Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juli 2014 - 3 Sa 541/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0707.3SA541.13.0A
bei uns veröffentlicht am07.07.2014

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.10.2013 - 8 Ca 1302/13 - teilweise aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die schriftliche Versetzungsanordnung der Beklagten vom 26.06.2013 unwirksam ist.

Es wird festgestellt, dass der Versorgungsvertrag vom 02.01.1996 nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 26.06.2013 endet, sondern unverändert auch nach dem 31.01.2014 zwischen den Parteien Anwendung findet.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird (hinsichtlich der Anträge 2, 3, 4 der Berufungsbegründung vom 27.01.2014 - Bl. 388, 389 d. A.) zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten insbesondere darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, in S., statt wie bislang in M. für die Beklagte zu arbeiten, ob in diesem Zusammenhang eine ihm gegenüber ergangene Versetzungsanordnung sowie eine Änderungskündigung rechtswirksam erklärt worden sind, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch eine Versetzung des Klägers in den Ruhestand aufgelöst worden ist, ob ein zwischen den Parteien abgeschlossener Versorgungsvertrag unverändert auf den Kläger anzuwenden ist sowie schließlich darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf tarifliche Leistungen, unter anderem eine Mobilitätsprämie, gegenüber der Beklagten zusteht.

2

Der verheiratete, 1956 geborene Kläger wurde 1982 von der Landesbank X eingestellt und war seither ausschließlich in M., zuletzt als Solution Designer, zu einem Bruttomonatsentgelt von 6.296,13 EUR beschäftigt.

3

Aufgrund des Staatsvertrages vom 02.05.2008 zwischen den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg wurde die Landesbank X mit der Beklagten zum 01.07.2008 dergestalt vereinigt, dass diese Gesamtrechtsnachfolgerin wurde. In der Folge zentralisierte die Beklagte ihre IT-Tätigkeiten am Standort S., wobei die Einzelheiten von den Parteien unterschiedlich dargestellt werden. Dem Kläger wurde ab Frühjahr 2012 "keine Beschäftigung" mehr zugewiesen (Klägerschriftsatz vom 26.09.2013, S. 17).

4

Bezüglich derjenigen betroffenen Arbeitnehmer, mit denen - darunter auch der Kläger - eine einvernehmliche Regelung nicht zustande kam, hörte die Beklagte ihren Gesamtpersonalrat mit Schreiben vom 28.12.2012 zur "Umsetzung an den Standort S. und ordentliche Änderungskündigung i. V. m. vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand bei Nichtannahme des Änderungsangebotes" an; Einzelheiten der Anhörung werden von den Parteien unterschiedlich dargestellt.

5

Nachdem die Einigungsstelle mit Beschluss vom 19.06.2013 die durch den Gesamtpersonalrat jeweils verweigerte Zustimmung ersetzt hatte, erhielt der Kläger am 28.06.2013 zwei auf den 26.06.2013 datierte Schreiben mit folgendem Inhalt:

6

"Dienstortwechsel

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Sehr geehrter Herr A.,
leider konnten wir mit Ihnen nach zahlreichen Gesprächen keine einvernehmliche Lösung finden. Deshalb sehen wir uns nun gezwungen, von der Möglichkeit des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts Gebrauch zu machen.

8

Mit Wirkung zum 1. August 2013 sind Sie in der Abteilung 007IT. Gesamtbanksteuerung am Standort S. tätig. Ihre Funktion und Eingruppierung bleiben unverändert.

9

Es gelten für Sie die Regelungen aus dem Tarifvertrag zur Standort- und Beschäftigungssicherung. Bitte geben Sie uns Bescheid, welche Leistungen Sie hieraus in Anspruch nehmen wollen.

10

Der Gesamtpersonalrat wurde in das Verfahren ordnungsgemäß eingebunden.

11

Mit freundlichen Grüßen
Landesbank X
M. A."

12

"Änderungskündigung

13

Sehr geehrter Herr A.,
mit parallelem Schreiben erhalten Sie Ihre Umsetzung an den Standort S.; hieran halten wir fest. Vorsorglich kündigen wir das mit Ihnen und der X bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum Ablauf des 31.01.2014. Sollte die Kündigungsfrist durch dieses Schreiben nicht gewahrt sein, so gilt die Kündigung gem. der arbeitsvertraglichen Vereinbarung i. V. mit dem Versorgungsvertrag als zum nächstmöglichen Termin ausgesprochen.

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Gleichzeitig erklären wir, dass der zwischen Ihnen und der Landesbank bestehende, am 02.01.1996 abgeschlossene Versorgungsvertrag nach dem 31.01.2014 nicht mehr erneuert wird. Dies führt dazu, dass Ihnen aus dem Versorgungsvertrag nach dessen § 2 S. 2 Ziff. 4 ein Anspruch auf Ruhegeld zusteht.

15

Unter Bezugnahme auf die Regelung in § 2 S. 2 Ziff. 5 des Versorgungsvertrages versetzen wir Sie mit Wirkung 01.02.2014, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt, in den Ruhestand.

16

Zugleich bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.02.2014, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt, zu folgenden geänderten Bedingungen fortzusetzen (Angebot).

17

Die geänderten Bedingungen sind wie folgt: Der neue Arbeitsort ist S.

18

Wir bitten Sie, uns bis zum Ablauf von 3 Wochen mitzuteilen, gerechnet ab dem Zugang dieses Schreibens, ob Sie mit den geänderten Bedingungen einverstanden sind. Bei Annahme des Angebotes wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt, der Versorgungsvertrag bleibt unverändert bestehen. Lehnen Sie das Angebot ab, endet der bisherige Arbeitsvertrag und damit das Arbeitsverhältnis gemäß der obigen Kündigungserklärung und es tritt der Versorgungsfall ein.

19

Der Gesamtpersonalrat und der Örtliche Personalrat Rheinland-Pfalz wurden ordnungsgemäß beteiligt; es wurden Einwendungen erhoben.

20

Mit freundlichen Grüßen
Landesbank X
M. A."

21

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage.

22

Der Kläger hat vorgetragen,
die Beklagte sei zu einer Versetzung nicht berechtigt. Eine solche sei aufgrund seiner persönlichen Umstände für ihn zudem unzumutbar. Weiterhin sei nicht nachvollziehbar dargelegt, wie sich eine angebliche unternehmerische Entscheidung mit welchem Inhalt tatsächlich direkt auf die Beschäftigungssituation des Klägers ausgewirkt haben solle. Alle IT-Stellen in der Gruppe des Klägers seien mittlerweile ohne Änderungen in die Fachbereiche in M. verlagert worden; davon seien willkürlich nur er und ein anderer Arbeitnehmer, der ebenfalls einen Versorgungsvertrag habe, ausgenommen. Es gebe in M. durchaus freie Stellen, auf denen er beschäftigt werden könne; außerdem sei eine Beschäftigung mit IT-Aufgaben möglich, die derzeit extern erledigt würden. Eine dauerhafte Tätigkeit in S. würde für ihn eine tägliche Fahrzeit von über 6 Stunden bedeuten, was er sich physisch und psychisch nicht zutraue. Die Versetzung verstoße weiterhin gegen § 5 des tariflichen Rationalisierungsschutzabkommens, in dem vorgegeben sei, dass die Zumutbarkeit eines Arbeitsplatzes sich auch nach dem "Alter und Gesundheitszustand, seinen familiären Verhältnissen sowie der räumlichen Entfernung des neuen Arbeitsplatzes" für den Arbeitnehmer beurteile.

23

Der Kläger hat beantragt,

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festzustellen, dass die schriftliche Versetzungsanordnung der Beklagten vom 26.06.2013 unwirksam ist und der Kläger nicht verpflichtet ist, dieser Anordnung nachzukommen und ab dem 01.08.2013 seine Arbeitsleitung in S. zu erbringen.

25

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger € 9.780,- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.630,- seit dem 01.08.2013 jeweils zum 1. eines Folgemonats zu zahlen.

26

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine tarifliche Mobilitätsprämie in Höhe von € 10.000,- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen.

27

hilfsweise für die Abweisung des Antrages zu Ziffer 3), für den Fall der rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Versetzung auf Grundlage des Schreibens vom 26.06.2013, die Beklagte zur Zahlung einer Mobilitätsprämie zu verurteilen in Höhe von € 10.000,- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen.

28

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche ordentliche Kündigung vom 26.06.2013, zugegangen am 28.06.2013, nicht aufgelöst worden ist.

29

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände nach dem 26.06.2013 endet, sondern zu unveränderten Bedingungen darüber hinaus fortbesteht.

30

festzustellen, dass die Versetzung des Klägers in den Ruhestand zum 01.02.2014 ausweislich des Schreibens vom 26.06.2013 unwirksam ist und dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hierdurch nicht aufgelöst worden ist.

31

festzustellen, dass der Versorgungsvertrag vom 02.01.1996 unverändert auch nach dem 31.01.2014 weiter fortbesteht.

32

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger in M. über den 31.01.2014 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

33

die Beklagte zu verurteilen, den Versorgungsvertrag vom 02.01.1996 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites unverändert auf den Kläger anzuwenden mit der Folge, dass dem Kläger gem. § 2 Ziffer 1 bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit seine vertraglichen Bezüge gezahlt werden.

34

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1) zu unveränderten Arbeitsbedingungen in M. bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

35

für den Fall der rechtskräftigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung oder Versetzung in den Ruhestand auf Grundlage des Schreibens vom 26.06.2013, die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen in Höhe von € 91.293,89 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen.

36

Die Beklagte hat beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Die Beklagte hat vorgetragen, weder die Änderungskündigung noch die Versetzung seien rechtlich zu beanstanden. Aufgrund der Neustrukturierung der Tätigkeit der Beklagten im IT-Bereich sei eine Weiterbeschäftigung des Klägers in M. nicht möglich. Nachvollziehbare Anhaltspunkte, den Kläger nicht in S. beschäftigen zu sollen, bestünden nicht. Es könne ihr insbesondere nicht zugemutet werden, das Arbeitsverhältnis bei voller Entgeltzahlung beschäftigungslos in M. fortbestehen zu lassen. Folglich sei auch die Versetzung des Klägers in den Ruhestand rechtswirksam, ebenso die Nichtverlängerung des Versorgungsvertrages zwischen den Parteien.

39

Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin durch Urteil vom 25.10.2013 die gegen die Versetzungsanordnung vom 26.06.2013 gerichtete Klage abgewiesen, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 26.06.2013 nicht aufgelöst worden ist, weiterhin festgestellt, dass die Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Schreiben vom 26.06.2013 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis dadurch nicht aufgelöst wurde und die Klage im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 355 bis 370 d. A. Bezug genommen.

40

Gegen das ihm am 05.11.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 29.11.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 27.01.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 13.12.2013 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung vom 27.01.2014 einschließlich verlängert worden war.

41

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die streitgegenständliche Versetzung rechtsunwirksam. Auch stünde dem Kläger eine tarifliche Mobilitätsprämie zu, daneben ein Anspruch auf weitere Zahlungen nach dem Tarifvertrag Standort- und Beschäftigungssicherung wegen doppelter Haushaltsführung und zudem sei der Versorgungsvertrag nicht zum 31.01.2014 beendet worden. Deshalb sei die Beklagte verpflichtet, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Versorgungsvertrages dem Kläger die dort begründete unbefristete Entgeltfortzahlung im Falle einer Erkrankung zu gewähren.

42

Die Versetzung verstoße bereits gegen die Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes Baden-Württemberg. Die Versetzungsentscheidung der Beklagten sei zudem willkürlich erfolgt und entspreche nicht billigem Ermessen. Eine Versetzung nach S. gegen den Willen des Klägers sei nicht möglich, da die Parteien sich sowohl bei der Einstellung als auch dann nochmals bei Abschluss des Versorgungsvertrages auf M., zumindest das Bundesland Rheinland-Pfalz, als Dienstort verbindlich geeinigt hätten. Insoweit sei eine definitive Absprache und Festlegung zwischen den Parteien vereinbart worden. Darüber hinaus entspreche die Versetzung des Klägers nach S. gegen seinen Willen nicht billigem Ermessen. Eine Abwägung der wechselseitigen Interessen insoweit sei weder von der Beklagten noch vom Arbeitsgericht vorgenommen worden. Der Kläger habe stets auf seine persönlichen Umstände hingewiesen. Diese seien von der Beklagten bei ihrer Versetzungsentscheidung nicht berücksichtigt worden. Das ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte die überwiegenden persönlichen Umstände des Klägers einschließlich der tatsächlichen täglichen Fahrzeit und der räumlichen Entfernung "mit Nichtwissen" bestreite. Dem 57-jährigen Kläger, der seit über 31 Jahren bei der Beklagten beschäftigt sei, könne eine tägliche Fahrzeit von über 6 Stunden nicht zugemutet werden. Nach den einschlägigen tariflichen Regelungen sei ausdrücklich festgelegt, dass auch die räumliche Entfernung zu berücksichtigen sei. In der Dienstvereinbarung aus 2008 habe die Beklagte selbst noch maximal eine tägliche Wegstrecke von 2 Stunden für zumutbar erachtet. Wenn die Beklagte des Weiteren bis heute drei unterschiedliche Arbeitsplätze in S. benenne und keinen dieser Arbeitsplätze näher nach Inhalt und Aufgaben beschreibe, könne weder ein Gericht noch der Kläger eine sachgerechte Abwägung der beiderseitigen Interessen vornehmen. Hinzu komme, dass nicht erkennbar sei, welche tatsächlichen Notwendigkeiten unabdingbar eine Beschäftigung des Klägers in S. notwendig machten. Die lapidare Behauptung einer angeblichen Vorstandsentscheidung von vor über drei Jahren reiche nicht aus. Der Kläger könne die angeblichen Tätigkeiten, die die Beklagte für ihn in S. bereithalte, ohne Qualitätseinbußen und sogar mit Kostenersparnis für die Beklagte auch von M. aus erledigen. Dort stünden Büroräume in ausreichender Zahl zur Verfügung und leer. Zudem liege es auf der Hand, dass IT-Tätigkeiten nicht örtlich gebunden seien. Insbesondere sei das Verhalten der Beklagten aber deshalb nicht verständlich, weil die Beklagte den Kläger auf der einen Seite im März 2013 noch auf eine offene Stelle in M. hingewiesen habe, ihm aber nicht diese Stelle zuweise, sondern ihm lediglich anbiete, er könne sich an dem Bewerbungsverfahren beteiligen. Zwar finde eine Sozialauswahl bei einer Versetzung nicht statt. Die Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers anlässlich der Ausübung des Direktionsrechts könne aber eine personelle Auswahlentscheidung des Arbeitgebers fordern, wenn mehrere Arbeitnehmer betroffen seien. Die Leistungsbestimmung sei dann gegenüber demjenigen Arbeitnehmer zu treffen, dessen Interessen am wenigsten schutzwürdig seien. Demzufolge sei vorliegend eine Auswahlentscheidung mindestens zwischen allen IT-Mitarbeitern aus der ehemaligen Gruppe des Klägers vorzunehmen gewesen, die die gleichen Fachkenntnisse aufwiesen. Dies führe zu dem Ergebnis, dass der Kläger von allen Arbeitskollegen am schutzwürdigsten sei, da er unter anderem am ältesten sei und die mit Abstand längste Betriebszugehörigkeit aufweise. Alle anderen Kollegen des Klägers (unter anderem B., K., B., S., Sch., Bo.), seien weiterhin mit IT-Tätigkeiten in M. trotz der angeblichen Vorstandsentscheidung verblieben und werden entsprechend beschäftigt. Insoweit sei es im Hinblick auf diese unstreitigen Umstände nicht Aufgabe oder Obliegenheit des Klägers, in diesem Zusammenhang auch zusätzlich mitzuteilen, wie und wo andere Mitarbeiter der Beklagten einzusetzen seien. Eine tatsächliche unternehmerische sachliche Entscheidung, die die Versetzung bedinge, sei folglich nicht gegeben. Auch eine entsprechende Umsetzung habe konkret gar nicht stattgefunden.

43

Vor der streitgegenständlichen Versetzung sei der Kläger in der OE "007 IT-XY" tätig gewesen, die nun "008 IT-Z" genannt werde und in M. weiterhin bestehe. Dort seien sechs ehemalige Kollegen des Klägers tätig. Im Tarifvertrag zur Standort und Beschäftigungssicherung sei festgehalten, dass ein Tätigkeitsschwerpunkt des Standorts M. das "Zentrum für Depotbankfunktionen" sei und bleibe, so dass klar sei, dass der Arbeitsplatz und die Tätigkeit des Klägers gerade nicht von einer Entscheidung betroffen sein könne, der eine Zentralisierung nach S. vorsehe und diese rechtfertige, weil ja gerade festgelegt sei, dass der Arbeitsplatz des Klägers in M. verbleibe.

44

Im Übrigen habe der Kläger der Personalabteilung in Gestalt von Frau A. noch am 19.03.2013 auf Nachfrage im Hinblick auf eine freie Stelle in M., die ihm avisiert worden sei, schriftlich mitgeteilt, dass er, "wenn mich die Bank auf diese Stelle setzt..., ich die Arbeit natürlich nach bestem Wissen erledige...(werde)". Zugleich habe er mitgeteilt, dass er sich allerdings nicht einem offenen Bewerbungsverfahren unterziehen werde. Der Kläger sei insoweit nämlich der berechtigten Auffassung, dass die Beklagte nach 31 Jahren Beschäftigung genau wisse, welche Kenntnisse und Fähigkeiten er aufweise. Es sei Aufgabe des Arbeitgebers, den Mitarbeitern einen Arbeitsplatz einzurichten und zur Verfügung zu stellen und sie nicht in ein offenes langes Bewerbungsverfahren zu schicken, zumal es bei der Beklagten in M. übliche Handhabung sei und gewesen sei, dass die offenen Stellen in der Regel bereits mit der Ausschreibung vergeben gewesen seien.

45

Des Weiteren verstoße die Versetzung und die Nichtverlängerung des Versorgungsvertrages gegen §§ 612 a, 134 BGB.

46

Die Zahlungsansprüche aus §§ 25, 28 des Tarifvertrages Standort- und Beschäftigungssicherung stünden dem Kläger unbedingt zu. Er erfülle die betreffenden Tatbestandsvoraussetzungen nach den tariflichen Regelungen. Auch die Mobilitätsprämie könne er bereits mit Ausspruch der Versetzung beanspruchen, unabhängig davon, wie dieser Rechtsstreit ende. Der Kläger sei seit dem 01.08.2013 verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Wenn er nicht zwischenzeitlich erkrankt gewesen sei, sei er "bereit", dieser Verpflichtung nachzukommen.

47

Auch die Kündigung, die Nichtverlängerung des Versorgungsvertrages und die Versetzung in den Ruhestand seien rechtswidrig.

48

Während des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Versetzung nach S. habe die Beklagte den Kläger im März 2013 auf eine freie Stelle in M. aufmerksam gemacht und ihn angewiesen, sich dort zu bewerben und mit seinem zukünftigen Vorgesetzten ein Gespräch zu führen. Obwohl der Kläger ausdrücklich mitgeteilt habe, dass er bereit sei, diese Stelle zu übernehmen, sei ihm dieser Arbeitsplatz, ohne dass ihm Gründe genannt worden seien, nicht übertragen worden; kurze Zeit später habe er die streitgegenständliche Versetzungsanordnung nach S. erhalten. Vor diesem Hintergrund könne die Versetzung nach S. nicht wirksam und verhältnismäßig sein. Soweit die Beklagte insoweit behaupte, dass die Stelle für den Kläger nicht geeignet gewesen sei, sei dies nicht nachvollziehbar, weil sie einräume, dass die Stelle dem Kläger tatsächlich angeboten worden sei. Der Kläger sei von Frau A. im Februar/März 2013 angesprochen und darauf aufmerksam gemacht worden, dass man eine freie Stelle für ihn habe. Er sei aufgefordert worden, mit dem Abteilungsleiter zu reden und sich um diese Stelle zu bemühen. Am 06.03.2013 habe Frau A. den Kläger angeschrieben und ihn gebeten, "nochmals ausdrücklich, das Vorstellungsgespräch in der Abteilung 000 bei Herrn B. am Mittwoch, 13.03.2013, um 13.45 Uhr, wahrzunehmen." Der Kläger habe dann am 13.03.2013, wie von der Beklagten gefordert, das Gespräch mit Herrn B. und Frau L. geführt und am 19.03.2013 Frau A. über dieses Gespräch unterrichtet und per E-Mail Folgendes mitgeteilt:

49

"Guten Tag Frau A.,
ich habe mir nach dem Gespräch mit Frau L. und Herrn B. die Unterlagen angesehen und mich im Bluenet mal über die angebotenen Tätigkeiten informiert. Wenn ich das, was ich dort gelesen habe einmal Revue passieren lasse, komme ich zu der Überzeugung, dass ich nicht der Richtige für die Stelle bin. Ich bin doch wesentlich mehr IT-ler, also technisch orientiert, als das ich Banker bin. Allerdings verweigern werde ich mich auch nicht. Wenn ich die Bank auf diese Stelle setzt, werde ich die Arbeit natürlich nach bestem Wissen erledigen. Allerdings werde ich mich nicht gezielt auf diese Stellen bewerben.
Viele Grüße aus M.
A."

50

Noch am gleichen Tag habe Frau A. dem Kläger per E-Mail mitgeteilt, dass sie sich nach Rücksprache mit dem Fachbereich (Herr B.) wieder bei dem Kläger melden werde. Eine Rückmeldung sei nicht mehr erfolgt. Gründe dafür habe die Beklagte bislang nicht vorgetragen.

51

Vor diesem Hintergrund sei festzustellen, dass durchaus eine freie Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger in M. bestanden habe. Diese sei auch initiativ von der Beklagten dem Kläger angeboten worden.

52

Unbeschadet dessen sei im Rahmen der Berücksichtigung sozialer Überlegungen bei den noch in M. verbliebenen Mitarbeitern davon auszugehen, dass der Kläger der sozial am meisten Schutzwürdige sei. Auch aus diesem Grund sei die Versetzung rechtsunwirksam.

53

Zur weiteren Darstellung des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 27.01.2014 (Bl. 388 bis Bl. 405 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 406 bis 435 d. A.) sowie seine Schriftsätze vom 12.05.2014 (Bl. 499 bis Bl. 507 d. A.) sowie vom 02.07.2014 (Bl. 521, 522 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 523 bis 534 d. A.) Bezug genommen.

54

Der Kläger beantragt,

55

es wird festgestellt, dass die schriftliche Versetzungsanordnung der Beklagten vom 26.06.2013 unwirksam ist und der Kläger nicht verpflichtet ist, dieser Anordnung nachzukommen und ab dem 01.08.2013 seine Arbeitsleistung in S. zu erbringen.

56

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine tarifliche Mobilitätsprämie i. H. v. 10.000,00 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen.

57

Hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge zu Ziffer 1) und 2) wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Mobilitätsprämie i. H. v. 10.000,00 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen.

58

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 9.780,00 EUR brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 1.630,00 EUR seit dem 01.08.2013 jeweils zum ersten eines Folgemonats zu zahlen.

59

Es wird festgestellt, dass der Versorgungsvertrag vom 02.01.1996 nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 26.06.2013 endet, sondern unverändert auch nach dem 31.01.2014 zwischen den Parteien Anwendung findet und fortbesteht mit der Folge, dass dem Kläger gemäß § 2 Ziffer 1 bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit ohne gesetzliche Befristung der Entgeltfortzahlung seine vertraglichen Bezüge gezahlt werden.

60

Die Beklagte beantragt,

61

die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

62

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, hinsichtlich der Feststellung des Fortbestehens des Versorgungsvertrages bestehe kein Feststellungsinteresse. Die Versetzung des Klägers scheitere auch nicht an der Personalratsanhörung, diese sei vielmehr wirksam. Auch im Übrigen sei die Versetzung wirksam. Eine vertragliche Vereinbarung, durch die der Dienstort M. festgelegt sei, bestehe nicht. Die unternehmerische Entscheidung aus dem Jahr 2010 sei umgesetzt worden, so dass der Beschäftigungsbedarf für den Kläger in M. entfallen sei.

63

Die geltend gemachten Pauschalzahlungen auf tarifvertraglicher Grundlage seien nur zu leisten, wenn es tatsächlich auch zu einer versetzungsbedingten Trennung von der häuslichen Umgebung komme und eine doppelte Haushaltsführung tatsächlich stattfinde. Daran fehle es vorliegend. Der Kläger sei nach zwei Tagen Arbeit in S. bis heute dauerhaft erkrankt und daher gar nicht an einem neuen Arbeitsplatz tätig. Auch die Mobilitätsprämie werde lediglich für die Bereitschaft gezahlt, einen Arbeitsplatz an einem anderen Ort zu übernehmen. Auch daran fehle es.

64

Im Rahmen der Überprüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung des Klägers billiges Ermessen gewahrt habe, könnten nur die freien Stellen maßgeblich seien, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Versetzung unbesetzt gewesen seien. Andernfalls würde dies eine Sozialauswahl bedeuten, die im Rahmen einer Versetzung gerade nicht durchzuführen sei. Am Standort M. der Beklagten seien zum Zeitpunkt der Versetzung 8 Stellen ausgeschrieben gewesen und unbesetzt, die entweder höherwertiger als die des Klägers oder aber unterwertiger oder geringerwertiger eingruppiert gewesen seien, weil der Kläger außertariflicher Angestellter sei. Hinzu komme, dass der Kläger für keine der Stellen die erforderliche Qualifikation aufgewiesen habe.

65

Bei der Stelle schließlich, die dem Kläger von der Beklagten angetragen worden sei, handele es sich nicht um eine Stelle, die ihm im Rahmen des Direktionsrechts hätte zugewiesen werden können. Denn die Stelle sei erstens minderwertiger, denn es habe sich um eine Sachbearbeiterstelle mit einer Eingruppierung maximal in TG 6 gehandelt, während der Kläger außertariflicher Mitarbeiter sei. Die Beklagte sei aber nicht verpflichtet gewesen, eine Sachbearbeiterstelle dieser Art einem hoch bezahlten außertariflichen Mitarbeiter zuzuweisen. Hinzu komme, dass der Kläger die Qualifikation für diese Stelle nicht besessen habe. Das Anforderungsprofil für die Stelle sei die Ausbildung eines Bankkaufmannes/frau bzw. eine vergleichbare Qualifikation und Berufungserfahrung gewesen, wünschenswert sei weiter eine Erfahrung mit der Kreditbearbeitung und Grundkenntnisse über Kreditsicherheiten. Eine Einarbeitung des Klägers auf dieser Stelle habe mangels bankspezifischer Ausbildung und Erfahrung ca. ein Jahr gedauert und sei ihm nicht zumutbar gewesen. Allerdings habe die Beklagte sich dennoch unter Zurückstellung erheblicher Bedenken entschlossen, mit dem Kläger zumindest einmal über diese Stelle zu sprechen, um festzustellen, ob diese Stelle für ihn vergleichsweise zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten in Betracht komme. Der Kläger habe allerdings zunächst nicht einmal den Gesprächstermin wahrnehmen wollen, habe es dann aber doch getan und mit Mail vom 19.03.2013 zutreffend mitgeteilt, dass er als IT-ler nicht der Richtige für diese Stelle sei. Dies habe die Beklagte dann auch so gesehen. Nach der Versetzung des Klägers seien in M. keine adäquaten Stellen frei geworden.

66

Die fragliche Stelle, über die mit dem Kläger gesprochen worden sei, habe die Beklagte schließlich wegen der eindeutig ablehnenden Haltung des Klägers einem anderen "Rest-IT-ler" zugewiesen, nämlich Herrn P., der im Gegensatz zu dem Kläger gerne bereit gewesen sei, die Stelle zu übernehmen. Zwar sei Herr P. erst seit dem 01.04.1994 bei der Landesbank X beschäftigt, aber die Betriebszugehörigkeit spiele nach Auffassung der Beklagten für die Frage der Zumutbarkeit wegen der Versetzung nur eine untergeordnete Rolle. Herr P. sei in einem vergleichbaren Alter wie der Kläger, sei ebenfalls verheiratet und habe im Gegensatz zum Kläger sogar drei Kinder. Sachlicher Grund für die Besetzung der Stelle mit Herrn P.t sei auch gewesen, dass er nicht IT-Mitarbeiter wie der Kläger, sondern durch Eingruppierung in TG 9 hinsichtlich der Vergütung nicht ganz so weit wie der TG 6-Stelle entfernt gewesen sei, wie die Stelle des Klägers. Deshalb sei der Beklagten eine Beschäftigung des Herrn P. auf der TG 6-Stelle im Vergleichswege eher zumutbar gewesen. Herr P. sei seit dem 01.07.2013 auf der fraglichen Stelle tätig und befinde sich immer noch in der Einarbeitungsphase. Ob er die Stelle einmal eigenständig ausführen könne, sei unklar.

67

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 28.02.2014 (Bl. 448 bis 456 d. A.) sowie ihre Schriftsätze vom 04.04.2014 (Bl. 478 bis 492 d. A.) nebst Anlage (Bl. 493 d. A.) sowie vom 18.06.2014 (Bl. 516 bis 520 d. A.) Bezug genommen.

68

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

69

Schließlich wird Bezug genommen auf die Sitzungsprotokolle vom 17.03.2014 und vom 07.07.2014.

Entscheidungsgründe

I.

70

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

71

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch nur teilweise Erfolg. Zwar kann der Kläger die Feststellung verlangen, dass die schriftliche Versetzungsanordnung der Beklagten vom 26.06.2013 unwirksam ist und weiterhin die Feststellung, dass der Versorgungsvertrag vom 02.01.1996 nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 26.06.2013 endet, sondern unverändert auch nach dem 31.01.2014 zwischen den Parteien Anwendung findet. Die weitergehende Berufung des Klägers ist dagegen hinsichtlich der Anträge 2, 3, 4 zurückzuweisen.

72

Die mit Schreiben vom 02.06.2013 ausgesprochene Versetzungsanordnung ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten rechtsunwirksam, weil sie individualrechtlich vom Weisungsrecht der Beklagten nach § 106 Abs. 1 GewO nicht gedeckt ist.

73

Deshalb kann insoweit dahinstehen, ob die Beklagte den Personalrat gemäß § 75 Abs. 1 LPersVG Baden-Württemberg ordnungsgemäß beteiligt hat.

74

Der Versetzung des Klägers von M. nach S. steht zwar vorliegend entgegen der Auffassung des Klägers nicht der zwischen den Parteien formularmäßig 1982 geschlossene Arbeitsvertrag entgegen. Durch diesen Arbeitsvertrag war die Beklagte folglich nicht grundsätzlich an der Ausübung ihres Direktionsrechts gemäß § 106 GewO im Sinne eines Ortwechsels gehindert.

75

Mit dem Direktionsrecht (§ 106 GewO; vgl. BAG 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143; 15.09.2009 EzA § 106 GewO Nr. 4; LAG Köln 15.06.2009 LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 7) kann der Arbeitgeber primär die jeweils konkret zu leistende Arbeit (instr. Bayreuther Beil. 1/06 zu NZA Heft 10/06 S. 1 ff.) und die Art und Weise ihrer Erbringung (z.B. durch Schichtarbeit; s. LAG Köln 30.07.2009 NZA-RR 2010, 514; 29.07.2010 - 7 Sa 2140/10, AuR 2011, 365 LG: Herausnahme aus Schichtarbeit) festlegen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist nach § 106 S. 1, 2 GewO beschränkt auf Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie auf die Ordnung und Verhalten im Betrieb. Die Regelung in § 106 S. 1 GewO trägt der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können. Das Direktionsrecht als Wesensmerkmal eines jeden Arbeitsverhältnisses (BAG 23.09.2004 EzA § 106 GewO Nr. 1) ermöglicht es dem Arbeitgeber, diese rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen nach zeitlicher Verteilung, Art und Ort unter Beachtung billigen Ermessens festzulegen (vgl. BAG 15.09.2009 EzA § 106 GewO Nr. 4; 17.05.2011 - 9 AZR 201/10, ZTR 2012, 184; s.a. LAG SchlH 13.06.2012 - 5 Sa 367/12, NZA-RR 2013, 456; Arbeitsbereich). Folglich darf der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung aufgrund seines Direktionsrechts auf § 106 S. 1 GewO unabhängig vom jeweiligen Berufsbild nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist (BAG 18.10.2012 - 6 AZR 86/11, EzA-SD 24/2012, S. 17 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Aufl. 2015, Kap. 1 Rz. 564 ff.). In den Bereich der privaten Lebensführung darf durch das Weisungsrecht (§ 106 GewO) allerdings grundsätzlich nicht eingegriffen werden (BAG EzA § 307 BGB 2002 Nr. 90, s. Rdn. 763: Steuererklärung).

76

Nach § 106 S. 1 GewO darf der Arbeitgeber also insbesondere auch den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung ist zunächst durch Auslegung zu ermitteln, welchen Inhalt die vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls haben (BAG 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 - NZA 2013, 1134). Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsort vertraglich festgelegt ist und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat oder ob Normen eines anwendbaren Tarifvertrags Regelungen dazu treffen (vgl. BAG 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38, NZA 2013, 1143; 26.09.2012 - 10 AZR 412/11; 19.01.2011 - 10 AZR 738/09; 25.08.2010 - 10 AZR 275/09, BAGE 135, 239). Ist der Arbeitsort nicht festgelegt, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO ggf. i. V. m. anwendbaren tariflichen Regelungen. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gem. § 106 S. 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB (BAG 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143; 26.09.2012 - 10 AZR 412/11).

77

Zu beachten ist aber, dass die Parteien grds. die Reichweite des Direktionsrechts auch im Arbeitsvertrag vereinbaren können (LAG RhPf 27.05.2011 LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 11; s.a. BAG 18.10.2012 - 6 AZR 86/11, EzA-SD 24/2012 S. 17 LS). Auch schließt eine im Arbeitsvertrag bindend festgelegte Beschäftigung in einem bestimmten Bereich es nicht aus, dass die Parteien einvernehmlich ausdrücklich oder konkludent z. B. die Zuordnung zu einem Arbeitsbereich abändern (LAG SchlH 13.06.2012 - 5 Sa 367/12, NZA-RR 2013, 456).

78

Dem schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1982 lässt sich insoweit keinerlei vertragliche Regelung eines Arbeitsortes entnehmen. Ein Arbeitsort ist insbesondere nicht ausdrücklich festgeschrieben, weder als Beschreibung des aktuellen Istzustandes zum damaligen Zeitpunkt noch sonst. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Parteien vorliegend wohl davon ausgegangen sind, dass ein Einsatz des Klägers im Hinblick auf die Arbeitgeberstellung auf das Land Rheinland-Pfalz beschränkt sein würde, eine vertragliche Regelung dieses Inhalts besteht freilich nicht. Vor diesem Hintergrund lässt sich dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag nicht entnehmen, dass ein Arbeitseinsatz des Klägers außerhalb von M. ebenso wie außerhalb des Bundeslandes Rheinland-Pfalz ausgeschlossen sein sollte.

79

Durch den langjährigen Arbeitseinsatz in M. ist auch keine Konkretisierung des Inhalts eingetreten, dass eine entsprechende Einschränkung des Direktionsrechts dahin besteht, dass für die Zukunft nur noch eine Beschäftigung in M., nicht aber an einem anderen Ort, zulässig sein sollte.

80

Die Beschäftigung auf einer bestimmten Arbeitsstelle kann zwar grds. eine Konkretisierung der geschuldeten Arbeitsleistung darstellen, die dann das Direktionsrecht des Arbeitgebers nachträglich und stillschweigend auf eben diese Tätigkeit einschränkt (BAG 17.05.2011 - 9 AZR 201/10, ZTR 2012, 184; vgl. KR-Rost § 2 KSchG Rn. 40 ff., vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Aufl. 2015, Kap. 1 Rz. 606 ff.). Wird z. B. der als Teilzeitkraft eingestellte Arbeitnehmer über mehrere Jahre hinweg wegen verstärkten Anfalls im Umfang einer Vollzeitkraft eingesetzt, so kann dies i. S. einer stillschweigenden Änderung des Arbeitsvertrags gewürdigt werden mit der Folge z. B. auch, dass der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, wenn er den Arbeitnehmer später nur noch im Rahmen der ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit einsetzt (LAG Hamm 04.05.2006 NZA-RR 2006, 456). Wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen sind daran aber strenge Anforderungen zu stellen (LAG Hamm 08.03.2005 NZA-RR 2005, 462).

81

Bloßer Zeitablauf genügt für eine solche Konkretisierung insbesondere nicht, die bloße Nichtausübung des Direktionsrechts über einen langen Zeitraum schafft regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Arbeitgeber vor seinem Recht in Zukunft keinen Gebrauch machen will. Für eine solche Beschränkung des Weisungsrechts bedarf es besonderer, über die bloße Nichtausübung hinausgehender Anhaltspunkte (BAG 13.06.2012 EzA § 106 GewO Nr. 11 = NZA 2012, 1154). Zu der langjährigen Ausübung einer bestimmten Tätigkeit müssen also noch andere Umstände hinzutreten, weil die Einschränkung des Direktionsrechts eine Vertragsänderung darstellt und deshalb auch entsprechende rechtsgeschäftliche Willenselemente, die auf eben diese Änderung gerichtet sein sollen, erkennbar sein müssen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer nach dem übereinstimmenden Parteiwillen künftig nur noch eine ganz bestimmte Tätigkeit schulden soll (LAG RhPf 05.07.1996 NZA 1997, 1113; LAG Hamm 03.07.2008 NZA-RR 2008, 464; Hunold NZA-RR 2001, 337 ff.). Es muss sich um Umstände handeln, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG 17.05.2011 - 9 AZR 201/10, ZTR2012, 184; 13.06.2012 EzA § 106 GewO Nr. 11 = NZA 2012, 1154); dies gilt auch für die langjährige Tätigkeit an einem bestimmten Arbeitsort (BAG 13.03.2007 - 9 AZR 433/06, NZA-RR 2008, 504 LS). Allein daraus, dass eine betriebliche Regelung hinsichtlich der Zeit der Arbeitsleistung über einen längeren Zeitraum hinweg beibehalten wird, kann ein Arbeitnehmer folglich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf den Willen des Arbeitgebers schließen, diese Regelung auch künftig unverändert beizubehalten. Dafür müssen vielmehr besondere Umstände gegeben sein (BAG 29.09.2004 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 5; 03.06.2004 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 55; 13.06.2012 EzA § 106 GewO Nr. 11 - NZA 2012, 1154; LAG Bra. 02.06.2006 NZA-RR 2007, 448 LS; s. LAG Düsseld. 31.03.2011 - 11 Sa 47/11, ZTR 2011, 631 LS).

82

Allein auf Grund der langjährigen Beschäftigung des Arbeitnehmers an einem bestimmten Arbeitsort tritt also noch keine Konkretisierung der Arbeitsverpflichtung auf diesen Ort ein. Dazu bedarf es vielmehr besonderer Umstände, die dem Arbeitnehmer Anlass geben, auf die weitere ortsgebundene Beschäftigung zu vertrauen. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während einer längeren Beschäftigungsdauer nicht auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Versetzungsmöglichkeit hingewiesen, so begründet das noch keinen Vertrauenstatbestand (BAG 13.03.2007 - 9 AZR 433/06, NZA-RR 2008, 504 LS).

83

In Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass eine entsprechende Konkretisierung der Verpflichtung des Klägers zur Arbeitsleistung auf dem Arbeitsort M. nicht eingetreten ist. Besondere Umstände, die diesen Schluss zulassen könnten, lassen sich dem Vorbringen der Parteien in beiden Rechtszügen nicht entnehmen.

84

Die Ausübung des Direktionsrechts ist vorliegend aber nach Maßgabe der § 315 ff. BGB im hier zu entscheidenden konkreten Einzelfall rechtsunwirksam.

85

Das Direktionsrecht findet seine Grenzen in den Vorschriften der Verfassung, der Gesetze, des Kollektiv- und des Einzelarbeitsvertragsrechts (BAG 14.08.2007 - 9 AZR 58/07, NZA-RR 2008, 129; 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 - NZA 2013, 1143) instr. Hromadka NZA 2012, 233 ff., vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Aufl. 2015, Kap. 1 Rz. 594 ff.). Während mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung angestrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf genommen wird, bewegt sich der Arbeitgeber bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Die Rspr. des BAG (10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 16.07.2005 EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 - NZA 2012, 1223; s.a. Kap. 4 Rn. 2574) zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind, kann deshalb auf solche Fälle nicht übertragen werden. Je einschneidender die Auswirkungen der auf dem Direktionsrecht beruhenden Maßnahme für den Arbeitnehmer sind, desto sorgfältiger muss die Abwägung der wechselseitigen Interessen erfolgen. Eine Versetzung, die für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, ist nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. So kann z. B. eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein (BAG 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, EzA-SD 26/2012 S. 4).

86

Das Direktionsrecht darf insgesamt nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden (§ 106 GewO, § 315 BGB; BAG 23.06.2007 EzA § 106 GewO Nr. 2; 17.08.2011 EzA § 106 GewO Nr. 8; 17.08.2011 - 10 AZR 202/10, EzA-SD 26/2011 S. 10 LS - ZTR 2012, 229; 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143; 28.08.2013 EzA § 106 GewO Nr. 15 = NZA-RR 2014, 181; LAG Hessen 24.10.2011 LAGE § 106 GewO Nr. 12). Eine Leistungsbestimmung entspricht dann billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (BAG 17.01.2006 - 9 AZR 226/05, EzA-SD 16/2006 S. 24 LS; 23.06.2009 EzA § 106 GewO Nr. 3; 15.09.2009 EzA § 106 GewO Nr. 4; 17.08.2011 EzA § 106 GewO Nr. 8; 17.08.2011 - 10 AZR 202/10, EzA-SD 26/2011 S. 10 LS; 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 - NZA 2013, 1143). Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit (BAG ^13.06.2012 EzA § 106 GewO Nr. 11 = NZA 2012, 1154; 26.09.2012 - 10 AZR 311/11, EzA-SD 26/2012 S. 4 = NZA-RR 2013, 403; 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143).

87

Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt als zusammengefasst eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (BAG 10.07.2013, EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143). Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien die beiderseitigen Bedürfnisse außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38, NZA 2013, 1143; 26.09.2012 - 10 AZR 311/11; 17.08.2011 - 10 AZR 202/10). Welche Umstände dies im Einzelnen sind, hängt auch von der Art der Leistungsbestimmung ab, die der Berechtigte zu treffen hat (BAG 17.08.2010 - 9 AZR 414/09). So können bei der Zuweisung der Tätigkeit an einem anderen Ort andere Faktoren relevant sein als bei der Bestimmung der Höhe einer variablen Vergütung. Von maßgeblicher Bedeutung kann auch sein, was Ursache und Auslöser für die Notwendigkeit der Leistungsbestimmung ist. Die hieraus resultierenden Umstände sind in die Abwägung einzubeziehen. Ob die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben (BAG 17.08.2011 - 10 AZR 202/10; 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 NZA 2013, 1143; vgl. auch 1708.2011 - 10 AZR 322/10). Die Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Arbeitnehmers anlässlich der Ausübung des Direktionsrechts kann eine personelle Auswahlentscheidung des Arbeitgebers erfordern, wenn mehrere Arbeitnehmer betroffen sind. Die Leistungsbestimmung ist dann gegenüber demjenigen Arbeitnehmer zu treffen, dessen Interessen weniger schutzwürdig sind (vgl. BAG 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143; 23.09.2004, 6 AZR 567/03, BAGE 112, 80). Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet aber nicht statt (BAG 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143; 26.09.2012 - 10 AZR 311/11; 26.09.2012 - 10 AZR 311/11; 17.08.2011 - 10 AZR 202/10).

88

Bei der Abwägung kommt einer nicht missbräuchlichen und willkürfreien unternehmerischen Entscheidung erhebliches Gewicht zu (BAG 13.06.2012 EzA § 106 GewO Nr. 11 = NZA 2012, 1154; 26.09.2012 - 10 AZR 311/11, EzA-SD 26/2012 S. 4 = NZA-RR 2013, 403; 28.08.2013 EzA § 106 GewO Nr. 15 = NZA-RR 2014, 181). Kann der Arbeitgeber z. B. den Arbeitnehmer in seinem Unternehmen unbefristet an einem anderen Ort zu im Übrigen unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigen, so muss er ihm aller Regel weder im Rahmen einer Versetzung noch im Rahmen einer Änderungskündigung die befristete Weiterbeschäftigung am selben Ort bei einem anderen Unternehmen des Konzerns anbieten (BAG 13.06.2012 EzA § 106 GewO Nr. 11 = NZA 2012, 1154). Insoweit kann es auch auf branchen- oder berufsspezifische Besonderheiten ankommen (BAG 28.08.2013 EzA § 106 GewO Nr. 15 = NZA-RR 2014, 181).

89

Den Regelungen in § 121 Abs. 4 S. 1 und S. 2 SGB III können dabei belastbare Grenzen für die Zumutbarkeit einer Versetzung nicht entnommen werden. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien Rechnungen trägt. Das Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten z. B. ist dabei ein wesentliches Kriterium, welches in die Abwägung einzubeziehen ist. Demgegenüber betrifft § 121 SGB III das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Die Versagung des Arbeitslosengeldes bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 17.08.2011 EzA § 106 GewO Nr. 8; 17.08.2011 - 10 AZR 202/10, ZTR 2012, 229).

90

Es ist also zu prüfen, ob die Maßnahme, z. B. eine Versetzung, aus den vom Arbeitgeber genannten Gründen an sich und auch die konkrete Maßnahme aus diesen Gründen der Billigkeit entspricht (LAG München 18.09.2002 LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 45). Das schließt die Achtung grundrechtlich geschützter Interessen, z. B. des Rechts des Arbeitnehmers zur Ablehnung von Vertragsverhandlungen, ein (BAG 23.06.2009 EzA § 106 GewO Nr. 3; s. Müller FA 2010, 100 ff.). Auch muss der Arbeitgeber z. B. bei der Ausgestaltung von Schichtplänen den Wunsch eines Arbeitnehmers, an Sitzungen einer Gewerkschaft teilnehmen zu können, angemessen berücksichtigen (Art. 9 GG; BAG 13.08.2010 EzA Art. 9 GG Nr. 100).

91

Auch bei der Billigkeitsprüfung einer Versetzung auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz müssen das persönliche Ansehen und die Möglichkeiten der Persönlichkeitsentfaltung des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, die mit dem alten und dem neuen Arbeitsplatz verbunden sind (LAG München 18.09.2002 LAGE § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 45). Der Arbeitnehmer kann insoweit zudem verlangen, dass der Arbeitgeber einen wesentlichen Umstand, der für die Ermessensentscheidung von Bedeutung ist, nicht fortgesetzt außer Acht lässt oder grds. falsch beurteilt (BAG 11.02.1998 EzA § 315 BGB Nr. 48; LAG Köln 26.05.1997 NZA-RR 1997, 466; Nachtwache). Zu den insoweit zu berücksichtigenden wesentlichen Umständen gehören insbes. die familiären Bindungen und Verpflichtungen des Arbeitnehmers (ArbG Hmb. 19.08.2003 AuR 2004, 434 LS; ArbG Hannover 24.05.2007 AuR 2007, 280). Dabei ist entscheidend auf die Zumutbarkeit und nicht auf die Betriebszugehörigkeit abzustellen (LAG Hamm 28.07.2003 LAG-Report 2004, 173). Zusammengefasst sind die Grenzen billigen Ermessens dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber z. B. bei der Bestimmung der Zeit der Arbeitsleistung nicht nur eigene, sondern auch berechtigte Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt hat. Für die Feststellung, ob die Grenzen billigen Ermessens gewahrt oder überschritten sind, kommt es damit nicht unmittelbar auf eine Abwägung der Interessenlage verschiedener Arbeitnehmer an. Die Ausübung des Direktionsrechts berührt auch nicht wie bei einer betriebsbedingten Kündigung oder Änderungskündigung den Bestand oder den Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Auch dann, wenn berechtigte Belange eines von einer Anordnung des Arbeitgebers betroffenen Arbeitnehmers geringfügig schutzwürdiger sind als die eines von der Weisung nicht betroffenen Arbeitnehmers, kann die Ausübung des Direktionsrechts noch billigem Ermessen entsprechen, wenn der Arbeitgeber ein anzuerkennendes eigenes Interesse verfolgt (BAG 23.09.2004 EzA § 106 GewO Nr. 1). Das ist z. B. dann nicht der Fall, wenn ein Arbeitgeber das gesamte Personal einer Verkaufsfiliale mit der Begründung versetzt, dass das Personal verhaltensbedingt zu wenig verkaufe und die Versetzung dazu führt, dass die Arbeitnehmerin täglich 100 km zurücklegen muss (ArbG Brandenburg 02.06.2006 - 2 Ca 1700/04, AuR 2006, 333 LS). Allerdings bedarf der Einwand, es bestehe bei einer längeren Anreise zu einem anderen Arbeitsort eine erhöhte Thrombosegefahr, einer nachvollziehbaren Begründung, wenn der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin anbietet, an den Verkehrstagen mit einem ICE zwischen Köln und Frankfurt zu fahren (LAG Köln 20.12.2007 - 9 Ta 350/07, AuR 2008, 275 LS). Insoweit ist es einem Arbeitgeber auch untersagt, eine Mutter in Elternzeit aus Frankfurt/M. anzuweisen, zwei Tage pro Woche in der Konzernzentrale des Arbeitgebers in London - statt wie bisher zu Hause und im bisherigen Büro - zu arbeiten, denn diese Weisung kommt einer Strafversetzung gleich. Die wöchentliche Reise von Frankfurt/M. nach London zur Arbeitsleistung an zwei Arbeitstagen nimmt allein deutlich mehr als einen Arbeitstag in Anspruch. Den vereinbarten 30 Arbeitsstunden pro Woche stünden ein Reiseaufwand und Abwesenheitszeiten von mindestens gleicher Zeit gegenüber. Das ist unzumutbar und sprengt das vereinbarte Modell zur Vereinbarung von Kinderbetreuung und Beruf vollends (LAG Hessen 15.02.2011 - 13 SaGa 1934/10, AuR 2011, 265 LS).

92

Auf schutzwürdige persönliche und familiäre Belange des Arbeitnehmers ist Rücksicht zu nehmen, soweit einer vom Arbeitnehmer gewünschten Verteilung der Arbeitszeit nicht betriebliche Gründe oder sonstige berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen (BAG 23.09.2004 EzA § 106 GewO Nr. 1; 15.09.2009 EzA § 106 GewO Nr. 4). Erfordert die Verteilung der Arbeitszeit eine personelle Auswahlentscheidung des Arbeitgebers zwischen mehreren Arbeitnehmern, finden die Grundsätze zur sozialen Auswahl im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung keine Anwendung. Der Arbeitgeber hat eine personelle Auswahlentscheidung zu treffen, in die er auch eigene Interessen wie die einer Vermeidung einer möglichen Beeinträchtigung des Betriebsfriedens einstellen kann (BAG 23.09.2004 EzA § 106 GewO Nr. 1; 10.07.2013 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 38 = NZA 2013, 1143). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Direktionsrechts ist der seiner Ausübung; nachträgliche Entwicklungen können nur dann von Bedeutung sein, wenn sie bei der Ausübung des Direktionsrechts bereits erkennbar waren (BAG 23.09.2004 EzA § 106 GewO Nr. 1).

93

Im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 106 GewO spielt zwar das Verhältnismäßigkeitsprinzip auch eine Rolle. Der Kontrollmaßstab ist aber nicht so eng wie im Kündigungsschutzprozess. Eine Versetzungsmaßnahme verstößt daher nicht allein deshalb gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil sie auf Dauer angelegt ist, obwohl nach dem Grund der Versetzung auch eine Abordnung für ein oder zwei Jahre ausgereicht hätte (so LAG MV 08.03.2011 NZA-RR 2012, 11).

