aktiven Anwartschaftsberechtigten wurde durch die GVW 1993 eine Beteiligung abverlangt. Zwar sieht § 5 Ziff. 1 GVW 1993 vor, dass sich die Höhe der Bestandteile des versorgungsfähigen Einkommens nach wie vor nach den bei der V AG geltenden tariflichen Bestimmungen richtet; allerdings wird nach der Neuregelung ab dem 1. April 1993 die jeweils lineare Erhöhung der Aktiven-Einkommen nicht mehr - wie nach der GVW 1986 - mit 100 %, sondern nunmehr lediglich mit 95 % berücksichtigt.

48

(c) Bei der Neuregelung durch die GVW 1993 haben die Betriebsparteien zudem berücksichtigt, dass die Betriebsrentner im Jahr 1993 und auch in den folgenden Jahren wegen ihrer günstigeren abgabenrechtlichen Situation über einen höheren Nettoanteil an den Lohnerhöhungen verfügten als die aktiven Arbeitnehmer. Die bisherige Regelung führte daher zu einer überproportionalen Beteiligung der Betriebsrentner am Unternehmenserfolg nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb und damit im Verhältnis zwischen den aktiven Arbeitnehmern und den Betriebsrentnern zu einer tendenziell unausgewogenen Ordnung. Dies rechtfertigte es, die Anpassung auf 85 % der jeweiligen linearen Erhöhung der Tabellenvergütungen zu begrenzen (vgl. BAG 16. Juli 1996 - 3 AZR 398/95 - zu II 2 e der Gründe, BAGE 83, 293).

49

(3) Die Versorgungsberechtigten konnten nicht darauf vertrauen, dass die Anpassungsregelung in § 26 GVW 1986 nicht geändert werden würde. Mit der GVW 1986 war ihnen keine durch nachfolgende Betriebsvereinbarungen nicht mehr veränderbare Rechtsposition eingeräumt worden. Weder den vom Kläger angeführten Nr. 3, 4, 5, 7, 8, 9 und 10 der Präambel noch anderen Regelungen der GVW 1986 lässt sich entnehmen, dass mit der GVW 1986 ein bestimmter Anspruchsinhalt dauerhaft festgeschrieben werden sollte. Zwar verfolgte die V AG schon zum damaligen Zeitpunkt das Ziel, Überversorgungen der Betriebsrentner abzubauen und die Risiken des Gesamtversorgungssystems, dass Einschränkungen der Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung durch zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers ausgeglichen werden müssen, zu minimieren. Demgegenüber hatte der Gesamtbetriebsrat den Standpunkt eingenommen, für die bis zum 30. Juni 1980 in die Dienste der V AG eingetretenen Arbeitnehmer müsse es grundsätzlich bei dem bisherigen Versorgungswerk bleiben, Änderungen dürften nur insoweit stattfinden, als damit ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Unternehmens an einer Neustrukturierung der betrieblichen Altersversorgung einerseits und dem schützenswerten Besitzstand dieser Mitarbeiter andererseits hergestellt werde. Diese im Jahr 1986 bestehenden unterschiedlichen Positionen haben die Betriebspartner mit der GVW 1986 jedoch in Einklang gebracht, ohne dabei eine Vorfestlegung für spätere Zeiten zu treffen. Die Betriebspartner haben in der GVW 1986 nicht in rechtsverbindlicher Weise - etwa durch Ausschluss der Kündigung - festgelegt, dass die Regelung des § 26 GVW 1986 dauerhaft fortbestehen, also Änderungen nicht zugänglich sein sollte(vgl. BAG 28. Juli 1998 - 3 AZR 100/98 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 89, 262; 9. April 1991 - 3 AZR 598/89 - zu III 2 der Gründe, BAGE 67, 385).

50

II. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Betriebsrente des Klägers ab dem 1. Juli 2007 nach § 2 GBV 2006 ausschließlich jährlich um lediglich 1 % anzupassen. § 2 GBV 2006 hat § 26 GVW 1993 nicht wirksam abgelöst. Die von den Betriebsparteien in § 2 GBV 2006 getroffene Regelung verstößt insoweit gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG, als die 1 %-Regelung auch an die Stelle der Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG treten soll. Dieser Verstoß hat die Unwirksamkeit der gesamten in § 2 GBV 2006 getroffenen Bestimmung zur Folge. Dies führt zur Unwirksamkeit der GBV 2006 insgesamt.

51

1. § 2 GBV 2006 verstößt insoweit gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG, als die 1 %-Regelung an die Stelle der Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG treten soll.

52

a) Die Betriebspartner haben mit § 2 GBV 2006 nicht nur geregelt, dass an die Stelle der Verpflichtung der Beklagten nach § 26 GVW 1993 zur Anpassung der Betriebsrenten unabhängig von der gesetzlichen Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 BetrAVG eine Verpflichtung zur Anpassung der laufenden Leistungen um jährlich 1 % tritt. Sie haben vielmehr zugleich von der durch § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit der Neuregelung auch die Anpassungsprüfungspflicht der Beklagten nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG abzubedingen. Nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG entfällt die Verpflichtung nach Abs. 1, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens 1 vH anzupassen.

53

b) Dieses Regelungsanliegen kann jedoch für die (ausgeschiedenen) Mitarbeiter, die - wie der Kläger - laufende Leistungen beziehen, die auf Zusagen beruhen, die vor dem 1. Januar 1999 erteilt wurden, durch Betriebsvereinbarung nicht wirksam umgesetzt werden. Dies folgt aus § 30c Abs. 1 BetrAVG, wonach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG nur für laufende Leistungen gilt, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 31. Dezember 1998 erteilt wurden. Maßgebend ist dabei das Datum der Versorgungszusage. Es kommt nicht darauf an, ob die Anpassung um 1 vH nach dem 31. Dezember 1998 vereinbart wurde oder der Versorgungsberechtigte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 30c Abs. 1 BetrAVG am 1. Januar 1999 bereits laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezog (vgl. ausführlich BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 14 ff., AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60).

54

2. Der Verstoß gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG führt zur Gesamtunwirksamkeit der in § 2 GBV 2006 getroffenen Regelung. § 2 GBV 2006 kann nicht in einen lediglich den Anpassungsmechanismus nach § 26 GVW 1993 ablösenden und einen die Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ersetzenden Teil aufgespalten werden. Vielmehr handelt es sich bei § 2 GBV 2006 um eine einheitliche, nicht teilbare Regelung. Dies ergibt eine Auslegung der GBV 2006 nach den für Betriebsvereinbarungen geltenden Grundsätzen.

55

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsvereinbarungen wegen ihres normativen Charakters nach den für Tarifverträge und Gesetze geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist dabei vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. BAG 14. Dezember 2010 - 3 AZR 939/08 - Rn. 18, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 11).

56

b) Zwar heißt es in § 2 GBV 2006, dass § 26 GVW in allen bis zum Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung geltenden Fassungen durch die Neuregelung ersetzt werden soll. Dies könnte darauf hindeuten, dass mit § 2 GBV 2006 lediglich die in § 26 GVW 1993 enthaltene Anpassungspflicht ersetzt werden sollte. Allerdings hatten sich die Betriebsparteien für den Fall, dass die Verbraucherpreise in einem Jahr um 4,75 % oder mehr oder in drei aufeinanderfolgenden Jahren um 11,5 % oder mehr steigen sollten, verpflichtet, über eine einmalige Neuregelung der Anpassung zu verhandeln mit dem Ziel, eine Entwertung der Renten zu verhindern. Diese Verhandlungspflicht belegt, dass es den Betriebspartnern mit der Neuregelung auch darum ging, eine Auszehrung der Betriebsrenten durch den Kaufkraftverlust zu verhindern. Diesem Zweck dient aber gerade die Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG. Ein weiterer Beleg dafür, dass die Betriebspartner mit der Neuregelung auch die Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht der Beklagten nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG abbedingen wollten, ist die Vereinbarung, dass die laufenden Versorgungsleistungen jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres um 1 % anzupassen sind. Mit dieser Bestimmung haben die Betriebspartner § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG nahezu wortgleich übernommen und damit zum Ausdruck gebracht, von der in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zu ersetzen.

57

c) Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Betriebsparteien hätten mit der in § 2 GBV 2006 getroffenen Regelung in erster Linie die in § 26 GVW 1993 bestimmte Anpassungsregelung beseitigen und nur nachrangig die Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG ersetzen wollen; deshalb führe ein Verstoß von § 2 GBV 2006 gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG nicht dazu, dass die in § 26 GVW 1993 enthaltene Anpassungsregelung durch die GBV 2006 nicht abgelöst würde, sondern nur dazu, dass es bei der gesetzlichen Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG verbleibe, die dann neben die in § 2 GBV 2006 geregelte, von der wirtschaftlichen Lage der Beklagten unabhängige Anpassungspflicht trete. Ein solcher Wille der Betriebsparteien hat in der GBV 2006 keinen Anklang gefunden.

58

d) Aus der in § 3 GBV 2006 vereinbarten salvatorischen Klausel folgt nichts anderes. Diese Klausel, wonach die Unwirksamkeit einzelner Bestandteile die Wirksamkeit der übrigen Regelungen dieser Betriebsvereinbarung nicht berührt, befasst sich mit den Folgen der Unwirksamkeit einzelner abtrennbarer Regelungen der GBV 2006 für die übrigen Regelungen der Betriebsvereinbarung und betrifft nicht die Frage, ob eine einzelne Bestimmung der Betriebsvereinbarung selbst teilbar ist bzw. im Wege der Auslegung auf einen wirksamen Inhalt zurückgeführt werden kann.

59

3. Die Unwirksamkeit von § 2 GBV 2006 führt zur Gesamtunwirksamkeit der Betriebsvereinbarung.

60

a) Zwar führt die Unwirksamkeit einzelner Teilbestimmungen einer Betriebsvereinbarung nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der übrigen Bestimmungen. Das folgt aus dem Normcharakter der Betriebsvereinbarung, der es ebenso wie bei Gesetzen oder Tarifverträgen gebietet, im Interesse der Kontinuität und Rechtsbeständigkeit der gesetzten Ordnung diese insoweit aufrechtzuerhalten, als sie auch ohne den unwirksamen Teil ihre ordnende Funktion noch entfalten kann. Die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung lässt deshalb die Wirksamkeit der übrigen unberührt, wenn der verbleibende Teil auch ohne die unwirksame Bestimmung eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält (BAG 13. Februar 2003 - 6 AZR 537/01 - zu II 2 c cc der Gründe, BAGE 104, 353; 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 3; 22. Juli 2003 - 1 ABR 28/02 - zu B II 3 a aa der Gründe, BAGE 107, 78; 21. Oktober 2003 - 1 AZR 407/02 - zu II 1 der Gründe, BAGE 108, 147; 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B IV 2 a aa der Gründe, BAGE 110, 252; 11. Januar 2011 - 1 ABR 104/09 - Rn. 23, BAGE 136, 353).

61

b) Danach ist die GBV 2006 ingesamt unwirksam. Der verbleibende Teil der GBV 2006 enthält ohne die unwirksame Bestimmung in § 2 keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung. „Materielle“ Regelungen enthält lediglich § 2 GBV 2006. Die §§ 1, 3 und 4 sind bloße Nebenbestimmungen hinsichtlich des Geltungsbereichs, der Folgen einer Teilunwirksamkeit sowie des Zeitpunkts des Inkrafttretens.

62

c) Daran ändert die in § 3 GBV 2006 vereinbarte salvatorische Klausel nichts.

63

Es ist zweifelhaft, ob die Parteien einer Betriebsvereinbarung wegen deren Normcharakters überhaupt wirksam eine salvatorische Klausel vereinbaren können; diese Frage kann jedoch dahinstehen, weil § 3 GBV 2006 als typische salvatorische Klausel so auszulegen ist, dass sie lediglich den Grundsatz wiedergibt, wonach die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung die Wirksamkeit der übrigen unberührt lässt, wenn der verbleibende Teil auch ohne die unwirksame Bestimmung eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält. Dies ist hier nicht der Fall.

64

III. Die Unwirksamkeit der GBV 2006 hat zur Folge, dass die in der GVW 1993 enthaltenen Regelungen durch die GBV 2006 nicht abgelöst wurden und deshalb weiter anwendbar bleiben. Danach hat der Kläger nicht nur Anspruch auf Anpassung seiner Betriebsrente nach der in § 26 GVW 1993 vorgesehenen Anpassungsregelung, sondern ebenso auf Anpassungsprüfung und -entscheidung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG. Danach kann er für die Zeit von Januar 2006 bis Juni 2009 von der Beklagten rückständige Betriebsrente iHv. 1.059,75 Euro brutto verlangen.

65

1. Das Landesarbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung den Anspruch auf rückständige Betriebsrente für diesen Zeitraum mit 1.623,60 Euro beziffert. Dem sind weder die Beklagte mit ihrer Revision noch der Kläger mit seiner Anschlussrevision substantiiert entgegengetreten. Die Beklagte hat sogar ausdrücklich eingeräumt, dass die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Berechnung mit Ausnahme geringer Rundungsdifferenzen grundsätzlich richtig sei. Soweit sie unter Hinweis auf ihre Berechnung, die als Anlage 15 zum Schriftsatz vom 30. April 2010 überreicht wurde, rügt, das Landesarbeitsgericht sei von der im Termin zur mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörterten Berechnung abgewichen und habe diese Abweichungen nicht näher erläutert, stellt dies keinen substantiierten Angriff gegen die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Berechnung dar.

