Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 03. Feb. 2016 - 6 Sa 54/15

bei uns veröffentlicht am03.02.2016

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10.06.2015 – 3 Ca 226/15 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 26. März 2014 rechtsunwirksam ist.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben jeweils die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die in der Nähe von Hamburg wohnhafte, am ... geborene Klägerin ist seit dem 30. Mai 1998 aufgrund Arbeitsvertrages vom 11. Mai 1998 (Anlage K 1, Bl. 9 f. d. A.) bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmern, als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie ist verheiratet und hat 2 Kinder. Die Klägerin pflegt ihren schwer an Krebs erkrankten Vater, der 20 Minuten vom Wohnort der Klägerin entfernt lebt. Sie unterstützt ihre Mutter mindestens drei bis viermal in der Woche auch in der Nacht bei der 24-Stunden-Betreuung. Ihre Arbeitszeit ist auf 52 % der manteltarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit reduziert. Ihr durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen beträgt 1.745,09 €.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien beinhaltet folgende Regelung:

4

„1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

5

(1) Frau H. wird ab dem 30.05.1998 als Flugbegleiterin im Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent in Hamburg beschäftigt.
(…)

6

(2) L. kann Frau H. an einem anderen Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

7

2. Rechte und Pflichten

8

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent geltenden Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent gültigen Dienstvorschriften und Anweisungen und aus den Bestimmungen dieses Vertrages. “

9

Für den weiteren Inhalt des Arbeitsvertrages wird auf die Anlage K 1, Bl. 9 f. d.A. verwiesen.

10

Im Betrieb der Beklagten besteht eine Personalvertretung.

11

Am 12. Dezember 2012 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Abfindungsangebot für ein Ausscheiden spätestens zum 31. Dezember 2014 entsprechend der Anlage K 2 (Bl. 11 ff. d.A.), das die Klägerin nicht annahm.

12

Am 12. April 2013 wurde durch Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag aufgrund einer Schlichtungsausschussempfehlung für die Flugbegleiter an den dezentralen Standorten die Möglichkeit geschaffen, im Wege der befristeten Arbeitnehmerüberlassung an G. vom bisherigen Stationierungsort aus zum Einsatz zu kommen. Auf die Anlage B 3, Bl. 65 R ff. d.A. wird verwiesen.

13

Am 8. Mai 2013 schlossen die Beklagte sowie die Gesamtvertretung für das fliegende Personal der Beklagten „aus Anlass der Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, B. und S.“ einen Interessenausgleich und Sozialplan. § 3 des Interessenausgleichs enthält eine Erklärung der Beklagten zu den Zielen und Maßnahmen der Betriebsänderung. Nach § 5 des Interessenausgleichs sind Beendigungskündigungen aus Anlass von Standortschließungen ausgeschlossen. Der Sozialplan vom 8. Mai 2013 räumt den Flugbegleitern der dezentralen Stationierungsstandorte die Wahl zwischen verschiedenen Reaktionen auf die Betriebsänderung ein: Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung, der direkte Einsatz aus F. oder M. – verbunden mit Auslagenpauschalen und befristeten Dienstreisetickets bzw. Bahncard –, der sofortige Arbeitgeberwechsel zur G. GmbH (“..) gemäß Tarifvertrag und der mit einer Versetzung nach M. oder F. einhergehende, auf zwei Jahre befristete „virtuelle Verbleib“ am bisherigen Stationierungsort, verbunden mit reduzierten Auslagenpauschalen. Wegen der Einzelheiten der Interessenausgleich- und Sozialplanregelungen wird auf Anlage B 4 (Bl. 69 R ff. der Akte) verwiesen.

14

Die Klägerin wurde im Rahmen einer unter § 4 des Interessenausgleichs vorgesehenen Mitarbeiterbefragung angeschrieben, ob sie eine Versetzung nach F. oder M. wünsche (siehe das Musterschreiben Anlage B 5, Bl. 76 ff. d. A.). Hinsichtlich der Einzelheiten des Fragebogens „zur Schließung bzw. Einschränkung der dezentralen Basen“ wird auf den von der Klägerin am 10. Juni 2013 ausgefüllten Fragebogen in der Anlage B 6 (Blatt 83 der Akte) verwiesen. Die Klägerin kreuzte die Möglichkeit „Versetzung an den Standort M.“ sowie den Wunsch nach einer Reiseregelung (“5 Jahre S7, mit Selbstbuchungstool“) an. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Juni 2013 (Anlage K 5, Bl. 35 der Akte) teilte die Klägerin mit, dass sie die entsprechenden Unterlagen zurückreiche, sich allerdings eine rechtliche Überprüfung vorbehalte.

15

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 beteiligte die Beklagte die zuständige Personalvertretung zu einer Versetzung der Klägerin. Die Beklagte hat insoweit ein Anhörungsschreiben nebst Anlagen zur Akte gereicht; insoweit wird auf die Anlage 7b, Blatt 84 ff. der Akte verwiesen. Dem zur Akte gereichten Anhörungsschreiben ist eine tabellarische Auflistung beigefügt, in der die Klägerin als eine der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgeführt ist, die nach M. versetzt werden sollten. Von der Klägerin wird in Frage gestellt, ob die Unterlagen der Personalvertretung vollständig zugegangen sind. Am 16. Dezember 2013 stimmte die Personalvertretung den Versetzungen zu.

16

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 (Anlage B 7a, Blatt 83R d.A.) versetzte die Beklagte die Klägerin mit Wirkung zum 1. Mai 2014 von H. nach M.. In dem Schreiben erklärte die Beklagte, dass sich die Klägerin im Rahmen der Mitarbeiterbefragung entschieden habe, an den Stationierungsort M. zu wechseln. Die Klägerin unterzeichnete dieses Schreiben und übersandte es – spätestens mit einem weiteren Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. Januar 2014 – an die Beklagte. Mit dem Schreiben vom 14. Januar 2014 (Anlage K 4, Bl. 32 ff. d.A.) widersprach die Klägerin der Versetzung.

17

Am 17. März 2014 stellte die Beklagte eine Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit. Hinsichtlich der von der Beklagten hierzu eingereichten Unterlagen wird auf die Anlagen B 10 – B 13 (Bl. 111 ff. d.A.) Bezug genommen.

18

Mit Schreiben vom 26. März 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin vorsorglich außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. September 2014 und bot gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zum 1. Oktober 2014 in M. im Gemischtbetrieb (.../...) an. Dem Änderungsangebot war ein geänderter Arbeitsvertrag beigefügt, um dessen unterschriebene Rücksendung die Beklagte für den Fall der Annahme des Änderungsangebots bat. Für die Einzelheiten wird auf die Anlage K 6, Bl. 38 ff. d.A. verwiesen.

19

Dieses Änderungsangebot nahm die Klägerin am 11. April 2014 unter dem Vorbehalt der Überprüfung der Rechtswirksamkeit an. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage K 7 (Bl. 43 d.A.) verwiesen.

20

Mit ihrer am 16. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 25. April 2014 zugestellten Klage hat die Klägerin sowohl die Versetzung als auch die Änderungskündigung angegriffen.

21

Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Versetzung unwirksam sei. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die Klägerin zu versetzen. Denn die Versetzungsentscheidung entspreche nicht billigem Ermessen. Auch habe sich der Einsatzort in Hamburg über Jahre verfestigt. Die Schließung der Station Hamburg sei nicht erkennbar. Ohne Schließung der Station Hamburg gebe es keinen Grund für eine Versetzung der Klägerin. Die Beklagte fliege unstreitig auch künftig weiter von Hamburg aus jedenfalls nach F. und M.. Ein Umzug sei für die Klägerin mit Härten verbunden und ihrer Familie nicht, zumindest nicht ohne weiteres möglich.

22

Die Änderungskündigung sei auch deshalb unwirksam, weil weitere Regelungen im Arbeitsvertrag geändert würden, welche keiner Abänderung bedurft hätten. So stehe der Vertrag unter der Bedingung einer bescheinigten Flugdiensttauglichkeit, einer erneuten Zuverlässigkeitsprüfung und beinhalte zudem die Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis bei Flugdienstuntauglichkeit sofort ende.

23

Die Kündigung verstoße auch gegen das Maßregelungsverbot. Auch sei die Personalvertretung weder zu der Versetzung noch zur Kündigung ordnungsgemäß angehört worden.

24

Letztlich liege ein „verkappter“ Betriebsübergang auf die G. GmbH vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 11. September, dort S. 6 (Bl. 162 der Akte) verwiesen.

25

Die Klägerin hat beantragt,

26

1. festzustellen, dass die mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist.

27

2. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 26. März 2014 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind.

28

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 30. September 2014 hinaus unverändert fortbesteht.

29

Die Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Die Beklagte hat behauptet, dass im Herbst 2012 beschlossen worden sei, eine strukturelle Reform des Direktverkehrs vorzunehmen. Dies habe zum Inhalt gehabt, dass sukzessive sämtliche L.-Direktverkehre auf die G. GmbH verlagert werden sollten. Die direkten Europaverkehre der L., welche alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze F. und M. umfassen, würden bereits seit dem 1. Januar 2013 von der G. GmbH kommerziell verantwortet. Für den Stationierungsort Hamburg habe dies bedeutet, dass fast alle Flüge von und nach Hamburg seit dem 1. Mai 2014 durch die G. GmbH geflogen würden. Ausnahme hiervon stellten die Zubringerflüge nach F. und M. dar. Dies bedeute, dass sich das bisherige Flugvolumen der Beklagten an den dezentralen Stationierungsstandorten durch die Verlagerung am Standort Hamburg um 65,37 % verringert habe. Ab dem 1. Juni 2014 würden nur noch 869 Flüge pro Monat von Hamburg aus nach F. und M. geflogen. Im September 2012 seien es von Hamburg noch 2509 Flugverbindungen gewesen.

32

Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte die Entscheidung getroffen, die dezentralen Stationierungsorte Hamburg, B. und S. zu schließen und kein fliegendes Personal mehr vor Ort zu stationieren. Im Hinblick auf die dauerhaft geringere Anzahl von An- und Abflügen, bei denen es sich nur noch um Flüge von/nach F. bzw. M. handele, sei es wirtschaftlich nicht mehr vertretbar gewesen, Personal vor Ort an den dezentralen Standorten einzusetzen. So sei sichergestellt, dass eine Dead-Head-Beförderung nach F. und M., die ansonsten aufgrund des reduzierten Flugvolumens hätte erfolgen müssen, entfalle. Der Einsatz an den Standorten F. und M. von Hamburg aus hätte zu extrem unattraktiven und unwirtschaftlichen Plänen für die Mitarbeiter geführt. Die Beklagte gehe davon aus, dass durch die Schließung des Standortes Hamburg erhebliche monatliche Einsparungen auftreten würden. Sie rechne dabei mit einem Einsparvolumen von 1,17 Millionen € per anno.

33

Die Änderungskündigung sei rein vorsorglich ausgesprochen worden. Sie sei wirksam. Insbesondere enthalte sie keine weitergehenden Vertragsänderungen. Vor Ausspruch der Änderungskündigung sei die Personalvertretung ordnungsgemäß gehört worden. Sie habe die Frist verstreichen lassen.

34

Mit Urteil vom 15. Oktober 2014 hat das Arbeitsgericht die Klage in Bezug auf den allgemeinen Feststellungsantrag zu 3) wegen des Fehlens eines besonderen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen.

35

Die Klaganträge zu 1) und 2) hat es als zulässig, aber unbegründet angesehen. In Bezug auf den Klageantrag zu 1) hat es ausgeführt, die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung sei wirksam. Die Beklagte habe die Versetzung aufgrund des vertraglichen Weisungsrechts nach Maßgabe des § 106 GewO vornehmen dürfen. Eine vertragliche Festlegung des klägerischen Einsatzortes sei nicht erfolgt. Neben der vereinbarten Beschäftigung in Hamburg habe sich die Beklagte den Einsatz der Klägerin an einem anderen Ort arbeitsvertraglich ausdrücklich vorbehalten. Die Beklagte habe bei der Versetzung der Klägerin billiges Ermessen gewahrt. Hierbei sei die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, den Stationierungsort Hamburg zu schließen und dort kein fliegendes Personal mehr zu stationieren, mit einem erheblichen Gewicht zu berücksichtigen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Entscheidung willkürlich oder rechtsmissbräuchlich sei, seien nicht ersichtlich.

36

Es sei unstreitig, dass die der Beklagten verbliebenen Verbindungen von Hamburg nach F. und M. ab dem 1. Mai 2014 nur noch einen geringen Teil der ursprünglich von Hamburg aus bedienten Flugrouten darstellten. Auch wenn die Klägerin das angeführte Einsparpotenzial bestritten habe, sei gleichwohl offenkundig, dass es nicht nur marginal kostengünstiger sei, das fliegende Personal direkt von dort aus einzusetzen, von wo aus die Beklagte Flugrouten überwiegend zu bedienen habe. Zwar bringe die Versetzungsentscheidung auch erhebliche Belastungen für die Klägerin mit sich. Doch dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Tätigkeit eines Flugbegleiters eine gewisse Volatilität stets innewohne und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein könnten. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin unter den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die Versetzung nach F. gewählt habe und dass die Belastungen der Klägerin durch Kompensationsleistungen nach dem Sozialplan abgemildert würden. Die Beklagte habe vor der Versetzung der Klägerin eine Einzelfallabwägung vorgenommen. Sie habe sich mit der Situation der Klägerin beschäftigt, indem sie ihr mehrere Alternativen angeboten und u.a. nach einem Wunsch Beschäftigungsort gefragt habe. Wenn die Beklagte die grundsätzliche Entscheidung einer vollständigen Schließung der Station Hamburg getroffen habe, sei nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte bei Aufrechterhaltung dieser Entscheidung und der zeitgleichen Versetzung aller vergleichbaren Arbeitnehmer vor Ausspruch der Versetzung mit den sozialen Daten und Umständen einzelner Mitarbeiter hätte abwägend auseinandersetzen müssen.

37

Nach dem Vorbringen der Parteien sei davon auszugehen, dass die Anhörung der Personalvertretung wirksam erfolgt sei. Die Beklagte habe die ordnungsgemäße Anhörung der Personalvertretung schlüssig dargelegt. Das Bestreiten der Klägerin, dass der Personalvertretung alle von der Beklagten vorgelegten Unterlagen übersandt worden seien, stelle eine Behauptung ins Blaue hinein dar. Eine solche widerspräche der prozessualen Wahrheitspflicht und sei deshalb unbeachtlich.

38

Die Klage sei auch abzuweisen, soweit sich die Klägerin mit dem Klagantrag zu 2) gegen die außerordentliche Änderungskündigung wende. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen ließen oder durchgesetzt seien, hielten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und seien keine „Änderungen der Arbeitsbedingungen“ im Sinne von § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Da hier der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden solle, sei die Änderungskündigung „überflüssig“ und die Änderungsschutzklage unbegründet. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die zur Gegenzeichnung übersandte Vertragsausfertigung zum Teil von den maßgeblichen Tarifverträgen vermeintlich abweichende Bestimmungen enthalte. Dass mit dem Neuvertrag keine weitergehende Änderung des Arbeitsverhältnisses als die Bestimmung eines anderen Einsatzortes angestrebt worden sei, habe die Beklagte im Kündigungsschreiben selbst ausdrücklich erklärt.

39

Gegen das der Klägerin am 22. Juli 2015 zugestellte Urteil wendet sich diese mit ihrer am Montag, den 24. August 2015 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Oktober 2015 an diesem Tag begründeten Berufung.

40

Die Klägerin trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Versetzung als wirksam angesehen. Insoweit sei darauf zu verweisen, dass das LAG Hessen inzwischen in mehreren Parallelverfahren bei identischen Fallgestaltungen (vgl. etwa Az. 17 Sa 1691/14 - Bl. 563 ff. d. A., 17 Sa 1293/14 – Bl. 631 ff. d. A.) die Versetzungen für unwirksam erklärt habe.

41

Das erstinstanzliche Gericht habe sich nicht mit der notwendigen Einzelfallentscheidung nach § 315 BGB auseinander gesetzt. Eine solche liege nicht vor. Die Beklagte habe sich lediglich darauf berufen, dass die Belange durch den Sozialplan geregelt seien. Dies entbinde sie jedoch nicht von einer Einzelfallentscheidung.

42

Die Klägerin bestreite nach wie vor die Stationsschließung. Die Beklagte habe zu den Maßnahmen noch nicht konkret vorgetragen. Auch die Verringerung des Flugvolumens von Hamburg aus werde bestritten. Unstreitig sei noch ein Volumen von mehreren hundert Flügen im Monat von Hamburg aus vorhanden. Die Beklagte habe unterschiedliche Angaben zu den Zahlen der verbleibenden Direktflüge gemacht. Die angeblich auf die G. GmbH übertragenen Umläufe seien nach wie vor über die Beklagte buchbar. Die Beklagte setze von Hamburg aus weiter Cockpitcrews ein.

43

Die Beklagte sehe sich in der Lage, für alle Mitarbeiter die Möglichkeit bereitzuhalten, am bisherigen Stationierungsort trotz Versetzung befristet für einen Zeitraum von zwei Jahren „virtuell“ zu verbleiben. Eine „virtuelle Stationierung“ gebe es aber nicht. Sie sei, wie von den Spezialkammern des LAG Hessen bestätigt, verboten. Eine Stationsschließung könne die Beklagte damit nicht mehr behaupten. Zudem sei vor dem Hintergrund der im Rahmen des Sozialplans angebotenen Möglichkeit, für zwei Jahre virtuell in Hamburg stationiert zu bleiben, nicht ersichtlich, dass die Beklagte nicht auch von der streitgegenständlichen Versetzung hätte absehen können.

44

Die Beklagte erstelle Dienstplanänderungen über ein sogenanntes elektronisches Einsatzplanungstool ACA. Auch die Mitarbeiter mit einem virtuellen Verbleib am Stationierungsort Hamburg bewerkstelligten die organisatorischen Bedingungen für ihre Einsätze auf elektronischem Wege. Dies zeige, dass die Schließung eines Stationierungsortes nicht mehr und nicht weniger als ein juristischer Trick sei. In Wirklichkeit liefe ohnehin alles zentral. Das naheliegendste und mildeste Mittel wäre es daher gewesen, die Mitarbeiter nicht durch Ausübung des Direktionsrechts zu versetzen, sondern sie weiter von Hamburg aus zu beschäftigen, sei es auch virtuell.

45

Das Konstrukt verstoße zudem gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte gerate in Konflikt mit den Vorgaben aus Ziff. 3 Pkt. 1 der EU-OPS 1.1095 (Pflicht, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis festzulegen), da sie für die Klägerin faktisch eine Zuordnung von zwei Heimatbasen vornehme. Denn sie gewähre ihr in Hamburg keine Hotelübernachtungen. Für die virtuell in Hamburg stationierten Mitarbeiter beginne ihre Dienstzeit bereits in Hamburg, obwohl sie der Heimatbasis M. zugeordnet seien.

46

Durch die Anreisezeiten nach M. sei derzeit nicht gewährleistet, dass die Klägerin ihren Dienst ermüdungsfrei mit befriedigendem Sicherheitsniveau ausführen könne. Bei Berücksichtigung der Anreise mit anschließenden Fernflügen beispielsweise nach Asien oder in die westliche USA würden die rechtlich zulässigen höchst Arbeitszeiten mehrfach überschritten.

47

Die Klägerin sei durch die Versetzung überdurchschnittlich hart betroffen. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte derzeit die Zahlung der Sozialkompensation verweigere. Die Klägerin habe in Hamburg ihren Lebensmittelpunkt. Sie habe hier eine Familie und zwei minderjährige Kinder. Insbesondere wegen der Pflege des Vaters der Klägerin, die für die Familie eine psychische Ausnahmesituation bedeute, sei es nicht möglich, dass die Klägerin außerhalb von Hamburg eingesetzt werde.

48

Die Durchführung eines ordnungsgemäßen Mitbestimmungsverfahrens bleibe bestritten. Die Personalvertretung sei weder über die Maßnahme im Einzelnen noch über ihre Auswirkungen auf die Mitarbeiter informiert worden. Die Bezugnahme auf den Interessenausgleich/Sozialplan sei nicht ausreichend. Der Interessenausgleich/Sozialplan enthalte keine konkreten Aussagen zu der Maßnahme und ihren Auswirkungen und könne Einzelfallentscheidungen und die Information hierüber nicht ersetzen. Auch seien die Sozialdaten nicht mitgeteilt worden. Es sei nicht klar, ob dem Anschreiben an die Personalvertretung die Anlagen, also die Listen mit den Namen der zu versetzenden Mitarbeiter, beigelegen hätten. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass es hier zwei wortgleiche Anhörungsschreiben gebe. Nur eines trage einen Eingangsstempel. Die Maßnahme sei deshalb nach § 117 Abs. 2 BetrVG, § 28 TVPV unwirksam.

49

Die Änderungskündigung verstoße offenkundig gegen das Übermaßverbot. Sie ändere mehrere Arbeitsbedingungen und gehe damit weit über eine Änderung des Arbeitsortes hinaus.

50

Nach – mit Zustimmung der Beklagten erfolgter – Rücknahme des allgemeinen Feststellungsantrags (Antrag zu 3) beantragt die Klägerin,

51

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und zu erkennen:

52

1. Es wird festgestellt, dass mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist.
2. Es wird festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 26. März 2014 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind.

53

Die Beklagte beantragt,

54

die Berufung zurückzuweisen.

55

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie trägt vor, die Beklagte fliege seit dem 1. Mai 2014 nur noch aus ihren HUBs M. und F. nach Hamburg. Dort würden sämtliche Flugumläufe beginnen.

56

Unzutreffend sei die Behauptung, für das vormals in Hamburg stationierte Kabinenpersonal sei seit jeher die Zentrale der Beklagten in F. zuständig gewesen. Beispielsweise sei der Hamburger Stationsleiter für die Entscheidung disziplinarische Angelegenheiten des vormals in Hamburg stationierten Kabinenpersonals verantwortlich gewesen.

57

In Hamburg würden keine Cockpitcrews mehr vorbehalten. Das Cockpitpersonal sei aufgrund einer anderen wirtschaftlichen Entscheidung der Beklagten teilweise ebenfalls „virtuell“ in Hamburg stationiert und reise dementsprechend „Dead-Head“ nach F., um dort seinen Dienst zu beginnen.

58

Bei einer Bereederung der HUB-Zubringerflüge von und nach Hamburg mit in Hamburg stationierten Mitarbeitern hätte die Beklagte die Station in Hamburg mit der dortigen Infrastruktur aufrechterhalten müssen. Auch die Vorhaltung der Stand-by-Reserve vor Ort wäre erforderlich geblieben. Die Flugbegleiter könnten bei den HUB-Zubringerflügen lediglich 2,58 Flugstunden pro Tag leisten, was bei einem durchschnittlichen Einsatz von 18 Tagen pro Monat zu einer Anzahl von 46,44 Flugstunden pro Monat führen würde. Die Beklagte würde aber 70 Flugstunden pro Monat aufgrund der tarifvertraglichen Bestimmungen vergüten müssen. Dies führe im Jahr zu Mehrkosten von 2,8 Millionen €.

59

Wenn klägerseits eingewandt würde, Kosten könnten durch alternative Maßnahmen eingespart werden, sei auf den Grundrechtsschutz der unternehmerischen Freiheit zu verweisen.

60

Das Angebot der Beklagten an ihre Mitarbeiter, zwei Jahre lang in Hamburg „virtuell“ zu verbleiben, ändere nichts an der Schließung des Standorts in Hamburg. Die betroffenen Mitarbeiter würden den Stationen in F. bzw. M. als Einsatzort zugewiesen. Die Beklagte stelle lediglich die Zubringer zum neuen Einsatzort mittels Dead-Head-Flügen sicher. Während dieser Dead-Head-Flüge sei der Mitarbeiter nicht im Dienst. Es handele sich bei dem „virtuellen Verbleib“ lediglich um eine der im Interessenausgleich/Sozialplan vorgesehene Alternative zur finanziellen Unterstützung bei der Anreise zum neuen Einsatzort.

61

Die Anreise zum Dienstbeginn nach F. bzw. M. via Dead-Head-Flug sei auch mit den Vorgaben der EU/OPS 1.1090 Ziff. 3.6 zu vereinbaren. Die Anreise zum Dienstbeginn nach F. bzw. M. via Dead-Head-Flug unter Falle der Norm schon deshalb nicht, weil das betroffene Kabinenpersonal während dieser Zeit nicht im Dienst sei.