94

Das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung seine Auffassung, dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, wie folgt begründet:

95

"Dabei geht die Kammer auch ohne Beweisaufnahme trotz des Bestreitens des Klägers davon aus, dass die beklagtenseits vorgetragene Umstrukturierung tatsächlich vorgenommen wurde, nachdem der Kläger selbst vorträgt, vor Erhalt des Versetzungsschreibens knapp 16 Monate … keine Beschäftigung" zugewiesen bekommen zu haben (Schriftsatz vom 26.09.2013, Seite 17, 2. Absatz). Auch die Einigungsstelle stellte bereits fest, dass die Beklagte im Rahmen einer Vorstandssitzung vom 22.03.2010 als EU-Restrukturierungsmaßnahme die Schließung der IT-Standorte außerhalb S. (L., M. und Ma.) und die Zentralisierung der IT am Standort S. beschlossen hatte. Man mag einer privatwirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand grundsätzlich kritisch gegenüber stehen, nach herrschender Meinung ist sie jedoch zulässig und infolgedessen ist diese Restrukturierungsmaßnahme auch als Ausdruck der grundgesetzlich verbrieften unternehmerischen Freiheit hinzunehmen, wie die Einigungsstelle in ihrem Beschluss festgestellt hat; dem mag hinzugefügt werden, dass die Beklagte kein Hedgefonds ist und für sie letztlich der Steuerzahler einsteht.

96

Dass die Beklagte in einigen begründeten Fällen für Mitarbeiter Heimarbeitsplätze einrichtete, hindert sie nicht daran, für die verbleibenden Arbeitsplätze die aufgezeigte Zentralisierung am Standort S. vorzunehmen. Sie ist aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt heraus verpflichtet, für den Kläger einen Arbeitsplatz zu schaffen.

97

Dass die in der Anhörung des Gesamtpersonalrats Ende Dezember 2012 genannten Stellen im Zeitpunkt des Ausspruchs der Versetzungsanordnung noch verfügbar wären, ist nicht ersichtlich. Unabhängig davon hatte der Kläger bereits in der mündlichen Verhandlung betreffend das einstweilige Verfügungsverfahren 2 Ga 16/13 am 25.07.2013 unstreitig gestellt, dass es sich dabei um Stellen handelte, für die eine bankmäßige Ausbildung Voraussetzung war, über welche er unstreitig nicht verfügt. Ob die nunmehr vorgelegten Kopien der damaligen Stellenbeschreibungen lesbar sind oder nicht, ist deshalb nicht weiter entscheidungserheblich.

98

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass es für den Kläger eine adäquate Beschäftigungsmöglichkeit am Standort M. nicht gibt.

99

Diese Situation würde sich auch dann nicht anders darstellen, falls die Beklagte den Kläger zu einem früheren Zeitpunkt auf eine andere Stelle hätte versetzen können. Denn der Kläger trägt nicht substantiiert vor, welche Stelle er einnehmen könnte und wie die Beklagte für den hiervon betroffenen Mitarbeiter wiederum eine adäquate andere Beschäftigung finden könnte.

100

Der Beklagten blieb nur die Wahl, den Kläger entweder nach S. zu versetzen oder ihn weiter zu bezahlen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten, sei es in Form der vom Kläger gewünschten Freistellung, sei es in der von ihm wohl als schikanös empfundenen Form einer Verpflichtung, die Arbeitszeit in M. zu verbringen, ohne Arbeit zugewiesen zu bekommen. Vor diesem Hintergrund entspricht die Versetzung billigem Ermessen.

101

Soweit er die große Entfernung und die damit verbundene tägliche Fahrtzeit von über sechs Stunden sowie die diesbezüglich von seinen Ärzten geäußerten Bedenken anspricht, ist darauf hinzuweisen, dass eine tägliche Fahrt nach M. nicht erforderlich ist, da der Kläger die Möglichkeit hat, die von ihm inzwischen auch angemietete Wohnung, welche die Beklagte ihm zusätzlich zu seinem Gehalt finanziert, zumindest an einigen Tagen zu nutzen.

102

Dass die Betreuung seiner 85jährigen Mutter keine dauerhafte Präsenz in M. erfordert, wurde bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren festgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des dortigen Urteils verwiesen.

103

Hinzu kommt, dass die Beklagte aufgrund des Tarifvertrages an versetzungswillige Arbeitnehmer weitere Leistungen gewährt."

104

Dem folgt die Kammer nicht.

105

In Anwendung des zuvor ausführlich dargestellten Prüfungsmaßstabes erweist sich aufgrund der Besonderheiten des hier zu entscheidenden konkreten Einzelfalles die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte in Form der Versetzung des Klägers von M. nach S. als unbillig im Sinne des § 315 BGB.

106

Dabei ist zugunsten des Klägers vorliegend neben seiner langjährigen Beschäftigung in M. auch der ohne weiteres nachvollziehbaren Wunsch, im Hinblick darauf keinen Wechsel des Arbeitsortes nach S. vornehmen zu müssen, verbunden entweder mit unzumutbaren täglichen Wegezeiten, oder aber mit der Einrichtung eines Zweitwohnsitzes zu berücksichtigen, auch wenn insoweit andererseits zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte für letzteren Fall Mobilitätshilfen anbietet. Entscheidend kommt vorliegend aber hinzu, dass entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten aufgrund des schriftsätzlichen Vorbringens beider Parteien in beiden Rechtszügen keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass zum streitgegenständlichen Zeitpunkt des Zugangs der Versetzungsanordnung keinerlei Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger in M. bestand. Zumindest kann sich die Beklagte aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles entsprechend § 162 Abs. 1, 2 BGB nicht darauf berufen.

107

Denn die Beklagte hat selbst im Februar/März 2013 dem Kläger eine freie Stelle avisiert und ihn aufgefordert, mit dem Abteilungsleiter zu reden und sich um diese Stelle zu bemühen. Der Kläger hat sodann am 13.03.2013, wie von der Beklagten gefordert, das Gespräch mit Herrn B. und Frau L. geführt und am 19.03.2013 Frau A. über dieses Gespräch unterrichtet und per E-Mail mitgeteilt, dass er zwar zu der Überzeugung gelangt ist, dass er nicht der Richtige für diese Stelle ist. Er hat aber zugleich wörtlich mitgeteilt: "Allerdings verweigern werde ich mich auch nicht. Wenn mich die Bank auf diese Stelle setzt, werde ich die Arbeit natürlich nach bestem Wissen erledigen. Allerdings werde ich mich nicht gezielt auf diese Stelle bewerben."

108

Damit hat der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten keineswegs unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er unter keinen Umständen bereit ist, die ihm insoweit avisierte Stelle anzunehmen. Er hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht ohne weiteres willens ist, die Stelle zu übernehmen. Im Grunde bringt er aber ebenso unmissverständlich zum Ausdruck, dass er, so jedenfalls die Auffassung der Kammer, im Falle einer entsprechenden einseitigen arbeitsrechtlichen Maßnahme der Beklagten - Versetzung, Änderungskündigung - dem dann eindeutig erklärten Ansinnen der Beklagten Rechnung tragen werde, diese Stelle zu besetzen. Insoweit wäre es Sache der Beklagten gewesen, im Anschluss an die E-Mail des Klägers eine Versetzung-Änderungskündigung bezogen auf die hier maßgebliche Stelle zu erklären. Wenn sich die Beklagte dem dadurch entzogen hat, dass sie die Stelle zwischenzeitlich vor Ausspruch der hier streitgegenständlichen Maßnahmen anderweitig besetzt hat, so handelt sich um ein widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB), mit der Folge, dass sie entsprechend § 162 Abs. 1, 2 BGB gehindert ist, sich auf die zwischenzeitliche anderweitige Besetzung der Stelle im Verhältnis zum Kläger zu berufen. Unter angemessener Würdigung der maßgeblichen Einzelumstände und unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Klägers wäre es folglich der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, die hier streitgegenständlichen Maßnahmen zu vermeiden und dem Kläger eine anderweitige, abweichende aber eben doch Beschäftigung in M. zuzuweisen. Dazu wäre sie nach der hier vertretenen Auffassung auch aus den zuvor dargestellten Umständen heraus verpflichtet gewesen.

109

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger nicht unverzüglich und unmittelbar sein einschränkungsloses Einverständnis mit der Übertragung dieser Stelle erklärt hat. Dazu bestand keine Verpflichtung.

110

Insoweit ist für den Fall des Vorrangs der Beendigungskündigung Folgendes anerkannt:

111

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, in jedem Fall mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Lösung zu suchen (BAG 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 53). Auch ohne vorherige Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer kann er vielmehr direkt eine Änderungskündigung aussprechen, indem er Angebot und Kündigung miteinander verbindet (BAG 21.04.2005 EzA § 2KSchG Nr. 52; 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 53; s. Kock NJW 2006, 728 ff.; Berkowsky NZA 2006,697; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Aufl. 2015, Kap. 4 Rz. 3046 ff.). Eine Änderungskündigung darf nur in Extremfällen unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit der Annahme eines neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte (z. B. Angebot einer Pförtnerstelle an den bisherigen Personalchef) und ein derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter haben würde. Regelmäßig hat nämlich der Arbeitnehmer selbst zu entscheiden, ob er eine Weiterbeschäftigung unter möglicherweise erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht (BAG 21.09.2006 EzA § 2 KSchG Nr. 62; 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 52; 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 53). Deshalb ist eine Beendigungskündigung nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, er werde die geänderten Arbeitsbedingungen im Fall des Ausspruchs einer Änderungskündigung nicht, auch nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung annehmen (BAG 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 53). Ein Extremfall in diesem Sinne kann dann gegeben sein, wenn der betroffene Arbeitnehmer so weit in der Personalhierarchie zurückgestuft würde, dass viele seiner bisherigen Untergebenen ihm nunmehr Weisungen erteilen könnten (BAG 21.09.2006 EzA § 2 KSchG Nr. 62). Ein Indiz für eine aus der Sicht beider Arbeitsvertragsparteien vorliegende Extremsituation kann sich auch aus dem Verhalten des betroffenen Arbeitnehmers nach dem Ausspruch der Beendigungskündigung und während des Kündigungsschutzprozesses, insbes. einer späteren - und damit nicht mehr widerspruchsfreien - Berufung auf eine unterqualifizierte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergeben (BAG 21.09.2006 EzA § 2 KSchG Nr. 62).

112

Der Arbeitgeber muss in einem solchen Fall bereits bei den Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer klarstellen, dass bei Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt ist und ihm eine Überlegungsfrist von einer Woche einräumen.

113

Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer unter einem § 2 KSchG entsprechenden Vorbehalt annehmen.

114

Der Arbeitgeber muss dann eine Änderungs- statt einer Beendigungskündigung aussprechen.

115

Lehnt der Arbeitnehmer dagegen das Änderungsangebot vorbehaltlos und endgültig ab, so kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen (BAG 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 53; 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 52; LAG Bln 13.01.2000, 302; a.A. LAG Köln 20.11.2003 NZA-RR 2004, 576; LAG Hamm 21.09.2004 AuR 2005, 117 LS; s.a. Rdn 30544). Es ist dem Arbeitnehmer dann verwehrt, den Arbeitgeber bei einer ausgesprochenen Beendigungskündigung auf eine mögliche Änderungskündigung mit dem abgelehnten Inhalt zu verweisen (BAG 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 52; vgl. dazu Koch NJW 2006, 728 ff.).

116

Unterlässt es der Arbeitgeber, vor Ausspruch einer Beendigungskündigung ein mögliches und zumutbares Änderungsangebot zu unterbreiten, dann ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer einem vor Ausspruch der Kündigung gemachten Vorschlag zumindest unter Vorbehalt zugestimmt hätte (vgl. zuletzt BAG 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 52; LAG Nbg. 16.11.2004 LAGE § 2 KSchG Nr. 49; LAG Hamm 21.09.2004 AuR 2005, 117 LS). Dies muss der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess vortragen. Hat er nach Ausspruch der Kündigung ein Änderungsangebot des Arbeitgebers abgelehnt, so bedarf es der tatsächlichen Würdigung, ob angenommen werden kann, dass er ein ent-sprechendes Angebot vor Ausspruch der Kündigung zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte (abl. da sich diese Prüfung im Bereich der Spekulation bewegt Preis NZA 1997, 1077; APS/Dörner Vossen § 1 KSchG Rn. 91; LAG Hamm 04.02.2003 NZA-RR 2003, 357).

117

Inzwischen nimmt das BAG (21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 53 = NZA 2005, 1294) an, dass dann, wenn der Arbeitgeber ohne vorheriges oder gleichzeitiges Änderungsangebot der geänderten Arbeitsbedingungen sofort eine Beendigungskündigung ausspricht, diese regelmäßig sozialwidrig ist. Es unterliegt danach nunmehr Bedenken, in derartigen Fällen fiktiv zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen bei einem entsprechenden Angebot vor oder mit Ausspruch der Kündigung zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte.

118

Die hypothetische Zustimmung des Arbeitnehmers - wenn sie denn für erforderlich angesehen wird - ist im Zweifel z. B. dann nicht anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer die Herabstufung vom Verkaufsleiter zu einem - einem anderen Verkaufsleiter unterstellen - Außendienstmitarbeiter, einen Einkommensverlust von ca. 1.500 Euro monatlich, sowie einen weiträumigen Ortswechsel hätten hinnehmen müssen (LAG Köln 07.11.19997 LAGE § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 50).

119

Lehnt es der Arbeitnehmer andererseits ab, unter Verzicht auf die ihm zustehende Kündigungsfrist sofort in eine Vertragsänderung zu schlechteren Bedingungen (geringere Stundenzahl, Lohminderung mit nur teilweisem Ausgleich durch eine zeitlich begrenzte Zulage) einzuwilligen, so lässt dies noch nicht ohne Weiteres die Schlussfolgerung zu, er hätte auch eine entsprechende Änderungskündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht einmal unter Vorbehalt angenommen (BAG 21.04.2005 EzA § 2 KSchG Nr. 52; LAG MV 19.03.2014 LAGE § 2 KSchG Nr. 73).

120

Entsprechend dem insoweit zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken wäre die Beklagte folglich vorliegend verpflichtet gewesen, den Kläger zunächst auf die ihm avisierte Stelle in M. zu versetzen bzw. eine dahingehende Änderungskündigung zu erklären. Jedenfalls ihm gegenüber ist sie entsprechend § 162 Abs. 1, 2 BGB gehindert, sich für die hier streitgegenständlichen arbeitsrechtlichen Maßnahmen darauf zu berufen, dass die Stelle inzwischen anderweitig besetzt ist bzw. zum Zeitpunkt des Zugangs der Versetzung-Änderungskündigung besetzt war.

121

All dies führt dazu, dass die streitgegenständliche Versetzungsanordnung billigem Ermessen widerspricht und folglich rechtsunwirksam ist (§ 315 BGB).

122

Da des Weiteren rechtskräftig feststeht, dass die streitgegenständliche Änderungskündigung ebenso rechtsunwirksam ist wie die Versetzung des Klägers in den Ruhestand, kann der Kläger auch die Feststellung verlangen, dass der Versorgungsvertrag vom 02.01.1996 nicht durch Nichtverlängerungsmitteilung vom 26.06.2013 endet, sondern unverändert auch nach dem 31.01.2014 zwischen den Parteien Anwendung findet.

123

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist dieser Antrag nicht unzulässig gemäß § 256 ZPO. Denn das Feststellungsinteresse folgt vorliegend aus der Vielzahl der zwischen den Parteien streitgegenständlichen Einzelfragen, die ganz überwiegend auch im Hinblick auf den Versorgungsvertrag von Belang sind. Das schließt es nach Auffassung der Kammer aus, von einem fehlenden Rechtsschutzinteresse insoweit auszugehen.

124

Dass der Versorgungsvertrag aufgrund der Rechtsunwirksamkeit der Änderungskündigung - Versetzung in den Ruhestand - Versetzung unverändert fortbesteht, ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien. Etwas anderes wird - soweit ersichtlich - auch von der Beklagten für diesen Fall nicht behauptet.

125

Dagegen erweist sich die weitergehende Berufung des Klägers hinsichtlich der Anträge 2, 3, 4 der Berufungsbegründung vom 27.01.2014 als unbegründet. Nach dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers in beiden Rechtszügen erschließt sich der Kammer nicht, aus welchem Rechtsgrund er Mobilitätsprämien bzw. Mobilitätshilfen in Anspruch glaubt nehmen zu können, obwohl er zur Mobilität gar nicht bereit, nach der hier vertretenen Auffassung rechtlich auch nicht verpflichtet ist und auch in der Vergangenheit nach Zugang der streitgegenständlichen Maßnahmen gar keine nennenswerte Mobilität gezeigt hat. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien in beiden Rechtszügen hat sich der Kläger lediglich an zwei Arbeitstagen in S. aufgehalten, danach aber aufgrund dauernde Arbeitsunfähigkeit nicht mehr. Warum insoweit die tariflichen Voraussetzungen für die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegeben sein sollen, erschließt sich nach dem Vorbringen des Klägers nicht. Ob dem Kläger hinsichtlich einzelner Teilbeträge Ansprüche aus § 670 BGB analog (Aufwendungsersatz) oder aber Schadensersatzansprüche zustehen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn derartige Ansprüche sind ersichtlich nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens; hinzukommt, dass hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche kein Vorbringen des Klägers dazu vorliegt, inwieweit überhaupt ein Verschulden der Beklagten gegeben sein könnte.

126

Nach alledem war die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

127

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO.

128

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juli 2014 - 3 Sa 541/13

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juli 2014 - 3 Sa 541/13

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juli 2014 - 3 Sa 541/13 zitiert 23 §§.

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Referenzen

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Januar 2010 - 17 Sa 1151/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Pflicht der Beklagten, den Kläger an beweglichen Ferientagen von der Arbeitspflicht, hilfsweise der Unterrichtspflicht freizustellen, sowie um die Feststellung, dass die Musik- und Kunstschule der Beklagten eine öffentliche Schule iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ist.

2

Die Parteien verbindet seit dem 1. April 1986 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt den Kläger als Musiklehrer für die Fächer Gitarre und Elementarunterricht an ihrer Musik- und Kunstschule in B (MKS).

3

Der Unterricht an der MKS, der als Klassen-, Gruppen- oder Einzelunterricht erteilt wird, erfolgt vierstufig. Während den Schülern in der Grundstufe eine musikalische Grundbildung vermittelt wird, liegt der Schwerpunkt in der Unter-, Mittel- und Oberstufe auf Instrumental-, Vokal- und Ensemblefächern. Die MKS bietet zudem in allen Stufen Ergänzungsfächer und Projekte verschiedener Art an.

4

Unter dem 6. Dezember 1985 schlossen die Parteien einen Formulararbeitsvertrag, der ua. folgende Regelungen vorsieht:

        

„§ 2   

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961, dem Bezirks-Zusatztarifvertrag zum BAT (BZT-A/NW) vom 05.10.1961 und den diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben sind die für Angestellte der Stadt B jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge anzuwenden. Außerdem gelten die Richtlinien der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer und Leiter von Musikschulen von 12.01.1973.

        

…       

        

Die Dienstanweisung für Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule und die Schulordnung sind ebenfalls Bestandteil des Arbeitsvertrages.

        

…       

        

§ 4     

        

Die Pflichtstundenzahl beträgt 28 Unterrichtsstunden wöchentlich.

        

§ 5     

        

Für den Erholungsurlaub gelten die Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.

        

...     

        

§ 7     

        

Die Lehrkraft ist verpflichtet, entsprechend den Aufgaben der Musik- und Kunstschule über die reine Unterrichtstätigkeit hinaus

        

a)    

zur Übernahme von Vertretungen im Rahmen des Zumutbaren,

        

b)    

zur Mitarbeit an Schulveranstaltungen,

        

c)    

zur Teilnahme an Lehrerkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften, Prüfungen und Musizierfreizeiten der Schüler,

        

d)    

zu einem jährlich stattfindenden Vorspiel mit den eigenen Schülern,

        

e)    

zur eigenen Fortbildung und Weiterbildung durch Teilnahme an Kursen und Tagungen.“

5

In der Folgezeit waren die Parteien uneins, wie die wöchentliche Pflichtstundenzahl zu berechnen sei. Insbesondere stritten sie über die Berechtigung der Beklagten, dem Kläger zum Ausgleich der an Schulferientagen ausfallenden Unterrichtsstunden (sog. Ferienüberhang) weitere Unterrichtsstunden zuzuweisen. Unter dem 30. November 1999 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht (- 5 Ca 2500/99 -) einen gerichtlichen Vergleich, der ua. Folgendes vorsieht:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger arbeitsvertraglich seit dem 01.08.1999 verpflichtet ist, außerhalb der Schulferien zum Ausgleich des sogenannten Ferienüberhangs wöchentlich 1 Stunde ... abzuleisten. Darüber hinausgehende Unterrichtsverpflichtungen zum Ausgleich des Ferienüberhangs bestehen nicht und werden auch künftig nicht angeordnet. Die Parteien werden eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrages unterzeichnen.

        

2.    

Die Parteien sind weiter darüber einig, dass der Kläger arbeitsvertraglich seit dem 01.08.1999 verpflichtet ist, als Ausgleich für die Differenz zwischen der einzelvertraglichen und der tarifvertraglichen wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung 1 Stunde ... abzuleisten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen zum Ausgleich der Differenz zwischen der einzelvertraglich geschuldeten und der tarifvertraglich festgeschriebenen wöchentlichen Pflichtstundenzahl bestehen nicht und werden auch künftig nicht angeordnet. Dies gilt auch, soweit die tarifvertragliche Arbeitszeit künftig erhöht werden sollte. Die Parteien werden eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrages unterzeichnen.“

6

Dem Vergleichsabschluss lag ein „Berechnungsvordruck Ausgleich Schulferienüberhang“ zugrunde. In diesem heißt es ua. wie folgt:

        

„1.     

Berechnung der Ferientage/Schultage/jährlichen Arbeitstage der Musikschullehrer ...

        
                 

1.1     

Berechnung der auszugleichenden Ferientage

                          

1.1.1 

Ferientage ohne Samstage, Sonn- und Feiertage

        
                                   

Weihnachten ab 01.01.

4 Tage

        
                                   

Ostern

13 Tage

        
                                   

Pfingsten

1 Tag 

        
                                   

Sommer

32 Tage

        
                                   

Herbst

5 Tage

        
                                   

Weihnachten bis 31.12.

5 Tage

                 
                                            

60 Tage“

                 
7

Die in dem Vordruck ebenfalls vorgesehene Zeile „‚bewegliche’ Ferientage 4 Tage“ ist handschriftlich gestrichen, die Summe der Tage handschriftlich von 64 Tagen auf 60 Tage korrigiert.

8

Im Jahr 2000 beschloss das Leitungsgremium der MKS, den Musiklehrern vier bewegliche Ferientage pro Schuljahr zu gewähren. In der „Arbeitsanweisung für die Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule“ vom 1. September 2005 (Arbeitsanweisung aF) finden sich hierzu folgende Regelungen:

        

„Präambel

        

Die pädagogischen ... Mitarbeiter ... stehen in einem Arbeitsverhältnis zur Stadt B, das geregelt wird durch den Bundes-Angestelltentarifvertrag ... und durch den jeweiligen Arbeitsvertrag. ...

        

…       

        

Darüber hinaus regelt die nachstehende Arbeitsanweisung pädagogisch fachliche und organisatorische Arbeitsabläufe ...

        

…       

        

6. Ferienregelung

        

Für die MKS gilt grundsätzlich die Ferienregelung der allgemeinbildenden Schulen. Die beweglichen Ferientage werden ... unter Berücksichtigung der in B meistgenutzten Regelung der beweglichen Ferientage festgelegt. Die MA werden informiert, sobald die Regelung für die MKS getroffen werden kann.“

9

Der vom Ministerium für Schule, Jugend und Kinder Nordrhein-Westfalen (Schulministerium NRW) herausgegebene Runderlass „Ordnung der Ferien und Termine für die Aushändigung der Halbjahreszeugnisse“ vom 26. Juni 2003 (ABl. NRW S. 234, BASS 12 - 65 Nr. 1) sah für die Schuljahre 2003/2004 bis 2009/2010 entweder drei oder vier bewegliche Ferientage vor.

10

Am 17. Dezember 2008 teilte der Leiter der MKS dem Lehrerkollegium während einer Hauptkonferenz mit, den Lehrkräften fortan keine beweglichen Ferientage gewähren zu wollen.

11

Mit Schreiben vom 17. Juni 2009 unterrichtete die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat von ihrer Absicht, Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF wie folgt zu ändern:

        

„6. Ferienregelung

        

Für die MKS gilt grundsätzlich die Ferienregelung der allgemeinbildenden Schulen. Bewegliche Ferientage werden nicht gewährt.“

12

Auf die Aufforderung der Beklagten, seine Beteiligungsrechte wahrzunehmen, erklärte der Personalrat mit Schreiben vom 23. Juni 2009, der beabsichtigten Änderung nicht zuzustimmen, im Übrigen aber auf ein weiteres Verfahren nach dem Landespersonalvertretungsgesetz zu verzichten.

13

Am 7. Juli 2009 änderte die Beklagte die Arbeitsanweisung in Nr. 6, die fortan die gegenüber dem Personalrat angekündigte Fassung hat (Arbeitsanweisung nF).

14

Der Kläger ist der Rechtsauffassung, die Beklagte sei arbeitsvertraglich verpflichtet, ihn über den gesetzlich und tarifvertraglich geregelten Erholungsurlaub hinaus an vier beweglichen Ferientagen im Schuljahr von jeder Arbeitsverpflichtung, hilfsweise von der Verpflichtung, Unterricht zu erteilen, freizustellen. Die Arbeitsanweisung bestehe in der alten Fassung fort, da die Beklagte sie nicht wirksam geändert habe. Zum einen habe sie das nach dem LPVG NRW vorgeschriebene Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, zum anderen fehle es an einer den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechenden Bekanntmachung der Änderung. Der von ihm erhobene Anspruch finde darüber hinaus in dem Vergleich vom 30. November 1999 seine Rechtfertigung. Ferner habe sich durch die jahrelange Gewährung beweglicher Ferientage eine betriebliche Übung gebildet, die die Beklagte nicht wirksam beseitigt habe. Schließlich folge sein Anspruch aus den Ferienbestimmungen nach § 7 Abs. 2 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (SchulG NRW) sowie den dazu erlassenen Ferienordnungen in ihrer jeweiligen Fassung. Denn die MKS sei eine öffentliche Schule iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW.

15

Der Kläger hat zunächst verlangt, die Beklagte zu verurteilen, ihn an vier kalendarisch bestimmten Tagen, hilfsweise an vier von der Beklagten zu bestimmenden Tagen von der Verpflichtung zur Unterrichtserteilung freizustellen. Außerdem hat er begehrt, ihn in jedem Schuljahr an vier Unterrichtstagen „zum Zwecke der Gewährung von beweglichen Ferientagen freizustellen“. Sodann hat er die Klage erweitert und beantragt festzustellen, dass die MKS eine öffentliche Schule iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW ist. Schließlich hat er hilfsweise die Gewährung von vier beweglichen Ferientagen verlangt und deren zeitliche Lage in das Ermessen des Gerichts gestellt. Die zeitliche Lage der von ihm begehrten Ferientage hat er in der ersten und zweiten Instanz mehrfach geändert. Vor dem Landesarbeitsgericht hat er zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn schuljährlich für vier bewegliche Ferientage freizustellen, und

        

2.    

festzustellen, dass die Musik- und Kunstschule der Stadt B eine öffentliche Schule im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW ist.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, für das Klagebegehren fehle es an einer Rechtsgrundlage. Der Vergleich der Parteien vom 30. November 1999 regele allein die Schulferienzeit, ohne Festlegungen hinsichtlich der beweglichen Ferientage zu treffen. Die Ferienordnung des Landes Nordrhein-Westfalen gelte nicht für die MKS; denn diese sei keine Schule im Sinne des SchulG NRW.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger für das Jahr 2008/2009 zwei weitere bewegliche Ferientage zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. In der Revisionsinstanz hat er den zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Klageantrag zu 1. mit dem Inhalt neu gefasst festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht, hilfsweise von der Unterrichtspflicht freizustellen.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

19

I. Die Klage ist zulässig.

20

1. Der in der Revisionsinstanz neu gefasste Feststellungsantrag zu 1. begegnet keinen durchgreifenden prozessrechtlichen Bedenken.

21

a) Die Änderungen, die der Klageantrag zu 1. seit der Erhebung der Klage erfahren hat, haben auf die Zulässigkeit der Klage keinen Einfluss.

22

aa) Soweit der Klageantrag zu 1. in zeitlicher Hinsicht in der Berufungsinstanz erweitert worden ist, hat der Senat die hierin liegende Klageänderung nicht auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

23

(1) Mit dem Klageantrag zu 1. hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Schuljahr 2009/2010 für die Tage 15. und 16. Februar 2010, den 12. April 2010 sowie den 26. Mai 2010 bewegliche Ferientage zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm vier bewegliche, in das Ermessen des Gerichts gestellte Ferientage für das Schuljahr 2009/2010 zu gewähren. In der Folgezeit hat er an anderen Tagen Freistellung begehrt. In der Berufungsinstanz hat er den Antrag geändert und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn schuljährlich für vier bewegliche Ferientage freizustellen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, diesen zuletzt gestellten Sachantrag zu bescheiden, unterliegt nicht der Überprüfung durch den Senat. Gemäß § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Dies sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen.

24

(2) Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 533 ZPO vorliegen, ist in der Revisionsinstanz nicht zu überprüfen, wenn das Berufungsgericht - wie hier das Landesarbeitsgericht - in der Sache über den erweiterten Streitgegenstand entschieden hat(vgl. BAG 21. April 2009 - 3 AZR 285/07 - Rn. 20, AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 20). Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 268 ZPO(vgl. BGH 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - Rn. 9, NJW-RR 2008, 262). Danach findet eine Anfechtung der Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder dass die Änderung zuzulassen sei, nicht statt. Nach dem Zweck des Berufungsrechts dient die Berufungsinstanz in erster Linie der Fehlerkontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung. § 533 ZPO verhindert deshalb, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen neuer Streitgegenstände mit neuem Streitstoff befassen und hierzu eine Sachentscheidung treffen muss. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Berufungsgericht über die Klageänderung sachlich entschieden hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es zu einer Sachentscheidung gelangt ist, weil es die Voraussetzungen des § 533 ZPO bejaht oder dessen Anwendbarkeit im Einzelfall verneint hat.

25

bb) Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz davon abgesehen hat, gegen die Beklagte einen Leistungstitel zu erwirken, und sein Klagebegehren nunmehr mit einem Feststellungsantrag verfolgt, gilt Entsprechendes. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag zu 1. hindert den Senat daran, die Antragsänderung an den zivilprozessualen Vorgaben des § 533 ZPO zu messen(§ 268 ZPO entsprechend).

26

cc) Der Kläger hat den Feststellungsantrag zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sprachlich neu gefasst. Dies ist in prozessrechtlicher Hinsicht unbedenklich. Er hat sein Klagebegehren verdeutlicht, ohne sein Klagebegehren seinem Inhalt nach zu ändern.

27

b) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob die Beklagte verpflichtet ist, ihn an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht, hilfsweise von der Unterrichtspflicht freizustellen (§ 256 Abs. 1 ZPO).

28

aa) Eine allgemeine Feststellungsklage braucht sich nicht notwendig auf das gesamte Rechtsverhältnis zu erstrecken. Der Kläger kann sie auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 139/08 - Rn. 20, BAGE 132, 195). So liegt der Fall hier. Die von dem Kläger begehrte Feststellung bezieht sich lediglich auf einzelne Tage während des Schuljahres. Ob und gegebenenfalls welche arbeitsvertraglichen Pflichten den Kläger an diesen Tagen treffen, ist zwischen den Parteien streitig.

29

bb) Der grundsätzlich geltende Vorrang der Leistungsklage (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 256 Nr. 59) steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Vorrang der Leistungsklage dient dem Zweck, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 142/04 - zu III 1 der Gründe, BAGE 114, 80). Danach ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

30

Diese Voraussetzungen liegen vor. Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist geeignet, den rechtlichen Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob dem Kläger bewegliche Ferientage zustehen; die Ausgestaltung der Leistungspflichten der Beklagten steht nicht im Streit.

31

2. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist auch der Feststellungsantrag zu 2. zulässig.

32

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die von dem Kläger begehrte Feststellung habe eine abstrakte Rechtsfrage zum Inhalt, die nicht auf die Klärung konkreter Rechte und Pflichten zwischen den Prozessparteien gerichtet sei.

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass der Klageantrag zu 2. die Voraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage erfüllt (§ 256 Abs. 2 ZPO).

34

Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann die Klagepartei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, durch Erweiterung des Klageantrags beantragen, dass ein Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht die Ausdehnung der Rechtskraft auch auf das dem Klagebegehren vorgreifliche Rechtsverhältnis und die tragenden Entscheidungsgründe. Die Vorgreiflichkeit ersetzt das ansonsten für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (BAG 18. September 2007 - 9 AZR 672/06 - Rn. 13, BAGE 124, 80). So ist es hier. Der Kläger stützt den mit dem Feststellungsantrag zu 1. verfolgten Anspruch ua. auf die Ferienbestimmungen nach § 7 Abs. 2 SchulG NRW. Diese gelten lediglich für Schulen iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG. Die Vorfrage, ob die MKS zu den Schulen im genannten Sinne gehört, ist damit einer gerichtlichen Feststellung im Wege der Zwischenfeststellungsklage zugänglich.

35

II. Die Klage ist nicht begründet. Dies gilt sowohl für den Feststellungsantrag zu 1., den der Kläger in Form eines Haupt- und Hilfsantrags gestellt hat, als auch für den Feststellungsantrag zu 2.

36

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht freizustellen. Für das Feststellungsbegehren, das der Kläger mit dem Feststellungsantrag zu 1. in der Hauptsache verfolgt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der Hauptantrag könnte nur Erfolg haben, wenn der Kläger - über den Anspruch auf Erholungsurlaub hinaus - Freistellung in der Weise verlangen könnte, dass er an beweglichen Ferientagen von der Unterrichtsverpflichtung zu befreien sei und die Beklagte auch gehindert wäre, den Kläger an diesen Tagen zur Leistung sonstiger Arbeit heranzuziehen. Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung. Dem Kläger steht ein Anspruch auf bewegliche Ferientage nicht zu.

37

a) Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 6. Dezember 1985 rechtfertigt das Klagebegehren nicht. Die Parteien haben die Frage, ob und gegebenenfalls wie viele bewegliche Ferientage dem Kläger zustehen, im Arbeitsvertrag nicht geregelt.

38

b) Der Kläger stützt sein Feststellungsbegehren ohne Erfolg auf Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF.

39

aa) Gemäß Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF legt die Beklagte die beweglichen Ferientage unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten fest.

40

bb) Die Arbeitsanweisung in der zitierten Fassung ist für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht maßgeblich. Sie wurde mit Wirkung zum 7. Juli 2009 durch die Regelung Nr. 6 der Arbeitsanweisung nF abgelöst, der zufolge bewegliche Ferientage nicht gewährt werden.

41

(1) Die Beklagte war befugt, die Arbeitsanweisung unter dem 7. Juli 2009 zu ändern.

42

(a) Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF enthält keine rechtsgeschäftliche Abrede zwischen den Parteien, die es der Beklagten verwehrt, die Weisung einseitig zu ändern. Die Beklagte legte die beweglichen Ferientage in Ausübung des ihr als Arbeitgeberin zustehenden Direktionsrechts fest. Rechtsgeschäftliche Ansprüche des Klägers entstanden deshalb durch den Erlass der Arbeitsanweisung nicht.

43

(aa) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Regelung in § 106 Satz 1 GewO trägt der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 47, AP BGB § 307 Nr. 26). Das Direktionsrecht als „Wesensmerkmal eines jeden Arbeitsverhältnisses“ (BAG 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - Rn. 17, BAGE 112, 80) ermöglicht es dem Arbeitgeber, diese rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen nach zeitlicher Verteilung, Art und Ort unter Beachtung billigen Ermessens festzulegen (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 52, BAGE 132, 88).

44

(bb) Die Auslegung der Arbeitsanweisung ergibt entgegen der Ansicht der Revision, dass die Beklagte von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machte, ohne Ansprüche des Klägers zu begründen.

45

Der Wortlaut der Arbeitsanweisung ist nicht eindeutig. Er lässt offen, ob die Beklagte mit dem Erlass der Arbeitsanweisung klarstellen wollte, dass ihr als Inhaberin des Direktionsrechts die Befugnis zukomme, bewegliche Ferientage festzulegen, oder ob sie sich gegenüber den Lehrkräften verpflichten wollte, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen.

46

Der systematische Zusammenhang, in den die Arbeitsanweisung eingebettet ist, spricht deutlich gegen die Ansicht der Revision. Nr. 6 der Arbeitsanweisung ist Teil einer mehrseitigen „Arbeitsanweisung für die Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule“. Sie beinhaltet Weisungen, mit denen ein Arbeitgeber typischerweise die von dem Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert. Dies gilt insbesondere für die in der Arbeitsanweisung enthaltenen Bestimmungen bezüglich der Arbeitszeit (Nr. 3 Buchst. a bis c, Nr. 6, 7, 11), dem Ort der Arbeitsleistung (Nr. 3 Buchst. d, Nr. 8) und dem Inhalt der geschuldeten Tätigkeit (Nr. 1, 2, 3 Buchst. b und c, Nr. 4 bis 6, 9 bis 15). Derlei Weisungen beinhalten - ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte - nicht das Angebot des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer, sich dem Inhalt der Anweisung entsprechend rechtsgeschäftlich binden zu wollen.

47

In dieselbe Richtung weisen Sinn und Zweck der Arbeitsanweisung. Ausweislich der Präambel war es Ziel der Arbeitsanweisung, die pädagogisch fachlichen und organisatorischen Arbeitsabläufe zu regeln. Dies erfordert, die dort niedergelegten Weisungen für eine zukünftige Abänderung offenzuhalten. Die Konkretisierung der Arbeitsabläufe gestaltet den Pflichtenkreis der Lehrkräfte aus, ohne ihnen Rechtspositionen einzuräumen, die über die im Arbeits- und Tarifvertrag bestimmten Rechte hinausgehen. Folgte man der Ansicht der Revision, dann käme es stets durch bloßen Zeitablauf zu einer Verfestigung des Status quo. Die Erstarkung von Arbeitszeitfestlegungen oder Arbeitszuweisungen zu vertraglichen Rechten ist jedoch mit der gesetzlichen Regelung des Weisungsrechts in § 106 GewO nicht vereinbar; denn dort wird dem Arbeitgeber das Recht zugewiesen, nach billigem Ermessen, jederzeit innerhalb der Grenzen des Arbeits- oder Tarifvertrags Inhalt und Zeit der Arbeitsleistung näher zu bestimmen. Daraus folgt: Der Umstand, dass Weisungen längere Zeit unverändert geblieben sind, bindet den Arbeitgeber nicht. Dieser Umstand ist allenfalls im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen.

48

(b) Durch die mehrere Jahre währende gleichmäßige Handhabung der Nr. 6 Arbeitsanweisung aF ist die Beklagte nicht gehindert, die darin enthaltenen Weisungen mit Wirkung für die Zukunft zu ändern (§ 242 BGB, § 106 GewO).

49

Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26). Die Beklagte hat dem Kläger zwar in den Jahren 2000 bis 2008 bewegliche Ferientage gewährt. Umstände, aus denen er hätte entnehmen können, die Beklagte werde auch in Zukunft so verfahren, hat der Kläger nicht vorgetragen. Im Übrigen sind sie nicht ersichtlich.

50

(2) Die Änderung der Arbeitsanweisung ist entgegen der Ansicht der Revision nicht formunwirksam. Die Revision verkennt den Rechtscharakter der Arbeitsanweisung, wenn sie meint, die Beklagte habe die für die Änderung von Satzungen geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften beachten müssen.

51

(a) Nach § 125 Satz 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, nichtig. Gleiches gilt im Zweifel, wenn die Form durch Rechtsgeschäft bestimmt wurde (§ 125 Satz 2 BGB).

52

(b) Für die Änderung der Arbeitsanweisung bestanden weder gesetzliche noch rechtsgeschäftliche Formvorschriften.

53

(aa) Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über Satzungen sind auf die von der Beklagten erlassene Arbeitsanweisung nicht anzuwenden. Denn die Arbeitsanweisung ist keine Satzung iSd. § 7 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GO NRW). Es fehlt bereits an einer für Satzungen kennzeichnenden Regelung, die ihrem Inhalt nach darauf gerichtet ist, subjektive Rechte von Normunterworfenen zu begründen, abzuändern oder aufzuheben (vgl. hierzu BayVGH 20. September 2000 - 3 N 00.2370 - zu II 1 der Gründe). Mit der Arbeitsanweisung hat die Beklagte nur das ihr nach § 106 GewO zustehende Weisungsrecht ausgeübt. Subjektive Rechtspositionen der beschäftigten Arbeitnehmer werden hierdurch nicht berührt (vgl. II 1 b bb (1) (a)).

54

(bb) Rechtsgeschäftliche Formvorschriften hatte die Beklagte nicht zu beachten. Weder der Arbeitsvertrag noch die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge binden die Ausübung des Weisungsrechts an die Einhaltung einer bestimmten Form.

55

(3) Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte nicht gehalten, die geänderte Arbeitsanweisung bekannt zu machen.

56

(a) Gemäß § 25 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt B vom 5. August 2004 idF der Änderungssatzung vom 27. November 2008 (Hauptsatzung) sind öffentliche Bekanntmachungen, die durch Rechtsvorschriften vorgeschrieben sind, durch Veröffentlichung in den B Tageszeitungen „N“ und „W“ vorzunehmen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes vorgeschrieben ist.

57

(b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Bekanntmachung der Arbeitsanweisung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 GO NRW, wonach Satzungen öffentlich bekannt zu machen sind, liegen nicht vor. Die Arbeitsanweisung, die die Beklagte den an der MKS beschäftigten Lehrkräften erteilte, ist keine Satzung (vgl. II 1 b bb (2) (b) (aa)).

58

(4) Die Beklagte änderte die Arbeitsanweisung, ohne Mitbestimmungsrechte des Personalrats zu verletzen. Entgegen der Ansicht der Revision war der Personalrat bei der Änderung nicht zu beteiligen.

59

(a) Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ergibt sich nicht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 1974 (LPVG NRW). Danach hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Die Voraussetzungen dieses Mitbestimmungstatbestands liegen nicht vor. Der Mitbestimmungstatbestand ist nur erfüllt, wenn durch die dienstliche Anordnung derjenige Zeitraum, in welchem der Beschäftigte seine Verpflichtung zur Dienstleistung zu erfüllen hat, nach Wochentag, Dauer und Uhrzeit fixiert wird (vgl. zur Einführung von Präsenztagen für Lehrer BVerwG 23. August 2007 - 6 P 7.06 - Rn. 31, PersR 2007, 476). Die Anordnung der Beklagten, zukünftig keine beweglichen Ferientage zu gewähren, legt die Anwesenheitspflicht der Lehrkräfte nicht nach Dauer und Uhrzeit fest.

60

(b) Die Beklagte hatte den Personalrat auch nicht nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW zu beteiligen. Die Vorschrift gewährt dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen Überstunden oder Mehrarbeit anordnet. Zweck der Bestimmung ist es, die Beschäftigten vor übermäßiger zeitlicher Inanspruchnahme zu schützen (vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PersVG Sachsen-Anhalt BVerwG 22. Mai 2006 - 6 PB 15.05 - Rn. 7, Buchholz 251.92 SAPersVG § 65 Nr. 1). Das Mitbestimmungsrecht setzt eine dienstplangemäß oder betriebsüblich über die tarifliche bzw. vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit reichende Beanspruchung der Beschäftigten voraus. Der Wegfall der beweglichen Ferientage führt für sich genommen weder zu einer Überschreitung der arbeitsvertraglichen noch der tariflich bestimmten Wochenarbeitszeit.

61

(c) Ebenso wenig ist der Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LPVG NRW erfüllt. Danach unterliegen die Aufstellung des Urlaubsplans und die Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Beschäftigte unter den dort genannten Einschränkungen der Mitbestimmung durch den Personalrat. Die beweglichen Ferientage, die infolge der Änderung der Arbeitsanweisung wegfallen, waren kalendarisch nicht bestimmt. Der Mitbestimmungstatbestand ist selbst dann nicht erfüllt, wenn man zugunsten des Klägers den Wegfall der beweglichen Ferientage mit der Anordnung einer Urlaubssperre gleichstellt. Bestimmt der Arbeitgeber Zeiträume, in denen er Arbeitnehmern keinen Urlaub gewähren will, erfüllt dies nicht die Kriterien, die für eine Urlaubsplanung kennzeichnend sind. Denn die Anordnung dient nicht der Koordinierung der individuellen Urlaubswünsche der Beschäftigten (vgl. BVerwG 19. Januar 1993 - 6 P 19.90 - zu II der Gründe, BVerwGE 91, 343).

62

(d) Die Änderung der Arbeitsanweisung ist auch nicht gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LPVG NRW mitbestimmt. Danach unterliegt die Gestaltung des Entgelts innerhalb der Dienststelle der Mitbestimmung. Der Wegfall von beweglichen Ferientagen hat weder Einfluss auf die Zusammensetzung noch auf die Höhe der an diesen Tagen von der Beklagten zu zahlenden Arbeitsvergütung.

63

(e) Selbst wenn man die Auffassung der Revision teilte, die Änderung der Arbeitsanweisung wäre mitbestimmungspflichtig, würde dies nach der vom Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung dem Feststellungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.

64

(aa) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat zum Betriebsverfassungsrecht den Rechtssatz aufgestellt, dass die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung zwar Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers ist. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind danach allerdings nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten führt nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden. Bei Nichtbeachtung der Mitbestimmung durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer daher keinen Erfüllungsanspruch auf Leistungen, welche die bestehende Vertragsgrundlage übersteigen (BAG 9. November 2010 -  1 AZR 147/09  - Rn. 23, PersR 2011, 176).

65

(bb) Die vom Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelte Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung ist auch auf den Streitfall anzuwenden. Wird zugunsten des Klägers unterstellt, die Beklagte habe Mitbestimmungsrechte des Personalrats verletzt, so folgt daraus noch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung beweglicher Ferientage; denn es wird nicht in schon entstandene Rechte eingegriffen.

66

c) Der Vergleich, den die Parteien am 30. November 1999 vor dem Arbeitsgericht schlossen, rechtfertigt den vom Kläger erhobenen Anspruch nicht. Die vergleichsweise Einigung hat den zwischen den Parteien zum damaligen Zeitpunkt streitigen Ferienüberhang, nicht hingegen die von dem Kläger im Streitfall begehrten Ferientage zum Gegenstand. Die Auslegung des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht ist zutreffend.

67

aa) Gemäß Nr. 1 Satz 1 des Vergleichs ist der Kläger zum Ausgleich des sogenannten Ferienüberhangs verpflichtet, außerhalb der Schulferien wöchentlich eine Stunde abzuleisten. Darüber hinausgehende Unterrichtsverpflichtungen zum Ausgleich des Ferienüberhangs sollten nicht bestehen und künftig nicht angeordnet werden (Nr. 1 Satz 2 des Vergleichs). Des Weiteren vereinbarten die Parteien unter Nr. 2 Satz 1 des Vergleichs, der Kläger sei verpflichtet, als Ausgleich für die Differenz zwischen der einzelvertraglichen und der tarifvertraglichen wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung eine Stunde abzuleisten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen zum Ausgleich der Differenz zwischen der einzelvertraglich geschuldeten und der tarifvertraglich festgeschriebenen wöchentlichen Pflichtstundenzahl sollten nicht bestehen und künftig nicht angeordnet werden (Nr. 2 Satz 2 des Vergleichs).

68

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Vergleich verhalte sich nicht zu der Frage, ob dem Kläger bewegliche Ferientage zustünden. Der Vergleich regele Fragen des Ferienüberhangs. Die Parteien seien bei Abschluss des Vergleichs von 60 Schulferientagen ausgegangen, ohne die beweglichen Ferientage einzubeziehen.

69

cc) Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob die Auslegung eines Vergleichs durch das Berufungsgericht der vollständigen revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt oder aber das Revisionsgericht in der Überprüfung des Auslegungsergebnisses beschränkt ist (vgl. zum Streitstand etwa BAG 8. März 2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 32, BAGE 117, 218). Denn das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis hält auch einer vollständigen Kontrolle durch den Senat stand.

70

(1) Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Gemäß § 133 BGB ist ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, BAGE 132, 88).

71

(2) Nach diesen Grundsätzen ist das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis nicht zu beanstanden. Die Regelung, auf die sich die Parteien unter Nr. 1 des Vergleichs verständigten, betrifft allein Fragen des sog. Ferienüberhangs, nicht aber Fragen der beweglichen Ferientage.

72

(a) Der Begriff Ferienüberhang bezeichnet den Teil der Schulferien, der den tariflichen Jahresurlaub übersteigt (vgl. BAG 13. Dezember 2001 - 6 AZR 127/00 - zu B I 2 b cc der Gründe, ZTR 2002, 323). Es ist ein Überhang an Freizeit, der durch die unterrichtsfreie Zeit in den Schulferien entsteht und der nicht durch Urlaub oder anderweitigen Arbeitseinsatz ausgefüllt wird. Demgegenüber fallen unter den Begriff der beweglichen Ferientage die Tage während der Schulferien, die nach § 3 Abs. 5 Satz 2 des Hamburger Abkommens zur Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse zugelassen werden können.

73

(b) Ausweislich des Wortlauts von Nr. 1 des Vergleichs verständigten sich die Parteien auf die im Vergleich aufgeführten Klauseln „zum Ausgleich des Ferienüberhangs“. Einen deutlichen Hinweis auf den Regelungswillen der Parteien liefert zudem der „Berechnungsvordruck Ausgleich Schulferienüberhang“, den der Kläger zu den Akten gereicht hat. Der Vordruck weist als Summe der Ferientage 60 und nicht 64 Tage aus. Die Differenz beruht auf der handschriftlichen Streichung der Zeile „‚bewegliche’ Ferientage 4 Tage“. Hätten die Parteien die Frage der beweglichen Ferientage in dem Vergleich regeln wollen, hätten sie diese bei der Berechnung der Ferientage berücksichtigen müssen.

74

d) Der Kläger stützt sein Feststellungsbegehren ferner ohne Erfolg auf die Ferienordnung NRW. Diese findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

75

aa) Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW sieht die Ferienordnung neben den landesweiten Ferien bewegliche Ferientage vor, über deren Termine die Schulkonferenz entscheiden kann.

76

bb) Die Ferienordnung ist weder originär noch kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden.