66

2. Da der Kläger seine Zahlungsklage in der Revisionsinstanz iHv. 563,85 Euro zurückgenommen hat, ist der Rechtsstreit insoweit als nicht anhängig geworden anzusehen, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. In diesem Umfang ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts wirkungslos geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) mit der Folge, dass dem Kläger hieraus lediglich der Differenzbetrag iHv. 1.059,75 Euro brutto zusteht.

67

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Brunke    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 25. Februar 2009 - 5 Sa 47/08 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. April 2008 - 1 Ca 489/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem zwischen dem Krankenhausarbeitgeberverband Hamburg e.V. (KAH) und dem Marburger Bund - Landesverband Hamburg - am 22. November 2006 geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte im KAH (TV-Ärzte/KAH).

2

Der Kläger, der den Abschluss eines Diplom-Psychologen erworben hat, ist bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern seit dem 1. Juli 1973 beschäftigt. Er wurde ab dem 1. Januar 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, verbunden mit Lehrverpflichtungen im Universitätsklinikum H, beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 10. März 1981 heißt es ua.:

        

„1.     

        

Der Arbeitnehmer wird ab 1.1.1981 auf unbestimmte Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Vergütungsgruppe IIa Anlage 1a zum BAT weiterbeschäftigt.“

3

Der Kläger ist seit dieser Zeit mit weit mehr als 50 vH seiner Arbeitszeit in der Patientenversorgung tätig. Bereits seit dem 8. Mai 1980 verfügt er über eine Erlaubnis nach § 1 HeilprG, die es ihm gestattet, die Tätigkeit eines Psychotherapeuten berufsmäßig auszuüben. Im Jahre 1999 erhielt der Kläger die Approbation zur Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten nach § 12 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychologen(vom 16. Juni 1998 - PsychThG).

4

Am 1. Januar 2007 trat der TV-Ärzte/KAH in Kraft. Die Überleitung regelt der am gleichen Tag geschlossene Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte im KAH (TVÜ-Ärzte/KAH). Zum Geltungsbereich bestimmt § 1 TV-Ärzte/KAH:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt für alle Ärzte und Zahnärzte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Mitgliedsunternehmen des KAH stehen. Er gilt weiterhin für alle wissenschaftlichen Mitarbeiter an Universitätskliniken und für akademische Mitarbeiter, die in einem Arbeitsverhältnis mit einem Mitgliedsunternehmen des KAH stehen und überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahrnehmen. Soweit im Folgenden von Ärzten gesprochen wird, sind sämtliche vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfassten Beschäftigten gemeint.

        

…       

        

Protokollnotiz zu Absatz 1:

        

…       

        

Akademische Mitarbeiter sind Beschäftigte mit einem staatlich anerkannten, universitären Hochschulabschluss, die eine einem Arzt vergleichbare Tätigkeit ausüben. Hierzu gehören Medizinphysiker und psychologische Psychotherapeuten mit Approbation.“

5

Die Beklagte vergütet den Kläger seit dem 1. Januar 2007 nach der Entgeltgruppe Ä 1 Stufe 5 TV-Ärzte/KAH. Zusätzlich zu seinem Grundentgelt erhält der Kläger noch eine Besitzstandszulage. Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 und vom 29. August 2007 machte der Kläger erfolglos eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 3 TV-Ärzte/KAH geltend.

6

Mit seiner Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er sei als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig und nehme überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahr. Der 1981 geschlossene Arbeitsvertrag sei nie geändert worden. Er übe mit etwa 80 vH seiner Arbeitszeit eine einem Arzt vergleichbare Tätigkeit aus. Wissenschaftliche Mitarbeiter seien nach zehnjähriger Tätigkeit nach der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH zu vergüten. Die Stufe 3 der Entgeltgruppe stehe ihm zu, da er mehr als sieben Jahre das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe erfülle. Selbst wenn er unter die Gruppe der akademischen Mitarbeiter falle, seien die tariflichen Voraussetzungen erfüllt. Die Approbation nach der Überleitungsvorschrift des § 12 Abs. 3 PsychThG setze voraus, dass er zwischen dem 1. Januar 1989 und dem 31. Dezember 1998 mit einer Gesamtdauer von mindestens sieben Jahren an der Versorgung von Versicherten mitgewirkt habe.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 2007 Vergütung aus der Vergütungsgruppe Ä 2/3 des TV-Ärzte/KAH zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei aufgrund der von ihm ausgeübten Tätigkeiten akademischer Mitarbeiter. Trotz des Arbeitsvertrages liege der deutliche Schwerpunkt seiner tatsächlichen Beschäftigung in der Patientenversorgung. Diese tatsächliche einvernehmliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses gehe den vertraglichen Abreden vor. Der Kläger verfüge noch nicht zehn Jahre über die nach der Protokollnotiz zu § 1 TV-Ärzte/KAH erforderliche Approbation.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet.

11

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

12

1. Der Antrag ist hinsichtlich der Entgeltgruppe als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig.

13

2. Soweit der Kläger darüber hinaus eine bestimmte Stufe der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH festgestellt wissen will, fehlt ihm nicht das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

14

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt diese Zulässigkeitsvoraussetzung für einen derartigen Antrag dann vor, wenn neben der Entgeltgruppe auch die Zuordnung zu einer Entgeltstufe zwischen den Parteien umstritten ist und durch den Feststellungsantrag dieser Teil eines Vergütungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig geklärt und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können (9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 22 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240; 25. Januar 2006 - 4 AZR 613/04 - Rn. 13, AP BAT-O § 27 Nr. 4).

15

b) Danach ist das erforderliche Feststellungsinteresse vorliegend gegeben. Der Streit zwischen den Parteien betrifft nicht nur die Eingruppierung im Sinne der Erfüllung von Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen. Da die Beklagte bestreitet, der Kläger sei vor dem Beginn des Jahres 1999 akademischer Mitarbeiter im Tarifsinne gewesen, ist es nicht ausgeschlossen, dass selbst bei der Annahme einer Vergütungspflicht nach der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH ein Streit über die zutreffende Entgeltstufe entsteht.

16

II. Die Klage hat jedoch keinen Erfolg. Dabei kann es dahinstehen, ob der Kläger wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter iSd. § 1 TV-Ärzte/KAH ist. Die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH sind in jedem Fall nicht erfüllt. Der Kläger verfügt nicht über die nach dem Tätigkeitsmerkmal geforderte „zehnjährige Tätigkeit in Ä 1“.

17

1. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien findet der TV-Ärzte/KAH auf das zwischen Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis seit dem 1. Januar 2007 Anwendung.

18

2. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers sind die nachstehenden Regelungen des TV-Ärzte/KAH und des TVÜ-Ärzte/KAH maßgebend.

19

a) Der TV-Ärzte/KAH lautet auszugsweise:

        

„§ 12 

        

Eingruppierung

        

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe

Bezeichnung

        

Ä 1     

Arzt, Zahnarzt

                 

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

                 

Akademischer Mitarbeiter

        

Ä 2     

Facharzt, Fachzahnarzt

                 

Wissenschaftlicher Mitarbeiter nach zehnjähriger Tätigkeit in Ä 1

                 

Akademischer Mitarbeiter nach zehnjähriger Tätigkeit in Ä 1

                 

…       

        

 § 16 

        

Stufen der Entgelttabelle

        

(1)     

Die Entgeltgruppen Ä 1 und Ä 2 umfassen fünf Stufen; die Entgeltgruppe Ä 3 umfasst drei Stufen; die Entgeltgruppe Ä 4 umfasst eine Stufe. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit bzw. der Tätigkeit als ständiger Vertreter des leitenden Arztes, die in der Tabelle (Anlage A1) angegeben sind.

        

(2)     

Bei der Stufenzuordnung werden Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche Zeiten berücksichtigt. Zeiten von Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden. Zeiten ärztlicher/ fachärztlicher Tätigkeit außerhalb des EU-Bereichs können nur berücksichtigt werden, soweit sie von der zuständigen Stelle als der inländischen ärztlichen Tätigkeit gleichwertig anerkannt sind/ werden.“

20

b) Im TVÜ-Ärzte/KAH ist ua. bestimmt:

         

„§ 3   

        

Entgeltgruppenzuordnung und Einstufung

        

(1)     

Für die Eingruppierung der Ärzte ab 01. Januar 2007 gilt die Entgeltordnung gem. § 12 TV-Ärzte KAH.

                          
        

(2)     

Die Ärzte werden in die Entgeltstufe eingestuft, die sie erreicht hätten, wenn die Entgeltordnung gemäß § 12 TV-Ärzte KAH für Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgeblichen Entgeltgruppe gegolten hätte.

        

…“    

        
21

3. Dem Begehren des Klägers steht entgegen, dass er seit Inkrafttreten des maßgebenden Tarifvertrages nicht bereits zehn Jahre in der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH tätig gewesen ist. Ein Tätigkeitsaufstieg des Klägers wurde nach dem Tarifvertrag erst mit dessen Inkrafttreten ermöglicht, sodass die entsprechenden Zeiten erst seit diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Die Anrechnung von Tätigkeitszeiten, die vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH liegen, die § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH bei der Entgeltstufenbestimmung ermöglicht, ist für die Bestimmung der maßgebenden Entgeltgruppe nicht vorgesehen.

22

a) Die Auslegung eines Tarifvertrages (zu den Maßstäben etwa BAG 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe, BAGE 113, 291) durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240 ).

23

b) Die Auslegung ergibt, dass die tarifvertraglich vorgesehene Tätigkeit in einer bestimmten Entgeltgruppe des TV-Ärzte/KAH, die zu einer Höhergruppierung führt, nur durch Tätigkeiten erfüllt werden kann, während deren Ausübung der Arbeitnehmer in der genannten Entgeltgruppe des Tarifvertrages eingruppiert war. Das setzt grundsätzlich die Anwendbarkeit des TV-Ärzte/KAH auf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers voraus, kann vorliegend also nur durch Tätigkeitszeiten erfüllt werden, die nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH am 1. Januar 2007 absolviert worden sind.

24

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten, Tätigkeitszeiten oder Bewährungszeiten in Tarifverträgen unterschiedlich geregelt werden. Sieht ein Tarifvertrag vor, dass eine Höhergruppierung nur durch Tätigkeiten erfüllt werden kann, während deren Ausübung der Arbeitnehmer in einer bestimmten Entgeltgruppe des betreffenden Tarifvertrages eingruppiert war, setzt das grundsätzlich die zeitgleiche Anwendbarkeit des Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis voraus. Die tariflich geforderten Tätigkeitszeiten können dann nur nach Inkrafttreten des Tarifvertrages erfüllt werden (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 41 ff., BAGE 124, 240; 22. September 2010 - 4 AZR 149/09 - Rn. 46).

25

bb) Im vorliegenden Zusammenhang folgt bereits aus dem Wortlaut des TV-Ärzte/KAH, dass für den Tätigkeitsaufstieg aus der Entgeltgruppe Ä 1 in die nächsthöhere Entgeltgruppe eine „Tätigkeit in Ä 1“ vorgeschrieben ist und nicht lediglich eine Tätigkeit als wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter. „In Ä 1” kann ein Arbeitnehmer nur tätig sein, wenn er die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe erfüllt. Das setzt die Geltung der betreffenden Entgeltordnung und damit des TV-Ärzte/KAH voraus. Zwar können unter bestimmten Umständen auch Tatbestände, die in der Vergangenheit liegen, tarifliche Bedeutung erlangen. Dies erfordert jedoch eine entsprechend deutliche tarifvertragliche Regelung, da Tarifnormen wie Gesetze grundsätzlich nur für die Zukunft Geltung beanspruchen (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 43, BAGE 124, 240; 9. März 1994 - 4 AZR 228/93 - mwN, AP BAT § 23a Nr. 32).

26

cc) Dieses am Wortlaut orientierte Auslegungsergebnis wird gestützt durch den Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen. Die Tarifvertragsparteien waren sich erkennbar bewusst, dass es auch andere, prinzipiell berücksichtigungsfähige Beschäftigungszeiten vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH gibt.

27

§ 16 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte/KAH bestimmt für das Erreichen der nächsten Entgeltstufe, dass diese Stufe nach „den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit“ erreicht wird. Damit wird auf Tätigkeitszeiten während der Eingruppierung in den jeweiligen Entgeltgruppen abgestellt (vgl. auch zu § 19 TV-Ärzte/VKA BAG 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 45; 16. Dezember 2010 - 6 AZR 357/09 - Rn. 16 f.). Grundsätzlich wäre damit jeder Arbeitnehmer bei Inkrafttreten des Tarifvertrages der Stufe 1 der einschlägigen Entgeltgruppe zugeordnet. Für die Festlegung der Entgeltstufe haben die Tarifvertragsparteien in § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH jedoch ausdrücklich bestimmt, dass auch Beschäftigungszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages für die Ermittlung der zutreffenden Entgeltstufe berücksichtigt werden, wenn die auszuübende Tätigkeit eines Arbeitnehmers schon vor dem 1. Januar 2007 das Tätigkeitsmerkmal der betreffenden Entgeltgruppe erfüllt hat. Auch § 16 Abs. 2 TV-Ärzte/KAH behandelt bei der Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten einschlägiger Berufserfahrungen - nur - die Stufenzuordnung.