62

Die Gesamtsumme der Kosten (ohne Einsatztageberechnung), die aufgrund der Schließung des Stationierungsortes Hamburg eingespart werden könnten, beliefen sich auf 3,202 Millionen €/Jahr (siehe hierzu die Ausführungen der Beklagten in der Berufungserwiderung vom 30. November 2015, Seite 10-13, Blatt 519-522 der Akte).

63

Die Interessen der Klägerin seien ausreichend gewahrt worden. Den betroffenen Mitarbeitern seien verschiedene Umsetzungsvarianten und ein finanzieller Ausgleich für Nachteile im Rahmen der örtlichen Versetzung angeboten worden. Die Beklagte habe jeweils eine Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen. Dies ergebe sich in Bezug auf die Klägerin schon daraus, dass die Beklagte die persönlichen Interessen der Klägerin in Bezug auf die im Interessenausgleich/Sozialplan angebotenen Maßnahmen abgefragt und berücksichtigt habe.

64

Die Personalratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Anhörung nebst Unterlagen sei der Personalvertretung am 16. Dezember 2013 persönlich von Frau R. übergeben worden. Hierbei habe diese das Anhörungsschreiben zweimal ausgedruckt und unterschrieben und der Personalvertretung übergeben. In einer Ausfertigung habe sie sich durch den Eingangsstempel der Personalvertretung den dortigen Eingang bestätigen lassen (Beweis: Zeugnis der Frau R. sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2015 über die Vernehmung der Frau R. als Zeugin in dem Parallelverfahren vor dem LAG Hamburg zum Az. 3 Sa 6. 70/14, Anlage BB 3, Bl. 533 ff. der Akte).

65

Falls die Kammer zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die örtliche Versetzung nicht mittels des Direktionsrechts umgesetzt worden sei, sei die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt. Die Regelungen im beigefügten Arbeitsvertragsentwurf habe keinen Eingriff in bestehende Arbeitsbedingungen darstellen sollen. Dies ergebe sich schon aus der Formulierung im Kündigungsschreiben, wonach die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages bestehen bleiben sollten. Die Hinweise auf bestehende Altersversorgungsansprüche und auf die Schriftformklausel seien rein deklaratorisch, da sie die bereits aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen geltende Rechtslage bezeichneten. Auch in Bezug auf die Zuverlässigkeitsprüfung und die Regelungen zur Flugtauglichkeit beinhalte der Arbeitsvertragsentwurf keine weitergehende Vertragsänderung, da die Mitarbeiter vorliegend über eine gültige Zulässigkeitsprüfung und auch über ein aktuell gültiges Medical verfügten.

66

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

67

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.

I.

68

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

II.

69

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, soweit sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer gegen die Versetzung gerichteten Klage wendet (hierzu unter 1.). Soweit die Klägerin die Abweisung ihrer Änderungsschutzklage angreift, hat ihre Berufung in der Sache Erfolg (hierzu unter 2.).

70

1. Der gegen die Versetzung vom 20. Dezember 2013 gerichtete Klagantrag zu 1) ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, zulässig, aber unbegründet.

71

Die Beklagte hat die Klägerin durch die Versetzungsanordnung vom 20. Dezember 2013 wirksam an den Stationierungsort M. versetzt. Die Versetzung der Klägerin wird den Vorgaben des § 106 GewO ausreichend gerecht und ist auch im Übrigen wirksam. Dies haben bereits die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg im Urteil vom 19. März 2015 - Az. 7 Sa 79/14 - und die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg im Urteil vom 25. März 2015 - Az. 3 Sa 79/14 - für Parallelverfahren zutreffend festgestellt. Die erkennende Kammer schließt sich den Ausführungen der 7. Kammer und der 3. Kammer im Wesentlichen an. Die Ausführungen des LAG Hessen in den vom Kläger eingereichten Entscheidungen überzeugen demgegenüber nicht.

72

Für den vorliegenden Fall gilt Folgendes:

73

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine Festlegung des Arbeitsorts.

74

Zwar ist Hamburg unter Ziffer 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrages als Einsatzort benannt. Doch ermöglicht Ziffer 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages den Einsatz der Klägerin an einem anderen Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzortes lediglich eine Ausübung des Weisungsrechts der Beklagten in Bezug auf den Arbeitsort zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages darstellte (vgl. für eine entsprechende Vertragsklausel BAG, 26.09. 2012 – 10 AZR 414/11 – AP Nr. 17 zu § 106 GewO). Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine Konkretisierung ihres Stationierungsortes auf Hamburg ergeben könnte.

75

b) Die Beklagte hat sich bei der Ausübung des ihr nach § 106 GewO zustehenden Weisungsrechts im Rahmen billigen Ermessens gehalten.

76

aa) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen. Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden (BAG 13. Juni 2012 – 10 AZR 296/11 – juris).

77

§ 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange. Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Sie ist ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Insbesondere führt eine unternehmerische Entscheidung nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Vielmehr können im Einzelfall besonders schwerwiegende, z. B. auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen.

78

Im Rahmen der Abwägung nach § 106 GewO ist das unternehmerische Konzept nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Doch kommt es darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung im Einzelfall die Weisung rechtfertigt. Das ist der Fall, wenn die unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 13.11.2013 – 10 AZR 1082/12 – juris; BAG 26.09.2012 – 10 AZR 412/11 – juris). Die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers kann ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war (BAG 28.08.2013 – 10 AZR 733/12 – juris). Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein (BAG 26.09.2012 – 10 AZR 414/11 – juris).

79

bb) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist der Klägerin die Ausübung ihrer Tätigkeit vom Einsatzort M. aus zuzumuten.

80

(aaa) Auf Seiten der Beklagten ist bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen nach § 106 GewO ihre unternehmerische Entscheidung zur Schließung der dezentralen Stationierungsorte zu berücksichtigen.

81

(1) Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte entschieden hat, den Flugverkehr strukturell zu reformieren und die Direktverkehre ab Hamburg auf die G. GmbH zu verlagern.

82

Diese Entscheidung hat zur Folge, dass die direkten Europaverkehre der Beklagten, welche alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze F. und M. umfassen, seit dem 1. Mai 2014 durch die G. GmbH geflogen werden. Von und nach Hamburg wird nur noch im Rahmen sog. Zubringerflüge ab F. oder M. geflogen, wobei die Umläufe auch dort – d.h. in F. oder M. – starten. Soweit die Klägerin dieses Vorbringen der Beklagten bestritten hat, ist ihr Bestreiten als unsubstantiiert und damit unbeachtlich zu werten. Denn die Klägerin hat keine Tatsachen dargelegt, die dagegen sprechen, dass die Beklagte die von ihr vorgetragene unternehmerische Entscheidung getroffen hat. Insbesondere hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt, dass andere Flüge als Zubringerflüge ab Hamburg durchgeführt würden oder dass nach wie vor Umläufe in Hamburg starten würden.

83

(2) Vor dem Hintergrund der Neustrukturierung des Direktverkehrs hat die Beklagte weiter die unternehmerische Entscheidung getroffen, u.a. den dezentralen Stationierungsort Hamburg dauerhaft zu schließen und kein fliegendes Personal mehr vor Ort zu stationieren.

84

Diese unternehmerische Entscheidung ist hinreichend dem Interessenausgleich/Sozialplan vom 8. Mai 2013 zu entnehmen. Dort heißt es einführend: „…wird aus Anlass der Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, B. und S. … für das Kabinenpersonal der Deutschen L. AG dieser Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen.“ In § 3 sind folgende Ausführungen enthalten:„... Die hohen Verluste im dezentralen Verkehr machen die Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, B. und S. notwendig.“ Teil der unternehmerischen Entscheidung ist es auch, die Mitarbeiter der zu schließenden dezentralen Stationierungsorte nach F. oder M. zu versetzen. Ziff. 3.2 des Interessenausgleich/Sozialplan vom 8. Mai 2013 bestimmt hierzu: „Der Arbeitgeber wird die von der Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffenen Mitarbeiter zur Weiterbeschäftigung nach F. oder M. versetzen bzw. ggf. eine Änderungskündigung aussprechen.“

85

Wann genau die Entscheidung zur Schließung der Station Hamburg getroffen worden ist, kann dahinstehen, denn sie wurde ausweislich der Regelungen in dem Interessenausgleich/Sozialplan vom 8. Mai 2013 jedenfalls vor dem Ausspruch der streitgegenständlichen Versetzung getroffen.

86

Die Klägerin bestreitet nicht substantiiert, dass die Entscheidung getroffen hat, Hamburg nicht mehr als „realen“ Stationierungsort für Flugbegleiter fungieren zu lassen. Soweit die Klägerin geltend macht, der Betrieb Hamburg sei nicht stillgelegt worden, weil von und nach Hamburg nach wie vor Flüge in erheblichem Umfang stattfänden, geht sie davon aus, dass an einem Zielort, der von der Beklagten angeflogen wird, auch eine Betriebsstätte der Beklagten vorhanden sein müsse. Dies ist jedoch unzutreffend. Die Beklagte fliegt regelmäßig zahlreiche Ziele in der ganzen Welt an. Dies erfordert jedoch nicht das Vorhandensein von Betriebsstätten am jeweiligen Zielort, sondern nur dort, von wo aus die Einsätze des Personals erfolgen und gesteuert werden. Dem Vorbringen der Beklagten, Hamburg werde nach dem neuen unternehmerischen Konzept nur im Rahmen von Umläufen angeflogen, die sämtlich in F. oder M. beginnen und von dort aus gesteuert würden, ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten, sodass es als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO).

87

(3) Soweit die Klägerin unter Berufung auf die Entscheidungen des LAG Hessen vom 5. Oktober 2015 zu den Aktenzeichen 17 Sa 1691/14 (Bl. 597 ff. d. A.) und 17 Sa 1293/14 (Bl. 631 ff. d. A.) meint, wegen der im Interessenausgleich/Sozialplan vorgesehenen Möglichkeit einer „virtuellen Stationierung“ der betroffenen Arbeitnehmer am bisherigen Stationierungsort für die Dauer von zwei Jahren könne nicht von einer unternehmerischen Organisationsentscheidung ausgegangen werden, die dezentralen Stationierungsorte zu schließen, kann die Kammer dieser Auffassung nicht folgen.

88

Der Interessenausgleich/Sozialplan betrifft gerade die Betriebsänderung „Schließung der dezentralen Stationierungsorte“ und damit auch die Schließung des Stationierungsortes Hamburg. Dies ergibt sich aus seinem Einleitungssatz. Unter § 8 des Interessenausgleichs/Sozialplans sind mehrere Alternativen zur Abmilderung der Folgen der Betriebsänderung aufgeführt, unter denen die Mitarbeiter wählen konnten. Eine dieser Alternativen ist der unter § 8 e) geregelte befristete „virtuelle Verbleib“ am bisherigen Standort. Der „virtuelle Verbleibt“ steht der betriebsändernden Maßnahme „Schließung des Stationierungsortes Hamburg“ damit nicht entgegen, sondern setzt diese gerade voraus.

89

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des LAG Hessen zutrifft, wonach die „virtuelle Stationierung“ in Wirklichkeit eine vollumfängliche Stationierung sei und deshalb die Versetzung nach F. oder M. für die Mitarbeiter, die sich für die „virtuelle Stationierung“ entschieden hätten, für die Dauer von zwei Jahren schlicht unterbleibe. Denn auch wenn man dem Ausgangspunkt des LAG Hessen an dieser Stelle folgt, wird die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zur Schließung der dezentralen Stationierungsorte hierdurch nicht in Frage gestellt.

90

Die Schließung der dezentralen Stationierungsorte umfasst, wie auch das LAG Hessen einräumt, die Aufgabe der dortigen Räumlichkeiten, den Abzug von Verwaltungspersonal, das Einsparen von IT und Parkplätzen, den Wegfall von Reinigungsaufgaben usw.. Vor allem aber führt die Schließung eines dezentralen Stationierungsortes dazu, dass von diesem Ort aus keine Umläufe mehr starten, sodass die Flugbegleiter ihre Tätigkeit in der Kabine in keinem Fall mehr an den bisherigen dezentralen Standorten aufnehmen können.

91

Auch die Flugbegleiter, die sich für einen virtuellen Verbleib am bisherigen Standort entschieden haben, beginnen ihre Tätigkeit in der Kabine in M. oder in F.. Für die Dauer von zwei Jahren werden sie lediglich abrechnungstechnisch so behandelt, als ob sie nach wie vor an ihrem bisherigen dezentralen Stationierungsort stationiert wären. Dass diesen Mitarbeitern Dead-Head-Transporte ermöglicht und Übernachtungsmöglichkeiten am Abflug-/Ankunftsflughafen gewährt werden, stellt die unternehmerische Entscheidung zur Standortschließung nicht in Frage. Selbst wenn mit dem LAG Hessen davon ausgegangen wird, dass für die Mitarbeiter mit „virtuellem Stationierungsort“ für die Dauer ihrer virtuellen Stationierung der bisherige Stationierungsort die Heimatbasis gemäß EU-OPS Abschnitt Q 1.1095 bleibt, handelt es sich hierbei um Rechtswirkungen auf individualvertraglicher Ebene. Faktisch wird der Vollzug der Versetzung auf individualrechtlicher Ebene um zwei Jahre nach hinten verlagert. Diese zur Abmilderung der Folgen der Betriebsänderung vorgenommene Verschiebung stellt aber nicht die Stationsschließung in Frage, sondern betrifft den Umgang mit ihren Folgen.

92

(4) Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zur Schließung der Station in Hamburg ist auch nicht missbräuchlich oder nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt einer alsbaldigen Änderung getroffen worden.

93

Die auf Dauer angelegte neue Struktur des Linienflugverkehrs hat zur Folge, dass die Flugpläne geändert und der Direktverkehr – mit Ausnahme der Zubringerflüge von/nach F. und M. – auf die G. GmbH verlagert wird. Dies führt wie dargelegt zum Wegfall eines erheblichen Teils des Flugvolumens nach/ab Hamburg. Flüge ab Hamburg mit dort stationiertem Personal finden nicht mehr statt. Sämtliche Umläufe beginnen in F. oder M.. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die sich die Zahl der Flüge ab Hamburg, wie von der Beklagten erstinstanzlich behauptet, zwischen dem 1. September 2012 und dem 1. Juni 2014 um genau 65,37 % verringert hat. Ob die von der Beklagten konkret genannten Zahlen im Einzelnen zutreffend berechnet bzw. prognostiziert worden sind, ist nicht streitentscheidend. Denn es liegt auf der Hand, dass bei einer fortdauernden Stationierung die Klägerin und des übrigen Kabinenpersonals in Hamburg in erheblichem Umfang sog. „Dead-Head“-Flüge stattfinden müssten. Aufgrund der Entscheidung, keinerlei Umläufe mehr in Hamburg stattfinden zu lassen, müssten sämtliche Mitarbeiter vor einem Einsatz nach F. oder M. „Dead-Head“, d.h. unproduktiv, transportiert werden. Diese Flüge verursachen Kosten (€ 169,00 pro Hin- und Rückflug) und verringern die sich anschließenden Einsatzzeiten der Mitarbeiter, was einen weiteren finanziellen Aufwand mit sich bringt. Selbst wenn die Einsatzpläne so gestaltet würden, dass die Mitarbeiter ab Hamburg – trotz geschlossener Station – eingesetzt werden, entstünden „Dead-Head“-Kosten und weitere Nachteile in erheblichem Umfang, weil sich das Flugvolumen durch die Verlagerung des Direktverkehrs auf die G. deutlich verringert hat – nämlich um über 50 %. Zudem ist zu beachten, dass es – unstreitig – auch schon vor der strukturellen Reform des Direktverkehrs zu „Dead-Head“-Flügen und damit einem unproduktivem Einsatz der Mitarbeiter gekommen ist. Vor diesem gesamten Hintergrund erscheint es nicht willkürlich, die Station in Hamburg zu schließen und das Personal an den zentralen Drehkreuzen, von wo aus die Umläufe – als Teil des Gesamtkonzepts der Beklagten – nunmehr ausschließlich starten sollen, zu stationieren. Das verringert nicht nur die Kosten der Beklagten, sondern erleichtert auch die Einsatz- und Umlaufplanung, weil keine gesonderten Planungen mehr für die dezentralen Einsatzorte erforderlich sind.

94

Dass die Beklagte für die Dauer von zwei Jahren virtuelle Stationierungen am bisherigen Standort zur Milderung der Nachteile der Stationsschließung angeboten hat, lässt die unternehmerische Entscheidung nicht missbräuchlich oder überflüssig erscheinen. Zwar ergibt sich aus dem entsprechenden Angebot gemäß § 8 e) des Interessenausgleichs/Sozialplans an die betroffenen Flugbegleiter, dass die Beklagte bereit und in der Lage war, für die Dauer von zwei Jahren die Dead-Head-Kosten für den Transport der Arbeitnehmer zu den Drehkreuzen in F. und M. aufzubringen und die weiteren mit der „virtuellen Stationierung“ in Hamburg verbundenen finanziellen Belastungen – wenige produktive Arbeitsstunden in der Kabine, Übernachtungskosten etc. – zu tragen. Auch trifft zu, dass es theoretisch denkbar gewesen wäre, dass sich alle Mitarbeiter für diesen Weg entschieden hätten. Dass demnach das finanzielle Volumen, das die Beklagte für den Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Umsetzung der Betriebsänderung entstehenden Nachteile vorgehalten hat, ausreichend bemessen sein musste, um alle Versetzungen „virtuell“ um zwei Jahre zu verschieben, kann entgegen der Auffassung des LAG Hessen aber nicht angeführt werden, um die betriebsändernde Maßnahme als (zunächst) obsolet darzustellen. Denn die Verpflichtung des Unternehmers, ein finanzielles Volumen zum Ausgleich der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile für die Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen, folgt aus der Sozialplanpflicht gemäß § 112 BetrVG. Kommt der Unternehmer dieser Verpflichtung nach, kann aus dem Umstand, dass Geld zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer vorhanden ist, nicht darauf geschlossen werden, dass die unternehmerische Maßnahme willkürlich ist. Der Arbeitgeber kann nicht darauf verwiesen werden, die finanziellen Mittel zur Vermeidung oder verspäteten Umsetzung der betriebsändernden Maßnahme zu verwenden.

95

Die Entscheidung der Beklagten zur Schließung der dezentralen Standorte ist ersichtlich auch nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden.

96

(5) Von der Umsetzung der Entscheidung zur Schließung der Station in Hamburg ist auszugehen.

97

Entgegenstehende Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht dargelegt. Ihre pauschale Behauptung, es gebe nach wie vor Einsätze von/ab Hamburg, genügt insoweit nicht, da ihr insbesondere die Versetzungen auch der betroffenen Kolleginnen sowie die Änderung der Flugpläne bekannt sind.

98

(bbb) Die Versetzung der Klägerin, die von der Beklagten in Umsetzung ihrer unternehmerischen Entscheidung vorgenommen worden ist, ist weder willkürlich noch rechtsmissbräuchlich.

99

Wie oben dargelegt, ist die Entscheidung zur Schließung der Station in Hamburg auf Dauer angelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Stationsschließung nur vorgeschoben ist, bestehen nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Umsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung auch nicht in einer Weise möglich, die für die Klägerin weniger einschneidend ist als die Versetzung nach M..

100

Der von der Klägerin insoweit angeführte Weg, sie auf Dauer „virtuell“ in Hamburg zu stationieren, ist entgegen der Auffassung der Klägerin in der Betriebsorganisation der Beklagten nach der Neustrukturierung der Direktverkehre nicht gangbar. Denn eine solche „virtuelle Stationierung“ hätte zur Folge, dass die Einsätze der Klägerin in Hamburg beginnen würden. Mit dem unternehmerischen Konzept der Beklagten, alle Umläufe und alle Direktverkehre und damit auch alle Einsätze von Flugbegleitern in F. oder M. starten zu lassen, wäre ein „virtueller Einsatzort“ Hamburg auf Dauer nicht vereinbar. Er würde die Ziele des unternehmerischen Konzepts auch deshalb in Frage stellen, weil er weiter „Dead-Head“-Transporte der Klägerin von/nach F. oder M. erforderlich machte. Eine andere Sichtweise ist nicht deshalb geboten, weil der Interessenausgleich/Sozialplan für die Flugbegleiter die Möglichkeit vorsieht, auf zwei Jahre befristet virtuell am bisherigen Stationierungsort zu verbleiben. Diese zur Milderung der aus der Betriebsänderung resultierenden Nachteile vorgesehene Möglichkeit ist gerade deshalb auf zwei Jahre befristet, weil sie mit dem unternehmerischen Konzept der Beklagten nicht in Einklang zu bringen ist. Soweit die Klägerin geltend macht, die Übernahme von „Dead-Head“-Kosten sei tarifvertraglich vorgesehen und damit der Beklagten (auf Dauer) zuzumuten, übersieht sie, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der „Dead-Head“-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der „Dead-Head“-Kosten die Ausnahme bildet (vgl. BAG, Urteil vom 13 Juni 2012 – 10 AZR 296/11, juris).

101

Neben der Beibehaltung des „virtuellen Einsatzortes“ führt die Klägerin keine anderen Maßnahmen zur Umsetzung des unternehmerischen Konzepts an, die für sie weniger einschneidend als die Versetzung nach M. wirken würden. Solche Maßnahmen sind auch nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Sozialplan vom 8. Mai 2013 den Flugbegleitern die Möglichkeit eingeräumt hat, unter verschiedenen Alternativen zu wählen und zu entscheiden, nach welcher dieser Alternativen ihr Arbeitsverhältnis behandelt werden sollte. Die Klägerin hat sich im Rahmen der Mitarbeiterbefragung unter den vorhandenen Alternativen für den Wechsel nach M. entschieden. Dieser Wahl ist die Beklagte gefolgt.

102

(ccc) Auch bei Berücksichtigung der nachteiligen Auswirkungen, die die Versetzungsmaßnahme für die Klägerin hat, überwiegt bei der nach § 106 GewO gebotenen Interessenabwägung das Interesse der Beklagten an der Durchsetzung ihrer Organisationsentscheidung.

103

Zugunsten der Klägerin sprechen die Belastungen, die mit der Versetzung unbestritten einhergehen: Die Klägerin muss sich entweder für die Verlagerung ihres bisherigen Wohnortes und Lebensmittelpunkts entscheiden oder den erheblichen zusätzlichen zeitlichen und auch finanziellen Aufwand tragen, den der Arbeitsbeginn am Einsatzort M. bei einem Wohnort bei Hamburg mit sich bringt. Dass sich das Alltagsleben der Klägerin bei Beibehaltung ihres Wohnortes bei Hamburg durch die Versetzung auf Dauer erheblich nachteilig verändert, steht für die erkennende Kammer außer Frage. Auch ist für die Kammer klar ersichtlich, dass die zeitaufwändigen Anreisen zum Einsatzort in M. in der aktuellen familiären Situation der Klägerin, die durch die Erkrankung des Vaters zusätzlich belastet ist, eine Härte darstellen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Interessen der Klägerin die Interessen der Beklagten überwiegen und diese dazu zwingen könnten, von der Versetzungsentscheidung Abstand zu nehmen. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss vielmehr gegenüber den Interessen der Beklagten zurücktreten.

104

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin auch bisher längere Abwesenheiten von zu Hause hinnehmen musste. Sie sind in dem von ihr ausgeübten Beruf nicht vermeidbar. Dass die nun eintretende zusätzliche Erschwernis derart einschneidend wäre, dass sie entscheidend zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen wären, ist nicht ersichtlich. Dem Beruf der Flugbegleiterin wohnt im Übrigen stets eine gewisse Volatilität inne; die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten ist vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt (siehe BAG 28. August 2013 – 10 AZR 569/12 – juris). Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die auftretenden Belastungen und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin demnach hinnehmen. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen (vgl. BAG 28.08.2013 – 10 AZR 605/12 –, juris). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die An- und Abreisezeiten der Klägerin nach M. keine Arbeitszeit im arbeitszeitrechtlichen Sinne darstellen. Entgegen der Auffassung der Klägerin führen diese Zeiten nicht dazu, dass die Arbeitszeitgrenzen des Arbeitszeitgesetzes bei ihren Einsätzen von/ab M. überschritten werden. Denn die Arbeitszeit der Klägerin beginnt erst mit ihrem Einsatz in M. und endet auch dort.