77

(1) Die Ferienordnung, die das für das Schulwesen zuständige Ministerium (§ 128 Abs. 2 SchulG NRW) erlässt, gilt - wie das SchulG NRW im Allgemeinen - für Schulen iSd. SchulG NRW. Dies sind gemäß § 6 Abs. 1 SchulG NRW Bildungsstätten, die unabhängig vom Wechsel der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schülerinnen und Schüler nach Lehrplänen Unterricht in mehreren Fächern erteilen. Schulen iSd. der öffentlich-rechtlichen Schulgesetze der Länder sind dadurch gekennzeichnet, dass an ihnen Unterricht in verschiedenen Fächern und Stufen erteilt wird, der nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmt ist (vgl. BAG 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 84, 124). Der Unterricht soll zu staatlich anerkannten Schulabschlüssen führen (vgl. BAG 24. Juni 1992 - 5 AZR 384/91 - zu II 2 b aa der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 61 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 46). Städtische Musikschulen wie die MKS gehören in der Regel nicht zu den Schulen iSd. § 6 Abs. 1 SchulG NRW(vgl. zum Bereich des Tarifrechts BAG 15. Mai 1997 - 6 AZR 170/96 - zu 2 der Gründe, ZTR 1998, 75). Denn an ihnen werden keine allgemein- oder berufsbildenden Fächer unterrichtet, die für den Schulbegriff konstitutiv sind (vgl. BayVGH 15. Juni 1994 -  7 B 92.438  - zu 2 der Gründe, NVwZ-RR 1995, 38; siehe ferner aus dem öffentlich-rechtlichen Schrifttum Hemmrich in von Münch/Kunig GG 5. Aufl. Art. 7 Rn. 4 f.; Gröschner in Dreier GG 2. Aufl. Art. 7 Rn. 24; Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck GG 6. Aufl. Art. 7 Rn. 52). Für die Musikschulen besteht kein Schulzwang. Es gibt regelmäßig - anders als bei den allgemeinbildenden Schulen - auch keine förmlichen Abschlüsse. Der Unterricht ist meist nur fachbezogen und im Regelfalle weniger reglementiert. Sie sind deshalb auch nicht in der Schulstruktur, die § 10 SchulG NRW beschreibt, aufgeführt.

78

(2) Die Parteien haben die Anwendung der Ferienordnung weder vereinbart, noch folgt die Anwendung aus Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF. Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF ist durch Nr. 6 der Arbeitsanweisung nF abgelöst worden (vgl. II 1 b bb). Die neugefasste Arbeitsanweisung sieht vor, dass die Beklagte bewegliche Ferientage nicht gewährt.

79

e) Die Regelungen über Erholungsurlaub für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen verhelfen dem Klageantrag nicht zum Erfolg.

80

aa) Gemäß § 5 des Arbeitsvertrags richten sich die Ansprüche des Klägers auf Erholungsurlaub nach den Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.

81

bb) Der Kläger macht nicht Erholungsurlaub, sondern bewegliche Ferientage geltend, die über den Erholungsurlaub, wie ihn Lehrer an allgemeinbildenden Schulen erhalten, hinausgehen. Die von den Parteien in Bezug genommenen Bestimmungen sind deshalb bereits ihrer Rechtsfolge nach nicht geeignet, das Klagebegehren zu stützen. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

82

Der Anspruch auf Erholungsurlaub, der Lehrern an allgemeinbildenden Schulen zusteht, und die beweglichen Ferientage, auf die der Kläger Anspruch erhebt, sind ihrem Inhalt nach wesentlich zu unterscheiden. Der Rechtsbegriff Erholungsurlaub bezeichnet die vollständige Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum (vgl. BAG 11. Juli 2006 - 9 AZR 535/05 - Rn. 20, AuA 2007, 52). Der Erlass des Schulministeriums NRW vom 26. Juni 2003 sah für die Schuljahre 2003/2004 bis 2009/2010 entweder drei oder vier bewegliche Ferientage vor. An beweglichen Ferientagen ist der Arbeitnehmer lediglich von der Unterrichtspflicht, nicht aber von anderen Arbeitspflichten befreit (vgl. BAG 13. Februar 1996 - 9 AZR 79/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 82, 161). Auch die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien spiegeln dieses Regelungsverständnis. Nach § 4 des Arbeitsvertrags beträgt die Pflichtstundenzahl 28 Unterrichtsstunden pro Woche. Dieser Teil der von dem Kläger geschuldeten Arbeitsleistung kann entfallen, wenn die Beklagte beschließt, den Musikschülern während der Ferien keinen Unterricht anzubieten. Davon unberührt bleiben die arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers, die in § 7 des Arbeitsvertrags bestimmt sind. Danach ist er - unabhängig von etwaigen Ferienzeiten - unter den dort genannten Voraussetzungen ua. verpflichtet, Vertretungen zu übernehmen, an Schulveranstaltungen mitzuarbeiten, an Lehrerkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften, Prüfungen und Musizierfreizeiten der Schüler mitzuwirken sowie an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Rechtsfolgen, die der Begriff der beweglichen Ferientage umschreibt, bleiben damit hinter den Rechtsfolgen des Erholungsurlaubs zurück.

83

f) Entsprechendes gilt für die tariflichen Bestimmungen, auf die die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrags Bezug genommen haben. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes regeln Urlaubsansprüche, nicht jedoch Ansprüche auf bewegliche Ferientage. Gegen die zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts erhebt die Revision keine Einwände.

84

g) Auch die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes rechtfertigen das Feststellungsbegehren des Klägers nicht. Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm bewegliche Ferientage zu gewähren. Zwar ist der Kläger gehalten, den Erholungsurlaub innerhalb der Schulferien in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt aber nicht, dass alle Tage der Schulferien arbeitsfreie Urlaubstage sein müssen. Das zeigt schon der Umstand, dass die Anzahl der nach § 3 Abs. 1 BUrlG zu gewährenden Urlaubstage 24 Werktage beträgt und die Anzahl der Schulferientage die Anzahl dieser Mindesturlaubstage um ein Mehrfaches übersteigt.

85

h) Ein Anspruch auf bewegliche Ferientage folgt schließlich nicht aus den Grundsätzen, die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur betrieblichen Übung entwickelt hat.

86

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe die für eine betriebliche Übung nötigen besonderen Umstände nicht vorgetragen. Mit der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung begehre der Kläger eine übertarifliche Leistung. Als Beschäftigter des öffentlichen Dienstes habe er davon ausgehen müssen, dass die Beklagte ihm nur die Leistungen gewähren wolle, zu denen sie rechtlich verpflichtet sei.

87

bb) Diese rechtlichen Erwägungen halten einer uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht stand. Daher kann offenbleiben, ob das Auslegungsergebnis, zu dem das Landesarbeitsgericht gelangt ist, einer vollständigen oder lediglich einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (offengelassen zB von BAG 17. November 2009 -  9 AZR 765/08  - Rn. 28, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

88

(1) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Das als Vertragsangebot zu wertende Verhalten des Arbeitgebers wird von den Arbeitnehmern angenommen, indem sie die Leistung widerspruchslos entgegennehmen. Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich. Durch die betriebliche Übung entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung des Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers. Maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste (für die st. Rspr. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 23 f., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Für die Annahme einer betrieblichen Übung genügt es nicht, dass der Arbeitgeber tatsächliche Leistungen erbringt. Geht der Arbeitnehmer davon aus, eine gewährte Leistung stehe ihm aus einem anderen Rechtsgrund als betrieblicher Übung zu, darf er nicht auf ein darüber hinausgehendes Angebot des Arbeitgebers schließen, die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu seinen Gunsten zu ändern (vgl. BAG 19. Januar 2010 -  9 AZR 246/09  - Rn. 56, EzA TVG § 4 Bewachungsgewerbe Nr. 4).

89

(2) Die für eine betriebliche Übung erforderlichen besonderen tatsächlichen Umstände sind nicht ersichtlich. Die nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts sind für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend. Der Kläger nimmt zudem an, die Beklagte sei sowohl aufgrund der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Ferienordnung für die öffentlichen Schulen des Landes Nordrhein-Westfalen als auch aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 30. November 1999 verpflichtet, ihn an den geltend gemachten Tagen von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen. Unter diesen Umständen konnte er nicht davon ausgehen, die Beklagte wolle ihm gegenüber eine freiwillige Leistung erbringen, indem sie ihm in den Jahren 2000 bis 2008 an bestimmten Tagen keine Arbeitsaufgaben zuwies.

90

i) Ein Anspruch auf die weitere Gewährung von beweglichen Ferientagen ergibt sich schließlich nicht aus der Verpflichtung der Beklagten, bei der Verteilung der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 GewO billiges Ermessen auszuüben. Die von der Beklagten getroffene Bestimmung, die Arbeitszeit ohne Berücksichtigung beweglicher Ferientage zu verteilen und damit die Anzahl der innerhalb der tariflichen Arbeitszeit zu leistenden Unterrichtsstunden zu erhöhen, ist jedenfalls nicht so schwer ermessensfehlerhaft, dass sie nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich und nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht im Sinne des Verlangens des Klägers zu ersetzen wäre. Die Beklagte hat sich gemäß dem Protokoll der Hauptkonferenz der Musik- und Kunstschule vom 17. Dezember 2008 zur Rechtfertigung der Änderung der Unterrichtszeiten ua. auf entsprechende Wünsche von Schülern, Eltern und unterrichtswilligen Honorarkräften berufen und auf erhebliche Ausfälle von Kursgebühren hingewiesen, die an beweglichen Ferientagen entstehen. Das sind beachtliche Sachgründe, die ein dienstliches Interesse an der Änderung der Arbeitszeitverteilung begründen. Entgegenstehende überwiegende Interessen des Klägers sind nicht erkennbar.

91

2. Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, von der Unterrichtspflicht freizustellen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf bewegliche Ferientage (vgl. II 1).

92

3. Auch mit dem Feststellungsantrag zu 2. ist der Kläger nicht erfolgreich. Die Musik- und Kunstschule der Stadt B ist keine öffentliche Schule im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW(vgl. II 1 d bb (1)).

93

III. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Kranzusch    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Dezember 2010 - 8 Sa 1770/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder).

2

Die im September 1967 geborene Klägerin erzieht ihr schulpflichtiges Kind, dem sie zum Unterhalt verpflichtet ist, allein. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Klägerin wird seit September 1989 von der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Die Beklagte erbringt bundesweit Callcenter-Dienstleistungen. Der zuletzt zwischen der Klägerin und der Deutschen Bundespost Telekom, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, geschlossene Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1991 sieht eine Tätigkeit als Angestellte vor. Ein bestimmter Arbeitsort ist nicht vereinbart. Im Unterschied dazu war im ersten Arbeitsvertrag der Klägerin mit einer anderen Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 31. August 1989 noch der Arbeitsort Berlin-Adlershof vorgesehen. Die Klägerin war seit Beginn des Arbeitsverhältnisses bis Ende 2009 an verschiedenen Einsatzorten in Berlin beschäftigt, seit 2003 als Kundenberaterin am Standort Berlin Holzhauser Straße in Berlin-Tegel.

3

Die Beklagte schloss mit der Gewerkschaft ver.di am 25. Juni 2007 einen Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio DTKS). Dieser Tarifvertrag lautet auszugsweise:

        

„Abschnitt 1

        

Besondere Schutzregelungen für Arbeitnehmer in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von mindestens zwei Jahren

        

§ 1 Sachlicher Geltungsbereich

        

(1)     

Zur Erhaltung, Sicherung und Steigerung sowohl der Wettbewerbsfähigkeit als auch der Marktanteile der DTKS sind wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen erforderlich, um eine kontinuierliche Qualitäts- und Produktivitätsverbesserung sowie eine flexible Anpassung an technologische und nachfragebezogene Veränderungen sicherzustellen. Dieser Tarifvertrag dient der sozialverträglichen Umsetzung dieser Maßnahmen.

        

(2)     

Maßnahmen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind

                 

(a)     

Änderungen der Aufbauorganisation,

                 

(b)     

Änderungen der Ablauforganisation,

                 

(c)     

Maßnahmen zur Nutzung des technischen Fortschritts,

                 

(d)     

andere personalwirtschaftliche Maßnahmen,

                 

soweit hierdurch der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird.

        

Ausführungsbestimmungen zu Absatz 2:            

        

1.    

zu Buchstabe a):

                 

Unter Aufbauorganisation ist die Bildung von Organisationseinheiten, die Zuteilung von Aufgaben zu diesen Einheiten, die Aufgabenverteilung innerhalb der Einheiten sowie die Festlegung ihrer Zuständigkeiten zu verstehen. Sie umfasst z.B. die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Niederlassungen, die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Ressorts oder Abteilungen, die Aufgabenverteilung auf Niederlassungen oder Ressorts sowie die Arbeitsverteilung auf Funktionsträger.

        

2.    

zu Buchstabe b) und c):

                 

Die Ablauforganisation ist die Ordnung für das zeitlich-räumliche Hinter- und Nebeneinander von Arbeitsvorgängen zur Erfüllung der im Rahmen der Aufbauorganisation vorgesehenen Aufgaben. Sie umfasst die Gestaltung von Arbeitsverfahren, Arbeitsvorschriften, Arbeitsfeldern und Arbeitsplätzen sowie den Einsatz von Arbeitsmitteln.

        

3.    

Betrieblich veranlasste Maßnahmen, in deren Folge die Gesamttätigkeit, die der Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend ausübt, einer niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen ist (anforderungsändernde Maßnahmen), werden ebenfalls von diesem Tarifvertrag erfasst.

        

(3)     

Eine Verringerung des Personalbedarfes, die durch gesamtwirtschaftlich bedingten allgemeinen Verkehrsrückgang ausgelöst ist, zählt nicht zu Maßnahmen nach Absatz 2.

        

§ 2 Persönlicher Geltungsbereich

        

Dieser Unterabschnitt gilt für Arbeitnehmer,

        

(a)     

die unter den Geltungsbereich des MTV und des ERTV der DTKS fallen und

        

(b)     

die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur DTKS stehen,

        

soweit dieses Arbeitsverhältnis seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen besteht.

        

…       

        

§ 3 Auswahl

        

(1)     

Wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind, nur ein Teil der Arbeitsplätze wegfällt oder verlegt wird, so werden alle auf den gleichen Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer bei der Festlegung, welche Arbeitnehmer konkret vom Wegfall bzw. von der Verlegung des Arbeitsplatzes betroffen sind, mit einbezogen. Die erforderlich werdende Auswahl richtet sich abschließend nach Absatz 4 und der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag.

        

(2)     

Wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind, alle Arbeitsplätze wegfallen oder verlegt werden, so sind alle auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer betroffen und werden in die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit der DTKS, den Betrieb BQE1 1 , versetzt.

        

(3)     

Wenn im Falle des Absatzes 1 und 2 innerhalb der Organisationseinheit andere vergleichbare Arbeitsplätze bestehen, die nicht von einer Maßnahme im Sinne des § 1 betroffen sind, so werden die darauf beschäftigten Arbeitnehmer bei der Festlegung, welche Arbeitnehmer konkret vom Wegfall bzw. der Verlegung des Arbeitsplatzes betroffen sind, mit einbezogen. Die erforderlich werdende Auswahl richtet sich abschließend nach Absatz 4 und der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag.

        

(4)     

Bei einer nach Absatz 1 und 3 erforderlich werdenden Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern sind die persönlichen und sozialen Gesichtspunkte nebst Verfahren gemäß Anlage 1 und die Punktetabelle gemäß Anlage 2 heranzuziehen. Diese sind abschließend.

        

(5)     

Von der Auswahlentscheidung ausgenommen werden Arbeitnehmer, die zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebs/der Organisationseinheit zwingend erforderliche, unverzichtbare Kenntnisse aufweisen und andere potentiell betroffene Arbeitnehmer diese nicht aufweisen.

        

(6)     

Von der Auswahlentscheidung ausgenommen werden weiterhin Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I bereits in Altersteilzeit befinden beziehungsweise bei denen gemäß bereits geschlossenem Altersteilzeitvertrag der Beginn einer Altersteilzeit innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I liegt. Beginnt die Freistellungsphase des herausgenommenen Arbeitnehmers binnen zwölf Monaten, wird anstelle des herausgenommenen Arbeitnehmers kein anderer Arbeitnehmer in das Auswahlverfahren einbezogen.

        

Protokollnotiz zu § 3 Absatz 6:            

        

Bei Vollbetroffenheit im Sinne des Absatzes 2 findet die Herausnahmeregelung des Absatzes 6 Satz 1 keine Anwendung. Eine Versetzung in die BQE erfolgt jedoch nur, wenn bei einer vorrangigen Prüfung anderweitiger Unterbringung des Arbeitnehmers - begrenzt auf die TRZ-Grenze - nachweislich kein anderweitiger zumutbarer und gleichwertiger Arbeitsplatz gem. TV Ratio DTKS gefunden wurde.

        

Protokollnotiz zu § 3:            

        

1.    

Bei der nach den Absätzen 3 und 4 vorzunehmenden Auswahlentscheidung handelt es sich um eine Sozialauswahl im Sinne des KSchG zum Zwecke der Überführung gemäß § 5 Absatz 1 und 3 in den Betrieb BQE. Die Anlagen 1 und 2 dieses Tarifvertrags stellen für diesen Zweck eine Auswahlrichtlinie im Sinne des § 1 Absatz 4 KSchG dar.

        

2.    

Die einzubeziehenden Mitarbeiter erhalten mittels eines einheitlichen Formblattes die Möglichkeit, die Kriterien der Anlage 2 sowie etwaige soziale Härten geltend zu machen.

        

§ 4 Paritätische Auswahlkommission I

        

(1)     

Für eine nach § 3 erforderlich werdende Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern wird in DTKS eine ständige Auswahlkommission im Betrieb eingerichtet.

        

(2)     

Die Auswahlkommission ist mit Arbeitgebervertretern und Mitgliedern des Betriebsrats des jeweils betroffenen Betriebes der DTKS paritätisch zu besetzen.

        

(3)     

In der Auswahlkommission ist mit dem Ziel einer Einigung eine umfassende Erörterung und Beratung vorzunehmen. Soweit schwerbehinderte Arbeitnehmer betroffen sind, ist im Rahmen der Beratung innerhalb der Auswahlkommission der Vertrauensmann der Schwerbehinderten zu hören.

        

(4)     

Die Auswahlkommission hat innerhalb von zwei Wochen nach Zuleitung eine Empfehlung abzugeben, welche Arbeitnehmer nach § 3 ausgewählt werden sollen. Kommt es zu keiner Empfehlung, entscheidet der Arbeitgeber alleine über die Auswahl; die Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes gelten.

        

(5)     

Für die Auswahlkommission gilt abschließend die Geschäftsordnung der Anlage 3a zu diesem Tarifvertrag.

        

§ 5 Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit/BQE

        

(1)     

Der nach § 3 und § 4 ausgewählte Arbeitnehmer erhält ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Betrieb BQE zu den in Abschnitt 1 (nebst Anlagen) genannten Bedingungen aufzunehmen. Im Übrigen bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert. Für die Annahme des Änderungsvertrags wird dem Arbeitnehmer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt.

        

(2)     

Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags kann der Arbeitnehmer einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. Die Höhe der Abfindung ergibt sich aus Anlage 6. Es gelten die Bestimmungen des § 11.

        

(3)     

Lehnt der Arbeitnehmer die Angebote nach Absatz 1 und Absatz 2 ab, so erfolgt eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen nach Absatz 1. Abweichend von § 22 MTV gilt hierfür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.

        

(4)     

Im Betrieb BQE erfolgt eine Betreuungs- und Vermittlungsphase. Die sich hierdurch ergebenden Aufgaben werden durch die Vivento der Deutschen Telekom AG bzw. ab dem 01.01.2009 durch die Vivento-Nachfolgeeinheit wahrgenommen.

        

…       

        
        

§ 8 Gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Die DTKS ist verpflichtet, den nach den §§ 3 und 4 ausgewählten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen anderen gleichwertigen und zumutbaren Dauerarbeitsplatz innerhalb der DTKS anzubieten (interne Vermittlung).

        

…       

        
        

(7)     

Zumutbar ist ein Arbeitsplatz, wenn er die Anforderungen der Anlage 4 erfüllt. Eine Qualifizierungsmaßnahme ist für einen Arbeitnehmer in der Regel dann unzumutbar, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat. Der Arbeitnehmer, der das 55. Lebensjahr bereits vollendet hat, kann eine ihm angebotene Qualifizierungsmaßnahme ablehnen. Der Arbeitnehmer kann auf freiwilliger Basis von den einschränkenden Regelungen der Anlage 4 abweichen. Der freiwillige Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz ist der Annahme eines Angebotes gleichgestellt.

        

…       

        
        

(9)     

Ein Dauerarbeitsplatz ist jeder Arbeitsplatz, der im Zeitpunkt der Vermittlung des Arbeitnehmers arbeitsrechtlich unbefristet ist. Angebot im Sinne des TV Ratio (mit den Folgen des Absatzes 10) ist der vom künftigen Arbeitgeber - nach Durchlaufen eines erforderlichen Auswahlverfahrens II - vor Durchführung des Beteiligungsverfahrens nach § 99 BetrVG angebotene Dauerarbeitsplatz im obigen Sinne.

        

(10)   

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, einen ihm angebotenen zumutbaren anderen Arbeitsplatz anzunehmen und sich gegebenenfalls einer Qualifizierungsmaßnahme zu unterziehen. Lehnt der Arbeitnehmer ein zumutbares Angebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme bei DTKS bzw. ein zumutbares Angebot bei einem konzernweiten Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 mit mindestens gleichem Jahresbezugsentgelt (gemäß Protokollnotiz zu § 6) ab, so verliert er die Ansprüche aus diesem Tarifvertrag. Lehnt der Arbeitnehmer auch ein zweites zumutbares internes Vermittlungsangebot bzw. ein zweites zumutbares Angebot bei einem konzernweiten Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 mit mindestens gleichem Jahresbezugsentgelt (gemäß Protokollnotiz zu § 6) ab, so ist dies ein wichtiger Grund im Sinne des § 22 Absatz 5 und § 23 MTV, der zu einer Kündigung führen kann.

                 

…       

        

§ 9 Paritätische Auswahlkommission II

        

(1)     

Für eine erforderlich werdende Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern bei der Versetzung beziehungsweise dem Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz werden im Betrieb BQE vier ständige Auswahlkommissionen eingerichtet.

        

…       

        
        

§ 10 Leistungen bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Bei interner Vermittlung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistungen gemäß Anlage 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1.

        

…       

        
        

§ 12 Betriebsbedingte Beendigungskündigungen

        

(1)     

In der Zeit bis zum 31. Dezember 2012 scheiden aus Anlass von Maßnahmen im Sinne von § 1 betriebsbedingte Beendigungskündigungen grundsätzlich aus. Dies schließt jedoch Änderungskündigungen nicht aus. Satz 1 gilt nicht, wenn die Tarifvertragspartei ver.di betriebsbedingten Beendigungskündigungen zustimmt.

        

(2)     

Der Ausschluss der betriebsbedingten Beendigungskündigung nach Absatz 1 gilt nicht für Arbeitnehmer,

                 

(a)     

deren Arbeitsverhältnis zur DTKS seit weniger als zwei Jahren ununterbrochen besteht oder

                 

(b)     

die ein zumutbares Arbeitsplatzangebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme ablehnen oder

                 

…       

        
        

Abschnitt 2

        

Besondere Schutzregelungen für Arbeitnehmer in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von weniger als zwei Jahren

        

§ 13 Geltungsbereich

        

Der Abschnitt 2 gilt für Arbeitnehmer, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind und deren unbefristetes tarifliches Arbeitsverhältnis zur DTKS weniger als ununterbrochen zwei Jahre besteht.

        

…       

        

§ 14 Schutzregelungen

        

(1)     

Die DTKS bemüht sich, für die in § 13 genannten Arbeitnehmer soziale Härten zu vermeiden.

        

(2)     

Ausgewählte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot auf befristete Beschäftigung im Betrieb BQE für die Dauer von 12 Monaten mit dem Zweck der Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz. §§ 5 und 6 einschließlich der jeweils dazugehörenden Protokollnotizen finden Anwendung.

        

(3)     

Soweit ein anderes Arbeitsverhältnis angenommen oder ein angebotener interner oder konzernweiter Dauerarbeitsplatz der Deutschen Telekom AG oder einem Unternehmen im Sinne des § 8 Absatz 3 abgelehnt wird, endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Befristung, gegebenenfalls mit Ablauf der Annahmefrist. Gleiches gilt bei Ablehnung von zwei externen Arbeitsplatzangeboten.

        

§ 15 Leistung bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Bei interner Vermittlung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistungen gemäß Anlage 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2.

        

…       

        
                          
        

Abschnitt 3

        

Schlussbestimmungen

        

...     

        

§ 18 Kündigungsbestimmungen

        

…       

        
        

(3)     

§ 12 tritt unabhängig von Absatz 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft. Die Nachwirkung ist ausgeschlossen.

        

Protokollnotiz zu § 18 Absatz 3:            

        

Einzelheiten dazu, welche Auswirkungen eine Nichtverlängerung des § 12 über den 31.12.2012 hinaus im Hinblick auf das Verfahren nach § 5 Absätze 1 bis 3 und eine dann notwendig werdende Sozialauswahl hat, sind in einer gesonderten schuldrechtlichen Vereinbarung festgelegt.“

4

Die in Anlage 3a zu diesem Tarifvertrag aufgenommene „Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I“ sieht in § 2 Abs. 1 vor, dass die Auswahlkommission mit zwei bis höchstens drei Mitgliedern des Arbeitgebers und des Betriebsrats besetzt wird. Nach § 3 Satz 1 der Geschäftsordnung tagt die Auswahlkommission, sobald die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS notwendig ist.

5

Die Beklagte war durch einen mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Zuordnungstarifvertrag vom 28. April 2008 (ZTV 2008) in acht Regionen und eine Zentrale untergliedert. Nach § 3 Abs. 1 Unterabs. 1 ZTV 2008 stellte jede selbständige Organisationseinheit mit ihren Betriebsteilen einen Betrieb iSd. § 1 BetrVG dar, bei dem ein Betriebsrat gebildet wurde. Selbständige Organisationseinheiten waren nach § 3 Abs. 2 ZTV 2008 die acht Regionen und die Zentrale. Mit der Anlage 1 zum ZTV 2008 wurden der Region 2 (Nord-Ost) der Standort Berlin Quelleinheit „T-Com“ und der Standort Berlin Quelleinheit „TMD“ zugeordnet. Die Region 2 erstreckte sich über die Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Für sie war der Betriebsrat Nord-Ost gebildet.

6

Die Beklagte unterhielt in Berlin fünf Callcenter. Während die Callcenter in der Holzhauser Straße, der Lankwitzer Straße, der Buchberger Straße und der Köpenicker Allee Leistungen im Bereich Festnetz erbrachten, erbrachte das Callcenter in der Schätzelbergstraße ausschließlich Dienstleistungen im Bereich des Mobilfunks. Es besteht aus den Abteilungen Geschäftskundenkontaktcenter 42 und 43 (GK 42 und GK 43) sowie einem Teil des Kompetenzcenters 44 (KC 44). Die in den Abteilungen GK 42 und GK 43 bestehenden Arbeitszeitmodelle gelten ausschließlich für diese Abteilungen. Die im Callcenter Berlin Schätzelbergstraße zum Einsatz kommenden IT-Lösungen unterscheiden sich von denjenigen der Festnetz-Callcenter. Arbeits- und Entgeltbedingungen für die einzelnen Callcenter sind unternehmenseinheitlich festgelegt.

7

Am 28. November 2008 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat in einem Einigungsstellenverfahren eine „Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH (DTKS) und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS (GBR) über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS“(GBV). Darin ist ua. bestimmt:

        

„I. Interessenausgleich

        

§ 2 Beschreibung der Maßnahme

        

(1) Die aktuellen Standorte der DTKS vor Umsetzung der Konsolidierung der Standorte (Maßnahme) ergeben sich aus Anlage 1 (Quellstandorte).

        

(2) Die sich in Umsetzung der Maßnahme ergebenden neuen Zielstandorte einschließlich der grundsätzlichen Mitarbeitermigrationspfade sind in Anlage 2a (Zielstandorte) beschrieben. In der Anlage 2b ist dargestellt, in welchen Fällen und an welchen Standorten Mitarbeiter abweichend vom Migrationspfad nach Anlage 2a an einen anderen Standort migrieren können.

        

(3) Die Maßnahme wird gemäß dem Zeitplan aus Anlage 3 (Umsetzungszeitplan/Placementprozess) nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung umgesetzt. In der Anlage sind Beginn, Ende und der zeitliche Ablauf (Staffelung) der Maßnahme dargestellt. Abweichungen von dem in der Anlage 3 beschriebenen Umsetzungsplan können sich insbesondere aus dem Immobilienprozess ergeben. Gegebenenfalls erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. bei Segmentwechsel) können hierbei auch am Zielstandort durchgeführt werden. Die zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Standortes erforderlichen technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen müssen erfüllt sein.

        

Im Verlauf der Umsetzung der Maßnahme wird die Anzahl der bestehenden Standorte auf die in der Anlage 2a aufgeführten Zielstandorte reduziert. Einzelheiten zu den Standorten ergeben sich aus der Standortübersicht ‚Zielstandorte’ (Anlage 2a).

        

(4) Die Parteien sind im Rahmen der Verhandlungen von einem konstant bleibenden Callvolumen ausgegangen. Wie sich das Callvolumen tatsächlich über die Gesamtlaufzeit dieser Vereinbarung hinweg entwickeln wird, ist jedoch von einer Vielzahl geschäftlicher Einflüsse (z.B. Kundenverhalten, Regulierung, Wettbewerbsentwicklung etc.) abhängig und ist deshalb Gegenstand der jährlichen Personal- und Geschäftsplanung der DTKS.

        

Eine Nachbesetzung frei werdender Stellen findet daher grundsätzlich maximal bis zur Höhe der durch die jeweilige iPF Planung festgelegten Stellenanzahl statt.

        

Bei einer Nachbesetzung soll grundsätzlich folgende Reihenfolge möglicher geeigneter Bewerber eingehalten werden:

        

•       

Auszubildende, die im Rahmen von Konzernregelungen grundsätzlich für eine Übernahme in Betracht kommen

        

•       

Arbeitnehmer aus dem Konzern DTAG

        

•       

Leih- und Zeitarbeitnehmer, die in der DTKS eingesetzt sind.

        

Es gilt grundsätzlich das Prinzip der Bestenauswahl gemäß Konzernstellenbesetzungsrichtlinie, sofern nicht höherrangige Rechtsvorschriften (z.B. TV Ratio DTKS) etwas anderes vorsehen.

        

…       

        

§ 3 Grundsätze der Umsetzung der Maßnahme

        

(1) Alle von der Maßnahme betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Betroffene) in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erhalten in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 7 Satz 1 TV Ratio ein Angebot auf einen Dauerarbeitsplatz an einem Zielstandort gemäßAnlage 2a bzw. Anlage 2b. Betroffene in befristeten Arbeitsverhältnissen erhalten in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 7 Satz 1 TV Ratio ein Angebot auf Fortführung des befristeten Arbeitsverhältnisses an einem Zielstandort gemäßAnlage 2a bzw. Anlage 2b.

        

…       

        

§ 11 Schlussbestimmungen

        

(1) Die Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie endet mit Durchführung der geregelten Maßnahme, spätestens am 31.12.2011. Alle aufgeführten Anlagen sind Bestandteil dieser Vereinbarung und stellen damit die gemeinsame Geschäftsgrundlage für die hier getroffenen Regelungen dar. Änderungen der Anlagen werden zwischen den Vertragsparteien beraten mit dem Ziel der Verständigung, ob die Änderungen vom Interessenausgleich abgedeckt sind oder der Interessenausgleich hierauf angewendet werden kann. Ist dies nicht der Fall, wird der GBR bei den Änderungen nach den allgemeinen Regelungen des BetrVG beteiligt. Die Nachwirkung der Vereinbarung ist ausgeschlossen.

        

…“    

        

„Anlage 1

        

Derzeitige Call Center Einheiten der DTKS GmbH

        

Die DTKS GmbH betreibt zur Zeit 83 Call Center in 63 politischen Gemeinden.

                 

Standort

        

Adresse

        

...     

...     

...     

...     

        

5       

Berlin

5       

Holzhauser Str. 4 - 8

                          

6       

Lankwitzer Str. 13 - 17

                          

7       

Buchberger Str. 3 - 4

                          

8       

Schätzelbergstr. 1 - 3 + 2 - 6

                          

9       

Köpenicker Allee 146 - 162

        

...     

...     

...     

...“   

                                            
        

„Anlage 2a

        

Zuordnung Quellstandorte zu DTKS Zielstandorten

                 

Quellstandort

Zielstandort

        

...     

...     

...     

        

5       

Berlin, Schätzelbergstraße

Berlin

        

5       

Berlin, alle anderen STO

Frankfurt (Oder)

        

...     

...     

...“   

8

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 benannte der Betriebsrat der Region Nord-Ost drei Betriebsratsmitglieder zur Entsendung in die Paritätische Auswahlkommission nach § 4 TV Ratio DTKS sowie drei Vertreter und bat die Beklagte, die Paritätische Auswahlkommission einzuberufen, um die Umsetzung der GBV vorzubereiten. Die Beklagte lehnte die Einberufung der Auswahlkommission mit E-Mail vom 7. Januar 2009 ab. Das vom Betriebsrat eingeleitete Beschlussverfahren, das auf umfassende Erörterung und Beratung der Auswahl der Arbeitnehmer, die zur Umsetzung der GBV vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) versetzt werden sollten, gerichtet war, blieb erfolglos (ArbG Rostock 27. Oktober 2009 - 1 BV 22/09 -).

9

Die Beklagte verlagerte bis auf den Standort Berlin Schätzelbergstraße alle Berliner Standorte nach Frankfurt (Oder). Sie schloss die Verlagerung am 9. Dezember 2009 ab.

10

Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG verweigerte der Betriebsrat der Region Nord-Ost seine Zustimmung zu den beabsichtigten 492 Versetzungen von Berlin nach Frankfurt(Oder) unter Hinweis auf einen Verstoß gegen § 3 TV Ratio DTKS wegen unterlassener Beratung und Erörterung in der Paritätischen Auswahlkommission.

11

Mit Schreiben vom 22. September 2009 und 27. November 2009 forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihre Arbeit ab 1. Dezember 2009 bzw. 7. Dezember 2009 am Standort Frankfurt (Oder) zu leisten. Das lehnte die Klägerin zunächst ab. Inzwischen arbeitet die Klägerin „unter Vorbehalt“ in Frankfurt (Oder).

12

Das Arbeitsgericht Rostock wies den Antrag der Beklagten, die Zustimmung des Betriebsrats zu den Versetzungen zu ersetzen, mit Beschluss vom 4. Mai 2010 ab (- 1 BV 49/09 -). Zugleich stellte es fest, dass die vorläufige Versetzung der betroffenen Arbeitnehmer nach Frankfurt (Oder) aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Über dieses Beschlussverfahren ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Es ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 7 ABR 20/11 - anhängig.

13

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versetzung. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe sich dahin konkretisiert, dass sie nur noch in Berlin eingesetzt werden könne, weil sie dort über 20 Jahre an verschiedenen Standorten gearbeitet habe. Die Versetzung sei ihr aufgrund der Kinderbetreuung nicht zumutbar und damit nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Durch die Verlängerung der Wegezeiten von täglich mehr als zwei Stunden würden ihre Rechte aus Art. 6 GG verletzt. Die Versetzung sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat ihr nicht zugestimmt habe. Die Beklagte habe schließlich nicht das vom TV Ratio DTKS vorgesehene Auswahlverfahren durchgeführt und ihr einen Änderungsvertrag mit dem Ziel der Versetzung in die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit angeboten.

14

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihre durch die Beklagte erfolgte Versetzung, ab 7. Dezember 2009 im Betrieb der Beklagten in Frankfurt (Oder) zu arbeiten, unwirksam ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Klage zumindest derzeit für unbegründet gehalten, weil sie eine sowohl individualrechtlich als auch betriebsverfassungsrechtlich nach § 100 BetrVG wirksame Versetzung vorgenommen habe. Die GBV, die ua. als Interessenausgleich zu verstehen sei, umschreibe die Betriebsänderung abschließend und stehe selbständig neben dem TV Ratio DTKS. Die Versetzung eines Arbeitnehmers sei schon keine Verlegung des Arbeitsplatzes iSv. § 3 TV Ratio DTKS, weil die betroffenen Arbeitnehmer nicht beschäftigungslos würden. Zudem sei der Standort Schätzelbergstraße ein eigenständiger Betrieb iSd. Kündigungsschutzgesetzes. Der TV Ratio DTKS wolle die Sozialauswahl nach gebotener Auslegung nicht über den kündigungsschutzrechtlichen Betriebsbegriff hinaus erweitern. Die Betriebsparteien hätten die Schätzelbergstraße in ihrer personellen Struktur wegen des Spezialwissens der dort beschäftigten Arbeitnehmer erhalten und von jeglicher Auswahlentscheidung ausnehmen wollen. Eine Sozialauswahl sei für Versetzungen von Gesetzes wegen nicht geboten. Gingen die Tarifvertragsparteien darüber - wie mit der Protokollnotiz zu § 3 TV Ratio DTKS - hinaus, müsse es den Betriebsparteien zumindest in Analogie zu § 1 Abs. 4 KSchG möglich sein, Ausnahmen davon zu machen.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist in der Sache erfolgreich. Eine sofortige unmittelbare Versetzung der Klägerin nach Frankfurt (Oder) war tariflich ausgeschlossen.

18

A. §§ 99, 100 BetrVG stehen der Versetzung der Klägerin nach Frankfurt(Oder) nicht entgegen, obwohl das beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 7 ABR 20/11 - anhängige Zustimmungsersetzungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine als vorläufige Maßnahme nach § 100 BetrVG durchgeführte Versetzung dem Arbeitnehmer gegenüber wirksam ist, bis sie - ggf. nach § 100 Abs. 3 Satz 2 BetrVG - nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

19

B. Der Senat kann offenlassen, ob die Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder) vom gesetzlichen Direktionsrecht der Beklagten (§ 106 Satz 1 GewO) gedeckt ist.

20

I. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Inhalt des Arbeitsvertrags der Parteien nicht auf den Arbeitsort Berlin festgelegt oder konkretisiert.

21

1. Nach § 106 Satz 1 GewO darf der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist(vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 31, AP BGB § 307 Nr. 26). In einem ersten Schritt ist durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsort vertraglich festgelegt ist und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, BAGE 135, 239).

22

2. Der Arbeitsort ist hier nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weder ausdrücklich vertraglich festgelegt, noch ist er auf das Gebiet des Landes Berlin konkretisiert.

23

a) Der letzte zwischen der Klägerin und der Deutschen Bundespost Telekom geschlossene Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1991 legt keinen bestimmten Arbeitsort fest. Er unterscheidet sich damit von dem ersten Arbeitsvertrag der Klägerin mit einer früheren Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 31. August 1989, der den Arbeitsort Berlin-Adlershof vorsah. In einem solchen Fall ist eine Ortsveränderung durch Versetzung in eine andere politische Gemeinde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unabhängig vom Berufsbild vertraglich nicht ausgeschlossen und grundsätzlich vom gesetzlichen Weisungsrecht der Beklagten aus § 106 Satz 1 GewO gedeckt(vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; siehe auch 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 31 f., AP BGB § 307 Nr. 26; zust. etwa Dzida/Schramm BB 2007, 1221, 1225 f.; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 16; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 971; abl. Hromadka NZA 2012, 233, 238 [Erforderlichkeit eines ausdrücklichen oder konkludenten Versetzungsvorbehalts, konkludent vor allem denkbar bei einer Arbeitspflicht an verschiedenen Orten]; Wank RdA 2012, 139, 140; ders. NZA Beilage 2/2012, 41, 48; ders. RdA 2005, 271, 272 [Maßgeblichkeit des Berufsbilds]). Der Senat kann den Arbeitsvertrag als typischen Vertrag selbst auslegen. Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag nach seinem Erscheinungsbild mehrfach verwendet. Der Vertrag enthält bis auf die Daten der Klägerin keine individuellen Besonderheiten.

24

b) Die Arbeitspflicht der Klägerin ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nicht auf den Arbeitsort Berlin konkretisiert.

25

aa) Arbeitspflichten können sich zwar nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (vgl. für die st. Rspr. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 98/11 - Rn. 47; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50 mwN, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55; 7. Dezember 2000 - 6 AZR 444/99 - zu III 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 23).

26

bb) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Bis auf den langjährigen Einsatz der Klägerin im Gebiet des Landes Berlin traten keine besonderen Umstände hinzu, die ihr Vertrauen darauf gerechtfertigt hätten, nur in Berlin eingesetzt zu werden. Die Vorinstanzen haben solche besonderen Umstände zu Recht nicht darin gesehen, dass die Beklagte in der Vergangenheit nicht auf die arbeitsvertraglich vorbehaltene örtliche Versetzungsbefugnis hingewiesen hatte. Allein daraus, dass ein Vertragspartner über einen längeren Zeitraum hinweg nicht auf ein vertraglich vereinbartes Recht hinweist, darf der andere Vertragspartner nicht schließen, sein Vertragspartner werde von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 52, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55).

27

c) Ist der Arbeitsort nicht festgelegt oder konkretisiert und weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, unterliegt die Weisung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keiner Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, sondern der Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(aA Wank RdA 2012, 139, 140). Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. nur BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 18, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, BAGE 135, 239; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

28

II. Der Senat kann offenlassen, ob an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den arbeitsvertraglichen Grenzen des gesetzlichen Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) bei Versetzungen mit einer Veränderung des Arbeitsorts festzuhalten ist (abl. Hromadka NZA 2012, 233, 238; Wank RdA 2012, 139, 140, der auch dem individualrechtlichen Begriff der Versetzung aufgrund Direktionsrechts kritisch gegenübersteht und sich für den Begriff der Umsetzung ausspricht; ders. NZA Beilage 2/2012, 41, 48; ders. RdA 2005, 271, 272). Es kann auch dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht trotz der Kinderbetreuungspflicht der Klägerin rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Ausübung des Weisungsrechts der Beklagten durch die Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder) sei nicht zu beanstanden. Die Versetzung der Klägerin ist jedenfalls unwirksam, weil das Direktionsrecht der Beklagten entweder durch § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS oder durch § 3 Abs. 2 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS beschränkt ist. Die in §§ 3 bis 5 TV Ratio DTKS enthaltene tarifliche Auswahlrichtlinie dient dazu, dem Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS durch einzelvertragliche Abrede oder Änderungskündigung die Möglichkeit zu eröffnen, in den Betrieb BQE versetzt zu werden(ebenso Hümmerich/Welslau NZA 2005, 610, 612; Klinkhammer JbArbR Bd. 43 S. 63, 84). Der Anwendungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet. Die Auslegung der tarifvertraglichen Regelungen (§ 3 Abs. 1, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS) ergibt, dass auch Verlagerungen von Arbeitsplätzen ohne Personalabbau das Angebot eines Änderungsvertrags mit dem Ziel einer Versetzung in die BQE verlangen. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS - jeweils iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS - beschränkten das Direktionsrecht der Beklagten zunächst auf dieses tarifliche Verfahren und schlossen eine sofortige unmittelbare Versetzung von Berlin nach Frankfurt(Oder) aus. Den Tarifvertragsparteien fehlte nicht die Kompetenz, ein tarifliches Auswahlverfahren zu schaffen. Die GBV vom 28. November 2008 durfte vom tariflichen Auswahlverfahren nicht abweichen, indem sie „Mitarbeitermigrationspfade“ vorsah.

29

1. Der Anwendungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet.

30

a) Die Klägerin unterfällt durch ihre Gewerkschaftszugehörigkeit dem persönlichen Geltungsbereich des TV Ratio DTKS. Die Beklagte ist Tarifvertragspartei des Firmentarifvertrags (§ 3 Abs. 1 TVG).

31

b) Der sachliche Geltungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet.

32

aa) Dem sachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags unterfallen nach § 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen, die eine kontinuierliche Qualitäts- und Produktivitätsverbesserung sowie eine flexible Anpassung an technologische und nachfragebezogene Veränderungen sicherstellen sollen. § 1 Abs. 2 Buchst. a TV Ratio DTKS definiert als Maßnahmen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Änderungen der Aufbauorganisation, soweit hierdurch der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird. In den Ausführungsbestimmungen ist geregelt, wie der Begriff der Aufbauorganisation zu verstehen ist. „Aufbauorganisation“ ist danach die Bildung von Organisationseinheiten, die Zuteilung von Aufgaben zu diesen Einheiten, die Aufgabenverteilung innerhalb der Einheiten sowie die Festlegung ihrer Zuständigkeiten. Sie umfasst zB die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Niederlassungen, die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Ressorts oder Abteilungen, die Aufgabenverteilung auf Niederlassungen oder Ressorts sowie die Arbeitsverteilung auf Funktionsträger (Nr. 1 der Ausführungsbestimmungen zu Absatz 2).

33

bb) Die in der GBV vom 28. November 2008 enthaltenen Maßnahmen unterfallen dem sachlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrags.

34

(1) Aus der Präambel der GBV geht hervor, dass sie der Modernisierung und Konsolidierung der bestehenden Standorte dient und die Beklagte eine betriebswirtschaftliche Optimierung des Unternehmens durch Produktivitätssteigerungen erstrebt. Damit sollen die Maßnahmen der GBV eine Produktivitätssteigerung iSv. § 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS sicherstellen. Dafür sieht die GBV die „Migration“ von sog. Quellstandorten zu neuen Zielstandorten vor, die sich näher aus den Anlagen der GBV ergeben. Für die Berliner Standorte - mit Ausnahme des Standorts Schätzelbergstraße - ergibt sich der Zielstandort Frankfurt (Oder). Die „Migration“ war mit der Auflösung der Standorte in der Holzhauser Straße, der Lankwitzer Straße, der Buchberger Straße und der Köpenicker Allee verbunden. Zugleich wurde in Frankfurt (Oder) ein Standort begründet oder der dort schon bestehende Standort zumindest um weitere Abteilungen erweitert. Aufgaben der Berliner Standorte wurden nach Frankfurt (Oder) überführt. Darin liegt eine Änderung der Aufbauorganisation iSv. § 1 Abs. 2 Buchst. a TV Ratio DTKS.

35

(2) Folge der Änderung der Aufbauorganisation war die Verlegung von Arbeitsplätzen iSv. § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS.

36

(a) Unter „verlegen“ wird im räumlichen Wortsinn eine Handlung verstanden, mit der jemand oder etwas von seinem bisherigen an einen anderen Ort gelegt wird (vgl. Duden Bd. 10 Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl. Stichwort: „verlegen“).

37

(b) Das trifft auf die betroffenen Arbeitsplätze zu. Sie werden nach den Regelungen der GBV vom 28. November 2008 von den Quell- an die Zielstandorte gelegt. Diese Verlegung muss nicht dazu führen, dass Arbeitsplätze wegfallen. Maßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS eröffnen den Anwendungsbereich des Tarifvertrags, soweit der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird. Die Tarifvertragsparteien haben das Wort „oder“ zur Verknüpfung verwendet, sodass beide Satzglieder alternative Möglichkeiten ausdrücken, von denen eine infrage kommt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Anwendungsbereich nur für solche Verlegungen von Arbeitsplätzen eröffnen wollten, die zugleich mit einem Arbeitsplatzabbau verbunden sind.

38

2. Entgegen der Auffassung der Revision war bei der Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße nach Frankfurt (Oder) das Direktionsrecht der Beklagten durch die ua. in §§ 3 und 5 TV Ratio DTKS enthaltene tarifliche Auswahlrichtlinie dahin eingeschränkt, die Klägerin einvernehmlich oder durch Änderungskündigung in die BQE zu versetzen. Die Auslegung von § 3 TV Ratio DTKS ergibt, dass die Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße eine Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS erforderlich machte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Standorte Berlin Holzhauser Straße und Berlin Schätzelbergstraße demselben Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn angehörten oder nicht. Gehörten die früheren fünf Berliner Standorte oder auch nur die Standorte Holzhauser Straße und Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn an, war die Klägerin nur im Fall ihrer tarifgerechten Auswahl nach § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS in die BQE zu versetzen. Sollten der Standort Berlin Schätzelbergstraße und der Standort Berlin Holzhauser Straße oder alle anderen vier früheren Berliner Standorte mehrere Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinn gebildet haben, schränkte § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS das Direktionsrecht der Beklagten dahin ein, die Klägerin in die BQE zu versetzen. Die sofortige unmittelbare Versetzung der Klägerin nach Frankfurt (Oder) ohne den Versuch, sie in die BQE zu versetzen, war von dem durch den TV Ratio DTKS tariflich eingeschränkten Direktionsrecht der Beklagten (§ 106 Satz 1 GewO) nicht gedeckt.

39

a) Bei der Auslegung kann der Senat in der ersten Alternative unterstellen, dass der verlagerte Standort Berlin Holzhauser Straße, in dem die Klägerin jedenfalls bis Anfang Dezember 2009 eingesetzt war, kündigungsschutzrechtlich demselben Betrieb angehörte wie der Standort Berlin Schätzelbergstraße. Der (gesetzliche oder gewillkürte) betriebsverfassungsrechtliche Begriff des Betriebs ist für das Auswahlverfahren nicht maßgeblich.

40

aa) Für Änderungskündigungen ist es möglich, Auswahlrichtlinien aufzustellen. Dabei sind die Betriebs- oder Tarifvertragsparteien an die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes gebunden. Sie können die gesetzlichen Anforderungen an die Sozialauswahl nicht abweichend von § 1 Abs. 3 KSchG festlegen(vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 43 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79). Das gilt auch für ein der Änderungskündigung vorgeschaltetes Auswahlverfahren (vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 44, aaO). Die Auswahl muss sich deshalb hinsichtlich besetzter Arbeitsplätze innerhalb des Betriebs im kündigungsschutzrechtlichen Sinn vollziehen.

41

bb) Unter einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder gemeinsam mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. Das setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Sachmittel und Personalressourcen voraus. Die Leitungsmacht, die einen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn begründet, wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird. Entscheidend ist, wo im Schwerpunkt über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden (vgl. für die st. Rspr. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 36 mwN; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 392/08 - Rn. 15 f., AP KSchG 1969 § 23 Nr. 48 = EzA KSchG § 23 Nr. 37). Vom Betrieb als Ganzem zu unterscheiden sind Betriebsteile, die gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch selbständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen. Auch ein Hauptbetrieb und eine räumlich weit entfernte Betriebsstätte iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen Betrieb iSv. § 23 KSchG bilden. Im Unterschied zu § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG differenziert § 23 KSchG nicht zwischen Betrieben und räumlich entfernten Betriebsteilen, die als selbständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten. Die räumliche Einheit ist kündigungsschutzrechtlich kein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal, weil es wesentlich auf die Leitung des Betriebs ankommt, der es obliegt, die Einzelheiten der arbeitstechnischen Zwecksetzung zu regeln (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 37; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 392/08 - Rn. 17, aaO ).

42

cc) Gehörten die früheren fünf Berliner Standorte oder auch nur die Standorte Holzhauser Straße und Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn an, war die Klägerin lediglich im Fall ihrer tarifgerechten Auswahl nach § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS in die BQE zu überführen.

43

(1) Nach § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS werden alle auf den gleichen Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer in die Auswahl einbezogen, wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme iSv. § 1 TV Ratio DTKS betroffen sind, nur ein Teil der Arbeitsplätze wegfällt oder verlegt wird. Die Auswahl dient dazu, die ausgewählten Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 TV Ratio DTKS in den Betrieb BQE zu überführen(Nr. 1 der Protokollnotiz zu § 3 TV Ratio DTKS). Nach § 5 Abs. 3 TV Ratio DTKS erfolgt eine Änderungskündigung, wenn der ausgewählte Arbeitnehmer Angebote nach § 5 Abs. 1(Änderungsvertrag) oder § 5 Abs. 2 TV Ratio DTKS(Auflösungsvertrag) ablehnt. Die Auswahl soll eine Änderungskündigung vorbereiten, wenn es zu keiner der einvernehmlichen Lösungen eines Änderungs- oder Auflösungsvertrags kommt. Sind von einer Organisationsmaßnahme des Arbeitgebers mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen und konkurrieren diese um besetzte Arbeitsplätze in demselben Betrieb, hat der Arbeitgeber durch eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu entscheiden, welche Arbeitnehmer er weiterbeschäftigt. Diese Grundsätze finden auch bei einer (beabsichtigten) Änderungskündigung Anwendung. § 2 Satz 1 KSchG verweist uneingeschränkt auf § 1 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 KSchG(st. Rspr., vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 41, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79).