28

Angesichts der eindeutigen, von den Tarifvertragsparteien sogar wiederholt verwendeten Begrifflichkeit gilt die Tarifregelung des § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH nur für die Einstufung in die Entgeltstufe, nicht für die Zuordnung zu einer Entgeltgruppe. Die von den Tarifvertragsparteien in ihren Vergütungsregelungen gewählte unterschiedliche Terminologie ist zu beachten. Nach den Kriterien für die Auslegung eines Tarifvertrages als Rechtsnormenwerk ist regelmäßig davon auszugehen, dass Tarifvertragsparteien durch eine differenzierende Wortwahl auch unterschiedliche Regelungen treffen wollen. Von einer Maßgeblichkeit von Tätigkeitszeiten, die Arbeitnehmer absolviert haben, ohne nach dem TV-Ärzte/KAH eingruppiert zu sein, sind die Tarifvertragsparteien für die von ihnen geregelte Eingruppierung in Entgeltgruppen nicht ausgegangen, auch wenn man hier an eine gleichartige Regelung hätte denken können. Ein dahin gehender Regelungswille hat aber im Wortlaut des TVÜ-Ärzte/KAH keinerlei Niederschlag (vgl. hierzu BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 35, BAGE 124, 110) gefunden.

29

c) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, die Tarifvertragsparteien hätten bei Abschluss des Tarifvertrages nicht bedacht, dass Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH nicht nur für die Entgeltstufe, sondern auch für die Bestimmung der zutreffenden Entgeltgruppe maßgebend sein können, weshalb der Tarifvertrag insoweit lückenhaft wäre.

30

aa) Für die Annahme einer Regelungslücke könnte im vorliegenden Fall sprechen, dass die Berücksichtigung von Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages am 1. Januar 2007 für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe mit Ausnahme der wissenschaftlichen und der akademischen Mitarbeiter nicht erforderlich gewesen ist. Denn für die übrigen in den Entgeltgruppen Ä 1 bis Ä 4 TV-Ärzte/KAH genannten Beschäftigten ist ein Tätigkeitsaufstieg in eine andere Entgeltgruppe nicht vorgesehen. Erfüllten sie bereits vor dem 1. Januar 2007 eines der in § 12 TV-Ärzte/KAH genannten Tätigkeitsmerkmale, konnte dies nur für die Einstufung in eine der Entgeltstufen des § 16 TV-Ärzte/KAH von Bedeutung sein, nicht aber zur Bestimmung der Entgeltgruppe.

31

Weiterhin könnte für eine Tariflücke sprechen, wie sich die wörtlich verstandene Tarifregelung in einem Fall wie dem vorliegenden auswirkt. Sie führt dazu, dass der Kläger, obwohl bereits seit vielen Jahren als wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter tätig, zehn Jahre ab Inkrafttreten des Tarifvertrages in der Entgeltgruppe Ä 1 Stufe 5 TV-Ärzte/KAH verbleibt, bevor der Tätigkeitsaufstieg erfolgt. Dasselbe gilt auch für denjenigen wissenschaftlichen oder akademischen Mitarbeiter, der seine Tätigkeit mit dem Datum des Inkrafttretens des Tarifvertrages aufgenommen hat, wobei er allerdings den gesamten Stufenaufstieg der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH zu durchlaufen hat.

32

bb) Eine hiernach etwa feststellbare Tariflücke kann jedoch nur geschlossen werden, wenn es sich nicht um eine bewusste Auslassung der Tarifvertragsparteien handelt. Denn die Gerichte sind nicht befugt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“ oder eine schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei dadurch zu prämieren, dass ihr Vertragshilfe geleistet wird. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 750/08 - Rn. 34 mwN, ZTR 2010, 571; 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 20 mwN, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 215; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 23 f. mwN, AP TVG § 1 Nr. 57 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 46). Zudem darf nicht jede unbewusste Tariflücke durch die Gerichte geschlossen werden. Dafür müssen sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür ergeben, welche Regelung die Tarifvertragsparteien für die nachträglich festgestellte Regelungslücke getroffen hätten, wenn sie die Lücke bei Tarifabschluss bemerkt hätten (BAG 21. April 2010 - 4 AZR 750/08 - Rn. 34, aaO; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 25, aaO). Bestehen im Kontext des vorliegenden Tarifvertrages mehrere Möglichkeiten die Lücke zu schließen, muss die Auswahlentscheidung den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben (s. nur BAG 25. August 2010 - 4 ABR 104/08 - Rn. 38 mwN; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 25 mwN, aaO; 5. Oktober 1999 - 3 AZR 230/98 - zu I 5 der Gründe mwN, BAGE 92, 310).

33

cc) Auch in Anbetracht des neu geschaffenen Tarifwerks liegt es an sich nicht fern, zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien unbewusst die Frage, ob Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages für den in § 12 TV-Ärzte/KAH geregelten Tätigkeitsaufstieg ungeregelt gelassen haben. Aber auch dann fehlt es an den erforderlichen eindeutigen Hinweisen darauf, dass die Tarifvertragsparteien, hätten sie den Regelungsbedarf erkannt, eine § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH entsprechende Regelung auch für die Entgeltgruppenzuordnung getroffen hätten.

34

Zwar lässt sich dem TV-Ärzte/KAH für die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter ein Entgeltsystem entnehmen, wonach diese Arbeitnehmer - aufgrund der nach Abs. 3 der Anlage A1 zum TV-Ärzte/KAH für diesen Beschäftigtenkreis gegenüber dem ärztlichen Personal veränderten Stufenlaufzeiten - alle zwei Jahre von der Entgeltstufe 1 bis zur Entgeltstufe 5 aufsteigen. Hieran schließt sich - bei zehnjähriger Tätigkeit in der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH - der Tätigkeitsaufstieg in die Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 1 TV-Ärzte/KAH an, dem nach jeweils zwei Jahren ein weiterer Stufenaufstieg, begrenzt auf die Entgeltstufe 3 der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH, folgt.

35

Allein diese tarifliche Systematik ergibt aber noch keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, ob die Tarifvertragsparteien im Rahmen der grundlegend geänderten Entgeltstrukturen, die sich auch in der Besitzstandsregelung des § 4 TVÜ-Ärzte/KAH widerspiegeln, für die Entgeltgruppenzuordnung alle Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages ohne weiteres anrechnen wollten. Bei den anderen Beschäftigtengruppen ermöglicht die Anrechnung der Tätigkeitszeiten vor dem 1. Januar 2007 in den Entgeltgruppen Ä 1 und Ä 2 TV-Ärzte/KAH bei zudem abweichenden Stufenlaufzeiten nur einen Aufstieg von der Stufe 1 in die Stufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe. Demgegenüber würde bei den wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeitern die Berücksichtigung vorangegangener Tätigkeitszeiten sowohl einen Tätigkeitsaufstieg in die Entgeltgruppe Ä 2 als auch einen Stufenaufstieg in Stufe 3 TV-Ärzte/KAH bedeuten. Damit würde nicht nur wie bei den Ärzten in der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH nach der Entgelttabelle 2010 ein um 935,00 Euro brutto höheres Entgelt ermöglicht als bei der Nichtberücksichtigung von Vortätigkeitszeiten - bei den Beschäftigten der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH beläuft sich der entsprechend ermittelte Unterschiedsbetrag auf 1.180,00 Euro brutto -, sondern eine Entgeltsteigerung um 1.970,00 Euro brutto festgelegt. Dies weicht erheblich von den Steigerungsmöglichkeiten ab, welche die Tarifvertragsparteien durch die Regelung in § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH für die Stufensteigerungen bereits länger Beschäftigter eröffnet haben. Dass sie für die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter diese Regelung auch für den Tätigkeitsaufstieg hinsichtlich der Entgeltgruppe einschließlich der sich gegenüber den anderen Mitarbeitern abweichenden Entgeltsteigerungen eröffnen wollten, liegt zwar nicht völlig außerhalb des Bereichs des Möglichen, weil bei ihnen eine Weiterqualifikation zum Facharzt grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Aus dem Tarifvertrag selbst lassen sich indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien in jedem Falle eine § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH genau entsprechende Regelung getroffen hätten. Nur dann wäre dem Senat aber eine entsprechende Lückenfüllung möglich gewesen.

36

Gegen einen in die genannte Richtung gehenden hypothetischen Gleichstellungswillen der Tarifvertragsparteien, was die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter angeht, spricht im Übrigen auch, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage A1 zum TV-Ärzte/KAH bereits hinsichtlich des Stufenaufstiegs für diesen Personenkreis eine gegenüber den anderen Beschäftigtengruppen abweichende Regelung, was die Stufenlaufzeiten angeht, getroffen haben. Ein derartiger besonderer Regelungswille kann auch für die vorliegende tarifliche Regelungsfrage der Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten für die Eingruppierung nicht ausgeschlossen werden.

37

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber     

        

        

        

    Drechsler    

        

    Redeker    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. September 2009 - 11 Sa 20/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf betriebliche Gründe gestützten ordentlichen Kündigung.

2

Die Klägerin trat im Jahre 1996 in die Dienste der Beklagten, die ein Unternehmen der Druckindustrie betreibt.

3

Am 30. Mai 2007 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied die Klägerin ist, eine erstmals zum 31. Dezember 2008 kündbare Sanierungsvereinbarung (fortan: Tarifvereinbarung 2007). Diese sieht einerseits Vergütungskürzungen, andererseits für einen Personenkreis, zu dem auch die Klägerin zählt, Beschäftigungssicherung vor. Weiter heißt es in § 4:

        

„Kann diese Vereinbarung in Einzelfällen nicht eingehalten werden, kann ... nur mit Zustimmung des Betriebsrates und der ver.di Landesbezirk NRW (Fachbereich Medien, Kunst und Industrie) gekündigt werden.“

4

Mit Schreiben vom 4. Juli 2008 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin zum 31. Dezember 2008 an. Die Abteilung Druckvorstufe, in der die Klägerin tätig war, werde geschlossen. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben vom 11. Juli 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2008.

5

Die Klägerin hat mit der Klage ua. geltend gemacht, die Kündigung sei mangels vorheriger Zustimmung der Gewerkschaft ver.di unwirksam. Im Fall der Wirksamkeit der Kündigung stehe ihr jedenfalls ein Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG zu.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 11. Juli 2008 nicht zum 31. Dezember 2008 aufgelöst wird,

        

2.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an sie einen der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Nachteilsausgleich gemäß § 113 BetrVG zu zahlen, nicht jedoch unter 16.000,00 Euro.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigung für wirksam erachtet. Die Gewerkschaft sei schon im Vorfeld in die zahlreichen Verhandlungen über die Schließung der Abteilung der Klägerin eingebunden und einverstanden gewesen. Sie habe die Kündigung spätestens am 24. September 2008 genehmigt. Einer vorherigen Zustimmung zur Kündigung habe es nicht bedurft.

8

Das Arbeitsgericht hat nach dem Hauptantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Hauptantrag der Klägerin zu Recht entsprochen. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst (I.). Sie hätte nach der Tarifvereinbarung der vorherigen Zustimmung bedurft (I.1). Eine solche ist nach den nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht erteilt worden (I.2). Ob eine nachträgliche Zustimmung erteilt wurde, kann dahinstehen (I.3). Über den Hilfsantrag war nicht zu entscheiden (II.).

10

I. Die Kündigung der Beklagten hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, weil sie nicht mit Zustimmung der Gewerkschaft ver.di ausgesprochen wurde.

11

1. Die Kündigung hätte der vorherigen Zustimmung der Gewerkschaft bedurft. Dieses Erfordernis ist in § 4 der Tarifvereinbarung 2007 aufgestellt. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Vorschrift.

12

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben der Tarifnorm zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist dabei stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, so können die Gerichte für Arbeitssachen - ohne Bindung an eine Reihenfolge - weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages oder auch die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP BGB § 626 Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7; BAG 15. Oktober 2003 - 4 AZR 594/02 - EzA TVG § 4 Stahlindustrie Nr. 2; 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - BAGE 98, 35).

13

b) Bereits der Wortlaut der Tarifvereinbarung legt das hier zugrunde gelegte Verständnis der Tarifnorm nahe, auch wenn der Wortsinn nicht eindeutig ist.

14

aa) Der entsprechende Passus verlangt, dass nur „mit“ Zustimmung des Betriebsrats und der Gewerkschaft gekündigt werden kann. Die Präposition „mit“ bezeichnet hier ein Verhältnis der Gleichzeitigkeit zwischen den Vorgängen, die als „Kündigung“ und „Zustimmung“ benannt sind. Bereits der Ausspruch der Kündigung soll vom Vorhandensein der Zustimmung begleitet sein. Die Zustimmung muss dem Ausspruch der Kündigung gleichsam schon anhaften. In diesem Sinne haben auch die Beklagte selbst und der Betriebsrat den Tarifvertrag verstanden. So hat die Beklagte in der Klageerwiderung vorgetragen, sie habe „natürlich die erforderliche Zustimmung …“ „vor Ausspruch der Kündigung“ eingeholt. Der Betriebsrat wiederum hätte bei anderem Verständnis der Tarifvereinbarung schwerlich Anlass gehabt, ausdrücklich seine Zustimmung zu erteilen, deren es nach § 102 BetrVG nicht bedurft hätte.