105

Bei der Interessenabwägung ist zudem zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, den Misslichkeiten einer längeren Anreise zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen (vgl. BAG, 28.08.2013 – 10 AZR 569/12 – juris); der Sozialplan sieht als eine Alternative die Erstattung von Umzugskosten bis zur Höhe von € 15.000,00 vor. Ferner hätte die Klägerin auch die Wahl gehabt, ihren Einsatzort in Hamburg beizubehalten, wenn sie sich zu einem Wechsel – dauerhaft oder vorübergehend im Wege der Arbeitnehmerüberlassung – zur G. GmbH entschlossen hätte. Zwar wären hiermit einige Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen verbunden gewesen, aber nicht von einschneidender Art. Die Klägerin hat sich unter den gegebenen Alternativen bewusst für den Verbleib bei ihrem bisherigen Arbeitgeber und den Wechsel nach M. entschieden. Hierbei gewährt die Beklagte aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans einen nicht unbeachtlichen finanziellen, wenn auch auf 5 Jahre zeitlich befristeten, finanziellen Ausgleich.

106

Auf Seiten der Beklagten ist demgegenüber entscheidend zu berücksichtigen, dass die Unternehmer das wirtschaftliche Risiko tragen und ihre unternehmerische Tätigkeit geschützt ist durch Artikel 12 und 14 GG. Die Entscheidung, das Personal dort zu bündeln und einzusetzen, von wo aus die Flugumläufe starten, ist wie dargelegt nicht rechtsmissbräuchlich oder willkürlich. Sie bedeutet eine leichter umzusetzende Einsatzplanung des fliegenden Personals. Für die Abwägung ist nicht maßgeblich, wie hoch die jährlich erzielbare Kostenentlastung pro Kopf der betroffenen Mitarbeiter ist. Vielmehr ist auf Seiten der Beklagten das unternehmerische Gesamtkonzept zu berücksichtigen (BAG 28. August 2013 – 10 AZR 605/12 – juris). Bei der Abwägung des Interesses des Arbeitgebers an der Durchsetzung einer unternehmerischen Entscheidung gegen das „Nichtveränderungsinteresse“ des Arbeitnehmers kommt es nicht darauf an, ob die getroffene Unternehmerentscheidung die zweckmäßigste und tatsächlich wirtschaftlich vernünftigste Entscheidung ist. Auch wenn sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass durch die Stationsschließung und die Versetzungen der Mitarbeiter keine Einsparungseffekte eintreten – wofür derzeit nichts spricht –, so ist dies ein Risiko, das die Beklagte trägt. Auch bei einer solchen faktischen Entwicklung wären die unternehmerischen Entscheidung und die in Umsetzung dieser Entscheidung vorgenommene Versetzung der Klägerin nicht rechtswidrig.

107

Der von der Klägerin eingeführte Einwand, die Beklagte selbst habe keine individuelle, auf den einzelnen Mitarbeiter zugeschnittene Ermessensausübung und Interessenabwägung vorgenommen, verfängt nicht. Hierauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die Versetzung bei einer Überprüfung am Maßstab des § 106 GewO bei Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile als rechtmäßig darstellt. Dies ist wie dargelegt der Fall.

108

c) Die Versetzung der Klägerin verstößt nicht gegen internationale luftrechtliche Vorschriften insbesondere gegen Vorschriften aus der EU OPS. Die Beklagte hat der Klägerin mit dem Stationierungsort M. eine (neue) Heimatsbasis zugewiesen.

109

d) Die Versetzung ist auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung der Personalvertretung unwirksam.

110

Der Betriebsrat – bzw. vorliegend die Personalvertretung (§ 117 Abs. 2 BetrVG) – ist nach § 99 BetrVG bei einer Versetzung umfassend und rechtzeitig anzuhören. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 7 ABR 42/11 –, juris). Dabei sind der vorgesehene Arbeitsplatz und sonstige wichtige Umstände der Versetzung sowie konkrete Folgen der Versetzung mitzuteilen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, 27. Auflage, § 99 BetrVG, Rn. 180).

111

Dem genügte vorliegend die Anhörung der Personalvertretung. Nach dem substantiierten Vorbringen der Beklagten hat die Personalsachbearbeiterin der Beklagten Frau R. der Personalvertretung der Beklagten am 16. Dezember 2013 sowohl die Anhörungsvorlage (Anlage 7b, Bl. 90 R d. A.) als auch die Listen mit den Namen der zur Versetzung anstehenden Arbeitnehmer (Anlage 7b, Bl. 91-94R d. A.) übergeben. Die Klägerin hat diesen Sachvortrag nicht substantiiert bestritten.

112

Mit den Anhörungsunterlagen ist die Personalvertretung über den Grund und die Folgen der Versetzung hinreichend informiert worden. Die Beklagte hat ausweislich der Anlage 7b (Bl. 91-94R d. A.) einen Zustimmungsantrag zur Versetzung der Klägerin nach § 88 TVPV gestellt. Die Anhörung nimmt Bezug auf den Interessenausgleich und Sozialplan, welcher zuvor zwischen der Beklagten und der Personalvertretung abgeschlossen worden war und in welchem die Ziele und Maßnahmen in § 3 (auch die beabsichtigten Versetzungen) ausführlich geregelt waren. Der Inhalt des Interessenausgleichs und damit auch der Grund für die Versetzungen waren der Personalvertretung bekannt. Es stellte eine unnötige Förmelei dar zu verlangen, den Inhalt erneut in der Anhörung anführen zu müssen.

113

Auch die Zustimmung der Personalvertretung ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Hätte sie sich trotz der bereits geführten Gespräche und Verhandlungen bezüglich der Schließung der Station in Hamburg und der hieraus resultierenden Versetzungen nicht ausreichend informiert gefühlt, so hätte sie der Versetzung nicht zugestimmt, sondern Nachfragen beim Betriebspartner gestellt.

114

Unschädlich ist auch der Umstand, dass nur eine Liste der zu versetzenden Mitarbeiter beigefügt war, ohne deren Sozialdaten im Einzelnen aufzuführen. Die Sozialdaten waren für die Versetzungsentscheidung ohne Bedeutung, da alle Mitarbeiter – soweit sie nicht einvernehmlich den Einsatzort gewechselt oder aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden sind – versetzt worden sind. Diese Informationen hätten vorliegend keinen Zustimmungsverweigerungsgrund stützen können und waren somit überflüssig. Die Klägerin legt auch nicht dar, warum die Sozialdaten für die Anhörung der Personalvertretung von Bedeutung gewesen sein sollen. Der Hinweis auf § 106 GewO reicht hier nicht aus. Denn im Rahmen des § 106 GewO findet – wie oben dargestellt – keine Sozialauswahl statt.

115

Nach alledem ist die Versetzung der Klägerin an den Stationierungsort M. rechtswirksam erfolgt.

116

2. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist insoweit abzuändern, wie es die gegen die Änderungskündigung gerichtete Kündigungsschutzklage zurückgewiesen hat.

117

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist begründet. Die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die außerordentliche Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist vom 26. März 2014 ist unwirksam.

118

a) Die Änderungskündigung ist nicht unter der auflösenden Rechtsbedingung der Wirksamkeit der Versetzung ausgesprochen worden.

119

Zwar legt die Wortwahl im Kündigungsschreiben, wonach die Änderungskündigung „höchst vorsorglich“ ausgesprochen worden ist, zunächst nahe, dass die Kündigung unter der auflösenden Rechtsbedingung der Wirksamkeit der Versetzung stehen sollte (vgl. hierzu etwa BAG Urteil v. 10.04.2014 – 2 AZR 647/13 – NZA 2015, 162 ff.). Doch ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht, dass eine solche auflösende Bedingung dem Willen der Beklagten entsprochen hätte (§ 133 BGB). Auch die Klägerin als Empfängerin hat nicht vorgetragen, dass sie die Änderungskündigung als unter einer Rechtsbedingung stehend verstanden hätte.

120

b) Die Klägerin hat innerhalb der Frist der §§ 13, 4 KSchG Klage auf Feststellung erhoben. dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt ist. Die Änderungskündigung gilt damit nicht gemäß § 7 KSchG als wirksam.

121

c) Die Änderungskündigung ist als außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist der tariflich „unkündbaren“ Klägerin an den strengen Anforderungen des § 626 Abs. 1 BGB zu messen.

122

Hat ein Arbeitnehmer - wie hier die Klägerin - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG, Urteil vom 28. August 2013 – 10 AZR 569/12 –, juris).

123

Vorliegend sollte mit der Änderungskündigung aber nicht nur der Arbeitsort verändert werden, was bereits aufgrund der Versetzung im Wege der Ausübung des Direktionsrechts erreicht wurde, sondern es waren darüber hinausgehende Änderungen der Vertragsbedingungen angestrebt (a. Auff. in einem Parallelverfahren LAG Köln – 12.11.2015 – BB 4, Bl. 543 ff. d. A.). Hiergegen wendet sich die Klägerin zu Recht.

124

Eine betriebsbedingte außerordentliche Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist – wie vorliegend – kann ebenso wie eine ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung nur wirksam sein, wenn sich der Arbeitgeber bei einem anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 10.09.2009 – 2 AZR 822/07 – juris).

125

Die Beklagte hat mit der Änderungskündigung nicht nur eine der Veränderung des Einsatzortes der Klägerin durchzusetzen versucht, sondern auch darüber hinausgehende Vertragsänderungen angestrebt. Die Beklagte hat jedenfalls unter den Ziffern 6, 7 und 8 des angebotenen Änderungsvertrages vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses abweichende Bedingungen einzuführen versucht, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund angeführt wurde. Es sollte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Fall des Verlusts der behördlichen Erlaubnisscheine (Ziffer 6 des Vertragsangebots) sowie im Fall der Flugdienstuntauglichkeit (Ziffer 7 des Vertragsangebots) vertraglich geregelt werden, was bislang nur über den Einbezug der entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen zur Geltung kam. Diese neuen Regelungen würden die Klägerin gegenüber den bisher geltenden schlechter stellen. § 21 des Manteltarifvertrages berechtigt die Beklagte zur Kündigung, sofern ein Mitarbeiter die Berechtigung zur Ausübung seines Berufes durch Verfall oder Entzug der behördlichen Erlaubnis aus anderen Gründen als aus denen der Flugdienstuntauglichkeit verliert. Gegen eine Kündigung könnte sich der Mitarbeiter mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzen. Demgegenüber sieht Ziffer 6 des Vertragsangebots für derartige Fälle eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Nach der Regelung in § 20 Abs. 1 a) des Manteltarifvertrages endet das Arbeitsverhältnis im Falle des Verlusts der Flugdiensttauglichkeit zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung gemäß § 22 des Manteltarifvertrages frühestens zulässig gewesen wäre. Ziffer 7 des Vertragsangebots sieht für diesen Fall dagegen keine Frist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Zudem sollte eine doppelte Schriftformklausel in den Vertrag neu aufgenommen werden (Ziffer 8 des Vertragsangebots).

126

Die Beklagte hat zwar auf Seite 1 des Kündigungsschreibens lediglich den neuen Einsatzort und das neue Einsatzteam genannt und am Ende der Seite ausgeführt, die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 11. Mai 1998 blieben bestehen. Auf Seite 2 oben des Kündigungsschreibens führt die Beklagte dann jedoch aus, der als Anlage beigefügte neue Vertrag werde nur mit Annahme der Klägerin wirksam und fordert die Klägerin auf, ein Exemplar des beigefügten Vertragsschreibens unterschrieben zurückzuschicken. Zudem weist die Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass das Nichtzurücksenden des Vertragsschreibens nicht als Annahme gelte. Damit konnte die Kündigungserklärung nur so verstanden werden, dass das mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot in dem als Anlage beigefügten Arbeitsvertrag bestand.

127

Eine wichtiger Grund i.S. des § 626 Abs. 1 BGB für die angebotenen Vertragsänderungen, soweit sie nicht lediglich in der Zuweisung eines neuen Einsatzortes und Einsatzteams bestanden, ist nicht vorgetragen oder sonst erkennbar. Diese über das eigentliche Ziel hinausschießenden Regelungen führen dazu, dass die Klägerin das Vertragsangebot billigerweise nicht anzunehmen brauchte. Damit war die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht durch einen wichtigen Grund der Beklagten gerechtfertigt und rechtsunwirksam.

III.

128

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs.1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

IV.

129

Die Revision war zuzulassen, da die hierfür gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.

130

Hier hängt die Entscheidung über den Klagantrag zu 1) davon ab, ob es einer unternehmerischen Entscheidung eines Luftfahrunternehmens zur Standortschließung entgegensteht, wenn den Arbeitnehmern im Rahmen eines Interessenausgleichs/Sozialplans zugleich das Angebot unterbreitet wird, für zwei Jahre „virtuell“ am bisherigen Standort verbleiben können, also so behandelt zu werden, als ob der Standort nicht geschlossen würde. Diese Rechtsfrage ist vom LAG Hessen in mehreren Entscheidungen anders als von der erkennenden Kammer entschieden worden.

131

Die Entscheidung über den Klagantrag zu 2) hängt maßgeblich von der Entscheidung der Rechtsfrage ab, ob eine vorsorgliche Änderungskündigung auch dann als „überflüssige Änderungskündigung“ i. S. der Rechtsprechung des BAG mit der Folge der Abweisung der Änderungsschutzklage gewertet werden kann (BAG 26.01.2012 – 2 AZR 102/11 – juris; BAG, Urteil vom 28. August 2013 – 10 AZR 569/12 – juris), wenn die Änderungskündigung mit einem Vertragsangebot verbunden ist, das über die zuvor im Wege des Direktionsrechts wirksam vorgenommene Versetzung hinaus die Änderung weiterer vertraglicher Bestimmungen vorsieht (so das LAG Köln – 12.11.2015 – BB 4, Bl. 543 ff. d. A. in einem Parallelverfahren) oder ob sie in diesem Fall – wie die erkennende Kammer meint – unwirksam ist.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 03. Feb. 2016 - 6 Sa 54/15

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 03. Feb. 2016 - 6 Sa 54/15

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 03. Feb. 2016 - 6 Sa 54/15 zitiert 23 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

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(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

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Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.08.2014 – 1 Ca 2551/13 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Auf Landbetriebe von Luftfahrtunternehmen ist dieses Gesetz anzuwenden. Auf im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen ist dieses Gesetz anzuwenden, wenn keine Vertretung durch Tarifvertrag nach Absatz 2 Satz 1 errichtet ist.

(2) Für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen kann durch Tarifvertrag eine Vertretung errichtet werden. Über die Zusammenarbeit dieser Vertretung mit den nach diesem Gesetz zu errichtenden Vertretungen der Arbeitnehmer der Landbetriebe des Luftfahrtunternehmens kann der Tarifvertrag von diesem Gesetz abweichende Regelungen vorsehen. Auf einen Tarifvertrag nach den Sätzen 1 und 2 ist § 4 Absatz 5 des Tarifvertragsgesetzes anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1032/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Der 1972 geborene, ledige und in La wohnende Kläger ist seit dem 2. Juli 2001 bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt, zuletzt als Kapitän mit einer Bruttomonatsvergütung von ca. 10.940,00 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. Juni 2001 lautet auszugsweise:

        

„1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

        

Herr T wird ab 02.07.2001 als First Officer zur Ausbildung auf das Flugzeugmuster B757 eingestellt.

        

…       

        

Beschäftigungsort ist Kelsterbach.

        

Die C behält sich ausdrücklich die jederzeitige Versetzung des Mitarbeiters an einen anderen Beschäftigungsort, sowie seinen jederzeitigen Einsatz bei D oder bei einer anderen Luftverkehrsgesellschaft des L Konzerns vor.

                 
        

2. Rechte und Pflichten

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den jeweils geltenden Tarifverträgen für das Cockpitpersonal der C, sowie den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften.“

4

Mit Schreiben vom 13. November 2007 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag Ernennung zum Kapitän“ ua. mit:

        

„...   

        

zu Ihrem erfolgreichen Check-out am 12.11.2007 als Kapitän auf B757 gratulieren wir Ihnen ganz herzlich.

        

...     

        

Ihrem Wunsch entsprechend werden Sie, unter Vorbehalt der Zustimmung der Personalvertretung, in Hannover stationiert.

        

Die C kann Sie, im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit im Cockpit, vorübergehend anderweitig einsetzen.

        

...     

        

Im übrigen bleibt Ihr Arbeitsvertrag unverändert.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis spätestens 26.11.2007 unterschrieben zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung seiner bisherigen Funktion als Flugkapitän von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm der Kläger unter Vorbehalt an.

12

Der Kläger hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als verantwortlichen Flugzeugführer (Kapitän) mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, dem Kläger am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für den Kläger vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2007 erfolgte Zuordnung des Klägers zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, dem Kläger einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, dem Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags des Klägers ergibt, dass sein Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, „Beschäftigungsort ist Kelsterbach“, der Arbeitgeber behalte sich „die jederzeitige Versetzung … an einen anderen Beschäftigungsort … vor“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 13. November 2007 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Kläger seinem Wunsch entsprechend „in Hannover stationiert“. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass sich die Arbeitgeberin darüber hinaus „im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit …vorübergehend“ einen „anderweitigen Einsatz“ vorbehalten hat. Nach dem Wortlaut der Klausel und dem gemeinsamen Verständnis der Parteien über ihren Inhalt, welches diese in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, bezieht sich diese Klausel auf die Art der Beschäftigung, nicht auf den Beschäftigungs- oder Stationierungsort. Im Übrigen sollten die Vertragsbedingungen - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass der Kläger seit November 2007 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Dass die Beklagte den Kläger ab dem Jahr 2007 in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag unverändert weiter galt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die dem Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der klägerische Vortrag, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis des Klägers auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für den Kläger damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für den Kläger hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen, für den Kläger günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten des Klägers von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung des Klägers nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. Februar 2011 - 17 Sa 622/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1966 geborene Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie trat im Jahre 1990 als Purserette (Kabinenchefin) in die Dienste der S Fluggesellschaft mbH (im Folgenden: S GmbH). Die S GmbH war eine Tochtergesellschaft der Beklagten, die ein Bedarfsflugunternehmen mit über 2000 Arbeitnehmern an mehreren Standorten in Deutschland betreibt und ihren Hauptsitz in der Nähe von Frankfurt am Main hat. Im Arbeitsvertrag der Klägerin vom 26. September 1990 heißt es ua.:

        

„Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt/Main.

        

S kann Frau ... auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.“

3

Nach Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte teilte diese der Klägerin im Oktober 1995 mit, sie freue sich, ihr mit Wirkung zum 1. November 1995 „eine Stationierung in Hannover“, zunächst befristet bis zum 30. April 1996, anbieten zu können. Danach war die Klägerin - mit rund 40 weiteren Piloten, Pursern und Flugbegleitern - bis zum Ausspruch der Versetzung durchgehend in Hannover stationiert, wo die Beklagte auch Passagierflugzeuge vorhielt und von wo aus sie Flüge durchführte.

4

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

5

Nachdem die Beklagte ihr Flugprogramm ab Hannover seit Mai 2008 zumindest erheblich reduziert hatte, schloss sie am 7. Juli 2009 mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit-Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

6

Um den von der Stationsschließung betroffenen Mitarbeitern weiterhin den Einsatz ab Hannover zu ermöglichen, hatte sich die Beklagte mit Schreiben vom 12. März 2009 an die bei ihr in Hannover stationierten Flugbegleiter und Purser gewandt und ihnen angeboten, als Flugbegleiter - nicht jedoch als Purser - mit Stationierungsort Hannover für die Tochtergesellschaft B GmbH zu fliegen. Einzelheiten regelte ein von der Beklagten mit der Personalvertretung abgeschlossener „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“ vom 13. März 2009. Die Klägerin teilte der Beklagten Mitte März 2009 mit, dass sie an einer Wechselmöglichkeit zur B GmbH sehr interessiert sei, jedoch nicht als Flugbegleiterin, sondern nur als Purserette.

7

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Purserette von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

8

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 BGB. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auch bei vollständiger Schließung des Stationierungsorts Hannover könne die Klägerin von dort aus eingesetzt werden, gegebenenfalls bei der Tochtergesellschaft B GmbH.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Purserette am Standort Hannover weiterzubeschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung vom 17. September 2009 sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt. Die 1995 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, ohne dass es eines sog. Dead-Head bedurft hätte, seien im Jahr 2009 nahezu sämtliche Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Im Jahre 2009 hätten die in Hannover stationierten Mitarbeiter zu 90 % ihrer Einsätze an andere Flughäfen gebracht werden müssen. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Seitdem würden keine Arbeitnehmer mehr von Hannover aus eingesetzt.

11

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest (unter A). Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen (unter A I). Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden (unter A II). Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sollte es noch auf die Wirksamkeit der Änderungskündigung ankommen, kann die Klage auch insoweit mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung keinen Erfolg haben (unter B).

13

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main unwirksam ist, steht noch nicht fest.

14

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen.

15

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 bis 31, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

16

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

17

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

18

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

19

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

20

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

21

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. September 1990 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die erstmalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

22

c) Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 13. Oktober 1995 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben.

23

d) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin bis zur Versetzung nach Frankfurt am Main rund 14 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

24

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

25

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahre 1995 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weiter galt.

26

e) Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe sich durch die Versetzungsklausel ein über § 106 GewO hinausgehendes Versetzungsrecht vorbehalten, kann der Senat nicht zustimmen. Legt der Arbeitsvertrag, wie im Streitfall, den Ort der Arbeitsleistung nicht fest, so unterliegt ein zusätzlich im Arbeitsvertrag enthaltener Versetzungsvorbehalt keiner gesonderten Inhaltskontrolle. Die Grenzen des Weisungsrechts ergeben sich in diesem Fall unmittelbar aus § 106 GewO. Die Vorschrift beinhaltet die Entscheidung des Gesetzgebers über die Frage, welchen Anforderungen die Ausübung des Weisungsrechts in den Fällen gerecht werden muss, in denen der Arbeitsvertrag das Weisungsrecht nicht weiter ausdehnt, als es im Gesetz vorausgesetzt ist. Da § 106 GewO gerade auch die Bestimmung des Arbeitsorts der Weisungsmacht des Arbeitgebers zuordnet, kann eine nicht darüber hinausgehende vertragliche Zuweisung des Bestimmungsrechts nicht mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung über das Weisungsrecht in Widerstreit treten. Die vom Landesarbeitsgericht missbilligte Vertragsklausel räumt nach ihrem Wortlaut, insbesondere hinsichtlich des Arbeitsorts, dem Arbeitgeber keine über § 106 GewO hinausgehenden Rechte ein. Mit ihr ist nicht gesagt, dass die Beklagte etwa ohne Ausübung billigen Ermessens den Ort der Arbeitsleistung einseitig verändern könnte.

27

II. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen § 106 GewO, § 315 BGB entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

28

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48). Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht in diesem Sinne überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

29

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

30

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; so bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

31

b) Zugunsten der Beklagten wird im Streitfall deren vom Landesarbeitsgericht festgestellte unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen, wie auch das Landesarbeitsgericht erkannt hat.

32

c) Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte verlagere in unbilliger Weise das Risiko, für die Transportkosten zum Einsatzort aufkommen zu müssen, auf die Arbeitnehmer, dürfte dagegen schwerlich zutreffen. Offenbar ist die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

33

d) Die vom Landesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Überprüfung der Änderungskündigung ins Feld geführte Möglichkeit, der Klägerin vorübergehend die befristete Beschäftigung als Purserette bei der Tochtergesellschaft B GmbH zuzuweisen, kann nicht als die Klägerin weniger belastende Maßnahme in Betracht kommen. Solange - wie im Streitfall - eine unbefristete vertragsgemäße Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber möglich ist, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine befristete Beschäftigung bei einem anderen Unternehmen zuzuweisen.

34

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung war ebenfalls aufzuheben. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Versetzung unwirksam ist, wird es erneut über die Wirksamkeit der Änderungskündigung zu entscheiden haben und dabei die nachfolgenden Erwägungen zugrunde legen müssen.

35

I. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist(st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 151 = EzA KSchG § 2 Nr. 82; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, BAGE 132, 78). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bestehende vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - aaO).

36

II. Danach dürfte die Änderungskündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt sein.

37

1. Nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin entfallen ist. Die Beklagte hat, ohne dass Anzeichen für Missbräuchlichkeit oder Willkür erkennbar wären, beschlossen, den Standort Hannover, an dem die Klägerin bisher beschäftigt war, zu schließen.