44

(2) Die am Standort Berlin Schätzelbergstraße vorhandenen Arbeitsplätze gehörten zumindest zum Teil zu einer „Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze“ iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS, wenn unterstellt wird, dass die Standorte Berlin Holzhauser Straße und Berlin Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn angehörten. Der Begriff der Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze ist tariflich nicht definiert. Aufgrund der Formulierung „gleiche Arbeitsplätze“ ist aber davon auszugehen, dass es sich um solche Arbeitsplätze handeln muss, an denen gleiche oder gleichartige Tätigkeiten verrichtet werden.

45

(a) An den verschiedenen Standorten arbeiteten bis zur Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße ua. Arbeitnehmer, die als Kundenberater Leistungen in den Bereichen Festnetz oder Mobilfunk vertrieben und Beratungsleistungen erbrachten. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Gegenstand des Vertriebs und der Beratung in Festnetzbereich und Mobilfunk unterschied.

46

(b) Entscheidend dafür, ob die Arbeitsplätze als „gleich“ iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS einzuordnen sind, ist, ob die Arbeitnehmer auf den Arbeitsplätzen austauschbar sind. Dafür sprechen Sinn und Zweck der Regelung sowie der tarifliche Zusammenhang, weil die Auswahl auch dazu dient, Änderungskündigungen vorzubereiten (§ 5 Abs. 3 TV Ratio DTKS). Eine solche Austauschbarkeit ist nicht nur bei Identität der Arbeitsplätze gegeben, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann (vgl. BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 748/05 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 88 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 74; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 676/05 - Rn. 30, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 73). Eine kurze Einarbeitungszeit hindert die Vergleichbarkeit nicht. Eine Austauschbarkeit iSd. Kündigungsschutzgesetzes ist vielmehr erst dann ausgeschlossen, wenn die betriebliche Spezialisierung und die aktuellen besonderen Umstände einen solchen Grad erreicht haben, dass ein Einsatz des zu kündigenden Arbeitnehmers auf dem Arbeitsplatz des „Spezialisten“ auch nach einer angemessenen Einarbeitungsfrist nicht möglich ist. Dafür genügt es nicht, dass der Arbeitnehmer nur einen bestimmten, insbesondere untergeordneten Arbeitsvorgang nicht ausführen kann. Sein Arbeitseinsatz muss insgesamt nicht mehr - wirtschaftlich - erfolgen können (vgl. BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81).

47

(c) Nach diesen Maßstäben bestanden am Standort Berlin Schätzelbergstraße gleiche Kundenberaterarbeitsplätze iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS wie am Standort Berlin Holzhauser Straße und an den übrigen drei früheren Berliner Standorten.

48

dd) Unerheblich ist, ob die Absätze 3 und 5 des § 3 TV Ratio DTKS insoweit unwirksam sind, als sie für die Auswahl an den Begriff der Organisationseinheit anknüpfen. Auf diese Regelungen kommt es nicht an, weil sich das Erfordernis der tarifgerechten Auswahl der Klägerin für die Überführung in die BQE bereits aus § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS ergibt.

49

b) Sollten der Standort Berlin Schätzelbergstraße und der Standort Berlin Holzhauser Straße (ggf. gemeinsam mit den anderen drei früheren Berliner Standorten) zwei Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinn gebildet haben, schränkte § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS das Direktionsrecht der Beklagten dahin ein, die Klägerin in die BQE zu versetzen. In diesem Fall wären alle Arbeitsplätze des verlagerten Betriebs verlegt worden.

50

c) Die nach § 3 Abs. 1 oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS zu treffende Auswahl setzt nicht voraus, dass es zu einem Arbeitsplatzabbau kommt.

51

aa) Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. Wie auch § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS stellen die Absätze 1 bis 3 des § 3 TV Ratio DTKS die Verlegung des Arbeitsplatzes als eigenständige Alternative neben den Wegfall des Arbeitsplatzes. Das wird durch die Verknüpfungen „oder“ und „bzw.“ deutlich.

52

bb) Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht dafür, dass die bloße Verlegung von Arbeitsplätzen eine Auswahlentscheidung nach § 3 TV Ratio DTKS erforderlich macht, wenn vergleichbare Arbeitsplätze im Betrieb bestehen.

53

(1) Die Tarifvertragsparteien stellen in § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2 und § 3 Abs. 3 TV Ratio DTKS den Wegfall und die Verlegung von Arbeitsplätzen als selbständige Alternativen nebeneinander und verknüpfen sie durch „oder“ und „bzw.“. Das deutet auf ein einheitliches Verständnis hin.

54

(2) Das tarifliche Rechtsfolgensystem der §§ 5, 8, 9 und 10 TV Ratio DTKS, das an die Auswahl nach §§ 3 bis 5 TV Ratio DTKS anknüpft, spricht nicht gegen das gefundene Auslegungsergebnis.

55

(a) Nach § 5 Abs. 1 TV Ratio DTKS erhält der nach §§ 3 und 4 TV Ratio DTKS ausgewählte Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Betrieb BQE zu den tarifvertraglich näher geregelten Bedingungen aufzunehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 TV Ratio DTKS). Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt (§ 5 Abs. 1 Satz 5 TV Ratio DTKS). Dieses Rechtsfolgensystem ist für Standortverlagerungen ohne Personalabbau nicht unpassend. Vielmehr ermöglichen die Regelungen zur Versetzung des ausgewählten Arbeitnehmers in die BQE es ihm, Leistungen in Anspruch zu nehmen, die dazu dienen, die mit der organisatorischen Maßnahme und ihrer Umsetzung verbundenen Belastungen abzumildern. Zugleich erlaubt das Rechtsfolgensystem des § 5 TV Ratio DTKS es dem Arbeitnehmer, aus dem Arbeitsverhältnis gegen Abfindung auszuscheiden(§ 5 Abs. 2 TV Ratio DTKS). Das tarifliche Rechtsfolgensystem bietet dem ausgewählten Arbeitnehmer demnach verschiedene Handlungsoptionen.

56

(b) § 8 Abs. 1 TV Ratio DTKS verpflichtet die Beklagte, den nach §§ 3, 4 TV Ratio DTKS ausgewählten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen gleichwertigen und zumutbaren Dauerarbeitsplatz innerhalb des Unternehmens der Beklagten - der DTKS - anzubieten. Der ausgewählte Arbeitnehmer wird auf diese Weise typischerweise nicht in die Gefahr gebracht, gegen seinen Willen den Arbeitsplatz zu verlieren. Für die Auswahl von Arbeitnehmern ist für ein zumutbares Angebot in § 9 TV Ratio DTKS eine weitere Auswahlkommission vorgesehen. Der ausgewählte Arbeitnehmer trifft in der BQE auf andere, mit ihm konkurrierende Arbeitnehmer.

57

(aa) Die in Anlage 4 des TV Ratio DTKS geregelten Zumutbarkeitskriterien berücksichtigen ua. den Qualifizierungsaufwand und die Organisationszugehörigkeit iSd. Organisationseinheit. Für den von der Standortverlagerung betroffenen Arbeitnehmer, dessen neuer Standort innerhalb der Organisationseinheit liegt, ist daher im Hinblick auf Qualifikation und Zugehörigkeit zur Organisationseinheit idR ein Angebot zum Wechsel auf den nur örtlich veränderten Arbeitsplatz eher zumutbar als für andere Arbeitnehmer, die sich bereits in der BQE befinden und anderen Organisationseinheiten angehören.

58

(bb) § 8 Abs. 7 Satz 4 TV Ratio DTKS sieht vor, dass Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis von den einschränkenden Regelungen der Anlage 4 des TV Ratio DTKS abweichen können. Der freiwillige Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz ist der Annahme eines Angebots gleichgestellt (§ 8 Abs. 7 Satz 5 TV Ratio DTKS). Danach kann sich der betroffene Arbeitnehmer freiwillig entscheiden, am neuen Standort die Arbeit aufzunehmen, ohne dass es auf Zumutbarkeitskriterien ankäme.

59

(cc) Nach § 10 Abs. 1 TV Ratio DTKS stehen dem Arbeitnehmer bei einer solchen internen Vermittlung Ansprüche auf Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS zu, die ua. aus einem Erstattungsbetrag zum Ausgleich von Fahrtkosten und des zeitlichen Mehraufwands (§§ 4 und 5 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS) oder einer Umzugshilfe (§ 6 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS) bestehen können.

60

(dd) Das zur Milderung der Verlegung des Arbeitsplatzes vorgesehene Rechtsfolgensystem knüpft damit daran an, dass der örtlich veränderte Dauerarbeitsplatz durch Vermittlung aus dem Betrieb BQE erlangt wird.

61

(c) Zu berücksichtigen ist ferner, dass Abschn. 1 des TV Ratio DTKS, der die Auswahlentscheidung enthält, für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, das noch nicht mindestens zwei Jahre ununterbrochen angedauert hat, keine Anwendung findet (§ 2 TV Ratio DTKS). Die Tarifvertragsparteien sehen aber auch für diese Arbeitnehmer den Wechsel in die BQE vor.

62

(aa) Für diese Arbeitnehmer gelten die im Abschn. 2 des TV Ratio DTKS getroffenen Regelungen (§ 13 TV Ratio DTKS). Die Tarifvertragsparteien stufen diese Arbeitnehmer als weniger schutzwürdig ein und sehen für die Gruppe kein Auswahlverfahren vor. Diese Arbeitnehmer sind deswegen unmittelbar betroffen, wenn ihr Arbeitsplatz wegfällt oder verlegt wird. § 14 Abs. 1 TV Ratio DTKS bestimmt, dass sich die Beklagte bemüht, für diese Arbeitnehmergruppe soziale Härten zu vermeiden. Rechtsfolge ihrer Betroffenheit ist im Übrigen, dass die ausgewählten Arbeitnehmer ein Angebot auf befristete Beschäftigung im Betrieb BQE für die Dauer von zwölf Monaten mit dem Zweck der Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz erhalten (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TV Ratio DTKS). §§ 5 und 6 TV Ratio DTKS finden auf sie Anwendung(§ 14 Abs. 2 Satz 2 TV Ratio DTKS).

63

(bb) Sehen die Tarifvertragsparteien für diese weniger schutzwürdige Arbeitnehmergruppe als allein mögliche Rechtsfolge ihrer Betroffenheit einen Wechsel in die BQE vor, entspricht es dem tariflichen Rechtsfolgensystem, dass die dem Abschn. 1 des TV Ratio DTKS unterfallenden Arbeitnehmer im Fall ihrer Auswahl in die BQE wechseln können, um von dort vermittelt zu werden. Sonst würden die schutzwürdigeren Arbeitnehmer von tariflichen Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS ausgeschlossen. Die dem Abschn. 2 des TV Ratio DTKS unterfallenden kürzer beschäftigten Arbeitnehmer erhielten bei interner Vermittlung demgegenüber Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 2 des TV Ratio DTKS (§ 15 Abs. 1 TV Ratio DTKS), zB Leistungen zum Ausgleich von Fahrtmehrkosten (§ 8 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 2 des TV Ratio DTKS).

64

(d) Auch die Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS und die Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS sprechen bei Standortverlagerungen nicht gegen eine Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS.

65

(aa) Die Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS bestimmt, dass die nach §§ 3, 4 TV Ratio DTKS vorzunehmende Auswahlentscheidung eine Sozialauswahl iSd. Kündigungsschutzgesetzes zum Zweck der Überführung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 TV Ratio DTKS in den Betrieb BQE ist und die Anlagen 1 und 2 des Tarifvertrags für diesen Zweck eine Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 KSchG darstellen.

66

(aaa) Damit bringen die Tarifvertragsparteien nicht zum Ausdruck, eine Auswahl hielten sie nur dann für erforderlich, wenn die organisatorische Maßnahme des Arbeitgebers zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führe. Betriebsbedingte Beendigungskündigungen sind nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS bis 31. Dezember 2012 ausgeschlossen, sodass sich die vorzunehmende Auswahl nur auf einen Wechsel in die BQE beziehen kann. Die Auswahlregeln gelten nicht für Beendigungskündigungen nach Außerkrafttreten von § 12 TV Ratio DTKS(Protokollnotiz zu § 18 Abs. 3 TV Ratio DTKS).

67

(bbb) Dieses Ergebnis folgt auch aus der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS, wenn es dort heißt, dass es sich um eine Sozialauswahl iSd. Kündigungsschutzgesetzes zum Zweck der Überführung in den Betrieb BQE handelt. Rechtsfolge ist nicht, dass die ausgewählten Arbeitnehmer unmittelbar auf einen Arbeitsplatz außerhalb der BQE versetzt werden sollen. Sie sollen vielmehr in den Betrieb BQE wechseln, um eine wohlüberlegte Entscheidung treffen zu können, ob sie aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder aus der BQE vermittelt werden wollen. Indem die Tarifvertragsparteien auf das Kündigungsschutzgesetz Bezug nehmen und die Anlagen 1 und 2 des TV Ratio DTKS als Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 KSchG bezeichnen, machen sie nur deutlich, nach welchen Grundsätzen die vorzunehmende Auswahl erfolgen soll.

68

(bb) Auch aus der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS ergibt sich nichts anderes.

69

(aaa) § 3 Abs. 6 Satz 1 TV Ratio DTKS trifft eine Sonderregelung für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse und nimmt Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I bereits in Altersteilzeit befinden oder einen Alterszeitzeitarbeitsvertrag geschlossen haben, von der Auswahlentscheidung aus. Nach Satz 1 der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS gilt das nicht, wenn sie „vollbetroffen“ iSv. § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS sind und alle Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt werden. Nach Satz 2 der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS soll bei diesen Arbeitnehmern eine Versetzung in die BQE jedoch nur erfolgen, wenn bei vorrangiger Prüfung einer anderweitigen Unterbringung des Arbeitnehmers nachweislich kein anderweitiger zumutbarer und gleichwertiger Arbeitsplatz nach dem TV Ratio DTKS gefunden wurde.

70

(bbb) Damit haben die Tarifvertragsparteien lediglich eine besondere Regelung zugunsten von Arbeitnehmern in Altersteilzeit getroffen. Ihnen soll vorrangig ein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz - außerhalb der Regelungen der BQE - vermittelt werden. Daraus kann nicht geschlossen werden, Versetzungen in die BQE kämen allgemein nur in Betracht, wenn kein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz vorhanden ist. Die Frage, welche Arbeitsplatzangebote zumutbar sind oder nicht, soll sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nach den Vermittlungsregelungen der BQE - und nicht nach der Einschätzung des Arbeitgebers - bestimmen.

71

(e) Schließlich sprechen auch die Verfahrensregeln zur Auswahl von Arbeitnehmern nach Anlage 1 des TV Ratio DTKS, aufgrund derer die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS stattzufinden hat, nicht gegen die Durchführung einer Auswahl bei Standortverlagerungen. Nr. 1 Abs. 2 der Anlage 1 des TV Ratio DTKS spricht zwar davon, dass die sich aus der konkreten Maßnahme nach § 1 TV Ratio DTKS ergebenden „Personalüberhänge“ zahlenmäßig einzelnen Alterskategorien verhältnismäßig zugeordnet werden. Aus der Regelungssystematik, nach der betroffene oder ausgewählte Arbeitnehmer grundsätzlich in die BQE wechseln, ergibt sich aber, dass ein „Personalüberhang“ auch besteht, wenn Arbeitsplätze verlegt werden. Der Begriff des Personalüberhangs kann daher nicht so verstanden werden, dass ein Personalüberhang nur dann besteht, wenn sich die Zahl der Arbeitsplätze verringert.

72

cc) Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen, wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen, die zu einem Wegfall oder einer Verlegung von Arbeitsplätzen führen, sozialverträglich umzusetzen (§ 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS), sprechen dafür, die Auswahlregelungen des § 3 TV Ratio DTKS und die damit ausgelösten Rechtsfolgen auf bloße Standortverlagerungen anzuwenden.

73

(1) Der Zweck des TV Ratio DTKS besteht darin, die Folgen von unternehmerischen Entscheidungen, die mit Arbeitsplatzabbau und Arbeitsplatzverlegungen einhergehen, abzumildern. Dazu sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen nach § 12 TV Ratio DTKS ausgeschlossen. Stattdessen ist der Wechsel in die BQE vorgesehen.

74

(2) Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien soll jedoch nur derjenige, der im Verhältnis zu vergleichbaren Arbeitnehmern sozial weniger schutzwürdig ist, statt der ausgeschlossenen Kündigung in die BQE wechseln. Der ausgewählte Arbeitnehmer kann sich für die Vermittlung aus der BQE oder zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gegen Abfindung entscheiden. Wird der Arbeitnehmer aus der BQE auf einen anderen Arbeitsplatz vermittelt, stehen ihm Ausgleichsansprüche nach § 10 TV Ratio DTKS iVm. Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS zu. Dazu gehören zB Fahrtkostenerstattungen oder Umzugshilfen. Die Tarifvertragsparteien wollen die Belastungen, die mit der Aufnahme einer gleichwertigen Tätigkeit an einem anderen Ort verbunden sind, ausgleichen. Für die tariflich verfolgten Abmilderungsziele ist es unerheblich, ob der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers endgültig wegfällt oder nur an einen anderen, ggf. weit entfernten Ort verlegt wird. In beiden Fällen wird der Arbeitnehmer durch eine organisatorische Maßnahme belastet, die es ihm unmöglich macht, seine Arbeit im gewohnten räumlich-sozialen Umfeld fortzusetzen.

75

3. Die GBV vom 28. November 2008 konnte die tarifliche Einschränkung des Direktionsrechts der Beklagten nicht abweichend von § 3 Abs. 1 oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS erweitern, indem sie „Mitarbeitermigrationspfade“ vorgab.

76

a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Selbst wenn die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hier nicht eingreifen sollte, sind Abweichungen vom Tarifvertrag nach § 4 Abs. 3 TVG nur zulässig, wenn sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung zugunsten des Arbeitnehmers enthalten(vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 621).

77

b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

78

aa) Der TV Ratio DTKS enthält keine Öffnungsklausel zugunsten der (Gesamt-)Betriebsparteien, um von den dort getroffenen Regelungen, insbesondere dem in § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS vorgesehenen Auswahlverfahren abzuweichen.

79

bb) Die Regelung in der GBV ist auch nicht günstiger als das tarifliche Auswahlverfahren. § 2 Abs. 2 GBV führt dazu, dass Mitarbeiter des Callcenters Schätzelbergstraße nicht in eine Auswahl einzubeziehen sind. Das verschlechterte die Rechtsstellung der an den anderen vier früheren Berliner Standorten eingesetzten Arbeitnehmer, wenn sie demselben Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn wie die Arbeitnehmer des Standorts Berlin Schätzelbergstraße angehörten. In diesem Fall war die Auswahlregelung des § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS anzuwenden. § 3 Abs. 1 GBV gibt demgegenüber vor, dass die von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer ein Angebot auf einen Dauerarbeitsplatz an einem Zielstandort nach der Anlage 2a oder der Anlage 2b der GBV erhalten. Die GBV sieht also - ohne Auswahl - einen unmittelbaren Wechsel an den jeweiligen Zielstandort nach der Anlage 2a der GBV vor.

80

cc) Entsprechendes gilt für § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS, wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze alle Arbeitsplätze wegfallen oder verlegt werden.

81

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    M. Jostes    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 15. April 2009 - 16 Sa 102/08 - aufgehoben, soweit es über die Versetzung der Klägerin und über die Kosten der Berufung entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Versetzung der Klägerin in einen anderen Außendienstbezirk.

2

Die Beklagte stellt Arzneimittel her und vertreibt diese. Die verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin ist seit dem 1. April 2000 für die Beklagte als Pharmaberaterin im Verordnungs-Außendienst - Ansprechpartner: Ärzte (VO-Außendienst) tätig. Ihr Bruttomonatseinkommen betrug zuletzt 3.059,45 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 9. März 2000 regelt ua. wie folgt:

        

        

§ 1 …

        

3.    

Das Arbeitsgebiet umfasst

                          

AB 926

        

4.    

Für das Arbeitsverhältnis gelten die jeweils gültige Fassung der Personalrichtlinien, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsordnung, Organisations-, Verwaltungs- und Dienstanweisung sowie des Aktionsplans.

        

...     

        
        

6.    

Ein Wechsel des Domizils ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Firma möglich.

        

…       

        
                 

§ 16 Dienstversetzung

        

1.    

Die Firma behält sich Gebietsänderungen oder Zuweisung eines anderen Gebietes vor, wenn sich dies aus der weiteren Entwicklung des Außendienstes ergibt.

        

2.    

Die Firma ist berechtigt, bei Arbeitsunterbrechungen jeder Art (Urlaub/Krankheit) in dem vom Mitarbeiter besetzten Gebiet weitere Mitarbeiter einzusetzen.“

4

Das Arbeitsgebiet AB 926 liegt im Osten von Sachsen und wird nunmehr als Gebiet Nr. 423 bezeichnet. Die Klägerin wohnt dort. An die Geburt ihres ersten Kindes im April 2005 schloss sich eine einjährige Elternzeit an. Nach Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit und nach mehreren Abmahnungen im Februar 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis im April 2007 fristlos. Diese Kündigung ist rechtsunwirksam (ArbG Dresden 9. Oktober 2007 - 4 Ca 1714/07 -).

5

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 wies die Beklagte der Klägerin zum 1. Januar 2008 das zwischen Göttingen und Magdeburg gelegene Gebiet Nr. 314 zu und sprach vorsorglich eine entsprechende außerordentliche Änderungskündigung aus. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin erneut schwanger. Die Änderungskündigung ist nach der Entscheidung der Vorinstanz rechtsunwirksam; die Beklagte hat insoweit keine Revision eingelegt.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Versetzung sei rechtsunwirksam. Der Versetzungsvorbehalt in § 16 des Arbeitsvertrags sei als überraschende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Versetzung widerspreche auch billigem Ermessen. Die Mitarbeiterin, der die Beklagte ihr bisheriges Gebiet zugewiesen habe, sei sozial weniger schutzwürdig.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Wirkung ab 1. Januar 2008 vorgenommene Versetzung der Klägerin als Pharmaberaterin VO-Außendienst vom Gebiet 423 in das Gebiet 314 unwirksam ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Versetzung sei auf Grund der Zusammenlegung der Außendienste für Apotheken und Ärzte erforderlich gewesen. Die Gebietsinhaber müssten nunmehr im Schwerpunkt Apotheken besuchen. Die im bisherigen Gebiet der Klägerin im Apothekenaußendienst tätige Mitarbeiterin verfüge über besondere Erfahrungen und sehr gute langjährige Kontakte, so dass sie dieser Mitarbeiterin das Gebiet Nr. 423 übertragen und die Klägerin in das nächste freie Gebiet versetzt habe.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Berufung nicht insgesamt zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), soweit über die Versetzung entschieden worden ist.

11

I. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien ist die Beklagte entgegen der Auffassung der Vorinstanzen berechtigt, der Klägerin nach Maßgabe von § 106 Satz 1 GewO ein anderes Gebiet zuzuweisen.

12

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 bis 31, NZA 2010, 1355). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat.

13

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, NZA 2010, 877) . Ungewöhnliche, insbesondere überraschende Klauseln iSv. § 305c Abs. 1 BGB(zB „versteckte“ Versetzungsvorbehalte) werden nicht Vertragsbestandteil und bleiben deshalb im Rahmen der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen unberücksichtigt.

14

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, NZA 2010, 1355; st. Rspr. BGH 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGHZ 186, 180).

15

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen kann in Betracht kommen, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeitsinhalte oder Tätigkeitsorte konkret benannt sind (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, NZA 2010, 1355). Ferner ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

16

c) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung hinsichtlich Art und/oder Ort der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 21, NZA 2010, 1355; BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98). Dabei ist es unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

17

Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste oder der Ort der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben oder einen anderen Ort im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen (vgl. zB BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Bei einer engen Bestimmung der Tätigkeit oder Festlegung des Orts der Leistungspflicht wird das Direktionsrecht hingegen eingeschränkt; der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nur die betreffenden Aufgaben zuweisen. Eine Veränderung des Tätigkeitsbereichs oder des Orts der Arbeitsleistung kann er nur einvernehmlich oder durch eine Änderungskündigung herbeiführen (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 22, NZA 2010, 1355).

18

d) Fehlt es an einer Festlegung und weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gem. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, NZA 2010, 1355; BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

19

2. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259). Das Landesarbeitsgericht hat ohne hinreichende Auslegung des Arbeitsvertrags angenommen, das Außendienstgebiet sei in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags vertraglich festgelegt. Dies hält einer Überprüfung nicht stand. Da insoweit alle wesentlichen Umstände festgestellt sind und weiterer Vortrag nicht zu erwarten ist, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen.

20

a) Der Wortlaut von § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags, wonach das Arbeitsgebiet einen bestimmten Außendienstbezirk umfasst, kann für eine vertragliche Festlegung sprechen. Auch die Vereinbarung der Domizilklausel in § 1 Nr. 6 kann im Verständnis einer Branche, die ihren Vertrieb über einen Außendienst organisiert, ein Indiz für eine gewollte vertragliche Festlegung des Arbeitsorts sein. Die Parteien haben aber in § 16 Nr. 1 des Arbeitsvertrags vereinbart, dass die Firma sich die Zuweisung eines anderen Gebiets vorbehält. Damit haben die Parteien klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis in einen anderen Außendienstbezirk bestehen soll.

21

b) Die Klausel ist Vertragsbestandteil geworden. Sie ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

22

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat überraschenden Charakter im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser den Umständen nach mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Die berechtigten Erwartungen des Vertragspartners bestimmen sich nach den konkreten Umständen bei Vertragsschluss ebenso wie nach der Gestaltung des Arbeitsvertrags, insbesondere dessen äußerem Erscheinungsbild. So kann der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BAG 16. April 2008 - 7 AZR 132/07 - Rn. 16, BAGE 126, 295; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 24, BAGE 115, 372). Im Einzelfall kann der Verwender gehalten sein, auf die Klausel besonders hinzuweisen oder sie drucktechnisch hervorzuheben (BAG 16. April 2008 - 7 AZR 132/07 - aaO).

23

bb) Der Arbeitsvertrag enthält in § 1 Regelungen zur Arbeitspflicht und regelt an seinem Ende in § 16 die Möglichkeit einer Versetzung. Da die Vereinbarung von Änderungsmodalitäten am Ende eines Vertrags nicht unüblich ist, kann ein gewissenhafter Arbeitnehmer durch einen Versetzungsvorbehalt an dieser Stelle nicht überrascht werden. Die Überschrift „Dienstversetzung“ entspricht insoweit zwar nicht gängiger Begrifflichkeit, lässt aber keinen Zweifel aufkommen, dass nachfolgend ein Versetzungsvorbehalt geregelt wird. Drucktechnisch ist der Arbeitsvertrag übersichtlich aufgebaut. Der Versetzungsvorbehalt in § 16 ist deshalb nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

24

c) Nach § 16 Nr. 1 des Arbeitsvertrags hat sich die Beklagte die Zuweisung eines anderen Gebiets vorbehalten; die Zuweisung einer inhaltlich anderen Tätigkeit ist ausgeschlossen. Nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn einer Klausel, welche die Zuweisung eines anderen Gebiets gestattet, ergibt sich, dass eine änderungsfeste Festlegung des Arbeitsorts im Arbeitsvertrag gerade nicht erfolgen soll; im Hinblick auf das vereinbarte Festgehalt ist darüber hinaus ausgeschlossen, dass die vereinbarte Vergütung durch die Zuweisung eines anderen Gebiets verändert werden kann. Im Lichte dieses Versetzungsvorbehalts ergibt die Auslegung der vertraglichen Regelungen deshalb, dass in § 1 Nr. 3 eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung tatsächlich nicht vereinbart ist. Der Versetzungsvorbehalt verhindert die Beschränkung auf einen bestimmten Ort (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47).

25

II. Ob die Versetzung der Klägerin der gebotenen Ausübungskontrolle am Maßstab von § 106 GewO, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB standhält, kann der Senat nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Standpunkt aus konsequent - eine solche Kontrolle nicht vorgenommen. Es hat auch die wechselseitigen Interessen nicht gegeneinander abgewogen. Zur Vornahme der Ausübungskontrolle wird das Landesarbeitsgericht zunächst die erforderlichen Feststellungen treffen müssen. Es bedarf der Aufklärung, ob und ggf. welches konkrete unternehmerische Konzept die Versetzung der Klägerin bedingt haben soll. Ferner ist zu klären, ob das benachbarte Gebiet Nr. 422, wie von der Klägerin behauptet, mit einem Leiharbeitnehmer besetzt war und welche Gründe dagegen sprachen, ihr dieses Gebiet zu übertragen. Bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen wird das Landesarbeitsgericht schließlich zu erwägen haben, ob die Versetzung in ein weiter entferntes Gebiet dem besonderen Zustand der schwangeren Klägerin und ihren berechtigten persönlichen Belangen angemessen Rechnung getragen hat (vgl. BAG 21. April 1999 - 5 AZR 174/98 - zu A II 2 der Gründe, AP MuSchG 1968 § 4 Nr. 5 = EzA MuSchG nF § 11 Nr. 18) oder ob die Versetzung nicht tatsächlich unzumutbar war.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2009 - 3 Sa 483/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und die Verpflichtung zur Erstattung von Aufwendungen.

2

Der Kläger ist seit 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, beschäftigt. Er ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und hat den Status eines Partners. Sein Jahresgehalt betrug ohne Sonderleistungen zuletzt 176.000,00 Euro brutto. Der Kläger war seit dem 1. Juli 1990 in der Niederlassung Leipzig tätig. Am 1./14. Juli 1994 wurde ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

        

㤠1

        

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1993 ist Herr H zum Bereichsleiter (Partner Stufe III) der Zweigniederlassung Leipzig ernannt worden. Die C behält sich vor, Herrn H - sofern Geschäftsnotwendigkeiten dies erfordern - anderweitig einzusetzen und zu versetzen.

        

….    

                 
        

§ 7

        

Im Verhältnis zur C gilt als Wohnsitz von Herrn H Leipzig. Die jeweils geltende Reisekostenordnung der C findet Anwendung.“

3

Bei Dienstreisen erstattet die Beklagte ihren Mitarbeitern Aufwendungen nach den Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten (Reisekostenordnung) vom 29. Juni 2004, die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung findet. Der Begriff Dienstreise wird dort wie folgt definiert:

        

„Eine Dienstreise ist ein Ortswechsel einschließlich der Hin- und Rückfahrt aus Anlass einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird. Eine Auswärtstätigkeit ist vorübergehend, wenn der Mitarbeiter voraussichtlich an die regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird.“

4

Der Kläger war zuletzt als „Bereichsleiter Tax“ der Niederlassung Leipzig tätig. Zwischen den Parteien kam es zum Streit über die Fähigkeiten des Klägers zur Führung der ihm unterstellten Mitarbeiter und zur Betreuung der Kunden. Angebote der Beklagten zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags lehnte der Kläger in den Monaten Februar und März 2007 ab. Mit Schreiben vom 2. Mai 2007 sprach die Beklagte eine Versetzung des Klägers „mit Wirkung zum 21. Mai 2007 zur Niederlassung Frankfurt in den Bereich Tax & Legal PS Mitte“ aus. Dort soll der Kläger als „verantwortlicher Sales-Partner“ eingesetzt werden und überwiegend Vertriebstätigkeiten ausüben. Zudem soll er den Bereich „Education/Social Security“ aufbauen und seine bereits zuvor im Bereich Controlling PS (Public Service) übernommenen Aufgaben sollen bundesweit ausgeweitet werden. Die neue Tätigkeit umfasst keine Personalverantwortung. Im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 22. Oktober 2007 war der Kläger mit Ausnahme einer urlaubsbedingten Unterbrechung in Frankfurt am Main tätig. Seitdem wird er aufgrund entsprechender arbeitsgerichtlicher Entscheidungen wieder in der Niederlassung Leipzig eingesetzt.

5

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei aufgrund der vertraglich vereinbarten Tätigkeit als Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig zu beschäftigen. Die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit und/oder eines anderen Tätigkeitsorts sei unzulässig. Der Versetzungsvorbehalt sei gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Darüber hinaus sei die Tätigkeit eines „verantwortlichen Sales-Partners“ hierarchisch nicht mit der Tätigkeit eines „Bereichsleiters“ gleichzusetzen. Unabhängig hiervon entspreche die Versetzung wegen der weiten Entfernung vom bisherigen Arbeitsort nicht billigem Ermessen.

6

Die vorübergehende Tätigkeit in Frankfurt am Main sei als Dienstreise zu behandeln. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 17. August 2007 und vom 3. September 2007 bis zum 22. Oktober 2007 ergebe sich ein Aufwendungsersatzanspruch nach der Reisekostenordnung in Höhe von insgesamt 7.803,35 Euro.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.803,35 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dass eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung auf die Tätigkeit eines Bereichsleiters der Niederlassung Leipzig nicht stattgefunden habe. Der Versetzungsvorbehalt sei wirksam, da die Interessen des Klägers in ausreichendem Maße dadurch gewahrt würden, dass die Versetzung nur im Falle einer „Geschäftsnotwendigkeit“ erfolgen dürfe. In seinem bisherigen Einsatzfeld als zuständiger Partner „PS Ost“ sei der Kläger nicht länger einsetzbar. Die wichtigen Mandanten würden den Kläger, der überwiegend Controlling-Tätigkeiten ausgeübt habe, nicht als Ansprechpartner akzeptieren. Früher habe die Betreuung dieser Mandanten durch einen weiteren in Leipzig beschäftigten Partner stattgefunden, der zum 30. Juni 2007 pensioniert worden sei. Der Umgang des Klägers mit den Mitarbeitern sei ebenfalls nicht akzeptabel, diese würden sich zunehmend verärgert zeigen. Der Kläger stehe als fachlicher Ansprechpartner nicht zur Verfügung. Sein mangelnder Arbeitseinsatz sei für alle erkennbar. Die dem Kläger zugewiesenen neuen Aufgaben seien mit seinen bisherigen Aufgaben vergleichbar; die Position befinde sich auf gleicher hierarchischer Ebene. Die Betreuung der Mandate der Region Mitte sei nur von Frankfurt am Main aus möglich, da die Mandanten eine regionale Präsenz des Partners erwarteten.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist zulässig und begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann in der Sache mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Die auf vertragsgemäße Beschäftigung gerichtete Leistungsklage ist zulässig.

12

1. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung bestehen für den Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten. Er kann die Berechtigung der Versetzung im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 -). Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung im Rahmen einer Klage auf künftige Leistung gem. § 259 ZPO durchzusetzen(vgl. BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 573/96 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 19). Bei der Prüfung des Beschäftigungsanspruchs ist die Wirksamkeit der Versetzung als Vorfrage zu beurteilen. Voraussetzung für eine derartige Klage ist die Besorgnis, dass der Schuldner sich andernfalls der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

13

2. Der Antrag des Klägers ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In Verbindung mit der Klagebegründung ist erkennbar, welche konkrete Beschäftigung er anstrebt. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO liegen vor, obwohl der Kläger zurzeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt wird. Die derzeitige Beschäftigung erfolgt ausschließlich aufgrund der vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen der Vorinstanzen.

14

II. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.

15

1. Erweist sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort (vgl. BAG 17. Februar 1998 - 9 AZR 130/97 - zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 618 Nr. 27 = EzA BGB § 615 Nr. 89; 26. Januar 1988 - 1 AZR 531/86 - zu II 5 der Gründe, BAGE 57, 242; 14. Juli 1965 - 4 AZR 347/63 - BAGE 17, 241). Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann (vgl. BAG 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 e ff der Gründe, BAGE 74, 291). Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschäftigungsanspruch. Die gegenteilige Auffassung (LAG Hamm 8. März 2005 - 19 Sa 2128/04 - zu II 3 der Gründe, NZA-RR 2005, 462 unter Berufung auf LAG Nürnberg 10. September 2002 - 6 (4) Sa 66/01 - LAGE BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 29) übersieht, dass eine ausgeübte Weisung nicht durch eine unwirksame Versetzung beseitigt werden kann. Sie lässt sich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Januar 2001 (- 5 AZR 411/99 -) stützen, da dort der Entzug bestimmter Tätigkeiten noch im Rahmen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erfolgte. Im Übrigen beschränkt sie unangemessen die Möglichkeit einer effektiven Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs für den Zeitraum bis zu einer neuen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber.

16

Wird der Arbeitgeber nach einer Versetzung zur tatsächlichen Beschäftigung zu den vorherigen Bedingungen verurteilt, ist damit die Vorfrage der Wirksamkeit der Versetzung beantwortet. Eine Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitgeber zukünftig von seinem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen kann, ist hingegen nicht getroffen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen Beschäftigungsanspruch unter anderem damit begründet hat, er sei „auf Dauer“ als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen und die Zuweisung einer anderen Tätigkeit an einem anderen Arbeitsort komme nicht in Betracht, da sie nicht von dem arbeitsvertraglichen Direktionsrecht der Beklagten umfasst sei. Dabei handelt es sich um bloße Elemente der Klagebegründung, die im Falle des Obsiegens mit dem Leistungsantrag nicht gem. § 322 ZPO in materielle Rechtskraft erwachsen. Will ein Arbeitnehmer eine weitergehende Entscheidung zum Umfang des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erreichen, so muss er bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 256 ZPO von der Möglichkeit eines gesonderten Feststellungsantrags Gebrauch machen.

17

2. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB beruht, ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

18

a) In einem ersten Schritt ist durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat. In Betracht kommt, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeiten oder Tätigkeitsorte konkret benannt sind. Ungewöhnliche, insbesondere überraschende Klauseln iSv. § 305c Abs. 1 BGB(zB „versteckte“ Versetzungsvorbehalte) werden allerdings nicht Vertragsbestandteil.

19

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, NZA 2010, 877; 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 18).

20

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; st. Rspr. BGH, vgl. zB zuletzt 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, MDR 2010, 1096; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

21

b) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung hinsichtlich Art und/oder Ort der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98; Kleinebrink ArbRB 2007, 57, 58). Dabei ist unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. § 308 Nr. 4 BGB ist ebenfalls nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders erfasst(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 31, BAGE 118, 22). Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

Soweit es an einer Festlegung des Inhalts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag fehlt, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen (vgl. zB BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es insoweit nicht an. Bei einer engen Bestimmung der Tätigkeit wird das Direktionsrecht hingegen eingeschränkt. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nur die betreffenden Aufgaben zuweisen. Eine Veränderung des Tätigkeitsbereichs kann er nur einvernehmlich oder durch eine Änderungskündigung herbeiführen.

23

c) Enthält der Arbeitsvertrag neben einer Festlegung von Art und/oder Ort der Tätigkeit einen sog. Versetzungsvorbehalt, so ist zu differenzieren:

24

aa) Ergibt die Vertragsauslegung, dass der Versetzungsvorbehalt materiell (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht oder zugunsten des Arbeitnehmers davon abweicht, unterliegt diese Klausel keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern allein einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 24 ff.). Der Arbeitgeber, der sich lediglich die Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts, nicht aber eine Änderung des Vertragsinhalts vorbehält, weicht nicht zulasten des Arbeitnehmers von Rechtsvorschriften ab (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

25

Die Vertragsklausel muss dabei die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Insbesondere muss sich aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung deutlich ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten - ggf. noch unter Verringerung der Vergütung - vorbehält. Dagegen erfordert auch die Verpflichtung zur transparenten Vertragsgestaltung gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, dass die Klausel Hinweise auf den Anlass der Ausübung des Weisungsrechts enthält(vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 26).

26

bb) Ergibt die Vertragsauslegung, dass sich der Arbeitgeber mit dem Versetzungsvorbehalt über § 106 GewO hinaus ein Recht zur Vertragsänderung vorbehält, so unterliegt die Regelung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

27

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22).

28

Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn sich der Arbeitgeber vorbehält, ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung einseitig die vertraglich vereinbarte Tätigkeit unter Einbeziehung geringerwertiger Tätigkeiten zulasten des Arbeitnehmers ändern zu können (BAG 9. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 20 ff., BAGE 118, 184; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 26; HWK/Lembke § 106 GewO Rn. 57; Hunold NZA 2007, 19, 21; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 Versetzung Rn. 5; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 975; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 32 Rn. 80).

29

(2) Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels des sog. Blue-pencil-Tests durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

30

(3) Führt die Angemessenheitskontrolle zur Unwirksamkeit eines Versetzungsvorbehalts, so richtet sich der Inhalt des Vertrags gem. § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das angemessene Maß findet nicht statt (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 42, NZA-RR 2010, 457; Senat 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Maßgeblich ist in diesem Fall § 106 GewO. Diese Vorschrift überlässt dem Arbeitgeber das Weisungsrecht aber nur insoweit, als nicht durch den Arbeitsvertrag der Leistungsinhalt festgelegt ist. Ergibt die Auslegung des Vertrags, dass ein bestimmter Leistungsinhalt vereinbart wurde, so ist der Arbeitgeber an diesen gebunden, wenn ein zusätzlich vereinbarter Versetzungsvorbehalt der Angemessenheitskontrolle nicht standhält.

31

d) Übt der Arbeitgeber im Einzelfall das Weisungsrecht aus, so unterliegt dies der Kontrolle gem. § 106 GewO. Die Ausübung eines wirksam vereinbarten Versetzungsvorbehalts unterliegt der Kontrolle gem. § 315 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

32

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft keine hinreichende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorgenommen. Damit steht nicht fest, ob die Tätigkeit als Bereichsleiter in der Niederlassung Leipzig aufgrund dieser vertraglichen Regelung als abschließende Festlegung des Inhalts der Arbeitspflicht anzusehen ist.

33

a) Bei den streitgegenständlichen Regelungen des Arbeitsvertrags dürfte es sich - auch wenn das Landesarbeitsgericht hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen hat - um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handeln. Ggf. findet auch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Anwendung. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen spricht bereits das äußere Erscheinungsbild (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 20, AP BGB § 307 Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 8). Davon gehen offenbar auch die Parteien übereinstimmend aus.

34

b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

35

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Parteien sowohl den Ort wie den Inhalt der Arbeitsleistung festgelegt haben. Dem Kläger sei die Funktion eines Bereichsleiters der Zweigniederlassung Leipzig übertragen worden, womit notwendigerweise die Vereinbarung des Arbeitsorts Leipzig verbunden gewesen sei.

36

Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Begründung lässt nicht erkennen, dass das Landesarbeitsgericht § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags überhaupt ausgelegt hat. Es fehlt schon an einer Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der arbeitsvertraglichen Regelung. Dieser ist, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, keineswegs eindeutig. § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags nimmt lediglich auf eine bereits zuvor, nämlich zum 1. Oktober 1993, erfolgte Ernennung des Klägers zum Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig Bezug. Ernannt bedeutet, dass jemand für ein Amt bzw. einen Posten bestimmt worden ist. Danach könnte hierunter auch die einseitige Zuweisung einer Position zu verstehen sein. Allerdings wird durch eine Ernennung auch die Position in der Hierarchieebene des jeweiligen Unternehmens (Status) zum Ausdruck gebracht. Für ein derartiges Verständnis könnte sprechen, dass die Vertragsparteien die Ernennung zum Anlass für den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags genommen haben. Zu prüfen wäre in diesem Zusammenhang, welche Bedeutung dem Klammerzusatz „Partner Stufe III“, dem Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 2 und der Regelung in § 7 des Arbeitsvertrags zukommt. Völlig außer Acht gelassen hat das Landesarbeitsgericht die Frage, wie der Vertragstext aus Sicht der an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise (hier: Partner einer bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) typischerweise zu verstehen ist. Ebenso wenig sind Feststellungen zu möglichen Regelungszwecken und erkennbaren Interessenlagen beider Parteien getroffen worden.

37

Der Senat sieht sich deshalb gehindert, selbst eine abschließende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorzunehmen. Diese wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben. Ergibt sich danach, dass durch § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags keine nähere Festlegung des Tätigkeitsinhalts in inhaltlicher und/oder örtlicher Hinsicht erfolgt ist, kommt es auf die Wirksamkeit des Versetzungsvorbehalts(§ 1 Satz 2 Arbeitsvertrag) nicht an. Die streitgegenständliche Maßnahme wäre dann allerdings noch daraufhin zu überprüfen, ob sie billigem Ermessen entspricht. Ergibt die Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags hingegen, dass die bisher ausgeübte Tätigkeit und/oder der Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind, kommt es auf die Wirksamkeit des in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags vereinbarten Versetzungsvorbehalts an. Führt die Prüfung nach den oben genannten Grundsätzen zur Annahme der Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts, bleibt es bei den vertraglichen Festlegungen.

38

III. Ob und ggf. in welchem Umfang ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen des Klägers nach den Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten besteht, hängt im Wesentlichen von der Wirksamkeit der Versetzung ab und kann daher vom Senat ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden.

39

Allerdings wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass sich auch im Fall der Wirksamkeit der Versetzung ein Anspruch für die ersten sechs Wochen der Versetzung aus dem Schreiben vom 2. Mai 2007 ergeben kann. Da es sich wegen des Einzelfallcharakters um eine nichttypische Erklärung handelt, bleibt deren Auslegung aber zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen gem. § 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen ist. Der Zinsanspruch bestünde dabei jeweils ab dem auf die Zustellung folgenden Kalendertag. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung lässt sich die Zeit für die Leistung nicht nach dem Kalender bestimmen (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Gegen eine derartige Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung spricht bereits der Umstand, dass der Anspruch auf die Erstattung von Aufwendungen für eine Dienstreise regelmäßig eine Reisekostenabrechnung des Arbeitnehmers voraussetzt. Eine vor Rechtshängigkeit erfolgte Mahnung iSv. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB ist vom Kläger nicht dargelegt worden.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Alex    

        

    Frese    

        

        

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Dezember 2010 - 8 Sa 1770/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder).

2

Die im September 1967 geborene Klägerin erzieht ihr schulpflichtiges Kind, dem sie zum Unterhalt verpflichtet ist, allein. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Klägerin wird seit September 1989 von der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Die Beklagte erbringt bundesweit Callcenter-Dienstleistungen. Der zuletzt zwischen der Klägerin und der Deutschen Bundespost Telekom, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, geschlossene Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1991 sieht eine Tätigkeit als Angestellte vor. Ein bestimmter Arbeitsort ist nicht vereinbart. Im Unterschied dazu war im ersten Arbeitsvertrag der Klägerin mit einer anderen Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 31. August 1989 noch der Arbeitsort Berlin-Adlershof vorgesehen. Die Klägerin war seit Beginn des Arbeitsverhältnisses bis Ende 2009 an verschiedenen Einsatzorten in Berlin beschäftigt, seit 2003 als Kundenberaterin am Standort Berlin Holzhauser Straße in Berlin-Tegel.

3

Die Beklagte schloss mit der Gewerkschaft ver.di am 25. Juni 2007 einen Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio DTKS). Dieser Tarifvertrag lautet auszugsweise:

        

„Abschnitt 1

        

Besondere Schutzregelungen für Arbeitnehmer in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von mindestens zwei Jahren

        

§ 1 Sachlicher Geltungsbereich

        

(1)     

Zur Erhaltung, Sicherung und Steigerung sowohl der Wettbewerbsfähigkeit als auch der Marktanteile der DTKS sind wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen erforderlich, um eine kontinuierliche Qualitäts- und Produktivitätsverbesserung sowie eine flexible Anpassung an technologische und nachfragebezogene Veränderungen sicherzustellen. Dieser Tarifvertrag dient der sozialverträglichen Umsetzung dieser Maßnahmen.

        

(2)     

Maßnahmen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind

                 

(a)     

Änderungen der Aufbauorganisation,

                 

(b)     

Änderungen der Ablauforganisation,

                 

(c)     

Maßnahmen zur Nutzung des technischen Fortschritts,

                 

(d)     

andere personalwirtschaftliche Maßnahmen,

                 

soweit hierdurch der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird.

        

Ausführungsbestimmungen zu Absatz 2:            

        

1.    

zu Buchstabe a):

                 

Unter Aufbauorganisation ist die Bildung von Organisationseinheiten, die Zuteilung von Aufgaben zu diesen Einheiten, die Aufgabenverteilung innerhalb der Einheiten sowie die Festlegung ihrer Zuständigkeiten zu verstehen. Sie umfasst z.B. die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Niederlassungen, die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Ressorts oder Abteilungen, die Aufgabenverteilung auf Niederlassungen oder Ressorts sowie die Arbeitsverteilung auf Funktionsträger.

        

2.    

zu Buchstabe b) und c):

                 

Die Ablauforganisation ist die Ordnung für das zeitlich-räumliche Hinter- und Nebeneinander von Arbeitsvorgängen zur Erfüllung der im Rahmen der Aufbauorganisation vorgesehenen Aufgaben. Sie umfasst die Gestaltung von Arbeitsverfahren, Arbeitsvorschriften, Arbeitsfeldern und Arbeitsplätzen sowie den Einsatz von Arbeitsmitteln.

        

3.    

Betrieblich veranlasste Maßnahmen, in deren Folge die Gesamttätigkeit, die der Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend ausübt, einer niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen ist (anforderungsändernde Maßnahmen), werden ebenfalls von diesem Tarifvertrag erfasst.

        

(3)     

Eine Verringerung des Personalbedarfes, die durch gesamtwirtschaftlich bedingten allgemeinen Verkehrsrückgang ausgelöst ist, zählt nicht zu Maßnahmen nach Absatz 2.

        

§ 2 Persönlicher Geltungsbereich

        

Dieser Unterabschnitt gilt für Arbeitnehmer,

        

(a)     

die unter den Geltungsbereich des MTV und des ERTV der DTKS fallen und

        

(b)     

die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur DTKS stehen,

        

soweit dieses Arbeitsverhältnis seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen besteht.

        

…       

        

§ 3 Auswahl

        

(1)     

Wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind, nur ein Teil der Arbeitsplätze wegfällt oder verlegt wird, so werden alle auf den gleichen Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer bei der Festlegung, welche Arbeitnehmer konkret vom Wegfall bzw. von der Verlegung des Arbeitsplatzes betroffen sind, mit einbezogen. Die erforderlich werdende Auswahl richtet sich abschließend nach Absatz 4 und der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag.

        

(2)     

Wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind, alle Arbeitsplätze wegfallen oder verlegt werden, so sind alle auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer betroffen und werden in die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit der DTKS, den Betrieb BQE1 1 , versetzt.

        

(3)     

Wenn im Falle des Absatzes 1 und 2 innerhalb der Organisationseinheit andere vergleichbare Arbeitsplätze bestehen, die nicht von einer Maßnahme im Sinne des § 1 betroffen sind, so werden die darauf beschäftigten Arbeitnehmer bei der Festlegung, welche Arbeitnehmer konkret vom Wegfall bzw. der Verlegung des Arbeitsplatzes betroffen sind, mit einbezogen. Die erforderlich werdende Auswahl richtet sich abschließend nach Absatz 4 und der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag.

        

(4)     

Bei einer nach Absatz 1 und 3 erforderlich werdenden Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern sind die persönlichen und sozialen Gesichtspunkte nebst Verfahren gemäß Anlage 1 und die Punktetabelle gemäß Anlage 2 heranzuziehen. Diese sind abschließend.

        

(5)     

Von der Auswahlentscheidung ausgenommen werden Arbeitnehmer, die zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebs/der Organisationseinheit zwingend erforderliche, unverzichtbare Kenntnisse aufweisen und andere potentiell betroffene Arbeitnehmer diese nicht aufweisen.

        

(6)     

Von der Auswahlentscheidung ausgenommen werden weiterhin Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I bereits in Altersteilzeit befinden beziehungsweise bei denen gemäß bereits geschlossenem Altersteilzeitvertrag der Beginn einer Altersteilzeit innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I liegt. Beginnt die Freistellungsphase des herausgenommenen Arbeitnehmers binnen zwölf Monaten, wird anstelle des herausgenommenen Arbeitnehmers kein anderer Arbeitnehmer in das Auswahlverfahren einbezogen.

        

Protokollnotiz zu § 3 Absatz 6:            

        

Bei Vollbetroffenheit im Sinne des Absatzes 2 findet die Herausnahmeregelung des Absatzes 6 Satz 1 keine Anwendung. Eine Versetzung in die BQE erfolgt jedoch nur, wenn bei einer vorrangigen Prüfung anderweitiger Unterbringung des Arbeitnehmers - begrenzt auf die TRZ-Grenze - nachweislich kein anderweitiger zumutbarer und gleichwertiger Arbeitsplatz gem. TV Ratio DTKS gefunden wurde.

        

Protokollnotiz zu § 3:            

        

1.    

Bei der nach den Absätzen 3 und 4 vorzunehmenden Auswahlentscheidung handelt es sich um eine Sozialauswahl im Sinne des KSchG zum Zwecke der Überführung gemäß § 5 Absatz 1 und 3 in den Betrieb BQE. Die Anlagen 1 und 2 dieses Tarifvertrags stellen für diesen Zweck eine Auswahlrichtlinie im Sinne des § 1 Absatz 4 KSchG dar.

        

2.    

Die einzubeziehenden Mitarbeiter erhalten mittels eines einheitlichen Formblattes die Möglichkeit, die Kriterien der Anlage 2 sowie etwaige soziale Härten geltend zu machen.

        

§ 4 Paritätische Auswahlkommission I

        

(1)     

Für eine nach § 3 erforderlich werdende Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern wird in DTKS eine ständige Auswahlkommission im Betrieb eingerichtet.

        

(2)     

Die Auswahlkommission ist mit Arbeitgebervertretern und Mitgliedern des Betriebsrats des jeweils betroffenen Betriebes der DTKS paritätisch zu besetzen.

        

(3)     

In der Auswahlkommission ist mit dem Ziel einer Einigung eine umfassende Erörterung und Beratung vorzunehmen. Soweit schwerbehinderte Arbeitnehmer betroffen sind, ist im Rahmen der Beratung innerhalb der Auswahlkommission der Vertrauensmann der Schwerbehinderten zu hören.

        

(4)     

Die Auswahlkommission hat innerhalb von zwei Wochen nach Zuleitung eine Empfehlung abzugeben, welche Arbeitnehmer nach § 3 ausgewählt werden sollen. Kommt es zu keiner Empfehlung, entscheidet der Arbeitgeber alleine über die Auswahl; die Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes gelten.

        

(5)     

Für die Auswahlkommission gilt abschließend die Geschäftsordnung der Anlage 3a zu diesem Tarifvertrag.

        

§ 5 Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit/BQE

        

(1)     

Der nach § 3 und § 4 ausgewählte Arbeitnehmer erhält ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Betrieb BQE zu den in Abschnitt 1 (nebst Anlagen) genannten Bedingungen aufzunehmen. Im Übrigen bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert. Für die Annahme des Änderungsvertrags wird dem Arbeitnehmer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt.

        

(2)     

Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags kann der Arbeitnehmer einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. Die Höhe der Abfindung ergibt sich aus Anlage 6. Es gelten die Bestimmungen des § 11.

        

(3)     

Lehnt der Arbeitnehmer die Angebote nach Absatz 1 und Absatz 2 ab, so erfolgt eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen nach Absatz 1. Abweichend von § 22 MTV gilt hierfür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.

        

(4)     

Im Betrieb BQE erfolgt eine Betreuungs- und Vermittlungsphase. Die sich hierdurch ergebenden Aufgaben werden durch die Vivento der Deutschen Telekom AG bzw. ab dem 01.01.2009 durch die Vivento-Nachfolgeeinheit wahrgenommen.

        

…       

        
        

§ 8 Gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Die DTKS ist verpflichtet, den nach den §§ 3 und 4 ausgewählten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen anderen gleichwertigen und zumutbaren Dauerarbeitsplatz innerhalb der DTKS anzubieten (interne Vermittlung).

        

…       

        
        

(7)     

Zumutbar ist ein Arbeitsplatz, wenn er die Anforderungen der Anlage 4 erfüllt. Eine Qualifizierungsmaßnahme ist für einen Arbeitnehmer in der Regel dann unzumutbar, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat. Der Arbeitnehmer, der das 55. Lebensjahr bereits vollendet hat, kann eine ihm angebotene Qualifizierungsmaßnahme ablehnen. Der Arbeitnehmer kann auf freiwilliger Basis von den einschränkenden Regelungen der Anlage 4 abweichen. Der freiwillige Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz ist der Annahme eines Angebotes gleichgestellt.

        

…       

        
        

(9)     

Ein Dauerarbeitsplatz ist jeder Arbeitsplatz, der im Zeitpunkt der Vermittlung des Arbeitnehmers arbeitsrechtlich unbefristet ist. Angebot im Sinne des TV Ratio (mit den Folgen des Absatzes 10) ist der vom künftigen Arbeitgeber - nach Durchlaufen eines erforderlichen Auswahlverfahrens II - vor Durchführung des Beteiligungsverfahrens nach § 99 BetrVG angebotene Dauerarbeitsplatz im obigen Sinne.

        

(10)   

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, einen ihm angebotenen zumutbaren anderen Arbeitsplatz anzunehmen und sich gegebenenfalls einer Qualifizierungsmaßnahme zu unterziehen. Lehnt der Arbeitnehmer ein zumutbares Angebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme bei DTKS bzw. ein zumutbares Angebot bei einem konzernweiten Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 mit mindestens gleichem Jahresbezugsentgelt (gemäß Protokollnotiz zu § 6) ab, so verliert er die Ansprüche aus diesem Tarifvertrag. Lehnt der Arbeitnehmer auch ein zweites zumutbares internes Vermittlungsangebot bzw. ein zweites zumutbares Angebot bei einem konzernweiten Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 mit mindestens gleichem Jahresbezugsentgelt (gemäß Protokollnotiz zu § 6) ab, so ist dies ein wichtiger Grund im Sinne des § 22 Absatz 5 und § 23 MTV, der zu einer Kündigung führen kann.

                 

…       

        

§ 9 Paritätische Auswahlkommission II

        

(1)     

Für eine erforderlich werdende Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern bei der Versetzung beziehungsweise dem Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz werden im Betrieb BQE vier ständige Auswahlkommissionen eingerichtet.

        

…       

        
        

§ 10 Leistungen bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Bei interner Vermittlung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistungen gemäß Anlage 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1.

        

…       

        
        

§ 12 Betriebsbedingte Beendigungskündigungen

        

(1)     

In der Zeit bis zum 31. Dezember 2012 scheiden aus Anlass von Maßnahmen im Sinne von § 1 betriebsbedingte Beendigungskündigungen grundsätzlich aus. Dies schließt jedoch Änderungskündigungen nicht aus. Satz 1 gilt nicht, wenn die Tarifvertragspartei ver.di betriebsbedingten Beendigungskündigungen zustimmt.

        

(2)     

Der Ausschluss der betriebsbedingten Beendigungskündigung nach Absatz 1 gilt nicht für Arbeitnehmer,

                 

(a)     

deren Arbeitsverhältnis zur DTKS seit weniger als zwei Jahren ununterbrochen besteht oder

                 

(b)     

die ein zumutbares Arbeitsplatzangebot oder eine Qualifizierungsmaßnahme ablehnen oder

                 

…       

        
        

Abschnitt 2

        

Besondere Schutzregelungen für Arbeitnehmer in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von weniger als zwei Jahren

        

§ 13 Geltungsbereich

        

Der Abschnitt 2 gilt für Arbeitnehmer, die von einer Maßnahme im Sinne von § 1 betroffen sind und deren unbefristetes tarifliches Arbeitsverhältnis zur DTKS weniger als ununterbrochen zwei Jahre besteht.

        

…       

        

§ 14 Schutzregelungen

        

(1)     

Die DTKS bemüht sich, für die in § 13 genannten Arbeitnehmer soziale Härten zu vermeiden.

        

(2)     

Ausgewählte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot auf befristete Beschäftigung im Betrieb BQE für die Dauer von 12 Monaten mit dem Zweck der Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz. §§ 5 und 6 einschließlich der jeweils dazugehörenden Protokollnotizen finden Anwendung.

        

(3)     

Soweit ein anderes Arbeitsverhältnis angenommen oder ein angebotener interner oder konzernweiter Dauerarbeitsplatz der Deutschen Telekom AG oder einem Unternehmen im Sinne des § 8 Absatz 3 abgelehnt wird, endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Befristung, gegebenenfalls mit Ablauf der Annahmefrist. Gleiches gilt bei Ablehnung von zwei externen Arbeitsplatzangeboten.

        

§ 15 Leistung bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz

        

(1)     

Bei interner Vermittlung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistungen gemäß Anlage 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2.

        

…       

        
                          
        

Abschnitt 3

        

Schlussbestimmungen

        

...     

        

§ 18 Kündigungsbestimmungen

        

…       

        
        

(3)     

§ 12 tritt unabhängig von Absatz 1 mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft. Die Nachwirkung ist ausgeschlossen.

        

Protokollnotiz zu § 18 Absatz 3:            

        

Einzelheiten dazu, welche Auswirkungen eine Nichtverlängerung des § 12 über den 31.12.2012 hinaus im Hinblick auf das Verfahren nach § 5 Absätze 1 bis 3 und eine dann notwendig werdende Sozialauswahl hat, sind in einer gesonderten schuldrechtlichen Vereinbarung festgelegt.“

4

Die in Anlage 3a zu diesem Tarifvertrag aufgenommene „Geschäftsordnung der Paritätischen Auswahlkommission I“ sieht in § 2 Abs. 1 vor, dass die Auswahlkommission mit zwei bis höchstens drei Mitgliedern des Arbeitgebers und des Betriebsrats besetzt wird. Nach § 3 Satz 1 der Geschäftsordnung tagt die Auswahlkommission, sobald die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS notwendig ist.

5

Die Beklagte war durch einen mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Zuordnungstarifvertrag vom 28. April 2008 (ZTV 2008) in acht Regionen und eine Zentrale untergliedert. Nach § 3 Abs. 1 Unterabs. 1 ZTV 2008 stellte jede selbständige Organisationseinheit mit ihren Betriebsteilen einen Betrieb iSd. § 1 BetrVG dar, bei dem ein Betriebsrat gebildet wurde. Selbständige Organisationseinheiten waren nach § 3 Abs. 2 ZTV 2008 die acht Regionen und die Zentrale. Mit der Anlage 1 zum ZTV 2008 wurden der Region 2 (Nord-Ost) der Standort Berlin Quelleinheit „T-Com“ und der Standort Berlin Quelleinheit „TMD“ zugeordnet. Die Region 2 erstreckte sich über die Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Für sie war der Betriebsrat Nord-Ost gebildet.

6

Die Beklagte unterhielt in Berlin fünf Callcenter. Während die Callcenter in der Holzhauser Straße, der Lankwitzer Straße, der Buchberger Straße und der Köpenicker Allee Leistungen im Bereich Festnetz erbrachten, erbrachte das Callcenter in der Schätzelbergstraße ausschließlich Dienstleistungen im Bereich des Mobilfunks. Es besteht aus den Abteilungen Geschäftskundenkontaktcenter 42 und 43 (GK 42 und GK 43) sowie einem Teil des Kompetenzcenters 44 (KC 44). Die in den Abteilungen GK 42 und GK 43 bestehenden Arbeitszeitmodelle gelten ausschließlich für diese Abteilungen. Die im Callcenter Berlin Schätzelbergstraße zum Einsatz kommenden IT-Lösungen unterscheiden sich von denjenigen der Festnetz-Callcenter. Arbeits- und Entgeltbedingungen für die einzelnen Callcenter sind unternehmenseinheitlich festgelegt.

7

Am 28. November 2008 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat in einem Einigungsstellenverfahren eine „Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH (DTKS) und dem Gesamtbetriebsrat der DTKS (GBR) über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des Standortkonzepts in der DTKS“(GBV). Darin ist ua. bestimmt:

        

„I. Interessenausgleich

        

§ 2 Beschreibung der Maßnahme

        

(1) Die aktuellen Standorte der DTKS vor Umsetzung der Konsolidierung der Standorte (Maßnahme) ergeben sich aus Anlage 1 (Quellstandorte).

        

(2) Die sich in Umsetzung der Maßnahme ergebenden neuen Zielstandorte einschließlich der grundsätzlichen Mitarbeitermigrationspfade sind in Anlage 2a (Zielstandorte) beschrieben. In der Anlage 2b ist dargestellt, in welchen Fällen und an welchen Standorten Mitarbeiter abweichend vom Migrationspfad nach Anlage 2a an einen anderen Standort migrieren können.

        

(3) Die Maßnahme wird gemäß dem Zeitplan aus Anlage 3 (Umsetzungszeitplan/Placementprozess) nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung umgesetzt. In der Anlage sind Beginn, Ende und der zeitliche Ablauf (Staffelung) der Maßnahme dargestellt. Abweichungen von dem in der Anlage 3 beschriebenen Umsetzungsplan können sich insbesondere aus dem Immobilienprozess ergeben. Gegebenenfalls erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. bei Segmentwechsel) können hierbei auch am Zielstandort durchgeführt werden. Die zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Standortes erforderlichen technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen müssen erfüllt sein.

        

Im Verlauf der Umsetzung der Maßnahme wird die Anzahl der bestehenden Standorte auf die in der Anlage 2a aufgeführten Zielstandorte reduziert. Einzelheiten zu den Standorten ergeben sich aus der Standortübersicht ‚Zielstandorte’ (Anlage 2a).

        

(4) Die Parteien sind im Rahmen der Verhandlungen von einem konstant bleibenden Callvolumen ausgegangen. Wie sich das Callvolumen tatsächlich über die Gesamtlaufzeit dieser Vereinbarung hinweg entwickeln wird, ist jedoch von einer Vielzahl geschäftlicher Einflüsse (z.B. Kundenverhalten, Regulierung, Wettbewerbsentwicklung etc.) abhängig und ist deshalb Gegenstand der jährlichen Personal- und Geschäftsplanung der DTKS.

        

Eine Nachbesetzung frei werdender Stellen findet daher grundsätzlich maximal bis zur Höhe der durch die jeweilige iPF Planung festgelegten Stellenanzahl statt.

        

Bei einer Nachbesetzung soll grundsätzlich folgende Reihenfolge möglicher geeigneter Bewerber eingehalten werden:

        

•       

Auszubildende, die im Rahmen von Konzernregelungen grundsätzlich für eine Übernahme in Betracht kommen

        

•       

Arbeitnehmer aus dem Konzern DTAG

        

•       

Leih- und Zeitarbeitnehmer, die in der DTKS eingesetzt sind.

        

Es gilt grundsätzlich das Prinzip der Bestenauswahl gemäß Konzernstellenbesetzungsrichtlinie, sofern nicht höherrangige Rechtsvorschriften (z.B. TV Ratio DTKS) etwas anderes vorsehen.

        

…       

        

§ 3 Grundsätze der Umsetzung der Maßnahme

        

(1) Alle von der Maßnahme betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Betroffene) in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erhalten in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 7 Satz 1 TV Ratio ein Angebot auf einen Dauerarbeitsplatz an einem Zielstandort gemäßAnlage 2a bzw. Anlage 2b. Betroffene in befristeten Arbeitsverhältnissen erhalten in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 7 Satz 1 TV Ratio ein Angebot auf Fortführung des befristeten Arbeitsverhältnisses an einem Zielstandort gemäßAnlage 2a bzw. Anlage 2b.

        

…       

        

§ 11 Schlussbestimmungen

        

(1) Die Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie endet mit Durchführung der geregelten Maßnahme, spätestens am 31.12.2011. Alle aufgeführten Anlagen sind Bestandteil dieser Vereinbarung und stellen damit die gemeinsame Geschäftsgrundlage für die hier getroffenen Regelungen dar. Änderungen der Anlagen werden zwischen den Vertragsparteien beraten mit dem Ziel der Verständigung, ob die Änderungen vom Interessenausgleich abgedeckt sind oder der Interessenausgleich hierauf angewendet werden kann. Ist dies nicht der Fall, wird der GBR bei den Änderungen nach den allgemeinen Regelungen des BetrVG beteiligt. Die Nachwirkung der Vereinbarung ist ausgeschlossen.

        

…“    

        

„Anlage 1

        

Derzeitige Call Center Einheiten der DTKS GmbH

        

Die DTKS GmbH betreibt zur Zeit 83 Call Center in 63 politischen Gemeinden.

                 

Standort

        

Adresse

        

...     

...     

...     

...     

        

5       

Berlin

5       

Holzhauser Str. 4 - 8

                          

6       

Lankwitzer Str. 13 - 17

                          

7       

Buchberger Str. 3 - 4

                          

8       

Schätzelbergstr. 1 - 3 + 2 - 6

                          

9       

Köpenicker Allee 146 - 162

        

...     

...     

...     

...“   

                                            
        

„Anlage 2a

        

Zuordnung Quellstandorte zu DTKS Zielstandorten

                 

Quellstandort

Zielstandort

        

...     

...     

...     

        

5       

Berlin, Schätzelbergstraße

Berlin

        

5       

Berlin, alle anderen STO

Frankfurt (Oder)

        

...     

...     

...“   

8

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 benannte der Betriebsrat der Region Nord-Ost drei Betriebsratsmitglieder zur Entsendung in die Paritätische Auswahlkommission nach § 4 TV Ratio DTKS sowie drei Vertreter und bat die Beklagte, die Paritätische Auswahlkommission einzuberufen, um die Umsetzung der GBV vorzubereiten. Die Beklagte lehnte die Einberufung der Auswahlkommission mit E-Mail vom 7. Januar 2009 ab. Das vom Betriebsrat eingeleitete Beschlussverfahren, das auf umfassende Erörterung und Beratung der Auswahl der Arbeitnehmer, die zur Umsetzung der GBV vom 28. November 2008 nach Frankfurt (Oder) versetzt werden sollten, gerichtet war, blieb erfolglos (ArbG Rostock 27. Oktober 2009 - 1 BV 22/09 -).

9

Die Beklagte verlagerte bis auf den Standort Berlin Schätzelbergstraße alle Berliner Standorte nach Frankfurt (Oder). Sie schloss die Verlagerung am 9. Dezember 2009 ab.

10

Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG verweigerte der Betriebsrat der Region Nord-Ost seine Zustimmung zu den beabsichtigten 492 Versetzungen von Berlin nach Frankfurt(Oder) unter Hinweis auf einen Verstoß gegen § 3 TV Ratio DTKS wegen unterlassener Beratung und Erörterung in der Paritätischen Auswahlkommission.

11

Mit Schreiben vom 22. September 2009 und 27. November 2009 forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihre Arbeit ab 1. Dezember 2009 bzw. 7. Dezember 2009 am Standort Frankfurt (Oder) zu leisten. Das lehnte die Klägerin zunächst ab. Inzwischen arbeitet die Klägerin „unter Vorbehalt“ in Frankfurt (Oder).

12

Das Arbeitsgericht Rostock wies den Antrag der Beklagten, die Zustimmung des Betriebsrats zu den Versetzungen zu ersetzen, mit Beschluss vom 4. Mai 2010 ab (- 1 BV 49/09 -). Zugleich stellte es fest, dass die vorläufige Versetzung der betroffenen Arbeitnehmer nach Frankfurt (Oder) aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Über dieses Beschlussverfahren ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Es ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 7 ABR 20/11 - anhängig.

13

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versetzung. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe sich dahin konkretisiert, dass sie nur noch in Berlin eingesetzt werden könne, weil sie dort über 20 Jahre an verschiedenen Standorten gearbeitet habe. Die Versetzung sei ihr aufgrund der Kinderbetreuung nicht zumutbar und damit nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Durch die Verlängerung der Wegezeiten von täglich mehr als zwei Stunden würden ihre Rechte aus Art. 6 GG verletzt. Die Versetzung sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat ihr nicht zugestimmt habe. Die Beklagte habe schließlich nicht das vom TV Ratio DTKS vorgesehene Auswahlverfahren durchgeführt und ihr einen Änderungsvertrag mit dem Ziel der Versetzung in die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit angeboten.

14

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihre durch die Beklagte erfolgte Versetzung, ab 7. Dezember 2009 im Betrieb der Beklagten in Frankfurt (Oder) zu arbeiten, unwirksam ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Klage zumindest derzeit für unbegründet gehalten, weil sie eine sowohl individualrechtlich als auch betriebsverfassungsrechtlich nach § 100 BetrVG wirksame Versetzung vorgenommen habe. Die GBV, die ua. als Interessenausgleich zu verstehen sei, umschreibe die Betriebsänderung abschließend und stehe selbständig neben dem TV Ratio DTKS. Die Versetzung eines Arbeitnehmers sei schon keine Verlegung des Arbeitsplatzes iSv. § 3 TV Ratio DTKS, weil die betroffenen Arbeitnehmer nicht beschäftigungslos würden. Zudem sei der Standort Schätzelbergstraße ein eigenständiger Betrieb iSd. Kündigungsschutzgesetzes. Der TV Ratio DTKS wolle die Sozialauswahl nach gebotener Auslegung nicht über den kündigungsschutzrechtlichen Betriebsbegriff hinaus erweitern. Die Betriebsparteien hätten die Schätzelbergstraße in ihrer personellen Struktur wegen des Spezialwissens der dort beschäftigten Arbeitnehmer erhalten und von jeglicher Auswahlentscheidung ausnehmen wollen. Eine Sozialauswahl sei für Versetzungen von Gesetzes wegen nicht geboten. Gingen die Tarifvertragsparteien darüber - wie mit der Protokollnotiz zu § 3 TV Ratio DTKS - hinaus, müsse es den Betriebsparteien zumindest in Analogie zu § 1 Abs. 4 KSchG möglich sein, Ausnahmen davon zu machen.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist in der Sache erfolgreich. Eine sofortige unmittelbare Versetzung der Klägerin nach Frankfurt (Oder) war tariflich ausgeschlossen.

18

A. §§ 99, 100 BetrVG stehen der Versetzung der Klägerin nach Frankfurt(Oder) nicht entgegen, obwohl das beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 7 ABR 20/11 - anhängige Zustimmungsersetzungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine als vorläufige Maßnahme nach § 100 BetrVG durchgeführte Versetzung dem Arbeitnehmer gegenüber wirksam ist, bis sie - ggf. nach § 100 Abs. 3 Satz 2 BetrVG - nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

19

B. Der Senat kann offenlassen, ob die Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder) vom gesetzlichen Direktionsrecht der Beklagten (§ 106 Satz 1 GewO) gedeckt ist.

20

I. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Inhalt des Arbeitsvertrags der Parteien nicht auf den Arbeitsort Berlin festgelegt oder konkretisiert.

21

1. Nach § 106 Satz 1 GewO darf der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist(vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 31, AP BGB § 307 Nr. 26). In einem ersten Schritt ist durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsort vertraglich festgelegt ist und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, BAGE 135, 239).

22

2. Der Arbeitsort ist hier nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weder ausdrücklich vertraglich festgelegt, noch ist er auf das Gebiet des Landes Berlin konkretisiert.

23

a) Der letzte zwischen der Klägerin und der Deutschen Bundespost Telekom geschlossene Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1991 legt keinen bestimmten Arbeitsort fest. Er unterscheidet sich damit von dem ersten Arbeitsvertrag der Klägerin mit einer früheren Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 31. August 1989, der den Arbeitsort Berlin-Adlershof vorsah. In einem solchen Fall ist eine Ortsveränderung durch Versetzung in eine andere politische Gemeinde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unabhängig vom Berufsbild vertraglich nicht ausgeschlossen und grundsätzlich vom gesetzlichen Weisungsrecht der Beklagten aus § 106 Satz 1 GewO gedeckt(vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; siehe auch 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 31 f., AP BGB § 307 Nr. 26; zust. etwa Dzida/Schramm BB 2007, 1221, 1225 f.; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 16; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 971; abl. Hromadka NZA 2012, 233, 238 [Erforderlichkeit eines ausdrücklichen oder konkludenten Versetzungsvorbehalts, konkludent vor allem denkbar bei einer Arbeitspflicht an verschiedenen Orten]; Wank RdA 2012, 139, 140; ders. NZA Beilage 2/2012, 41, 48; ders. RdA 2005, 271, 272 [Maßgeblichkeit des Berufsbilds]). Der Senat kann den Arbeitsvertrag als typischen Vertrag selbst auslegen. Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag nach seinem Erscheinungsbild mehrfach verwendet. Der Vertrag enthält bis auf die Daten der Klägerin keine individuellen Besonderheiten.

24

b) Die Arbeitspflicht der Klägerin ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nicht auf den Arbeitsort Berlin konkretisiert.

25

aa) Arbeitspflichten können sich zwar nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (vgl. für die st. Rspr. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 98/11 - Rn. 47; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50 mwN, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55; 7. Dezember 2000 - 6 AZR 444/99 - zu III 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 23).

26

bb) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Bis auf den langjährigen Einsatz der Klägerin im Gebiet des Landes Berlin traten keine besonderen Umstände hinzu, die ihr Vertrauen darauf gerechtfertigt hätten, nur in Berlin eingesetzt zu werden. Die Vorinstanzen haben solche besonderen Umstände zu Recht nicht darin gesehen, dass die Beklagte in der Vergangenheit nicht auf die arbeitsvertraglich vorbehaltene örtliche Versetzungsbefugnis hingewiesen hatte. Allein daraus, dass ein Vertragspartner über einen längeren Zeitraum hinweg nicht auf ein vertraglich vereinbartes Recht hinweist, darf der andere Vertragspartner nicht schließen, sein Vertragspartner werde von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 52, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55).

27

c) Ist der Arbeitsort nicht festgelegt oder konkretisiert und weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, unterliegt die Weisung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keiner Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, sondern der Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(aA Wank RdA 2012, 139, 140). Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. nur BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 18, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, BAGE 135, 239; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

28

II. Der Senat kann offenlassen, ob an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den arbeitsvertraglichen Grenzen des gesetzlichen Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) bei Versetzungen mit einer Veränderung des Arbeitsorts festzuhalten ist (abl. Hromadka NZA 2012, 233, 238; Wank RdA 2012, 139, 140, der auch dem individualrechtlichen Begriff der Versetzung aufgrund Direktionsrechts kritisch gegenübersteht und sich für den Begriff der Umsetzung ausspricht; ders. NZA Beilage 2/2012, 41, 48; ders. RdA 2005, 271, 272). Es kann auch dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht trotz der Kinderbetreuungspflicht der Klägerin rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Ausübung des Weisungsrechts der Beklagten durch die Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder) sei nicht zu beanstanden. Die Versetzung der Klägerin ist jedenfalls unwirksam, weil das Direktionsrecht der Beklagten entweder durch § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS oder durch § 3 Abs. 2 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS beschränkt ist. Die in §§ 3 bis 5 TV Ratio DTKS enthaltene tarifliche Auswahlrichtlinie dient dazu, dem Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS durch einzelvertragliche Abrede oder Änderungskündigung die Möglichkeit zu eröffnen, in den Betrieb BQE versetzt zu werden(ebenso Hümmerich/Welslau NZA 2005, 610, 612; Klinkhammer JbArbR Bd. 43 S. 63, 84). Der Anwendungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet. Die Auslegung der tarifvertraglichen Regelungen (§ 3 Abs. 1, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS) ergibt, dass auch Verlagerungen von Arbeitsplätzen ohne Personalabbau das Angebot eines Änderungsvertrags mit dem Ziel einer Versetzung in die BQE verlangen. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS - jeweils iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS - beschränkten das Direktionsrecht der Beklagten zunächst auf dieses tarifliche Verfahren und schlossen eine sofortige unmittelbare Versetzung von Berlin nach Frankfurt(Oder) aus. Den Tarifvertragsparteien fehlte nicht die Kompetenz, ein tarifliches Auswahlverfahren zu schaffen. Die GBV vom 28. November 2008 durfte vom tariflichen Auswahlverfahren nicht abweichen, indem sie „Mitarbeitermigrationspfade“ vorsah.

29

1. Der Anwendungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet.

30

a) Die Klägerin unterfällt durch ihre Gewerkschaftszugehörigkeit dem persönlichen Geltungsbereich des TV Ratio DTKS. Die Beklagte ist Tarifvertragspartei des Firmentarifvertrags (§ 3 Abs. 1 TVG).

31

b) Der sachliche Geltungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet.

32

aa) Dem sachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags unterfallen nach § 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen, die eine kontinuierliche Qualitäts- und Produktivitätsverbesserung sowie eine flexible Anpassung an technologische und nachfragebezogene Veränderungen sicherstellen sollen. § 1 Abs. 2 Buchst. a TV Ratio DTKS definiert als Maßnahmen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Änderungen der Aufbauorganisation, soweit hierdurch der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird. In den Ausführungsbestimmungen ist geregelt, wie der Begriff der Aufbauorganisation zu verstehen ist. „Aufbauorganisation“ ist danach die Bildung von Organisationseinheiten, die Zuteilung von Aufgaben zu diesen Einheiten, die Aufgabenverteilung innerhalb der Einheiten sowie die Festlegung ihrer Zuständigkeiten. Sie umfasst zB die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Niederlassungen, die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Ressorts oder Abteilungen, die Aufgabenverteilung auf Niederlassungen oder Ressorts sowie die Arbeitsverteilung auf Funktionsträger (Nr. 1 der Ausführungsbestimmungen zu Absatz 2).

33

bb) Die in der GBV vom 28. November 2008 enthaltenen Maßnahmen unterfallen dem sachlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrags.

34

(1) Aus der Präambel der GBV geht hervor, dass sie der Modernisierung und Konsolidierung der bestehenden Standorte dient und die Beklagte eine betriebswirtschaftliche Optimierung des Unternehmens durch Produktivitätssteigerungen erstrebt. Damit sollen die Maßnahmen der GBV eine Produktivitätssteigerung iSv. § 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS sicherstellen. Dafür sieht die GBV die „Migration“ von sog. Quellstandorten zu neuen Zielstandorten vor, die sich näher aus den Anlagen der GBV ergeben. Für die Berliner Standorte - mit Ausnahme des Standorts Schätzelbergstraße - ergibt sich der Zielstandort Frankfurt (Oder). Die „Migration“ war mit der Auflösung der Standorte in der Holzhauser Straße, der Lankwitzer Straße, der Buchberger Straße und der Köpenicker Allee verbunden. Zugleich wurde in Frankfurt (Oder) ein Standort begründet oder der dort schon bestehende Standort zumindest um weitere Abteilungen erweitert. Aufgaben der Berliner Standorte wurden nach Frankfurt (Oder) überführt. Darin liegt eine Änderung der Aufbauorganisation iSv. § 1 Abs. 2 Buchst. a TV Ratio DTKS.

35

(2) Folge der Änderung der Aufbauorganisation war die Verlegung von Arbeitsplätzen iSv. § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS.

36

(a) Unter „verlegen“ wird im räumlichen Wortsinn eine Handlung verstanden, mit der jemand oder etwas von seinem bisherigen an einen anderen Ort gelegt wird (vgl. Duden Bd. 10 Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl. Stichwort: „verlegen“).

37

(b) Das trifft auf die betroffenen Arbeitsplätze zu. Sie werden nach den Regelungen der GBV vom 28. November 2008 von den Quell- an die Zielstandorte gelegt. Diese Verlegung muss nicht dazu führen, dass Arbeitsplätze wegfallen. Maßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS eröffnen den Anwendungsbereich des Tarifvertrags, soweit der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird. Die Tarifvertragsparteien haben das Wort „oder“ zur Verknüpfung verwendet, sodass beide Satzglieder alternative Möglichkeiten ausdrücken, von denen eine infrage kommt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Anwendungsbereich nur für solche Verlegungen von Arbeitsplätzen eröffnen wollten, die zugleich mit einem Arbeitsplatzabbau verbunden sind.

38

2. Entgegen der Auffassung der Revision war bei der Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße nach Frankfurt (Oder) das Direktionsrecht der Beklagten durch die ua. in §§ 3 und 5 TV Ratio DTKS enthaltene tarifliche Auswahlrichtlinie dahin eingeschränkt, die Klägerin einvernehmlich oder durch Änderungskündigung in die BQE zu versetzen. Die Auslegung von § 3 TV Ratio DTKS ergibt, dass die Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße eine Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS erforderlich machte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Standorte Berlin Holzhauser Straße und Berlin Schätzelbergstraße demselben Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn angehörten oder nicht. Gehörten die früheren fünf Berliner Standorte oder auch nur die Standorte Holzhauser Straße und Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn an, war die Klägerin nur im Fall ihrer tarifgerechten Auswahl nach § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS in die BQE zu versetzen. Sollten der Standort Berlin Schätzelbergstraße und der Standort Berlin Holzhauser Straße oder alle anderen vier früheren Berliner Standorte mehrere Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinn gebildet haben, schränkte § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS das Direktionsrecht der Beklagten dahin ein, die Klägerin in die BQE zu versetzen. Die sofortige unmittelbare Versetzung der Klägerin nach Frankfurt (Oder) ohne den Versuch, sie in die BQE zu versetzen, war von dem durch den TV Ratio DTKS tariflich eingeschränkten Direktionsrecht der Beklagten (§ 106 Satz 1 GewO) nicht gedeckt.

39

a) Bei der Auslegung kann der Senat in der ersten Alternative unterstellen, dass der verlagerte Standort Berlin Holzhauser Straße, in dem die Klägerin jedenfalls bis Anfang Dezember 2009 eingesetzt war, kündigungsschutzrechtlich demselben Betrieb angehörte wie der Standort Berlin Schätzelbergstraße. Der (gesetzliche oder gewillkürte) betriebsverfassungsrechtliche Begriff des Betriebs ist für das Auswahlverfahren nicht maßgeblich.

40

aa) Für Änderungskündigungen ist es möglich, Auswahlrichtlinien aufzustellen. Dabei sind die Betriebs- oder Tarifvertragsparteien an die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes gebunden. Sie können die gesetzlichen Anforderungen an die Sozialauswahl nicht abweichend von § 1 Abs. 3 KSchG festlegen(vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 43 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79). Das gilt auch für ein der Änderungskündigung vorgeschaltetes Auswahlverfahren (vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 44, aaO). Die Auswahl muss sich deshalb hinsichtlich besetzter Arbeitsplätze innerhalb des Betriebs im kündigungsschutzrechtlichen Sinn vollziehen.

41

bb) Unter einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder gemeinsam mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. Das setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Sachmittel und Personalressourcen voraus. Die Leitungsmacht, die einen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn begründet, wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird. Entscheidend ist, wo im Schwerpunkt über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden (vgl. für die st. Rspr. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 36 mwN; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 392/08 - Rn. 15 f., AP KSchG 1969 § 23 Nr. 48 = EzA KSchG § 23 Nr. 37). Vom Betrieb als Ganzem zu unterscheiden sind Betriebsteile, die gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch selbständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen. Auch ein Hauptbetrieb und eine räumlich weit entfernte Betriebsstätte iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen Betrieb iSv. § 23 KSchG bilden. Im Unterschied zu § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG differenziert § 23 KSchG nicht zwischen Betrieben und räumlich entfernten Betriebsteilen, die als selbständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten. Die räumliche Einheit ist kündigungsschutzrechtlich kein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal, weil es wesentlich auf die Leitung des Betriebs ankommt, der es obliegt, die Einzelheiten der arbeitstechnischen Zwecksetzung zu regeln (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 37; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 392/08 - Rn. 17, aaO ).

42

cc) Gehörten die früheren fünf Berliner Standorte oder auch nur die Standorte Holzhauser Straße und Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn an, war die Klägerin lediglich im Fall ihrer tarifgerechten Auswahl nach § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS in die BQE zu überführen.

43

(1) Nach § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS werden alle auf den gleichen Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer in die Auswahl einbezogen, wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme iSv. § 1 TV Ratio DTKS betroffen sind, nur ein Teil der Arbeitsplätze wegfällt oder verlegt wird. Die Auswahl dient dazu, die ausgewählten Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 TV Ratio DTKS in den Betrieb BQE zu überführen(Nr. 1 der Protokollnotiz zu § 3 TV Ratio DTKS). Nach § 5 Abs. 3 TV Ratio DTKS erfolgt eine Änderungskündigung, wenn der ausgewählte Arbeitnehmer Angebote nach § 5 Abs. 1(Änderungsvertrag) oder § 5 Abs. 2 TV Ratio DTKS(Auflösungsvertrag) ablehnt. Die Auswahl soll eine Änderungskündigung vorbereiten, wenn es zu keiner der einvernehmlichen Lösungen eines Änderungs- oder Auflösungsvertrags kommt. Sind von einer Organisationsmaßnahme des Arbeitgebers mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen und konkurrieren diese um besetzte Arbeitsplätze in demselben Betrieb, hat der Arbeitgeber durch eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu entscheiden, welche Arbeitnehmer er weiterbeschäftigt. Diese Grundsätze finden auch bei einer (beabsichtigten) Änderungskündigung Anwendung. § 2 Satz 1 KSchG verweist uneingeschränkt auf § 1 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 KSchG(st. Rspr., vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 41, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79).

44

(2) Die am Standort Berlin Schätzelbergstraße vorhandenen Arbeitsplätze gehörten zumindest zum Teil zu einer „Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze“ iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS, wenn unterstellt wird, dass die Standorte Berlin Holzhauser Straße und Berlin Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn angehörten. Der Begriff der Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze ist tariflich nicht definiert. Aufgrund der Formulierung „gleiche Arbeitsplätze“ ist aber davon auszugehen, dass es sich um solche Arbeitsplätze handeln muss, an denen gleiche oder gleichartige Tätigkeiten verrichtet werden.

45

(a) An den verschiedenen Standorten arbeiteten bis zur Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße ua. Arbeitnehmer, die als Kundenberater Leistungen in den Bereichen Festnetz oder Mobilfunk vertrieben und Beratungsleistungen erbrachten. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Gegenstand des Vertriebs und der Beratung in Festnetzbereich und Mobilfunk unterschied.

46

(b) Entscheidend dafür, ob die Arbeitsplätze als „gleich“ iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS einzuordnen sind, ist, ob die Arbeitnehmer auf den Arbeitsplätzen austauschbar sind. Dafür sprechen Sinn und Zweck der Regelung sowie der tarifliche Zusammenhang, weil die Auswahl auch dazu dient, Änderungskündigungen vorzubereiten (§ 5 Abs. 3 TV Ratio DTKS). Eine solche Austauschbarkeit ist nicht nur bei Identität der Arbeitsplätze gegeben, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann (vgl. BAG 7. Dezember 2006 - 2 AZR 748/05 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 88 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 74; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 676/05 - Rn. 30, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 73). Eine kurze Einarbeitungszeit hindert die Vergleichbarkeit nicht. Eine Austauschbarkeit iSd. Kündigungsschutzgesetzes ist vielmehr erst dann ausgeschlossen, wenn die betriebliche Spezialisierung und die aktuellen besonderen Umstände einen solchen Grad erreicht haben, dass ein Einsatz des zu kündigenden Arbeitnehmers auf dem Arbeitsplatz des „Spezialisten“ auch nach einer angemessenen Einarbeitungsfrist nicht möglich ist. Dafür genügt es nicht, dass der Arbeitnehmer nur einen bestimmten, insbesondere untergeordneten Arbeitsvorgang nicht ausführen kann. Sein Arbeitseinsatz muss insgesamt nicht mehr - wirtschaftlich - erfolgen können (vgl. BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81).

47

(c) Nach diesen Maßstäben bestanden am Standort Berlin Schätzelbergstraße gleiche Kundenberaterarbeitsplätze iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS wie am Standort Berlin Holzhauser Straße und an den übrigen drei früheren Berliner Standorten.

48

dd) Unerheblich ist, ob die Absätze 3 und 5 des § 3 TV Ratio DTKS insoweit unwirksam sind, als sie für die Auswahl an den Begriff der Organisationseinheit anknüpfen. Auf diese Regelungen kommt es nicht an, weil sich das Erfordernis der tarifgerechten Auswahl der Klägerin für die Überführung in die BQE bereits aus § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS ergibt.

49

b) Sollten der Standort Berlin Schätzelbergstraße und der Standort Berlin Holzhauser Straße (ggf. gemeinsam mit den anderen drei früheren Berliner Standorten) zwei Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinn gebildet haben, schränkte § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS das Direktionsrecht der Beklagten dahin ein, die Klägerin in die BQE zu versetzen. In diesem Fall wären alle Arbeitsplätze des verlagerten Betriebs verlegt worden.

50

c) Die nach § 3 Abs. 1 oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS zu treffende Auswahl setzt nicht voraus, dass es zu einem Arbeitsplatzabbau kommt.

51

aa) Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. Wie auch § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS stellen die Absätze 1 bis 3 des § 3 TV Ratio DTKS die Verlegung des Arbeitsplatzes als eigenständige Alternative neben den Wegfall des Arbeitsplatzes. Das wird durch die Verknüpfungen „oder“ und „bzw.“ deutlich.

52

bb) Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht dafür, dass die bloße Verlegung von Arbeitsplätzen eine Auswahlentscheidung nach § 3 TV Ratio DTKS erforderlich macht, wenn vergleichbare Arbeitsplätze im Betrieb bestehen.

53

(1) Die Tarifvertragsparteien stellen in § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2 und § 3 Abs. 3 TV Ratio DTKS den Wegfall und die Verlegung von Arbeitsplätzen als selbständige Alternativen nebeneinander und verknüpfen sie durch „oder“ und „bzw.“. Das deutet auf ein einheitliches Verständnis hin.

54

(2) Das tarifliche Rechtsfolgensystem der §§ 5, 8, 9 und 10 TV Ratio DTKS, das an die Auswahl nach §§ 3 bis 5 TV Ratio DTKS anknüpft, spricht nicht gegen das gefundene Auslegungsergebnis.

55

(a) Nach § 5 Abs. 1 TV Ratio DTKS erhält der nach §§ 3 und 4 TV Ratio DTKS ausgewählte Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Betrieb BQE zu den tarifvertraglich näher geregelten Bedingungen aufzunehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 TV Ratio DTKS). Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt (§ 5 Abs. 1 Satz 5 TV Ratio DTKS). Dieses Rechtsfolgensystem ist für Standortverlagerungen ohne Personalabbau nicht unpassend. Vielmehr ermöglichen die Regelungen zur Versetzung des ausgewählten Arbeitnehmers in die BQE es ihm, Leistungen in Anspruch zu nehmen, die dazu dienen, die mit der organisatorischen Maßnahme und ihrer Umsetzung verbundenen Belastungen abzumildern. Zugleich erlaubt das Rechtsfolgensystem des § 5 TV Ratio DTKS es dem Arbeitnehmer, aus dem Arbeitsverhältnis gegen Abfindung auszuscheiden(§ 5 Abs. 2 TV Ratio DTKS). Das tarifliche Rechtsfolgensystem bietet dem ausgewählten Arbeitnehmer demnach verschiedene Handlungsoptionen.

56

(b) § 8 Abs. 1 TV Ratio DTKS verpflichtet die Beklagte, den nach §§ 3, 4 TV Ratio DTKS ausgewählten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen gleichwertigen und zumutbaren Dauerarbeitsplatz innerhalb des Unternehmens der Beklagten - der DTKS - anzubieten. Der ausgewählte Arbeitnehmer wird auf diese Weise typischerweise nicht in die Gefahr gebracht, gegen seinen Willen den Arbeitsplatz zu verlieren. Für die Auswahl von Arbeitnehmern ist für ein zumutbares Angebot in § 9 TV Ratio DTKS eine weitere Auswahlkommission vorgesehen. Der ausgewählte Arbeitnehmer trifft in der BQE auf andere, mit ihm konkurrierende Arbeitnehmer.

57

(aa) Die in Anlage 4 des TV Ratio DTKS geregelten Zumutbarkeitskriterien berücksichtigen ua. den Qualifizierungsaufwand und die Organisationszugehörigkeit iSd. Organisationseinheit. Für den von der Standortverlagerung betroffenen Arbeitnehmer, dessen neuer Standort innerhalb der Organisationseinheit liegt, ist daher im Hinblick auf Qualifikation und Zugehörigkeit zur Organisationseinheit idR ein Angebot zum Wechsel auf den nur örtlich veränderten Arbeitsplatz eher zumutbar als für andere Arbeitnehmer, die sich bereits in der BQE befinden und anderen Organisationseinheiten angehören.

58

(bb) § 8 Abs. 7 Satz 4 TV Ratio DTKS sieht vor, dass Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis von den einschränkenden Regelungen der Anlage 4 des TV Ratio DTKS abweichen können. Der freiwillige Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz ist der Annahme eines Angebots gleichgestellt (§ 8 Abs. 7 Satz 5 TV Ratio DTKS). Danach kann sich der betroffene Arbeitnehmer freiwillig entscheiden, am neuen Standort die Arbeit aufzunehmen, ohne dass es auf Zumutbarkeitskriterien ankäme.

59

(cc) Nach § 10 Abs. 1 TV Ratio DTKS stehen dem Arbeitnehmer bei einer solchen internen Vermittlung Ansprüche auf Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS zu, die ua. aus einem Erstattungsbetrag zum Ausgleich von Fahrtkosten und des zeitlichen Mehraufwands (§§ 4 und 5 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS) oder einer Umzugshilfe (§ 6 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS) bestehen können.

60

(dd) Das zur Milderung der Verlegung des Arbeitsplatzes vorgesehene Rechtsfolgensystem knüpft damit daran an, dass der örtlich veränderte Dauerarbeitsplatz durch Vermittlung aus dem Betrieb BQE erlangt wird.

61

(c) Zu berücksichtigen ist ferner, dass Abschn. 1 des TV Ratio DTKS, der die Auswahlentscheidung enthält, für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, das noch nicht mindestens zwei Jahre ununterbrochen angedauert hat, keine Anwendung findet (§ 2 TV Ratio DTKS). Die Tarifvertragsparteien sehen aber auch für diese Arbeitnehmer den Wechsel in die BQE vor.

62

(aa) Für diese Arbeitnehmer gelten die im Abschn. 2 des TV Ratio DTKS getroffenen Regelungen (§ 13 TV Ratio DTKS). Die Tarifvertragsparteien stufen diese Arbeitnehmer als weniger schutzwürdig ein und sehen für die Gruppe kein Auswahlverfahren vor. Diese Arbeitnehmer sind deswegen unmittelbar betroffen, wenn ihr Arbeitsplatz wegfällt oder verlegt wird. § 14 Abs. 1 TV Ratio DTKS bestimmt, dass sich die Beklagte bemüht, für diese Arbeitnehmergruppe soziale Härten zu vermeiden. Rechtsfolge ihrer Betroffenheit ist im Übrigen, dass die ausgewählten Arbeitnehmer ein Angebot auf befristete Beschäftigung im Betrieb BQE für die Dauer von zwölf Monaten mit dem Zweck der Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz erhalten (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TV Ratio DTKS). §§ 5 und 6 TV Ratio DTKS finden auf sie Anwendung(§ 14 Abs. 2 Satz 2 TV Ratio DTKS).

63

(bb) Sehen die Tarifvertragsparteien für diese weniger schutzwürdige Arbeitnehmergruppe als allein mögliche Rechtsfolge ihrer Betroffenheit einen Wechsel in die BQE vor, entspricht es dem tariflichen Rechtsfolgensystem, dass die dem Abschn. 1 des TV Ratio DTKS unterfallenden Arbeitnehmer im Fall ihrer Auswahl in die BQE wechseln können, um von dort vermittelt zu werden. Sonst würden die schutzwürdigeren Arbeitnehmer von tariflichen Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS ausgeschlossen. Die dem Abschn. 2 des TV Ratio DTKS unterfallenden kürzer beschäftigten Arbeitnehmer erhielten bei interner Vermittlung demgegenüber Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 2 des TV Ratio DTKS (§ 15 Abs. 1 TV Ratio DTKS), zB Leistungen zum Ausgleich von Fahrtmehrkosten (§ 8 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 2 des TV Ratio DTKS).

64

(d) Auch die Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS und die Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS sprechen bei Standortverlagerungen nicht gegen eine Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS.

65

(aa) Die Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS bestimmt, dass die nach §§ 3, 4 TV Ratio DTKS vorzunehmende Auswahlentscheidung eine Sozialauswahl iSd. Kündigungsschutzgesetzes zum Zweck der Überführung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 TV Ratio DTKS in den Betrieb BQE ist und die Anlagen 1 und 2 des Tarifvertrags für diesen Zweck eine Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 KSchG darstellen.

66

(aaa) Damit bringen die Tarifvertragsparteien nicht zum Ausdruck, eine Auswahl hielten sie nur dann für erforderlich, wenn die organisatorische Maßnahme des Arbeitgebers zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führe. Betriebsbedingte Beendigungskündigungen sind nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS bis 31. Dezember 2012 ausgeschlossen, sodass sich die vorzunehmende Auswahl nur auf einen Wechsel in die BQE beziehen kann. Die Auswahlregeln gelten nicht für Beendigungskündigungen nach Außerkrafttreten von § 12 TV Ratio DTKS(Protokollnotiz zu § 18 Abs. 3 TV Ratio DTKS).

67

(bbb) Dieses Ergebnis folgt auch aus der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS, wenn es dort heißt, dass es sich um eine Sozialauswahl iSd. Kündigungsschutzgesetzes zum Zweck der Überführung in den Betrieb BQE handelt. Rechtsfolge ist nicht, dass die ausgewählten Arbeitnehmer unmittelbar auf einen Arbeitsplatz außerhalb der BQE versetzt werden sollen. Sie sollen vielmehr in den Betrieb BQE wechseln, um eine wohlüberlegte Entscheidung treffen zu können, ob sie aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder aus der BQE vermittelt werden wollen. Indem die Tarifvertragsparteien auf das Kündigungsschutzgesetz Bezug nehmen und die Anlagen 1 und 2 des TV Ratio DTKS als Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 KSchG bezeichnen, machen sie nur deutlich, nach welchen Grundsätzen die vorzunehmende Auswahl erfolgen soll.

68

(bb) Auch aus der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS ergibt sich nichts anderes.

69

(aaa) § 3 Abs. 6 Satz 1 TV Ratio DTKS trifft eine Sonderregelung für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse und nimmt Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I bereits in Altersteilzeit befinden oder einen Alterszeitzeitarbeitsvertrag geschlossen haben, von der Auswahlentscheidung aus. Nach Satz 1 der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS gilt das nicht, wenn sie „vollbetroffen“ iSv. § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS sind und alle Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt werden. Nach Satz 2 der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS soll bei diesen Arbeitnehmern eine Versetzung in die BQE jedoch nur erfolgen, wenn bei vorrangiger Prüfung einer anderweitigen Unterbringung des Arbeitnehmers nachweislich kein anderweitiger zumutbarer und gleichwertiger Arbeitsplatz nach dem TV Ratio DTKS gefunden wurde.

70

(bbb) Damit haben die Tarifvertragsparteien lediglich eine besondere Regelung zugunsten von Arbeitnehmern in Altersteilzeit getroffen. Ihnen soll vorrangig ein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz - außerhalb der Regelungen der BQE - vermittelt werden. Daraus kann nicht geschlossen werden, Versetzungen in die BQE kämen allgemein nur in Betracht, wenn kein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz vorhanden ist. Die Frage, welche Arbeitsplatzangebote zumutbar sind oder nicht, soll sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nach den Vermittlungsregelungen der BQE - und nicht nach der Einschätzung des Arbeitgebers - bestimmen.

71

(e) Schließlich sprechen auch die Verfahrensregeln zur Auswahl von Arbeitnehmern nach Anlage 1 des TV Ratio DTKS, aufgrund derer die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS stattzufinden hat, nicht gegen die Durchführung einer Auswahl bei Standortverlagerungen. Nr. 1 Abs. 2 der Anlage 1 des TV Ratio DTKS spricht zwar davon, dass die sich aus der konkreten Maßnahme nach § 1 TV Ratio DTKS ergebenden „Personalüberhänge“ zahlenmäßig einzelnen Alterskategorien verhältnismäßig zugeordnet werden. Aus der Regelungssystematik, nach der betroffene oder ausgewählte Arbeitnehmer grundsätzlich in die BQE wechseln, ergibt sich aber, dass ein „Personalüberhang“ auch besteht, wenn Arbeitsplätze verlegt werden. Der Begriff des Personalüberhangs kann daher nicht so verstanden werden, dass ein Personalüberhang nur dann besteht, wenn sich die Zahl der Arbeitsplätze verringert.

72

cc) Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen, wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen, die zu einem Wegfall oder einer Verlegung von Arbeitsplätzen führen, sozialverträglich umzusetzen (§ 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS), sprechen dafür, die Auswahlregelungen des § 3 TV Ratio DTKS und die damit ausgelösten Rechtsfolgen auf bloße Standortverlagerungen anzuwenden.

73

(1) Der Zweck des TV Ratio DTKS besteht darin, die Folgen von unternehmerischen Entscheidungen, die mit Arbeitsplatzabbau und Arbeitsplatzverlegungen einhergehen, abzumildern. Dazu sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen nach § 12 TV Ratio DTKS ausgeschlossen. Stattdessen ist der Wechsel in die BQE vorgesehen.

74

(2) Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien soll jedoch nur derjenige, der im Verhältnis zu vergleichbaren Arbeitnehmern sozial weniger schutzwürdig ist, statt der ausgeschlossenen Kündigung in die BQE wechseln. Der ausgewählte Arbeitnehmer kann sich für die Vermittlung aus der BQE oder zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gegen Abfindung entscheiden. Wird der Arbeitnehmer aus der BQE auf einen anderen Arbeitsplatz vermittelt, stehen ihm Ausgleichsansprüche nach § 10 TV Ratio DTKS iVm. Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS zu. Dazu gehören zB Fahrtkostenerstattungen oder Umzugshilfen. Die Tarifvertragsparteien wollen die Belastungen, die mit der Aufnahme einer gleichwertigen Tätigkeit an einem anderen Ort verbunden sind, ausgleichen. Für die tariflich verfolgten Abmilderungsziele ist es unerheblich, ob der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers endgültig wegfällt oder nur an einen anderen, ggf. weit entfernten Ort verlegt wird. In beiden Fällen wird der Arbeitnehmer durch eine organisatorische Maßnahme belastet, die es ihm unmöglich macht, seine Arbeit im gewohnten räumlich-sozialen Umfeld fortzusetzen.

75

3. Die GBV vom 28. November 2008 konnte die tarifliche Einschränkung des Direktionsrechts der Beklagten nicht abweichend von § 3 Abs. 1 oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS erweitern, indem sie „Mitarbeitermigrationspfade“ vorgab.

76

a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Selbst wenn die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hier nicht eingreifen sollte, sind Abweichungen vom Tarifvertrag nach § 4 Abs. 3 TVG nur zulässig, wenn sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung zugunsten des Arbeitnehmers enthalten(vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 621).

77

b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

78

aa) Der TV Ratio DTKS enthält keine Öffnungsklausel zugunsten der (Gesamt-)Betriebsparteien, um von den dort getroffenen Regelungen, insbesondere dem in § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS vorgesehenen Auswahlverfahren abzuweichen.

79

bb) Die Regelung in der GBV ist auch nicht günstiger als das tarifliche Auswahlverfahren. § 2 Abs. 2 GBV führt dazu, dass Mitarbeiter des Callcenters Schätzelbergstraße nicht in eine Auswahl einzubeziehen sind. Das verschlechterte die Rechtsstellung der an den anderen vier früheren Berliner Standorten eingesetzten Arbeitnehmer, wenn sie demselben Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn wie die Arbeitnehmer des Standorts Berlin Schätzelbergstraße angehörten. In diesem Fall war die Auswahlregelung des § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS anzuwenden. § 3 Abs. 1 GBV gibt demgegenüber vor, dass die von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer ein Angebot auf einen Dauerarbeitsplatz an einem Zielstandort nach der Anlage 2a oder der Anlage 2b der GBV erhalten. Die GBV sieht also - ohne Auswahl - einen unmittelbaren Wechsel an den jeweiligen Zielstandort nach der Anlage 2a der GBV vor.

80

cc) Entsprechendes gilt für § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS, wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze alle Arbeitsplätze wegfallen oder verlegt werden.

81

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    M. Jostes    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Januar 2010 - 17 Sa 1151/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Pflicht der Beklagten, den Kläger an beweglichen Ferientagen von der Arbeitspflicht, hilfsweise der Unterrichtspflicht freizustellen, sowie um die Feststellung, dass die Musik- und Kunstschule der Beklagten eine öffentliche Schule iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ist.

2

Die Parteien verbindet seit dem 1. April 1986 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt den Kläger als Musiklehrer für die Fächer Gitarre und Elementarunterricht an ihrer Musik- und Kunstschule in B (MKS).

3

Der Unterricht an der MKS, der als Klassen-, Gruppen- oder Einzelunterricht erteilt wird, erfolgt vierstufig. Während den Schülern in der Grundstufe eine musikalische Grundbildung vermittelt wird, liegt der Schwerpunkt in der Unter-, Mittel- und Oberstufe auf Instrumental-, Vokal- und Ensemblefächern. Die MKS bietet zudem in allen Stufen Ergänzungsfächer und Projekte verschiedener Art an.

4

Unter dem 6. Dezember 1985 schlossen die Parteien einen Formulararbeitsvertrag, der ua. folgende Regelungen vorsieht:

        

„§ 2   

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961, dem Bezirks-Zusatztarifvertrag zum BAT (BZT-A/NW) vom 05.10.1961 und den diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben sind die für Angestellte der Stadt B jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge anzuwenden. Außerdem gelten die Richtlinien der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer und Leiter von Musikschulen von 12.01.1973.

        

…       

        

Die Dienstanweisung für Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule und die Schulordnung sind ebenfalls Bestandteil des Arbeitsvertrages.

        

…       

        

§ 4     

        

Die Pflichtstundenzahl beträgt 28 Unterrichtsstunden wöchentlich.

        

§ 5     

        

Für den Erholungsurlaub gelten die Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.

        

...     

        

§ 7     

        

Die Lehrkraft ist verpflichtet, entsprechend den Aufgaben der Musik- und Kunstschule über die reine Unterrichtstätigkeit hinaus

        

a)    

zur Übernahme von Vertretungen im Rahmen des Zumutbaren,

        

b)    

zur Mitarbeit an Schulveranstaltungen,

        

c)    

zur Teilnahme an Lehrerkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften, Prüfungen und Musizierfreizeiten der Schüler,

        

d)    

zu einem jährlich stattfindenden Vorspiel mit den eigenen Schülern,

        

e)    

zur eigenen Fortbildung und Weiterbildung durch Teilnahme an Kursen und Tagungen.“

5

In der Folgezeit waren die Parteien uneins, wie die wöchentliche Pflichtstundenzahl zu berechnen sei. Insbesondere stritten sie über die Berechtigung der Beklagten, dem Kläger zum Ausgleich der an Schulferientagen ausfallenden Unterrichtsstunden (sog. Ferienüberhang) weitere Unterrichtsstunden zuzuweisen. Unter dem 30. November 1999 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht (- 5 Ca 2500/99 -) einen gerichtlichen Vergleich, der ua. Folgendes vorsieht:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger arbeitsvertraglich seit dem 01.08.1999 verpflichtet ist, außerhalb der Schulferien zum Ausgleich des sogenannten Ferienüberhangs wöchentlich 1 Stunde ... abzuleisten. Darüber hinausgehende Unterrichtsverpflichtungen zum Ausgleich des Ferienüberhangs bestehen nicht und werden auch künftig nicht angeordnet. Die Parteien werden eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrages unterzeichnen.

        

2.    

Die Parteien sind weiter darüber einig, dass der Kläger arbeitsvertraglich seit dem 01.08.1999 verpflichtet ist, als Ausgleich für die Differenz zwischen der einzelvertraglichen und der tarifvertraglichen wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung 1 Stunde ... abzuleisten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen zum Ausgleich der Differenz zwischen der einzelvertraglich geschuldeten und der tarifvertraglich festgeschriebenen wöchentlichen Pflichtstundenzahl bestehen nicht und werden auch künftig nicht angeordnet. Dies gilt auch, soweit die tarifvertragliche Arbeitszeit künftig erhöht werden sollte. Die Parteien werden eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrages unterzeichnen.“

6

Dem Vergleichsabschluss lag ein „Berechnungsvordruck Ausgleich Schulferienüberhang“ zugrunde. In diesem heißt es ua. wie folgt:

        

„1.     

Berechnung der Ferientage/Schultage/jährlichen Arbeitstage der Musikschullehrer ...

        
                 

1.1     

Berechnung der auszugleichenden Ferientage

                          

1.1.1 

Ferientage ohne Samstage, Sonn- und Feiertage

        
                                   

Weihnachten ab 01.01.

4 Tage

        
                                   

Ostern

13 Tage

        
                                   

Pfingsten

1 Tag 

        
                                   

Sommer

32 Tage

        
                                   

Herbst

5 Tage

        
                                   

Weihnachten bis 31.12.

5 Tage

                 
                                            

60 Tage“

                 
7

Die in dem Vordruck ebenfalls vorgesehene Zeile „‚bewegliche’ Ferientage 4 Tage“ ist handschriftlich gestrichen, die Summe der Tage handschriftlich von 64 Tagen auf 60 Tage korrigiert.

8

Im Jahr 2000 beschloss das Leitungsgremium der MKS, den Musiklehrern vier bewegliche Ferientage pro Schuljahr zu gewähren. In der „Arbeitsanweisung für die Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule“ vom 1. September 2005 (Arbeitsanweisung aF) finden sich hierzu folgende Regelungen:

        

„Präambel

        

Die pädagogischen ... Mitarbeiter ... stehen in einem Arbeitsverhältnis zur Stadt B, das geregelt wird durch den Bundes-Angestelltentarifvertrag ... und durch den jeweiligen Arbeitsvertrag. ...

        

…       

        

Darüber hinaus regelt die nachstehende Arbeitsanweisung pädagogisch fachliche und organisatorische Arbeitsabläufe ...

        

…       

        

6. Ferienregelung

        

Für die MKS gilt grundsätzlich die Ferienregelung der allgemeinbildenden Schulen. Die beweglichen Ferientage werden ... unter Berücksichtigung der in B meistgenutzten Regelung der beweglichen Ferientage festgelegt. Die MA werden informiert, sobald die Regelung für die MKS getroffen werden kann.“

9

Der vom Ministerium für Schule, Jugend und Kinder Nordrhein-Westfalen (Schulministerium NRW) herausgegebene Runderlass „Ordnung der Ferien und Termine für die Aushändigung der Halbjahreszeugnisse“ vom 26. Juni 2003 (ABl. NRW S. 234, BASS 12 - 65 Nr. 1) sah für die Schuljahre 2003/2004 bis 2009/2010 entweder drei oder vier bewegliche Ferientage vor.

10

Am 17. Dezember 2008 teilte der Leiter der MKS dem Lehrerkollegium während einer Hauptkonferenz mit, den Lehrkräften fortan keine beweglichen Ferientage gewähren zu wollen.

11

Mit Schreiben vom 17. Juni 2009 unterrichtete die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat von ihrer Absicht, Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF wie folgt zu ändern:

        

„6. Ferienregelung

        

Für die MKS gilt grundsätzlich die Ferienregelung der allgemeinbildenden Schulen. Bewegliche Ferientage werden nicht gewährt.“

12

Auf die Aufforderung der Beklagten, seine Beteiligungsrechte wahrzunehmen, erklärte der Personalrat mit Schreiben vom 23. Juni 2009, der beabsichtigten Änderung nicht zuzustimmen, im Übrigen aber auf ein weiteres Verfahren nach dem Landespersonalvertretungsgesetz zu verzichten.

13

Am 7. Juli 2009 änderte die Beklagte die Arbeitsanweisung in Nr. 6, die fortan die gegenüber dem Personalrat angekündigte Fassung hat (Arbeitsanweisung nF).

14

Der Kläger ist der Rechtsauffassung, die Beklagte sei arbeitsvertraglich verpflichtet, ihn über den gesetzlich und tarifvertraglich geregelten Erholungsurlaub hinaus an vier beweglichen Ferientagen im Schuljahr von jeder Arbeitsverpflichtung, hilfsweise von der Verpflichtung, Unterricht zu erteilen, freizustellen. Die Arbeitsanweisung bestehe in der alten Fassung fort, da die Beklagte sie nicht wirksam geändert habe. Zum einen habe sie das nach dem LPVG NRW vorgeschriebene Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, zum anderen fehle es an einer den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechenden Bekanntmachung der Änderung. Der von ihm erhobene Anspruch finde darüber hinaus in dem Vergleich vom 30. November 1999 seine Rechtfertigung. Ferner habe sich durch die jahrelange Gewährung beweglicher Ferientage eine betriebliche Übung gebildet, die die Beklagte nicht wirksam beseitigt habe. Schließlich folge sein Anspruch aus den Ferienbestimmungen nach § 7 Abs. 2 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (SchulG NRW) sowie den dazu erlassenen Ferienordnungen in ihrer jeweiligen Fassung. Denn die MKS sei eine öffentliche Schule iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW.

15

Der Kläger hat zunächst verlangt, die Beklagte zu verurteilen, ihn an vier kalendarisch bestimmten Tagen, hilfsweise an vier von der Beklagten zu bestimmenden Tagen von der Verpflichtung zur Unterrichtserteilung freizustellen. Außerdem hat er begehrt, ihn in jedem Schuljahr an vier Unterrichtstagen „zum Zwecke der Gewährung von beweglichen Ferientagen freizustellen“. Sodann hat er die Klage erweitert und beantragt festzustellen, dass die MKS eine öffentliche Schule iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW ist. Schließlich hat er hilfsweise die Gewährung von vier beweglichen Ferientagen verlangt und deren zeitliche Lage in das Ermessen des Gerichts gestellt. Die zeitliche Lage der von ihm begehrten Ferientage hat er in der ersten und zweiten Instanz mehrfach geändert. Vor dem Landesarbeitsgericht hat er zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn schuljährlich für vier bewegliche Ferientage freizustellen, und

        

2.    

festzustellen, dass die Musik- und Kunstschule der Stadt B eine öffentliche Schule im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW ist.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, für das Klagebegehren fehle es an einer Rechtsgrundlage. Der Vergleich der Parteien vom 30. November 1999 regele allein die Schulferienzeit, ohne Festlegungen hinsichtlich der beweglichen Ferientage zu treffen. Die Ferienordnung des Landes Nordrhein-Westfalen gelte nicht für die MKS; denn diese sei keine Schule im Sinne des SchulG NRW.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger für das Jahr 2008/2009 zwei weitere bewegliche Ferientage zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. In der Revisionsinstanz hat er den zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Klageantrag zu 1. mit dem Inhalt neu gefasst festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht, hilfsweise von der Unterrichtspflicht freizustellen.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

19

I. Die Klage ist zulässig.

20

1. Der in der Revisionsinstanz neu gefasste Feststellungsantrag zu 1. begegnet keinen durchgreifenden prozessrechtlichen Bedenken.

21

a) Die Änderungen, die der Klageantrag zu 1. seit der Erhebung der Klage erfahren hat, haben auf die Zulässigkeit der Klage keinen Einfluss.

22

aa) Soweit der Klageantrag zu 1. in zeitlicher Hinsicht in der Berufungsinstanz erweitert worden ist, hat der Senat die hierin liegende Klageänderung nicht auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

23

(1) Mit dem Klageantrag zu 1. hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Schuljahr 2009/2010 für die Tage 15. und 16. Februar 2010, den 12. April 2010 sowie den 26. Mai 2010 bewegliche Ferientage zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm vier bewegliche, in das Ermessen des Gerichts gestellte Ferientage für das Schuljahr 2009/2010 zu gewähren. In der Folgezeit hat er an anderen Tagen Freistellung begehrt. In der Berufungsinstanz hat er den Antrag geändert und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn schuljährlich für vier bewegliche Ferientage freizustellen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, diesen zuletzt gestellten Sachantrag zu bescheiden, unterliegt nicht der Überprüfung durch den Senat. Gemäß § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Dies sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen.

24

(2) Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 533 ZPO vorliegen, ist in der Revisionsinstanz nicht zu überprüfen, wenn das Berufungsgericht - wie hier das Landesarbeitsgericht - in der Sache über den erweiterten Streitgegenstand entschieden hat(vgl. BAG 21. April 2009 - 3 AZR 285/07 - Rn. 20, AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 20). Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 268 ZPO(vgl. BGH 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - Rn. 9, NJW-RR 2008, 262). Danach findet eine Anfechtung der Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder dass die Änderung zuzulassen sei, nicht statt. Nach dem Zweck des Berufungsrechts dient die Berufungsinstanz in erster Linie der Fehlerkontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung. § 533 ZPO verhindert deshalb, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen neuer Streitgegenstände mit neuem Streitstoff befassen und hierzu eine Sachentscheidung treffen muss. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Berufungsgericht über die Klageänderung sachlich entschieden hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es zu einer Sachentscheidung gelangt ist, weil es die Voraussetzungen des § 533 ZPO bejaht oder dessen Anwendbarkeit im Einzelfall verneint hat.

25

bb) Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz davon abgesehen hat, gegen die Beklagte einen Leistungstitel zu erwirken, und sein Klagebegehren nunmehr mit einem Feststellungsantrag verfolgt, gilt Entsprechendes. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag zu 1. hindert den Senat daran, die Antragsänderung an den zivilprozessualen Vorgaben des § 533 ZPO zu messen(§ 268 ZPO entsprechend).

26

cc) Der Kläger hat den Feststellungsantrag zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sprachlich neu gefasst. Dies ist in prozessrechtlicher Hinsicht unbedenklich. Er hat sein Klagebegehren verdeutlicht, ohne sein Klagebegehren seinem Inhalt nach zu ändern.

27

b) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob die Beklagte verpflichtet ist, ihn an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht, hilfsweise von der Unterrichtspflicht freizustellen (§ 256 Abs. 1 ZPO).

28

aa) Eine allgemeine Feststellungsklage braucht sich nicht notwendig auf das gesamte Rechtsverhältnis zu erstrecken. Der Kläger kann sie auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 139/08 - Rn. 20, BAGE 132, 195). So liegt der Fall hier. Die von dem Kläger begehrte Feststellung bezieht sich lediglich auf einzelne Tage während des Schuljahres. Ob und gegebenenfalls welche arbeitsvertraglichen Pflichten den Kläger an diesen Tagen treffen, ist zwischen den Parteien streitig.

29

bb) Der grundsätzlich geltende Vorrang der Leistungsklage (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 256 Nr. 59) steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Vorrang der Leistungsklage dient dem Zweck, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 142/04 - zu III 1 der Gründe, BAGE 114, 80). Danach ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

30

Diese Voraussetzungen liegen vor. Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist geeignet, den rechtlichen Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob dem Kläger bewegliche Ferientage zustehen; die Ausgestaltung der Leistungspflichten der Beklagten steht nicht im Streit.

31

2. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist auch der Feststellungsantrag zu 2. zulässig.

32

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die von dem Kläger begehrte Feststellung habe eine abstrakte Rechtsfrage zum Inhalt, die nicht auf die Klärung konkreter Rechte und Pflichten zwischen den Prozessparteien gerichtet sei.

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass der Klageantrag zu 2. die Voraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage erfüllt (§ 256 Abs. 2 ZPO).

34

Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann die Klagepartei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, durch Erweiterung des Klageantrags beantragen, dass ein Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht die Ausdehnung der Rechtskraft auch auf das dem Klagebegehren vorgreifliche Rechtsverhältnis und die tragenden Entscheidungsgründe. Die Vorgreiflichkeit ersetzt das ansonsten für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (BAG 18. September 2007 - 9 AZR 672/06 - Rn. 13, BAGE 124, 80). So ist es hier. Der Kläger stützt den mit dem Feststellungsantrag zu 1. verfolgten Anspruch ua. auf die Ferienbestimmungen nach § 7 Abs. 2 SchulG NRW. Diese gelten lediglich für Schulen iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG. Die Vorfrage, ob die MKS zu den Schulen im genannten Sinne gehört, ist damit einer gerichtlichen Feststellung im Wege der Zwischenfeststellungsklage zugänglich.

35

II. Die Klage ist nicht begründet. Dies gilt sowohl für den Feststellungsantrag zu 1., den der Kläger in Form eines Haupt- und Hilfsantrags gestellt hat, als auch für den Feststellungsantrag zu 2.

36

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht freizustellen. Für das Feststellungsbegehren, das der Kläger mit dem Feststellungsantrag zu 1. in der Hauptsache verfolgt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der Hauptantrag könnte nur Erfolg haben, wenn der Kläger - über den Anspruch auf Erholungsurlaub hinaus - Freistellung in der Weise verlangen könnte, dass er an beweglichen Ferientagen von der Unterrichtsverpflichtung zu befreien sei und die Beklagte auch gehindert wäre, den Kläger an diesen Tagen zur Leistung sonstiger Arbeit heranzuziehen. Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung. Dem Kläger steht ein Anspruch auf bewegliche Ferientage nicht zu.

37

a) Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 6. Dezember 1985 rechtfertigt das Klagebegehren nicht. Die Parteien haben die Frage, ob und gegebenenfalls wie viele bewegliche Ferientage dem Kläger zustehen, im Arbeitsvertrag nicht geregelt.

38

b) Der Kläger stützt sein Feststellungsbegehren ohne Erfolg auf Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF.

39

aa) Gemäß Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF legt die Beklagte die beweglichen Ferientage unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten fest.

40

bb) Die Arbeitsanweisung in der zitierten Fassung ist für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht maßgeblich. Sie wurde mit Wirkung zum 7. Juli 2009 durch die Regelung Nr. 6 der Arbeitsanweisung nF abgelöst, der zufolge bewegliche Ferientage nicht gewährt werden.

41

(1) Die Beklagte war befugt, die Arbeitsanweisung unter dem 7. Juli 2009 zu ändern.

42

(a) Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF enthält keine rechtsgeschäftliche Abrede zwischen den Parteien, die es der Beklagten verwehrt, die Weisung einseitig zu ändern. Die Beklagte legte die beweglichen Ferientage in Ausübung des ihr als Arbeitgeberin zustehenden Direktionsrechts fest. Rechtsgeschäftliche Ansprüche des Klägers entstanden deshalb durch den Erlass der Arbeitsanweisung nicht.

43

(aa) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Regelung in § 106 Satz 1 GewO trägt der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 47, AP BGB § 307 Nr. 26). Das Direktionsrecht als „Wesensmerkmal eines jeden Arbeitsverhältnisses“ (BAG 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - Rn. 17, BAGE 112, 80) ermöglicht es dem Arbeitgeber, diese rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen nach zeitlicher Verteilung, Art und Ort unter Beachtung billigen Ermessens festzulegen (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 52, BAGE 132, 88).

44

(bb) Die Auslegung der Arbeitsanweisung ergibt entgegen der Ansicht der Revision, dass die Beklagte von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machte, ohne Ansprüche des Klägers zu begründen.

45

Der Wortlaut der Arbeitsanweisung ist nicht eindeutig. Er lässt offen, ob die Beklagte mit dem Erlass der Arbeitsanweisung klarstellen wollte, dass ihr als Inhaberin des Direktionsrechts die Befugnis zukomme, bewegliche Ferientage festzulegen, oder ob sie sich gegenüber den Lehrkräften verpflichten wollte, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen.

46

Der systematische Zusammenhang, in den die Arbeitsanweisung eingebettet ist, spricht deutlich gegen die Ansicht der Revision. Nr. 6 der Arbeitsanweisung ist Teil einer mehrseitigen „Arbeitsanweisung für die Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule“. Sie beinhaltet Weisungen, mit denen ein Arbeitgeber typischerweise die von dem Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert. Dies gilt insbesondere für die in der Arbeitsanweisung enthaltenen Bestimmungen bezüglich der Arbeitszeit (Nr. 3 Buchst. a bis c, Nr. 6, 7, 11), dem Ort der Arbeitsleistung (Nr. 3 Buchst. d, Nr. 8) und dem Inhalt der geschuldeten Tätigkeit (Nr. 1, 2, 3 Buchst. b und c, Nr. 4 bis 6, 9 bis 15). Derlei Weisungen beinhalten - ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte - nicht das Angebot des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer, sich dem Inhalt der Anweisung entsprechend rechtsgeschäftlich binden zu wollen.

47

In dieselbe Richtung weisen Sinn und Zweck der Arbeitsanweisung. Ausweislich der Präambel war es Ziel der Arbeitsanweisung, die pädagogisch fachlichen und organisatorischen Arbeitsabläufe zu regeln. Dies erfordert, die dort niedergelegten Weisungen für eine zukünftige Abänderung offenzuhalten. Die Konkretisierung der Arbeitsabläufe gestaltet den Pflichtenkreis der Lehrkräfte aus, ohne ihnen Rechtspositionen einzuräumen, die über die im Arbeits- und Tarifvertrag bestimmten Rechte hinausgehen. Folgte man der Ansicht der Revision, dann käme es stets durch bloßen Zeitablauf zu einer Verfestigung des Status quo. Die Erstarkung von Arbeitszeitfestlegungen oder Arbeitszuweisungen zu vertraglichen Rechten ist jedoch mit der gesetzlichen Regelung des Weisungsrechts in § 106 GewO nicht vereinbar; denn dort wird dem Arbeitgeber das Recht zugewiesen, nach billigem Ermessen, jederzeit innerhalb der Grenzen des Arbeits- oder Tarifvertrags Inhalt und Zeit der Arbeitsleistung näher zu bestimmen. Daraus folgt: Der Umstand, dass Weisungen längere Zeit unverändert geblieben sind, bindet den Arbeitgeber nicht. Dieser Umstand ist allenfalls im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen.

48

(b) Durch die mehrere Jahre währende gleichmäßige Handhabung der Nr. 6 Arbeitsanweisung aF ist die Beklagte nicht gehindert, die darin enthaltenen Weisungen mit Wirkung für die Zukunft zu ändern (§ 242 BGB, § 106 GewO).

49

Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26). Die Beklagte hat dem Kläger zwar in den Jahren 2000 bis 2008 bewegliche Ferientage gewährt. Umstände, aus denen er hätte entnehmen können, die Beklagte werde auch in Zukunft so verfahren, hat der Kläger nicht vorgetragen. Im Übrigen sind sie nicht ersichtlich.

50

(2) Die Änderung der Arbeitsanweisung ist entgegen der Ansicht der Revision nicht formunwirksam. Die Revision verkennt den Rechtscharakter der Arbeitsanweisung, wenn sie meint, die Beklagte habe die für die Änderung von Satzungen geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften beachten müssen.

51

(a) Nach § 125 Satz 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, nichtig. Gleiches gilt im Zweifel, wenn die Form durch Rechtsgeschäft bestimmt wurde (§ 125 Satz 2 BGB).

52

(b) Für die Änderung der Arbeitsanweisung bestanden weder gesetzliche noch rechtsgeschäftliche Formvorschriften.

53

(aa) Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über Satzungen sind auf die von der Beklagten erlassene Arbeitsanweisung nicht anzuwenden. Denn die Arbeitsanweisung ist keine Satzung iSd. § 7 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GO NRW). Es fehlt bereits an einer für Satzungen kennzeichnenden Regelung, die ihrem Inhalt nach darauf gerichtet ist, subjektive Rechte von Normunterworfenen zu begründen, abzuändern oder aufzuheben (vgl. hierzu BayVGH 20. September 2000 - 3 N 00.2370 - zu II 1 der Gründe). Mit der Arbeitsanweisung hat die Beklagte nur das ihr nach § 106 GewO zustehende Weisungsrecht ausgeübt. Subjektive Rechtspositionen der beschäftigten Arbeitnehmer werden hierdurch nicht berührt (vgl. II 1 b bb (1) (a)).

54

(bb) Rechtsgeschäftliche Formvorschriften hatte die Beklagte nicht zu beachten. Weder der Arbeitsvertrag noch die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge binden die Ausübung des Weisungsrechts an die Einhaltung einer bestimmten Form.

55

(3) Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte nicht gehalten, die geänderte Arbeitsanweisung bekannt zu machen.

56

(a) Gemäß § 25 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt B vom 5. August 2004 idF der Änderungssatzung vom 27. November 2008 (Hauptsatzung) sind öffentliche Bekanntmachungen, die durch Rechtsvorschriften vorgeschrieben sind, durch Veröffentlichung in den B Tageszeitungen „N“ und „W“ vorzunehmen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes vorgeschrieben ist.

57

(b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Bekanntmachung der Arbeitsanweisung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 GO NRW, wonach Satzungen öffentlich bekannt zu machen sind, liegen nicht vor. Die Arbeitsanweisung, die die Beklagte den an der MKS beschäftigten Lehrkräften erteilte, ist keine Satzung (vgl. II 1 b bb (2) (b) (aa)).

58

(4) Die Beklagte änderte die Arbeitsanweisung, ohne Mitbestimmungsrechte des Personalrats zu verletzen. Entgegen der Ansicht der Revision war der Personalrat bei der Änderung nicht zu beteiligen.

59

(a) Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ergibt sich nicht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 1974 (LPVG NRW). Danach hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Die Voraussetzungen dieses Mitbestimmungstatbestands liegen nicht vor. Der Mitbestimmungstatbestand ist nur erfüllt, wenn durch die dienstliche Anordnung derjenige Zeitraum, in welchem der Beschäftigte seine Verpflichtung zur Dienstleistung zu erfüllen hat, nach Wochentag, Dauer und Uhrzeit fixiert wird (vgl. zur Einführung von Präsenztagen für Lehrer BVerwG 23. August 2007 - 6 P 7.06 - Rn. 31, PersR 2007, 476). Die Anordnung der Beklagten, zukünftig keine beweglichen Ferientage zu gewähren, legt die Anwesenheitspflicht der Lehrkräfte nicht nach Dauer und Uhrzeit fest.

60

(b) Die Beklagte hatte den Personalrat auch nicht nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW zu beteiligen. Die Vorschrift gewährt dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen Überstunden oder Mehrarbeit anordnet. Zweck der Bestimmung ist es, die Beschäftigten vor übermäßiger zeitlicher Inanspruchnahme zu schützen (vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PersVG Sachsen-Anhalt BVerwG 22. Mai 2006 - 6 PB 15.05 - Rn. 7, Buchholz 251.92 SAPersVG § 65 Nr. 1). Das Mitbestimmungsrecht setzt eine dienstplangemäß oder betriebsüblich über die tarifliche bzw. vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit reichende Beanspruchung der Beschäftigten voraus. Der Wegfall der beweglichen Ferientage führt für sich genommen weder zu einer Überschreitung der arbeitsvertraglichen noch der tariflich bestimmten Wochenarbeitszeit.

61

(c) Ebenso wenig ist der Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LPVG NRW erfüllt. Danach unterliegen die Aufstellung des Urlaubsplans und die Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Beschäftigte unter den dort genannten Einschränkungen der Mitbestimmung durch den Personalrat. Die beweglichen Ferientage, die infolge der Änderung der Arbeitsanweisung wegfallen, waren kalendarisch nicht bestimmt. Der Mitbestimmungstatbestand ist selbst dann nicht erfüllt, wenn man zugunsten des Klägers den Wegfall der beweglichen Ferientage mit der Anordnung einer Urlaubssperre gleichstellt. Bestimmt der Arbeitgeber Zeiträume, in denen er Arbeitnehmern keinen Urlaub gewähren will, erfüllt dies nicht die Kriterien, die für eine Urlaubsplanung kennzeichnend sind. Denn die Anordnung dient nicht der Koordinierung der individuellen Urlaubswünsche der Beschäftigten (vgl. BVerwG 19. Januar 1993 - 6 P 19.90 - zu II der Gründe, BVerwGE 91, 343).

62

(d) Die Änderung der Arbeitsanweisung ist auch nicht gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LPVG NRW mitbestimmt. Danach unterliegt die Gestaltung des Entgelts innerhalb der Dienststelle der Mitbestimmung. Der Wegfall von beweglichen Ferientagen hat weder Einfluss auf die Zusammensetzung noch auf die Höhe der an diesen Tagen von der Beklagten zu zahlenden Arbeitsvergütung.

63

(e) Selbst wenn man die Auffassung der Revision teilte, die Änderung der Arbeitsanweisung wäre mitbestimmungspflichtig, würde dies nach der vom Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung dem Feststellungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.

64

(aa) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat zum Betriebsverfassungsrecht den Rechtssatz aufgestellt, dass die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung zwar Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers ist. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind danach allerdings nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten führt nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden. Bei Nichtbeachtung der Mitbestimmung durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer daher keinen Erfüllungsanspruch auf Leistungen, welche die bestehende Vertragsgrundlage übersteigen (BAG 9. November 2010 -  1 AZR 147/09  - Rn. 23, PersR 2011, 176).

65

(bb) Die vom Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelte Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung ist auch auf den Streitfall anzuwenden. Wird zugunsten des Klägers unterstellt, die Beklagte habe Mitbestimmungsrechte des Personalrats verletzt, so folgt daraus noch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung beweglicher Ferientage; denn es wird nicht in schon entstandene Rechte eingegriffen.

66

c) Der Vergleich, den die Parteien am 30. November 1999 vor dem Arbeitsgericht schlossen, rechtfertigt den vom Kläger erhobenen Anspruch nicht. Die vergleichsweise Einigung hat den zwischen den Parteien zum damaligen Zeitpunkt streitigen Ferienüberhang, nicht hingegen die von dem Kläger im Streitfall begehrten Ferientage zum Gegenstand. Die Auslegung des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht ist zutreffend.

67

aa) Gemäß Nr. 1 Satz 1 des Vergleichs ist der Kläger zum Ausgleich des sogenannten Ferienüberhangs verpflichtet, außerhalb der Schulferien wöchentlich eine Stunde abzuleisten. Darüber hinausgehende Unterrichtsverpflichtungen zum Ausgleich des Ferienüberhangs sollten nicht bestehen und künftig nicht angeordnet werden (Nr. 1 Satz 2 des Vergleichs). Des Weiteren vereinbarten die Parteien unter Nr. 2 Satz 1 des Vergleichs, der Kläger sei verpflichtet, als Ausgleich für die Differenz zwischen der einzelvertraglichen und der tarifvertraglichen wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung eine Stunde abzuleisten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen zum Ausgleich der Differenz zwischen der einzelvertraglich geschuldeten und der tarifvertraglich festgeschriebenen wöchentlichen Pflichtstundenzahl sollten nicht bestehen und künftig nicht angeordnet werden (Nr. 2 Satz 2 des Vergleichs).

68

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Vergleich verhalte sich nicht zu der Frage, ob dem Kläger bewegliche Ferientage zustünden. Der Vergleich regele Fragen des Ferienüberhangs. Die Parteien seien bei Abschluss des Vergleichs von 60 Schulferientagen ausgegangen, ohne die beweglichen Ferientage einzubeziehen.

69

cc) Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob die Auslegung eines Vergleichs durch das Berufungsgericht der vollständigen revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt oder aber das Revisionsgericht in der Überprüfung des Auslegungsergebnisses beschränkt ist (vgl. zum Streitstand etwa BAG 8. März 2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 32, BAGE 117, 218). Denn das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis hält auch einer vollständigen Kontrolle durch den Senat stand.

70

(1) Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Gemäß § 133 BGB ist ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, BAGE 132, 88).

71

(2) Nach diesen Grundsätzen ist das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis nicht zu beanstanden. Die Regelung, auf die sich die Parteien unter Nr. 1 des Vergleichs verständigten, betrifft allein Fragen des sog. Ferienüberhangs, nicht aber Fragen der beweglichen Ferientage.

72

(a) Der Begriff Ferienüberhang bezeichnet den Teil der Schulferien, der den tariflichen Jahresurlaub übersteigt (vgl. BAG 13. Dezember 2001 - 6 AZR 127/00 - zu B I 2 b cc der Gründe, ZTR 2002, 323). Es ist ein Überhang an Freizeit, der durch die unterrichtsfreie Zeit in den Schulferien entsteht und der nicht durch Urlaub oder anderweitigen Arbeitseinsatz ausgefüllt wird. Demgegenüber fallen unter den Begriff der beweglichen Ferientage die Tage während der Schulferien, die nach § 3 Abs. 5 Satz 2 des Hamburger Abkommens zur Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse zugelassen werden können.

73

(b) Ausweislich des Wortlauts von Nr. 1 des Vergleichs verständigten sich die Parteien auf die im Vergleich aufgeführten Klauseln „zum Ausgleich des Ferienüberhangs“. Einen deutlichen Hinweis auf den Regelungswillen der Parteien liefert zudem der „Berechnungsvordruck Ausgleich Schulferienüberhang“, den der Kläger zu den Akten gereicht hat. Der Vordruck weist als Summe der Ferientage 60 und nicht 64 Tage aus. Die Differenz beruht auf der handschriftlichen Streichung der Zeile „‚bewegliche’ Ferientage 4 Tage“. Hätten die Parteien die Frage der beweglichen Ferientage in dem Vergleich regeln wollen, hätten sie diese bei der Berechnung der Ferientage berücksichtigen müssen.

74

d) Der Kläger stützt sein Feststellungsbegehren ferner ohne Erfolg auf die Ferienordnung NRW. Diese findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

75

aa) Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW sieht die Ferienordnung neben den landesweiten Ferien bewegliche Ferientage vor, über deren Termine die Schulkonferenz entscheiden kann.

76

bb) Die Ferienordnung ist weder originär noch kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden.

77

(1) Die Ferienordnung, die das für das Schulwesen zuständige Ministerium (§ 128 Abs. 2 SchulG NRW) erlässt, gilt - wie das SchulG NRW im Allgemeinen - für Schulen iSd. SchulG NRW. Dies sind gemäß § 6 Abs. 1 SchulG NRW Bildungsstätten, die unabhängig vom Wechsel der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schülerinnen und Schüler nach Lehrplänen Unterricht in mehreren Fächern erteilen. Schulen iSd. der öffentlich-rechtlichen Schulgesetze der Länder sind dadurch gekennzeichnet, dass an ihnen Unterricht in verschiedenen Fächern und Stufen erteilt wird, der nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmt ist (vgl. BAG 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 84, 124). Der Unterricht soll zu staatlich anerkannten Schulabschlüssen führen (vgl. BAG 24. Juni 1992 - 5 AZR 384/91 - zu II 2 b aa der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 61 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 46). Städtische Musikschulen wie die MKS gehören in der Regel nicht zu den Schulen iSd. § 6 Abs. 1 SchulG NRW(vgl. zum Bereich des Tarifrechts BAG 15. Mai 1997 - 6 AZR 170/96 - zu 2 der Gründe, ZTR 1998, 75). Denn an ihnen werden keine allgemein- oder berufsbildenden Fächer unterrichtet, die für den Schulbegriff konstitutiv sind (vgl. BayVGH 15. Juni 1994 -  7 B 92.438  - zu 2 der Gründe, NVwZ-RR 1995, 38; siehe ferner aus dem öffentlich-rechtlichen Schrifttum Hemmrich in von Münch/Kunig GG 5. Aufl. Art. 7 Rn. 4 f.; Gröschner in Dreier GG 2. Aufl. Art. 7 Rn. 24; Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck GG 6. Aufl. Art. 7 Rn. 52). Für die Musikschulen besteht kein Schulzwang. Es gibt regelmäßig - anders als bei den allgemeinbildenden Schulen - auch keine förmlichen Abschlüsse. Der Unterricht ist meist nur fachbezogen und im Regelfalle weniger reglementiert. Sie sind deshalb auch nicht in der Schulstruktur, die § 10 SchulG NRW beschreibt, aufgeführt.

78

(2) Die Parteien haben die Anwendung der Ferienordnung weder vereinbart, noch folgt die Anwendung aus Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF. Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF ist durch Nr. 6 der Arbeitsanweisung nF abgelöst worden (vgl. II 1 b bb). Die neugefasste Arbeitsanweisung sieht vor, dass die Beklagte bewegliche Ferientage nicht gewährt.

79

e) Die Regelungen über Erholungsurlaub für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen verhelfen dem Klageantrag nicht zum Erfolg.

80

aa) Gemäß § 5 des Arbeitsvertrags richten sich die Ansprüche des Klägers auf Erholungsurlaub nach den Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.

81

bb) Der Kläger macht nicht Erholungsurlaub, sondern bewegliche Ferientage geltend, die über den Erholungsurlaub, wie ihn Lehrer an allgemeinbildenden Schulen erhalten, hinausgehen. Die von den Parteien in Bezug genommenen Bestimmungen sind deshalb bereits ihrer Rechtsfolge nach nicht geeignet, das Klagebegehren zu stützen. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

82

Der Anspruch auf Erholungsurlaub, der Lehrern an allgemeinbildenden Schulen zusteht, und die beweglichen Ferientage, auf die der Kläger Anspruch erhebt, sind ihrem Inhalt nach wesentlich zu unterscheiden. Der Rechtsbegriff Erholungsurlaub bezeichnet die vollständige Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum (vgl. BAG 11. Juli 2006 - 9 AZR 535/05 - Rn. 20, AuA 2007, 52). Der Erlass des Schulministeriums NRW vom 26. Juni 2003 sah für die Schuljahre 2003/2004 bis 2009/2010 entweder drei oder vier bewegliche Ferientage vor. An beweglichen Ferientagen ist der Arbeitnehmer lediglich von der Unterrichtspflicht, nicht aber von anderen Arbeitspflichten befreit (vgl. BAG 13. Februar 1996 - 9 AZR 79/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 82, 161). Auch die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien spiegeln dieses Regelungsverständnis. Nach § 4 des Arbeitsvertrags beträgt die Pflichtstundenzahl 28 Unterrichtsstunden pro Woche. Dieser Teil der von dem Kläger geschuldeten Arbeitsleistung kann entfallen, wenn die Beklagte beschließt, den Musikschülern während der Ferien keinen Unterricht anzubieten. Davon unberührt bleiben die arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers, die in § 7 des Arbeitsvertrags bestimmt sind. Danach ist er - unabhängig von etwaigen Ferienzeiten - unter den dort genannten Voraussetzungen ua. verpflichtet, Vertretungen zu übernehmen, an Schulveranstaltungen mitzuarbeiten, an Lehrerkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften, Prüfungen und Musizierfreizeiten der Schüler mitzuwirken sowie an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Rechtsfolgen, die der Begriff der beweglichen Ferientage umschreibt, bleiben damit hinter den Rechtsfolgen des Erholungsurlaubs zurück.

83

f) Entsprechendes gilt für die tariflichen Bestimmungen, auf die die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrags Bezug genommen haben. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes regeln Urlaubsansprüche, nicht jedoch Ansprüche auf bewegliche Ferientage. Gegen die zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts erhebt die Revision keine Einwände.

84

g) Auch die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes rechtfertigen das Feststellungsbegehren des Klägers nicht. Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm bewegliche Ferientage zu gewähren. Zwar ist der Kläger gehalten, den Erholungsurlaub innerhalb der Schulferien in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt aber nicht, dass alle Tage der Schulferien arbeitsfreie Urlaubstage sein müssen. Das zeigt schon der Umstand, dass die Anzahl der nach § 3 Abs. 1 BUrlG zu gewährenden Urlaubstage 24 Werktage beträgt und die Anzahl der Schulferientage die Anzahl dieser Mindesturlaubstage um ein Mehrfaches übersteigt.

85

h) Ein Anspruch auf bewegliche Ferientage folgt schließlich nicht aus den Grundsätzen, die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur betrieblichen Übung entwickelt hat.

86

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe die für eine betriebliche Übung nötigen besonderen Umstände nicht vorgetragen. Mit der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung begehre der Kläger eine übertarifliche Leistung. Als Beschäftigter des öffentlichen Dienstes habe er davon ausgehen müssen, dass die Beklagte ihm nur die Leistungen gewähren wolle, zu denen sie rechtlich verpflichtet sei.

87

bb) Diese rechtlichen Erwägungen halten einer uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht stand. Daher kann offenbleiben, ob das Auslegungsergebnis, zu dem das Landesarbeitsgericht gelangt ist, einer vollständigen oder lediglich einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (offengelassen zB von BAG 17. November 2009 -  9 AZR 765/08  - Rn. 28, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

88

(1) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Das als Vertragsangebot zu wertende Verhalten des Arbeitgebers wird von den Arbeitnehmern angenommen, indem sie die Leistung widerspruchslos entgegennehmen. Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich. Durch die betriebliche Übung entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung des Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers. Maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste (für die st. Rspr. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 23 f., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Für die Annahme einer betrieblichen Übung genügt es nicht, dass der Arbeitgeber tatsächliche Leistungen erbringt. Geht der Arbeitnehmer davon aus, eine gewährte Leistung stehe ihm aus einem anderen Rechtsgrund als betrieblicher Übung zu, darf er nicht auf ein darüber hinausgehendes Angebot des Arbeitgebers schließen, die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu seinen Gunsten zu ändern (vgl. BAG 19. Januar 2010 -  9 AZR 246/09  - Rn. 56, EzA TVG § 4 Bewachungsgewerbe Nr. 4).

89

(2) Die für eine betriebliche Übung erforderlichen besonderen tatsächlichen Umstände sind nicht ersichtlich. Die nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts sind für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend. Der Kläger nimmt zudem an, die Beklagte sei sowohl aufgrund der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Ferienordnung für die öffentlichen Schulen des Landes Nordrhein-Westfalen als auch aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 30. November 1999 verpflichtet, ihn an den geltend gemachten Tagen von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen. Unter diesen Umständen konnte er nicht davon ausgehen, die Beklagte wolle ihm gegenüber eine freiwillige Leistung erbringen, indem sie ihm in den Jahren 2000 bis 2008 an bestimmten Tagen keine Arbeitsaufgaben zuwies.

90

i) Ein Anspruch auf die weitere Gewährung von beweglichen Ferientagen ergibt sich schließlich nicht aus der Verpflichtung der Beklagten, bei der Verteilung der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 GewO billiges Ermessen auszuüben. Die von der Beklagten getroffene Bestimmung, die Arbeitszeit ohne Berücksichtigung beweglicher Ferientage zu verteilen und damit die Anzahl der innerhalb der tariflichen Arbeitszeit zu leistenden Unterrichtsstunden zu erhöhen, ist jedenfalls nicht so schwer ermessensfehlerhaft, dass sie nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich und nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht im Sinne des Verlangens des Klägers zu ersetzen wäre. Die Beklagte hat sich gemäß dem Protokoll der Hauptkonferenz der Musik- und Kunstschule vom 17. Dezember 2008 zur Rechtfertigung der Änderung der Unterrichtszeiten ua. auf entsprechende Wünsche von Schülern, Eltern und unterrichtswilligen Honorarkräften berufen und auf erhebliche Ausfälle von Kursgebühren hingewiesen, die an beweglichen Ferientagen entstehen. Das sind beachtliche Sachgründe, die ein dienstliches Interesse an der Änderung der Arbeitszeitverteilung begründen. Entgegenstehende überwiegende Interessen des Klägers sind nicht erkennbar.

91

2. Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, von der Unterrichtspflicht freizustellen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf bewegliche Ferientage (vgl. II 1).

92

3. Auch mit dem Feststellungsantrag zu 2. ist der Kläger nicht erfolgreich. Die Musik- und Kunstschule der Stadt B ist keine öffentliche Schule im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW(vgl. II 1 d bb (1)).

93

III. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Kranzusch    

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Januar 2010 - 17 Sa 1151/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Pflicht der Beklagten, den Kläger an beweglichen Ferientagen von der Arbeitspflicht, hilfsweise der Unterrichtspflicht freizustellen, sowie um die Feststellung, dass die Musik- und Kunstschule der Beklagten eine öffentliche Schule iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ist.

2

Die Parteien verbindet seit dem 1. April 1986 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt den Kläger als Musiklehrer für die Fächer Gitarre und Elementarunterricht an ihrer Musik- und Kunstschule in B (MKS).

3

Der Unterricht an der MKS, der als Klassen-, Gruppen- oder Einzelunterricht erteilt wird, erfolgt vierstufig. Während den Schülern in der Grundstufe eine musikalische Grundbildung vermittelt wird, liegt der Schwerpunkt in der Unter-, Mittel- und Oberstufe auf Instrumental-, Vokal- und Ensemblefächern. Die MKS bietet zudem in allen Stufen Ergänzungsfächer und Projekte verschiedener Art an.

4

Unter dem 6. Dezember 1985 schlossen die Parteien einen Formulararbeitsvertrag, der ua. folgende Regelungen vorsieht:

        

„§ 2   

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961, dem Bezirks-Zusatztarifvertrag zum BAT (BZT-A/NW) vom 05.10.1961 und den diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben sind die für Angestellte der Stadt B jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge anzuwenden. Außerdem gelten die Richtlinien der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer und Leiter von Musikschulen von 12.01.1973.

        

…       

        

Die Dienstanweisung für Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule und die Schulordnung sind ebenfalls Bestandteil des Arbeitsvertrages.

        

…       

        

§ 4     

        

Die Pflichtstundenzahl beträgt 28 Unterrichtsstunden wöchentlich.

        

§ 5     

        

Für den Erholungsurlaub gelten die Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.

        

...     

        

§ 7     

        

Die Lehrkraft ist verpflichtet, entsprechend den Aufgaben der Musik- und Kunstschule über die reine Unterrichtstätigkeit hinaus

        

a)    

zur Übernahme von Vertretungen im Rahmen des Zumutbaren,

        

b)    

zur Mitarbeit an Schulveranstaltungen,

        

c)    

zur Teilnahme an Lehrerkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften, Prüfungen und Musizierfreizeiten der Schüler,

        

d)    

zu einem jährlich stattfindenden Vorspiel mit den eigenen Schülern,

        

e)    

zur eigenen Fortbildung und Weiterbildung durch Teilnahme an Kursen und Tagungen.“

5

In der Folgezeit waren die Parteien uneins, wie die wöchentliche Pflichtstundenzahl zu berechnen sei. Insbesondere stritten sie über die Berechtigung der Beklagten, dem Kläger zum Ausgleich der an Schulferientagen ausfallenden Unterrichtsstunden (sog. Ferienüberhang) weitere Unterrichtsstunden zuzuweisen. Unter dem 30. November 1999 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht (- 5 Ca 2500/99 -) einen gerichtlichen Vergleich, der ua. Folgendes vorsieht:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger arbeitsvertraglich seit dem 01.08.1999 verpflichtet ist, außerhalb der Schulferien zum Ausgleich des sogenannten Ferienüberhangs wöchentlich 1 Stunde ... abzuleisten. Darüber hinausgehende Unterrichtsverpflichtungen zum Ausgleich des Ferienüberhangs bestehen nicht und werden auch künftig nicht angeordnet. Die Parteien werden eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrages unterzeichnen.

        

2.    

Die Parteien sind weiter darüber einig, dass der Kläger arbeitsvertraglich seit dem 01.08.1999 verpflichtet ist, als Ausgleich für die Differenz zwischen der einzelvertraglichen und der tarifvertraglichen wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung 1 Stunde ... abzuleisten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen zum Ausgleich der Differenz zwischen der einzelvertraglich geschuldeten und der tarifvertraglich festgeschriebenen wöchentlichen Pflichtstundenzahl bestehen nicht und werden auch künftig nicht angeordnet. Dies gilt auch, soweit die tarifvertragliche Arbeitszeit künftig erhöht werden sollte. Die Parteien werden eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrages unterzeichnen.“

6

Dem Vergleichsabschluss lag ein „Berechnungsvordruck Ausgleich Schulferienüberhang“ zugrunde. In diesem heißt es ua. wie folgt:

        

„1.     

Berechnung der Ferientage/Schultage/jährlichen Arbeitstage der Musikschullehrer ...

        
                 

1.1     

Berechnung der auszugleichenden Ferientage

                          

1.1.1 

Ferientage ohne Samstage, Sonn- und Feiertage

        
                                   

Weihnachten ab 01.01.

4 Tage

        
                                   

Ostern

13 Tage

        
                                   

Pfingsten

1 Tag 

        
                                   

Sommer

32 Tage

        
                                   

Herbst

5 Tage

        
                                   

Weihnachten bis 31.12.

5 Tage

                 
                                            

60 Tage“

                 
7

Die in dem Vordruck ebenfalls vorgesehene Zeile „‚bewegliche’ Ferientage 4 Tage“ ist handschriftlich gestrichen, die Summe der Tage handschriftlich von 64 Tagen auf 60 Tage korrigiert.

8

Im Jahr 2000 beschloss das Leitungsgremium der MKS, den Musiklehrern vier bewegliche Ferientage pro Schuljahr zu gewähren. In der „Arbeitsanweisung für die Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule“ vom 1. September 2005 (Arbeitsanweisung aF) finden sich hierzu folgende Regelungen:

        

„Präambel

        

Die pädagogischen ... Mitarbeiter ... stehen in einem Arbeitsverhältnis zur Stadt B, das geregelt wird durch den Bundes-Angestelltentarifvertrag ... und durch den jeweiligen Arbeitsvertrag. ...

        

…       

        

Darüber hinaus regelt die nachstehende Arbeitsanweisung pädagogisch fachliche und organisatorische Arbeitsabläufe ...

        

…       

        

6. Ferienregelung

        

Für die MKS gilt grundsätzlich die Ferienregelung der allgemeinbildenden Schulen. Die beweglichen Ferientage werden ... unter Berücksichtigung der in B meistgenutzten Regelung der beweglichen Ferientage festgelegt. Die MA werden informiert, sobald die Regelung für die MKS getroffen werden kann.“

9

Der vom Ministerium für Schule, Jugend und Kinder Nordrhein-Westfalen (Schulministerium NRW) herausgegebene Runderlass „Ordnung der Ferien und Termine für die Aushändigung der Halbjahreszeugnisse“ vom 26. Juni 2003 (ABl. NRW S. 234, BASS 12 - 65 Nr. 1) sah für die Schuljahre 2003/2004 bis 2009/2010 entweder drei oder vier bewegliche Ferientage vor.

10

Am 17. Dezember 2008 teilte der Leiter der MKS dem Lehrerkollegium während einer Hauptkonferenz mit, den Lehrkräften fortan keine beweglichen Ferientage gewähren zu wollen.

11

Mit Schreiben vom 17. Juni 2009 unterrichtete die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat von ihrer Absicht, Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF wie folgt zu ändern:

        

„6. Ferienregelung

        

Für die MKS gilt grundsätzlich die Ferienregelung der allgemeinbildenden Schulen. Bewegliche Ferientage werden nicht gewährt.“

12

Auf die Aufforderung der Beklagten, seine Beteiligungsrechte wahrzunehmen, erklärte der Personalrat mit Schreiben vom 23. Juni 2009, der beabsichtigten Änderung nicht zuzustimmen, im Übrigen aber auf ein weiteres Verfahren nach dem Landespersonalvertretungsgesetz zu verzichten.

13

Am 7. Juli 2009 änderte die Beklagte die Arbeitsanweisung in Nr. 6, die fortan die gegenüber dem Personalrat angekündigte Fassung hat (Arbeitsanweisung nF).

14

Der Kläger ist der Rechtsauffassung, die Beklagte sei arbeitsvertraglich verpflichtet, ihn über den gesetzlich und tarifvertraglich geregelten Erholungsurlaub hinaus an vier beweglichen Ferientagen im Schuljahr von jeder Arbeitsverpflichtung, hilfsweise von der Verpflichtung, Unterricht zu erteilen, freizustellen. Die Arbeitsanweisung bestehe in der alten Fassung fort, da die Beklagte sie nicht wirksam geändert habe. Zum einen habe sie das nach dem LPVG NRW vorgeschriebene Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, zum anderen fehle es an einer den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechenden Bekanntmachung der Änderung. Der von ihm erhobene Anspruch finde darüber hinaus in dem Vergleich vom 30. November 1999 seine Rechtfertigung. Ferner habe sich durch die jahrelange Gewährung beweglicher Ferientage eine betriebliche Übung gebildet, die die Beklagte nicht wirksam beseitigt habe. Schließlich folge sein Anspruch aus den Ferienbestimmungen nach § 7 Abs. 2 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (SchulG NRW) sowie den dazu erlassenen Ferienordnungen in ihrer jeweiligen Fassung. Denn die MKS sei eine öffentliche Schule iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW.

15

Der Kläger hat zunächst verlangt, die Beklagte zu verurteilen, ihn an vier kalendarisch bestimmten Tagen, hilfsweise an vier von der Beklagten zu bestimmenden Tagen von der Verpflichtung zur Unterrichtserteilung freizustellen. Außerdem hat er begehrt, ihn in jedem Schuljahr an vier Unterrichtstagen „zum Zwecke der Gewährung von beweglichen Ferientagen freizustellen“. Sodann hat er die Klage erweitert und beantragt festzustellen, dass die MKS eine öffentliche Schule iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW ist. Schließlich hat er hilfsweise die Gewährung von vier beweglichen Ferientagen verlangt und deren zeitliche Lage in das Ermessen des Gerichts gestellt. Die zeitliche Lage der von ihm begehrten Ferientage hat er in der ersten und zweiten Instanz mehrfach geändert. Vor dem Landesarbeitsgericht hat er zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn schuljährlich für vier bewegliche Ferientage freizustellen, und

        

2.    

festzustellen, dass die Musik- und Kunstschule der Stadt B eine öffentliche Schule im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW ist.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, für das Klagebegehren fehle es an einer Rechtsgrundlage. Der Vergleich der Parteien vom 30. November 1999 regele allein die Schulferienzeit, ohne Festlegungen hinsichtlich der beweglichen Ferientage zu treffen. Die Ferienordnung des Landes Nordrhein-Westfalen gelte nicht für die MKS; denn diese sei keine Schule im Sinne des SchulG NRW.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger für das Jahr 2008/2009 zwei weitere bewegliche Ferientage zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. In der Revisionsinstanz hat er den zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Klageantrag zu 1. mit dem Inhalt neu gefasst festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht, hilfsweise von der Unterrichtspflicht freizustellen.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

19

I. Die Klage ist zulässig.

20

1. Der in der Revisionsinstanz neu gefasste Feststellungsantrag zu 1. begegnet keinen durchgreifenden prozessrechtlichen Bedenken.

21

a) Die Änderungen, die der Klageantrag zu 1. seit der Erhebung der Klage erfahren hat, haben auf die Zulässigkeit der Klage keinen Einfluss.

22

aa) Soweit der Klageantrag zu 1. in zeitlicher Hinsicht in der Berufungsinstanz erweitert worden ist, hat der Senat die hierin liegende Klageänderung nicht auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

23

(1) Mit dem Klageantrag zu 1. hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Schuljahr 2009/2010 für die Tage 15. und 16. Februar 2010, den 12. April 2010 sowie den 26. Mai 2010 bewegliche Ferientage zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm vier bewegliche, in das Ermessen des Gerichts gestellte Ferientage für das Schuljahr 2009/2010 zu gewähren. In der Folgezeit hat er an anderen Tagen Freistellung begehrt. In der Berufungsinstanz hat er den Antrag geändert und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn schuljährlich für vier bewegliche Ferientage freizustellen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, diesen zuletzt gestellten Sachantrag zu bescheiden, unterliegt nicht der Überprüfung durch den Senat. Gemäß § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Dies sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen.

24

(2) Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 533 ZPO vorliegen, ist in der Revisionsinstanz nicht zu überprüfen, wenn das Berufungsgericht - wie hier das Landesarbeitsgericht - in der Sache über den erweiterten Streitgegenstand entschieden hat(vgl. BAG 21. April 2009 - 3 AZR 285/07 - Rn. 20, AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 20). Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 268 ZPO(vgl. BGH 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - Rn. 9, NJW-RR 2008, 262). Danach findet eine Anfechtung der Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder dass die Änderung zuzulassen sei, nicht statt. Nach dem Zweck des Berufungsrechts dient die Berufungsinstanz in erster Linie der Fehlerkontrolle der erstinstanzlichen Entscheidung. § 533 ZPO verhindert deshalb, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen neuer Streitgegenstände mit neuem Streitstoff befassen und hierzu eine Sachentscheidung treffen muss. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Berufungsgericht über die Klageänderung sachlich entschieden hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es zu einer Sachentscheidung gelangt ist, weil es die Voraussetzungen des § 533 ZPO bejaht oder dessen Anwendbarkeit im Einzelfall verneint hat.

25

bb) Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz davon abgesehen hat, gegen die Beklagte einen Leistungstitel zu erwirken, und sein Klagebegehren nunmehr mit einem Feststellungsantrag verfolgt, gilt Entsprechendes. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag zu 1. hindert den Senat daran, die Antragsänderung an den zivilprozessualen Vorgaben des § 533 ZPO zu messen(§ 268 ZPO entsprechend).

26

cc) Der Kläger hat den Feststellungsantrag zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sprachlich neu gefasst. Dies ist in prozessrechtlicher Hinsicht unbedenklich. Er hat sein Klagebegehren verdeutlicht, ohne sein Klagebegehren seinem Inhalt nach zu ändern.

27

b) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob die Beklagte verpflichtet ist, ihn an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht, hilfsweise von der Unterrichtspflicht freizustellen (§ 256 Abs. 1 ZPO).

28

aa) Eine allgemeine Feststellungsklage braucht sich nicht notwendig auf das gesamte Rechtsverhältnis zu erstrecken. Der Kläger kann sie auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 139/08 - Rn. 20, BAGE 132, 195). So liegt der Fall hier. Die von dem Kläger begehrte Feststellung bezieht sich lediglich auf einzelne Tage während des Schuljahres. Ob und gegebenenfalls welche arbeitsvertraglichen Pflichten den Kläger an diesen Tagen treffen, ist zwischen den Parteien streitig.

29

bb) Der grundsätzlich geltende Vorrang der Leistungsklage (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 256 Nr. 59) steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Vorrang der Leistungsklage dient dem Zweck, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 142/04 - zu III 1 der Gründe, BAGE 114, 80). Danach ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

30

Diese Voraussetzungen liegen vor. Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist geeignet, den rechtlichen Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob dem Kläger bewegliche Ferientage zustehen; die Ausgestaltung der Leistungspflichten der Beklagten steht nicht im Streit.

31

2. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist auch der Feststellungsantrag zu 2. zulässig.

32

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die von dem Kläger begehrte Feststellung habe eine abstrakte Rechtsfrage zum Inhalt, die nicht auf die Klärung konkreter Rechte und Pflichten zwischen den Prozessparteien gerichtet sei.

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass der Klageantrag zu 2. die Voraussetzungen einer Zwischenfeststellungsklage erfüllt (§ 256 Abs. 2 ZPO).

34

Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann die Klagepartei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, durch Erweiterung des Klageantrags beantragen, dass ein Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht die Ausdehnung der Rechtskraft auch auf das dem Klagebegehren vorgreifliche Rechtsverhältnis und die tragenden Entscheidungsgründe. Die Vorgreiflichkeit ersetzt das ansonsten für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (BAG 18. September 2007 - 9 AZR 672/06 - Rn. 13, BAGE 124, 80). So ist es hier. Der Kläger stützt den mit dem Feststellungsantrag zu 1. verfolgten Anspruch ua. auf die Ferienbestimmungen nach § 7 Abs. 2 SchulG NRW. Diese gelten lediglich für Schulen iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG. Die Vorfrage, ob die MKS zu den Schulen im genannten Sinne gehört, ist damit einer gerichtlichen Feststellung im Wege der Zwischenfeststellungsklage zugänglich.

35

II. Die Klage ist nicht begründet. Dies gilt sowohl für den Feststellungsantrag zu 1., den der Kläger in Form eines Haupt- und Hilfsantrags gestellt hat, als auch für den Feststellungsantrag zu 2.

36

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, vollständig von der Arbeitspflicht freizustellen. Für das Feststellungsbegehren, das der Kläger mit dem Feststellungsantrag zu 1. in der Hauptsache verfolgt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der Hauptantrag könnte nur Erfolg haben, wenn der Kläger - über den Anspruch auf Erholungsurlaub hinaus - Freistellung in der Weise verlangen könnte, dass er an beweglichen Ferientagen von der Unterrichtsverpflichtung zu befreien sei und die Beklagte auch gehindert wäre, den Kläger an diesen Tagen zur Leistung sonstiger Arbeit heranzuziehen. Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung. Dem Kläger steht ein Anspruch auf bewegliche Ferientage nicht zu.

37

a) Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 6. Dezember 1985 rechtfertigt das Klagebegehren nicht. Die Parteien haben die Frage, ob und gegebenenfalls wie viele bewegliche Ferientage dem Kläger zustehen, im Arbeitsvertrag nicht geregelt.

38

b) Der Kläger stützt sein Feststellungsbegehren ohne Erfolg auf Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF.

39

aa) Gemäß Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF legt die Beklagte die beweglichen Ferientage unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten fest.

40

bb) Die Arbeitsanweisung in der zitierten Fassung ist für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht maßgeblich. Sie wurde mit Wirkung zum 7. Juli 2009 durch die Regelung Nr. 6 der Arbeitsanweisung nF abgelöst, der zufolge bewegliche Ferientage nicht gewährt werden.

41

(1) Die Beklagte war befugt, die Arbeitsanweisung unter dem 7. Juli 2009 zu ändern.

42

(a) Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF enthält keine rechtsgeschäftliche Abrede zwischen den Parteien, die es der Beklagten verwehrt, die Weisung einseitig zu ändern. Die Beklagte legte die beweglichen Ferientage in Ausübung des ihr als Arbeitgeberin zustehenden Direktionsrechts fest. Rechtsgeschäftliche Ansprüche des Klägers entstanden deshalb durch den Erlass der Arbeitsanweisung nicht.

43

(aa) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Regelung in § 106 Satz 1 GewO trägt der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 47, AP BGB § 307 Nr. 26). Das Direktionsrecht als „Wesensmerkmal eines jeden Arbeitsverhältnisses“ (BAG 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - Rn. 17, BAGE 112, 80) ermöglicht es dem Arbeitgeber, diese rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen nach zeitlicher Verteilung, Art und Ort unter Beachtung billigen Ermessens festzulegen (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 52, BAGE 132, 88).

44

(bb) Die Auslegung der Arbeitsanweisung ergibt entgegen der Ansicht der Revision, dass die Beklagte von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machte, ohne Ansprüche des Klägers zu begründen.

45

Der Wortlaut der Arbeitsanweisung ist nicht eindeutig. Er lässt offen, ob die Beklagte mit dem Erlass der Arbeitsanweisung klarstellen wollte, dass ihr als Inhaberin des Direktionsrechts die Befugnis zukomme, bewegliche Ferientage festzulegen, oder ob sie sich gegenüber den Lehrkräften verpflichten wollte, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen.

46

Der systematische Zusammenhang, in den die Arbeitsanweisung eingebettet ist, spricht deutlich gegen die Ansicht der Revision. Nr. 6 der Arbeitsanweisung ist Teil einer mehrseitigen „Arbeitsanweisung für die Lehrkräfte der Musik- und Kunstschule“. Sie beinhaltet Weisungen, mit denen ein Arbeitgeber typischerweise die von dem Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert. Dies gilt insbesondere für die in der Arbeitsanweisung enthaltenen Bestimmungen bezüglich der Arbeitszeit (Nr. 3 Buchst. a bis c, Nr. 6, 7, 11), dem Ort der Arbeitsleistung (Nr. 3 Buchst. d, Nr. 8) und dem Inhalt der geschuldeten Tätigkeit (Nr. 1, 2, 3 Buchst. b und c, Nr. 4 bis 6, 9 bis 15). Derlei Weisungen beinhalten - ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte - nicht das Angebot des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer, sich dem Inhalt der Anweisung entsprechend rechtsgeschäftlich binden zu wollen.

47

In dieselbe Richtung weisen Sinn und Zweck der Arbeitsanweisung. Ausweislich der Präambel war es Ziel der Arbeitsanweisung, die pädagogisch fachlichen und organisatorischen Arbeitsabläufe zu regeln. Dies erfordert, die dort niedergelegten Weisungen für eine zukünftige Abänderung offenzuhalten. Die Konkretisierung der Arbeitsabläufe gestaltet den Pflichtenkreis der Lehrkräfte aus, ohne ihnen Rechtspositionen einzuräumen, die über die im Arbeits- und Tarifvertrag bestimmten Rechte hinausgehen. Folgte man der Ansicht der Revision, dann käme es stets durch bloßen Zeitablauf zu einer Verfestigung des Status quo. Die Erstarkung von Arbeitszeitfestlegungen oder Arbeitszuweisungen zu vertraglichen Rechten ist jedoch mit der gesetzlichen Regelung des Weisungsrechts in § 106 GewO nicht vereinbar; denn dort wird dem Arbeitgeber das Recht zugewiesen, nach billigem Ermessen, jederzeit innerhalb der Grenzen des Arbeits- oder Tarifvertrags Inhalt und Zeit der Arbeitsleistung näher zu bestimmen. Daraus folgt: Der Umstand, dass Weisungen längere Zeit unverändert geblieben sind, bindet den Arbeitgeber nicht. Dieser Umstand ist allenfalls im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen.

48

(b) Durch die mehrere Jahre währende gleichmäßige Handhabung der Nr. 6 Arbeitsanweisung aF ist die Beklagte nicht gehindert, die darin enthaltenen Weisungen mit Wirkung für die Zukunft zu ändern (§ 242 BGB, § 106 GewO).

49

Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26). Die Beklagte hat dem Kläger zwar in den Jahren 2000 bis 2008 bewegliche Ferientage gewährt. Umstände, aus denen er hätte entnehmen können, die Beklagte werde auch in Zukunft so verfahren, hat der Kläger nicht vorgetragen. Im Übrigen sind sie nicht ersichtlich.

50

(2) Die Änderung der Arbeitsanweisung ist entgegen der Ansicht der Revision nicht formunwirksam. Die Revision verkennt den Rechtscharakter der Arbeitsanweisung, wenn sie meint, die Beklagte habe die für die Änderung von Satzungen geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften beachten müssen.

51

(a) Nach § 125 Satz 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, nichtig. Gleiches gilt im Zweifel, wenn die Form durch Rechtsgeschäft bestimmt wurde (§ 125 Satz 2 BGB).

52

(b) Für die Änderung der Arbeitsanweisung bestanden weder gesetzliche noch rechtsgeschäftliche Formvorschriften.

53

(aa) Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über Satzungen sind auf die von der Beklagten erlassene Arbeitsanweisung nicht anzuwenden. Denn die Arbeitsanweisung ist keine Satzung iSd. § 7 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GO NRW). Es fehlt bereits an einer für Satzungen kennzeichnenden Regelung, die ihrem Inhalt nach darauf gerichtet ist, subjektive Rechte von Normunterworfenen zu begründen, abzuändern oder aufzuheben (vgl. hierzu BayVGH 20. September 2000 - 3 N 00.2370 - zu II 1 der Gründe). Mit der Arbeitsanweisung hat die Beklagte nur das ihr nach § 106 GewO zustehende Weisungsrecht ausgeübt. Subjektive Rechtspositionen der beschäftigten Arbeitnehmer werden hierdurch nicht berührt (vgl. II 1 b bb (1) (a)).

54

(bb) Rechtsgeschäftliche Formvorschriften hatte die Beklagte nicht zu beachten. Weder der Arbeitsvertrag noch die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge binden die Ausübung des Weisungsrechts an die Einhaltung einer bestimmten Form.

55

(3) Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte nicht gehalten, die geänderte Arbeitsanweisung bekannt zu machen.

56

(a) Gemäß § 25 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt B vom 5. August 2004 idF der Änderungssatzung vom 27. November 2008 (Hauptsatzung) sind öffentliche Bekanntmachungen, die durch Rechtsvorschriften vorgeschrieben sind, durch Veröffentlichung in den B Tageszeitungen „N“ und „W“ vorzunehmen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes vorgeschrieben ist.

57

(b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Bekanntmachung der Arbeitsanweisung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 GO NRW, wonach Satzungen öffentlich bekannt zu machen sind, liegen nicht vor. Die Arbeitsanweisung, die die Beklagte den an der MKS beschäftigten Lehrkräften erteilte, ist keine Satzung (vgl. II 1 b bb (2) (b) (aa)).

58

(4) Die Beklagte änderte die Arbeitsanweisung, ohne Mitbestimmungsrechte des Personalrats zu verletzen. Entgegen der Ansicht der Revision war der Personalrat bei der Änderung nicht zu beteiligen.

59

(a) Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ergibt sich nicht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 1974 (LPVG NRW). Danach hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Die Voraussetzungen dieses Mitbestimmungstatbestands liegen nicht vor. Der Mitbestimmungstatbestand ist nur erfüllt, wenn durch die dienstliche Anordnung derjenige Zeitraum, in welchem der Beschäftigte seine Verpflichtung zur Dienstleistung zu erfüllen hat, nach Wochentag, Dauer und Uhrzeit fixiert wird (vgl. zur Einführung von Präsenztagen für Lehrer BVerwG 23. August 2007 - 6 P 7.06 - Rn. 31, PersR 2007, 476). Die Anordnung der Beklagten, zukünftig keine beweglichen Ferientage zu gewähren, legt die Anwesenheitspflicht der Lehrkräfte nicht nach Dauer und Uhrzeit fest.

60

(b) Die Beklagte hatte den Personalrat auch nicht nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW zu beteiligen. Die Vorschrift gewährt dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen Überstunden oder Mehrarbeit anordnet. Zweck der Bestimmung ist es, die Beschäftigten vor übermäßiger zeitlicher Inanspruchnahme zu schützen (vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PersVG Sachsen-Anhalt BVerwG 22. Mai 2006 - 6 PB 15.05 - Rn. 7, Buchholz 251.92 SAPersVG § 65 Nr. 1). Das Mitbestimmungsrecht setzt eine dienstplangemäß oder betriebsüblich über die tarifliche bzw. vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit reichende Beanspruchung der Beschäftigten voraus. Der Wegfall der beweglichen Ferientage führt für sich genommen weder zu einer Überschreitung der arbeitsvertraglichen noch der tariflich bestimmten Wochenarbeitszeit.

61

(c) Ebenso wenig ist der Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LPVG NRW erfüllt. Danach unterliegen die Aufstellung des Urlaubsplans und die Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Beschäftigte unter den dort genannten Einschränkungen der Mitbestimmung durch den Personalrat. Die beweglichen Ferientage, die infolge der Änderung der Arbeitsanweisung wegfallen, waren kalendarisch nicht bestimmt. Der Mitbestimmungstatbestand ist selbst dann nicht erfüllt, wenn man zugunsten des Klägers den Wegfall der beweglichen Ferientage mit der Anordnung einer Urlaubssperre gleichstellt. Bestimmt der Arbeitgeber Zeiträume, in denen er Arbeitnehmern keinen Urlaub gewähren will, erfüllt dies nicht die Kriterien, die für eine Urlaubsplanung kennzeichnend sind. Denn die Anordnung dient nicht der Koordinierung der individuellen Urlaubswünsche der Beschäftigten (vgl. BVerwG 19. Januar 1993 - 6 P 19.90 - zu II der Gründe, BVerwGE 91, 343).

62

(d) Die Änderung der Arbeitsanweisung ist auch nicht gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LPVG NRW mitbestimmt. Danach unterliegt die Gestaltung des Entgelts innerhalb der Dienststelle der Mitbestimmung. Der Wegfall von beweglichen Ferientagen hat weder Einfluss auf die Zusammensetzung noch auf die Höhe der an diesen Tagen von der Beklagten zu zahlenden Arbeitsvergütung.

63

(e) Selbst wenn man die Auffassung der Revision teilte, die Änderung der Arbeitsanweisung wäre mitbestimmungspflichtig, würde dies nach der vom Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung dem Feststellungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.

64

(aa) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat zum Betriebsverfassungsrecht den Rechtssatz aufgestellt, dass die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung zwar Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers ist. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind danach allerdings nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten führt nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden. Bei Nichtbeachtung der Mitbestimmung durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer daher keinen Erfüllungsanspruch auf Leistungen, welche die bestehende Vertragsgrundlage übersteigen (BAG 9. November 2010 -  1 AZR 147/09  - Rn. 23, PersR 2011, 176).

65

(bb) Die vom Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelte Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung ist auch auf den Streitfall anzuwenden. Wird zugunsten des Klägers unterstellt, die Beklagte habe Mitbestimmungsrechte des Personalrats verletzt, so folgt daraus noch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung beweglicher Ferientage; denn es wird nicht in schon entstandene Rechte eingegriffen.

66

c) Der Vergleich, den die Parteien am 30. November 1999 vor dem Arbeitsgericht schlossen, rechtfertigt den vom Kläger erhobenen Anspruch nicht. Die vergleichsweise Einigung hat den zwischen den Parteien zum damaligen Zeitpunkt streitigen Ferienüberhang, nicht hingegen die von dem Kläger im Streitfall begehrten Ferientage zum Gegenstand. Die Auslegung des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht ist zutreffend.

67

aa) Gemäß Nr. 1 Satz 1 des Vergleichs ist der Kläger zum Ausgleich des sogenannten Ferienüberhangs verpflichtet, außerhalb der Schulferien wöchentlich eine Stunde abzuleisten. Darüber hinausgehende Unterrichtsverpflichtungen zum Ausgleich des Ferienüberhangs sollten nicht bestehen und künftig nicht angeordnet werden (Nr. 1 Satz 2 des Vergleichs). Des Weiteren vereinbarten die Parteien unter Nr. 2 Satz 1 des Vergleichs, der Kläger sei verpflichtet, als Ausgleich für die Differenz zwischen der einzelvertraglichen und der tarifvertraglichen wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung eine Stunde abzuleisten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen zum Ausgleich der Differenz zwischen der einzelvertraglich geschuldeten und der tarifvertraglich festgeschriebenen wöchentlichen Pflichtstundenzahl sollten nicht bestehen und künftig nicht angeordnet werden (Nr. 2 Satz 2 des Vergleichs).

68

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Vergleich verhalte sich nicht zu der Frage, ob dem Kläger bewegliche Ferientage zustünden. Der Vergleich regele Fragen des Ferienüberhangs. Die Parteien seien bei Abschluss des Vergleichs von 60 Schulferientagen ausgegangen, ohne die beweglichen Ferientage einzubeziehen.

69

cc) Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob die Auslegung eines Vergleichs durch das Berufungsgericht der vollständigen revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt oder aber das Revisionsgericht in der Überprüfung des Auslegungsergebnisses beschränkt ist (vgl. zum Streitstand etwa BAG 8. März 2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 32, BAGE 117, 218). Denn das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis hält auch einer vollständigen Kontrolle durch den Senat stand.

70

(1) Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Gemäß § 133 BGB ist ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, BAGE 132, 88).

71

(2) Nach diesen Grundsätzen ist das von dem Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis nicht zu beanstanden. Die Regelung, auf die sich die Parteien unter Nr. 1 des Vergleichs verständigten, betrifft allein Fragen des sog. Ferienüberhangs, nicht aber Fragen der beweglichen Ferientage.

72

(a) Der Begriff Ferienüberhang bezeichnet den Teil der Schulferien, der den tariflichen Jahresurlaub übersteigt (vgl. BAG 13. Dezember 2001 - 6 AZR 127/00 - zu B I 2 b cc der Gründe, ZTR 2002, 323). Es ist ein Überhang an Freizeit, der durch die unterrichtsfreie Zeit in den Schulferien entsteht und der nicht durch Urlaub oder anderweitigen Arbeitseinsatz ausgefüllt wird. Demgegenüber fallen unter den Begriff der beweglichen Ferientage die Tage während der Schulferien, die nach § 3 Abs. 5 Satz 2 des Hamburger Abkommens zur Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse zugelassen werden können.

73

(b) Ausweislich des Wortlauts von Nr. 1 des Vergleichs verständigten sich die Parteien auf die im Vergleich aufgeführten Klauseln „zum Ausgleich des Ferienüberhangs“. Einen deutlichen Hinweis auf den Regelungswillen der Parteien liefert zudem der „Berechnungsvordruck Ausgleich Schulferienüberhang“, den der Kläger zu den Akten gereicht hat. Der Vordruck weist als Summe der Ferientage 60 und nicht 64 Tage aus. Die Differenz beruht auf der handschriftlichen Streichung der Zeile „‚bewegliche’ Ferientage 4 Tage“. Hätten die Parteien die Frage der beweglichen Ferientage in dem Vergleich regeln wollen, hätten sie diese bei der Berechnung der Ferientage berücksichtigen müssen.

74

d) Der Kläger stützt sein Feststellungsbegehren ferner ohne Erfolg auf die Ferienordnung NRW. Diese findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

75

aa) Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW sieht die Ferienordnung neben den landesweiten Ferien bewegliche Ferientage vor, über deren Termine die Schulkonferenz entscheiden kann.

76

bb) Die Ferienordnung ist weder originär noch kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden.

77

(1) Die Ferienordnung, die das für das Schulwesen zuständige Ministerium (§ 128 Abs. 2 SchulG NRW) erlässt, gilt - wie das SchulG NRW im Allgemeinen - für Schulen iSd. SchulG NRW. Dies sind gemäß § 6 Abs. 1 SchulG NRW Bildungsstätten, die unabhängig vom Wechsel der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schülerinnen und Schüler nach Lehrplänen Unterricht in mehreren Fächern erteilen. Schulen iSd. der öffentlich-rechtlichen Schulgesetze der Länder sind dadurch gekennzeichnet, dass an ihnen Unterricht in verschiedenen Fächern und Stufen erteilt wird, der nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmt ist (vgl. BAG 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 84, 124). Der Unterricht soll zu staatlich anerkannten Schulabschlüssen führen (vgl. BAG 24. Juni 1992 - 5 AZR 384/91 - zu II 2 b aa der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 61 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 46). Städtische Musikschulen wie die MKS gehören in der Regel nicht zu den Schulen iSd. § 6 Abs. 1 SchulG NRW(vgl. zum Bereich des Tarifrechts BAG 15. Mai 1997 - 6 AZR 170/96 - zu 2 der Gründe, ZTR 1998, 75). Denn an ihnen werden keine allgemein- oder berufsbildenden Fächer unterrichtet, die für den Schulbegriff konstitutiv sind (vgl. BayVGH 15. Juni 1994 -  7 B 92.438  - zu 2 der Gründe, NVwZ-RR 1995, 38; siehe ferner aus dem öffentlich-rechtlichen Schrifttum Hemmrich in von Münch/Kunig GG 5. Aufl. Art. 7 Rn. 4 f.; Gröschner in Dreier GG 2. Aufl. Art. 7 Rn. 24; Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck GG 6. Aufl. Art. 7 Rn. 52). Für die Musikschulen besteht kein Schulzwang. Es gibt regelmäßig - anders als bei den allgemeinbildenden Schulen - auch keine förmlichen Abschlüsse. Der Unterricht ist meist nur fachbezogen und im Regelfalle weniger reglementiert. Sie sind deshalb auch nicht in der Schulstruktur, die § 10 SchulG NRW beschreibt, aufgeführt.

78

(2) Die Parteien haben die Anwendung der Ferienordnung weder vereinbart, noch folgt die Anwendung aus Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF. Nr. 6 der Arbeitsanweisung aF ist durch Nr. 6 der Arbeitsanweisung nF abgelöst worden (vgl. II 1 b bb). Die neugefasste Arbeitsanweisung sieht vor, dass die Beklagte bewegliche Ferientage nicht gewährt.

79

e) Die Regelungen über Erholungsurlaub für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen verhelfen dem Klageantrag nicht zum Erfolg.

80

aa) Gemäß § 5 des Arbeitsvertrags richten sich die Ansprüche des Klägers auf Erholungsurlaub nach den Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.

81

bb) Der Kläger macht nicht Erholungsurlaub, sondern bewegliche Ferientage geltend, die über den Erholungsurlaub, wie ihn Lehrer an allgemeinbildenden Schulen erhalten, hinausgehen. Die von den Parteien in Bezug genommenen Bestimmungen sind deshalb bereits ihrer Rechtsfolge nach nicht geeignet, das Klagebegehren zu stützen. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

82

Der Anspruch auf Erholungsurlaub, der Lehrern an allgemeinbildenden Schulen zusteht, und die beweglichen Ferientage, auf die der Kläger Anspruch erhebt, sind ihrem Inhalt nach wesentlich zu unterscheiden. Der Rechtsbegriff Erholungsurlaub bezeichnet die vollständige Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum (vgl. BAG 11. Juli 2006 - 9 AZR 535/05 - Rn. 20, AuA 2007, 52). Der Erlass des Schulministeriums NRW vom 26. Juni 2003 sah für die Schuljahre 2003/2004 bis 2009/2010 entweder drei oder vier bewegliche Ferientage vor. An beweglichen Ferientagen ist der Arbeitnehmer lediglich von der Unterrichtspflicht, nicht aber von anderen Arbeitspflichten befreit (vgl. BAG 13. Februar 1996 - 9 AZR 79/95 - zu II 1 der Gründe, BAGE 82, 161). Auch die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien spiegeln dieses Regelungsverständnis. Nach § 4 des Arbeitsvertrags beträgt die Pflichtstundenzahl 28 Unterrichtsstunden pro Woche. Dieser Teil der von dem Kläger geschuldeten Arbeitsleistung kann entfallen, wenn die Beklagte beschließt, den Musikschülern während der Ferien keinen Unterricht anzubieten. Davon unberührt bleiben die arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers, die in § 7 des Arbeitsvertrags bestimmt sind. Danach ist er - unabhängig von etwaigen Ferienzeiten - unter den dort genannten Voraussetzungen ua. verpflichtet, Vertretungen zu übernehmen, an Schulveranstaltungen mitzuarbeiten, an Lehrerkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften, Prüfungen und Musizierfreizeiten der Schüler mitzuwirken sowie an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Rechtsfolgen, die der Begriff der beweglichen Ferientage umschreibt, bleiben damit hinter den Rechtsfolgen des Erholungsurlaubs zurück.

83

f) Entsprechendes gilt für die tariflichen Bestimmungen, auf die die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrags Bezug genommen haben. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes regeln Urlaubsansprüche, nicht jedoch Ansprüche auf bewegliche Ferientage. Gegen die zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts erhebt die Revision keine Einwände.

84

g) Auch die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes rechtfertigen das Feststellungsbegehren des Klägers nicht. Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm bewegliche Ferientage zu gewähren. Zwar ist der Kläger gehalten, den Erholungsurlaub innerhalb der Schulferien in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt aber nicht, dass alle Tage der Schulferien arbeitsfreie Urlaubstage sein müssen. Das zeigt schon der Umstand, dass die Anzahl der nach § 3 Abs. 1 BUrlG zu gewährenden Urlaubstage 24 Werktage beträgt und die Anzahl der Schulferientage die Anzahl dieser Mindesturlaubstage um ein Mehrfaches übersteigt.

85

h) Ein Anspruch auf bewegliche Ferientage folgt schließlich nicht aus den Grundsätzen, die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur betrieblichen Übung entwickelt hat.

86

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe die für eine betriebliche Übung nötigen besonderen Umstände nicht vorgetragen. Mit der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung begehre der Kläger eine übertarifliche Leistung. Als Beschäftigter des öffentlichen Dienstes habe er davon ausgehen müssen, dass die Beklagte ihm nur die Leistungen gewähren wolle, zu denen sie rechtlich verpflichtet sei.

87

bb) Diese rechtlichen Erwägungen halten einer uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht stand. Daher kann offenbleiben, ob das Auslegungsergebnis, zu dem das Landesarbeitsgericht gelangt ist, einer vollständigen oder lediglich einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (offengelassen zB von BAG 17. November 2009 -  9 AZR 765/08  - Rn. 28, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

88

(1) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Das als Vertragsangebot zu wertende Verhalten des Arbeitgebers wird von den Arbeitnehmern angenommen, indem sie die Leistung widerspruchslos entgegennehmen. Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach § 151 Satz 1 BGB entbehrlich. Durch die betriebliche Übung entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung des Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers. Maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste (für die st. Rspr. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 23 f., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Für die Annahme einer betrieblichen Übung genügt es nicht, dass der Arbeitgeber tatsächliche Leistungen erbringt. Geht der Arbeitnehmer davon aus, eine gewährte Leistung stehe ihm aus einem anderen Rechtsgrund als betrieblicher Übung zu, darf er nicht auf ein darüber hinausgehendes Angebot des Arbeitgebers schließen, die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu seinen Gunsten zu ändern (vgl. BAG 19. Januar 2010 -  9 AZR 246/09  - Rn. 56, EzA TVG § 4 Bewachungsgewerbe Nr. 4).

89

(2) Die für eine betriebliche Übung erforderlichen besonderen tatsächlichen Umstände sind nicht ersichtlich. Die nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts sind für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend. Der Kläger nimmt zudem an, die Beklagte sei sowohl aufgrund der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Ferienordnung für die öffentlichen Schulen des Landes Nordrhein-Westfalen als auch aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 30. November 1999 verpflichtet, ihn an den geltend gemachten Tagen von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen. Unter diesen Umständen konnte er nicht davon ausgehen, die Beklagte wolle ihm gegenüber eine freiwillige Leistung erbringen, indem sie ihm in den Jahren 2000 bis 2008 an bestimmten Tagen keine Arbeitsaufgaben zuwies.

90

i) Ein Anspruch auf die weitere Gewährung von beweglichen Ferientagen ergibt sich schließlich nicht aus der Verpflichtung der Beklagten, bei der Verteilung der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 GewO billiges Ermessen auszuüben. Die von der Beklagten getroffene Bestimmung, die Arbeitszeit ohne Berücksichtigung beweglicher Ferientage zu verteilen und damit die Anzahl der innerhalb der tariflichen Arbeitszeit zu leistenden Unterrichtsstunden zu erhöhen, ist jedenfalls nicht so schwer ermessensfehlerhaft, dass sie nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich und nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht im Sinne des Verlangens des Klägers zu ersetzen wäre. Die Beklagte hat sich gemäß dem Protokoll der Hauptkonferenz der Musik- und Kunstschule vom 17. Dezember 2008 zur Rechtfertigung der Änderung der Unterrichtszeiten ua. auf entsprechende Wünsche von Schülern, Eltern und unterrichtswilligen Honorarkräften berufen und auf erhebliche Ausfälle von Kursgebühren hingewiesen, die an beweglichen Ferientagen entstehen. Das sind beachtliche Sachgründe, die ein dienstliches Interesse an der Änderung der Arbeitszeitverteilung begründen. Entgegenstehende überwiegende Interessen des Klägers sind nicht erkennbar.

91

2. Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger an beweglichen Ferientagen, deren Anzahl für öffentliche Schulen im Land Nordrhein-Westfalen festgesetzt wird, von der Unterrichtspflicht freizustellen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf bewegliche Ferientage (vgl. II 1).

92

3. Auch mit dem Feststellungsantrag zu 2. ist der Kläger nicht erfolgreich. Die Musik- und Kunstschule der Stadt B ist keine öffentliche Schule im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW(vgl. II 1 d bb (1)).

93

III. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Kranzusch    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. März 2011 - 1 Sa 571/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1972 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 25. Oktober 1999 als Flugbegleiterin tätig, zuletzt mit einer Bruttomonatsvergütung von 2.020,00 Euro.

3

In einem Schreiben vom 1. April 2000 heißt es auszugsweise:

        

Stationierung

        

Sehr geehrte Frau S,

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.04.2000 eine Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

                 
        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 24.03.2000 unterschrieben an uns zurück.“

4

Im Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 heißt es auszugsweise:

        

„1.     

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Der Mitarbeiter wird ab 01.12.2001 als Flugbegleiter/in im Teilzeitmodell 3 Y mit einer verkürzten Arbeitszeit in HAJ beschäftigt.

                 

Danach beträgt die jährliche reduzierte Arbeitszeit 75 % der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters.

                 

…       

                 

C ist berechtigt, aus betrieblichen Gründen mit einer Vorlauffrist von einem Monat zum monatlichen Planungsbeginn, Änderungen des vertraglich vereinbarten Teilzeitmodells vorzunehmen.

                 

Der Mitarbeiter und C können jederzeit einvernehmliche Änderungen vereinbaren.

                          
                 

…       

                 

C kann den Mitarbeiter vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, einem anderen Ort sowie befristet auch bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der C  in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Dienstvorschriften der C und den Bestimmungen dieses Vertrages.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Nach Maßgabe einer Geschäftsführungsvorlage vom 26. September 2008 entschied sich die Beklagte zur Stationsschließung in Hannover zum 31. Dezember 2009. Am Standort Hannover beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 40 Arbeitnehmer. Flugzeuge sind in Hannover nicht mehr stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Die vorher bestehenden Postfächer und ein Raum für die Mitarbeiter/innen wurden abgeschafft.

7

Nachdem die Beklagte ihr Flugprogramm ab Hannover seit Mai 2008 zumindest erheblich reduziert hatte, schloss sie am 7. Juli 2009 mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

8

Ein Teil der betroffenen Mitarbeiter/innen bewarb sich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg. Des Weiteren bot die Beklagte die Möglichkeit eines Einsatzes von Hannover aus im Wege der Abordnung zur Tochtergesellschaft C B (CiB) an, der allerdings mit schlechteren tariflichen Bedingungen verbunden war. Einzelheiten regelte ein von der Beklagten mit der Personalvertretung abgeschlossener „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“ vom 13. März 2009. Die Klägerin war nur bereit, zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der CiB tätig zu werden.

9

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

10

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 BGB. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auch bei vollständiger Schließung des Stationierungsorts Hannover könne die Klägerin von dort aus eingesetzt werden, gegebenenfalls bei der Tochtergesellschaft CiB.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten gemäß dem Schreiben vom 17. September 2009 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind,

        

2.    

festzustellen, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 17. September 2009 nicht geändert wird,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 26. November 2001 als Flugbegleiterin in Vollzeit vom Stationierungsort Hannover zu beschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2000 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt. Die Stationierung fliegenden Personals in Hannover sei unwirtschaftlich geworden. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt wurden, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die mit Schreiben vom 17. September 2009 erfolgte Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main ist wirksam. Dies hat auch die Unbegründetheit der gegen die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung erhobenen Klage zur Folge.

15

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

16

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

17

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

18

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

19

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

20

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

21

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

22

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, die Klägerin werde in HAJ (= Hannover) beschäftigt, der Arbeitgeber könne die Klägerin auch „vorübergehend oder auf Dauer … [an] einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen. Auch unter Berücksichtigung der Mitteilung der Beklagten vom 1. April 2000 ergibt sich keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts; abgesehen davon wurde der Vertrag vom 26. November 2001 zeitlich nach dieser Mitteilung geschlossen. Nach dem Schreiben vom 1. April 2000 wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Entgegen der Auffassung der Revision bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

23

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

24

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit dem Jahr 2000 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

25

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

26

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2000 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken; im Übrigen ist der Arbeitsvertrag zeitlich nachfolgend einschließlich der Versetzungsklausel neu abgeschlossen worden.

27

II. Die Beklagte hat von ihrem Weisungsrecht nach billigem Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) Gebrauch gemacht.

28

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

29

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

30

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

31

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe bei ihrer Versetzungsentscheidung billiges Ermessen gewahrt, nicht zu beanstanden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

33

Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Faktoren in seine Erwägungen mit einbezogen. Es hat zugunsten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standorts Hannover und die entsprechenden wirtschaftlichen Erwägungen berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht „nachhaltig“ gewesen sei. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob, wie die Klägerin meint, eine unternehmerische Organisationsentscheidung im Rahmen einer Versetzung auf „Nachhaltigkeit“ iSd. Rechtsprechung zu betriebsbedingten Kündigungen (BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71) zu überprüfen ist (vgl. dazu BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 -).

34

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen war, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat dies auch entsprechend umgesetzt. Flugzeuge sind nicht mehr in Hannover stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den Ausführungen im Schriftsatz vom 31. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann.

35

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter die von der Beklagten mit der Personalvertretung vereinbarten Regelungen zur Abmilderung der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten berücksichtigt. Andererseits hat es die für die Klägerin bestehenden Belastungen, die insbesondere in den Kosten für zusätzliche Fahrten und dem erhöhten Freizeitaufwand bestehen, einbezogen. Weitere Umstände, die vom Landesarbeitsgericht fehlerhafterweise nicht berücksichtigt worden wären, benennt auch die Revision nicht. Ihre Angriffe betreffen vielmehr im Wesentlichen die Frage der Nachhaltigkeit der getroffenen unternehmerischen Entscheidung, an der aber aus den oben genannten Gründen keine Zweifel ersichtlich sind.

36

III. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21, aaO; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

37

IV. Aus den genannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf Beschäftigung vom Stationierungsort Hannover aus.

38

V. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. März 2011 - 1 Sa 571/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1972 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 25. Oktober 1999 als Flugbegleiterin tätig, zuletzt mit einer Bruttomonatsvergütung von 2.020,00 Euro.

3

In einem Schreiben vom 1. April 2000 heißt es auszugsweise:

        

Stationierung

        

Sehr geehrte Frau S,

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.04.2000 eine Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

                 
        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 24.03.2000 unterschrieben an uns zurück.“

4

Im Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 heißt es auszugsweise:

        

„1.     

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Der Mitarbeiter wird ab 01.12.2001 als Flugbegleiter/in im Teilzeitmodell 3 Y mit einer verkürzten Arbeitszeit in HAJ beschäftigt.

                 

Danach beträgt die jährliche reduzierte Arbeitszeit 75 % der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters.

                 

…       

                 

C ist berechtigt, aus betrieblichen Gründen mit einer Vorlauffrist von einem Monat zum monatlichen Planungsbeginn, Änderungen des vertraglich vereinbarten Teilzeitmodells vorzunehmen.

                 

Der Mitarbeiter und C können jederzeit einvernehmliche Änderungen vereinbaren.

                          
                 

…       

                 

C kann den Mitarbeiter vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, einem anderen Ort sowie befristet auch bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der C  in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Dienstvorschriften der C und den Bestimmungen dieses Vertrages.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Nach Maßgabe einer Geschäftsführungsvorlage vom 26. September 2008 entschied sich die Beklagte zur Stationsschließung in Hannover zum 31. Dezember 2009. Am Standort Hannover beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 40 Arbeitnehmer. Flugzeuge sind in Hannover nicht mehr stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Die vorher bestehenden Postfächer und ein Raum für die Mitarbeiter/innen wurden abgeschafft.

7

Nachdem die Beklagte ihr Flugprogramm ab Hannover seit Mai 2008 zumindest erheblich reduziert hatte, schloss sie am 7. Juli 2009 mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

8

Ein Teil der betroffenen Mitarbeiter/innen bewarb sich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg. Des Weiteren bot die Beklagte die Möglichkeit eines Einsatzes von Hannover aus im Wege der Abordnung zur Tochtergesellschaft C B (CiB) an, der allerdings mit schlechteren tariflichen Bedingungen verbunden war. Einzelheiten regelte ein von der Beklagten mit der Personalvertretung abgeschlossener „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“ vom 13. März 2009. Die Klägerin war nur bereit, zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der CiB tätig zu werden.

9

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

10

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 BGB. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auch bei vollständiger Schließung des Stationierungsorts Hannover könne die Klägerin von dort aus eingesetzt werden, gegebenenfalls bei der Tochtergesellschaft CiB.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten gemäß dem Schreiben vom 17. September 2009 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind,

        

2.    

festzustellen, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 17. September 2009 nicht geändert wird,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 26. November 2001 als Flugbegleiterin in Vollzeit vom Stationierungsort Hannover zu beschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2000 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt. Die Stationierung fliegenden Personals in Hannover sei unwirtschaftlich geworden. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt wurden, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die mit Schreiben vom 17. September 2009 erfolgte Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main ist wirksam. Dies hat auch die Unbegründetheit der gegen die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung erhobenen Klage zur Folge.

15

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

16

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

17

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

18

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

19

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

20

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

21

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

22

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, die Klägerin werde in HAJ (= Hannover) beschäftigt, der Arbeitgeber könne die Klägerin auch „vorübergehend oder auf Dauer … [an] einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen. Auch unter Berücksichtigung der Mitteilung der Beklagten vom 1. April 2000 ergibt sich keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts; abgesehen davon wurde der Vertrag vom 26. November 2001 zeitlich nach dieser Mitteilung geschlossen. Nach dem Schreiben vom 1. April 2000 wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Entgegen der Auffassung der Revision bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

23

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

24

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit dem Jahr 2000 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

25

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

26

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2000 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken; im Übrigen ist der Arbeitsvertrag zeitlich nachfolgend einschließlich der Versetzungsklausel neu abgeschlossen worden.

27

II. Die Beklagte hat von ihrem Weisungsrecht nach billigem Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) Gebrauch gemacht.

28

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

29

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

30

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

31

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe bei ihrer Versetzungsentscheidung billiges Ermessen gewahrt, nicht zu beanstanden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

33

Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Faktoren in seine Erwägungen mit einbezogen. Es hat zugunsten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standorts Hannover und die entsprechenden wirtschaftlichen Erwägungen berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht „nachhaltig“ gewesen sei. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob, wie die Klägerin meint, eine unternehmerische Organisationsentscheidung im Rahmen einer Versetzung auf „Nachhaltigkeit“ iSd. Rechtsprechung zu betriebsbedingten Kündigungen (BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71) zu überprüfen ist (vgl. dazu BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 -).

34

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen war, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat dies auch entsprechend umgesetzt. Flugzeuge sind nicht mehr in Hannover stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den Ausführungen im Schriftsatz vom 31. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann.

35

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter die von der Beklagten mit der Personalvertretung vereinbarten Regelungen zur Abmilderung der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten berücksichtigt. Andererseits hat es die für die Klägerin bestehenden Belastungen, die insbesondere in den Kosten für zusätzliche Fahrten und dem erhöhten Freizeitaufwand bestehen, einbezogen. Weitere Umstände, die vom Landesarbeitsgericht fehlerhafterweise nicht berücksichtigt worden wären, benennt auch die Revision nicht. Ihre Angriffe betreffen vielmehr im Wesentlichen die Frage der Nachhaltigkeit der getroffenen unternehmerischen Entscheidung, an der aber aus den oben genannten Gründen keine Zweifel ersichtlich sind.

36

III. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21, aaO; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

37

IV. Aus den genannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf Beschäftigung vom Stationierungsort Hannover aus.

38

V. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2009 - 9 Sa 1375/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2

Der im Juni 1949 geborene Kläger ist seit Oktober 2001 mit einer Unterbrechung von mehreren Monaten als Arbeitsvermittler für die beklagte Bundesagentur für Arbeit (BA) tätig. Vom 31. Juli 2004 bis 3. Januar 2005 bestand zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis.

3

Die Beklagte ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (Art. 87 Abs. 2 Satz 1 GG, § 367 Abs. 1 SGB III). Sie ist nach Art. 86 Satz 1 GG an allgemeine Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung gebunden. Die Bundesregierung muss den Haushaltsplan der BA genehmigen (§ 71a Abs. 2 SGB IV). Für die Beklagte gelten sinngemäß die Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung (§ 77a Satz 1 SGB IV) und die Aufsichtsregelungen der §§ 87 ff. SGB IV. Die BA hat aus den Überschüssen der Einnahmen über die Ausgaben eine Rücklage zu bilden (§ 366 SGB III).

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist kraft vertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) anzuwenden.

5

Der TV ATZ lautet auszugsweise:

        

        

§ 2      

                 

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit           

        

(1)     

Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

                 

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet haben,

                 

b)    

eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und

                 

c)    

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,

                 

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

        

(2)     

Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

        

(3)     

Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

        

(4)     

Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen.

                          
        

§ 3      

        

Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit           

        

(1)     

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.

                 

Als bisherige wöchentliche Arbeitszeit ist die wöchentliche Arbeitszeit zugrunde zu legen, die mit dem Arbeitnehmer vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. Zugrunde zu legen ist höchstens die Arbeitszeit, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Arbeitszeit nach Satz 2 dieses Unterabsatzes bleiben Arbeitszeiten, die die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschritten haben, außer Betracht. Die ermittelte durchschnittliche Arbeitszeit kann auf die nächste volle Stunde gerundet werden.

        

(2)     

Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie

                 

a)    

in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell) oder

                 

b)    

durchgehend geleistet wird (Teilzeitmodell).

        

(3)     

Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird.“

6

Das Bundesministerium des Innern (BMI) teilte mit Rundschreiben vom 28. Februar 2006 mit, der Rechnungsprüfungsausschuss habe in seiner Sitzung vom 17. Februar 2006 beschlossen, dass die Bewilligung von Altersteilzeit für Beamte ab sofort (Stichtag 17. Februar 2006) nur noch im Teilzeitmodell möglich sei. Ausgenommen seien bestimmte Personalabbaubereiche. Mit Rundschreiben vom 8. März 2006 übertrug das BMI diese Regelung auf Altersteilzeitarbeitsverträge mit Arbeitnehmern. Das BMI führte zur Begründung aus, die tariflichen Regelungen begründeten keinen Rechtsanspruch auf ein bestimmtes Arbeitszeitmodell während der Altersteilzeit. Altersteilzeitarbeitsverhältnisse dürften zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen für den Bundeshaushalt führen. Die Rundschreiben wurden der BA im März 2006 über das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit der Bitte um Beachtung zugeleitet. Mit E-Mail-Info Personal vom 13. April 2006 teilte die BA ihren Beschäftigten mit, für Beamte und Arbeitnehmer sei die Vereinbarung von Altersteilzeit im Blockmodell mit Blick auf die Rundschreiben des BMI ab sofort in aller Regel ausgeschlossen. Ausgenommen seien lediglich Kraftfahrer.

7

Der Kläger bat mit Schreiben vom 2. Januar 2008 darum, einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell zu schließen. Die Arbeitsphase sollte von Juli 2009 bis Dezember 2011 dauern, die Freistellungsphase von Januar 2012 bis Juni 2014. Die Beklagte lehnte den Antrag unter dem 17. Januar 2008 ab. Sie stützte sich bei der Ausübung ihres Ermessens darauf, dass die Zahl der im Blockmodell durchgeführten Altersteilzeitarbeitsverhältnisse in den vergangenen Jahren im Bereich der BA stark zugenommen habe. Daher sei von einer zunehmenden finanziellen Belastung des Haushalts der BA in den kommenden Jahren auszugehen. Es sei nicht mehr möglich, im bisherigen Umfang Ersatzstellen auszubringen. Durch Blockaltersteilzeit werde der Dienstbetrieb in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt.

8

Der Kläger fragte unter dem 7. Mai 2008 an, ob die Beklagte den Altersteilzeitantrag weiter ablehne. Die BA erwiderte mit Schreiben vom 19. Mai 2008, dem Kläger stehe es frei, Altersteilzeitarbeit im Teilzeitmodell zu beantragen.

9

Der Kläger meint, finanzielle Belastungen, die mit einem tariflich vorgesehenen Altersteilzeitverteilungsmodell verbunden seien, stellten keinen Sachgrund dar, der dem individuellen Verteilungswunsch entgegengehalten werden könne. Sonst werde das Blockmodell faktisch abgeschafft. Störungen des Betriebsablaufs habe die Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Jedenfalls überwögen die Interessen des Klägers die Belange der Beklagten, weil er an einer Augenerkrankung leide und seine Ehefrau sich bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinde.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersteilzeit im Blockmodell für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2011 als Arbeitsphase und für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2014 als Freistellungsphase zu gewähren.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, sie habe sich die Weisungen der Rundschreiben des BMI zu eigen machen müssen, um Restriktionen im Haushaltsverfahren zu vermeiden. Nach der Bundeshaushaltsordnung dürften Rücklagen für das kommende Haushaltsjahr grundsätzlich nicht gebildet werden. Haushaltsmittel, die im Haushaltsjahr nicht in Anspruch genommen würden, verfielen. § 366 SGB III sehe zwar vor, dass die Beklagte aus den Überschüssen der Einnahmen über die Ausgaben eine Rücklage zu bilden habe. Derartige Überschüsse seien jedoch nicht vorhanden. Der nach § 366a SGB III einzurichtende Versorgungsfonds erfasse Rücklagen für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse nicht. Außerdem sei nicht sichergestellt, dass die Stelle des Klägers bei Eintritt in die Freistellungsphase nachbesetzt werden könne.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zustimmung zu dem Antrag des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Die Klage hat Erfolg.

14

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

15

I. Der Antrag ist so zu verstehen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags anzunehmen. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben(vgl. nur Senat 15. September 2009 - 9 AZR 608/08 - Rn. 23, AP BGB § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1). Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht.

16

II. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll hier im Blockmodell in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2014 durchgeführt werden. Die bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und insgesamt in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erbracht werden. Daran soll sich die Freistellungsphase anschließen. Die Arbeitsphase soll von Juli 2009 bis Dezember 2011 dauern, die Freistellungsphase von Januar 2012 bis Juni 2014. Das ergibt sich aus dem ersten Altersteilzeitantrag vom 2. Januar 2008 und dem Klageantrag. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll sich inhaltlich nach den Regelungen des TV ATZ richten.

17

B. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Abschluss des verlangten Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell aus § 2 Abs. 2 Satz 1, § 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ iVm. § 106 Satz 1 GewO und § 315 Abs. 1 BGB.

18

I. Der auf Annahme des Vertragsangebots gerichtete Antrag ist nicht schon deshalb unbegründet, weil der Kläger die rückwirkende Änderung des Arbeitsverhältnisses ab 1. Juli 2009 verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung mit Rückwirkung in Betracht. Ein Vertragsangebot kann auch dann angenommen werden, wenn es auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Eine Rückdatierung des Änderungsvertrags vor Eintritt der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung mit Rechtskraft des Urteils nach § 894 Satz 1 ZPO ist dagegen ausgeschlossen(vgl. für die st. Rspr. Senat 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 35; 15. September 2009 - 9 AZR 608/08 - Rn. 15 f., AP BGB § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er hinsichtlich der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. nur Senat 15. April 2008 - 9 AZR 111/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 126, 264).

19

II. Der Kläger erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 iVm. Abs. 1 TV ATZ.

20

1. Er vollendete mit dem 21. Juni 2009 das 60. Lebensjahr.

21

a) Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger bei der Ablehnung seiner Anträge durch die Beklagte mit Schreiben vom 17. Januar 2008 und 19. Mai 2008 noch nicht das 60. Lebensjahr vollendet hatte, sondern diese Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ erst im Juni 2009 erfüllte.

22

b) Der Senat kann offenlassen, ob ein Arbeitgeber auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ stets verpflichtet ist, über den Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags zu entscheiden, wenn das Angebot abgegeben wird, bevor der Anspruchsteller das 60. Lebensjahr vollendet hat. Ferner kann auf sich beruhen, ob diese Pflicht schon über ein Jahr vor Vollendung des 60. Lebensjahres besteht. Die Beklagte ließ sich hier vorbehaltlos auf die Altersteilzeitanträge des Klägers ein. Sie berief sich nicht auf die fehlende Vollendung des 60. Lebensjahres oder eine noch nicht mögliche Prognose der künftigen Verhältnisse. Die BA lehnte die Anträge vielmehr aus Sachgründen ab (vgl. Senat 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 19 f., AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

23

2. Der Kläger wird von der Beklagten seit Oktober 2001 mit einer Unterbrechung von etwas mehr als fünf Monaten in der Zeit vom 31. Juli 2004 bis 3. Januar 2005, dh. in der Summe seit weit über fünf Jahren vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeitarbeit am 1. Juli 2009 beschäftigt. Die Unterbrechung ist für die Vollendung der fünfjährigen Beschäftigungszeit des § 2 Abs. 1 Buchst. b TV ATZ unschädlich (vgl. Nimscholz/Oppermann/Ostrowicz Altersteilzeit 5. Aufl. S. 49 f.).

24

3. Der Kläger stand in dem Fünfjahreszeitraum vor Beginn der Altersteilzeitarbeit (§ 2 Abs. 1 Buchst. c TV ATZ) mindestens 1.080 Kalendertage in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nach dem SGB III.

25

4. Der Kläger wahrte die Dreimonatsfrist des § 2 Abs. 2 Satz 2 TV ATZ sowohl mit seinem ersten Altersteilzeitantrag vom 2. Januar 2008 als auch mit seinem zweiten Antrag vom 7. Mai 2008. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis sollte erst am 1. Juli 2009 beginnen.

26

III. Der Kläger hat nach § 2 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Nur die von ihm gewünschte Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell (§ 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ) entspricht billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB). Die von der Beklagten ermessensfehlerhaft nicht abgegebene Annahmeerklärung ist vom Senat zu ersetzen.

27

1. Die Beklagte wendet sich nicht gegen das „Ob“ des Anspruchs auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Sie beruft sich insbesondere nicht auf dringende dienstliche oder betriebliche Gründe iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ oder die Überschreitung der in § 2 Abs. 1 TV ATZ iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG enthaltenen Überforderungsgrenze.

28

a) Beide Einschränkungen beziehen sich auf den Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags „an sich“, nicht auf die Verteilung der Arbeitszeit. Die BA lehnt lediglich eine Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell ab.

29

b) Der Streitfall unterscheidet sich darin von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 2004, das die Beklagte heranzieht (- 2 C 21.03 - juris Rn. 10 ff., BVerwGE 120, 382). Diese Entscheidung behandelt die Frage der dem „Ob“ des Anspruchs auf Altersteilzeit entgegenstehenden dringenden dienstlichen Belange iSv. § 88a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG Schleswig-Holstein aF im Beamtenbereich. Verfahrensgegenstand war kein Vollanspruch (vgl. zu der Abgrenzung im Arbeitnehmerbereich Senat 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 23 ff., AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Es ging um einen Anspruch auf Ausübung billigen Ermessens hinsichtlich der Begründung eines Altersteilzeitbeamtenverhältnisses in der Zeit zwischen der Vollendung des 55. und des 60. Lebensjahres.

30

2. Ermessensgerecht ist hier nur die Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell.

31

a) Der Arbeitnehmer hat nach §§ 2, 3 TV ATZ keinen Vollanspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber hat vielmehr nach billigem Ermessen über die Verteilung der Arbeitszeit zu entscheiden (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB).

32

aa) Das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 Satz 1 GewO für die Verteilung der Arbeitszeit im Altersteilzeitarbeitsverhältnis zeigt sich vor allem an § 3 Abs. 3 TV ATZ. Danach kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird. Die Regelung wäre überflüssig, wenn der Arbeitnehmer die Verteilung der Arbeitszeit selbst bestimmen könnte (vgl. Senat 23. Januar 2007 - 9 AZR 393/06 - Rn. 37, BAGE 121, 55).

33

bb) Für die Verteilung der Arbeitszeit durch Weisung des Arbeitgebers sprechen auch Wortlaut, Zusammenhang und Zweck von §§ 2, 3 TV ATZ. § 2 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ begründet ausdrücklich nur einen Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. § 3 Abs. 2 TV ATZ sieht vor, dass die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit im Block- oder im Teilzeitmodell verteilt werden „kann“. Der in der Präambel festgehaltene Zweck des TV ATZ kann sowohl im Block- als auch im Teilzeitmodell erreicht werden. Älteren Beschäftigten soll ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht werden. Dadurch sollen vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden.

34

b) Der Arbeitnehmer kann sein Angebot auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags jedoch - wie hier der Kläger - auf ein bestimmtes Modell der Verteilung der Arbeitszeit beschränken. Einen solchen Antrag kann der Arbeitgeber nur einheitlich annehmen oder ablehnen. Zu einer Annahme des Angebots auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell ist der Arbeitgeber nach §§ 2, 3 TV ATZ lediglich dann verpflichtet, wenn jede andere Entscheidung über die Verteilung der Arbeitszeit billigem Ermessen widerspräche.

35

c) Die Entscheidung der Beklagten, die Arbeitszeit nicht im Blockmodell zu verteilen, wird diesem Maßstab nicht gerecht. Sie widerspricht billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.

36

aa) Die Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. Senat 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 26 und 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

37

bb) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. Senat 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29 mwN, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (Senat 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15; str., zu der Kontroverse GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10). Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist dann geboten, wenn die Tatsachen, die die Ablehnung rechtfertigen sollen, feststehen und nur eine zustimmende Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (Senat 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

38

cc) Der Senat muss nach diesen Grundsätzen selbst entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB entscheiden. Er hat die Beklagte zur Abgabe der Annahmeerklärung mit der gewünschten Arbeitszeitverteilung im Blockmodell zu verurteilen. Nur die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags mit einer Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell entspricht der Billigkeit. Die erforderlichen Tatsachen sind festgestellt.

39

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats genügt im Rahmen billigen Ermessens jeder sachliche Grund, der sich auf den Übergang in die Altersteilzeit bezieht, um einen Altersteilzeitantrag - das „Ob“ des Abschlusses eines Altersteilzeitarbeitsvertrags - abzulehnen. Dazu können auch finanzielle Gründe gehören (vgl. Senat 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Der Senat hat für die Verteilung der Arbeitszeit nach § 3 Abs. 2 TV ATZ demgegenüber bisher offengelassen, welche Gesichtspunkte der Arbeitgeber bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat(vgl. Senat 23. Januar 2007 - 9 AZR 393/06 - Rn. 38, BAGE 121, 55).

40

(2) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird vertreten, bei der Ermessensentscheidung nach § 3 Abs. 2 TV ATZ könnten wie bei § 2 Abs. 1 TV ATZ alle sachlichen Gründe berücksichtigt werden, die sich auf den Übergang in die Altersteilzeit bezögen oder sich aus dem Wechsel in die Altersteilzeit im Blockmodell ergäben(vgl. LAG Köln 6. November 2009 - 10 Sa 687/09 - zu II 2 b der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 AZR 182/10 -]; 24. September 2009 - 13 Sa 749/09 - zu I 2 b cc der Gründe, LAGE ATG § 3 Nr. 11 [Revision eingelegt unter - 9 AZR 848/09 -]; LAG München 12. Januar 2010 - 6 Sa 488/09 - zu II 2 b bb der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 AZR 188/10 -]; 17. Dezember 2008 - 10 Sa 817/08 - zu II 2 b cc (1) der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 AZR 320/09 -]). Dieser Ansatz wird damit begründet, dass finanzielle Gründe sogar die vollständige Ablehnung eines Altersteilzeitantrags rechtfertigen könnten. Sie müssten es deshalb erst recht erlauben, eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit abzulehnen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe.

41

(3) Der Senat stimmt diesen Überlegungen nicht zu.

42

(a) Welche tatsächlichen Umstände in die Ermessensabwägung einzubeziehen sind, richtet sich nach dem jeweiligen Regelungsgegenstand (vgl. Senat 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 30, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14; LAG Schleswig-Holstein 31. Oktober 2007 - 6 Sa 136/07 - zu II 2 b bb (1) der Gründe, EzTöD 700 TV ATZ Nr. 12). Geht es - wie hier - um die Verteilung der Arbeitszeit, können alle sachlichen Gründe berücksichtigt werden, die sich auf die Lage der Arbeitszeit als solche beziehen. Das kann wegen der Aufgabenstellung des Arbeitnehmers im Einzelfall auch zu einem Vorrang des Teilzeitmodells führen. Daran ist beispielsweise zu denken, wenn eine Nachbesetzung mit einer langen Einarbeitung verbunden ist und beide Arbeitnehmer deswegen zeitlich überlappend beschäftigt werden sollen (vgl. Senat 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - aaO).

43

(b) Derartige Gründe, die sich auf den Betriebsablauf beziehen, hat die Beklagte nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Die Annahme der BA, sie könne die Stelle bei Eintritt des Klägers in die Freistellungsphase nicht nachbesetzen, ist nicht auf im Einzelnen nachvollziehbares Tatsachenvorbringen gestützt. Es handelt sich um eine vage Befürchtung, auf die der Kläger nicht sachgerecht erwidern kann. Die Beklagte beruft sich letztlich auf ihr Interesse an Vertragskontinuität. Dieses Interesse ist kein Sachgrund für die Ablehnung der Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell, wenn keine anderen sachlich berechtigten Belange hinzutreten.

44

(c) Die Beklagte beruft sich vor allem auf das Rundschreiben des BMI vom 8. März 2006, in dem ausgeführt wurde, Altersteilzeitarbeitsverhältnisse dürften zu keinen zusätzlichen Belastungen für den Bundeshaushalt führen. Dieses Rundschreiben wurde der BA über das BMAS zugeleitet. Die Beklagte machte es sich mit E-Mail-Info Personal vom 13. April 2006 zu eigen. Sie nimmt an, die erhöhte wirtschaftliche Belastung durch das Blockmodell schlage sich in den Kosten für die Insolvenzsicherung und darin nieder, dass sie wegen der kameralistischen Haushaltsführung keine Rückstellungen bilden könne.

45

(aa) Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob eine höhere wirtschaftliche Belastung durch das Blockmodell in bestimmten Fällen als Sachgrund gegen die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeführt werden kann (dagegen Senat 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 30, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14; ebenso LAG Baden-Württemberg 9. Februar 2010 - 14 Sa 26/09 - zu II 2 b bb der Gründe [Revision eingelegt unter - 9 AZR 225/10 -]).

46

(bb) Eine - unterstellte - höhere wirtschaftliche Belastung durch das Blockmodell kann hier nicht allein als Sachgrund für die Ablehnung des Verteilungswunschs herangezogen werden, weil die tariflichen Vorschriften weder dem Block- noch dem Teilzeitmodell den Vorrang geben. Die nötige Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls steht generellen Vorentscheidungen des Arbeitgebers, wie er eine Tarifnorm in der Praxis umsetzt, zwar nicht entgegen (vgl. Senat 12. Dezember 2000 - 9 AZR 706/99 - zu B II 1 c bb aE der Gründe, BAGE 96, 363). Das Rundschreiben des BMI vom 8. März 2006, das sich die Beklagte unter dem 13. April 2006 zu eigen machte, geht aber darüber hinaus. Es schließt eines der beiden tariflich vorgesehenen Arbeitszeitverteilungsmodelle gänzlich aus. Die Regelung in § 3 Abs. 3 TV ATZ „liefe“ teilweise „leer“, wenn der Arbeitgeber aus finanziellen oder haushaltswirtschaftlichen Gründen von vornherein bestimmen könnte, dass ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur im Teilzeitmodell durchgeführt werden darf. Der übereinstimmende Wille der Tarifvertragsparteien würde unterlaufen. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Der Einzelarbeitsvertrag der Parteien nimmt auf den TV ATZ Bezug. Die Beklagte hat sich damit verpflichtet, den nicht durch Gewerkschaftsmitgliedschaft originär tarifgebundenen Kläger tarifgerecht zu behandeln.

47

(cc) Die Interessen des Klägers an der Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell überwiegen nach den festgestellten Tatsachen gegenüber den Belangen der Beklagten.

48

(aaa) Mit dem Wunsch nach Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell bringt der Arbeitnehmer eine bestimmte Lebensplanung zum Ausdruck. Der Arbeitgeber ist im Gegenzug gehalten, Sachgründe gegen die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell vorzubringen. Sonst überwiegen die Belange des Arbeitnehmers. Dafür spricht insbesondere § 3 Abs. 3 TV ATZ. Der Arbeitgeber wird durch diese Regelung verpflichtet, den Wunsch des Arbeitnehmers nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer Einigung zu erörtern.

49

(bbb) Die mit dem Wunsch nach Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell ausgedrückte Lebensplanung zeigt sich hier deutlich daran, dass sich die Ehefrau des Klägers bereits in der Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befindet. Die von der Beklagten vorgebrachten Umstände sind mit den genannten Argumenten keine sachlich berechtigten betriebsorganisatorischen oder wirtschaftlichen Gegengründe.

50

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bruse    

        

    Starke    

        

        

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. April 2010 - 5 Sa 214/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 27. Mai 2009 - 4 Ca 1119/08 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land den Kläger an eine Regionale Schule abordnen kann.

2

Der Kläger hat die erste und zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt und verfügt über die Lehrbefähigung in den Fächern Mathematik, Physik und Informatik. Er ist seit 1994 im Schuldienst des beklagten Landes. Der Arbeitsvertrag vom 17. Mai/22. Juni 1999 regelt ua.:

        

§ 1   

        

Herr S, geboren am …

        

wird ab 01.08.1999

        

für den Aufgabenbereich

        

eines Lehrers

        

als nicht vollbeschäftigter Angestellter mit durchschnittlich regelmäßig 50 von Hundert der jeweiligen Regelstundenzahl für vollbeschäftigte Lehrkräfte gemäß Erlass über die Festsetzung der Unterrichtsverpflichtung der Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern in der jeweils geltenden Fassung (25 Wochenstunden) unbefristet eingestellt.

        

…       

                 
        

§ 2     

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

                 
        

§ 3     

        

Die Eingruppierung bestimmt sich nach § 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 08. Mai 1991 in Verbindung mit den bundesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter und erfolgt in die Vergütungsgruppe II a BAT-Ost.“

3

Zum 1. August 2001 vereinbarten die Parteien die unbefristete Vollzeitbeschäftigung des Klägers unter Fortgeltung der bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen.

4

Für das Schuljahr 2008/2009 wurde der Kläger ohne seine Einwilligung an eine Regionale Schule abgeordnet. Regionale Schulen umfassen die Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Sie führen mit Ende der Jahrgangsstufe neun zur Berufsreife und mit Ende der Jahrgangsstufe zehn zur mittleren Reife. An Regionalen Schulen sowie den Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen bilden die Jahrgangsstufen fünf und sechs die schulartunabhängige Orientierungsstufe. Ab der Jahrgangsstufe sieben verbleiben die Schüler an der Regionalen Schule oder wechseln an ein Gymnasium. Realschullehrer erhalten im Eingangsamt an Regionalen Schulen eine Vergütung nach Entgeltgruppe (EG) 11 TV-L entsprechend der Besoldungsgruppe A 12. Einige Lehrer erhalten an Regionalen Schulen auch eine Vergütung nach EG 13 TV-L.

5

Bis Ende des Schuljahres 2008/2009 war Stammdienststelle des Klägers das Gymnasium U. Mit seinem Einverständnis versetzte ihn das beklagte Land sodann an eine Kooperative Gesamtschule. Dort ist er dem gymnasialen Zweig der Schule zugeordnet.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, außerhalb von Notfällen dürfe das beklagte Land ihn nicht an Regionale Schulen abordnen. Die dortige Lehrtätigkeit sei der an einem Gymnasium nicht gleichwertig.

7

Der Kläger hat sich zunächst gegen die konkrete Abordnung an eine Regionale Schule gewendet. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Beendigung der Abordnung durch Zeitablauf hat er im Berufungsverfahren die Klage umgestellt und beantragt

        

festzustellen, dass eine künftige Abordnung außerhalb von Notfällen an eine Regionale Schule nicht zulässig ist.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule sei vom Direktionsrecht gedeckt. Es handele sich um gleichwertige Tätigkeiten. Die Rahmenpläne seien aufeinander abgestimmt, damit die Schüler ab der siebten Jahrgangsstufe an das Gymnasium wechseln könnten. In beiden Schularten müsse der Kläger in der Sekundarstufe I unterrichten. Bei der Bewertung müsse berücksichtigt werden, dass auch an Regionalen Schulen Lehrer nach EG 13 TV-L vergütet würden.

9

Das Landesarbeitsgericht hat dem geänderten Feststellungsantrag stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land den Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrte Feststellung, dass eine Abordnung an eine Regionale Schule, dh. die vorübergehende Zuweisung dorthin unter Beibehaltung der Stammdienststelle, unzulässig ist, bezeichnet das Klagebegehren so genau, dass die Streitfrage zwischen den Parteien mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann. Die Beschränkung auf Abordnungen „außerhalb von Notfällen“ steht dem nicht entgegen, weil der Kläger damit lediglich klarstellt, dass er sich nicht gegen eine Abordnung in außergewöhnlichen Fällen wendet, in denen der Arbeitnehmer Arbeiten zu verrichten hat, deren Zuweisung nicht vom allgemeinen Weisungsrecht gedeckt ist (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 20, 32, BAGE 132, 88; 3. Dezember 1980 - 5 AZR 477/78 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 4 = EzA BGB § 615 Nr. 39).

13

2. Das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO besteht. Die Parteien streiten über den Inhalt der Leistungspflicht des Klägers. Eine Feststellungsklage kann auf den Umfang einer Leistungspflicht aus einem Rechtsverhältnis beschränkt sein (BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 12; 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9). Das beklagte Land berühmt sich des Rechts zur Abordnung des Klägers an Regionale Schulen und hat das Direktionsrecht insoweit bereits ausgeübt. Mit einer Entscheidung über die begehrte Feststellung wird abschließend geklärt, ob eine solche Abordnung zulässig ist.

14

II. Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Land ist rechtlich befugt, den Kläger an eine Regionale Schule abzuordnen.

15

1. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können andere, dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich zuzuordnende Tätigkeiten nur zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (st. Rspr., vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 19, NZA 2011, 507; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 22 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; 21. November 2002 - 6 AZR 82/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 104, 16; 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Die Übertragung einer Tätigkeit, die geringere Qualifikationsmerkmale erfüllt, ist auch dann nicht zulässig, wenn der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die der bisherigen Tätigkeit entsprechende höhere Vergütung weiterzahlt. Auch die Zuweisung einer Tätigkeit, die nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die ursprünglich maßgebende Vergütungsgruppe ermöglicht, ist regelmäßig nicht vom Direktionsrecht gedeckt (BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 455/96 - zu B I 2 der Gründe, ZTR 1998, 187; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 der Gründe, aaO). Ein weitergehendes Direktionsrecht folgt schließlich nicht aus § 4 Abs. 1 TV-L. Danach können Beschäftigte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen abgeordnet werden. Auch dieses tarifliche Recht wird durch den Inhalt des Arbeitsvertrags begrenzt (vgl. zur Vorgängerregelung des § 12 BAT: BAG 11. Juni 1992 - 6 AZR 218/91 - zu II 1 der Gründe, AP BAT § 12 Nr. 2). Voraussetzung für die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit ist somit regelmäßig, dass sie als gleichwertig anzusehen ist (st. Rspr., vgl. BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, aaO; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, aaO).

16

2. Der Arbeitsvertrag steht der Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule nicht entgegen. Die vertraglich geschuldete Tätigkeit ist nicht auf die Lehrtätigkeit an einem Gymnasium beschränkt.

17

a) Bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 13, AP BGB § 307 Nr. 50; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

18

b) Nach § 1 des Arbeitsvertrags ist der Kläger „für den Aufgabenbereich eines Lehrers“ eingestellt worden. Nach objektivem Inhalt und typischem Sinn ergibt sich daraus, dass dem Kläger (nur) Tätigkeiten eines Lehrers zugewiesen werden können. Eine weitergehende Beschränkung auf eine Lehrtätigkeit (nur) an einem Gymnasium ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen.

19

c) Eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit auf die Lehrtätigkeit an einem Gymnasium folgt nicht aus der Eingruppierung des Klägers in die VergGr. IIa BAT-O bzw. nach Überleitung gemäß § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder iVm. Teil B der Anlage 2 TVÜ-Länder in die EG 13 TV-L.

20

aa) Nach § 3 des Arbeitsvertrags bestimmt sich die Eingruppierung des Klägers nach dem Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 8. Mai 1991 (im Folgenden: Änderungstarifvertrag Nr. 1). Nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 ist der Kläger in die Vergütungsgruppe eingruppiert, die gemäß § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in die er eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Diese Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften ist rechtlich nicht zu beanstanden (st. Rspr., vgl. BAG 6. September 2001 - 8 AZR 59/01 - zu 2 der Gründe mwN, EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 91).

21

bb) Studienräte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien oder an beruflichen Schulen werden bei einer entsprechenden Verwendung nach Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes (Bundesbesoldungsordnungen A und B - BBesO A/B) in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft (vgl. BAG 30. Oktober 2003 - 8 AZR 494/02 - zu II 2 c der Gründe, EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 117). Dem entspricht eine Eingruppierung in die VergGr. IIa BAT-O. Aufgrund seiner Verwendung als Lehrer an einem Gymnasium hatte der Kläger deshalb nach Überleitung in den TV-L einen Anspruch auf Vergütung nach EG 13 TV-L. Darüber streiten die Parteien nicht.

22

cc) Eine vertragliche Beschränkung der Leistungspflicht auf eine Lehrtätigkeit nur an einem Gymnasium ergibt sich daraus nicht. Nach BBesO A/B kann ein beamteter Lehrer nach A 13 besoldet werden, ohne dass er an einem Gymnasium verwendet wird. Lehrer mit einer Lehramtsbefähigung für die Primarstufe und die Sekundarstufe I und Lehrer mit einer Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe I und die Sekundarstufe II können zB bei entsprechender Verwendung in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft werden, sofern die Vorgaben der Protokollnotizen 18 und 20 im Hinblick auf den Umfang der ausgebrachten Planstellen eingehalten werden. Aus der Eingruppierung des Klägers kann deshalb entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht auf eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Leistung geschlossen werden.

23

d) Eine Einschränkung der Leistungspflicht folgt nicht daraus, dass der Kläger die erste und zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt hat. Der Vertrag definiert den Aufgabenbereich des Klägers allgemein als den eines Lehrers; eine einschränkende Auslegung ist nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise auch nicht nahe liegend, denn eine Lehrtätigkeit in einer anderen Schulart ist nach den gesetzlichen Bestimmungen des beklagten Landes nicht ausgeschlossen. Nach § 100 Abs. 4 Satz 1 des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern(SchulG M-V) erteilt der Lehrer zwar Unterricht in solchen Fächern und Schularten, für die er die Lehrbefähigung erworben hat. Er kann aber auch Unterricht in anderen Fächern und Schularten erteilen, wenn dies nach Vorbildung und bisheriger Tätigkeit zumutbar und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist (§ 100 Abs. 4 Satz 2 SchulG M-V). Eine schulartübergreifende Lehrtätigkeit ist danach in den Grenzen der Zumutbarkeit gesetzlich möglich. Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit als Lehrer, die in ihrer Wertigkeit der EG 13 TV-L entspricht.

24

3. Der Kläger kann an einer Regionalen Schule als Lehrer gleichwertig beschäftigt werden, sodass eine Abordnung dorthin in den Grenzen von § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich ist.

25

Mangels anderer Anhaltspunkte bestimmt sich die Gleichwertigkeit grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungssystems orientiert sie sich regelmäßig an diesem System (BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14).

26

a) An Regionalen Schulen beschäftigt das beklagte Land Lehrkräfte, die nach EG 13 TV-L vergütet werden. Nach BBesO A/B ist die Besoldung vergleichbarer Beamter aus der Besoldungsgruppe A 13 an Regionalen Schulen möglich, soweit die in den Protokollnotizen 18 und 20 ausgewiesenen Grenzen beachtet werden. Mit dieser Vergütungssystematik hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Tätigkeiten grundsätzlich gleichwertig sind. Der Kläger kann deshalb bei einer Abordnung an eine Regionale Schule mit einer Lehrtätigkeit beschäftigt werden, die nach dem bestehenden Vergütungssystem der Lehrtätigkeit an einem Gymnasium gleichwertig ist.

27

b) Dem steht nicht entgegen, dass auf diesen Stellen auch Lehrkräfte beschäftigt werden können, die im Eingangsamt an einer Regionalen Schule zuvor eine Vergütung nach EG 11 TV-L entsprechend der Besoldungsgruppe A 12 (Lehrer an allgemeinbildenden Schulen, soweit nicht anders eingereiht) bezogen haben. Dem Kläger werden deshalb bei einer Abordnung keine weniger qualifizierten Tätigkeiten übertragen, die nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die maßgebende Vergütungsgruppe ermöglichen (vgl. BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13 ist nach BBesO A/B nicht durch eine solche Regelungssystematik geprägt.

28

c) Das Schulkonzept der Regionalen Schule des beklagten Landes und das sich daraus ableitende Sozialbild bestätigen die Gleichwertigkeit der Tätigkeit eines Lehrers an einer Regionalen Schule mit der Lehrtätigkeit an einem Gymnasium. Nach § 15 Abs. 1 SchulG M-V bilden die Jahrgangsstufen fünf und sechs an Regionalen Schulen und Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen eine schulartunabhängige Orientierungsstufe. Diese hat die Aufgabe, durch Beobachtung, Förderung und Erprobung das Erkennen der Interessengebiete und Lernmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler und damit die Wahl zwischen den nachfolgenden Bildungsgängen ab der Jahrgangsstufe sieben zu erleichtern. Es gibt damit eine schulartübergreifende Notwendigkeit, Lehrkräfte auch mit der Lehrbefähigung für das Gymnasium dort einzusetzen, wo Schüler auf einen Wechsel zum Gymnasium vorbereitet werden.

29

III. Ob eine Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule rechtmäßig ist, hängt nach § 106 GewO, § 315 BGB von den Umständen des Einzelfalls und der Ausübung billigen Ermessens ab. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TV-L müssen dienstliche Gründe die Abordnung bedingen. Sodann ist die gesetzliche Wertung des § 100 Abs. 4 SchulG M-V zu beachten, wonach ein Lehrer grundsätzlich Unterricht in solchen Fächern und Schularten zu erteilen hat, für die er die Lehrbefähigung erworben hat. Darüber hinaus kann er Unterricht in anderen Fächern und Schularten erteilen, wenn dieses nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zumutbar und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist. Geboten ist deshalb in jedem Einzelfall eine Abwägung aller dienstlichen und sozialen Belange. Eine gehäufte Abordnungspraxis kann der gesetzlichen Wertung des § 100 Abs. 4 SchulG M-V widersprechen und zur Unwirksamkeit einer Abordnung führen.

30

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. März 2011 - 1 Sa 571/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1972 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 25. Oktober 1999 als Flugbegleiterin tätig, zuletzt mit einer Bruttomonatsvergütung von 2.020,00 Euro.

3

In einem Schreiben vom 1. April 2000 heißt es auszugsweise:

        

Stationierung

        

Sehr geehrte Frau S,

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.04.2000 eine Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

                 
        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 24.03.2000 unterschrieben an uns zurück.“

4

Im Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 heißt es auszugsweise:

        

„1.     

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Der Mitarbeiter wird ab 01.12.2001 als Flugbegleiter/in im Teilzeitmodell 3 Y mit einer verkürzten Arbeitszeit in HAJ beschäftigt.

                 

Danach beträgt die jährliche reduzierte Arbeitszeit 75 % der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters.

                 

…       

                 

C ist berechtigt, aus betrieblichen Gründen mit einer Vorlauffrist von einem Monat zum monatlichen Planungsbeginn, Änderungen des vertraglich vereinbarten Teilzeitmodells vorzunehmen.

                 

Der Mitarbeiter und C können jederzeit einvernehmliche Änderungen vereinbaren.

                          
                 

…       

                 

C kann den Mitarbeiter vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, einem anderen Ort sowie befristet auch bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der C  in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Dienstvorschriften der C und den Bestimmungen dieses Vertrages.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Nach Maßgabe einer Geschäftsführungsvorlage vom 26. September 2008 entschied sich die Beklagte zur Stationsschließung in Hannover zum 31. Dezember 2009. Am Standort Hannover beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 40 Arbeitnehmer. Flugzeuge sind in Hannover nicht mehr stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Die vorher bestehenden Postfächer und ein Raum für die Mitarbeiter/innen wurden abgeschafft.

7

Nachdem die Beklagte ihr Flugprogramm ab Hannover seit Mai 2008 zumindest erheblich reduziert hatte, schloss sie am 7. Juli 2009 mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

8

Ein Teil der betroffenen Mitarbeiter/innen bewarb sich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg. Des Weiteren bot die Beklagte die Möglichkeit eines Einsatzes von Hannover aus im Wege der Abordnung zur Tochtergesellschaft C B (CiB) an, der allerdings mit schlechteren tariflichen Bedingungen verbunden war. Einzelheiten regelte ein von der Beklagten mit der Personalvertretung abgeschlossener „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“ vom 13. März 2009. Die Klägerin war nur bereit, zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der CiB tätig zu werden.

9

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

10

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 BGB. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auch bei vollständiger Schließung des Stationierungsorts Hannover könne die Klägerin von dort aus eingesetzt werden, gegebenenfalls bei der Tochtergesellschaft CiB.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten gemäß dem Schreiben vom 17. September 2009 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind,

        

2.    

festzustellen, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 17. September 2009 nicht geändert wird,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 26. November 2001 als Flugbegleiterin in Vollzeit vom Stationierungsort Hannover zu beschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2000 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt. Die Stationierung fliegenden Personals in Hannover sei unwirtschaftlich geworden. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt wurden, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die mit Schreiben vom 17. September 2009 erfolgte Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main ist wirksam. Dies hat auch die Unbegründetheit der gegen die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung erhobenen Klage zur Folge.

15

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

16

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

17

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

18

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

19

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

20

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

21

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

22

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, die Klägerin werde in HAJ (= Hannover) beschäftigt, der Arbeitgeber könne die Klägerin auch „vorübergehend oder auf Dauer … [an] einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen. Auch unter Berücksichtigung der Mitteilung der Beklagten vom 1. April 2000 ergibt sich keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts; abgesehen davon wurde der Vertrag vom 26. November 2001 zeitlich nach dieser Mitteilung geschlossen. Nach dem Schreiben vom 1. April 2000 wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Entgegen der Auffassung der Revision bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

23

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

24

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit dem Jahr 2000 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

25

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

26

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2000 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken; im Übrigen ist der Arbeitsvertrag zeitlich nachfolgend einschließlich der Versetzungsklausel neu abgeschlossen worden.

27

II. Die Beklagte hat von ihrem Weisungsrecht nach billigem Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) Gebrauch gemacht.

28

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

29

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

30

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

31

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe bei ihrer Versetzungsentscheidung billiges Ermessen gewahrt, nicht zu beanstanden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

33

Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Faktoren in seine Erwägungen mit einbezogen. Es hat zugunsten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standorts Hannover und die entsprechenden wirtschaftlichen Erwägungen berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht „nachhaltig“ gewesen sei. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob, wie die Klägerin meint, eine unternehmerische Organisationsentscheidung im Rahmen einer Versetzung auf „Nachhaltigkeit“ iSd. Rechtsprechung zu betriebsbedingten Kündigungen (BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71) zu überprüfen ist (vgl. dazu BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 -).

34

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen war, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat dies auch entsprechend umgesetzt. Flugzeuge sind nicht mehr in Hannover stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den Ausführungen im Schriftsatz vom 31. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann.

35

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter die von der Beklagten mit der Personalvertretung vereinbarten Regelungen zur Abmilderung der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten berücksichtigt. Andererseits hat es die für die Klägerin bestehenden Belastungen, die insbesondere in den Kosten für zusätzliche Fahrten und dem erhöhten Freizeitaufwand bestehen, einbezogen. Weitere Umstände, die vom Landesarbeitsgericht fehlerhafterweise nicht berücksichtigt worden wären, benennt auch die Revision nicht. Ihre Angriffe betreffen vielmehr im Wesentlichen die Frage der Nachhaltigkeit der getroffenen unternehmerischen Entscheidung, an der aber aus den oben genannten Gründen keine Zweifel ersichtlich sind.

36

III. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21, aaO; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

37

IV. Aus den genannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf Beschäftigung vom Stationierungsort Hannover aus.

38

V. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Ein Mensch mit Behinderungen kann auch dann Übergangsgeld erhalten, wenn die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllt ist, jedoch innerhalb des letzten Jahres vor Beginn der Teilnahme

1.
durch den Menschen mit Behinderungen ein Berufsausbildungsabschluss auf Grund einer Zulassung zur Prüfung nach § 43 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes oder § 36 Absatz 2 der Handwerksordnung erworben worden ist oder
2.
sein Prüfungszeugnis auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 50 Absatz 1 des Berufsbildungsgesetzes oder § 40 Absatz 1 der Handwerksordnung dem Zeugnis über das Bestehen der Abschlussprüfung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung anerkannten Ausbildungsberuf gleichgestellt worden ist.
Der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Zeiten, in denen der Mensch mit Behinderungen nach dem Erwerb des Prüfungszeugnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet war.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. November 2009 - 6 Sa 104/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Die 1965 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 1. Juni 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Freistaat gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.542,86 Euro tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.

3

Die Klägerin ist zuständig für die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten gemäß § 45 SGB VIII. Ihre Stelle ist im Sächsischen Landesjugendamt angesiedelt. Im Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Zweigstelle D zugewiesen. Sie betreute bis zum 31. Juli 2008 den N-Kreis, den Kreis Bautzen und 1/3 des Stadtgebiets der Stadt D. Seit dem 1. August 2008 ist die Klägerin für den neuen Kreis B und weiterhin für einen Teil der Stadt D zuständig. Im Durchschnitt an einem Arbeitstag pro Woche prüft sie die Einrichtungen vor Ort.

4

Die Klägerin ist mit ihrem in der Werbebranche selbstständig tätigen Ehemann Eigentümerin eines kreditbelasteten Wohn- und Geschäftshauses in D. Kinder leben nicht mehr im ehelichen Haushalt.

5

Im Zuge der Verwaltungsreform durch das Sächsische Verwaltungsneuordnungsgesetz vom 29. Januar 2008 wurde das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, dem die Zweigstelle D des Sächsischen Landesjugendamts zugeordnet war, aufgelöst. Das nunmehr zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales beschloss, die Verwaltung des Sächsischen Landesjugendamts in C zu konzentrieren und die Zweigstellen in D und L aufzulösen.

6

Nach Anhörung der Klägerin und Zustimmung des Hauptpersonalrats wurde die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2008 zum 1. August 2008 an das Sächsische Landesjugendamt mit Dienstsitz in C versetzt. Der einfache Arbeitsweg von der Wohnung der Klägerin in D zur Arbeitsstelle in C nimmt bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen 1 Stunde 45 Minuten und 2 Stunden 12 Minuten in Anspruch. Ortstermine kann die Klägerin nach wie vor von D aus wahrnehmen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis habe sich auf eine Tätigkeit in D konzentriert. Ein Umzug nach C sei wegen der selbstständigen Berufstätigkeit des Ehemanns und des erworbenen Wohn- und Geschäftshauses ausgeschlossen. Sie könne entweder in einem Büro in D unter Beibehaltung ihrer bisherigen Tätigkeit oder nach Versetzung in eine andere Dienststelle in D weiterbeschäftigt werden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft in C anzubieten.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, eine weitere Beschäftigung der Klägerin in D sei nicht möglich, weil deren Arbeitsaufgaben dort nicht mehr angesiedelt seien. Das Sächsische Landesjugendamt sei in C zusammengeführt worden, um den fachlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und Kontakt- und Informationsverluste auszuschließen. Alle Mitarbeiter der ehemaligen Zweigstellen seien nach C versetzt worden. Diese Versetzung sei der Klägerin zuzumuten.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Versetzung sei rechtsunwirksam, weil der Zeitaufwand bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Zeitgrenzen des § 121 SGB III überschreite, kann die Berufung des Beklagten nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend über die Wirksamkeit der Versetzung entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

I. Die Klage ist zulässig.

13

Der Antrag bedarf der Auslegung. Er ist dem Wortlaut nach auf Feststellung gerichtet, dass die Klägerin der Versetzungsanordnung vom 14. Juli 2008 keine Folge zu leisten und ihre Arbeitskraft nicht in C anzubieten hat. Der Sache nach begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Versetzung rechtsunwirksam ist. Mit diesem Inhalt ist die Klage als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung kann der Arbeitnehmer diese im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

14

II. Die Klage könnte unbegründet sein.

15

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

16

1. Die Parteien haben den Arbeitsort D vertraglich nicht festgelegt.

17

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 21. April 1993, dessen äußeres Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82), enthält keine Festlegung des Arbeitsorts, sondern nur den im öffentlichen Dienst üblichen Verweis auf die geltenden Tarifverträge (zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Tätigkeitsort: BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49). Auch dem Einstellungsschreiben vom 10. Mai 1993 ist ein Angebot auf Festlegung des Arbeitsorts D nicht zu entnehmen; mit diesem Schreiben hat der Beklagte lediglich sein Direktionsrecht ausgeübt und der Klägerin den dortigen Arbeitsplatz zugewiesen.

18

b) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf D konkretisiert, dass die Klägerin seit ihrer Einstellung bis zur Versetzung nach C über 15 Jahre dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

19

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 50, aaO; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 47, BAGE 118, 22).

20

bb) Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle in D beworben und ihr dieser Arbeitsplatz zugewiesen wurde, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken.

21

2. Die Zuweisung des Arbeitsorts C mit Schreiben vom 14. Juli 2008 könnte billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB entsprechen. Soweit das Landesarbeitsgericht wegen der Überschreitung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III festgelegten Grenzen für zumutbare Pendelzeiten die Versetzung für ermessensfehlerhaft erachtet hat, hat es den Regelungsgehalt der Norm verkannt.

22

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht statt.

23

b) Es unterliegt der gerichtlichen Kontrolle, ob die Entscheidung des Arbeitgebers der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur eingeschränkt durch das Revisionsgericht überprüft werden kann (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - Rn. 11, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10), bedarf keiner Entscheidung. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

24

aa) Nach § 121 Abs. 4 Satz 1 SGB III ist einem Arbeitslosen aus personenbezogenen Gründen eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind nach § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen.

25

bb) Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (LAG Hamm 24. Mai 2007 - 8 Sa 51/07 - NZA-RR 2008, 175; LAG Rheinland-Pfalz 9. Dezember 2004 - 6 Sa 326/04 -) kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden. Dies zeigt bereits die Regelungssystematik der Norm, weil nach § 121 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 SGB III bei nicht nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit sogar ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs zumutbar ist. Auch der Regelungsgehalt der Norm steht einer Heranziehung der dort festgelegten Zumutbarkeitsgrenzen im Rahmen der Ermessenskontrolle entgegen. Die Norm bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung. Sie dient der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und der Erhöhung der Verantwortung des Arbeitslosen für die Beendigung der Arbeitslosigkeit (BT-Drucks. 13/4941 S. 238 und 13/5676 S. 2). Die Versagung des Arbeitslosengelds bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung ist eine öffentlich-rechtliche Sanktion für mangelnde eigene Leistungsbereitschaft des Leistungsempfängers bei Bezug einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung (BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335).

26

cc) Damit ist weder eine Übertragung der in § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthaltenen Wertungen auf die Gestaltung von Sozialplänen(vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 25, BAGE 124, 335) noch auf die Ausübung billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich. Regelungsziel der gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien angemessen Rechnung trägt. Dies setzt eine individuelle Abwägung aller betroffenen Interessen voraus und schließt eine starre Anwendung sozialrechtlicher Zumutbarkeitsregeln aus. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist im Rahmen der Abwägung ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt wurden, kann nur durch Abwägung mit den dienstlichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zu der Ausübung des Direktionsrechts geführt haben. Bei wichtigen dienstlichen Gründen können längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. § 121 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB III enthalten keinen belastbaren Maßstab für die Kontrolle des Ermessensgebrauchs. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben.

27

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar ist eine abschließende Entscheidung des Revisionsgerichts dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 39, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es fehlt an Feststellungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten in D; das Landesarbeitsgericht hat auch keine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen vorgenommen. Dies wird nachzuholen sein.

28

a) Zu berücksichtigen ist, dass die Zweigstelle des Sächsischen Landesjugendamts in D aufgelöst wurde und die dortigen Arbeitsaufgaben nunmehr in C angesiedelt sind. Werden im Zuge einer Verwaltungsreform Arbeitsaufgaben verlagert, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Aufgaben am neuen Arbeitsort weiter von dem dafür qualifizierten und eingearbeiteten Personal wahrnehmen zu lassen (vgl. insoweit zum Personalübergang nach Verlagerung der Aufgaben auf einen anderen Träger: BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., AP GG Art. 12 Nr. 143). Dies gilt besonders dann, wenn qualifizierte Tätigkeiten verlagert werden. Durch die Versetzung des Personals kann die kontinuierliche und sachgerechte Aufgabenerfüllung sichergestellt werden.

29

b) Gegenüber diesem Interesse des Beklagten an der Versetzung der Klägerin nach C könnte das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes in D zurückzutreten haben.

30

aa) Die Klägerin muss keine elterliche Sorge gegenüber minderjährigen Kindern mehr auszuüben. Dass sie Miteigentümerin eines kreditbelasteten Hauses und der Ehemann beruflich an den Wohnort D gebunden ist, steht einer Versetzung nach C nicht entgegen. Die Klägerin muss bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes ihren Wohnort nicht ändern. Dass sie aus finanziellen Gründen zu einem Notverkauf des Hauses gezwungen ist, ist nicht erkennbar.

31

bb) Der geltend gemachte zeitliche Aufwand ist individuell beeinflussbar. Die Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mit einem eigenen Pkw zum neuen Dienstort fahren, wodurch der Zeitaufwand sich beträchtlich reduziert. Ob der Nutzung eines Pkws gesundheitliche Gründe entgegenstehen, muss ggf. geprüft werden. Möglichen finanziellen Mehrbelastungen der Klägerin wird teilweise dadurch Rechnung getragen, dass sie ihre Arbeitsleistungen zum Teil nach wie vor von ihrem Wohnort aus erbringen kann.

32

cc) Nicht festgestellt ist, ob es zum Zeitpunkt der Versetzung für die Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in D gab. Der Beklagte war zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach alternativen Arbeitsplätzen für die Klägerin in D zu suchen, weil regelmäßig zunächst ein berechtigtes Interesse besteht, besonders qualifizierte Aufgaben weiter von den eingearbeiteten Arbeitskräften wahrnehmen zu lassen. Macht ein Arbeitnehmer allerdings geltend, es gebe konkrete alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu prüfen und im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens ggf. in die Abwägung der wechselseitigen Interessen mit einzubeziehen. Soweit die Klägerin sich allerdings in diesem Zusammenhang bisher auf die Versetzung einer Arbeitnehmerin von C nach D im März 2008 berufen hat, wäre dieser Arbeitsplatz in D nicht in die Abwägung einzubeziehen, wenn er tariflich niedriger bewertet war und die Klägerin dorthin nicht durch Ausübung des Direktionsrechts versetzt werden konnte.

33

III. Abschließende, durch das Verfahren nicht veranlasste Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen es geboten erscheinen, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen und den Rechtsstreit an eine andere Kammer zurückzuverweisen.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.