15

bb) Richtig ist allerdings, dass nach den §§ 183, 184 BGB die vorherige Zustimmung Einwilligung, die nachträglich erteilte Zustimmung Genehmigung genannt wird und bei solchem Sprachgebrauch auch eine Genehmigung - also das nachträglich erklärte Einverständnis - als Zustimmung iSd. §§ 182 ff. BGB bezeichnet werden kann. Indes ist bereits die Ausdrucksweise des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht einheitlich. Gerade im Kündigungsrecht und im Betriebsverfassungsrecht kann außerdem ein von den Definitionen in den §§ 183, 184 BGB abweichendes Verständnis geboten sein. So hat der Senat zB erkannt, dass die nach § 103 BetrVG notwendige Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds keine Zustimmung iSd. § 183 BGB ist(4. März 2004 - 2 AZR 147/03 - BAGE 110, 1). Das Betriebsratsmitglied kann daher die Kündigung nicht nach § 182 Abs. 3 BGB iVm. § 111 Satz 2 und Satz 3 BGB zurückweisen, weil ihm der Arbeitgeber die vom Betriebsrat erteilte Zustimmung nicht in schriftlicher Form vorlegt.

16

c) Entscheidend für die Auslegung sind systematische Gründe sowie der Sinn und Zweck der Tarifvorschrift.

17

aa) Schon der in der Tarifvereinbarung vorgesehene Gleichlauf zwischen der Mitwirkung des Betriebsrats und der Gewerkschaft spricht dafür, dass unter „Zustimmung“ die vorherige Zustimmung zu verstehen ist. Dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrats stets vor Ausspruch der Kündigung auszuüben sind, ist im Gesetz (§§ 102, 103 BetrVG, § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG) ausdrücklich angeordnet. Wenn die Tarifvertragsparteien also, wie geschehen, diese Beteiligungsrechte gegenüber dem Gesetz um ein weiteres Recht ergänzen, liegt es nahe, dass sie eine Zustimmung des Betriebsrats vor der Kündigung zur Wirksamkeitsvoraussetzung erheben wollten, ähnlich wie es in § 102 Abs. 6 BetrVG vorgesehen ist. Erfordert aber „Zustimmung“ für die Beteiligung des Betriebsrats „vorherige Zustimmung“, dann wäre es mehr als überraschend, wenn dasselbe Wort im selben Zusammenhang für die Beteiligung der Gewerkschaft die „nachträgliche Zustimmung“ iSd. § 184 BGB einschlösse.

18

bb) Auch die vom Landesarbeitsgericht in den Vordergrund gerückte Überlegung, dass einseitige empfangsbedürftige Gestaltungserklärungen grundsätzlich keinen Schwebezustand vertragen, weist in diese Richtung. Die Notwendigkeit der Vermeidung von rechtlichen Schwebezuständen ist gerade bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen von besonderem Belang. Der Arbeitnehmer muss eine Kündigung unter Angabe der von ihm als tragend angesehenen Unwirksamkeitsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist des § 4 KSchG angreifen, wenn er ihr Wirksamwerden nach § 7 KSchG verhindern will. Das kann er nur dann, wenn die Unwirksamkeitsgründe bei Zugang der Kündigung feststehen. Der Arbeitnehmer muss also bei Zugang der Kündigung zumindest wissen können, ob alle Wirksamkeitsvoraussetzungen gegeben sind. Andernfalls kann er sein Klagerisiko nicht einschätzen (Senat 10. November 1994 - 2 AZR 207/94 - AP KSchG 1969 § 9 Nr. 24 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 43). Dem entspricht es, dass für die Wirksamkeit von Kündigungen der Zeitpunkt des Kündigungszugangs maßgeblich ist.

19

cc) Die Tarifvereinbarung 2007 ist eine Sanierungsvereinbarung. Die Zustimmungsbedürftigkeit von Kündigungen, die eine Veränderung des von den Tarifvertragsparteien als vertretbar angesehenen Verhältnisses von Lohnverzicht und Entlassungen einerseits und Beschäftigungssicherung andererseits mit sich bringen, diente ersichtlich auch dem Zweck, der Gewerkschaft einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Kündigungsentscheidung einzuräumen und gegebenenfalls auf ihre Vermeidung hinzuwirken. Dem trägt das hier gefundene Auslegungsergebnis Rechnung.

20

dd) Den vorstehenden Überlegungen steht die Entscheidung des Senats vom 26. März 2009 (- 2 AZR 403/07 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 70) nicht entgegen. Danach muss die Kündigung eines Nichtberechtigten nicht innerhalb der Frist des § 4 KSchG angegriffen werden, solange dem Gekündigten die Genehmigung nicht zugegangen ist. Eine Kündigung durch einen Nichtberechtigten liegt hier jedoch ebenso wenig vor wie im Fall einer Kündigung ohne die nach den §§ 15 KSchG, 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats(Senat 4. März 2004 - 2 AZR 147/03 - BAGE 110, 1).

21

d) Die Tarifvertragsparteien waren nicht gehindert, die Kündigung von der vorherigen Zustimmung der Gewerkschaft abhängig zu machen. Dagegen kann nicht geltend gemacht werden, dass die Vertragsparteien ihre Dispositionen nicht von der Zustimmung Dritter abhängig machen können (vgl. dazu Senat 10. November 1994 - 2 AZR 207/94 - AP KSchG 1969 § 9 Nr. 24 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 43). Dass das Recht des Arbeitgebers, aus betrieblichen Gründen ordentlich zu kündigen, durch normative Regelungen eines Tarifvertrages von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht (BAG 14. März 2001 - 4 AZR 161/00 - AP BGB § 620 Schuldrechtliche Kündigungsbeschränkung Nr. 4 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 47) und sogar ganz ausgeschlossen werden kann, steht außer Zweifel (vgl. Senat 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17; 8. November 2007 - 2 AZR 314/06 - BAGE 124, 367; 13. Juni 1996 - 2 AZR 547/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 21 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 2; vgl. auch MüArbR/Wank 3. Aufl. Bd. 1 § 100 Rn. 63 ff.; APS/Preis 3. Aufl. Grundlagen J. Rn. 10 - 15; trotz Bedenken letztlich ebenso: Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 865 - 887). Dann aber muss es auch durch ein Zustimmungserfordernis eingeschränkt werden können. Ob diese Erwägungen auch für das Recht des Arbeitgebers, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, gelten, bedarf keiner Entscheidung, da eine solche hier nicht im Streit steht.

22

e) Ihre ursprünglich geäußerte Auffassung, die Tarifvereinbarung 2007 erfasse nur Kündigungen, die zu Terminen bis zum 31. Dezember 2008 24.00 Uhr ausgesprochen würden, hat die Beklagte nicht wieder aufgegriffen. Sie trifft auch ersichtlich nicht zu.

23

2. Das Landesarbeitsgericht hat, ohne dass die Beklagte Verfahrensrügen erhoben hätte, festgestellt, dass eine Zustimmung der Gewerkschaft vor Ausspruch der Kündigung nicht vorlag. Das Landesarbeitsgericht hat diese Feststellung darauf gestützt, die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe insoweit ausreichenden Tatsachenvortrag nicht gehalten. Diese Würdigung ist gut nachvollziehbar und auch abgesehen davon, dass sie von der Beklagten mit der Revision nicht angegriffen wird, nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat an keiner Stelle konkret vorgetragen, dass und wann welche für die Gewerkschaft handelnde Person der hier streitigen Kündigung zugestimmt hätte. Die Beklagte hat lediglich allgemein ausgeführt, die Gewerkschaft sei in Gestalt des Herrn T. ständig über alle Umstände im Bilde gewesen und habe sie mitgetragen. Darin liegt keine Zustimmung.

24

3. Das nachträglich von der Beklagten eingeholte und in einer Protokollerklärung niedergelegte Einverständnis genügte schon deshalb nicht den tarifvertraglichen Anforderungen, weil es erst nach Ausspruch der Kündigung erfolgte.

25

II. Der Hilfsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen, da die Klägerin bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat.

26

III. Die Kosten der Revision fallen der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Nielebock    

        

    Hans-Paul Frey    

                 

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. Februar 2010 - 1 Sa 12/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des vormaligen Klägers.

2

Der 1947 geborene und am 19. April 2009 verstorbene vormalige Kläger war vom 1. April 1970 bis zum 31. August 1997 beim Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach dem Arbeitsvertrag vom 10./12. Dezember 1973, dessen § 7 lautet:

        

„Der NDR gewährt Versorgungsleistungen nach Maßgabe der jeweils gültigen tarifvertraglichen Versorgungsvereinbarung. Die Versorgungsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer des NDR, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen und bei ihrem letzten Eintreten in die Dienste des NDR das 55. Lebensjahr - bei weiblichen Arbeitnehmern das 50. Lebensjahr - noch nicht vollendet haben.“

3

Beim Beklagten gilt die tarifvertragliche Versorgungsvereinbarung des Norddeutschen Rundfunks vom 13. März 1997 (im Folgenden: VV 1997), die in ihrer damaligen Fassung ua. bestimmte:

        

㤠5

        

Höhe der Rente

        

(1)     

Die Alters- oder Berufsunfähigkeitsrente beträgt nach Ablauf der Wartezeit 35/100 des ruhegeldfähigen Einkommens. Sie erhöht sich nach dem vollendeten 10. Beschäftigungsjahr pro Jahr um 1/100, nach dem vollendeten 15. Beschäftigungsjahr pro Jahr um 1,5/100 und nach dem vollendeten 25. Beschäftigungsjahr pro Jahr um 1/100 bis zur Höchstgrenze von 60/100 des ruhegeldfähigen Einkommens.

        

…       

        
        

§ 6

        

Altersrente

        

(1)     

Die/der Berechtigte erhält Regelaltersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Altersrente wird erstmalig für den Monat gezahlt, der auf den Monat folgt, in dem die/der Berechtigte das 65. Lebensjahr vollendet und aus dem Dienst des NDR ausscheidet.

        

(2)     

Die/der Berechtigte erhält auf Antrag vorgezogene Altersrente, wenn sie/er vor Erreichen der Regelaltersrente durch Vorlage eines Rentenbescheides eines Sozialversicherungsträgers nachweist, daß sie/er Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente bezieht und sie/er aus dem Dienst des NDR ausscheidet.

                 

…       

        

§ 7

        

Rente wegen Berufsunfähigkeit

        

(1)     

Berufsunfähigkeitsrente erhält die/der Berechtigte, die/der berufsunfähig ist. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die Arbeitsfähigkeit der/des Berechtigten infolge Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwächen der körperlichen und geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte der Arbeitsfähigkeit einer körperlich und geistig gesunden Arbeitnehmerin/eines körperlich und geistig gesunden Arbeitnehmers von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Eine durch Krankheit oder Unfall bedingte Arbeitsunfähigkeit gilt ab Beginn des 7. Monats als Berufsunfähigkeit.

        

…       

        
        

(5)     

Der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente erlischt

                 

a)    

sobald die Berufsunfähigkeit endet,

                 

…       

        
                 

c)    

sobald die/der Berechtigte Altersrente nach § 6 erhält,

                 

d)    

mit Ablauf des Monats, in dem die/der Berechtigte stirbt. …

        

§ 14

        

Anrechnung

        

(1)     

Bei Eintritt des Rentenfalls werden auf die Renten angerechnet:

                 

a)    

Renten aus der Sozialversicherung …

        

§ 15

        

Obergrenze der Nettogesamtversorgung

        

(1)     

Die Versorgungsleistungen nach dieser Versorgungsvereinbarung dürfen unter Berücksichtigung der Beschäftigungsjahre folgende Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschreiten:

                 

Die Obergrenze der Nettogesamtversorgung beträgt bis einschließlich 20 Beschäftigungsjahre 80/100, bei mehr als 20 bis einschließlich 25 Beschäftigungsjahren 85/100 und bei mehr als 25 Beschäftigungsjahren 90/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens. Bei der Berechnung dieser Beschäftigungsjahre bleiben Zeiten, die nach § 4 Absatz 4 Buchstabe f) angerechnet wurden, unberücksichtigt.

                 

…       

        
        

(4)     

Gesamtversorgungsbezüge sind folgende monatliche Versicherungs- bzw. Versorgungsleistungen:

                 

-       

Leistungen, die der NDR aufgrund seiner Versorgungsvereinbarung erbringt.

                 

-       

Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (einschließlich der Berücksichtigung von Ausfall-, Ersatz, Zurechnungs- und Nachversicherungszeiten) unter Einschluß des Zuschusses zur Krankenversicherung der Rentnerinnen und Rentner.

                 

…       

        

§ 16

        

Besitzstandsregelung

        

Für Berechtigte, die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages Versorgungsbezüge erhalten und für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, deren ruhegeldfähige Dienstzeit gemäß § 4 vor dem 1. Januar 1984 begonnen hat, gilt § 15 nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen. Zeiten, die nach § 4 Absatz 4 Buchstabe f) angerechnet wurden, bleiben bei der Anwendung dieser Vorschrift unberücksichtigt.

        

…       

        
        

(2)     

Für Berechtigte, die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages Versorgungsbezüge erhalten und bei denen die Obergrenze von 100/100 des Nettovergleichseinkommens überschritten ist, wird die Steigerung der NDR-Altersrente so lange ausgesetzt, bis die Nettogesamtversorgung die Obergrenze von 100/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens nicht mehr überschreitet.

        

…“    

        
4

Durch den „Tarifvertrag zur Änderung der Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 in der Fassung vom 12. September 2005“ wurde § 7 VV 1997(im Folgenden: § 7 VV 1997 nF) mit Wirkung zum 1. Dezember 2006 neu gefasst und lautet nunmehr auszugsweise:

        

㤠7

        

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie Übergangshilfe

        

(1)     

Teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit erhält, wer gemäß § 240 SGB VI eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. Volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente erhält, wer voll bzw. teilweise erwerbsgemindert ist, ehe sie/er Anspruch auf Altersrente hat.

                 

Die/der Berechtigte hat den Nachweis durch Vorlage des Rentenbescheides des Rentenversicherungsträgers zu führen.