38

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts durfte sich die Beklagte bei ihrem Änderungsangebot darauf beschränken, der Klägerin nur solche Vertragsänderungen anzutragen, die aufgrund des Wegfalls der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit erforderlich waren. Die vom Landesarbeitsgericht als weniger einschneidend angesehene befristete Beschäftigung bei ihrer Tochtergesellschaft musste die Beklagte der Klägerin nicht anbieten. Jedenfalls solange eine unbefristete Weiterbeschäftigung möglich ist, muss der Arbeitgeber nicht die befristete Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber anbieten. Dies gilt schon deshalb, weil dieses Angebot Vertragsänderungen umfassen würde, die über den durch den Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit veranlassten Umfang an Vertragsänderungen hinausgingen. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung nachgekommen, bei Bestehen mehrerer Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten diejenige anzubieten, die für den Arbeitnehmer als die günstigste erscheint (vgl. BAG 22. September 2005 - 2 AZR 519/04 - Rn. 29, BAGE 116, 7).

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. November 2012 - 16 Sa 1329/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Beschäftigung an ihrem bisherigen Einsatzort in München verlangt und die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1978 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von München aus tätig.

4

In Ziff. 1 des Arbeitsvertrags der Klägerin vom 13. Oktober 1999 heißt es ua.:

        

„Es besteht Einvernehmen darüber, dass eine Mindestverweildauer an dem o. a. dienstlichen Wohnsitz [Nürnberg] von mindestens einem Jahr vereinbart wird.

        

Die Regularien des MTV § 4 Ziffer 6 bleiben jedoch unberührt, das heißt konkret, dass bei betrieblichen Erfordernissen eine Versetzung an einen anderen dienstlichen Wohnsitz erfolgen kann.“

5

In Ziff. 2 des Arbeitsvertrags ist ua. Folgendes geregelt:

        

„Die Rechte und Pflichten eines Mitarbeiters ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, dem MTV Nr. 1 für das Bordpersonal und der Vergütungsvereinbarung, die in der sogenannten Betriebsvereinbarung Nr. 1 enthalten sind, sowie den Dienstvorschriften der Eurowings Luftverkehrs AG.“

6

In Ziff. 6 („Sonstiges“) ist ua. Folgendes geregelt:

        

„Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen worden. Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform.“

7

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

8

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.“

9

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

10

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin in einem Telefonat am 12. September 2011 einer Versetzung nach Düsseldorf zugestimmt hat. Mit Schreiben vom 20. September 2011 bat die Beklagte die Klägerin, hinsichtlich ihrer Versetzung schriftlich ihre Stationswahl mitzuteilen. Die Klägerin bewarb sich zwar entsprechend der auch in diesem Schreiben enthaltenen Aufforderung auf eine Vollzeitstelle, teilte jedoch keine Wunschstation mit.

11

Mit Schreiben vom 4. November 2011 teilte die Beklagte den Termin einer Schulung mit. Weiterhin teilte sie mit, dass gemäß der Aussage in einem Telefonat der dienstliche Einsatzort ab dem 11. November 2011 Düsseldorf sei. Mit Schreiben vom 9. November 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass gemäß einem mit der Mitarbeiterin S geführten Telefonat der dienstliche Einsatzort ab dem 11. November 2011 Düsseldorf sei. Weiterhin kündigte die Beklagte die Auszahlung einer Versetzungsprämie an. Die Klägerin bat mit Schreiben vom 21. November 2011, diese nicht im November auszuzahlen.

12

Die Klägerin hat bestritten, sich am 12. September 2011 mit der Beklagten über eine Versetzung geeinigt zu haben. Die arbeitgeberseitige Maßnahme sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 11. November 2011 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort München zu beschäftigen,

        

hilfsweise für den Fall des Unterliegens

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort München zu beschäftigen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, über die streitbefangene Versetzung sei bereits Einvernehmen erzielt worden. Die Klägerin selbst habe der Mitarbeiterin S in einem Telefonat am 12. September 2011 erklärt, sie wolle nach Düsseldorf. Als die Klägerin dann von bisher 90 % Teilzeit auf Vollzeit aufstocken wollte, habe man beides mit Schreiben vom 9. November 2011 zusammengefasst. Man habe zwar diese Einigung entgegen dem Arbeitsvertrag nicht schriftlich niedergelegt, das Schriftformerfordernis sei jedoch konkludent abbedungen worden. Die Klägerin habe auch in einem Telefonat in der Woche vom 22. - 28. November 2011 gegenüber der Leiterin Kabine K erklärt, mit dem Einsatzort Düsseldorf sei alles in Ordnung, sie könne nahe Köln bei ihren Schwiegereltern unterkommen. Zudem habe ihr Mann zur Zeit Elternzeit. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die Personalvertretung Kabine sei mit Schreiben vom 4. November 2011 zur Versetzung angehört worden. Diese habe ihre Zustimmung am 8. November 2011 erteilt.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

17

A. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beschäftigung in München (zu I). Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam (zu II). Die Versetzung bedurfte nicht der Schriftform (zu II 1). Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu II 2). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu II 3). Die Personalvertretung ist ordnungsgemäß unterrichtet worden und hat der Versetzung zugestimmt (zu II 4).

18

I. Der auf Beschäftigung in München gerichtete Antrag ist unbegründet, weil sich die Klägerin, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, bis Sommer 2014 in Elternzeit befindet. Sie kann schon deswegen nicht arbeiten. Bei dieser Lage hat sie gegenwärtig keinen Anspruch auf Beschäftigung.

19

II. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam.

20

1. Die Versetzung bedurfte nicht der Schriftform.

21

a) Die Parteien haben entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung keine wirksame Vereinbarung dahingehend getroffen, der neue Arbeitsort der Klägerin sei nunmehr Düsseldorf. Ob die Parteien, wie von der Beklagten behauptet, insoweit eine mündliche Einigung erzielt haben, kann dahinstehen. Die Wirksamkeit der Abrede würde, da sie nicht schriftlich getroffen wurde, jedenfalls an dem in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags vereinbarten Schriftformerfordernis iVm. § 125 BGB scheitern.

22

b) Die mit Schreiben vom 9. November 2011 von der Beklagten erklärte Versetzung von München nach Düsseldorf ist dagegen nicht mangels schriftlichen Vertragsschlusses unwirksam. Nach Ziff. 6 des Arbeitsvertrags gilt das Schriftformerfordernis nur für vereinbarte Änderungen und Ergänzungen des Vertrags. Die Versetzung war jedoch keine solche Vereinbarung, sondern eine einseitige Erklärung.

23

2. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen.

24

a) Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

25

aa) Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

26

bb) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

27

cc) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

28

b) Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

29

aa) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um Allgemeine Geschäftsbedingungen, auf die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen.

30

bb) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

31

(1) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Nürnberg „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Nürnberg als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn ... der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

32

(2) Außerdem ist in Ziff. 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrags festgehalten, „dass bei betrieblichen Erfordernissen eine Versetzung an einen anderen dienstlichen Wohnsitz erfolgen kann“. Diese Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

33

cc) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, auf den der Arbeitsvertrag Bezug nimmt und der ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben.

34

dd) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

35

ee) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den letzten Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit dem Jahr 2003 im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

36

(1) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

37

(2) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am letzten Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

38

ff) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

39

(1) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

40

(2) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

41

3. Die Versetzung hält auch der umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB stand. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

42

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

43

aa) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

44

bb) Die gegenteilige Auffassung, nach der bei Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung eine Interessenabwägung weitestgehend entbehrlich sein soll, findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

45

cc) Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

46

b) Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

47

aa) Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

48

bb) Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht dargetan. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Landesarbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Dass sich die Organisation der Kinderbetreuung für Arbeitnehmer im Falle von Maßnahmen wie im vorliegenden Fall schwieriger gestaltet, weil die Klägerin längere Abwesenheiten von zu Hause in Kauf nehmen muss und diese nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher von ihrem Mann abgefedert werden können, ist ohne Zweifel eine Beeinträchtigung. Indes musste die Klägerin auch bisher längere Abwesenheiten von zu Hause hinnehmen. Sie sind in dem von ihr ausgeübten Beruf nicht vermeidbar. Dass die nun eintretende zusätzliche Erschwernis derart einschneidend wäre, dass sie vom Landesarbeitsgericht hätte entscheidend zugunsten der Klägerin in die Waagschale geworfen werden müssen, ist nicht ersichtlich.

49

4. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die PV Kabine hat die Zustimmung zur Versetzung am 8. November 2011 erteilt. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Inwiefern es sich um eine „Vorratsanhörung“ oder „Vorratszustimmung“ gehandelt haben soll, ist nicht nachvollziehbar.

50

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch     

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    R. Baschnagel     

        

    Petri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2012 - 15 Sa 1320/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht und Beschäftigung an ihrem bisherigen Dienstort begehrt.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1967 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.000,00 Euro von Berlin aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 20./23. Juli 1992 heißt es ua.:

        

„§ 1 TÄTIGKEITSBEREICH

        

Der Mitarbeiter wird als Flugbegleiter im Flugbetrieb der NFD angestellt; er hat keinen Anspruch auf besondere Verwendung. Der NFD steht es frei, nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen den Einsatz des Mitarbeiters festzulegen. Hierbei kann der regelmäßige Einsatzort auch außerhalb des Hauptsitzes der NFD liegen, auch im Ausland.“

5

Am Ende des Vertrags war aufgenommen worden:

        

„Erster Einsatzort ist: Berlin“

6

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

7

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

8

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

9

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Hamburg.

10

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Hamburg versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Juni 2011 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit dem Stationierungsort Berlin-Tegel zu beschäftigen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor.

14

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

16

A. Ob die Klage begründet ist, steht noch nicht fest. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Ob die Versetzung der auch im Streitfall erforderlichen Ausübungskontrolle standhält und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen billigem Ermessen (§ 106 GewO) entspricht, steht noch nicht fest. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Die - vom Standpunkt des Landesarbeitsgerichts allerdings folgerichtig - unterlassene Ausübungskontrolle kann der Senat mangels entsprechender Feststellungen nicht selbst vornehmen. Sie wird vom Landesarbeitsgericht nachzuholen sein. Deshalb musste der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden (zu III). Die Versetzung ist nicht wegen fehlerhafter Beteiligung der PV Kabine nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam(zu IV).

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

19

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

20

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

21

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

22

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

23

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Geregelt ist am Ende des Arbeitsvertrags, dass der Einsatzort Berlin ist. Andererseits steht es dem Arbeitgeber nach § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags frei, den Einsatzort „nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen festzulegen“. Jedenfalls in der Zusammenschau beider Regelungen ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige (erstmalige) Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

24

aa) Dieses Ergebnis entspricht der Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter bei betrieblichen Erfordernissen unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann. Dies beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

25

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

26

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

27

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin zuletzt im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

28

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

29

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am letzten Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

30

e) Die Auffassung, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

31

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

32

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

33

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

34

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

35

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

36

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

37

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

38

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

39

III. Bei Anwendung dieser Maßgaben steht noch nicht fest, ob die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht.

40

1. Zutreffend ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

41

2. Das Landesarbeitsgericht hat es aber - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - unterlassen, die von der Beklagten ins Feld geführten betrieblichen Interessen mit den von der Klägerin benannten Belangen abzuwägen. Die Klägerin hat ua. geltend gemacht, die Versetzung verursache bei ihr beträchtliche Kosten, was bei einer monatlichen Bruttovergütung von rund 2.000,00 Euro unzumutbar sei. Außerdem entstehe für sie ein erheblicher zusätzlicher Zeitaufwand. Hinzu komme, dass sie in Berlin ihren Lebensmittelpunkt habe und ihr Sohn dort zur Schule gehe.

42

3. Ob die von der Klägerin vorgebrachten Belange das betriebliche Interesse der Beklagten überwiegen, kann der Senat nicht entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

43

a) Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

44

b) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zu den von der Klägerin benannten Belastungen getroffen. Das Gesetz verlangt, wie ausgeführt, eine umfassende und offene Abwägung der wechselseitigen Interessen im Einzelfall. Die Durchsetzung des unternehmerischen Konzepts hat dabei erhebliche Bedeutung. Ins Gewicht fallen wird auch, dass dem Beruf einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität von vornherein innewohnt und die Erwartung der sozialen und finanziellen Vorzüge eines gleichbleibenden, wohnungsnahen Arbeitsortes und unveränderter Arbeitszeiten vom Vertragszweck nicht gedeckt ist. Auch dieser Gesichtspunkt steht jedoch nicht für sich allein, sondern ist mit entgegenstehenden Belangen der Klägerin offen abzuwägen. Jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass die Beklagte an dem unternehmerischen Konzept festhalten könnte und doch ohne merkbaren finanziellen oder organisatorischen Aufwand einen Einsatz der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort aus beibehalten könnte. Dies zeigt ua. die Härtefallregelung im Sozialplan.

45

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

46

B. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1032/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Der 1972 geborene, ledige und in La wohnende Kläger ist seit dem 2. Juli 2001 bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt, zuletzt als Kapitän mit einer Bruttomonatsvergütung von ca. 10.940,00 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. Juni 2001 lautet auszugsweise:

        

„1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

        

Herr T wird ab 02.07.2001 als First Officer zur Ausbildung auf das Flugzeugmuster B757 eingestellt.

        

…       

        

Beschäftigungsort ist Kelsterbach.

        

Die C behält sich ausdrücklich die jederzeitige Versetzung des Mitarbeiters an einen anderen Beschäftigungsort, sowie seinen jederzeitigen Einsatz bei D oder bei einer anderen Luftverkehrsgesellschaft des L Konzerns vor.

                 
        

2. Rechte und Pflichten

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den jeweils geltenden Tarifverträgen für das Cockpitpersonal der C, sowie den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften.“

4

Mit Schreiben vom 13. November 2007 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag Ernennung zum Kapitän“ ua. mit:

        

„...   

        

zu Ihrem erfolgreichen Check-out am 12.11.2007 als Kapitän auf B757 gratulieren wir Ihnen ganz herzlich.

        

...     

        

Ihrem Wunsch entsprechend werden Sie, unter Vorbehalt der Zustimmung der Personalvertretung, in Hannover stationiert.

        

Die C kann Sie, im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit im Cockpit, vorübergehend anderweitig einsetzen.

        

...     

        

Im übrigen bleibt Ihr Arbeitsvertrag unverändert.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis spätestens 26.11.2007 unterschrieben zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung seiner bisherigen Funktion als Flugkapitän von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm der Kläger unter Vorbehalt an.

12

Der Kläger hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als verantwortlichen Flugzeugführer (Kapitän) mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, dem Kläger am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für den Kläger vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2007 erfolgte Zuordnung des Klägers zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, dem Kläger einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, dem Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags des Klägers ergibt, dass sein Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, „Beschäftigungsort ist Kelsterbach“, der Arbeitgeber behalte sich „die jederzeitige Versetzung … an einen anderen Beschäftigungsort … vor“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 13. November 2007 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Kläger seinem Wunsch entsprechend „in Hannover stationiert“. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass sich die Arbeitgeberin darüber hinaus „im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit …vorübergehend“ einen „anderweitigen Einsatz“ vorbehalten hat. Nach dem Wortlaut der Klausel und dem gemeinsamen Verständnis der Parteien über ihren Inhalt, welches diese in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, bezieht sich diese Klausel auf die Art der Beschäftigung, nicht auf den Beschäftigungs- oder Stationierungsort. Im Übrigen sollten die Vertragsbedingungen - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass der Kläger seit November 2007 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Dass die Beklagte den Kläger ab dem Jahr 2007 in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag unverändert weiter galt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die dem Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der klägerische Vortrag, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis des Klägers auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für den Kläger damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für den Kläger hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen, für den Kläger günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten des Klägers von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung des Klägers nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. Februar 2011 - 17 Sa 622/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1966 geborene Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie trat im Jahre 1990 als Purserette (Kabinenchefin) in die Dienste der S Fluggesellschaft mbH (im Folgenden: S GmbH). Die S GmbH war eine Tochtergesellschaft der Beklagten, die ein Bedarfsflugunternehmen mit über 2000 Arbeitnehmern an mehreren Standorten in Deutschland betreibt und ihren Hauptsitz in der Nähe von Frankfurt am Main hat. Im Arbeitsvertrag der Klägerin vom 26. September 1990 heißt es ua.:

        

„Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt/Main.

        

S kann Frau ... auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.“

3

Nach Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte teilte diese der Klägerin im Oktober 1995 mit, sie freue sich, ihr mit Wirkung zum 1. November 1995 „eine Stationierung in Hannover“, zunächst befristet bis zum 30. April 1996, anbieten zu können. Danach war die Klägerin - mit rund 40 weiteren Piloten, Pursern und Flugbegleitern - bis zum Ausspruch der Versetzung durchgehend in Hannover stationiert, wo die Beklagte auch Passagierflugzeuge vorhielt und von wo aus sie Flüge durchführte.

4

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

5

Nachdem die Beklagte ihr Flugprogramm ab Hannover seit Mai 2008 zumindest erheblich reduziert hatte, schloss sie am 7. Juli 2009 mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit-Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

6

Um den von der Stationsschließung betroffenen Mitarbeitern weiterhin den Einsatz ab Hannover zu ermöglichen, hatte sich die Beklagte mit Schreiben vom 12. März 2009 an die bei ihr in Hannover stationierten Flugbegleiter und Purser gewandt und ihnen angeboten, als Flugbegleiter - nicht jedoch als Purser - mit Stationierungsort Hannover für die Tochtergesellschaft B GmbH zu fliegen. Einzelheiten regelte ein von der Beklagten mit der Personalvertretung abgeschlossener „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“ vom 13. März 2009. Die Klägerin teilte der Beklagten Mitte März 2009 mit, dass sie an einer Wechselmöglichkeit zur B GmbH sehr interessiert sei, jedoch nicht als Flugbegleiterin, sondern nur als Purserette.

7

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Purserette von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

8

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 BGB. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auch bei vollständiger Schließung des Stationierungsorts Hannover könne die Klägerin von dort aus eingesetzt werden, gegebenenfalls bei der Tochtergesellschaft B GmbH.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Purserette am Standort Hannover weiterzubeschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung vom 17. September 2009 sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt. Die 1995 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, ohne dass es eines sog. Dead-Head bedurft hätte, seien im Jahr 2009 nahezu sämtliche Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Im Jahre 2009 hätten die in Hannover stationierten Mitarbeiter zu 90 % ihrer Einsätze an andere Flughäfen gebracht werden müssen. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Seitdem würden keine Arbeitnehmer mehr von Hannover aus eingesetzt.

11

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest (unter A). Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen (unter A I). Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden (unter A II). Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sollte es noch auf die Wirksamkeit der Änderungskündigung ankommen, kann die Klage auch insoweit mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung keinen Erfolg haben (unter B).

13

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main unwirksam ist, steht noch nicht fest.

14

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen.

15

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 bis 31, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

16

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

17

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

18

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

19

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

20

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

21

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. September 1990 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die erstmalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

22

c) Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 13. Oktober 1995 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben.

23

d) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin bis zur Versetzung nach Frankfurt am Main rund 14 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

24

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

25

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahre 1995 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weiter galt.

26

e) Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe sich durch die Versetzungsklausel ein über § 106 GewO hinausgehendes Versetzungsrecht vorbehalten, kann der Senat nicht zustimmen. Legt der Arbeitsvertrag, wie im Streitfall, den Ort der Arbeitsleistung nicht fest, so unterliegt ein zusätzlich im Arbeitsvertrag enthaltener Versetzungsvorbehalt keiner gesonderten Inhaltskontrolle. Die Grenzen des Weisungsrechts ergeben sich in diesem Fall unmittelbar aus § 106 GewO. Die Vorschrift beinhaltet die Entscheidung des Gesetzgebers über die Frage, welchen Anforderungen die Ausübung des Weisungsrechts in den Fällen gerecht werden muss, in denen der Arbeitsvertrag das Weisungsrecht nicht weiter ausdehnt, als es im Gesetz vorausgesetzt ist. Da § 106 GewO gerade auch die Bestimmung des Arbeitsorts der Weisungsmacht des Arbeitgebers zuordnet, kann eine nicht darüber hinausgehende vertragliche Zuweisung des Bestimmungsrechts nicht mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung über das Weisungsrecht in Widerstreit treten. Die vom Landesarbeitsgericht missbilligte Vertragsklausel räumt nach ihrem Wortlaut, insbesondere hinsichtlich des Arbeitsorts, dem Arbeitgeber keine über § 106 GewO hinausgehenden Rechte ein. Mit ihr ist nicht gesagt, dass die Beklagte etwa ohne Ausübung billigen Ermessens den Ort der Arbeitsleistung einseitig verändern könnte.

27

II. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen § 106 GewO, § 315 BGB entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

28

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48). Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht in diesem Sinne überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

29

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

30

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; so bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

31

b) Zugunsten der Beklagten wird im Streitfall deren vom Landesarbeitsgericht festgestellte unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen, wie auch das Landesarbeitsgericht erkannt hat.

32

c) Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte verlagere in unbilliger Weise das Risiko, für die Transportkosten zum Einsatzort aufkommen zu müssen, auf die Arbeitnehmer, dürfte dagegen schwerlich zutreffen. Offenbar ist die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

33

d) Die vom Landesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Überprüfung der Änderungskündigung ins Feld geführte Möglichkeit, der Klägerin vorübergehend die befristete Beschäftigung als Purserette bei der Tochtergesellschaft B GmbH zuzuweisen, kann nicht als die Klägerin weniger belastende Maßnahme in Betracht kommen. Solange - wie im Streitfall - eine unbefristete vertragsgemäße Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber möglich ist, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine befristete Beschäftigung bei einem anderen Unternehmen zuzuweisen.

34

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung war ebenfalls aufzuheben. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Versetzung unwirksam ist, wird es erneut über die Wirksamkeit der Änderungskündigung zu entscheiden haben und dabei die nachfolgenden Erwägungen zugrunde legen müssen.

35

I. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist(st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 151 = EzA KSchG § 2 Nr. 82; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, BAGE 132, 78). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bestehende vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - aaO).

36

II. Danach dürfte die Änderungskündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt sein.

37

1. Nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin entfallen ist. Die Beklagte hat, ohne dass Anzeichen für Missbräuchlichkeit oder Willkür erkennbar wären, beschlossen, den Standort Hannover, an dem die Klägerin bisher beschäftigt war, zu schließen.

38

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts durfte sich die Beklagte bei ihrem Änderungsangebot darauf beschränken, der Klägerin nur solche Vertragsänderungen anzutragen, die aufgrund des Wegfalls der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit erforderlich waren. Die vom Landesarbeitsgericht als weniger einschneidend angesehene befristete Beschäftigung bei ihrer Tochtergesellschaft musste die Beklagte der Klägerin nicht anbieten. Jedenfalls solange eine unbefristete Weiterbeschäftigung möglich ist, muss der Arbeitgeber nicht die befristete Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber anbieten. Dies gilt schon deshalb, weil dieses Angebot Vertragsänderungen umfassen würde, die über den durch den Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit veranlassten Umfang an Vertragsänderungen hinausgingen. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung nachgekommen, bei Bestehen mehrerer Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten diejenige anzubieten, die für den Arbeitnehmer als die günstigste erscheint (vgl. BAG 22. September 2005 - 2 AZR 519/04 - Rn. 29, BAGE 116, 7).

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung und einer vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1969 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 8. Dezember 1994 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 03.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen sowie den Dienstvorschriften der Eurowings AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebsvereinbarung.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Unter dem 31. Mai 2011 kündigte die Beklagte „vorsorglich“ das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2011 und bot der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit neuem dienstlichen Einsatzort Düsseldorf an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Auch gegen diese Änderungskündigung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden. Die Änderungskündigung sei sozialwidrig.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung vom 31. Mai 2011 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung sei wirksam, weil die angebotenen Vertragsänderungen aus den Gründen der Versetzung gerechtfertigt seien.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

16

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Die Änderungsschutzklage hat keinen Erfolg (zu V).

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

19

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

20

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

21

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

22

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

23

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

24

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster/Osnabrück „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster/Osnabrück als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

25

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

26

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

27

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

28

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden. Soweit allerdings auf die „jeweilige“ Fassung der Betriebsvereinbarung Bezug genommen wird, dürfte dies nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam sein(vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.; vgl. auch Preis NZA 2010, 361). Hierauf kommt es aber nicht an, da es allein um die bei Vertragsschluss ausgehändigte Fassung geht.

