Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. Jan. 2014 - 2 Sa 180/13




Gericht
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 21.05.2013 - 2 Ca 78/12 – wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.525,00 EUR nebst Zinsen hieraus p. a. in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2012 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin war vom 15.11.2010 bis 29.01.2012 bei der Beklagten als Altenpflegerin beschäftigt. Das monatliche Bruttoentgelt betrug 1.300,00 EUR bei einer monatlichen Arbeitszeit von 130 Stunden.
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Erstinstanzlich haben die Parteien unter anderem um Urlaubsabgeltung, Kosten für die private Nutzung eines Dienstwagens und Überstundenvergütung gestritten. Im Berufungsrechtszug ist nur noch die Überstundenvergütung im Streit.
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Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien zu den Überstunden wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 21.05.2013 – 2 Ca 78/12 – Bezug genommen.
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In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, die Klägerin habe ihre Darlegungslast nicht erfüllt. Sie hätte darlegen müssen, an welchen Tagen sie welche Tätigkeit auf wessen Weisung und wessen Billigung über die vertragliche Arbeitszeit hinaus ausgeübt habe und dieses unter Beweis stellen. Darüber hinaus sei das Vorbringen der Klägerin in einigen Punkten nicht nachvollziehbar.
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Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie reduziert ihren Anspruch im Hinblick auf die Beanstandungen des Arbeitsgerichts auf insgesamt 202,5 Überstunden, von denen 50 bezahlt worden seien, so dass noch 152,5 Stunden auszugleichen seien.
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Sie habe im Einzelnen dargelegt, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten sie über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet habe. Sie habe täglich Touren zu absolvieren gehabt, auf denen sie Hausbesuche ausgeführt habe. Die Arbeitsstunden würden sich aus den Dienstplänen und Tourenplänen, die der Beklagten vorlägen, ergeben. Die erstinstanzlich vernommene Zeugin H. habe bestätigt, dass Überstunden, die aus den Tourenplänen zu erkennen gewesen seien, wöchentlich abgerechnet und in die Dienstpläne übernommen worden seien. Es sei der Beklagten daher jederzeit möglich, exakt zu prüfen, inwieweit die behaupteten Überstunden tatsächlich geleistet worden seien.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 1.525,00 EUR nebst Zinsen hierauf p. a. in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2012 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei. Sie bestreite, dass Überstunden geleistet bzw. von ihr angeordnet seien. Auch werde von ihr bestritten, dass die Klägerin keine Pausen gemacht habe. Es sei zudem nicht vorgetragen worden, wer auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet habe.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Überstundenvergütung.
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Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Klägerin ausreichend dargelegt, dass sie in der Zeit von November 2010 bis November 2011 insgesamt 202,5 zu vergütende Überstunden geleistet hat. Sie hat für die fraglichen Monate eine Aufstellung eingereicht (vgl. Anlage K3 zur Klageschrift), aus der sich die von ihr behauptete tägliche Arbeitszeit für die einzelnen Tage und eine entsprechende Saldierung auf den Monat bezogen ergibt. Mehr kann die Klägerin zur Erfüllung ihrer Darlegungslast hinsichtlich der bloßen Leistung von Überstunden nicht zu tun.
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Diese Überstunden sind auch als unstreitig anzusehen, da das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen unerheblich ist. Die Beklagte muss – schon, um zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung ihrer Leistungen gegenüber den Krankenkassen in der Lage zu sein – über Aufzeichnungen verfügen, aus denen sich ergibt, welche Arbeitszeiten die Klägerin tatsächlich bei ihren Hausbesuchen zugunsten der Patienten aufgeführt hat. Auch verfügt sie unstreitig über Tourenpläne, aus denen sich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ergibt.
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Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte zu dem substantiierten Vortrag der Klägerin unschwer erwidern können und müssen, warum die behaupteten Zeiten unrichtig sind bzw. die Klägerin trotz ihres entgegenstehenden Vorbringens in der Lage gewesen sein muss, die Pausenzeiten einzuhalten. Hierzu konnte sie in der mündlichen Verhandlung auch durch ihren instruierten Vertreter nichts erklären.
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Die Überstunden sind von der Beklagten auch geduldet worden. Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden fürderhin zu unterbinden, er nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt (vgl. BAG vom 10.04.2013, 5 AZR 122/12, unter II 2 d), Rn. 21). Angesichts der vorherigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die Beklagte von den geleisteten Überstunden spätestens zum Ende des jeweiligen Monats Kenntnis gehabt hat. Eine Darlegung, welche Maßnahmen die Beklagte zur Unterbindung der von ihr nicht gewollten Überstunden ergriffen hat, ist nicht ersichtlich. Somit ist von einer Duldung auszugehen.
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Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG besteht kein Anlass.

Rechtsanwalt



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(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
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eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
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