        

…       

        
        

(4)     

Der Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit, teilweise und volle Erwerbsminderungsrente erlischt

                 

a)    

sobald die Berufsunfähigkeit bzw. die teilweise oder volle Erwerbsminderung endet oder eine befristet gewährte Rente der gesetzlichen Rentenversicherung endet,

                 

b)    

sobald die/der Berechtigte Altersrente nach § 6 erhält,

                 

c)    

mit Ablauf des Monats, in dem die/der Berechtigte stirbt. …

                 

Die sich einer Rente nach § 7 anschließende Altersrente nach § 6 entspricht der zuvor gezahlten Rente nach § 7, wenn der Berechnung der NDR-Rente nach § 7 eine volle Erwerbsminderungsrente bzw. eine Erwerbsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde lag.

                 

Lag der Berechnung der NDR-Rente nach § 7 als anzurechnende Rente der gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente, eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit oder eine teilweise Erwerbsminderungsrente zugrunde, dann erfolgt eine Neuberechnung der Altersrente nach § 6 entsprechend den Regelungen der Versorgungsvereinbarung zum Stichtag des Beginns der Altersrente. …

        

(5)     

Für die Berechnung der teilweisen Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit und der teilweisen oder vollen Erwerbsminderungsrente gelten die Vorschriften dieser Versorgungsvereinbarung zum Zeitpunkt der Berechnung bzw. einer Neuberechnung nach Absatz 4.

        

…“    

        
5

Der vormalige Kläger bezog vom 1. September 1997 bis zum 30. Juni 2007 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente wegen Berufsunfähigkeit iHv. zuletzt 1.006,31 Euro brutto monatlich. Von dem Beklagten erhielt er in dieser Zeit monatliche Versorgungsleistungen iHv. zuletzt 1.944,57 Euro brutto.

6

Im März 2007 beantragte der vormalige Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung die Gewährung einer vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die ihm durch Bescheid vom 14. Juni 2007 ab dem 1. Juli 2007 iHv. monatlich 1.531,49 Euro brutto gewährt wurde. Daraufhin berechnete der Beklagte die Versorgungsleistung ab dem 1. Juli 2007 neu und zahlte dem vormaligen Kläger seitdem eine monatliche Altersrente iHv. 1.106,50 Euro brutto.

7

Gegen die Neuberechnung hat sich der vormalige Kläger mit seiner Klage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Versorgungsleistung bei Beginn der vorgezogenen Altersrente neu zu berechnen. Die Bestimmung in § 7 Abs. 4 VV 1997 nF, die eine Neuberechnung der Versorgung nur dann vorsehe, wenn zuvor eine Berufsunfähigkeitsrente, eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit oder eine teilweise Erwerbsminderungsrente gezahlt wurde, nicht hingegen, wenn zuvor eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit gezahlt wurde, verletze den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Außerdem verstoße die Neuregelung gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, da die Neuberechnung dazu führe, dass die Regelung zur Besitzstandswahrung in § 16 Abs. 2 VV 1997 im Gegensatz zu denjenigen Versorgungsempfängern, bei denen keine Neuberechnung der Rente erfolge, keine Anwendung mehr finde. Er habe daher Anspruch auf Zahlung der Altersrente in Höhe der zuvor gezahlten Berufsunfähigkeitsrente.

8

Der vormalige Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt war, die Rente des Klägers auf der Grundlage des § 7 Abs. 4 Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 in der ab dem 1. Dezember 2006 maßgeblichen Fassung zum 1. Juli 2007 neu zu berechnen;

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger eine Rente auf der Grundlage der Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 in der ab dem 1. Dezember 2006 maßgeblichen Fassung unter Berücksichtigung der Versorgungsvereinbarung vom 29. Juli 1985 sowie des Urteils des BAG vom 20. Februar 2001 (- 3 AZR 25/00 -) ohne Neuberechnung nach § 7 Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 über den 1. Juli 2007 hinaus gewähren muss.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Einlegung der Berufung im März 2009 ist der vormalige Kläger am 19. April 2009 verstorben. Der Rechtsstreit wurde nach Eintritt der Erben des vormaligen Klägers (Klägerinnen zu 1. und 3. und Kläger zu 2., im Folgenden: Kläger) von diesen fortgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger, mit der sie die mit dem Klageantrag zu 2 begehrte Feststellung der Zahlungspflicht des Beklagten auf die Zeit bis zum Tod des vormaligen Klägers am 19. April 2009 beschränkt hatten, zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Kläger die zuletzt gestellten Anträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet.

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

1. Die Kläger wollen festgestellt wissen, dass der Beklagte nicht berechtigt war, die Versorgungsbezüge des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007, dem Beginn des Bezugs einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen, neu zu berechnen, sondern dass die Versorgungsleistungen in der zuletzt für Juni 2007 gezahlten Höhe bis zum Tod des vormaligen Klägers am 19. April 2009 weiterzugewähren waren. Die weiteren im Klageantrag zu 2 genannten Angaben (Versorgungsvereinbarung vom 29. Juli 1985 und Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Februar 2001 - 3 AZR 25/00 -) haben insoweit keine eigenständige Bedeutung. Das Ziel des Antrags zu 2 ist erkennbar, die Verpflichtung des Beklagten festzustellen, dass dieser die vor dem 1. Juli 2007 gewährten Versorgungsleistungen trotz des Eintritts des neuen Versorgungsfalles des Bezugs einer vorgezogenen Altersrente nach § 6 Abs. 2 VV 1997, in gleicher Höhe weitergewähren muss.

14

2. Die so verstandenen Klageanträge betreffen ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und sind von dem erforderlichen Feststellungsinteresse getragen.

15

Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 29, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9). So verhält es sich hier. Die Feststellungsanträge betreffen die Berechtigung zur Neuberechnung der Versorgungsleistung nach Eintritt des neuen Versorgungsfalles und damit den Umfang der Zahlungspflicht des Beklagten. Da hierüber zwischen den Parteien Streit besteht, haben die Kläger auch ein Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der auftretenden Streitpunkte - hier die Frage der Berechtigung des Beklagten, die Versorgungsleistung des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007 neu zu berechnen - zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 286/09 - Rn. 17; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 31, AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11).

16

II. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte war nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF berechtigt, die Rente des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007 neu zu berechnen. Er war nicht verpflichtet, über den 1. Juli 2007 hinaus bis zum Tod des vormaligen Klägers am 19. April 2009 die Versorgungsleistung in der bis zum 30. Juni 2007 geleisteten Höhe weiter zu gewähren. § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF ist rechtswirksam, insbesondere verstößt die Regelung weder gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch haben die Tarifvertragsparteien die Grundsätze des Vertrauensschutzes bei der Schaffung der Neuregelung des § 7 VV 1997 nF mit Wirkung ab 1. Dezember 2006 missachtet.

17

1. Der Beklagte war berechtigt, die Versorgungsleistungen des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007 auf der Grundlage des auf das Versorgungsverhältnis aufgrund der Bezugnahme in § 7 des Arbeitsvertrags vom 10./12. Dezember 1973 anwendbaren § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 Satz 1 VV 1997 nF iVm. § 6 VV 1997 neu zu berechnen.

18

a) Nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b VV 1997 nF erlischt der Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit, sobald der Berechtigte Altersrente nach § 6 VV 1997 erhält. Lag der Berechnung der NDR-Rente als anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente zugrunde, erfolgt nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF eine Neuberechnung der Altersrente nach § 6 VV 1997 entsprechend den Regelungen der Versorgungsvereinbarung zum Stichtag des Beginns der Altersrente.

19

b) Danach hatte zum 1. Juli 2007 eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen des vormaligen Klägers zu erfolgen. Er bezog bis zum 30. Juni 2007 vom Beklagten Versorgungsleistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Anspruch hierauf ist zum 1. Juli 2007 nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b VV 1997 nF erloschen. Ab diesem Tag hatte der vormalige Kläger Anspruch auf vorgezogene Altersrente nach § 6 Abs. 2 VV 1997, da er seitdem eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen und damit ein Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente iSv. § 6 Abs. 2 VV 1997 bezog. Da der Berechnung der bis zum 30. Juni 2007 gewährten NDR-Rente eine Berufsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde lag, hatte eine Neuberechnung der Altersrente zu erfolgen.

20

2. Die Regelung in § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF zur Neuberechnung der Altersrente beim vorherigen Bezug einer gesetzlichen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit verstößt nicht gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung der von dieser Regelung betroffenen Versorgungsempfänger gegenüber Versorgungsempfängern, die vor der Altersrente eine gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit bezogen haben und bei denen nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 2 VV 1997 nF keine Neuberechnung der Versorgungsleistung erfolgt, ist sachlich gerechtfertigt.

21

a) Die Tarifvertragsparteien sind - jedenfalls mittelbar - an den Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden(dazu ausführlich BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II der Gründe, BAGE 111, 8; vgl. auch 16. Dezember 2003 - 3 AZR 668/02 - zu B III 1 der Gründe, BAGE 109, 129). Eine Tarifnorm verletzt den Allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Bei der richterlichen Kontrolle von Tarifverträgen sind die aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG sich ergebenden Einschränkungen zu beachten. Die Tarifvertragsparteien haben danach eine Einschätzungsprärogative, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten oder Rechtsfolgen geht, sowie einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu klären, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Sie dürfen im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit auch typisierende Regelungen treffen. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des Allgemeinen Gleichheitssatzes ist deshalb nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelungen (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25, BAGE 133, 33). Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25 mwN, aaO; 19. Juli 2011 - 3 AZR 398/09 - Rn. 25, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 27 = EzA BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 15).

22

b) § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF hält danach einer Prüfung am Maßstab des Allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG stand. Da die betriebliche Altersversorgung nach der VV 1997 als Gesamtversorgungssystem ausgestaltet ist, bei dem die Höhe der betrieblichen Versorgungsleistung ua. von der Höhe der gesetzlichen Rente abhängt, durften die Tarifvertragsparteien bestimmen, dass beim Übergang von einer gesetzlichen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zu einer Altersrente eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen zu erfolgen hat, obwohl sie eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen bei einer vorangegangenen gesetzlichen Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit ausgeschlossen haben. Der sachliche Grund für die Differenzierung besteht darin, der unterschiedlichen Höhe der anzurechnenden gesetzlichen Rente wegen Berufsunfähigkeit, teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und teilweiser Erwerbsminderung einerseits und der Rente wegen voller Erwerbsminderung und Erwerbsunfähigkeit andererseits Rechnung zu tragen.

23

aa) Nach § 5 Abs. 1 VV 1997 hängt die Höhe der Betriebsrente von der Dauer der Beschäftigung beim Beklagten und dem ruhegeldfähigen Einkommen ab. Auf die Rente werden nach § 14 Abs. 1 Buchst. a VV 1997 Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung angerechnet. Die Höhe der gesetzlichen Rente beeinflusst daher die Höhe der vom Beklagten zu zahlenden Betriebsrente. Die Höhe der gesetzlichen Rente hängt ua. vom Rentenartfaktor gemäß § 67 SGB VI ab. Dieser bestimmt nach § 63 Abs. 4 SGB VI das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente. Das Sicherungsziel der Altersrente ist ein voller Einkommensersatz. Zugleich ist das volle Sicherungsziel der Altersrente der Maßstab, an dem die Sicherungsziele der anderen Rentenarten gemessen werden (vgl. etwa Ruland in GK-SGB VI Stand August 2012 § 67 Rn. 8). Mit dem Rentenartfaktor 1,0 wird das vollständige Sicherungsziel ausgedrückt, während darunter liegende Rentenartfaktoren keinen vollständigen Ausgleich des Erwerbseinkommens beabsichtigen.

24

§ 67 SGB VI in der vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung sah ua. vor, dass der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte bei Renten wegen Alters 1,0, bei Renten wegen Berufsunfähigkeit 0,6667 und bei Renten wegen Erwerbsunfähigkeit 1,0 beträgt. § 67 SGB VI in seiner ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung bestimmt, dass der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte bei Renten wegen Alters 1,0, bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung 0,5 und bei Renten wegen voller Erwerbsminderung 1,0 beträgt.

25

Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die Rente wegen voller Erwerbsminderung haben, da sie jeweils mit dem Rentenartfaktor 1,0 versehen sind, das Ziel, den durch die Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung eingetretenen Einkommensverlust vollständig auszugleichen. Demgegenüber tragen der Rentenartfaktor von 0,6667 bei der Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Rentenartfaktor von 0,5 bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung dem Umstand Rechnung, dass diese Rentenbezieher mit ihrem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einsatzfähig und in der Lage sind, Einkommen zu erzielen (§ 43 Abs. 1 SGB VI), weshalb keine vollständige Absicherung des Einkommensverlustes vorgesehen ist.

26

bb) An dieser Unterscheidung haben sich die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung des § 7 VV 1997 nF ausgerichtet. Sie haben in § 7 Abs. 4 VV 1997 nF eine Neuberechnung der Versorgungsleistung bei Eintritt des Versorgungsfalles Altersrente nach § 6 VV 1997 nur in den Fallgestaltungen vorgesehen, in denen zuvor eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wurde, deren Sicherungsziel hinter dem vollen Sicherungsziel der Altersrente zurückbleibt, weil absehbar ist, dass die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen des Rentenartfaktors 1,0 höher ausfallen wird als die zuvor von der gesetzlichen Rentenversicherung bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit(Rentenartfaktor 0,6667) oder wegen teilweiser Erwerbsminderung (Rentenartfaktor 0,5). Durch den Bezug der Altersrente als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verändert sich typischerweise die bei der Ermittlung der Rente nach § 6 VV 1997 iVm. § 14 VV 1997 anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ihrer Höhe nach. Anders verhält es sich bei Versorgungsempfängern, die vor der Rente wegen Alters eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder voller Erwerbsminderung bezogen haben. Diese Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind bereits mit dem Rentenartfaktor von 1,0 errechnet, so dass keine wesentliche Veränderung der anzurechnenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalles Alter zu erwarten steht. Dies rechtfertigt es, zu Beginn des Bezugs der Altersrente eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen anzuordnen, wenn zuvor eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit bezogen wurde, jedoch von einer Neuberechnung abzusehen, wenn der Versorgungsempfänger zuvor eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit erhalten hat.