29

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

30

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der für die Parteien kraft Verbandszugehörigkeit gilt und ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

31

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

32

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

33

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

34

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

35

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

36

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

37

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

38

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

39

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

40

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

42

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

43

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

44

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

46

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Insbesondere hatte die Klägerin auch die Möglichkeit, den Misslichkeiten einer längeren Anfahrt zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen.

47

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

48

V. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, BAGE 140, 328; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

49

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1285/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht und Beschäftigung an ihrem bisherigen Dienstort verlangt.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1968 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 1.450,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig. Die Klägerin ist Mutter von Drillingen, die besonderer Betreuung bedürfen. Sie hat sich mit ihrem Ehemann im Zusammenhang mit ihren familiären Belastungen einem regionalen Netzwerk angeschlossen.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 12. Juli 1996 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn und Art der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 22.09.1996 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen, den Dienstbekleidungsvorschriften sowie den Dienstvorschriften der Eurowings Luftverkehrs AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebs- und Vergütungsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal und erkennt an, dass die Regelungen zum maßgeblichen Inhalt ihres Arbeitsvertrages werden.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit dem Stationierungsort Münster/Osnabrück zu beschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

15

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Auch dem Beschäftigungsbegehren der Klägerin konnte danach kein Erfolg beschieden sein (zu V).

16

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

17

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

18

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

19

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

20

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

21

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

22

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

23

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist ua. mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

24

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

25

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

26

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

27

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden.

28

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

29

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

30

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

31

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

32

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

33

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

34

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

35

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

36

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

37

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

38

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

39

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

40

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

41

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

42

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

43

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.

44

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

45

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Die Klägerin hat allerdings dargelegt, dass sie als Mutter von Drillingen, die erhöhter Aufmerksamkeit bedürfen, besonders belastet ist. Dies steht außer Zweifel und ist vom Arbeitsgericht, trotz einer von der Klägerin verständlicherweise als verunglückt angesehenen Formulierung, auch anerkannt worden. Indes hat das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt, dass eine unzumutbare Verschlechterung der Betreuungssituation durch die Versetzung von Münster nach Düsseldorf nicht erkennbar ist. Von Bedeutung ist, dass Zeiten der Abwesenheit vom Wohnort auch bis zur Versetzung zu verzeichnen waren und überbrückt werden mussten. Inwiefern die Versetzung hier zu konkreten unzumutbaren Zusatzschwierigkeiten geführt hat, ist nicht ersichtlich. Dem Beruf der Flugbegleiterin wohnt im Übrigen stets eine gewisse Volatilität inne und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten ist vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin demnach hinnehmen. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Im Übrigen sieht der Sozialplan gewisse Ausgleichsansprüche vor.

46

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

47

V. Angesichts der Unbegründetheit des Antrags zu 1. ist auch keine Grundlage für den Beschäftigungsanspruch gegeben.

48

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung und einer vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1969 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 8. Dezember 1994 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 03.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen sowie den Dienstvorschriften der Eurowings AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebsvereinbarung.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Unter dem 31. Mai 2011 kündigte die Beklagte „vorsorglich“ das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2011 und bot der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit neuem dienstlichen Einsatzort Düsseldorf an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Auch gegen diese Änderungskündigung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden. Die Änderungskündigung sei sozialwidrig.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung vom 31. Mai 2011 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung sei wirksam, weil die angebotenen Vertragsänderungen aus den Gründen der Versetzung gerechtfertigt seien.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

16

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Die Änderungsschutzklage hat keinen Erfolg (zu V).

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

19

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

20

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

21

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

22

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

23

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

24

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster/Osnabrück „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster/Osnabrück als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

25

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

26

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

27

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

28

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden. Soweit allerdings auf die „jeweilige“ Fassung der Betriebsvereinbarung Bezug genommen wird, dürfte dies nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam sein(vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.; vgl. auch Preis NZA 2010, 361). Hierauf kommt es aber nicht an, da es allein um die bei Vertragsschluss ausgehändigte Fassung geht.

29

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

30

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der für die Parteien kraft Verbandszugehörigkeit gilt und ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

31

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

32

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

33

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

34

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

35

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

36

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

37

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

38

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

39

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

40

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

42

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

43

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

44

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

46

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Insbesondere hatte die Klägerin auch die Möglichkeit, den Misslichkeiten einer längeren Anfahrt zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen.

47

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

48

V. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, BAGE 140, 328; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

49

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1285/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht und Beschäftigung an ihrem bisherigen Dienstort verlangt.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1968 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 1.450,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig. Die Klägerin ist Mutter von Drillingen, die besonderer Betreuung bedürfen. Sie hat sich mit ihrem Ehemann im Zusammenhang mit ihren familiären Belastungen einem regionalen Netzwerk angeschlossen.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 12. Juli 1996 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn und Art der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 22.09.1996 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen, den Dienstbekleidungsvorschriften sowie den Dienstvorschriften der Eurowings Luftverkehrs AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebs- und Vergütungsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal und erkennt an, dass die Regelungen zum maßgeblichen Inhalt ihres Arbeitsvertrages werden.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit dem Stationierungsort Münster/Osnabrück zu beschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

15

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Auch dem Beschäftigungsbegehren der Klägerin konnte danach kein Erfolg beschieden sein (zu V).

16

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

17

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

18

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

19

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

20

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

21

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

22

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

23

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist ua. mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

24

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

25

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

26

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

27

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden.

28

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

29

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

30

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

31

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

32

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

33

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

34

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

35

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

36

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

37

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

38

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

39

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

40

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

41

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

42

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

43

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.

44

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

45

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Die Klägerin hat allerdings dargelegt, dass sie als Mutter von Drillingen, die erhöhter Aufmerksamkeit bedürfen, besonders belastet ist. Dies steht außer Zweifel und ist vom Arbeitsgericht, trotz einer von der Klägerin verständlicherweise als verunglückt angesehenen Formulierung, auch anerkannt worden. Indes hat das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt, dass eine unzumutbare Verschlechterung der Betreuungssituation durch die Versetzung von Münster nach Düsseldorf nicht erkennbar ist. Von Bedeutung ist, dass Zeiten der Abwesenheit vom Wohnort auch bis zur Versetzung zu verzeichnen waren und überbrückt werden mussten. Inwiefern die Versetzung hier zu konkreten unzumutbaren Zusatzschwierigkeiten geführt hat, ist nicht ersichtlich. Dem Beruf der Flugbegleiterin wohnt im Übrigen stets eine gewisse Volatilität inne und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten ist vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin demnach hinnehmen. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Im Übrigen sieht der Sozialplan gewisse Ausgleichsansprüche vor.

46

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

47

V. Angesichts der Unbegründetheit des Antrags zu 1. ist auch keine Grundlage für den Beschäftigungsanspruch gegeben.

48

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Auf Landbetriebe von Luftfahrtunternehmen ist dieses Gesetz anzuwenden. Auf im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen ist dieses Gesetz anzuwenden, wenn keine Vertretung durch Tarifvertrag nach Absatz 2 Satz 1 errichtet ist.

(2) Für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen kann durch Tarifvertrag eine Vertretung errichtet werden. Über die Zusammenarbeit dieser Vertretung mit den nach diesem Gesetz zu errichtenden Vertretungen der Arbeitnehmer der Landbetriebe des Luftfahrtunternehmens kann der Tarifvertrag von diesem Gesetz abweichende Regelungen vorsehen. Auf einen Tarifvertrag nach den Sätzen 1 und 2 ist § 4 Absatz 5 des Tarifvertragsgesetzes anzuwenden.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. Juli 2010 - 4 TaBV 13/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - über die Ersetzung der vom zu 2. beteiligten Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu zwei von der zu 1. beteiligten Arbeitgeberin beabsichtigten Personalmaßnahmen, nämlich dem geplanten anderweitigen Einsatz der Postobersekretärin U und der Arbeitnehmerin K.

2

Die Arbeitgeberin ist ein aus der ehemaligen Deutschen Bundespost hervorgegangenes Unternehmen, auf das die Vorschriften des Postpersonalrechtsgesetzes (künftig: PostPersRG) Anwendung finden. Sie beschäftigt mehr als 20 nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahlberechtigte Arbeitnehmer. Der Betriebsrat ist für ihre Niederlassung BRIEF G gebildet. Die Arbeitgeberin plant den anderweitigen Einsatz der beiden Beschäftigten, weil sie die Filiale S-W zum 14. Juli 2009 geschlossen hat. Sie holte die Zustimmung des Betriebsrats jeweils mit Schreiben vom 25. Juni 2009 ein. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung jeweils mit Schreiben vom 30. Juni 2009, die bei der Arbeitgeberin am selben Tag eingingen.

3

Frau U ist als Postobersekretärin Beamtin der Besoldungsgruppe A 7. Sie soll statt wie zuvor in der Filiale S-W vorübergehend in der Abteilung 33 des Zustellstützpunkts S eingesetzt werden. Frau U war bis zum 30. Juni 2010 in der Filiale Kr tätig. Danach wurde sie der Postbankfiliale S-W zugewiesen. Ab dem 1. Januar 2011 soll sie wie beantragt beschäftigt werden. Die Arbeitgeberin beantragte die Zustimmung des Betriebsrats mit einem Schreiben, das auszugsweise wie folgt lautet:

        

„…    

        

wir werden trotz Ihrer Ablehnung die POSn U ab dem 20.07.2009 bis zur endgültigen sozialplanmäßigen Unterbringung befristet zur Abteilung 33 - Auslieferung BRIEF - ZSPL S versetzen, da die Maßnahme gem. § 100 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Der Einsatz erfolgt im Tätigkeitsbereich Qualitätsbearbeitung (Qualitätsarbeiten, Prüfen der Zustellungsurkunden, Bearbeitung der Sorryvorgänge, Überprüfen Begehungspläne etc.). Die Tätigkeiten sind entsprechend dem Entgelttarifvertrag nach der EGr. 5 (entspricht BesGr. A7/A9vz) zu bewerten. Frau U unterstützt die in diesem Bereich tätigen Kräfte. Hierdurch ist eine Intensivierung der Tätigkeiten möglich, die ohne Unterstützung nicht möglich wäre. Mit diesem Einsatz verwirklicht die Niederlassung im übrigen auch den Anspruch der Frau U auf amtsangemessene Beschäftigung.

        

Der Einsatz erfolgt auf den Ihnen ebenfalls zur Zustimmung vorgelegten personenbezogenen Dienstplan -QM-, die räumliche Zumutbarkeit ist gemäß TV 444 § 5 Abs. 4 vorhanden.

        

In Anlehnung an die weiteren Ausführungen des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Gießen vom 07.05.2009 Az 1 BV 6/09 zur Erforderlichkeit der Mitteilung von Auswirkungen auf die im ZSPL S bereits beschäftigten Mitarbeiter teilen wir Ihnen mit, dass eine Verdrängung von Arbeitsposteninhabern beim ZSPL S nicht stattfindet.

        

Für die Filiale S-W wurde zunächst eine Betroffenenliste erstellt, auf der sich alle von der Filialschließung betroffenen Mitarbeiter befinden. Soweit diese Mitarbeiter nunmehr beim ZSPL S eingesetzt werden, führt dies nur zu einer vorübergehenden Beschäftigung bis zur Lösung des Sozialplanes. In dem Zeitpunkt, in dem eine dauerhafte Beschäftigung eines Betroffenen möglich wird, wird ein Teilsozialplan zur dauerhaften Unterbringung dieses Mitarbeiters erstellt. Die übrigen Mitarbeiter verbleiben auf der Betroffenenliste. Die Beschäftigung von Mitarbeitern aus dem Betroffenheitsplan bei einer anderen Einsatzstelle führt demgemäß nicht zu einer Verdrängung der dortigen Arbeitsposteninhaber. Im Falle eines zukünftigen Wegfalls einer Beschäftigungsmöglichkeit beim ZSPL S würde für die Mitarbeiter des ZSPL S ein eigener Betroffenheitsplan erstellt. Die ehemaligen ‚S’ Kräfte bleiben insoweit jedoch außen vor.

        

...     

        

Die Kurzfristigkeit dieser Maßnahme ergibt sich aufgrund der Schließung der Filiale S-W aus sachlichen Gründen am 14.07.2009. Die Beschäftigte wäre ohne die vorläufige personelle Maßnahme ohne Arbeit. Die Beschäftigte müsste ohne Arbeitsleistung bezahlt werden, dies ist der Niederlassung nicht zuzumuten.

        

...     

        

Die POSn U ist mit der Maßnahme einverstanden.

        

Gleichzeitig erbitten wir Ihre Zustimmung gem. § 99 BetrVG zu der geplanten Maßnahme.

        

…“    

4

Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung mit einem Schreiben, das auszugsweise wie folgt lautet:

        

„…    

        

Darüber hinaus verweigert der BR die Zustimmung nach § 99 BetrVG aus folgenden Gründen:

        

-       

Der Einsatz der Kollegin U entspricht nicht den Vorgaben der Rechtsprechung. Nach dem rechtskräftigen Urteil des OVG Sachsen-Anhalt hat jeder Beamte einen Anspruch auf eine amtsangemessene Beschäftigung. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 33 GG sowie § 18 Bundesbesoldungsgesetz. Eine Unterbringung im Überhang entspricht somit nicht der gültigen Rechtssprechung. Dieser Tatbestand stellt somit eine Benachteiligung der POSn U dar.

        

-       

Darüber hinaus können wegen der fehlenden Angaben zur zukünftigen Beschäftigung die Benachteiligung im Hinblick auf die Zumutbarkeitsprüfungen gem. TV 444 nicht ausgeschlossen werden.

        

-       

Der BR bleibt weiterhin bei seiner Auffassung, dass die AP-Inhaber des ZSPL S durch Frau U verdrängt werden könnten.

        

-       

Nach Durchführung der Maßnahme wären dann drei Beschäftigte auf einem Arbeitsposten eingesetzt. Dies könnte eine extreme psychische Belastung für den AP-Inhaber bedeuten, der zum einen ständig bemüht sein muss zwei Kollegen zu beschäftigen und zum anderen die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz wächst.

        

-       

Die Unterstützung im Tätigkeitsbereich Qualitätsbearbeitung wurde bisher von werdenden Müttern vorgenommen, die während der Schwangerschaft nicht in der Zustellung eingesetzt werden dürfen. Das Gleiche gilt für Beschäftigte, die auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen vorübergehend nicht in der Zustellung eingesetzt werden können. Zukünftig hätten wir für den Personenkreis keine Arbeit mehr.

        

-       

Erneut legen Sie dem BR nur eine befristete Versetzung vor. Da es sich bei der Versetzung aber um die Umsetzung einer Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des TV 444 handelt, wäre die Vorlage eines Sozialplans erforderlich.

        

...“   

        
5

Frau K ist Arbeitnehmerin. Sie soll statt wie bisher in der Filiale Siegen-Weidenau vorübergehend im Zustellstützpunkt S in der Abteilung 33 eingesetzt werden. Die Arbeitgeberin beantragte die Zustimmung des Betriebsrats zur personellen Maßnahme mit einem Schreiben, das auszugsweise wie folgt lautet:

        

„…    

        

wir werden trotz Ihrer Ablehnung die AN K ab dem 20.07.2009 bis zur endgültigen sozialplanmäßigen Unterbringung befristet zur Abteilung 33 - Auslieferung BRIEF - ZSPL S versetzen, da die Maßnahme gem. § 100 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Der Einsatz erfolgt im Tätigkeitsbereich Qualitätsbearbeitung (Qualitätsarbeiten, Prüfen der Zustellungsurkunden, Bearbeiten der Sorryvorgänge, Überprüfen Begehungspläne etc.). Die Tätigkeiten sind entsprechend dem Entgelttarifvertrag nach der EGr. 5 zu bewerten. Frau K unterstützt die in diesem Bereich tätigen Kräfte. Hierdurch ist eine Intensivierung der Tätigkeiten möglich, die ohne Unterstützung nicht möglich wäre.

        

Frau K wird auf dem als Anlage beigefügten beim ZSPL S bereits geltenden mitbestimmten Dienstplan eingesetzt werden. Die räumliche Zumutbarkeit ist gemäß TV Nr. 444 § 5 Absatz 4 vorhanden. Der Einsatz auf einem bereits mitbestimmten Dienstplan ist gemäß Beschluss des Arbeitsgerichtes Gießen vom 07.05.2009 Az 1 BV 6/09 zulässig und stellt daher keinen Grund für die Verweigerung der Zustimmung zu einer Versetzung dar.

        

In Anlehnung an die weiteren Ausführungen des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Gießen vom 07.05.2009 Az 1 BV 6/09 zur Erforderlichkeit der Mitteilung von Auswirkungen auf die im ZSPL S bereits beschäftigten Mitarbeiter teilen wir Ihnen mit, dass eine Verdrängung von Arbeitsposteninhabern beim ZSPL S nicht stattfindet.

        

Für die Filiale S-W wurde zunächst eine Betroffenenliste erstellt, auf der sich alle von der Filialschließung betroffenen Mitarbeiter befinden. Soweit diese Mitarbeiter nunmehr beim ZSPL S eingesetzt werden führt dies nur zu einer vorübergehenden Beschäftigung bis zur Lösung des Sozialplans. In dem Zeitpunkt, in dem eine dauerhafte Beschäftigung eines Betroffenen möglich wird, wird ein Teilsozialplan zur dauerhaften Unterbringung dieses Mitarbeiters erstellt. Die übrigen Mitarbeiter verbleiben auf der Betroffenenliste. Die Beschäftigung von Mitarbeitern aus dem Betroffenheitsplan bei einer anderen Einsatzstelle führt demgemäß nicht zu einer Verdrängung der dortigen Arbeitsposteninhaber. Im Falle eines zukünftigen Wegfalls einer Beschäftigungsmöglichkeit beim ZSPL S würde für die Mitarbeiter des ZSPL S ein eigener Betroffenheitsplan erstellt. Die ehemaligen ‚S-W’ Kräfte bleiben insoweit jedoch außen vor.

        

Nach Ablauf der Erstattung gemäß den Unternehmensrichtlinien Auswärtstätigkeit und Doppelte Haushaltsführung werden Fahrkosten in analoger Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 und 3 TV Nr. 444 sowie den entsprechenden Regelungen für Beamte gezahlt.

        

Die Kurzfristigkeit dieser Maßnahme ergibt sich aufgrund der Schließung der Filiale S-W aus sachlichen Gründen am 14.07.2009. Die Beschäftigte wäre ohne die vorläufige personelle Maßnahme ohne Arbeit. Die Beschäftigte müsste ohne Arbeitsleistung bezahlt werden, dies ist der Niederlassung nicht zuzumuten.

        

…       

        

Die AN K ist mit der Maßnahme einverstanden.

        

Gleichzeitig erbitten wir Ihre Zustimmung gem. § 99 BetrVG zu der geplanten Maßnahme.

        

…“    

6

Das Schreiben, mit dem der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert hat, lautet auszugsweise:

        

„…    

        

Darüber hinaus verweigert der BR die Zustimmung nach § 99 BetrVG aus folgenden Gründen:

        

-       

Nach Durchführung der Maßnahme wären dann drei Beschäftigte auf einem Arbeitsposten eingesetzt. Dies könnte eine extreme psychische Belastung für den AP-Inhaber bedeuten, da er zum einen ständig bemüht sein muss zwei Kollegen zu beschäftigen und zum anderen die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz wächst.

        

-       

Der BR bleibt bei seiner Auffassung, dass die AP-Inhaber beim ZSPL S durch Frau K verdrängt werden könnten.

        

-       

Die Unterstützung im Tätigkeitsbereich Qualitätsbearbeitung wurde bisher von werdenden Müttern vorgenommen, da sie während der Schwangerschaft nicht in der Zustellung eingesetzt werden dürfen. Zukünftig hätten wir für den Personenkreis keine Arbeit mehr. Weiterhin sehen wir eine Benachteiligung dieser Beschäftigten.

        

-       

Wiederum legen Sie dem Betriebsrat nur eine befristete Versetzung vor. Da es sich bei der Versetzung aber um die Umsetzung einer Rationalisierungsmaßname im Sinne des TV 444 handelt, wäre die Vorlage eines Sozialplans in dem die Kollegin K mit allen Angaben zur zukünftigen Beschäftigung erfasst ist, erforderlich. Eine Prüfung der Zumutbarkeitskriterien des TV 444 ist bislang nicht möglich. Somit kann auch eine Benachteiligung nicht ausgeschlossen werden.

        

…“    

7

Der von der Arbeitgeberin genannte Tarifvertrag, der TV Nr. 444, wird von ihr angewandt, auch auf Beamte. Er lautet auszugsweise:

        

Erster Teil. Allgemeine Schutzregelungen          

        

...     

        

§ 3     

        

Gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigung

        

Die Deutsche Post AG ist verpflichtet, dem unter § 1 und § 2 fallenden Arbeitnehmer einen anderen gleichwertigen und zumutbaren Arbeitsplatz anzubieten.

                 
        

§ 4     

        

Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes

        

Eine Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes ist immer dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer in der bisherigen Entgeltgruppe mit der bisherigen arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit (WAZ) eingesetzt werden kann.

                 
        

§ 5     

        

Zumutbarkeit des Arbeitsplatzes

        

(1)     

Die Deutsche Post AG wird dem unter § 1 und § 2 fallenden Arbeitnehmer nur Arbeitsplätze anbieten, die in funktioneller, zeitlicher, räumlicher, gesundheitlicher und sozialer Hinsicht zumutbar sind.

        

…       

        
                          
        

§ 6     

        

Unterwertige zumutbare Weiterbeschäftigung

        

(1)     

Soweit unter Ausnutzung der vorstehenden Regelungen ausnahmsweise und im Einzelfall das Angebot eines gleichwertigen und zumutbaren Arbeitsplatzes nicht sogleich möglich ist, ist die Deutsche Post AG verpflichtet, dem betroffenen Arbeitnehmer einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz mit geringerem Entgelt anzubieten. Davon betroffene Arbeitnehmer haben einen vorrangigen Anspruch auf unverzügliche Wiederverwendung auf einem Arbeitsplatz mit gleichwertigen Bedingungen. Ein Arbeitsplatz mit geringerem Entgelt ist ein Arbeitsplatz, der gemäß § 4 nicht gleichwertig ist.

        

(2)     

Für die Zumutbarkeit gelten die Regelungen gem. § 5.

        

…       

        

§ 7     

        

Annahmeverpflichtung

        

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz i.S.v. § 3 bis § 6 anzunehmen. Ansonsten verliert er alle Ansprüche aus diesem Tarifvertrag.

        

…       

        

§ 13   

        

Bestandsschutz

        

...     

        

(3)     

Bis zum Zustandekommen eines gültigen Sozialplans, längstens jedoch für die Dauer von 9 Monaten nach Eintritt der Rationalisierungsmaßnahme, werden von der Deutschen Post AG aufgrund von Maßnahmen i.S.v. § 1 lediglich vorläufige personalrechtliche Maßnahmen vorgenommen. Hierbei handelt es sich um befristete Umsetzungen und Abordnungen. Während dieses Zeitraums bleibt bei einer solchen Maßnahme, die eine Minderung des bisherigen monatlichen Einkommens bewirkt, dessen Höhe gesichert.

        

...     

        
                          
        

Dritter Teil. Durchführungsbestimmungen (Schuldrechtlicher Teil)            

        

§ 19   

        

Sozialplanverfahren

        

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der in § 1 aufgeführten Rationalisierungsmaßnahmen vereinbaren die Tarifvertragsparteien das in Anlage 1 beschriebene Verfahren.

        

...“   

8

Die Anlage 1 zu § 19 des TV Nr. 444 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Aufstellung von Sozialplänen für die Ein- und Durchführung der Maßnahmen gem. TV Nr. 444            

        

§ 1     

        

Grundsatz

        

(1)     

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Rationalisierungsmaßnahmen i.S.v. § 1 TV Nr. 444 ist die Aufstellung von Sozialplänen einschließlich Plänen für Umschulungen zum Ausgleich und zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die den Arbeitnehmern, die unter § 1 und § 2 TV Nr. 444 fallen, infolge dieser Rationalisierungsmaßnahmen entstehen, erforderlich.

        

…       

        
                          
        

§ 2     

        

Sozialplan/Beteiligung des Betriebsrates

        

(1)     

Der Arbeitgeber prüft in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat, welche Arbeitnehmer von der Rationalisierungsmaßnahme betroffen sind. In diese Prüfungen sind nicht nur die Inhaber der Personalposten, die durch die Rationalisierungsmaßnahme unmittelbar betroffen sind, sondern auch die Inhaber aller gleichwertigen Personalposten des Betriebes am bisherigen Beschäftigungsort einzubeziehen. Die Weiterbeschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer richtet sich nach den Regelungen dieses Tarifvertrages.