27

3. Für den vorliegenden Rechtsstreit kann dahinstehen, ob die Rechtsauffassung der Kläger zutrifft, dass die Neuberechnung der Altersrente nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 3, § 6 VV 1997 nF zur Folge hat, dass der dem vormaligen Kläger im Wege der Besitzstandswahrung nach § 16 VV 1997 während der Dauer des Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente gewährte Überschreitungsbetrag in Wegfall gerät, was bei Versorgungsempfängern, deren Altersrente nach dem Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder voller Erwerbsminderung nicht neu berechnet wird, nach Auffassung der Kläger nicht der Fall ist. Sollte dies zutreffen und hierin ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz iSv. Art. 3 Abs. 1 GG liegen, führte dies nicht dazu, dass die Regelung in § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF über die Neuberechnung der Altersrente insgesamt nichtig wäre und dem vormaligen Kläger die Rente in der bis zum 30. Juni 2007 geleisteten Höhe weiterzuzahlen gewesen wäre. Es bestünde allenfalls ein Anspruch darauf, dass der Überschreitungsbetrag bei der Neuberechnung der Altersrente berücksichtigt wird. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Die Klage ist ausschließlich auf Weitergewährung der Rente in der bis zum 30. Juni 2007 geleisteten Höhe ohne Neuberechnung gerichtet.

28

4. Auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes gebieten es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht, die Neuberechnung der Versorgungsleistung des vormaligen Klägers zu Beginn des Bezugs der vorgezogenen Altersrente auszuschließen. Die Tarifvertragsparteien haben dem vormaligen Kläger durch die Neuregelung des § 7 VV 1997 nF mit Wirkung vom 1. Dezember 2006 keine Rechtsposition entzogen, die er zuvor innegehabt hatte. Auch nach der früheren Fassung des § 7 VV 1997 hätte zum 1. Juli 2007 eine Neuberechnung der Altersrente erfolgen müssen.

29

a) Nach § 7 Abs. 5 Buchst. c VV 1997 aF erlosch der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente ua., sobald der Berechtigte Altersrente nach § 6 VV 1997 erhielt. Weitere Regelungen für den Übergang vom Versorgungsfall „Berufsunfähigkeit“ zum Versorgungsfall „Alter“ waren in § 7 VV 1997 aF nicht enthalten, insbesondere gab es keine § 7 Abs. 4 Unterabs. 2 und Unterabs. 3 VV 1997 nF entsprechenden Regelungen. Folglich war bei Eintritt des neuen Versorgungsfalles Alter die Altersrente nach § 6 Abs. 2 VV 1997(neu) zu berechnen.

30

b) An dieser Rechtslage hat die Regelung in § 7 Abs. 4 VV 1997 nF für den vormaligen Kläger nichts geändert. Nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b VV 1997 nF erlischt der Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit, wenn der Berechtigte Altersrente nach § 6 VV 1997 erhält. § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF bestimmt für die Versorgungsempfänger, die eine NDR-Rente nach § 7 VV 1997 beziehen und deren Berechnung als anzurechnende Rente der gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente, eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit oder eine teilweise Erwerbsminderungsrente zugrunde liegt, eine Neuberechnung der Altersrente nach § 6 VV 1997 entsprechend den Regelungen der Versorgungsvereinbarung zum Stichtag des Beginns der Altersrente.

31

III. Die Kläger haben die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Schmidt    

        

    Schepers    

                 
59
a) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsanforderungen reichen (vgl. u.a. BVerfGE 99, 367, 388; 113, 167, 214 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat unter steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 3, 58, 135; seither ständige Rechtsprechung). Bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber nur dann zu Differenzierungen verpflichtet , wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung nicht unberücksichtigt bleiben darf (BVerfGE 1, 264, 275 f.; 98, 365, 385). Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die jeweilige Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 1, 14, 52; seither ständige Rechtsprechung). Bei einer ungleichen Behandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber in der Regel einer strengen Bindung. Eine unterschiedliche Behandlung ist bereits gleichheitswidrig, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfGE 105, 73, 110; BVerfG VersR 2000, 835, 837). Außerdem sind an die für ungleiche Rechtsfolgen erforderlichen Rechtfertigungsgründe umso höhere Anforderungen zu stellen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfGE 98, 365, 389). Eine eher großzügige Prüfung ist demgegenüber bei komplexen Zusammenhängen geboten (vgl. BVerfGE 70, 1, 34; 78, 249, 288).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Mai 2011 - 2 Sa 2596/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das Altersteilzeitentgelt anhand der Mindestnettobetragstabelle zu ermitteln ist.

2

Die Parteien vereinbarten unter dem 10. November 2008, ihr Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2009 ua. auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Teilzeitmodell fortzuführen.

3

Der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) sieht auszugsweise folgende Bestimmungen vor:

        

„§ 4   

        

Höhe der Bezüge

        

(1)     

Der Arbeitnehmer erhält als Bezüge die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften … ergebenden Beträge …

        

…       

        
        

§ 5     

        

Aufstockungsleistungen

        

(1)     

Die dem Arbeitnehmer nach § 4 zustehenden Bezüge zuzüglich des darauf entfallenden sozialversicherungspflichtigen Teils der vom Arbeitgeber zu tragenden Umlage zur Zusatzversorgungseinrichtung werden um 20 v. H. dieser Bezüge aufgestockt (Aufstockungsbetrag). …

        

(2)     

Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 83 v. H. des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als bisheriges Arbeitsentgelt ist anzusetzen das gesamte, dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit ... zu beanspruchen hätte; …

        

(3)     

Für die Berechnung des Mindestnettobetrages nach Absatz 2 ist die Rechtsverordnung nach § 15 Satz 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes zugrunde zu legen. Sofern das bei bisheriger Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt nach Absatz 2 Unterabs. 1 Satz 2 das höchste in dieser Rechtsverordnung ausgewiesene Arbeitsentgelt übersteigt, sind für die Berechnung des Mindestnettobetrages diejenigen gesetzlichen Abzüge anzusetzen, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Altersteilzeitgesetzes).

        

…“    

        
4

Die in § 5 Abs. 3 TV ATZ in Bezug genommenen Vorschriften des Altersteilzeitgesetzes hatten bei Inkrafttreten des Änderungstarifvertrags Nr. 2 zum TV ATZ am 1. Juli 2000 folgenden Wortlaut (AltTZG aF):

        

㤠3 Anspruchsvoraussetzungen

        

(1)     

Der Anspruch auf die Leistungen nach § 4 setzt voraus, dass

                 

1.    

der Arbeitgeber auf Grund eines Tarifvertrages ... oder einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer

                          

a)    

das Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit um mindestens 20 vom Hundert dieses Arbeitsentgelts, jedoch auf mindestens 70 vom Hundert des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten bisherigen Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 (Mindestnettobetrag), aufgestockt hat...

                          

…       

        
        

§ 4 Leistungen

        

(1)     

Die Bundesanstalt erstattet dem Arbeitgeber für längstens sechs Jahre

                 

1.    

den Aufstockungsbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a in Höhe von 20 vom Hundert des für die Altersteilzeitarbeit gezahlten Arbeitsentgelts, jedoch mindestens den Betrag zwischen dem für die Altersteilzeitarbeit gezahlten Arbeitsentgelt und dem Mindestnettobetrag …

                 

…       

        
        

§ 15 Verordnungsermächtigung

        

Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung kann durch Rechtsverordnung jeweils für ein Kalenderjahr

        

1.    

die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a,

        

2.    

Nettobeträge des Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit

        

bestimmen. § 132 Abs. 3 und § 136 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend. Der Kalendermonat ist mit 30 Tagen anzusetzen.“

5

Das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) sah mit Wirkung zum 1. Juli 2004 Änderungen des AltTZG vor. Für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse, die ab dem 1. Juli 2004 begannen, gelten nunmehr ua. folgende Regelungen:

        

㤠3 Anspruchsvoraussetzungen

        

(1)     

Der Anspruch auf die Leistungen nach § 4 setzt voraus, dass

                 

1.    

der Arbeitgeber auf Grund eines Tarifvertrages ... oder einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer

                          

a)    

das Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit um mindestens 20 vom Hundert aufgestockt hat, wobei die Aufstockung auch weitere Entgeltbestandteile umfassen kann ...

                          

…       

        

        

§ 15 Verordnungsermächtigung

        

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales [Fassung bis zum 7. November 2006: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit] kann durch Rechtsverordnung die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a in der bis zum 30. Juni 2004 gültigen Fassung bestimmen. Die Vorschriften zum Leistungsentgelt des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend. …“

6

Das damals zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erließ am 15. Dezember 2004 eine Verordnung über die Mindestnettobeträge nach dem Altersteilzeitgesetz (BGBl. I S. 3470, Mindestnettobetrags-Verordnung 2005), die am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Diese legte mittels der sogenannten Mindestnettobetragstabelle die Mindestnettobeträge iHv. 70 vH für monatliche Arbeitsentgelte bis einschließlich 5.200,00 Euro brutto fest. Die Tabelle wurde in den Jahren 2006 und 2007 nicht geändert.

7

Letztmalig am 19. Dezember 2007 bestimmte das nunmehr zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Wirkung zum 1. Januar 2008 die Mindestnettobeträge für Bruttoarbeitsentgelte bis einschließlich 5.300,00 Euro (BGBl. I S. 3040, Mindestnettobetrags-Verordnung 2008). Unter dem 12. Dezember 2008 teilte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit, die auf der Rechtsverordnung vom 19. Dezember 2007 beruhenden und seit dem 1. Januar 2008 gültigen Mindestnettobeträge nach dem AltTZG seien auch im Jahr 2009 maßgebend. Wegen nur geringfügiger Veränderungen sei es nicht notwendig, die Mindestnettobeträge neu festzusetzen. Mit Pressemitteilung vom 9. Dezember 2009 erklärte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die „derzeit gültigen gesetzlichen Mindestnettobeträge“ gölten für das Jahr 2010 fort. Für den Erlass einer neuen Verordnung bestehe keine Notwendigkeit, da die Förderdauer für die vor dem 1. Juli 2004 begonnenen Altersteilzeitarbeitsverhältnisse zum 30. Juni 2010 auslaufe und bundesweit lediglich etwa 1.000 Altfälle betroffen seien.

8

Die Beklagte zahlt an den Kläger seit Beginn der Altersteilzeit ein monatliches Altersteilzeitentgelt iHv. 1.439,22 Euro netto, das sie auf der Grundlage der Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 ermittelt. Mit Schreiben vom 14. Februar 2010 verlangte der Kläger erfolglos von der Beklagten, an ihn mit Wirkung ab 1. Januar 2010 einen höheren Aufstockungsbetrag zu zahlen.

9

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, den Aufstockungsbetrag unter entsprechender Anwendung der Berechnungsvorschriften zum Leistungsentgelt nach § 133 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (aF) zu berechnen. Die tarifliche Verweisung auf die Rechtsverordnung iSd. § 15 AltTZG gelte nur insoweit, als diese auf den geltenden gesetzlichen Abzügen des Lohnzahlungszeitraums beruhe, in den der Entgeltanspruch falle. Seit der letztmaligen Änderung der Tabelle zum Jahr 2008 sei der monatliche Steuerabzug einschließlich des Solidaritätszuschlags auf der Grundlage der für ihn geltenden Steuerklasse I um 66,82 Euro gesunken. Dies habe zur Folge, dass sich das pauschaliert zu berechnende Nettoeinkommen iHv. 1.734,00 Euro im Jahr 2008 auf 1.800,82 Euro ab Januar 2010 erhöht habe. Hierauf bezogen betrage der ihm jetzt gewährte Nettobetrag nicht 83 vH, sondern lediglich 79,92 vH des Nettoentgelts, das er bei gleichbleibender Arbeitszeit erzielen würde. Die Tarifvertragsparteien hätten eine aktualisierte Berechnung des Mindestnettobetrags regeln und nicht auf eine veraltete Steuertabelle Bezug nehmen wollen. Der TV ATZ habe in § 5 die Höhe des auszuzahlenden Nettoentgelts unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 AltTZG legaldefiniert.

10

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab Januar 2010 bei der Ermittlung der Altersteilzeitbezüge die Berechnung des ihm nach § 5 Abs. 2 TV ATZ zustehenden Mindestnettobetrags unter entsprechender Anwendung der Vorschriften zur Berechnung des Leistungsentgelts(§ 133 SGB III aF) durchzuführen.