        

(2)     

Nach der Festlegung der betroffenen Arbeitnehmer ist die gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigung

        

-       

im Zuständigkeitsbereich des Betriebes am bisherigen Beschäftigungs- oder Wohnort, soweit der Wohnort im Zuständigkeitsbereich des Betriebes liegt,

        

-       

im Einzugsgebiet (i.S.d. Bundesumzugskostengesetzes in der Fassung vom 11.12.1992) des bisherigen Beschäftigungs- oder Wohnortes, soweit dieses im Zuständigkeitsbereich des Betriebes liegt,

        

-       

im übrigen Zuständigkeitsbereich des Betriebes

        

in vorstehender Reihenfolge zu prüfen.

        

(3)     

Sind innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Betriebes am bisherigen Beschäftigungs- oder Wohnort gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vorhanden, so ist ein Sozialplanentwurf aufzustellen und dem Betriebsrat zur Zustimmung zuzuleiten. Dies gilt auch, wenn zunächst nur für einen Teil der Betroffenen eine gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Beschäftigungs- oder Wohnort gefunden werden kann. Nach Zuleitung des Sozialplanentwurfs eintretende Änderungen sind dem Betriebsrat unverzüglich mitzuteilen.

        

(4)     

Dieser prüft aufgrund des ihm durch Tarifvertrag eingeräumten Rechts den Entwurf. Stimmt der Betriebsrat dem Entwurf zu, ist der Sozialplan gültig und kann umgesetzt werden. Dies gilt auch für die Beteiligung gemäß Abs. (3) Satz 2. Nimmt der Betriebsrat nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Sozialplanentwurfes Stellung zu diesem Entwurf, ist der Sozialplan gültig.

        

(5)     

Stimmt der Betriebsrat dem Entwurf innerhalb der Frist nicht zu, so kann die Schiedsstelle (Beilage 1) durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat angerufen werden. Die Schiedsstelle entscheidet abschließend im Rahmen der tarifvertraglich vorgegebenen Regelungen über den strittigen Teil des jeweiligen Sozialplanentwurfs. Insoweit die Schiedsstelle dem Sozialplanentwurf zustimmt, ist dieser gültig.

        

...     

        

§ 7     

        

Vorrang des Tarifvertrages

        

Das oben beschriebene Sozialplanverfahren ist durch den Tarifvertrag abschließend geregelt. Die tarifliche Regelung ist eine endgültige Regelung, die es gem. § 77 Abs. 3 BetrVG ausschließt, weitere Regelungen zu treffen. Die eingerichtete Schiedsstelle entscheidet abschließend über die Aufstellung von Sozialplänen einschließlich Plänen für Umschulungen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die den Arbeitnehmern infolge von Rationalisierungsmaßnahmen i.S.v. § 1 TV Nr. 444 entstehen. Von den Sätzen 1 bis 3 bleiben die §§ 111 ff BetrVG unberührt.“

9

Zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens wurde ein gerichtliches Verfahren geführt, mit dem der Betriebsrat der Arbeitgeberin aufgeben lassen wollte, „für Beschäftigte, die aufgrund von Filialschließungen, die zum Wegfall ihrer bisherigen Arbeitsplätze führen, auf unbestimmte Zeit in den sogenannten ‚Überhang’ versetzt werden, ‚Sozialpläne’ im Sinne der Anlage 1 des TV Nr. 444, die Angaben zur zukünftigen Beschäftigung der Betroffenen enthalten, vorzulegen und ihn um Zustimmung zu diesen Sozialplänen zu ersuchen“. Nachdem der Betriebsrat mit diesem Antrag vor dem Arbeitsgericht zunächst erfolgreich war, hat ihn das Hessische Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 6. Juli 2010 - 4 TaBV 16/10 - abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Zurückweisung der dagegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig.

10

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu den von ihr geplanten personellen Einzelmaßnahmen. Zustimmungsverweigerungsgründe lägen nicht vor.

11

Eine Pflicht zur Vorlage eines „Sozialplans“ nach dem TV Nr. 444 - der für die Beamten ohnehin nicht gelte - bestehe nicht. Ein „Sozialplan“ sei vielmehr erst vorzulegen, wenn eine gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gefunden sei. Hinsichtlich der hier in Frage stehenden Beschäftigten sei dies nicht der Fall gewesen. Der TV Nr. 444 verbiete auch nicht den Einsatz an sich, soweit er einen „Sozialplan“ verlange. Der Betriebsrat könne sich auch nicht darauf stützen, Frau U als Beamtin sei bei dem anderweitigen Einsatz nicht amtsangemessen beschäftigt. Der Betriebsrat habe gegen die konkret übertragenen Tätigkeiten keine Einwände in seinen Zustimmungsverweigerungsschreiben geäußert. Die Beamtin sei in die betrieblichen Abläufe integriert und faktisch ein Teil der Stammbelegschaft. Sie würde neben den auf Regelarbeitsposten Beschäftigten eingesetzt und unterstütze deren Arbeit. Dadurch könnten die betrieblichen Abläufe optimiert werden. Die Stammkräfte könnten ihre Aufgaben intensiver und noch genauer mit weniger Zeitdruck erledigen. Dass sie dem Überhang zugeordnet sei, trete dagegen zurück. Es komme auf die konkrete Tätigkeit und nicht auf die organisatorische Zuordnung zum Überhang an. Im Übrigen sei Frau U mit ihrem Einsatz einverstanden. Gleiches gelte für die Arbeitnehmerin K.

12

Die Arbeitgeberin hat - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der jeweils am 20. Juli 2009 vorgenommenen Versetzung

        

-       

der Postobersekretärin U von der Filiale S-W in die Abteilung 33 - Auslieferung BRIEF -, ZSPL S (Tätigkeitsbereich Qualitätsbearbeitung) bis zur endgültigen sozialplanmäßigen Unterbringung

        

-       

der Arbeitnehmerin K von der Filiale S-W in die Abteilung 33 - Auslieferung BRIEF -, ZSPL S (Tätigkeitsbereich Qualitätsbearbeitung) bis zur endgültigen sozialplanmäßigen Unterbringung

        

zu ersetzen.

13

Der Betriebsrat hat die Abweisung des Antrags beantragt.

14

Er hat gemeint, hinsichtlich der Maßnahmen schon nicht ausreichend unterrichtet worden zu sein. Da ihm kein „Sozialplan“ vorgelegt worden sei, könne er auch nicht beurteilen, inwieweit die von den Beschäftigten auszuübenden Tätigkeiten zumutbar seien. Zudem fehle es an Angaben über die wirtschaftlichen Hintergründe der Filialschließung. Die Arbeitgeberin sei nach dem TV Nr. 444 auch verpflichtet gewesen, einen „Sozialplan“ vorzulegen. Da sie dies nicht getan habe, habe er, der Betriebsrat, ein Zustimmungsverweigerungsrecht. Er bestreite mit Nichtwissen, dass die Beamtin U keine Einwände gegen ihren Einsatz erhoben hätte. Darauf komme es jedoch ohnehin nicht an, da nur, wenn die Tätigkeit auf ihrem ausdrücklichen Wunsch beruhe, ein Zustimmungsverweigerungsrecht ausgeschlossen sei. Da vorliegend keine Regeltätigkeiten ausgeübt würden, sei eine Versetzung von Frau U als Beamtin in den Überhang nicht amtsangemessen. Denn die am Einsatzort anfallenden Tätigkeiten würden schon von den eingesetzten Beschäftigten, die einen Arbeitsposten innehaben, ausgeführt. Für zusätzliche Kräfte bestehe keinerlei Bedarf. Entsprechendes gelte - abgesehen von den beamtenrechtlichen Besonderheiten - für die Arbeitnehmerin K.

15

Das Arbeitsgericht hat die Zustimmungsersetzungsanträge abgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat ihnen das Landesarbeitsgericht entsprochen. Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Betriebsrat die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Arbeitgeberin begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

16

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung den nach § 99 Abs. 4 BetrVG gestellten Zustimmungsersetzungsanträgen der Arbeitgeberin entsprochen.

17

I. Das gilt zunächst hinsichtlich des Zustimmungsersetzungsantrags zur Versetzung der Beamtin U. Dem Antrag fehlt nicht bereits deshalb das Rechtsschutzinteresse, weil dem Betriebsrat etwa kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zustünde; ein solches steht ihm vielmehr zur Seite. Das Verfahren ist auch nicht wegen des kurzfristigen anderweitigen Einsatzes der Beamtin erledigt. Der Antrag ist nicht bereits deswegen abzuweisen, weil die Arbeitgeberin das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet hätte; ebenso wenig ist dem Zustimmungsersetzungsantrag deshalb stattzugeben, weil der Betriebsrat nicht in wirksamer Weise Zustimmungsverweigerungsgründe gegenüber der Arbeitgeberin geltend gemacht hätte. Die wirksam geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe liegen jedoch nicht vor.

18

1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt voraus, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der vom Arbeitgeber noch beabsichtigten endgültigen personellen Einzelmaßnahme hat und der Arbeitgeber daher der Zustimmung des Betriebsrats bedarf(vgl. BAG 29. Juni 2011 - 7 ABR 24/10 - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 137; 19. April 2012 - 7 ABR 52/10 - Rn. 26; 15. August 2012 - 7 ABR 6/11 - Rn. 12). Dieses Rechtsschutzbedürfnis liegt hier vor. Hinsichtlich der personellen Einzelmaßnahme, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zu. Ein solches ist nicht nach § 28 Abs. 1 PostPersRG iVm. § 76 Abs. 1 BPersVG verdrängt. Die Voraussetzungen des § 99 BetrVG liegen vor.

19

a) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nicht nach § 28 Abs. 1 PostPersRG iVm. § 76 Abs. 1 BPersVG verdrängt.

20

aa) Nach der Systematik des Postpersonalrechtsgesetzes ist auf die dem Gesetz unterfallenden Unternehmen und damit auch auf die Arbeitgeberin als privatisiertem Postunternehmen das Betriebsverfassungsgesetz anwendbar, soweit im Postpersonalrechtsgesetz nichts anderes bestimmt ist (§ 24 Abs. 1 PostPersRG). Dabei gelten die bei dem Unternehmen beschäftigten Beamten für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer (§ 24 Abs. 2 PostPersRG). Nach § 28 Abs. 1 PostPersRG hat der Betriebsrat in personellen Angelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1 BPersVG ein Mitbestimmungsrecht nur nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz; dabei sind in diesen Angelegenheiten nach gemeinsamer Beratung im Betriebsrat nur die Vertreter der Beamten zur Beschlussfassung berufen. Dies bedeutet nicht, dass bei den die Beamten betreffenden personellen Einzelmaßnahmen nur ein „personalvertretungsrechtliches“ Mitbestimmungsrecht besteht und die Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG immer ausgeschlossen sind. Vielmehr ist ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG nur dann ausgeschlossen, wenn im konkreten Fall ein Mitbestimmungsrecht nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz greift(vgl. BAG 12. August 1997 - 1 ABR 7/97 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 86, 198; 15. August 2012 - 7 ABR 6/11 - Rn. 14).

21

bb) Der Einsatz der Beamtin U im Zustellstützpunkt S statt in der Filiale S-W ist nicht nach § 76 Abs. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtig. Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG werden daher nicht verdrängt.

22

(1) Die Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 BPersVG liegen nicht vor. Danach unterliegt eine Versetzung zu einer anderen Dienststelle der Mitbestimmung. Bei der Anwendung des Postpersonalrechtsgesetzes tritt an die Stelle des Dienststellenwechsels der Betriebswechsel (BVerwG 25. Januar 2012 - 6 P 25.10 - Rn. 18, BVerwGE 141, 346). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Beamtin soll weiterhin in der Niederlassung BRIEF G tätig sein.

23

(2) Ebenso wenig besteht ein Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BPersVG. Dieses setzt eine Umsetzung innerhalb der Dienststelle voraus, die jedoch mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden sein muss, wobei das Einzugsgebiet iSd. Umzugskostenrechts zum Dienstort gehört. Die Beamtin ist weiterhin in S eingesetzt. Ein Wechsel des Dienstortes liegt daher nicht vor.

24

(3) Auch die Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts nach § 76 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BPersVG sind nicht gegeben. Nach dieser Regelung besteht das Mitbestimmungsrecht bei der Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit. Die Voraussetzungen dieses Mitbestimmungsrechts wären erfüllt, wenn die vorgesehene Tätigkeit der Beamtin U nicht amtsangemessen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.

25

(a) Soll ein Beamter nicht amtsangemessen beschäftigt werden, löst dies das Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BPersVG aus. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung.

26

(aa) Soweit der personalvertretungsrechtliche Gesetzgeber Begriffe verwendet, die dem Dienstrecht entnommen sind, liegt es nahe, dass er sich auch auf deren dienstrechtlichen Inhalt bezieht. Mangels anderer Anhaltspunkte ist deshalb zunächst auf die dienstrechtliche Definition abzustellen. Auch wenn dies der Ausgangspunkt der Auslegung ist, muss darüber hinaus aber auch der Zweck des jeweiligen Mitbestimmungsrechts berücksichtigt werden (vgl. zB BVerwG 28. Oktober 2002 - 6 P 13.01 - zu 1 und 3 der Gründe, PersV 2003, 225). Dies ist auf den Fall zu übertragen, dass der personalvertretungsrechtliche Gesetzgeber an allgemeine beamtenrechtliche Grundsätze anknüpft.

27

(bb) Wenn § 76 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BPersVG bei der Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit ein Mitbestimmungsrecht einräumt, knüpft dies an den in § 18 BBesG niedergelegten beamtenrechtlichen Grundsatz an. Dort ist bestimmt, dass jedem Amt im statusrechtlichen Sinne ein Amt im abstrakt funktionellen und konkret funktionellen Sinne zuzuordnen ist, das von der Wertigkeit her dem Amt im statusrechtlichen Sinne zu entsprechen hat (vgl. zu diesem beamtenrechtlichen Grundsatz BVerwG 3. März 2005 - 2 C 11.04 - zu 2 c der Gründe, BVerwGE 123, 107). Das gilt auch für die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten. Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG bestimmt, dass diese Beamten „unter Wahrung ihrer Rechtsstellung“ bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigt werden. Diese Verfassungsnorm garantiert den ehemals bei der Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten nicht nur den bloßen Status als Bundesbeamte, sondern auch die mit diesem Status verbundene und sich aus ihm ableitende umfassende Rechtsstellung der Bundesbeamten (BVerfG 17. Januar 2012 - 2 BvL 4/09 - Rn. 62, NVwZ 2012, 627). Dementsprechend findet nach § 8 PostPersRG § 18 BBesG mit der Maßgabe Anwendung, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Postnachfolgeunternehmen als amtsangemessene Funktionen gelten. Die Regelung stellt klar, dass auch im Bereich der Postnachfolgeunternehmen der Grundsatz der funktionsgerechten Ämterbewertung gilt, dessen Anwendung für die Erfüllung der Ansprüche auf amtsangemessene Beschäftigung erforderlich ist (BVerwG 18. September 2008 - 2 C 126.07 - Rn. 8 ff., BVerwGE 132, 40). Das Mitbestimmungsrecht nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz wird deshalb ausgelöst, wenn der Beamte mit einer Tätigkeit befasst wird, die von ihrer Bewertung her nicht seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht.

28

(cc) Das Mitbestimmungsrecht beschränkt sich jedoch nicht auf diese Fallgestaltung. Der Mitbestimmungstatbestand soll nämlich nach seinem Sinn und Zweck dem Schutz des Beamten in seinem statusrechtlichen Amt vor der Übertragung von Dienstaufgaben dienen, die gegenüber seinem abstrakten Aufgabenbereich beamtenrechtlich „unterwertig“ sind. Sein Zweck ist es, den Anspruch des Beamten auf Übertragung eines seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden funktionellen Amtes, dh. eines amtsangemessenen Aufgabenbereichs, zu schützen (vgl. für eine ähnlich formulierte Vorschrift des baden-württembergischen Landespersonalvertretungsrechts: BVerwG 12. März 1990 - 6 P 32.87 - PersR 1990, 135). Dieser Zweck gebietet es, den Mitbestimmungstatbestand auch dann anzuwenden, wenn ein Beamter in anderer Weise nicht amtsangemessen beschäftigt werden soll.

29

(b) Danach sind die Voraussetzungen des Mitbestimmungstatbestands nach § 76 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BPersVG nicht gegeben.

30

(aa) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Behauptung der Arbeitgeberin, die Beamtin hätte ihrem Einsatz zugestimmt. Allerdings ist bei Zustimmung des Beamten eine Beschäftigung dauerhaft auch auf „unterwertigen“ Positionen zulässig (BVerwG 25. Oktober 2007 - 2 C 30.07 - PersR 2008, 72). Damit wird das übertragene Amt aber noch nicht amtsangemessen. Die Zustimmung führt lediglich dazu, dass ein objektiv „unterwertiger“ Einsatz individualrechtlich nicht rechtswidrig ist. Das ist keine Frage der Erfüllung der Voraussetzungen des Mitbestimmungstatbestands, der an die Einordnung des Amtes als amtsangemessen anknüpft, sondern eine Frage, die allenfalls im Rahmen der Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 77 Abs. 2 BPersVG eine Rolle spielen kann.

31

(bb) Eine Zuweisung von fachlichen Tätigkeiten, die gemessen am Statusamt der Beamtin U „unterwertig“ sind, liegt nicht vor. Die dahingehenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat nicht angegriffen.

32

(cc) Auch sonstige Gesichtspunkte stehen einer Einordnung der geplanten Tätigkeit der Beamtin U als amtsangemessen nicht entgegen. Die Tätigkeit ist insbesondere nicht deshalb amtsunangemessen, weil die Beamtin nicht auf einem Arbeitsposten eingesetzt ist, sondern dem „Überhang“ zugewiesen.

33

(aaa) Allerdings ist es nicht amtsangemessen, wenn einem Beamten überhaupt kein Funktionsamt übertragen wird (BVerwG 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 - Rn. 23 ff., BVerwGE 126, 182) oder wenn eine dauernde Trennung zwischen Funktionsamt und Dienststelle erfolgt (BVerwG 18. September 2008 - 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31).

34

(bbb) Beides ist hier nicht der Fall.

35

(aaaa) Die Beamtin U bleibt der Niederlassung BRIEF G zugeordnet und dort soll ihr mit der Übernahme von Tätigkeiten im Zustellstützpunkt auch ein Funktionsamt zugeordnet werden. Das entspricht grundsätzlich den rechtlichen Vorgaben. Ein - auf unmittelbare Anforderung des Beamten zu erfüllender (BVerwG 18. September 2008 - 2 C 126.07 - Rn. 11 ff., BVerwGE 132, 40) - Beschäftigungsanspruch besteht auch, wenn der Beschäftigungsbedarf sinkt (vgl. BVerwG 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 - Rn. 25, BVerwGE 126, 182). Dass die Beamtin U eingesetzt wird, obwohl kein freier Arbeitsposten vorhanden ist, dient damit der Erfüllung dieses Anspruchs.

36

Die vorliegende interne Zuordnung zu einem „Überhang“ ist nur Ausdruck dafür, dass die Arbeitgeberin, die die Rechte des Dienstherrn wahrnimmt (§ 1 Abs. 1 PostPersRG), beabsichtigt, die Beamtin sobald wie möglich anderweitig einzusetzen, ihr also ein anderes Funktionsamt zuzuweisen. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung hindert den Dienstherrn nicht daran, dem Beamten aus sachlichen Gründen eine anderweitige amtsangemessene Funktion zu übertragen (vgl. BVerwG 25. Oktober 2007 - 2 C 30.07 - Rn. 14, PersR 2008, 72).

37

(bbbb) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der der Beamtin übertragenen Tätigkeit auch nicht um eine „Pseudobeschäftigung“, also eine Ausgrenzung aus dem normalen Arbeitsprozess, die sich als nicht amtsangemessen darstellen könnte.

38

b) Die Voraussetzungen eines Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG liegen vor. Die Maßnahme ist als Versetzung iSv. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

39

aa) Die Arbeitgeberin beschäftigt - wie es die gesetzliche Regelung erfordert - in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungsrecht.

40

bb) Bei der beabsichtigten Maßnahme handelt es sich um eine Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

41

(1) Versetzung in diesem Sinne ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. „Arbeitsbereich“ sind die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine „andere“ anzusehen ist. Das kann sich aus dem Wechsel des Inhalts der Arbeitsaufgaben und der mit ihnen verbundenen Verantwortung ergeben, kann aus einer Änderung des Arbeitsortes und der Art der Tätigkeit, dh. der Art und Weise folgen, wie die Arbeitsaufgabe zu erledigen ist und kann mit einer Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs erfüllt für sich allein den Versetzungsbegriff des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG aber nur dann, wenn sie für eine längere Zeit als einen Monat geplant ist(vgl. BAG 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 36 mwN, BAGE 133, 307).

42

(2) Mit der Auflösung der Filiale S-W und der Zuordnung der Beschäftigten zu einem Zustellstützpunkt sind erhebliche Änderungen beim Arbeitsort und der organisatorischen Zugehörigkeit verbunden. Dies reicht aus, um eine Versetzung des betroffenen Beschäftigten anzunehmen.

43

2. Das Verfahren ist nicht wegen der vorübergehenden anderweitigen Einsätze von Frau U in der Filiale Kr und der Postbankfiliale S-W erledigt. Davon bleibt die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unberührt.

44

3. Der Zustimmungsersetzungsantrag ist nicht etwa deswegen abzuweisen, weil die Arbeitgeberin das Zustimmungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet hätte.

45

a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genanten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt(BAG 29. Juni 2011 - 7 ABR 24/10 - Rn. 20 f., AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 137).

46

b) Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat ausreichend unterrichtet.

47

aa) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats war die Arbeitgeberin nicht verpflichtet, ihn über die Gründe zur Schließung der Filiale S-W zu unterrichten. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung. Diese ist im Rahmen von § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen(BAG 16. Januar 2007 - 1 ABR 16/06 - Rn. 47, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 99 Versetzung Nr. 3). Der Betriebsrat benötigt daher die Informationen über die Gründe für die Filialschließung nicht, um zu prüfen, ob er den Zustimmungsverweigerungsgrund nach dieser Vorschrift geltend machen kann. Auch ein Bezug dieser Information zu anderen Zustimmungsverweigerungsgründen besteht nicht.

48

bb) Entgegen der Ansicht des Betriebsrats hat die Arbeitgeberin durch die Nichtvorlage eines „Sozialplans“ nicht gegen ihre Pflichten aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verstoßen. Einen „Sozialplan“, den die Arbeitgeberin dem Betriebsrat hätte vorlegen können, gab es auch nach dessen Vorbringen nicht. Die Frage, ob die Arbeitgeberin materiellrechtlich zur Erstellung eines „Sozialplans“ nach dem TV Nr. 444 verpflichtet war, betrifft die Begründetheit der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats.

49

4. Die Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Versetzung der Beamtin U gilt nicht etwa nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.

50

a) Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme als erteilt, wenn er seine Zustimmungsverweigerung dem Arbeitgeber nicht innerhalb einer Woche nach ordnungsgemäßer Unterrichtung unter Angaben von Gründen schriftlich mitteilt. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung nicht fristgerecht mit beachtlicher Begründung, so ist auf den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers hin auszusprechen, dass die Zustimmung als erteilt gilt (vgl. BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - zu B II der Gründe, BAGE 60, 57). Der Betriebsrat genügt der gesetzlichen Begründungspflicht, wenn es als möglich erscheint, dass mit seiner schriftlich gegebenen Begründung einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe geltend gemacht wird. Eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nimmt, ist dagegen unbeachtlich. Die Begründung des Betriebsrats braucht nicht schlüssig zu sein. Konkrete Tatsachen und Gründe müssen nur für die auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 BetrVG gestützte Verweigerung angegeben werden(vgl. BAG 19. April 2012 - 7 ABR 52/10 - Rn. 45 mwN; 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 41, BAGE 133, 307; 9. Dezember 2008 - 1 ABR 79/07 - Rn. 48 mwN, BAGE 128, 364).

51

b) Danach sind die Voraussetzungen zur Begründung einer Zustimmungsverweigerung teilweise erfüllt.

52

aa) Ausreichend ist die Zustimmungsverweigerung, soweit sich der Betriebsrat im ersten Spiegelstrich des Zustimmungsverweigerungsschreibens auf die mangelnde amtsangemessene Beschäftigung der Beamtin U beruft. Insoweit erscheint ein Verstoß der personellen Maßnahme gegen ein Gesetz (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG) und eine Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers - wozu hier nach § 24 Abs. 2 PostPersRG auch Beamte gehören -(§ 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG) möglich.

53

Mit Spiegelstrich fünf des Zustimmungsersetzungsschreibens macht der Betriebsrat in hinreichender Weise deutlich, warum werdende Mütter und Beschäftigte mit gesundheitlichen Einschränkungen Nachteile durch die Versetzung haben sollen, weil ihr - bislang üblicher - Einsatz nicht mehr möglich sein wird. Damit ist ein Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG hinreichend geltend gemacht. Insbesondere sind auch konkrete Tatsachen und Gründe angeführt.

54

Soweit der Betriebsrat schließlich mit Spiegelstrich sechs geltend macht, es hätte ein „Sozialplan“ iSd. TV Nr. 444 vorgelegt werden müssen, nimmt er hinreichend Bezug auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Er beruft sich auf die Verletzung einer Bestimmung eines Tarifvertrages.

55

bb) Die weiteren im Zustimmungsersetzungsschreiben enthaltenen Zustimmungsverweigerungsgründe sind jedoch nur unzureichend geltend gemacht.

56

Soweit der Betriebsrat in seinem zweiten Spiegelstrich fehlende Angaben zur künftigen Beschäftigung der Beamtin U rügt, verlangt er lediglich weitere Informationen. Darin liegt kein Zustimmungsverweigerungsgrund.

57

Mit dem dritten Spiegelstrich des Zustimmungsverweigerungsschreibens bekräftigt der Betriebsrat seine Auffassung, es „könnten“ Arbeitsplatzinhaber durch Frau U verdrängt werden. Damit soll § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG in Bezug genommen werden. Danach kann die Zustimmungsverweigerung darauf gestützt werden, dass die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer erlitten Nachteile, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Die Geltendmachung dieses Zustimmungsverweigerungsgrundes erfordert daher die Angabe konkreter Tatsachen und Gründe. Solche hat der Betriebsrat nicht angegeben.

58

Das gleiche gilt, soweit er in Spiegelstrich vier meint, durch den Einsatz von drei Beschäftigten auf einem Dienstposten „könnte“ eine extreme psychische Belastung für den Arbeitsplatzinhaber entstehen.

59

5. Die danach wirksam geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe, auf die sich das gerichtliche Prüfprogramm beschränkt (vgl. BAG 17. November 2010 - 7 ABR 120/09 - Rn. 34, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 50 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 20), liegen nicht vor.

60

a) Dahingestellt bleiben kann, inwieweit eine nicht amtsangemessene Beschäftigung eines Beamten bei einem Postnachfolgeunternehmen einen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 4 BetrVG darstellen könnte. Aus den oben (B I 1 a) bb) (3) (b) (cc)) angegebenen Gründen liegt hier eine amtsangemessene Beschäftigung der Beamtin U vor.

61

b) Ein Zustimmungsverweigerungsgrund ist auch nicht deshalb gegeben, weil - worauf sich der Betriebsrat beruft - durch die Versetzung von Frau U ein Einsatz werdender Mütter und Beschäftigter, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen vorübergehend nicht in der Zustellung eingesetzt werden können, mit der Frau U neu übertragenen Tätigkeit dort nunmehr nicht mehr möglich ist. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden Zustimmungsverweigerungsgrundes nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG liegen nicht vor. Danach muss die durch Tatsachen begründete Besorgnis bestehen, dass infolge der Versetzung im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Ein Nachteil in diesem Sinne setzt nicht voraus, dass einem im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer Rechtsansprüche verloren gehen. Es reicht aus - ist aber auch erforderlich -, dass eine rechtserhebliche Anwartschaft, die mehr als eine Chance oder bloße Erwartungshaltung darstellt, besteht (BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 29 mwN, BAGE 127, 51). Bei der Aussicht der anderen Beschäftigten wegen Schwangerschaft oder aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen in der Qualitätsbearbeitung eingesetzt zu werden, handelt es sich um eine solche bloße Erwartung. Eine rechtlich verfestigte Anwartschaft ist nicht gegeben.

62

c) Durch die Nichtvorlage eines „Sozialplans“ bei gleichzeitiger Versetzung von Frau U ist auch nicht der Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG gegeben. Damit hat die Arbeitgeberin nicht gegen einen Tarifvertrag verstoßen.

63

aa) Der Senat kann dahingestellt lassen, ob der Tarifvertrag Nr. 444 noch normative Wirkung hat. Ebenso kann offenbleiben, ob die personelle Einzelmaßnahme dem Tarifvertrag in sachlicher und zeitlicher Hinsicht unterfällt. Unentschieden bleiben kann auch, inwieweit dieser Tarifvertrag auf Beamte - etwa weil sie nach § 5 Abs. 1 PostPersRG bei ihrem beruflichen Fortkommen wegen ihres Beamtenstatus nicht benachteiligt werden dürfen - der Sache nach Anwendung findet. Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, welche Auswirkung die Rechtskraft des Beschlusses des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. Juli 2010 - 4 TaBV 16/10 - hat.

64

bb) Auch wenn man zu Gunsten des Betriebsrats die Anwendbarkeit des Tarifvertrages unterstellt, ist der Zustimmungsverweigerungsgrund nicht gegeben. Es liegt kein Verstoß gegen den Tarifvertrag vor, der den Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats trägt.

65

(1) Der Betriebsrat kann bei einer personellen Einzelmaßnahme seine Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen die dort genannten Rechtsvorschriften - und damit auch gegen einen Tarifvertrag - verstoßen würde. Es muss sich bei der maßgeblichen Rechtsnorm nicht um ein Verbotsgesetz im technischen Sinne handeln, das unmittelbar die Unwirksamkeit der Maßnahme herbeiführt. Es muss aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen, dass der Zweck der betreffenden Norm darin besteht, die personelle Maßnahme selbst zu verhindern. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist bei Versetzungen deshalb nur gegeben, wenn das Ziel der Norm allein dadurch erreicht werden kann, dass die Versetzung insgesamt unterbleibt(BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 23, BAGE 127, 51).

66

(2) Hier erscheint es nicht ausgeschlossen, bei einer Versetzung, hinsichtlich derer der TV Nr. 444 einen gültigen „Sozialplan“ fordert, den Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG anzunehmen, wenn eine solche Versetzung ohne einen gültigen „Sozialplan“ durchgeführt wird. Dafür könnte § 2 Abs. 4 Satz 2 der Anlage 1 zu § 19 TV Nr. 444 sprechen. Stimmt der Betriebsrat dem Entwurf eines „Sozialplans“ zu, ist dieser danach „gültig und kann umgesetzt werden“. Das könnte den Umkehrschluss nahelegen, dass ohne einen gültigen „Sozialplan“ in diesen Fällen die personelle Einzelmaßnahme nicht umgesetzt werden kann und darf.

67

(3) Auch dies kann indes dahingestellt bleiben. Die Versetzung von Frau U von der geschlossenen Filiale S-W zum Zustellstützpunkt S bedurfte nach dem TV Nr. 444 keines gültigen „Sozialplans“. Das ergibt sich aus der Systematik dieses Tarifvertrages.

68

(a) §§ 3 bis 6 TV Nr. 444 beschreiben, auf welchen Arbeitsplätzen die Arbeitgeberin bei den vom Tarifvertrag erfassten Umorganisationsmaßnahmen verpflichtet ist, die Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen und inwieweit sie verpflichtet ist, den Arbeitnehmern ein Arbeitsplatzangebot zu machen. Damit korrespondiert die Annahmepflicht des Arbeitnehmers nach § 7 TV Nr. 444. Aus § 19 TV Nr. 444 ergibt sich, dass der Umsetzung dieser Regelungen das in der Anlage 1 beschriebene Verfahren, also das „Sozialplanverfahren“, dient. Dieses greift, wie sich aus § 2 Abs. 3 Satz 2 der Anlage 1 zu § 19 TV Nr. 444 ergibt, auch dann ein, wenn eine diesen Kriterien entsprechende Umsetzungsmöglichkeit nur für einen Teil der von der Umorganisationsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer gefunden werden kann. Es greift aber dann nur hinsichtlich dieser Arbeitnehmer. Nur bezogen auf diese ist ein „Sozialplan“ aufzustellen und der Betriebsrat entsprechend der Anlage 1 zu § 19 TV Nr. 444 zu beteiligen.

69

(b) Dass der Betriebsrat dabei ggf. auch Auswahlkriterien einbringen, also geltend machen kann, die den materiellen „Sozialplankriterien“ entsprechende Einsatzmöglichkeit sollte einem anderen Arbeitnehmer zugutekommen, ist dabei in der Systematik angelegt. Es ändert aber nichts daran, dass der „Sozialplanentwurf“ und damit das „Sozialplanverfahren“ lediglich für die Arbeitnehmer eingehalten werden muss, hinsichtlich derer die Arbeitgeberin meint, es bestehe eine Unterbringungsmöglichkeit entsprechend den Kriterien des TV Nr. 444. Allenfalls als Ergebnis des „Sozialplanverfahrens“ kann sich ergeben, dass ein anderer Arbeitnehmer den Kriterien entsprechend untergebracht wird. In diesem Falle kommt dann hinsichtlich dieses Arbeitnehmers ein „Sozialplan“ zustande.

70

(c) Soweit allerdings aus Arbeitgebersicht ein den materiellen Kriterien des TV Nr. 444 entsprechender Arbeitsplatz, auf dem der Beschäftigte endgültig untergebracht werden kann, noch nicht vorhanden ist, ist allein § 13 Abs. 3 TV Nr. 444 einschlägig. Dieser legt fest, was bis „zum Zustandekommen eines gültigen Sozialplans, längstens jedoch für die Dauer von neun Monaten nach Eintritt der Rationalisierungsmaßnahme“ gilt. Die Bestimmung erlaubt insoweit - im Sinne des TV Nr. 444 - „vorläufige“ personelle Maßnahmen. Diese sind gerade möglich, ohne dass ein gültiger „Sozialplan“ vorliegt. Daher ist für ihre Durchführung auch die Vorlage eines „Sozialplans“ nach dem Tarifvertrag nicht erforderlich.

71

(d) Die Arbeitgeberin beabsichtigt - wie sich aus dem Zustimmungsbegehren ergibt -, Frau U lediglich „bis zur endgültigen sozialplanmäßigen Unterbringung“ zu versetzen und hat auch nur insoweit die Zustimmung des Betriebsrats einholen wollen. Die geplante personelle Einzelmaßnahme ist deshalb allein an § 13 Abs. 3 TV Nr. 444 zu messen, erfordert aber keine Vorlage eines „Sozialplans“ nach § 19 iVm. Anlage 1 TV Nr. 444. Zustimmungsverweigerungsgründe, die sich auf § 13 Abs. 3 TV Nr. 444 stützen, hat der Betriebsrat nicht angebracht.

72

II. Ebenso ist die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der Arbeitnehmerin K zu ersetzen.

73

Frau K ist keine Beamtin. Es stellt sich deshalb bei ihr nicht die Frage, ob das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG durch § 28 Abs. 1 PostPersRG iVm. § 76 Abs. 1 BPersVG verdrängt wird, ob sich Zustimmungsverweigerungsgründe aus einer nicht amtsangemessenen Beschäftigung iSd. Beamtenrechts ergeben können und ob der Tarifvertrag Nr. 444 auf sie wegen ihres Rechtsstatus nicht anzuwenden ist. Auch kommt bei Frau K eine Erledigung des Verfahrens schon deshalb nicht in Betracht, da sie ununterbrochen im Zustellstützpunkt S eingesetzt ist. Im Übrigen gleichen sowohl die personelle Einzelmaßnahme als auch das innerbetriebliche Zustimmungsverfahren und die Zustimmungsverweigerungsgründe dem, was für die Versetzung von Frau U gilt. Daher ist die Zustimmung des Betriebsrats auch zu der Versetzung von Frau K aus denselben Gründen zu ersetzen, die insoweit für die Versetzung von Frau U gelten.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Gerschermann    

                 

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Januar 2013 - 7 Sa 1790/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärten Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt einen Büromarkt. Der 1964 geborene Kläger war bei ihr seit dem 26. Juli 2000 als Servicetechniker beschäftigt. Außer ihm war eine weitere Mitarbeiterin tätig. Im Arbeitsvertrag vom 26. Juli 2000 war ua. bestimmt:

        

㤠3

Dauer des Vertrages

                 

…       

        
                 

(2) Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von beiden Vertragspartnern 4 Wochen zum Quartal gekündigt werden.

                 

…       

        

§ 4

Schlußbestimmung

                 

…       

        
                 

(4) Dem Arbeitsvertrag werden die Bestimmungen des Gehalts- und Lohntarifvertrages und des Manteltarifvertrages des Hessischen Einzelhandels zugrunde gelegt.“

3

Im Jahre 2007 traten bei der Beklagten wirtschaftliche Probleme auf. In deren Verlauf schlug ihr Geschäftsführer der H KG (im Folgenden: KG) den Kläger als Mitarbeiter vor. Diese arbeitete im Rahmen des technischen Kundenservice in der Weise mit der Beklagten und anderen Unternehmen zusammen, dass sie die Kundenaufträge annahm, zentral koordinierte und zu ihrer Ausführung ihre eigenen Servicetechniker entsandte, während die Kunden die Rechnung mit einem Briefkopf des für sie zuständigen Service-Unternehmens - etwa der Beklagten - erhielten. Unter dem 25. Juni 2007 schloss der Kläger einen Arbeitsvertrag mit der KG. Danach war er für diese ab dem 1. Juli 2007 als Positions-/Servicetechniker tätig. Die KG beschäftigte rund 30 Servicetechniker.

4

Die Beklagte händigte dem Kläger in der Folge ein Zeugnis, den Sozialversicherungsnachweis und die Lohnsteuerkarte aus.

5

Der Kläger erhielt einzelne Arbeitsanweisungen weiterhin vom Geschäftsführer der Beklagten. Diese beschäftigte seit Juni 2011 zwei weitere Mitarbeiter. Unter dem 29. Juni 2011 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Kündigungsschreiben. Darin heißt es:

        

„... hiermit kündigen wir vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt den Arbeitsvertrag ..., obwohl wir der Meinung sind, dass das Arbeitsverhältnis bereits in 2007 beendet wurde.“

6

Der Kläger hat sich gegen die Kündigung rechtzeitig mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil sie kein konkretes Beendigungsdatum enthalte. Außerdem habe es sich um ein einheitliches Arbeitsverhältnis mehrerer Arbeitgeber gehandelt. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe er zwei Arbeitgeberinnen gehabt, welche je für sich das Weisungsrecht eines Arbeitgebers beansprucht hätten. Die Beklagte und die KG führten einen Gemeinschaftsbetrieb, so dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finde. Die Kündigung sei überdies deshalb unwirksam, weil es die Beklagte unterlassen habe, ihn zuvor anzuhören, und weil sie eine Maßregelung nach § 612a BGB darstelle. Sie sei ausgesprochen worden, nachdem er Vergütungsansprüche eingeklagt habe. Schließlich fehle es an der notwendigen Beteiligung des Integrationsamts. Der Kläger hat behauptet, er habe die Beklagte mit Telefax vom 18. Juli 2011 davon in Kenntnis gesetzt, dass er - im März 2011 - einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt habe. Das Versorgungsamt habe mit Bescheid vom 7. September 2011 einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt. Daraufhin habe er einen Antrag auf Gleichstellung gestellt. Dass er dies nicht schon vor Ausspruch der Kündigung habe tun können, habe nicht er zu vertreten. Durch Bescheid vom 24. September 2013 sei er mittlerweile mit Wirkung vom 12. September 2011 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Endzeugnis zu erteilen, das sich auf Leistung und Verhalten erstreckt;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits als Büromaschinenmechaniker weiter zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unter allen aufgeführten Gesichtspunkten wirksam.

9

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Erteilung eines Endzeugnisses verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen (I.). Die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den - echten - Hilfsantrag auf Erteilung eines Endzeugnisses hat damit Bestand (II.). Der auf Weiterbeschäftigung während des laufenden Rechtsstreits gerichtete - unechte - Hilfsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

11

I. Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29. Juni 2011 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum 30. November 2011 aufgelöst.

12

1. Die Kündigung enthält keine Bedingung, die ihrer Wirksamkeit im Wege stünde. Auch eine „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung drückt den Willen des Arbeitgebers aus, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Zusatz „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ macht lediglich deutlich, dass der Arbeitgeber sich in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand beruft, auf dessen Rechtswirkungen er nicht verzichten will (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 44; 12. Oktober 1954 - 2 AZR 36/53  - zu III der Gründe, BAGE 1, 110 ). Die „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung steht unter einer - zulässigen ( BAG 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 19; 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - aaO) - auflösenden Rechtsbedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB. Ihre Wirkung endigt, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst worden ist ( BAG 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 20; 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - aaO). Diese Bedingung ist im Streitfall nicht eingetreten. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht bereits durch einen anderen Beendigungstatbestand aufgelöst worden. Der Abschluss des Arbeitsvertrags mit der KG hat nicht zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geführt. Der Arbeitsvertrag mit der KG enthielt keine dem Formerfordernis des § 623 BGB genügende Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien(vgl. dazu BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1078/12 - Rn. 26).

13

2. Die Kündigung ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb unwirksam, weil im Kündigungsschreiben ein konkretes Beendigungsdatum nicht ausdrücklich genannt ist. Einer solchen Angabe bedurfte es nicht.

14

a) Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Aus der Erklärung oder den Umständen muss sich deshalb zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist (BAG 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - Rn. 46; 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 20, BAGE 116, 336). Ob dies hinreichend deutlich wird, richtet sich nach den Verhältnissen bei Ausspruch der Kündigung (BAG 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - aaO; 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

15

b) Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14; vgl. auch 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08  - Rn. 30 mwN, BAGE 129, 265 ).

16

c) Das Erfordernis der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung verlangt vom Kündigenden nicht, den Beendigungstermin als konkretes kalendarisches Datum ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist (BAG 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - Rn. 47; vgl. auch APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 20; APS/Linck 4. Aufl. § 622 BGB Rn. 66c; HaKo-KSchR/Fiebig/Mestwerdt 4. Aufl. Einl. Rn. 18; MüKoBGB/Hesse 6. Aufl. § 620 Rn. 78; Staudinger/Oetker (2012) Vorb. zu §§ 620 ff. Rn. 125; Eisemann NZA 2011, 601; Muthers RdA 2012, 172, 176; Fleddermann ArbRAktuell 2011, 347; Raab RdA 2004, 321, 326).

17

aa) Auch eine Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ ist hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 15; vgl. auch Muthers Anm. RdA 2012, 172, 176 ; Raab RdA 2004, 321, 326 ). Sie ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 49; 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278). Der vom Erklärenden gewollte Beendigungstermin ist damit objektiv eindeutig bestimmbar. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - aaO). Ob es anderenfalls an der hinreichenden Bestimmtheit der Kündigung fehlte, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

18

bb) Eine Kündigung ist nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 15; vgl. auch 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79  - zu I der Gründe).

19

d) Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Kündigungserklärung der Beklagten vom 29. Juni 2011 als ordentliche Kündigung zum 30. November 2011.

20

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 29. Juni 2011 eine ordentliche Kündigung erklärt. Die Formulierung, es werde „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ gekündigt, lässt - ohne dass es Anhaltspunkte dafür gäbe, der Arbeitgeber wolle sich auf einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB berufen - nicht erkennen, die Kündigung solle als außerordentliche (fristlos) erklärt werden. Die Wendung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ spricht dafür, dass die Kündigung zu einem erst in der Zukunft liegenden, sich aus der zutreffenden Kündigungsfrist ergebenden Termin wirken solle. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund müsste für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei die Absicht des Erklärenden erkennen lassen, von der sich aus § 626 Abs. 1 BGB ergebenden besonderen Kündigungsbefugnis Gebrauch zu machen(BAG 13. Januar 1982 - 7 AZR 757/79 - zu II 1 der Gründe, BAGE 37, 267). Sie kann sich aus einer entsprechenden Bezeichnung - etwa als fristlose Kündigung - oder aus sonstigen Umständen der Erklärung, insbesondere einer beigefügten Begründung ergeben (BAG 13. Januar 1982 - 7 AZR 757/79 - aaO). An beidem fehlt es hier.

21

bb) Auch der angestrebte Beendigungstermin war für den Kläger zweifelsfrei bestimmbar. Er errechnete sich aus der maßgeblichen, vom Arbeitsvertrag in Bezug genommenen tariflichen Frist von fünf Monaten zum Monatsende.

22

(1) Gemäß § 4 Abs. 4 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 26. Juli 2000 waren die Bestimmungen ua. des Manteltarifvertrags des Hessischen Einzelhandels (MTV) in Bezug genommen. Nach § 16 Nr. 5 Abs. 2 MTV - sowohl in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 24. September 1996 als auch in der bei Kündigungszugang geltenden Fassung vom 4. August 2008 - beträgt die tarifliche Kündigungsfrist nach einer Beschäftigungszeit von zehn Jahren fünf Monate zum Monatsende. Die gesetzliche Frist gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BGB hätte nur vier Monate zum Monatsende betragen. Schon deshalb galt die für den Kläger günstigere tarifliche Frist. § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags kam bei zutreffendem Verständnis nicht zur Anwendung. Er regelt allein die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses geltende Grundkündigungsfrist. Diese weicht in zulässiger Weise zugunsten des Klägers von der gesetzlichen Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB ab. Dagegen kann den Parteien nicht unterstellt werden, sie hätten in § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags eine von § 622 Abs. 2 BGB zulasten des Klägers abweichende und damit unzulässige Regelung treffen wollen.

23

(2) Die objektiv maßgebliche Kündigungsfrist war für den Kläger ohne Schwierigkeiten zu ermitteln. Der Arbeitsvertrag, der auf den MTV verwies, war ihm bekannt. Unerheblich ist, ob ihm die Tarifverträge, auf die in § 4 Abs. 4 des Arbeitsvertrags Bezug genommen ist, ausgehändigt worden waren. Es ist ausreichend, dass er ihren Inhalt problemlos hätte in Erfahrung bringen können. Sonstige Umstände, die zu Zweifeln daran hätten Anlass geben können, dass die Beklagte mit der rechtlich zutreffenden tariflichen Frist hat kündigen wollen, sind weder vom Kläger vorgetragen noch objektiv ersichtlich.

24

(a) Rechtliche Unklarheiten bei der Fristberechnung kann es auch mit Blick auf Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahrs nicht gegeben haben (zur Unionsrechtswidrigkeit und Unanwendbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Slg. 2010, I-365; BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - BAGE 135, 278; zur Unwirksamkeit entsprechender tarifvertraglicher Regelungen BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 16 ff.). Die in § 16 Nr. 5 Abs. 3 MTV enthaltene Bestimmung, die solche Zeiten bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer ausnimmt, fand auf den Kläger schon tatsächlich keine Anwendung. Er war bei Vertragsschluss älter als 25 Jahre.

25

(b) Entgegen der Auffassung des Klägers musste die Beklagte im Kündigungsschreiben nicht angeben, welche Dauer der Betriebszugehörigkeit ihrer Ansicht nach der Berechnung der Kündigungsfrist zugrunde zu legen war. Die Beklagte hatte die Kündigung ausdrücklich für den Fall erklärt, dass das Arbeitsverhältnis nicht schon im Jahre 2007 geendet, es also bis zum Kündigungszeitpunkt fortbestanden habe. Es gab keinen Grund für die Annahme, die Beklagte wolle - sofern die Kündigung zum Tragen komme - das Arbeitsverhältnis mit einer Frist beenden, die nicht die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers berücksichtigte. Dass die Anrechnung anderweitiger Vorbeschäftigungszeiten oder eine zeitweilige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses streitig gewesen sei, hat der Kläger nicht behauptet.

26

3. Die Kündigung vom 29. Juni 2011 ist nicht deshalb rechtsunwirksam, weil die Beklagte sie nur gemeinsam mit der KG hätte erklären können. Es lag kein einheitliches, zu ihr und der KG gemeinsam bestehendes Arbeitsverhältnis vor.