11

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, das dem Kläger zustehende Nettoentgelt sei weiterhin auf der Grundlage der Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 zu ermitteln, die unverändert in Kraft sei. Mangels einer Regelungslücke scheide eine ergänzende Auslegung des § 5 Abs. 3 TV ATZ ebenso aus wie eine Rechtsanalogie zu § 133 SGB III aF. Den Tarifvertragsparteien sei bei Abschluss des TV ATZ bekannt gewesen, dass das zuständige Bundesministerium nicht verpflichtet sei, die Verordnung jährlich anzupassen. Die Verweisung habe nicht nur einen steuerrechtlichen Hintergrund, sondern sei auch zum Zwecke der Vereinfachung und Pauschalierung des zu zahlenden Entgelts erfolgt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Altersteilzeitbezüge des Klägers nach § 133 SGB III aF bzw. § 153 SGB III zu berechnen.

14

I. Aus § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 iVm. § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ folgt nicht, dass der Mindestnettobetrag gemäß § 133 SGB III aF bzw. § 153 SGB III zu berechnen ist. Trotz des Umstands, dass § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ auf § 15 Satz 1 Nr. 1 AltTZG aF und damit auf eine Vorschrift verweist, die seit dem 1. Juli 2004 nicht mehr in Kraft ist, hat die Ermittlung des von der Beklagten geschuldeten Mindestnettobetrags weiterhin auf der Grundlage der Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 zu erfolgen. Eine Tariflücke liegt nicht vor. Die Tarifvertragsparteien haben grundsätzlich in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern (BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 16).

15

1. § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ verweist für die Ermittlung des Mindestnettobetrags auf die Rechtsverordnung nach § 15 Satz 1 Nr. 1 AltTZG aF. Seit dem Inkrafttreten des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 existiert diese Vorschrift nicht mehr. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung (aF) war das vom Arbeitgeber während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu zahlende Bruttoarbeitsentgelt um mindestens 20 vH des Arbeitsentgelts aufzustocken, mindestens jedoch auf 70 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten bisherigen Arbeitsentgelts iSd. § 6 Abs. 1 AltTZG aF(Mindestnettobetrag). Bisheriges Arbeitsentgelt iSd. § 6 Abs. 1 AltTZG aF war das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in Altersteilzeit für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit zu beanspruchen hätte, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des SGB III nicht überstieg. § 15 Satz 1 Nr. 1 AltTZG aF ermächtigte das zuständige Bundesministerium, jeweils für ein Kalenderjahr die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG aF durch Rechtsverordnung zu bestimmen.

16

2. Die Tarifvertragsparteien haben die Bemessungsregelung eigenständig und dynamisiert zum Inhalt des § 5 Abs. 3 TV ATZ gemacht(vgl. BAG 14. Oktober 2008 - 9 AZR 466/07 - Rn. 24 f.). Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ zwingt zu der Annahme, dass für die Ermittlung des Mindestnettobetrags die Mindestnettobetragstabelle maßgebend ist, die der Mindestnettobetrags-Verordnung als Anlage beigefügt ist. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Erhöhung des (früheren) gesetzlichen Mindestsatzes von 70 vH auf 83 vH des sog. Hätte-Entgelts (§ 5 Abs. 2 TV ATZ) eine eigenständige Regelung getroffen, die von der Gesetzesänderung unberührt geblieben ist. Entgegen der Ansicht der Revision hatte die Gesetzesänderung auf die damit in sachlichem Zusammenhang stehende Bemessungsmethode des Mindestsatzes (§ 5 Abs. 3 TV ATZ) keinen Einfluss. Die Anwendung aktuellen Steuerrechts ist tariflich nicht vorgeschrieben. Der Zweck der Tarifnorm, den Arbeitsvertragsparteien eine bewährte und einfache Ermittlung des zu zahlenden Mindestnettobetrags zu ermöglichen (vgl. hierzu bereits BAG 18. März 2003 - 9 AZR 61/02 - zu I 2 b bb der Gründe), wird durch die seit dem Jahr 2008 geltende Mindestnettobetragstabelle unabhängig davon erfüllt, dass diese in den Folgejahren nicht mehr aktualisiert wurde. Die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Mindestnettobetrags-Verordnung 2008, durch die die Mindestnettobeträge bestimmt wurden, ist nicht außer Kraft getreten. Eine Verordnungsermächtigung besteht mit § 15 AltTZG fort. Die Mindestnettobetragstabelle war damit nicht nur befristet anzuwenden.

17

3. Die tarifliche Bemessung nach pauschalierenden Merkmalen und die Verweisung auf die durch Rechtsverordnung bestimmten Mindestnettobeträge verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

18

a) Es kann dahinstehen, ob Tarifvertragsparteien als Normgeber unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG(vgl. BAG 16. Dezember 2003 - 3 AZR 668/02 - zu B III 1 der Gründe, BAGE 109, 129) oder nur mittelbar an dessen Grundsätze gebunden sind (so BAG 25. Oktober 2007 - 6 AZR 95/07 - Rn. 23, BAGE 124, 284). Für den Prüfungsmaßstab ist die dogmatische Herleitung ohne Bedeutung (BAG 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - zu B II 3 a der Gründe).

19

b) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 461/10 - Rn. 17). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der Aufstellung tariflicher Vorschriften tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht lassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung hätten berücksichtigt werden müssen. Soweit es dabei um die Beurteilung tatsächlicher Umstände und möglicher Regelungsfolgen geht, steht den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative zu. Bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelung haben sie einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Tarifvertragsparteien ihren Gestaltungsspielraum überschritten haben (BAG 21. September 2010 - 9 AZR 442/09 - Rn. 27).

20

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ mit den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

21

aa) Die Tarifregelung unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, deren Bruttoeinkommen vor dem Eintritt in die Altersteilzeit geringer als 5.300,00 Euro war, und Arbeitnehmern, deren Einkommen zu diesem Zeitpunkt darüber lag. Während die Mindestnettoentgelte der ersten Gruppe anhand der Mindestnettobetragstabelle zu ermitteln sind (§ 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ), richtet sich das Entgelt, das die zweite Gruppe beanspruchen kann, gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 TV ATZ nach den sozialrechtlichen Vorschriften über das Leistungsentgelt(§ 133 SGB III aF bzw. § 153 SGB III).

22

bb) Bei objektiver Betrachtung steht nicht fest, dass die Arbeitnehmer der ersten Gruppe gegenüber den Arbeitnehmern der zweiten Gruppe benachteiligt werden. Sinkt der Steuersatz oder der vom Arbeitnehmer zu tragende Beitrag zur Sozialversicherung und gilt die Mindestnettobetragstabelle unverändert fort, ist der Aufstockungsbetrag zwar niedriger als bei einer Berechnung nach sozialrechtlichen Vorschriften. Steigt der Steuersatz oder der Sozialversicherungsbeitrag jedoch, verhält es sich umgekehrt. Eine systematische Bevorzugung einer Arbeitnehmergruppe lässt sich daher nicht feststellen.

23

cc) Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, eine Ermittlung des Aufstockungsbetrags unter Rückgriff auf die Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 benachteilige ihn, rechtfertigt dies noch nicht die Annahme, die Tarifbestimmung verstoße gegen den Gleichheitssatz. Mit der Regelung des § 5 Abs. 3 TV ATZ haben die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten.

24

(1) Der Benachteiligungseinwand des Klägers zielt auf das tarifliche Entgeltgefüge. Den staatlichen Gerichten ist jedoch aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie ein Eingriff in dieses Entgeltgefüge grundsätzlich verwehrt. Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen. Das schließt auch die Befugnis zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen (BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 41). Insbesondere ist es den Tarifvertragsparteien gestattet, im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit typisierende Regelungen zu treffen. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes ist deshalb nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 32).

25

(2) Den Tarifvertragsparteien des TV ATZ war daran gelegen, den Parteien eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses eine praktikable Ermittlung des Mindestnettoentgelts zu ermöglichen. Zu diesem Zweck knüpften sie die Ermittlung an die Mindestnettobetragstabelle. Da weder ausgeschlossen werden konnte, dass das zuständige Ministerium von der Verordnungsermächtigung nicht Gebrauch machen würde, noch abzusehen war, bis zu welchem Höchstbetrag Tabellen erstellt würden, schufen die Tarifvertragsparteien die Auffangregelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 TV ATZ, der zufolge der Mindestnettobetrag nach sozialrechtlichen Vorschriften zu berechnen ist. Die dabei auftretenden Abweichungen sind einer tariflichen Pauschalierung immanent. Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie der Ermittlung von Mindestnettoentgelten von Altersteilzeitarbeitnehmern, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommen und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (vgl. dazu BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 32; vgl. zur Typisierungsbefugnis von Tarifvertragsparteien bei der Regelung von Massenerscheinungen: auch BVerfG 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 - Rn. 72, BVerfGK 13, 455). Die Abweichungen, die die unterschiedlichen Bemessungsregelungen zur Folge haben, sind nicht so wesentlich, um die tarifautonome Entscheidung der Tarifvertragsparteien infrage zu stellen. Dass die Tarifvertragsparteien selbst eine Tabelle hätten erstellen oder diese für höhere Entgelte hätten fortschreiben können, begründet wegen der nur geringfügigen Abweichungen noch keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

26

II. Der von dem Kläger erhobene Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 10. November 2008. Dieser regelt die Berechnung des Altersteilzeitentgelts nicht selbstständig, sondern verweist hierzu deklaratorisch auf die tariflichen Regelungen des TV ATZ.

27

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Kranzusch    

        

    Martin Lücke    

                 

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2011 - 13 Sa 325/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und in diesem Zusammenhang über die Auslegung von tariflichen Übergangsregelungen.

2

Die Klägerin ist seit dem Jahre 1995 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 17. Juli 1995 wurde ua. vereinbart:

        

㤠2

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. …“

3

Die Klägerin bewarb sich im Jahr 2003 erfolgreich auf einen Arbeitsplatz als Daktyloskopin. Mit Schreiben vom 19. November 2003 teilte ihr die Beklagte ua. mit:

        

„…    

        

aus dienstlichen Gründen und aufgrund Ihrer Bewerbung werden sie mit Wirkung vom 24.11.03 dem Referat ZD 23 (Daktyloskopie [AFIS]) zugewiesen.

        

Sie nehmen vom 24.11.03 bis 19.12.03 an einem Einführungslehrgang „Daktyloskopie“ bei KI 32 teil. …

        

Mit erfolgreichem Abschluß des Lehrgangs werden Ihnen die nachfolgend aufgeführten insgesamt nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a Teil I BAT bewerteten Tätigkeiten einer Angestellten im Bürodienst auf Dauer übertragen:

        

…       

        

Gemäß der mit dem Bundesministerium des Innern vereinbarten Werdegangsregelung für die Eingruppierung von Daktyloskopen erfolgt nach erfolgreichem Abschluß des Einweisungslehrgangs zunächst eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII BAT, nach zweijähriger erfolgreicher Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VII eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT und nach weiterer einjähriger erfolgreicher Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VI b BAT eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT. Hieraus eröffnet sich dann nach 3jähriger Bewährung die Möglichkeit eines Bewährungsaufstieges in Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 c BAT.

        

Da Sie bereits in der Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert sind, wird Ihnen im Sinne einer Besitzstandswahrung während des Einführungslehrgangs bzw. den weiteren Phasen der Werdegangsregelung die bisherige günstigere Vergütungsgruppe belassen.

        

Sobald die tariflichen Voraussetzungen hinsichtlich der Umgruppierung / Höhergruppierung vorliegen, wird ZV 13 einen entsprechenden Änderungsvertrag zu Ihrem Arbeitsvertrag mit Ihnen abschließen.“

4

Die Klägerin absolvierte vom 24. November 2003 bis zum 24. März 2004 die „Einweisung für Sachbearbeiter - Fachgebiet Daktyloskopie -“ sowie die „fachspezifische Einweisung zur Erfassung und Recherche daktyloskopischer Abbilder im AFIS“. Am 12. Dezember 2005 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag, nach dem dessen § 2 wie folgt ersetzt wurde:

        

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) einschließlich der besonderen Regelungen für die Verwaltung (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung) … sowie des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund).“

5

Mit „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 17.07.1995 in der Fassung vom 12.12.2005“ vom 7. März 2007 vereinbarten die Parteien ua.:

        

㤠1

        

In § 4 des Vertrages wird das Wort,

        

Vergütungsgruppe VI durch das Wort Entgeltgruppe 8 ersetzt.“

6

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. Mai 2010 machte die Klägerin eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD ab dem 1. April 2010 bei der Beklagten erfolglos geltend. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„In der Anlage fügen wir den Anhang zum Arbeitsvertrag unserer Mandantschaft bei, deren Erhalt unsere Mandantschaft Ihnen gegenüber sogar quittieren musste. Hierbei handelt es sich um eine eindeutige vertragliche Abrede, welche wesentlicher Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist. Nach dieser vertraglichen Zusage besteht ein Anspruch unserer Mandantschaft nach dreijähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe V c BAT auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b BAT, die der heutigen Entgeltgruppe 9 entspricht.

        

…       

        

Da es sich um eine individualrechtliche Zusicherung einer höheren Entgeltgruppe handelt, kommt es nicht darauf an, dass der neue Tarifvertrag eine Höhergruppierung in diesem Bereich nicht mehr vorsieht. Die Regeln der Besitzstandswahrung sind ohnehin vorliegend nicht einschlägig.“

7

Mit ihrer Klage hat die Klägerin, die im Referat „Daktyloskopie“ tätig ist, ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - in der Berufungsinstanz die Auffassung vertreten, die beanspruchte Entgeltgruppe 9 TVöD folge aus einer Anwendung von § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund. Es sei nicht erforderlich, dass eine etwaige Bewährungszeit in der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT vor Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 begonnen habe. Anderenfalls würde die tarifliche Regelung in unzulässiger Weise zwischen zwei Gruppen von Beschäftigten unterscheiden, die zwar identische Tätigkeiten ausübten, aber unterschiedlich eingruppiert seien.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 1. April 2010 nach der Entgeltgruppe 9 TVöD zu vergüten.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund sei nicht anwendbar. Die Klägerin übe erst seit März 2007 eine Tätigkeit iSd. VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT aus. Eine Ungleichbehandlung mit anderen Beschäftigten, die mittlerweile nach der Entgeltgruppe 9 TVöD-Bund vergütet würden, liege nicht vor. Diese Beschäftigten hätten bei Inkrafttreten des TVöD bereits mindestens die Hälfte der erforderlichen Zeit der Bewährung und damit die Voraussetzungen der Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 1 TVÜ-Bund erfüllt.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin, die ihr Begehren in der Revisionsinstanz allein auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund stützt, ist unbegründet. Die als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht für die Zeit ab dem 1. April 2010 keine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD zu. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund liegen nicht vor.

12

I. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien sind nach den vertraglichen Vereinbarungen die nachstehenden tariflichen Bestimmungen maßgebend:

13

1. Für die Überleitung der Beschäftigen in das Entgeltsystem des TVöD bestimmt § 4 Abs. 1 iVm. der Anlage 2 TVÜ-Bund ua. Folgendes:

        

„Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 30. September / 1. Oktober 2005 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung (Bund)

        

Entgeltgruppe

Vergütungsgruppe

…       

        

9       

…       

                 

Vb nach Aufstieg aus Vc (Stufe 3 nach 5 Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach 9 Jahren in Stufe 3, keine Stufen 5 und 6)

        

8       

Vc mit ausstehendem Aufstieg nach Vb

                 

Vc ohne Aufstieg nach Vb

                 

Vc nach Aufstieg aus VIb“

14

2. § 8 TVÜ-Bund(idF des Änderungstarifvertrages Nr. 3 vom 27. Februar 2010 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005) lautet:

        

„§ 8   

        

Bewährungs- und Fallgruppenaufstiege

        

(1)     

Aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O in eine der Entgeltgruppen 3, 5, 6 oder 8 übergeleitete Beschäftigte, die am 1. Oktober 2005 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben, sind zu dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in die nächsthöhere Entgeltgruppe des TVöD eingruppiert. …

        

(3)     

Abweichend von Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gelten die Absätze 1 bzw. 2 auf schriftlichen Antrag entsprechend für übergeleitete Beschäftigte, die bei Fortgeltung des BAT/BAT-O bis spätestens zum 29. Februar 2012 wegen Erfüllung der erforderlichen Zeit der Bewährung oder Tätigkeit höhergruppiert worden wären, unabhängig davon, ob die Hälfte der erforderlichen Bewährungs- oder Tätigkeitszeit am Stichtag erfüllt ist. …“

15

3. Die vorliegend einschlägigen Tätigkeitsmerkmale des Teils I (Allgemeiner Teil) der Anlage 1a zum BAT haben folgenden Inhalt:

        

„Vergütungsgruppe V b

        

…       

        

1 c. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert,

        

nach dreijähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a.

        

…       

        

Vergütungsgruppe V c

        

1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

        

…       

        

Vergütungsgruppe VI b

        

1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert.“

16

II. Die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung der Klägerin nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund in die Entgeltgruppe 9 TVöD sind nicht gegeben.

17

1. Für eine Höhergruppierung in Anwendung der Besitzstandsregelung des TVÜ-Bund fehlt es bereits an dem nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVöD erforderlichen schriftlichen Antrag der Klägerin. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat kann ein solcher Antrag dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. Mai 2010 nicht entnommen werden.

18

a) Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund ist für eine Höhergruppierung in Anwendung der Besitzstandsregelung ein schriftlicher Antrag der Beschäftigten erforderlich. Aus dem Antragserfordernis ergibt sich zugleich, dass die Besitzstandsregelung nach Abs. 3 keine Höhergruppierung im Wege der Tarifautomatik ermöglicht (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand März 2013 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 96c), sondern es sich um einen individualrechtlichen Anspruch handelt, der zum individuellen Höhergruppierungszeitpunkt schriftlich geltend gemacht werden muss (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 105d f.; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand März 2013 TVÜ-Bund § 8 Rn. 35).

19

b) Einen solchen Antrag enthält das Schreiben der Klägerin vom 31. Mai 2010 nicht. Sie stützt ihr Höhergruppierungsbegehren ausschließlich auf die nach ihrer Auffassung „eindeutige vertragliche Abrede“, die sie dem Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003 entnimmt. Darüber hinaus führt sie selbst an, dass die „Regeln der Besitzstandswahrung … vorliegend nicht einschlägig“ sind.

20

2. Der Anspruch nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund scheidet darüber hinaus auch deshalb aus, weil die Klägerin zum Überleitungszeitpunkt am 1. Oktober 2005 nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT erfüllt hatte, das einen Bewährungsaufstieg ermöglicht.

21

a) Für eine Höhergruppierung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund ist erforderlich, dass die vom Beschäftigten auszuübende Tätigkeit zum Überleitungszeitpunkt am 1. Oktober 2005 die Anforderungen desjenigen Tätigkeitsmerkmales nach der Anlage 1a zum BAT erfüllt, das eine Höhergruppierung durch Bewährungsaufstieg ermöglicht.

22

aa) Die Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund, die ua. die vorliegend einschlägige entsprechende Geltung von § 8 Abs. 1 TVÜ-Bund voraussetzt, enthält lediglich eine Ausnahme von der sog. Hälftigkeitsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 105c; Sponer/Steinherr TVöD Stand März 2013 § 8 TVÜ-Bund Nr. 2.1.1). Eine entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund erfordert weiterhin, dass die Beschäftigten, die in eine der genannten Entgeltgruppen des TVöD übergeleitet worden sind, „bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts“ zu einem individuellen Aufstiegszeitpunkt „höhergruppiert wären“. Das setzt voraus, dass die Beschäftigten zum Überleitungszeitpunkt das Tätigkeitsmerkmal derjenigen Vergütungsgruppe erfüllt hatten, welches den Bewährungsaufstieg ermöglicht (so auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVÜ-Bund § 8 Rn. 35: „im früheren Recht begonnenen Aufstiegen“, Rn. 42). Von diesem Erfordernis sieht § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund keine Ausnahme vor.

23

bb) Diese Voraussetzung entspricht dem Sinn und Zweck des § 8 TVÜ-Bund, der im 3. Abschnitt „Besitzstandsregelungen“ des TVÜ-Bund steht. Die Tarifvertragsparteien wollten als Ausnahme zu § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD, nach dem auch die übergangsweise weitergeltenden Eingruppierungsregelungen keinen Aufstieg mehr ermöglichen, für die Beschäftigten, deren Höhergruppierungen nach dem 30. September 2005 anstanden, eine Besitzstandsregelung schaffen. Damit sollte allerdings nicht das System des Bewährungsaufstiegs für jene Beschäftigte „fortgeschrieben“ werden, denen erst nach dem Inkrafttreten des TVöD eine Tätigkeit übertragen wird, die nach den Tätigkeitsmerkmalen des BAT einen Bewährungsaufstieg ermöglicht hätte. Sinn und Zweck der Besitzstandsregelung würden verkannt, wenn man auch nach dem Überleitungszeitpunkt erfolgte Umgruppierungen unter Außerachtlassung des § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD noch von der Bestimmung des § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund als erfasst ansähe.

24

b) Danach kann sich die Klägerin für ihr Begehren nicht auf § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund stützen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts übte sie am 1. Oktober 2005 keine Tätigkeit aus, die einen Bewährungsaufstieg in die VergGr. Vb, Fallgr. 1c BAT ermöglicht hätte. Soweit die Tätigkeit der Klägerin nach dem Vorbringen der Parteien entsprechend dem Schreiben vom 19. November 2003 ab dem 25. März 2007 das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT erfülle, reicht dies nicht aus.

25

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die tarifliche Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie zum Überleitungszeitpunkt eine Eingruppierung in eine Vergütungs- und Fallgruppe voraussetzt, die einen Bewährungsaufstieg ermöglicht.

26

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Stichtagsregelungen „Typisierungen in der Zeit“. Sie sind Ausdruck einer pauschalisierenden Betrachtung, ohne die insbesondere eine Umstellung von Vergütungssystemen nicht durchführbar wäre. Solche Regelungen sind aus Gründen der Praktikabilität - ungeachtet damit eventuell verbundener Härten - zur Abgrenzung der begünstigten Personenkreise sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert (vgl. nur BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 30; 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 22; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 22, BAGE 129, 93; 25. April 2007 - 6 AZR 746/06 - Rn. 31, BAGE 122, 215). Insbesondere bei der Einführung einer neuen Entgeltordnung wie der des TVöD müssen die Tarifvertragsparteien notwendigerweise generalisieren, pauschalieren und typisieren, ohne dabei jeder Besonderheit gerecht werden zu können. Bei der Regelung von derartigen Massenerscheinungen liegen Randunschärfen in der Natur der Sache (ausf. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 26, aaO). Angesichts der Komplexität und der Vielzahl der zu regelnden Fallgestaltungen war es nicht möglich, eine Entgeltstruktur zu schaffen, die keine Nachteile für einzelne Beschäftigte oder Beschäftigungsgruppen in der Vergütungsstruktur gegenüber dem bisherigen Recht mit sich brachte. Nur mit Kompromissen beider Tarifvertragsparteien war der Einstieg in eine neue Entgeltstruktur für den öffentlichen Dienst möglich ( BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 21 f. ).

27

bb) Den Tarifvertragsparteien des TVöD war deshalb nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, eine Aussicht auf eine erst in der Zukunft anstehende Höhergruppierung(vgl. BAG 14. Juni 1995 - 4 AZR 225/94 - zu II 7 der Gründe) nur dann in die Besitzstandsregelungen des § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund aufzunehmen, wenn die Bewährungszeit zum Überleitungszeitpunkt bereits begonnen hatte. Zugleich konnten sie, nachdem Bewährungsaufstiege im neuen Entgeltsystem des TVöD nicht mehr vorgesehen sind, ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG davon absehen, weitergehende Erwartungen zu schützen, die sich überhaupt erst aufgrund einer möglichen Änderung der auszuübenden Tätigkeit nach dem Überleitungszeitpunkt - vorliegend diejenige der Klägerin ab dem 25. März 2007 (s. oben II 2 b) - hätten ergeben können (s. auch BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 27; 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 32).

28

Hinzu kommt für den Beschäftigtenkreis, der in Anwendung des § 8 TVÜ-Bund höhergruppiert wird, dass die Berechnungsregelungen des § 6 Abs. 2 TVÜ-Bund, die verlängerten Stufenlaufzeiten und der Ausschluss der Stufen 5 und 6 der Entgeltgruppe 9 TVöD eingreifen(vgl. Anlage 2 TVÜ-Bund). Demgegenüber wird bei Beschäftigten, denen - wie der Klägerin - erst nach dem 1. Oktober 2005 eine solche Tätigkeit übertragen wurde, das dann erworbene Erfahrungswissen jedenfalls bei der Stufenzuordnung berücksichtigt. Zudem haben die Tarifvertragsparteien unmittelbare vergütungsrechtliche Nachteile für die betroffenen Beschäftigten vermieden, indem sie durch §§ 5 bis 7 TVÜ-Bund sichergestellt haben, dass jeder Übergeleitete grundsätzlich zumindest sein bisheriges Entgelt weiter erhält.

29

d) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann bei der gebotenen typisierenden Betrachtung auch nicht deshalb angenommen werden, weil - wie die Revision meint - abhängig von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 oder Abs. 3 TVÜ-Bund eine „identische Tätigkeit von Mitarbeitern bei demselben Arbeitgeber“ unterschiedlich nach der Entgeltgruppe 8 oder 9 TVöD vergütet werde. Ein solches Ergebnis lässt sich auch nicht aus den von der Klägerin herangezogenen Ausführungen des Sechsten Senats ( BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 24) entnehmen.

30

Die Klägerin zeigt schon eine vergütungsrechtlich „identische Tätigkeit“ der verschiedenen Beschäftigten nicht auf. Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund konnten in Anbetracht ihres weiten Gestaltungsspielraums, der ihnen bei der vergütungsrechtlichen Bewertung zukommt (zu den Maßstäben ausf. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 31 f. mwN), berücksichtigen, dass die Beschäftigten, die bereits am 1. Oktober 2005 eine Tätigkeit nach der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT auszuüben hatten, im Verhältnis zu denjenigen, die - wie die Klägerin - erst später mit einer solchen betraut wurden, über eine längere Beschäftigungsdauer in dieser Vergütungs- und Fallgruppe verfügen und daher bei einer generalisierenden Betrachtung von einem höheren Erfahrungswissen in dieser auszuübenden Tätigkeit auszugehen ist. Dieses wird sie regelmäßig befähigen, ihre Arbeit besser zu verrichten (zu dessen Berücksichtigung bei der Entgeltfindung s. nur BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 26, 35 und - 6 AZR 526/09 - Rn. 35 ff., BAGE 137, 80).

31

Darüber hinaus sind die Tarifvertragsparteien auch dann, wenn eine identische Tätigkeit vorliegen sollte, befugt, soziale Besitzstände und tatsächliche Aussichten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehen, durch tarifliche Besitzstandsregelungen zu schützen ( s. nur BAG 2. August 2006 - 10 AZR 572/05 - Rn. 30 ; zum Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien in diesem Zusammenhang 18. September 2012 - 3 AZR 382/10 - Rn. 44).

32

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Fritz    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.