27

a) Ebenso wie auf Arbeitnehmerseite können auf Arbeitgeberseite mehrere rechtlich selbständige Personen an demselben Arbeitsverhältnis beteiligt sein ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10  - Rn. 30 ). Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, liegen nicht notwendig mehrere getrennte Arbeitsverhältnisse vor. Vielmehr kann auch ein einheitliches Arbeitsverhältnis gegeben sein. Erforderlich ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen des Arbeitnehmers zu den einzelnen Arbeitgebern, der es verbietet, diese Beziehungen rechtlich getrennt zu behandeln ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - aaO; 5. März 1987 -  2 AZR 623/85  - zu B III 5 der Gründe, BAGE 55, 117 ). Der rechtliche Zusammenhang kann sich insbesondere aus einer Auslegung des Vertragswerks der Parteien ergeben ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - aaO; 27. März 1981 -  7 AZR 523/78  - zu I 2 b der Gründe, BAGE 37, 1). Nach Maßgabe von §§ 133, 157 BGB ist zu prüfen, ob nach den Vorstellungen der Vertragschließenden die einzelnen Vereinbarungen nur gemeinsam gelten und zusammen durchgeführt werden, dh. Teile eines einzigen Gesamtgeschäfts sein sollten. Ist dies zu bejahen, kann ein solches einheitliches Arbeitsverhältnis im Regelfall nur von und gegenüber allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - aaO; 27. März 1981 - 7 AZR 523/78  - zu II 1 der Gründe, aaO).

28

b) Danach lag im Streitfall ein einheitliches Arbeitsverhältnis nicht vor. Es gibt keine Grundlage für die Annahme, die KG habe als weitere Arbeitgeberin zu dem mit der Beklagten schon bestehenden Arbeitsverhältnis hinzutreten und dieses habe nunmehr im Sinne eines rechtlich untrennbaren Zusammenhangs mit beiden Arbeitgeberinnen fortgesetzt werden sollen. Es sind keine Umstände festgestellt oder vom Kläger vorgetragen, aufgrund derer darauf zu schließen wäre, seine arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, das eine Mal mit der Beklagten, das andere Mal mit der KG, hätten nur gemeinsam gelten und durchgeführt werden und damit bloß Teile eines einzigen Gesamtgeschäfts sein sollen.

29

4. Die Kündigung ist nicht mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam. Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 bis 4 KSchG keine Anwendung. Im Betrieb der Beklagten waren im Kündigungszeitpunkt schon nicht mehr als fünf Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt. Die Arbeitnehmer der KG waren für die Bestimmung der Betriebsgröße nicht mitzuzählen. Die Beklagte und die KG haben keinen gemeinsamen Betrieb geführt. Andere Gründe für eine Hinzurechnung sind nicht ersichtlich.

30

a) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen zu arbeitstechnischen Zwecken zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat betriebsbezogen gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1057/12 - Rn. 51; 9. Juni 2011 - 6 AZR 132/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 138, 116). Diese Voraussetzung trifft nicht schon dann zu, wenn die Unternehmen unternehmerisch zusammenarbeiten (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 20, BAGE 142, 36; 5. November 2009 - 2 AZR 383/08 - Rn. 14 mwN).

31

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Kündigungszeitpunkt ein gemeinsamer Betrieb bestanden hat, trägt der Arbeitnehmer (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1057/12 - Rn. 52; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 21, BAGE 142, 36). Mit Rücksicht auf seine typischerweise mangelhafte Kenntnis vom Inhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen kommen ihm dabei Erleichterungen zugute. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast in einem ersten Schritt, wenn er äußere Umstände aufzeigt, die für die Annahme sprechen, dass sich mehrere Unternehmen über die gemeinsame Führung eines Betriebs unter einem einheitlichen Leitungsapparat geeinigt haben. Darauf hat der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu erwidern und darzulegen, welche rechtserheblichen Umstände gegen die Annahme eines einheitlichen Betriebs sprechen sollen(BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1057/12 - aaO; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - aaO).

32

c) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Er hat selbst äußere Umstände, die für das Vorliegen einer Vereinbarung zur gemeinsamen Führung eines Betriebs unter einem einheitlichen Leitungsapparat sprächen, nicht aufgezeigt. Weder sein Vorbringen zur Zusammenarbeit von Beklagter und KG im Bereich Kundenservice, noch sein Vorbringen zu den Anweisungen, die er auch nach Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der KG vom Geschäftsführer der Beklagten erhalten habe, und zur weiteren Überlassung des Dienstfahrzeugs lassen den Schluss darauf zu, der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich sei für beide Unternehmen gemeinsam von derselben institutionellen Leitung ausgeübt worden.

33

5. Die Kündigung der Beklagten ist nicht deshalb gemäß § 242 BGB unwirksam, weil der Kläger vor ihrem Ausspruch nicht angehört worden ist. Die Anhörung des Arbeitnehmers vor einer Kündigung ist - außer bei der Verdachtskündigung - de lege lata keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Der gegenteiligen Ansicht des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen (17. März 2010 - 2 Ca 319/10 -) fehlt die gesetzliche Grundlage. Dass hier einzel- oder tarifvertraglich etwas anderes gegolten hätte, ist nicht ersichtlich. Auch aus § 82 Abs. 1 Satz 1 BetrVG folgt nichts anderes. Nach dieser Bestimmung hat der Arbeitnehmer ein Recht darauf, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, angehört zu werden. Selbst wenn man zu diesen Angelegenheiten auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung rechnet, ergibt sich daraus nicht, dass umgekehrt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer Kündigung anhören müsste und dass diese Anhörung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung wäre. Das in § 82 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorgesehene Recht, zu ihn betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers Stellung zu nehmen, bedeutet ebenfalls nicht, dass der Arbeitnehmer schon vor deren Durchführung Stellung nehmen können muss.

34

6. Die Kündigung ist nicht gemäß § 612a BGB iVm. § 134 BGB rechtsunwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es fehle an der notwendigen Kausalität zwischen der Erhebung von Vergütungsansprüchen und der Kündigung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe sich zur - vorsorglichen - Kündigung entschlossen, nachdem sie im Zusammenhang mit den Entgeltforderungen habe erkennen müssen, dass das in ihren Augen längst beendete Arbeitsverhältnis rechtlich womöglich noch fortbestehe. Mit der sich dagegen wendenden Behauptung, die Beklagte habe ihn mit der Kündigung sehr wohl sanktionieren wollen, zeigt der Kläger keinen Rechtsfehler auf. Den zeitlichen Zusammenhang zwischen Rechtsverfolgung und Kündigung hat das Landesarbeitsgericht angesichts des Umstands, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien schon seit Jahren nicht mehr gelebt worden war, als Indiz für eine Maßregelungsabsicht der Beklagten zu Recht nicht ausreichen lassen. Zulässige Verfahrensrügen hat der Kläger nicht erhoben.

35

7. Die Kündigung vom 29. Juni 2011 ist nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB unwirksam. Es bedurfte zu ihrer Wirksamkeit keiner Zustimmung des Integrationsamts.

36

a) Der Kläger ist nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung beträgt nach dem Bescheid des Versorgungsamts vom 7. September 2011 lediglich 30. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob er der Beklagten rechtzeitig nach Zugang der Kündigung Mitteilung von seinem im März 2011 gestellten Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gemacht hat.

37

b) Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung einem schwerbehinderten Menschen nicht gleichgestellt. Die nach seinem Vorbringen mittlerweile erfolgte Gleichstellung wirkt nur bis auf den Tag der Antragstellung zurück. Dies war der 12. September 2011.

38

aa) Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX erfolgt die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen auf Grund einer Feststellung nach § 69 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit.

39

bb) Die Gleichstellung wird gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Der betreffende Verwaltungsakt ist für die Rechtsposition des Betroffenen konstitutiv. Im Unterschied zu den kraft Gesetzes geschützten Personen, bei denen durch die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch ein bestehender Rechtsschutz nur festgestellt wird, wird der Schutz des Behinderten durch die Gleichstellung erst begründet (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - zu B II 1 a der Gründe). Die erst nach Zugang einer Kündigung beantragte Gleichstellung hat für die Wirksamkeit der Kündigung keine Bedeutung mehr (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - aaO).

40

cc) Der Kläger hat den Antrag auf Gleichstellung erst am 12. September 2011 und damit nach Zugang der Kündigung gestellt. Im Verhältnis zur Beklagten ist es unerheblich, ob er ihn bei schnellerer Bescheidung seines Antrags auf Anerkennung als Schwerbehinderter schon früher gestellt hätte.

41

c) Die kündigungsrechtlich unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 und schwerbehinderten Arbeitnehmern iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX stellt keine Diskriminierung der weniger stark behinderten Arbeitnehmer nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. Nr. L 303 S. 16) dar. Die weniger stark behinderten Arbeitnehmer erfahren nicht „wegen ihrer Behinderung“ eine ungünstigere Behandlung. Sie werden nicht weniger günstig als nicht behinderte Arbeitnehmer behandelt, sondern weniger günstig als stärker behinderte.

42

II. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den (echten) Hilfsantrag auf Erteilung eines Endzeugnisses hat Bestand. Die Kündigungsschutzklage ist rechtskräftig abgewiesen. Damit hat das Arbeitsgericht zu Recht über den Hilfsantrag entschieden. In der Sache ist der Kläger durch die dem Antrag stattgebende Entscheidung nicht beschwert. Er fiel dem Senat folglich nicht zur Entscheidung an.

43

III. Über den Weiterbeschäftigungsantrag hat der Senat ebenso wenig zu entscheiden. Er ist auf eine Beschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits gerichtet. Dieser Streit ist rechtskräftig abgeschlossen.

44

IV. Die Kosten seiner erfolglosen Revision hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Beckerle    

                 

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung und einer vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1969 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 8. Dezember 1994 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 03.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen sowie den Dienstvorschriften der Eurowings AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebsvereinbarung.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Unter dem 31. Mai 2011 kündigte die Beklagte „vorsorglich“ das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2011 und bot der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit neuem dienstlichen Einsatzort Düsseldorf an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Auch gegen diese Änderungskündigung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden. Die Änderungskündigung sei sozialwidrig.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung vom 31. Mai 2011 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung sei wirksam, weil die angebotenen Vertragsänderungen aus den Gründen der Versetzung gerechtfertigt seien.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

16

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Die Änderungsschutzklage hat keinen Erfolg (zu V).

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

19

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

20

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

21

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

22

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

23

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

24

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster/Osnabrück „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster/Osnabrück als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

25

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

26

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

27

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

28

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden. Soweit allerdings auf die „jeweilige“ Fassung der Betriebsvereinbarung Bezug genommen wird, dürfte dies nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam sein(vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.; vgl. auch Preis NZA 2010, 361). Hierauf kommt es aber nicht an, da es allein um die bei Vertragsschluss ausgehändigte Fassung geht.

29

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

30

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der für die Parteien kraft Verbandszugehörigkeit gilt und ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

31

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

32

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

33

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

34

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

35

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

36

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

37

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

38

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

39

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

40

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

42

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

43

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

44

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

46

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Insbesondere hatte die Klägerin auch die Möglichkeit, den Misslichkeiten einer längeren Anfahrt zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen.

47

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

48

V. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, BAGE 140, 328; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

49

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 2. Dezember 2010 - 5 Sa 1183/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt einen Verlag. Ihre Zentrale befindet sich in S. Für diese ist ein Betriebsrat gewählt. Im Bundesgebiet unterhält die Beklagte mehrere Geschäftsstellen. Die Geschäftsstelle H untergliedert sich in die Standorte Ha und H. Sie wird von einem gemeinsamen Geschäftsstellenleiter geführt. Ein örtlicher Betriebsrat für die Geschäftsstelle H ist nicht gebildet.

3

Die Klägerin war am Standort H beschäftigt. Sie ist seit dem 1. August 1993 bei der Beklagten tätig, zunächst als Sekretärin, seit dem 1. Januar 2008 als Vertriebskoordinatorin. Ihre monatliche Bruttovergütung beträgt durchschnittlich etwa 3.920,00 Euro.

4

Im Jahr 2008 beschäftigte die Beklagte in der Geschäftsstelle H neben der Klägerin acht Vertriebsaußendienstmitarbeiter, zwei weitere Vertriebskoordinatorinnen, eine Sekretärin und den Geschäftsstellenleiter.

5

Nach Anhörung und gegen den Widerspruch des Betriebsrats sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2009 eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2010 aus, verbunden mit dem Angebot, sie ab dem 1. April 2010 als Vertriebskoordinatorin in der Geschäftsstelle S weiterzubeschäftigen. Die Klägerin nahm das Angebot unter dem Vorbehalt einer Überprüfung seiner sozialen Rechtfertigung an. Sie hat rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Seit dem 12. April 2010 ist sie in S tätig.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen sei sozial nicht gerechtfertigt. Sie hat bestritten, dass ihr bisheriger Arbeitsplatz weggefallen sei. Im Übrigen liege die Zustimmung des Betriebsrats zu ihrer Versetzung nicht vor.

7

Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 26. August 2009 rechtsunwirksam ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die zum Zwecke der Versetzung ausgesprochene Änderungskündigung sei in jeder Hinsicht rechtswirksam. Sie hat behauptet, sie habe gegen Ende des Jahres 2008 beschlossen, die Abläufe und Aufgabenverteilungen in den Vertriebsgeschäftsstellen überwiegend zentral und nach einheitlichen, nicht mehr regional unterschiedlichen Vorgaben zu steuern. Aus diesem Grunde seien Aufgaben innerhalb der Geschäftsstelle H sowie zwischen dieser und der Zentrale umverteilt worden. Außerdem seien die Aufgaben der Vertriebskoordinatorinnen wegen des Rückgangs der Anzahl der ihrer Geschäftsstelle H zugeordneten Vertriebsaußendienstmitarbeiter zurückgegangen. Damit sei das Beschäftigungsbedürfnis für eine der - mittlerweile nur noch zwei - Vertriebskoordinatorinnen in H entfallen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag der Parteien gebe ihr ohnehin das Recht, die Klägerin deutschlandweit einzusetzen. Selbst wenn die Änderungskündigung sozial nicht gerechtfertigt sei, sei sie in eine Maßnahme des Direktionsrechts umzudeuten.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Dies führt, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Die Klage ist unbegründet, wenn Gegenstand des mit der Kündigung vom 26. August 2009 verbundenen Änderungsangebots in Wirklichkeit nicht eine Vertragsänderung war (I.1.). Ob die beabsichtigte Versetzung der Klägerin eine Vertragsänderung erforderte, steht noch nicht fest (I.2.). Unerheblich ist, ob die Beklagte ein mögliches Weisungsrecht, die Klägerin nach S zu versetzen, bereits wirksam ausgeübt hat (II.).

11

I. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 26. August 2009 sei rechtsunwirksam, kann nicht getroffen werden, wenn das „Änderungsangebot“ der Beklagten nicht auf eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen zielt.

12

1. Nach § 4 Satz 2 KSchG ist eine Änderungsschutzklage auf die Feststellung zu richten, dass die „Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt“ oder sie „aus anderen Gründen rechtsunwirksam“ ist. Eine solche Feststellung können die Gerichte nicht treffen, wenn das mit einer Kündigung verbundene „Änderungsangebot“ gar nicht auf eine Änderung der bestehenden Vertragsregelungen gerichtet ist, sondern die in ihm vorgesehenen neuen Bedingungen schon durch Ausübung des Direktionsrechts durchgesetzt werden können (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Voraussetzung für die Begründetheit einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist, dass die Parteien über die Berechtigung einer Änderung ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen streiten. Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung einer Änderung der Arbeitsbedingungen bzw. deren Unwirksamkeit aus anderen Gründen kann nicht festgestellt werden, wenn der Vertrag der Parteien in Wirklichkeit nicht geändert werden soll.

13

a) Hat der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen(BAG 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 19, BAGE 134, 154). Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Die Regelung in § 8 KSchG spricht nicht gegen dieses Verständnis. Danach gilt zwar „die Änderungskündigung“ als von Anfang an rechtsunwirksam, wenn das Gericht festgestellt hat, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Da aber schon die Annahme des Angebots unter Vorbehalt die Beendigungswirkung der Kündigung beseitigt, ist § 8 KSchG so zu verstehen, dass nur die unter Vorbehalt akzeptierte Änderung der Arbeitsbedingungen von Beginn an entfällt. Streitgegenstand der Klage nach § 4 Satz 2 KSchG ist deshalb die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen, nicht die der Kündigung.

14

b) Eine Änderung von „Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG steht nur im Streit, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geändertenvertraglichen Bedingungen anbietet. § 2 Satz 1 KSchG setzt ersichtlich voraus, dass es zur Änderung der Arbeitsbedingungen einer Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags bedarf. Das ist nur der Fall, wenn der Arbeitgeber die von ihm erstrebte Änderung auf Basis der bestehenden vertraglichen Regelungen gerade nicht zu erreichen vermag. Das bedeutet umgekehrt, dass eine faktische Änderung, die schon auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrags, dh. ohne Einverständnis des Arbeitnehmers durchsetzbar ist, keiner Vertragsänderung und deshalb keiner Kündigung bedarf. Unter „geänderten Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1 KSchG sind folglich andere Arbeitsvertragsbedingungen zu verstehen. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die er schon durch Ausübung seines Weisungsrechts gem. § 106 Satz 1 GewO durchsetzen kann, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung von Arbeitsbedingungen“ nach § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Während das Weisungsrecht der wechselnden Konkretisierung des unveränderten Vertragsinhalts dient, zielt die Änderungskündigung auf eine Änderung des Vertrags (vgl. Hromadka NZA 2008, 1338, 1339). Soll am bestehenden Vertragsinhalt nichts geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor. Die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungsschutzklage ist in diesem Fall - notwendig - unbegründet (vgl. BAG 10. Dezember 1975 - 4 AZR 41/75 - zu I der Gründe, AP BAT §§ 22, 23 Nr. 90 = EzA BAT §§ 22 - 23 VergGr. VIII, 1 Nr. 1; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 28; vgl. auch ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Es kann dann schlechterdings nicht festgestellt werden, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus einem anderen Grund rechtsunwirksam ist. Bestehende, arbeitsvertraglich bereits vereinbarte Bedingungen, die in Wirklichkeit unverändert bleiben, können nicht iSv. § 1 Abs. 2, § 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt sein. Eine nicht erfolgte Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen kann auch nicht aus einem anderen Grund unwirksam sein. Es bleibt in Wirklichkeit beim bisherigen Vertragsinhalt. Er ist bereits die Rechtsgrundlage für die beabsichtigte faktische Änderung, die sich durch Ausübung des Direktionsrechts erreichen lässt (vgl. ErfK/Oetker aaO).

15

2. Es steht noch nicht fest, ob die mit der Kündigung der Beklagten vom 26. August 2009 erstrebte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in S eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne einer Vertragsänderung erforderte. Die Beklagte hat sich darauf berufen, der Arbeitsvertrag der Parteien gebe ihr das Recht, die Klägerin deutschlandweit einzusetzen. Das Landesarbeitsgericht hat zum Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien bislang keine Feststellungen getroffen. Das wird es nachholen müssen. Dabei wird es Folgendes zu beachten haben:

16

a) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber ua. den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag festgelegt ist. Sollte es sich bei einer solchen Festlegung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung gem. §§ 305 ff. BGB handeln, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob ein bestimmter Tätigkeitsort tatsächlich fixiert ist und welchen Inhalt ggf. ein vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 bis 31, BAGE 135, 239).

17

b) Die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen kann ergeben, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel lediglich den Umfang der geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere dann, wenn alternative Tätigkeitsinhalte oder Tätigkeitsorte schon konkret benannt sind (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, BAGE 135, 239). Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer durch Versetzungsvorbehalt vorgesehenen Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die Beschränkung auf den ausdrücklich genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - aaO; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und die nötige Konkretisierung dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten wird oder ob der Ort der Arbeitsleistung zwar bestimmt, aber zugleich die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Befugnis zur Versetzung an andere Arbeitsorte bestehen soll(BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - aaO; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - aaO).

18

c) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung des Orts der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 16, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 21, BAGE 135, 239; 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98). Dabei ist es unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

19

d) Fehlt es an einer Festlegung des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner der Ort der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag festgelegt ist, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen bestimmten (anderen) Arbeitsort einseitig zuzuweisen (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 17, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; vgl. auch BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines außerdem vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an.

20

e) Enthält der Arbeitsvertrag neben einer Festlegung des Orts der Tätigkeit einen Versetzungsvorbehalt, so ist zu differenzieren (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 23, BAGE 135, 239):

21

aa) Ergibt die Vertragsauslegung, dass der Versetzungsvorbehalt materiell (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht oder zugunsten des Arbeitnehmers davon abweicht, unterliegt diese Klausel keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern allein einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 24, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 24 ff., AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47). Der Arbeitgeber, der sich lediglich die Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts, nicht aber eine Änderung des Vertragsinhalts vorbehält, weicht nicht zulasten des Arbeitnehmers von Rechtsvorschriften ab (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Vertragsklausel muss dabei zwar die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der dargestellten Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Auch die Verpflichtung zur transparenten Vertragsgestaltung gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erfordert aber nicht, dass die Klausel Hinweise auf den Anlass der Ausübung des Weisungsrechts enthält(BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 25, BAGE 135, 239; vgl. auch 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 26).

22

bb) Ergibt die Vertragsauslegung, dass sich der Arbeitgeber mit dem Versetzungsvorbehalt über § 106 GewO hinaus ein Recht zur Vertragsänderung vorbehält, so unterliegt die Regelung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 26, BAGE 135, 239). Führt die Kontrolle zur Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts, so richtet sich der Inhalt des Vertrags gem. § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das angemessene Maß findet nicht statt (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 30, aaO; vgl. auch 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 42, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11; 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Maßgeblich ist in diesem Fall § 106 GewO. Die Vorschrift überlässt dem Arbeitgeber das Weisungsrecht aber nur insoweit, wie der Leistungsinhalt durch den Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Ergibt die Auslegung des Vertrags, dass ein bestimmter Arbeitsort vereinbart wurde, ist der Arbeitgeber an diesen gebunden, wenn ein zusätzlich vereinbarter Versetzungsvorbehalt der Angemessenheitskontrolle nicht standhält.

23

II. Ob die Beklagte die Klägerin durch Ausübung ihres Weisungsrechts möglicherweise bereits (wirksam) versetzt hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und für dessen Entscheidung unerheblich. Eine Klage nach § 4 Satz 2 KSchG ist schon dann unbegründet, wenn der Arbeitgeber rechtlich in der Lage ist, die im „Änderungsangebot“ genannten Beschäftigungsbedingungen einseitig durchzusetzen(zutreffend Oetker Anm. zu BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 844/07 - AP BGB § 626 Nr. 222). Es kommt nicht darauf an, ob er sein Direktionsrecht tatsächlich bereits (wirksam) ausgeübt hat. Es genügt, dass er es wahrnehmen könnte. Soweit der Entscheidung des Senats vom 28. Mai 2009 (- 2 AZR 844/07 - Rn. 18, BAGE 131, 78) eine abweichende Ansicht entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung und einer vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1969 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 8. Dezember 1994 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 03.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen sowie den Dienstvorschriften der Eurowings AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebsvereinbarung.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Unter dem 31. Mai 2011 kündigte die Beklagte „vorsorglich“ das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2011 und bot der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit neuem dienstlichen Einsatzort Düsseldorf an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Auch gegen diese Änderungskündigung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden. Die Änderungskündigung sei sozialwidrig.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung vom 31. Mai 2011 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung sei wirksam, weil die angebotenen Vertragsänderungen aus den Gründen der Versetzung gerechtfertigt seien.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

16

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Die Änderungsschutzklage hat keinen Erfolg (zu V).

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

19

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

20

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

21

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

22

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

23

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

24

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster/Osnabrück „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster/Osnabrück als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

25

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

26

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

27

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

28

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden. Soweit allerdings auf die „jeweilige“ Fassung der Betriebsvereinbarung Bezug genommen wird, dürfte dies nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam sein(vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.; vgl. auch Preis NZA 2010, 361). Hierauf kommt es aber nicht an, da es allein um die bei Vertragsschluss ausgehändigte Fassung geht.

29

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

30

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der für die Parteien kraft Verbandszugehörigkeit gilt und ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

31

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

32

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

33

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

34

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

35

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

36

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

37

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

38

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

39

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

40

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

42

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

43

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

44

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

46

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Insbesondere hatte die Klägerin auch die Möglichkeit, den Misslichkeiten einer längeren Anfahrt zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen.

47

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

48

V. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, BAGE 140, 328; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

49

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase