Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Sept. 2012 - 6 Sa 336/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0907.6SA336.11.0A
bei uns veröffentlicht am07.09.2012

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.5.2011 - AZ: 2 Ca 141/11 - abgeändert: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 30.6.2010 hinaus fortbesteht.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreit erster Instanz hat die Beklagte zu tragen. Die Kosten zweiter Instanz hat der Kläger zu ¼, die Beklagte zu ¾ zu tragen. Die Kosten der Nebenintervention hat der Nebenintervenient zu ¼, die Beklagte zu ¾ zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Bestand ihrer Arbeitsvertragsbeziehung.

2

Der am ... Mai 1949 geborene Kläger wurde vom beklagten Verband - nachfolgend die Beklagte - am 1. Oktober 1976 eingestellt und war (aktiv) zuletzt in der Funktion eines Abteilungsleiters oder -direktors mit einem Bruttomonatsgehalt von 6.370,- EUR beschäftigt.

3

Der mit maschinenschriftlichen Einfügungen versehene Dienstvertrag des Klägers vom 30. September 1980 enthält auszugsweise folgende Regelungen (Ablichtung in Bl. 4-6 d.A.):

4

„Der Dienstvertrag vom [eingefügt] ‚3. Juni 1976‘, zuletzt geändert am ‚30. März 1977‘, wird ab ‚1. Oktober 1980‘ durch folgenden Dienstvertrag ersetzt:

5

§ 1
(1) Der Angestellte ist in ein mit Anspruch auf Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ausgestattetes Dienstverhältnis übernommen. Sein Tätigkeitsbereich ist der Aufgabenkreis eines ‚Verbandsreferenten im Dezernat Betriebswirtschaft und Organisation.‘ [...]

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§ 2
Für das Dienstverhältnis gelten die tariflichen Bestimmungen für Angestellte in der jeweils für die Mitglieder des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz oder dessen Funktionsnachfolger maßgebenden Fassung; [...].

7

§ 3
Abweichend von den §§ 1 und 2 gilt folgendes:

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1. Der Verband verpflichtet sich, dem Angestellten im Falle einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Dienstunfähigkeit die Vergütung einschließlich der Verbandszulage ohne zeitliche Begrenzung bis zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit, längstens jedoch bis zu seinem Eintritt oder seiner Versetzung in den Ruhestand weiterzuzahlen. Er verpflichtet sich ferner, den Angestellten bei seinem Eintritt oder bei seiner Versetzung in den Ruhestand und im Falle seines Todes seinen Hinterbliebenen Versorgung nach Maßgabe der jeweils für die Beamten des Landes Rheinland-Pfalz geltenden beamtenrechtlichen Vorschriften zu gewähren; für den Eintritt und die Versetzung in den Ruhestand gelten die jeweiligen beamtenrechtlichen Vorschriften für die Beamten des Landes Rheinland-Pfalz entsprechend.

9

Die tariflichen Vorschriften über die Gewährung eines Übergangsgeldes finden keine Anwendung.

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2. Der Verband verpflichtet sich, dem Angestellten Beihilfen […] zu zahlen.

11

3. der Angestellte ist verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn die zwingenden dienstlichen Verhältnisse dies erfordern […].

12

4. Der Angestellte ist berechtigt, das Dienstverhältnis mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Schluss eines Kalendermonats zu kündigen.

13

Der Verband darf das Dienstverhältnis nur aus einem wichtigen Grund kündigen. Liegt der Kündigungsgrund in der Person oder im Verhalten des Angestellten, so gilt als wichtiger Grund nur ein Tatbestand, aufgrund dessen ein Beamter des Landes Rheinland-Pfalz infolge strafgerichtlicher Verurteilung kraft Gesetzes seine Beamtenrechte verlieren oder im förmlichen Disziplinarverfahren mit der Entfernung aus dem Dienst bestraft würde. Liegt der wichtige Grund nicht in der Person oder im Verhalten des Angestellten, so sind dem Angestellten vom Ende des Dienstverhältnisses an bis zu einer Wiederverwendung in einer gleich zu bewertenden Stelle des Verbandes oder bis zum Eintritt oder der Versetzung in den dauernden Ruhestand die Bezüge und die Versorgung zu gewähren, die in den einstweiligen Ruhestand versetzte Landesbeamte nach den entsprechenden Vorschriften des Beamtengesetzes Rheinland-Pfalz erhalten.“

14

Die vom Kläger zuletzt innegehabte Abteilungsleitung Personalwirtschaft und Verhaltenstraining war verantwortungsvoll und mit Aufgaben der Koordination und Gesamtkonzeption des Verhaltenstrainings verbunden, d.h. mit der Akquisitionen von Verhaltenstrainings im Einzelfall, mit der Koordination und Gesamtkonzeption der fachlichen Veranstaltungen im Bereich Personal einschließlich der Akquisition im Einzelfall, mit der Koordination und Gesamtkonzeption von Potenzialanalyseseminaren sowie deren Akquisition im Einzelfall, mit der Koordination und Gesamtkonzeption von Projektarbeit im Personalbereich sowie deren Akquisition und mit der Koordination und Gesamtkonzeption im Rahmen der Personalarbeit der Mitgliedssparkassen sowie der Akquisition von Auswahlverfahren im Einzelfall. Bei Wahrnehmung der beschriebenen Leitungsaufgaben besteht ein unvermeidlicher Zeit- und Termindruck.

15

Der Kläger - der den Beklagtenansprüchen stets zuverlässig und unter Wertschätzung nach Innen und Außen genügt hatte - erlitt im April 2006 einen Herzinfarkt, sodass er vom 24. April bis 23. Mai 2006 erkrankt war und sich anschließend einer Kurmaßnahme unterzog. Etwa zwei Jahre später erlitt er im Juni oder Juli 2008 einen erneuten (Herz-)Infarkt sowie (nach Behauptung der Beklagten) Schlaganfall mit mehrwöchigem Koma. Der Kläger war abermals für ein halbes Jahr arbeitsunfähig (vom 2. Juli bis 7. November 2008) und wurde bis zum 31. Dezember 2008 mit täglich vierstündiger Arbeitszeit nach ärztlichem Plan wieder eingegliedert. Der im September 2009 festgestellte Grad der Behinderung von 40 nimmt auf eine eingeschränkter Beweglichkeit der linken Hand, eine linksseitig armbetonter Schwäche, ein hirnorganisches Syndrom nach Hirninfarkt, eine koronare Herzkrankheit sowie Rhythmusstörungen und Bluthochdruck Bezug (Bl. 48 ff. d.A.).

16

Ab 5. Januar 2009 versah der Kläger bei der Beklagten wieder vollschichtig Dienst. Ob und inwieweit dabei Auffälligkeiten im Auftreten und Verhalten vorkamen, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte wandte sich jedenfalls im April 2009 an den im Betrieb eingesetzten Gesundheitsförderer, der Beschäftigte der Beklagten in Gesundheitsfragen berät - soweit dies gewünscht wird. Nach anfänglichem Kontakt lehnte der Kläger diese Form der Beratung jedoch ab. Auch ein im Mai 2009 geführtes Gespräch zur Klärung der Arbeitsfähigkeit blieb zwischen den Parteien ohne Ergebnis. Am 3. Juni 2009 teilte die Beklagte dem Kläger schriftlich mit, dass er sich wegen Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten mit nachteiligen Auswirkungen auf den Dienstbetrieb wie auch nach außen einer amtsärztlichen Untersuchung stellen möge (Bl. 52 f. d.A.). (Spätestens) seither ist der Kläger von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Mit Schreiben vom 26. Juni 2009 waren der zuständigen Amtsärztin beklagtenseits etwaige Dienstfähigkeitszweifel erläutert worden (Bl. 54 ff. d.A.).

17

Auf die Begutachtung vom 4. August 2009 attestierte die Amtsärztin unter 13. August 2009 (u.a.) wie folgt (Bl. 57 d.A.):

18

„… bei Herrn … [dem Kläger] besteht ein Zustand nach Schlaganfall und kardialer Dekompensation mit guter Rückbildung im Rehabilitationsverlauf. Die Untersuchung zeigte noch leichte Schwächen [in] der Konzentrationsfähigkeit, die bei langsamer Arbeitsweise ausreichend kompensiert werden können. Unter Zeitdruck oder Stressbelastung lässt die Konzentration nach mit zunehmender emotionaler Anspannung. Herrn … wurden die Untersuchungsergebnisse mitgeteilt mit der Empfehlung, den Leistungsdefiziten sowohl bei der Aufgabenbearbeitung als auch beim Umgang mit Kollegen Rechnung zu tragen.

19

Aus amtsärztlicher Sicht ist bei Herrn … eine ausreichende psychophysische Belastbarkeit für die bisherige Tätigkeit gegeben, sofern die Möglichkeit besteht, Zeit- und Termindruck bedarfsweise zu reduzieren. Ein Wechsel auf eine Verweisungstätigkeit ist ebenfalls möglich.“

20

Unter dem 8. Oktober 2009 bat die Beklagte das Gesundheitsamt - vor dem Hintergrund, dass die Klägertätigkeit ein hohes Maß an Verantwortung umfasse, die originäre Aufgabenwahrnehmung nicht ohne Zeitdruck stattfinde und eine vergleichbare Tätigkeit nicht zur Verfügung stehe (auch nicht bei verringertem Entgelt) - um ergänzende Beurteilung der Dienstfähigkeit (Bl. 58 f. d.A.). Die Amtsärztin teilte ihr daraufhin am 27. Oktober 2009 (u.a.) folgendes mit (Bl. 60 d.A.):

21

„Wie mit unserer Stellungnahme vom 13.08.2009 attestiert ist Herr … [der Kläger] mit den dort beschriebenen Einschränkungen, d.h. bei leidensgerechter Anpassung der Arbeitsbedingungen, dienstfähig. Sollten die zur erfolgreichen Reintegration am Arbeitsplatz medizinischen gebotenen Reduzierungen der beruflichen Anforderungen seitens des Arbeitgebers nicht umgesetzt werden können, wird Herr … aufgrund psychophysischer Überforderung nicht mehr dauerhaft einsetzbar sein.“

22

Unter dem 13. November 2009 teilte die Beklagte dem Kläger die amtsärztlichen Untersuchungsergebnisse mit der Bitte um Stellungnahme und Vereinbarung eines Gesprächstermins mit. Auf telefonische Rückmeldung des seinerzeitigen Bevollmächtigten (und nunmehrigen Nebenintervenienten) übermittelte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 23. November 2009 die gutachtlichen Miteilungen nochmals und äußerte zugleich, dass sie es „für angebracht“ halte, „eine Zurruhesetzung“ des Klägers „ins Auge zu fassen“, wobei die Modalitäten der - einen Beschluss des Verwaltungsrats voraussetzenden - Zurruhesetzung einem Gespräch zwischen den Parteien offenstünden (Bl. 62 d.A.). Der (seinerzeitige) Klägerbevollmächtigte äußerte in einem anschließenden Telefonat dem Beklagtengeschäftsführer gegenüber, dass er sich für den Kläger eine Ruhestandsversetzung auf der Basis eines Verzichts auf Versorgungsabschläge vorstellen könne. Die Beklagtenseite ließ daraufhin ihre Bereitschaft zum Verzicht auf einen Versorgungsabschlag in Höhe von 10,8 % entsprechend §§ 14, 85 BeamtVG erkennen. Ein persönliches Gespräch fand zwischen den Parteien indes nicht eigens statt. Nachdem ein früherer Sitzungstermin des Gremiums im Februar 2010 ausgefallen war, befand der zuständige Verwaltungsrat der Beklagten am 8. Juni 2010 positiv über eine Zurruhesetzung des Klägers mit Verzicht auf Versorgungsabschläge, und zwar ab dem 1. Juli 2010 (Bl. 63 d.A.). Dem Kläger wurde diese Entscheidung mit Schreiben vom 9. Juni 2010 unter Bezugnahme auf § 3 Nr. 1 seines Dienstvertrags sowie §§ 56 und 58 LBG Rheinland-Pfalz bekanntgegeben (Bl. 7 d.A.). Eine Rechtsbehelfsbelehrung war dem Schreiben nicht beigegeben. Weiter teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 21. Juni 2010 eine Festsetzung seiner Versorgungsbezüge ab dem 1. Juli 2010 in Höhe von 4.083,27 EUR mit und wies - rechtsbehelfsbelehrend - auf ein Widerspruchsrecht binnen Monatsfrist hin (Bl. 244 ff. d.A.). Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Bevollmächtigtenschreiben vom 20. Juli 2011 Widerspruch, wobei er zugleich die Zahlung von Ruhegeld statt regulärem Gehalt rügte und seine Arbeitsleistung anbot (Bl. 250 ff. d.A.). Zudem brachte der Kläger gegen die Mitteilung der Ruhestandsversetzung mit Schreiben vom 8. Juli 2010 Einwendungen unter Hinweis auf § 58 Abs. 2 LBG Rheinland-Pfalz vor.

23

Die Parteien standen sodann wegen des Ausscheidens des Klägers weiter im Kontakt und führten zumindest am 7. September 2010 ein ausführliches, letztlich aber ergebnisloses Gespräch, in dem die Beklagte den Standpunkt einnahm, der Kläger befinde sich seit dem 1. Juli 2010 im Ruhestand, während der Kläger weiter um seine Beschäftigung nachsuchte. Unter dem 6. Dezember 2010 erbat der Kläger um die Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, wobei er erklärend ausführte einen Neuanfang in seinem Berufsleben wagen zu wollen (Bl. 66 f. d.A.). Weiter erbat er mit Bevollmächtigtenschreiben vom 16. Dezember 2010 die beklagtenseitige Anerkennung, dass das Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2010 hinaus unverändert fortgesetzt werde (Bl. 8 f. d.A.). Nachdem die Beklagte dies mit Hinweis auf eine wirksame Zurruhesetzung zum 30. Juni 2010 ablehnte (Schreiben vom 3. Januar 2011, Bl. 10 d.A.), erhob der Kläger die vorliegende (am 27. Januar 2011 zugestellte) Klage.

24

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen:

25

Die beklagtenseits gerügten Fehlverhaltensweisen Januar und Mai 2009 seien nicht nachzuvollziehen. Er sei weder dauerhaft dienstunfähig, noch sei dies durch ein amtsärztliches Gutachten belegt. Soweit die Beklagte dem Attest der Wert einer nicht dauerhaften Einsetzbarkeit wegen psycho-physischer Überforderung beimesse, beziehe sich auf einen rein hypothetischen Fall. Eine gegenwärtige Dienstunfähigkeit bestehe schon nach dem Wortlaut der Gutachten nicht. Die Beklagte bringe zudem nicht ausreichend vor, was sie an einer Regulierung des Zeit- und Termindrucks hindere. Mit Nichtwissen bestreite er die ordnungsgemäße Beteiligung des Beklagtenpersonalrats, der bei einer Versetzung in den Ruhestand gemäß § 78 LPersVG Rheinland-Pfalz (Auffangtatbestand) i.V.m. § 79 Abs. 2 Nr. 16 LPersVG Rheinland-Pfalz zwingend einzubeziehen sei.

26

Weil schon das Gespräch vom 7. September 2010 zeitnah und im Hinblick auf eine Weiterbeschäftigung am alten Arbeitsplatz geführt worden sei und er nochmals mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses begehrt habe, könne eine Verwirkung des Rechts auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses nicht vorliegen.

27

Der Kläger hat beantragt,

28

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 30.06.2010 hinaus fortbesteht.

29

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

31

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgebracht:

32

Der Kläger sei seinen dienstlichen Pflichten nicht mehr dauerhaft gewachsen. Es sei - nachdem er seine Arbeit im Januar 2009 ohne ärztliche Überprüfung wieder aufgenommen habe - zu mehreren Verhaltensauffälligkeiten mit negativer Auswirkung auf den Dienstbetrieb sowie ihr (der Beklagten) Erscheinungsbild gekommen sei. Beispielsweise sei Arbeit liegen geblieben oder erst erheblich verzögert erledigt worden, es hätten Dritte den klägerischen Arbeitsplatz in chaotischem Zustand vorgefunden, weil jede freie Fläche mit zentimeterhohen Unterlagen bedeckt gewesen sei. Ferner sei der Kläger sehr reizbar gewesen und habe sich ständig über belanglose Kleinigkeiten aufgeregt oder Wut zum Ausdruck gebracht bzw. laut geschimpft. Es sei häufiger zu - intern wie extern - unangemessenen Äußerungen über Kolleginnen und Kollegen sowie Dritte selbst unter Verwendung von Begriffen wie „Arschloch“, „Blödmann“ oder „Verbandsidioten“ gekommen. Abteilungskolleginnen und -Kollegen seien des Öfteren damit befasst gewesen, die Beklagte vor negativem Erscheinungsbild durch Klägeraktivitäten zu bewahren, indem sie interne wie externe Schreiben zurückgegeben hätten, um über Formulierungen nochmals nachzudenken oder diese zu entschärfen, wenn sie problematisch waren, bzw. Telefonate verschoben, wenn sich Auffälligkeiten beim Kläger gezeigt hätten. Der Kläger habe zudem selbst verfasste Schriftstücke ohne Einbindung von Kollegen oder Vorgesetzten und unter Verkennung seiner Kompetenzen verschickt. Namentlich habe er bei verweigerten Zweit-Unterschriften auf nicht angemessenen Schreiben diese selbst unterzeichnet und versandt, was bei zwei Schreiben (an den Deutschen S- und G-verband bzw. die Deutsche S-akademie) zu einem sehr negativen Eindruck geführt habe. Außerdem habe sich der Kläger des Öfteren sehr zerstreut gezeigt, habe häufig Unterlagen gesucht oder neu angefordert bzw. E-Mails mehrfach ohne den angekündigten Anhang verschickt (Beweis: Zeugnis D P).

33

Konkret hervorzuheben seien zwei Vorfälle. Einmal habe der Kläger den Referenten eines anderen S-verbandes für die Durchführung eines Fachseminars (Eignungsdiagnostik) gewonnen, wobei es nach anfänglicher Honorarabstimmung im Nachhinein zu Schwierigkeiten mit der Honorarhöhe gekommen sei, bei welcher der direkte Vorgesetzte des Klägers (Herr P) diesen jedoch angewiesen habe, kein klärendes Schreiben an den Verbandsgeschäftsführer des anderen S-verbandes zu schicken, sondern die Honorarfrage mit dem Referenten zu klären. Der Kläger habe gleichwohl - allerdings ohne dass der Beklagtengeschäftsführer dies abgezeichnet gehabt habe - ein Schreiben aufgesetzt. Schlussendlich habe der Referent den Unterricht nicht als Nebentätigkeit, sondern als Leistung der S-akademie gegen sich gelten lassen müssen, so dass es bei den bisherigen Aufwendungen geblieben und das Honorar an die S-akademie und nicht an den Referenten abzuführen gewesen sei (was für den Referenten ungünstiger ausfalle). Per E-Mail vom 10. Februar 2009 habe der Kläger dem Referenten hierzu erklärt: „Das tut mir leid, der ihrige [gemeint: Akademieleiter] ist genauso ein Arschloch wie der meinige. Ich hatte bereits ein Schreiben an ihren Verbandsgeschäftsführer vorbereitet. Dieser Blödmann bei uns hat das Schreiben nicht abgezeichnet. Das tut mir leid, dass ich auch nicht den Hauch einer Chance hatte, mit ihrem Geschäftsführer zu sprechen, der auch Rheinland-Pfälzer ist und auch aus meiner Heimat T kommt. Ich werde versuchen, ihn morgen zu erreichen.“ Hierauf habe der Referent noch am gleichen Tag geantwortet: „... Bitte nicht mehr den Geschäftsführer einbeziehen, sonst bekomme ich noch mehr Ärger!!!“, worauf der Kläger am Folgetag geschrieben habe: „O.k. ich habe verstanden. Es ist nicht gerade schön, dass wir uns gegenseitig kaputtmachen. Aber so sind sie, diese Verbandsidioten.“ Alsdann habe der Kläger bei Abwicklung der Übernachtungskosten an den Referenten unter dem 28. Februar 2009 gemailt: „die ‚Halblösung‘, die unser so genannter Akademieleiter für sie gefunden hat, findet nicht meine Zustimmung. Wenn es für sie zu einer Hotellösung kommen sollte, stimmen wir vorher das Hotel ab. Ich möchte nicht, dass sie in irgendeiner Vorstadtbude unterkommen und die Akademie nachher als Retter dasteht.“ (Zeugnis Herr W, Herr P).

34

Zum anderen habe der Kläger bei einem Seminar vom 20. März 2009 zum Thema S-wahlordnung, abgehalten von einem Mitarbeiter des mit der S-aufsicht betrauten Ministeriums, schon bei der Teilnehmerbegrüßung den Eindruck vermittelt, dass er eigentlich einen anderen Dozenten lieber gehabt hätte, nicht aber habe verhindern können, dass der Ministeriumsmitarbeiter nunmehr Dozent sei. Dies habe zu Rückfragen von Seminarteilnehmern wie seitens des Dozenten an eine ihrer (der Beklagten) Mitarbeiterin geführt. Der Kläger habe sich schon im Vorfeld des Seminars geärgert gehabt, dass kein interner, sondern ein externer Dozent ausgewählt worden sei (Zeugnis Frau M).

35

Der Kläger könne vor diesem Hintergrund nicht mehr für dienstfähig erachtet werden, die Tätigkeit eines Abteilungsleiters Personalwirtschaft und Verhaltenstraining auszuüben (Beweis sachverständiges Zeugnis Dr. D, ärztliches Sachverständigengutachten). Eine Reduzierung des Zeit- und Termindrucks sei innerhalb seines Aufgabenfeldes nicht möglich. Auch könne dem Kläger keine vergleichbare, seinem gesundheitlichen Zustand Rechnung tragende Stelle übertragen werden. Eine solche sei weder kurz- oder mittelfristig verfügbar. Ferner gäbe es keine geeigneten freien Stellen in niedrigeren Entgeltgruppen, da der Stellenplan für das Wirtschaftsjahr 2010 freie Planstellen nur mit speziellen fachlichen Eignungen ausweise, welche der Kläger entweder nicht besitze, oder deren Ausübung dem Kläger nicht zumutbar sei.

36

Sie habe, nachdem der Kläger auf sie seit dem 7. September 2010 nicht mehr zugekommen sei und unter dem 6. Dezember 2010 anlässlich der Zeugnisbitte sogar einen beruflichen Neuanfang angekündigt habe, nicht mehr mit einer Klageerhebung gerechnet, sondern sei vielmehr davon ausgegangen, er akzeptiere die Versetzung in den Ruhestand nunmehr.

37

Das Arbeitsgericht hat die hat die Klage mit Urteil vom 13. Mai 2011 abgewiesen (Bl. 74-81 d.A.). Das Schreiben, mit dem die Beklagte den Kläger in den Ruhestand versetzt habe, sei übereinstimmend als Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgefasst worden und habe die Wirkung einer Kündigung gezeitigt, indem es auf die Beendigung der beiderseitigen Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses (Arbeitspflicht und Arbeitsvergütungspflicht) hinausgelaufen sei und zur Umstellung des Rechtsverhältnisses auf ein Versorgungsverhältnis geführt habe. Eine hiergegen gerichtete Klage unterliege zwar nicht den Fristen der §§ 4 und 7 KSchG, sie aber über einen Zeitraum von 2-3 Monaten verwirken. Vorliegend sei das Zeitmoment aufgrund der erst am 14. Januar 2011 auf das Schreiben vom 9. Juni 2010 eingegangene Klage erfüllt, ohne dass schwebende Vergleichsverhandlungen zu einer Unterbrechung geführt hätten. Ferner sei das Umstandsmoment erfüllt, denn der Kläger habe, nachdem er seinen „Widerspruch“ gegen das Ausscheiden bekundet habe, hieraus nicht die nötigen Konsequenzen gezogen, insbesondere nicht im Wege der Klageerhebung, sondern habe vielmehr auf einen eigenen Neuanfang aufmerksam gemacht. Eine Rückversetzung sei der Beklagten zudem auch konkret unzumutbar (wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 77-80 d.A. Bezug genommen).

38

Der Kläger hat gegen das ihm am 25. Mai 2011 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 15. Juni 2011 (eingegangen am 16. Juni, Bl. 95 f. d.A.) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 25. Juli 2011 (eingegangen per Fax am gleichen Tag, Bl. 102 ff. d.A.) begründet. Der ehemalige Bevollmächtigte des Klägers ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 7. November 2011 auf Seiten des Klägers beigetreten (Bl. 173 ff. d.A.). Der Kläger hat die Klage mit Schriftsatz vom 16. Februar 2012 um einen tatsächlichen Weiterbeschäftigungsantrag erweitert.

39

Der Kläger trägt zweitinstanzlich vor:

40

Sein Klagerecht sei nicht verwirkt. Weder sei die Frist des § 4 KSchG anwendbar, noch könne dem Zeitmoment allein aufgrund des Abstands zwischen Zugang des Schreibens vom 9. Juni 2010 und Eingang der Klageschrift am 14. Januar 2011 genügt sein. Zudem sei das Umstandsmoment nicht erfüllt. Erheblich seien diesbezüglich alle zwischenzeitlichen Kontakte der Parteien, in denen über die Beendigung oder Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verhandelt worden sei. Auch könne das Verlangen eines Arbeitszeugnisses keinem Verzicht gleichgesetzt werden. Es sei außerdem nicht erkennbar, welche Maßnahmen die Beklagte im Vertrauen auf sein vermeintliches Ausscheiden vorgenommen habe oder welche ggf. erschwerten Rückumsetzungen bei seiner Wiederkehr durchgeführt werden müssten. Wenn das Arbeitsverhältnis mithin fortbestünde könne er daraus die tatsächliche Weiterbeschäftigung folgern. Die Antragstellung in zweiter Instanz vermeide insofern einen weiteren Rechtsstreit. Der Beklagtenvortrag zur vermeintlichen Aufgabenverteilung in andere Referate werde mit Nichtwissen bestritten.

41

Der Nebenintervenient trägt vor:

42

Die Verwirkungsannahme trage nicht, da die Beklagte weder auf die Einwendungen noch auf den Widerspruch der Klägerseite vom Juli 2010 reagiert habe. Selbst in der Besprechung vom 7. September 2010 seien noch Modalitäten einer Weiterbeschäftigung thematisiert worden, wie etwa (sinngemäß), ob der Kläger als Abteilungsleiter oder in einem sog. „Eisbärensalon“ - einem scherzhaft so umschriebenen Zimmer „am Ende des Flures“, welches einige Kollegen nach ihrem Versuch, eine Weiterbeschäftigung an bestimmtem Arbeitsplatz zu erzwingen, einstmals erhalten hätten - eingesetzt werden solle (Zeugnis Herr S). Als der Kläger hierbei auf einem Einsatz im ursprünglichen Tätigkeitsbereich beharrt habe, sei von der Beklagten erwogen worden, dass der Kläger eine Versetzung in den Ruhestand zum Ablauf des 31. Dezember 2010 bei zwischenzeitlicher Freistellung akzeptieren möge (Zeugnis Herr S). Neben dem Gespräch vom 7. September 2010 seien außerdem noch mehrere Telefonate über die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses zwischen den Parteien geführt worden (Zeugnis Herr W). Auch der Umstand, dass die Verwaltungsratssitzung, in welcher zunächst über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand habe beschieden werden sollen, vom Februar 2010 in den Juni des Jahres 2010 verlegt worden sei, verdeutliche, dass bei den Entscheidungsprozessen der Beklagten zeitliche Verzögerungen über Monate keine untypischen Erscheinungen darstellten. Im Übrigen sei nach Kenntnis des Klägers dessen (ehemalige) Position bereits zum Zeitpunkt seiner Freistellung im Juni 2009 neu besetzt worden. Freilich habe die Beklagte in der Besprechung vom 9. [gemeint wohl 7.] September 2010 demgegenüber angemerkt, der Arbeitsplatz des Klägers sei infolge von Umstrukturierungen entfallen (Zeugnis Herr S).

43

Das Beklagtenschreiben vom 9. Juni 2010 sei nicht als Kündigungsschreiben aufzufassen. Es fehle jede Bekundung dazu, dass das Arbeitsverhältnis gerade durch Kündigung aufgelöst werden solle. Eine Versetzung in den Ruhestand sei schon rechtlich etwas anderes, weil es ein Rechtsverhältnis eigener Art anstelle des eigentlichen Arbeitsverhältnisses setze. Da der Arbeitsvertrag der Parteien nur außerordentlich kündbar sei, hätte das Schreiben zudem nur eine einseitige Auflösung aus wichtigem Grund sein können, woran es zudem fehle. Selbst die Beklagte habe das Schreiben vom 9. Juni 2010 durchgehend allein als Versetzungsmitteilung in den Ruhestand aufgefasst.

44

Im Übrigen unterscheide der Arbeitsvertrag des Klägers in § 3 klar zwischen einer Versetzung in den Ruhestand (§ 3 Nr. 1 Satz 2 HS 1) und einer Kündigung (§ 3 Nr. 4). § 3 Nr. 1 verstoße - als Kündigungsbefugnis aufgefasst - gegen zwingendes Recht, indem die Regelung eine einseitige Änderung des Arbeitsverhältnisses in seinem Kernbereich ermögliche, ohne dass ein wichtiger Grund vorliege. Dem Arbeitnehmer werde so das Recht auf vertragsgemäße Beschäftigung (Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 GG) genommen. Außerdem läge eine Umgehung der Personalratsbeteiligung vor. § 3 Nr. 1 des Dienstvertrages sei im Übrigen auch aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds überraschend. Es fehle an einer gebotenen - weil wichtige und schwerwiegende Nachteile folgen könnten (wie etwa die Verringerung der Dienstbezüge auf ca. 80 %) - drucktechnischen Hervorhebung. Die Norm sei außerdem inhaltlich überraschend, weil das Kündigungsrecht in § 3 Nr. 4 gesondert bestimmt sei.

45

Der Kläger sei des Weiteren nicht dauerhaft dienstunfähig. Die amtsärztliche Begutachtung habe eine Dienstfähigkeit bei bedarfsweiser Reduzierung des Zeit- und Termindrucks bestätigt. Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Treuepflicht sei die Beklagte gehalten, diesem Attest Rechnung zu tragen.

46

Die Beklagte habe zudem das gebotene Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeitsvoraussetzungen einzuhalten gehabt. Wäre der Kläger Beamter hätte er sich gegen die Versetzung in den Ruhestand mit Widerspruch und Vorverfahren wenden können. Vergleichbare Einwendungen habe er vorliegend auch frist- und formgerecht angebracht, ohne dass die Beklagte darauf geantwortet hätte. Ein Verlust der klägerseitigen Beanstandungsrechte könne schon aufgrund des Vergleichs zum Beamtenrecht nicht angenommen werden.

47

Von einer Verwirkung sei alsdann auch wegen des Zeugnisbegehrens des Klägers vom 6. Dezember 2010 nicht auszugehen, da selbst im ruhenden Arbeitsverhältnis ein Anspruch auf Ausstellung eines Zwischenzeugnisses bestehe. Der Kläger habe darüber hinaus auch nicht den Eindruck vermittelt, an der Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses nicht weiter interessiert zu sein. Auch schwebende Vergleichsverhandlungen ließen - wie § 111 Abs. 2 ArbGG zeige - die nachträgliche Klärung von Beendigungsrechten durch die Gerichte für Arbeitssachen zu.

48

Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß,

49

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.05.2011 Az. 2 Ca 141/11 abzuändern und
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 30.06.2010 hinaus fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Abteilungsdirektor zu beschäftigen.

50

Die Beklagte beantragt - unter Widerspruch gegen die Klageerweiterung zweiter Instanz -,

51

die Berufung zurückzuweisen.

52

Die Beklagte trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor:

53

Die Klage sei als verwirkt aufzufassen. Aufgrund des sechsmonatigen Zeitablaufs zwischen der Mitteilung der Zurruhesetzung und dem Klageeingang sei das Zeitmoment erfüllt, ferner sei - aufgrund des Klägerverhaltens nach dem Gespräch vom 7. September 2010 und dessen Äußerungen bei Anbringung des Zeugniswunsches vom 6. Dezember 2010 - ebenso auch das Umstandsmoment erfüllt. Allein die zwischen den Parteien geführten Gespräche während zweiten Jahreshälfte 2010 ergäben nichts anderes. Sie seien unter dem 7. September 2010 geführt worden und hätten lediglich dem Ausräumen von Klägereinwänden gemäß dessen Schreiben vom 8. und 20. Juli 2010 gedient, wobei der seinerzeitige Verbandsvorsteher dem Kläger empfohlen habe, nicht auf einer Weiterbeschäftigung zu bestehen, sondern die Ruhestandsversetzung zu akzeptieren (Zeugnis Herr S). Der genaue Wortlaut des Gesprächs sei ihr (der Beklagten) nicht mehr erinnerlich. Falls eine mögliche Versetzung thematisiert worden sei, habe es sich allenfalls um eine hypothetische Überlegung gehandelt, denn sie (die Beklagte) sei nicht bereit gewesen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Da der Kläger sodann auf die Angelegenheit nicht weiter zurückgekommen sei, habe sie angenommen, das Arbeitsverhältnis sei beendet. Zudem seien die Aufgaben des Klägers nach Ausscheiden zum 30. Juni 2010 auf andere Referate umverteilt worden, so dass die von ihm innegehabte Stelle nicht mehr zur Verfügung stehe (Zeugnis Herr W, Zeugnis Herr L). Eine Rückkehr würde zu unzumutbaren Aufgaben-Rückübertragungen führen.

54

§ 3 Nr. 1 des Dienstvertrages habe die rechtliche Voraussetzung für diese Art der anderweitigen Beendigung entsprechend beamtenrechtlichen Vorschriften geschaffen. § 305c BGB finde auf Altverträge keine Anwendung. § 3 Nr. 1 sei zudem nicht überraschend. Die Bezugnahme auf beamtenrechtliche Regelungen sei im öffentlichen Dienst nicht unüblich. Der Kläger sei schon zum 1. Januar 2009 nicht mehr dienstfähig gewesen. Hieran habe sich auch anschließend nichts geändert. Die amtsärztliche Untersuchung habe die fehlende Dienstfähigkeit für die mit Zeitdruck und Verantwortung verbundene Tätigkeit des Klägers auch unschwer ergeben.

55

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien sowie des Nebenintervenienten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 25. Juli 2011(Bl. 102-104 d.A.) und 16. Februar 2012 (Bl. 275 d.A.), des Nebenintervenienten vom 7. November 2011 (Bl. 173-202 d.A.) und 13. August 2012 (Bl. 298-314 d.A.) und der Beklagten vom 24. August 2011 (Bl. 123-126 d.A.) und 13. Dezember 2011 (Bl. 255-261 d.A.) Bezug genommen, ferner auf die zur Akte gereichten Anlagen sowie das Protokoll der Kammersitzung vom 24. August 2012.

Entscheidungsgründe

A.

56

Die zulässige Berufung hat Erfolg, soweit sie sich gegen die klageabweisende Entscheidung erster Instanz richtet. Unzulässig ist die Berufung allerdings hinsichtlich ihrer Erweiterung in zweiter Instanz.

I.

57

Die Berufung ist im Hinblick auf die Antragstellung erster Instanz zulässig und begründet.

58

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Es ist statthaft aufgrund des in Streit stehenden Fortbestands des Arbeitsverhältnisses (§ 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG). Es wurde form- und fristgerecht auf Zustellung am 25. Mai unter dem 16. Juni 2011 eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) sowie form- und fristgerecht am 25. Juli 2011 begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 As. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO). Die Berufung setzt sich mit der arbeitsgerichtlichen Entscheidung in ausreichender Weise auseinander.

59

2. Die Klage ist mit dem bereits in erster Instanz gestellten Antrag auch zulässig und begründet.

60

a) Der Antrag ist zulässig.

61

aa) Der Antrag bedarf indes der Auslegung. Wenn der Kläger die Feststellung des Fortbestands seines Arbeitsverhältnisses begehrt, kann als fortbestehendes Arbeitsverhältnis sowohl die Bestandsfrage eines zwischen Parteien einst begründeten Vertragsverhältnisses überhaupt, wie auch nur die der Fortführung des Vertragsverhältnisses als nicht bloßes Ruhestands-, sondern weiterhin als (aktives) Arbeitsverhältnis gemeint sein. Maßgeblich zur Abgrenzung ist der erklärte Willen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel sowie den Interessen der Partei hervorgeht (§§ 133, 157 BGB), wobei im Zweifel das gewollt sein sollte, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Antragstellers entspricht (BAG 15.5.2012 - 3 AZR 469/11 - Rn. 12, juris). Der Kläger hat schon mit seiner Klageschrift eine vorgerichtliche Aufforderung vom 16. Dezember 2010 vorgelegt, in welcher die Forderung eines „unveränderten“ Arbeitsverhältnisses erhebt (Bl. 8 f. d.A.). Er hat weiter im Rahmen dieser Klageschrift auf vermeintlich fehlende Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung hingewiesen. Damit liegt die Feststellung eines nicht nur als Versorgungs- oder Ruhestandsverhältnisses fortbestehenden, sondern eines aktiven Arbeitsverhältnisses als Klageziel nahe. Ein solches Ziel ist auch begrifflich mit der Wendung „bestehendes Arbeitsverhältnis“ zu vereinbaren, da als (fort-)bestehende Arbeitsverhältnisse in einem engeren Sinn - wie etwa Art. 37 Abs. 1 Satz 1 EGHGB oder § 613a BGB zeigen - nur Rechtsbeziehungen gelten können, die noch nicht ins Ruhestands- und Versorgungsstadium übergegangen sind (zu Art. 37 Abs. 1 Satz 1 EGHGB bzw. § 613a BGB etwa BAG 27.6.2006 - 3 AZR 85/05 - Rn. 47 ff., NZA-RR 2008, 35; MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 613a Rn. 84).

62

bb) Der Antrag ist mit diesem Inhalt hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Kläger eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis i.S.d. § 308 Abs. 1 ZPO keinem Zweifel unterliegt und über die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 Abs. 1 ZPO; BAG 13.6.2012 10 AZR 313/11Rn. 16, juris). Der Zusatz „über den 30.06.2010 hinaus“ zeigt - neben dem vorgenannten Gegenstand des Fortbestands - mit hinreichender Deutlichkeit auf, dass es dem Kläger um die Klärung der Ruhestandsversetzung vom 9. Juni 2010 zum Ablauf des 30. Juni 2010 im Sinne des unveränderten Bestands geht. Die Antragsfassung weist keinen punktuellen Streitgegenstand i.S.d. Befristungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG oder der Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1, § 7 KSchG auf, sondern vielmehr den einer allgemeinen Feststellungsklage (vgl. BAG 6.4.2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 13, NJW 2011, 2748).

63

cc) Der Antrag ist von hinreichendem Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO getragen. Die Frage des arbeitsvertragsrechtlichen Bestands betrifft ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, an dessen alsbaldiger Feststellung schon aufgrund der Weitläufigkeit etwaiger Beendigungswirkungen hinreichendes Feststellungsinteresse als bestehend unterstellt werden kann (BAG 6.4.2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 13, a.a.O.). Zudem braucht aus prozesswirtschaftlichen Gründen keine Vielzahl von Leistungsklagen erhoben zu werden, um in Abgrenzung zum Ruhestandsverhältnis eine Wahrung des wiedervollziehbaren (aktiven) Arbeitsverhältnisses zu erwirken (in sofern kann im Erst-Recht-Schluss auf die Rechtsprechung zum Feststellungsinteresse für bloße Teilelemente von Ruhestandsverhältnissen verwiesen werden; vgl. etwa BAG 1.6.1970 - 3 AZR 166/69 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 242 Ruhegehalt Nr. 143).

64

dd) Entgegen der Annahme der Beklagten liegen die Voraussetzungen einer Verwirkung von Klagerechten nicht vor.

65

(1) Die Verwirkung von Klagerechten setzt nicht nur voraus, dass ein Anspruchsteller seine Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt (Zeitmoment) und dass Umstände vorliegen, aufgrund derer sein Gegner annehmen durfte, er werde gerichtlich keinesfalls mehr belangt werden (Umstandsmoment). Vielmehr muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auch das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die Klage schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann (Zumutbarkeit; BAG 13.7.2010 - 9 AZR 287/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 47).

66

(a) In Fällen des festzustellenden Fortbestands eines Arbeitsverhältnisses kann es gerechtfertigt sein, im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Zeitspanne, in der ein Vertrauenstatbestand für die Nichterhebung einer auf die Feststellung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Klage geschaffen wird, zeitlich enge Grenzen zu setzen (BAG 24.5.2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 22, juris). Allerdings muss aus rechtsstaatlichen Gründen nach Art. 19 Abs. 4 GG zugleich darauf geachtet werden, dass durch die Annahme einer Verwirkung der Weg zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert wird (BAG 25.11.2010 - 2 AZR 323/09 - Rn. 20, NZA 2011, 821). Wann das Zeitmoment mithin erfüllt ist, steht deshalb nicht schematisch fest, sondern ist im Einzelfall zu klären (BAG 15.12.2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 32; NZA 2006, 791). Selbst eine Spanne von sechs Monaten kann indes nicht schon regelmäßig als eine das Zeitmoment erfüllende Frist angesehen werden (BAG 20.5.1988 - 2 AZR 711/87 - zu II 2 der Gründe, NZA 1989, 16).

67

(b) Weiter setzt das Umstandsmoment voraus, dass der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Der Berechtigte muss deshalb unter Umständen untätig geblieben sein, unter welchen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (BAG 25.11.2010 - 2 AZR 323/09 - Rn. 20, NZA 2011, 821). Des Weiteren muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts unzumutbare Nachteile entstehen können (BAG 25.11.2010 - 2 AZR 323/09 - Rn. 20, a.a.O.).

68

(c) Besondere Umstände, aufgrund derer aus Vertrauensschutzgesichtspunkten unzumutbar erscheinen kann, sich im Rahmen eines Rechtsstreits auf das Klagebegehren noch einzulassen oder zu verteidigen, können etwa solche sein, dass der Verpflichtete im berechtigten Vertrauen darauf, der Berechtigte werde seine Rechte nicht mehr geltend machen, Beweismittel vernichtete (BAG 24.5.2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 23, juris).

69

(2) Ausgehend von diesen Maßgaben, war eine Verwirkung der Klage nicht anzunehmen.

70

(a) Schon dem Zeitmoment war nicht genügt. Der Kläger hatte mit seinem Einwendungsschreiben vom 8. Juli 2010 die Ruhestandsversetzung und mit seinem Schreiben vom 20. Juli 2010 die Festlegung verringerter Bezüge beanstandet. Die Beklagte - deren Sache es ist, sich auf die Voraussetzungen einer Verwirkung zu berufen (BAG 14.2.2007 - 10 AZR 35/06 - Rn. 14, NZA 2007, 690) - hatte hierzu nicht weiter dargetan, dass zwischen dem Zugang dieser Schreiben und dem Klageeingang am 24. Januar 2011 oder der Klagezustellung am 27. Januar wenigstens sechs Monate lagen. Gründe, eine kürzere als diese Zeitspanne für die Entwicklung berechtigten Vertrauens im Einzelfall anzusetzen, waren nicht zu erkennen. Die Beklagte hatte dem Kläger weder auf dessen Einwendungsschreiben vom 8. Juli 2010, noch - soweit ersichtlich - auf dessen Widerspruch zur Vergütungsfestsetzung (in dem immerhin ebenfalls auf fehlende Dienstunfähigkeit hingewiesen worden war - vgl. Bl. 242 f., 250 ff. d.A.) eine interne Überprüfung der Sachlage nach den Vorschriften gewährt, welche beamtenrechtlich nach § 58 Abs. 2, 3 LBG Rheinland-Pfalz in der bis 31. August 2010 geltenden Fassung - nachfolgend LBG a.F. - als Ausdruck einer raschen Prüfung gelten können, sondern stattdessen zunächst ein formloses Gespräch unter dem 7. September 2010 anberaumt und die formelle Klärung weiterhin auf sich beruhen lassen, statt ein nach disziplinarrechtlichen Grundsätzen fortzuführendes Prüfungsverfahren durchzuführen. Auch schon zuvor hatte die Beklagte mehr als ein Jahr bezahlter Freistellung zwischen Juni 2010 und Juli 2011 verstreichen lassen, ehe sie über die vermeintlich dauerhafte Dienstunfähigkeit des Klägers befand, und sechs Monate seit der Ankündigung vom 23. November 2010 mit der tatsächlichen Vorstandsbefassung vom 8. Juni 2011 zugewartet. All das nahm der wechselseitigen Befassung mit der Sache jeden Eindruck von Eile. Es konnte dem Kläger deshalb nicht zum Nachteil gereichen, wenn er nach fristgerechter Anbringung seiner beamtenrechtlich gebotenen Behelfe weitere Reaktionen mit derselben zeitlichen Zurückhaltung äußerte, mit der die Beklagte zu Werke ging.

71

(b) Des Weiteren war auch dem Umstandsmoment nicht genügt. Inwieweit welche, wann, wie (zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt) erfolgten Aufgabenumverteilungen stattgefunden haben mochten, welche der Beklagten nachfolgend rückgängig zu machen unmöglich gewesen sein sollte, war nicht weiter dargetan. Gerade unter objektiver Berücksichtigung der während des langen Beschäftigungsverhältnisses beidseits gewachsenen Wertschätzung konnte sie (die Beklagte) die Zeugnisbitte des Klägers vom 6. Dezember 2010 unter dessen devotem Begründungsversuch nicht etwa als Vertragsaufsage auffassen. Dies umso weniger, als die klägerseits gegen die Bescheide vom Juni 2010 ergriffenen Behelfe noch offen waren und das Gespräch vom 7. September 2010 keine abschließend einvernehmliche Lösung zutage gefördert hatte. Das Zeugnisschreiben mit seinem Hinweis auf Veränderungswünsche noch im Rahmen des auch in aktiv vollzogenen Arbeitsverhältnissen nicht Unüblichen, wie der Nebenintervenient unbestrittenermaßen und zutreffend (§§ 133, 157 BGB) anmerkt.

72

(c) Die Beklagte hat darüber hinaus auch keinerlei Umstände dargetan, die ihr die Klärung der Vertragsfortführung im Klageweg seit Januar 2011 erschwert oder unmöglich gemacht haben sollte, ohne dass dies wesentlich allein auf die selbstverursachte Verzögerung zurück zu führen gewesen wäre. Allein die behauptete geringe Erinnerung der Beklagten an Einzelheiten des Gesprächs vom 7. September 2010 war nichts Untypisches für einen über zwei Instanzen geführten Rechtsstreit. Gleiches galt auch für die lediglich pauschal für unzumutbar erachtete Rückübertragung der zwischenzeitlich umdisponierten Aufgaben.

73

b) Der Antrag ist in der Sache auch begründet. Weder wurde das Arbeitsverhältnis aufgrund der Beklagtenmitteilung vom 9. Juni 2010 insgesamt beendet, noch ging es wirksam in ein Ruhestandsverhältnis über.

74

aa) Das Arbeitsverhältnis war weder durch Kündigung, noch durch Eintritt einer auflösenden Bedingung mit dem 30. Juni 2010 beendet worden, deren sachliche Rechtfertigung wegen Ablaufs der in § 4 Satz 1, § 7 KSchG bzw. § 17 Satz 1, § 21 TzBfG angelegten Dreiwochenfrist nach Erhalt des Schreibens vom 9. Juni 2010 bzw. des Endtermins vom 30. Juni 2010 nicht weiter hätte geprüft werden können.

75

(1) Das Arbeitsverhältnis war nicht gekündigt, wie die Auslegung des Beklagtenschreibens vom 9. Juni 2010 ergibt.

76

(a) Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis dem Willen des Kündigenden entsprechend für die Zukunft sofort oder nach Ablauf einer Kündigungsfrist beendet wird, ohne dass es der Zustimmung oder sonstigen Mitwirkung des Empfängers bedarf (vgl. Preis in Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 10. Aufl. Rn. 1-3). Voraussetzung für eine Kündigung ist nicht, dass der Begriff der Kündigung selbst gebraucht wird. Der Kündigende muss nur eindeutig seinen Willen kund geben, das Arbeitsverhältnis einseitig lösen zu wollen (BAG 20.9.2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 28, NZA 2007, 377), und nicht etwa die Ausübung eines Widerrufs vorzunehmen, das Vertragsverhältnis anzufechten, eine Dienstentlassung von Dienstordnungsangestellten zu vollziehen oder eine vom Erklärenden für möglich erachtete Beendigung eigener Art vorzunehmen (Preis a.a.O. Rn. 83). Bei der abgrenzenden Auslegung ist gemäß §§ 133, 157 BGB nicht allein auf den Wortlaut der in Rede stehenden Erklärung abzustellen, sondern es sind alle Begleitumstände zu würdigen, die für die Frage, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe seiner Erklärung gehabt hat, von Bedeutung sein können und dem Erklärungsempfänger bekannt waren, zu beachten (BAG 20.9.2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 28, a.a.O.). Namentlich wenn ein Schreiben darauf hinweist, dass ein Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt „endet“ oder konkret ein Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber „in den Ruhestand versetzen“ wird, muss daraus nicht etwa zwingend eine Kündigung abgeleitet werden (Preis a.a.O. Rn. 83).

77

(b) Die im Beklagtenschreiben vom 9. Juni 2010 unter dem Betreff „Ihre Ruhestandsversetzung“ enthaltene Erklärung: „durch Beschluss des Verwaltungsrates vom 8. Juni 2010 werden Sie gemäß § 3 Nr. 1 ihres Dienstvertrages vom 30. September 1980, zuletzt geändert […], in Verbindung mit §§ 56,58 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. Juni 2010 in den Ruhestand versetzt." (Bl. 7 d.A.) ist vorliegend nicht als Kündigungserklärung aufzufassen. Schon die aus dem Schreiben hervorgehende Rechtsgrundlage lassen nicht auf eine gestaltende Willkürhandlung der Beklagten schließen, sondern verweist unmissverständlich auf ganz bestimmte, zu vollziehende Rechtsnormen. Diese sind zudem nicht solche der Kündigung, sondern des Eintritts in den Ruhestand wegen andauernder Dienstunfähigkeit. Hätte die Beklagte kündigen wollen, hätte vertraglich zudem nicht auf § 3 Nr. 1 des Dienstvertrages verwiesen werden dürfen, sondern § 3 Nr. 4 hervorgetan sein müssen. Zudem hätte der Kündigungsausspruch den engen Grenzen in § 3 Nr. 4 Satz 2 des Dienstvertrags Rechnung tragend gerade aus wichtigem Grund ausgesprochen werden müssen. Da die Beklagten dem Kläger am 23. November 2009 mitgeteilt hatte, es sei „eine Zurruhesetzung … ins Auge zu fassen“, lag auch anhand der chronologischen Umstände keine Kündigung, sondern allein die Ruhestandsversetzung nahe. Weil eine Kündigung weiterreichende Wirkungen als ein beabsichtigter Wechsel in den (einstweiligen) Ruhestand zeitigt, scheidet auch eine Umdeutung dieser in jene Erklärung aus (BAG 5.2.2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 56, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69).

78

(2) Das Arbeitsverhältnis unterliegt auch keiner auflösenden Bedingung.

79

(a) Im Unterschied zur Zeitbefristung ist der Abschluss eines Arbeitsvertrags unter der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung dadurch gekennzeichnet, dass die Dauer nicht nach dem Kalender bestimmt ist, sondern das Arbeitsverhältnis mit Eintritt eines bestimmten Ereignisses enden soll, welches die Parteien - anders als bei der Befristung - in ihrem Vorkommen als ungewiss einschätzen (BAG 29.6.2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 13, NZA 2011, 1146). Selbst wenn der genaue Beendigungszeitpunkt nicht voraussehbar ist, muss der Beendigungstatbestand so klar gefasst sein, dass er im Zeitpunkt seines Eintritts eindeutig bestimmbar ist. Die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis automatisch beendet ist, darf insofern nicht - unter Umständen für längere Zeit - in der Schwebe bleiben (BAG 27.10.1988 - 2 AZR 109/88 - zu II 4 b aa der Gründe, NZA 1989, 643).

80

(b) Der Dienstvertrag der Parteien sieht in § 3 Nr. 1 keine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach beamtenrechtlichen Grundsätzen vor. Dies ergibt sich bei Auslegung der Vertragsnorm.

81

(aa) Bei dem niedergelegten Dienstvertragklauseln vom 30. September 1980 handelt es sich - aufgrund des äußeren Druckbilds sowie der maschinenschriftlichen Einfügungen (augenscheinlich) - um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Entgegen der Beklagten findet diese Norm, wie die Regeln der §§ 305 ff. BGB insgesamt, seit dem 1. Januar 2003 gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auf den vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Dienstvertrag Anwendung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Ansatzpunkt sind dabei in erster Linie der Wortlaut sowie der Wille verständiger und redlicher Vertragspartner der bezeichneten Verkehrskreise (vgl. BAG 18.4.2012 - 10 AZR 47/11 - Rn. 16, NZA 2012, 791).

82

(bb) Wortlautgemäß enthält § 3 Nr. 1 Satz 2 HS 2 des Dienstvertrags („für den Eintritt und die Versetzung in den Ruhestand gelten die jeweiligen beamtenrechtlichen Vorschriften für die Beamten des Landes Rheinland-Pfalz entsprechend“) nichts, was auf eine Beendigung des Arbeitsvertrages insgesamt hindeuten könnte. Namentlich fehlen Begriffe wie „endet“, „wird aufgelöst“, „erlischt“ usw. Die stattdessen gebrauchte Wendung „Ruhestand“ zwingt nicht zur Annahme eines endgültig beendeten Rechtsverhältnisses, sondern vielmehr den Übergang vom aktiven Beschäftigungs- ins (passive) Versorgungsverhältnis. Die in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Regelungen lassen während des Ruhestands das Grundverhältnis zwischen Dienstherrn und Beamten weiter bestehen (Battis BBG 3. Aufl. § 6 Rn. 18).

83

(cc) Im Regelungszusammenhang ergänzt § 3 Nr. 1 des Dienstvertrags die allgemeinen tariflichen Regelungen des regionalen Sparkassen- und Giroverbandsdienstes nach § 2 des Dienstvertrags lediglich leistungsverbessernd. § 3 Nr. 1 Satz 1 bezieht sich insofern auf Versorgungsleistungen bei Dienstunfähigkeit („Der Verband verpflichtet sich, dem Angestellten im Falle einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Dienstunfähigkeit die Vergütung einschließlich der Verbandszulage … zu zahlen.“). § 3 Nr. 1 Satz 2 betrifft Versorgungsfälle des Ruhestandseintritts oder der Ruhestandsversetzung Beschäftigter bzw. Hinterbliebener im Fall des Versterbens („Er verpflichtet sich ferner, dem Angestellten bei seinem Eintritt oder bei seiner Versetzung in den Ruhestand und im Falle seines Todes seinen Hinterbliebenen Versorgung nach Maßgabe der jeweils für die Beamten des Landes Rheinland-Pfalz geltenden beamtenrechtlichen Vorschriften zu gewähren.“). § 3 Nr. 1 Satz 3 schließt die Gewährung eines tariflichen Übergangsgeldes aus, was Doppelversorgungen entgegen wirkte, da das im § 62 BAT zuletzt enthaltene Übergangsgeld nur eine finanzielle Erleichterung in der Zeit zwischen aktivem Dienst und veränderten Lebensverhältnissen bei Rentenbezug schaffen sollte (Dassau/ Wiesend-Rothbrust BAT 3. Aufl. § 62 Rn. 2), wofür bei einer privilegierten Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gemäß § 3 Nr. 1 Satz 2 Dienstvertrag kein Bedarf bestand. Der Annex zu § 3 Nr. 1 Satz 2 Dienstvertrag („…; für den Eintritt und die Versetzung in den Ruhestand gelten die jeweiligen beamtenrechtlichen Vorschriften für die Beamten des Landes Rheinland-Pfalz entsprechend.“) dient in diesem Zusammenhang nur der Transformation der beamtenrechtlichen Regeln in den Arbeitsvertrag. Ein rechtsverhältnisbeendendes Verständnis der Norm ist aus diesem Zusammenhang heraus nicht angezeigt.

84

(dd) Die Rechtsfolge einer endgültigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit würde zudem der Intention des Gleichlaufs mit den beamtenrechtlichen Regeln widersprechen. Das Versetzungsrecht in den Ruhestand folgt bei Dienstunfähigkeit dem Grundsatz „Reaktivierung und Weiterverwendung vor Versorgung“ (BVerwG 26.3.2009 - 2 C 73/08 - zu 2 der Gründe, NVwZ 2009, 1311). Beamtenrechtlichen Bestimmungen nach besteht deshalb gemäß § 61 Abs. 2 LBG a.F. i.V.m. § 29 Abs. 1 BeamtStG ein Widerberufungsrecht ins aktive Beamtenverhältnis, wenn vor Ablauf von zehn Jahren seit Ruhestandseintritt die Dienstfähigkeit wiederhergestellt wird. Der Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit hat in dieser Hinsicht nur vorläufigen Charakter (vgl. Kugele/Tegethoff BeamtStG § 29 Rn. 4). Zudem besteht das beamtenrechtliche Grundverhältnis während des Ruhestands auch im Hinblick auf wechselseitige Pflichten wie der Treuepflicht sowie neuen, mit dem Ruhestand verbundenen Pflichten fort. Es gilt der Grundsatz der Statusakzessorietät (vgl. BAG 5.2.2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 36, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69).

85

(ee) § 3 Nr. 1 des Dienstvertrags kann weiter vor dem Hintergrund der besonderen Kündigungsregeln in § 3 Nr. 4 nicht als Beendigungsbestimmung aufgefasst werden. Die Klägerseite hat zwar den Umstand einer Vielfachverwendung des Klauselwerks nicht ausführt, so dass die Kammer mangels Verweises von § 310 Abs. 3 BGB auf § 305c Abs. 1 BGB den Gesichtspunkt der Überraschung nicht weiter zu thematisieren hat, jedoch kann die Anordnung der Klauseln für die Ermittlung des Verständnishorizonts unter betroffenen Verkehrskreisen nicht vollständig übergangen werden. Gegenüber § 3 Nr. 4 Dienstvertrag findet sich der Verweis auf die Heranziehung beamtenrechtlicher Regeln über den Eintritt oder die Versetzung in den Ruhestand an „versteckter“ Stelle, nämlich im Anhang der Versorgungsregeln für Ruhestandspersonen oder Hinterbliebene, und zwar - wie von Klägerseite zu Recht moniert - ohne jede Hervorhebung. Im Hinblick auf die unter eigener Nummerierung und optischer Absetzung niedergelegten Regeln über die einseitige Beendigung im Kündigungsweg drängt sich das Verständnis geradezu auf, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun haben soll. Dies umso mehr, als die dazwischen angesiedelten Regeln gleichfalls nur Privilegierendes enthalten, nämlich in § 3 Nr. 2 die Beihilfeberechtigung für Beschäftigte und in § 3 Nr. 3 die Begrenzung der Mehrarbeit auf Unvermeidlichkeitssituationen. Niemand würde bei dieser Gestaltung redlicherweise vereinzelte Beendigungstatbestände „zwischendrin“ erwarten. Hinzu kommt, dass selbst bei unkündbarkeitsähnlicher Ausgestaltung in § 3 Nr. 4 Dienstvertrag nach Satz 4 noch eine ergänzende Versorgung wie beim einstweiligen Ruhestand vorgesehen ist („Liegt der wichtige Grund nicht in der Person oder im Verhalten des Angestellten, so sind dem Angestellten vom Ende des Dienstverhältnisses an bis zu einer Wiederverwendung in einer gleich zu bewertenden Stelle des Verbandes oder bis zum Eintritt oder der Versetzung in den dauernden Ruhestand die Bezüge und die Versorgung zu gewähren, die in den einstweiligen Ruhestand versetzte Landesbeamte nach den entsprechenden Vorschriften des Beamtengesetzes Rheinland-Pfalz erhalten.“). Ist hiernach sogar bei arbeitgeberseitiger Kündigung noch keine stets endgültige Beseitigung des Grundverhältnisses gewollt, kann das umso weniger für den Fall der Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit gemeint gewesen sein.

86

(ff) Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aufgrund der Tarifregelung des § 33 Abs. 4 Satz 2 TVöD. Denn § 33 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2-4 TVöD sind aufgrund des abweichenden Regelungsgehalts in § 3 Dienstvertrag nicht von der allgemeinen Inbezugnahme des für die Beklagte geltenden Tarifregelwerks nach § 2 Dienstvertrag umfasst.

87

(aaa) Die § 33 TVöD lautet im Zusammenhang wie folgt:

88

„§ 33 Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung

89

(1) Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf,

90

a) mit Ablauf des Monats, in dem die/der Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet hat,
b) jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen (Auflösungsvertrag).

91

(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheids unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird.

92

(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet bzw. ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

93

(4) Verzögert die/der Beschäftigte schuldhaft den Rentenantrag oder bezieht sie/er Altersrente nach § 236 oder § 236a SGB VI oder ist sie/er nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, so tritt an die Stelle des Rentenbescheids das Gutachten einer Amtsärztin/eines Amtsarztes oder einer/eines nach § 3 Abs. 4 Satz 2 bestimmten Ärztin/Arztes. Das Arbeitsverhältnis endet in diesem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der/dem Beschäftigten das Gutachten bekannt gegeben worden ist.

94

(5) Soll die/der Beschäftigte, deren/dessen Arbeitsverhältnis nach Absatz 1 Buchst. a geendet hat, weiterbeschäftigt werden, ist ein neuer schriftlicher Arbeitsvertrag abzuschließen. Das Arbeitsverhältnis kann jederzeit mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden, wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist.“

95

(bbb) Die von der Regelung in Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2-4 abgebildeten Sachverhalte sind in § 3 Nr. 1 Dienstvertrag privilegierend anderweitig geregelt. Entgegen § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD soll das Dienstverhältnis gemäß § 3 Nr. 1 Satz 2 Dienstvertrag nicht mit Erreichen einer Regelaltersrente abgeschlossen werden, sondern entsprechend § 54 LBG a.F. i.V.m. § 25 BeamtStG in ein Ruhestandsverhältnis überführt werden. Weiter gelten anstelle der Regelungen über die Vertragsabwicklung bei Erhalt einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 33 Abs. 2 und 3 TVöD die Sonderregeln nach § 3 Nr. 1 Satz 2 Dienstvertrag mit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Die sodann bloß im Annex zu § 33 Abs. 2 und 3 TVöD stehende Regelung für Fälle verzögerter oder versicherungsrechtlich ausgeschlossener Rentenanträge, kommt schon wegen der anders gearteten Versorgungslage gemäß § 3 Nr. 1 Dienstvertrag i.V.m. §§ 54 ff. LBG a.F. i.V.m. §§ 25 ff. BeamtStG vertraglich nicht zum Tragen. Für die Heranziehung des § 33 Abs. 4 Satz 2 TVöD besteht zudem auch aus Zweckgesichtspunkten keine Notwendigkeit. Die Tarifnorm beabsichtigt lediglich die Beseitigung unklarer Bestands- oder Beschäftigungslagen bei verzögerter oder unmöglicher Rentenantragsstellung (Künzl GKöD Stand Juli 2012 § 33 TVöD Rn. 4) und bedarf keiner Heranziehung, wenn sich der Arbeitgeber - wie vorliegend - die Anwendung beamtenrechtlicher Regeln vorbehalten hat, welche ihrerseits ausreichende Instrumente enthalten, um Zweifeln an der Dienstfähigkeit zu begegnen und ggf. einen Übergang in den Ruhestand zu veranlassen (vgl. §§ 54 ff. LBG a.F. i.V.m. §§ 25 ff. BeamtStG). Für dieses Ergebnis spricht systematisch weiter, dass mit § 3 Nr. 1 Satz 3 Dienstvertrag die Gewährung von Übergangsgeld ausgeschlossen ist (s.o.), was bei Vertragsniederlegung im Jahr 1980 keine Bewandtnis gehabt hätte, wenn neben § 3 Nr. 1 Dienstvertrag die seinerzeit in § 59 BAT angelegte Beendigungsnorm hätte durchgreifen sollen, denn § 62 Abs. 2 Buchst. i BAT schloss das Übergangsgeld bei bestehendem Rentenanspruch aus eigener Erwerbstätigkeit ausdrücklich aus. Zudem hätte vorliegend ein in Anwendung § 33 Abs. 4 Satz 2 TVöD beachtliches amtsärztliches Gutachten - wie zu § 59 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 BAT entschieden - nur dann beachtlich sein können, wenn dies den Rechtsbegriff der Erwerbsfähigkeit zutreffend erfasst hätte (BAG 1.10.1970 - 2 AZR 538/69 - zu 1 der Gründe, AP BAT § 59 Nr. 2), was im gegebenen Fall aufgrund der beklagtenseits nur zur Dienstfähigkeit oder -Unfähigkeit erbetenen Begutachtung nicht der beachtet war.

96

bb) Weiterhin war die Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit vom 9. Juni 2010 nicht wirksam.

97

(1) Es kann dabei dahin gestellt bleiben, ob die in § 3 Nr. 1 Satz 2 HS 2 des Dienstvertrags angeordnete Geltung der landesbeamtenrechtlichen Regelungen über die Versetzung in den Ruhestand einer Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2, § 307 Abs. 1 Satz 2, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Stand hält. Zwar geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass eine allgemeine Vertragsbedingung, mit der sich der Arbeitgeber die Versetzung eines Dienstordnungsbeschäftigten in den einstweiligen Ruhestand vorbehält, gemäß § 134 BGB nichtig ist, weil sie zwingende kündigungsschutzrechtliche Vorschriften umgeht, indem sie die Anwendung von § 626 BGB und §§ 1 f. KSchG so wesentlich einschränkt, dass deren Zweck vereitelt und den Grundsätzen des Arbeitsrechts nicht mehr genügt ist. Nach der Konzeption des Kündigungsschutzrechts seien Arbeitsverhältnisse nämlich nicht nur in ihrem Bestand, sondern auch in ihrem Inhalt geschützt. Auch bei Zusage einer beamtenähnlichen Versorgung setze die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen eine Beendigung des aktiven Arbeitsverhältnisses voraus, die nur entweder einvernehmlich oder durch Ausspruch einer wirksamen Kündigung erfolgen könne (BAG 5.2.2009 - 6 AZR 151/09 - Rn. 48 ff., AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69). Diese Entscheidung (ebenso wie die darin in Bezug genommene Entscheidung BAG 24.1.1980 - 2 AZR 170/78 -, juris) betrifft jedoch den - vorliegend nicht gegebenen und nach § 50 LBG a.F. i.V.m. § 30 BeamtStG für den Kläger auch nicht weiter relevanten - Fall einer einseitigen Versetzungsbefugnis in den einstweiligen Ruhestand. Ob bei dienstunfähigkeitsbezogenen Ruhestandsversetzungen dieselben Erwägungen durchgreifen, erscheint vor dem Hintergrund der anstelle von §§ 1 f. KSchG, § 622 Abs. 2 BGB eingreifenden, arbeitgeberseitige Willkür sachlich wie verfahrensgemäß ausschließenden beamtenrechtlichen Regelungen - vorliegend in §§ 56 f., 58 und 61 LBG a.F. i.V.m. 26 f., 29 BeamtStG - eher zu bezweifeln (ohne irgendwelche Problematisierung zuletzt in Bezug auf Dienstordnungsangestellte zuletzt etwa BAG 26.7.2012 - 6 AZR 52/11 -).

98

(2) Unter entsprechender Heranziehung der §§ 56, 58 LBG a.F. i.V.m. § 26 BeamtStG war den nötigen beamtenrechtlichen Erfordernissen einer Ruhestandsversetzung zum 30. Juni 2009 des Klägers schon nach dem Beklagtenvorbringen nicht genügt.

99

(a) Die beamtenrechtlichen Regelungen lauten auszugsweise wie folgt:

100

§ 26 BeamtStG Dienstunfähigkeit

101

(1) […] (2) […]

102

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

103

§ 56 LBG a.F. Dienstunfähigkeit

104

(1) Der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann der Beamte auch dann angesehen werden, wenn er infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wird. Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten, so ist er verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, beobachten zu lassen.

105

(2) […]

106

(3) Von der Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit soll abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt; […].

107

§ 58 LBG a.F. Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gegen den Willen des Beamten

108

(1) Hält der Dienstvorgesetzte den Beamten aufgrund eines ärztlichen (…) Gutachtens über den Gesundheitszustand für dienstunfähig und beantragt dieser die Versetzung in den Ruhestand nicht, so teilt der Dienstvorgesetzte dem Beamten oder seinem Vertreter unter Angabe der Gründe mit, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt sei.

109

(2) Erhebt der Beamte oder sein Vertreter innerhalb eines Monats keine Einwendungen, so entscheidet die … zuständige Behörde über die Versetzung in den Ruhestand.

110

(3) Werden Einwendungen erhoben, so entscheidet die oberste Dienstbehörde oder die für die Versetzung in den Ruhestand zuständige nachgeordnete Stelle, ob das Verfahren einzustellen oder fortzuführen ist. Die Entscheidung ist dem Beamten oder seinem Vertreter zuzustellen.

111

(4) Wird das Verfahren fortgeführt, so sind mit dem Ende der drei Monate, die auf den Monat der Mitteilung der Entscheidung folgen, bis zum Beginn des Ruhestandes die das Ruhegehalt übersteigenden Bezüge einzubehalten. Zur Fortführung des Verfahrens werden die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen nach den Bestimmungen des Landesdisziplinargesetzes durchgeführt. Der Beamte oder sein Vertreter ist zu den Vernehmungen zu laden. Nach Abschluss der Ermittlungen ist der Beamte oder sein Vertreter zu dem Ergebnis der Ermittlungen zu hören.

112

(5) Ergibt sich die Dienstfähigkeit des Beamten, so ist das Verfahren einzustellen. Die Entscheidung wird dem Beamten oder seinem Vertreter zugestellt; die nach Absatz 4 Satz 1 einbehaltenen Beträge sind nachzuzahlen. Wird die Dienstunfähigkeit festgestellt, so wird der Beamte mit dem Ende des Monats, in dem ihm oder seinem Vertreter die Verfügung mitgeteilt worden ist, in den Ruhestand versetzt; die einbehaltenen Beträge werden nicht nachgezahlt.“

113

(b) Den hiernach nötigen Erfordernissen war in mehrerer Hinsicht nicht genügt.

114

(1) Die getroffene Entscheidung war verfahrensmäßig fehlerhaft.

115

(a) Dem Kläger wäre entsprechend § 58 Abs. 1 LBG a.F. vor Erlass einer abschließenden Ruhestandsentscheidung eine förmliche Eröffnungsmitteilung zu geben gewesen, in der die Gründe angegeben gewesen sein mussten, welche die Versetzung in den Ruhestand ausmachen konnten. Auf diese hin hätte der Kläger oder sein Vertreter nach § 58 Abs. 2 LBG a.F. binnen Monatsfrist Einwendungen vortragen können. Dieses Erfordernis, wie auch das Zustellungsgebot für die Eröffnungsmitteilung gemäß § 221 LBG a.F., war nicht etwa wegen der Geltungsbegrenzung beamtenrechtlicher Regelungen nicht zu entsprechen (vgl. etwa BAG 21.10.2003 - 3 AZR 83/03 - zu I 3 a der Gründe, ZTR 2004, 386); ihm hätte ohne Weiteres auch im Verhältnis der Parteien genügt werden können und müssen. Die Beklagtenanschreiben vom 13. und 23. November 2009 waren demgegenüber sachlich wie förmlich unzulänglich. Im Schreiben vom 13. November 2009 werden weder die Absicht der Ruhestandsversetzung noch die konkreten Gesichtspunkte einer Ruhestandsversetzung ausgeführt. Wenn stattdessen mit Verweis auf das Schreiben vom 3. Juni 2009, in dem es hieß: „durch verschiedene Verhaltensauffälligkeiten in den letzten Monaten … haben wir begründete Zweifel, ob Sie … unverändert dienstfähig sind“, im Schreiben vom 13. November 2009 ausgeführt ist, es sollten das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung erörtert und in einem gemeinsamen Gespräch „die weiteren Schritte“ „abgestimmt“ werden, lässt das auf eine einseitige Absicht zur Ruhestandsversetzung aus bestimmten Gründen nicht weiter schließen. Auch das Schreiben vom 23. November 2009 führt neben der Erwägung, sie (die Beklagte) halte es „für angebracht, eine Ruhestandsversetzung ins Auge zu fassen“, ausdrücklich aus, die Modalitäten einer Zurruhesetzung (die einen Verwaltungsratsbeschluss voraussetze) sollten gesprächsweise erörtert werden. Hinsichtlich etwaiger Dienstunfähigkeitsgründe war wiederum lediglich auf die nochmals beigefügten amtsärztlichen Schreiben Bezug genommen. Da die amtsärztlichen Mitteilungen jedoch weder unmissverständlich zum Ausdruck brachten, der Kläger sei dauerhaft dienstunfähig - sondern vielmehr ausdrücklich unter dem 27. Oktober 2009 eingangs ausführten: „Wie mit unserer Stellungnahme vom 13.08.2009 attestiert ist Herr … mit den dort genannten Einschränkungen dienstfähig.“ -, noch erkennen ließen, warum eine leidensgerechte Anpassung der Arbeitsbedingungen ausgeschlossen sein sollten, war dem Kläger allein aufgrund der Beifügung dieser Schreiben keine sachgerechte Einlassung möglich. Auch die bloße Einräumung eines - letztlich gar nicht zustande gekommenen - Besprechungstermins konnte den Anhörungsfehler nachfolgend ebenso wenig heilen, wie die erst nach Ausspruch der Zurruhesetzung im September 2009 durchgeführte Aussprache.

116

(b) Zudem wäre weiter den besonderen Verfahrenserfordernis i.S.d. § 58 Abs. 3-5 LBG a.F. durch ergänzende Überprüfung der Dienst(un)fähigkeit des Klägers Rechnung zu tragen gewesen. Nach § 58 Abs. 3 LBG a.F. war nämlich aufgrund erhobener Einwände die oberste Dienstbehörde oder die für die Versetzung zuständige nachgeordnete Behörde mit der Einstellung oder Fortführung des Ruhestandsverfahrens zu befassen. Für die Zurruhesetzung zuständig war beklagtenintern unstreitig deren Verwaltungsrat als oberstes Organ. Dieses hätte und könnte sich mit der Einstellung oder Fortführung des Ruhestandsverfahrens ebenso gut wie eine oberste Dienstbehörde befasst haben. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Beklagte in Beachtung dieser Maßgabe den Verwaltungsrat auf die Einwände des Klägers im Schreiben vom 8. Juli 2010 befasst hatte. Noch weniger annehmbar ist schon allein aufgrund des Zeitablaufs seit der letzten amtsärztlichen Untersuchung im August und/ oder Oktober des Vorjahres, dass bei Beachtung der gebotenen Verfahrensweise zwingend die gleiche Endentscheidung getroffen worden wäre (vgl. § 46 VwVfG).

117

(2) Dem Beklagtenvorbringen ist weiter nicht ausreichend zu entnehmen, dass der Kläger aufgrund amtsärztlichen Gutachtens entsprechend § 58 Abs. 1 LBG a.F. für dienstunfähig i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F. i.Vm. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG gehalten werden durfte.

118

(a) Bei Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht allein auf die Person des Beschäftigten abzustellen, sondern vielmehr sind die Auswirkungen seiner körperlichen Gebrechen usw. auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Es kommt dabei nicht allein und ausschlaggebend - jedenfalls nicht in allen Fällen - auf Art und Ausmaß der einzelnen körperlichen Gebrechen usw., den objektiven ärztlichen Befund und dessen medizinische Qualifikation als solche an, sondern vielmehr darauf, ob der Beamte aufgrund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist (BVerwG 16.10.1997 - 2 C 7/97 -, NVwZ-RR 1998, 572; zuletzt etwa 27.11.2008 - 2 B 32/08 -). Das besondere beamtenrechtliche Prüfungsverfahren erfordert im Interesse einer abschließenden Entscheidung für den Betroffenen wie auch für den Dienstherrn, dass sich die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ohne eigenen Antrag jedenfalls im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung als rechtmäßig darstellt (BVerwG 16.10.1997 - 2 C 7/97 -, a.a.O.). Da die Beklagte zum körperlichen Zustand des Klägers im Zeitpunkt der letzten internen Entscheidung vom 9. Juni 2010 allein auf die amtsärztlichen Einschätzungen vom 13. August und 27. Oktober 2009 zurückgriff, die ausweislich der ärztlichen Mitteilungen offensichtlich bloß den Untersuchungstermin vom 4. August 2009 auswertete, war schon unklar, ob die ärztliche Einschätzung nicht zwischenzeitlich schon wieder überholt war. Hierfür sprach namentlich, dass die attestierende Amtsärztin in ihrer Stellungnahme vom 13. August 2009 ausführte, beim Kläger bestehe „ein Zustand nach Schlaganfall und kardialer Dekompensation mit guter Rückbildung im rehabilitativen Verlauf“. Gründe, weshalb der rehabilitative Verlauf nicht binnen weiterer 10 Monate bis zur intern getroffenen Ruhestandsentscheidung vom Juni 2010 vorangeschritten und zur weiteren Wiederangleichung der Leistungsfähigkeit geführt haben sollte, hat die Beklagte nicht weiter erkennen lassen. Dass dies auch aus ihrer Sicht nicht vollkommen ausgeschlossen erscheinen konnte, folgt schon daraus, dass sie (die Beklagte) selbst vorbringt, der letzte akute medizinische Vorfall habe sich im Juni/ Juli 2008 ereignet und sei bis zum November 2008 in eine Stabilisierung eingetreten, die zur Wiedereingliederung auf Vier-Stunden-Basis Anlass gegeben habe. Wenn aber schon binnen fünf Monaten eine derartige Stabilisation eintrat, erscheint zumindest nicht denkunmöglich, dass binnen weiterer 19 Monate zwischen November 2008 und Juni 2010 eine nochmalige Besserung, und zwar auch im Hinblick auf zwischenzeitlich erkannte Verhaltensauffälligkeiten erfolgt sein konnte. Dies für den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung abschließend zu klären, wäre Sache der Beklagten gewesen.

119

(b) Beamtenrechtlicher Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist zudem nicht das auf einem bestimmten Dienstposten wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn, sondern das dem Beschäftigten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Dieses umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen ein Diensttuender amtsangemessen - d. h. gemessen an der Wertigkeit der übertragenen Aufgaben seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechend - beschäftigt werden kann. Reicht die Leistungsfähigkeit für einen Teil der amtsangemessenen Dienstposten aus, sind diese aber besetzt, so hängt die Dienstunfähigkeit weiter von den personellen und organisatorischen Gegebenheiten bei der Beschäftigungsbehörde ab. Ein Beamter ist deshalb solange dienstfähig, als ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Hieran fehlt es erst, wenn derartige Maßnahmen die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen würden. Störungen des Betriebsablaufs dürfen nicht über das Maß hinausgehen, das mit Änderungen vorübergehend zwangsläufig verbunden ist (VG Düsseldorf 22.10.2010 - 13 K 5027/09 - juris-Rn. 39, 43 m.w.N.). Da die Beklagte selbst vorbringt, die klägerischen Aufgaben seien intern umverteilt worden, kann ihr schon für die konkrete Gestaltung des Dienstpostens generell abgenommen werden, diese sei überhaupt keinerlei Änderung zugänglich. Soweit die Beklagte einwendet, zumindest Zeit- und Termindruck lasse sich von der Abteilungsleitung nicht fernhalten, war das im Grundsatz zwar unstreitig, für den Bedarfsfall, auf den namentlich das amtsärztliche Gutachten abstellte, nicht weiter dargetan und nach räumlich-, zeitlich-, persönlich- oder organisatorischen Zusammenhängen auch nur im Ansatz nachvollziehbar gemacht. Den bloß pauschalen Einwand unmöglicher bedarfsweiser Entlastung widerlegte die beklagtenseitig vorgebrachte Möglichkeit der Aufgabenumverteilung denkgesetzlich von selbst, denn wenn alle Aufgaben umverteilbar sind, muss das (mangels gegensätzlicher Anhalte) zwangsläufig auch für Teile davon gelten.

120

(c) Weder die vereinzelt geschilderten verbalen Entgleisungen, noch die pauschal vorgebrachte Unordentlichkeit des Arbeitsplatzes, die verlangsamte Bearbeitungszeit, die fehlende Konzentration oder Reizbarkeit sowie die Missachtung von Zeichnungs- oder Rückspracheregelungen lassen zudem - auch in Verbindung mit den amtsärztlichen Stellungnahmen - nicht den beklagtenseitigen Schluss zwingend erscheinen, der Kläger sei dauerhaft dienstunfähig. Die ärztliche Stellungnahme vom 13. August 2009 kommt mit der Maßgabe, Zeit- und Termindruck bedarfsweise zu reduzieren, immerhin zu dem Ergebnis einer ausreichenden psychophysischen Belastbarkeit des Klägers. Eben dies wiederholte auch die ergänzende Stellungnahme vom 27. Oktober 2010 mit ausdrücklicher Hervorhebung bestehender Dienstfähigkeit bei leidensgerechter Anpassung der Arbeitsbedingungen. Da schon im Auftragsschreiben an das Gesundheitsamt vom 26. Juni 2010 (Bl. 54 d.A.) sämtliche Verhaltensauffälligkeiten dargestellt waren, auf die die Beklagte im vorliegenden Verfahren abstellte, kann davon ausgegangen werden, dass die ärztliche Begutachtung auf sämtliche Vorkommnisse Rücksicht nahm. Die einzige medizinische Folgerung, es müsse der Zeit- oder Termindruck bedarfsweise verringert werden, um mangelnden Dekompensationen Rechnung zu tragen, konnte die Beklagte nicht mit dem pauschalen Vorbringen, die klägerische Aufgabenerfüllung sei noch nicht einmal bedarfsweise verringerbar sei, begegnen. Selbst wenn man - über das vorausgeführte hinaus - annimmt, dass nicht schon die spätere Aufgabenumverteilung diesen Einwand entwerte, hätte es der Konkretisierung der eingewendeten Umstände bedurft. Weder dem Gesundheitsamt gegenüber noch gegenüber dem Gericht war ausgeführt, inwiefern die Verringerung von Zeit- oder Termindruck im Bedarfsfall vollkommen ausgeschlossen sein sollte. Dass dem nicht in jeder Hinsicht so gewesen sein konnte, legt die Beklagte selbst nahe, indem sie ausführt, Abteilungskolleginnen und -Kollegen seien des Öfteren damit befasst gewesen, die Beklagte vor negativem Erscheinungsbild durch Klägeraktivitäten zu bewahren, indem sie interne wie externe Schreiben an den Kläger zurückgegeben hätten, um über Formulierungen nochmals nachzudenken oder diese zu entschärfen, wenn sie problematisch waren, bzw. Telefonate verschoben hätten, wenn sich Auffälligkeiten beim Kläger zeigten. War dem so, so musste im Einzelfall durchaus Raum bestanden haben, den klägerseitigen Leistungsdefiziten sachgerecht zu begegnen, ohne dass - wofür hinsichtlich der geschilderten Ereignisse jeder Anhalt fehlt - der laufende Dienstbetrieb konkret und nachhaltig gestört worden wäre. Der schlussendlichen amtsärztlichen Ausführung vom 27. Oktober 2009, dass der Kläger ohne Reduzierung der beruflichen Anforderungen nicht mehr dauerhaft einsetzbar sein werde, konnte die Beklagte vor diesem Hintergrund keinen tragenden Gehalt beimessen. Sie musste zudem in Betracht ziehen, dass die Amtsärztin ihre Einschätzung im Wesentlichen auch unter fürsorgerischen Gesichtspunkten abgegeben hatte, um ihr (der Beklagten) nochmals die medizinisch gebotenen Gestaltungspflichten für einen von übermäßigem Zeit- und Termindruck unbelasteten Arbeitsplatz vor Augen zu halten (zur ähnlich gelagerten amtsärztlichen Einschätzung eines „stressfrei“ auszugestaltenden Dienstpostens etwa VG Düsseldorf 22.10.2010 - 13 K 5027/09 - juris-Rn. 39, 43 m.w.N.).

121

(d) Die Beklagte konnte schließlich auch nicht aufgrund der Klägerabwesenheit seit dem 3. Juni 2009 vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ausgehen. Die in dieser Regelung niedergelegte Vermutung gilt nur für Zeiten der krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit (Kugele/Tegethoff BeamtStG § 26 Rn. 14; Battis BBG § 42 Rn. 6). Die Beklagte hatte den Kläger (spätestens) mit Schreiben vom 3. Juni 2009 freigestellt (Bl. 52 f. d.A.) und nachfolgend lediglich pauschale Zweifel ausgeführt, ob der Kläger bei Wiederaufnahme vollschichtiger Tätigkeit im Januar 2009 wieder dienstfähig gewesen sei. Eine irgendwie attestierte krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit für die (spätestens) ab 3. Juni 2009 eingetretene Abwesenheit war weder dargetan noch ersichtlich. Die Freistellung konnte mithin im Wesentlichen nur aus Fürsorgegesichtspunkten erfolgt sein, was den Anforderungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG indes nicht genügte, der nur unzweifelhafte Erkrankungsfälle erfassen will.

122

(3) Die Ruhestandsversetzung ist schlussendlich auch wegen fehlender Personalratsbeteiligung unwirksam.

123

(a) Nach § 78 Abs. 1 LPersVG Rheinland-Pfalz erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats in personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer generell auf personelle Einzelmaßnahmen und allgemeine personelle Angelegenheiten. Auch wenn der Fall der Ruhestandsversetzung im Katalog des § 78 Abs. 2 LPersVG nicht weiter genannt ist, ergibt sich schon aufgrund der Tragweite der Maßnahme im Erst-Recht-Schluss gegenüber den enumerativen Mitbestimmungstatbeständen nach § 78 Abs. 2 Nr. 6-8 LPersVG (Versetzung, Abordnung, Änderung der vertraglichen Arbeitszeit) sowie im Vergleich zur Beteiligungsregelung für Beamte nach § 76 Abs. 2 Nr. 16 Var. 1 LPersVG (vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ohne eigenen Antrag) die Mitbestimmungspflicht (zur gebotenen Personalratsbeteiligung bei schlichter Arbeitszeitverringerung wegen begrenzter Dienstfähigkeit zuletzt etwa lag Hamm 21.2.1012 - 17 Sa 897/11 – juris).

124

(b) Von einer ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats konnte, nachdem die Beklagte auf die Rüge der Klägerseite nichts erwiderte, nicht ausgegangen werden.

125

(c) Die fehlende Mitbestimmung führte zur Unwirksamkeit der Maßnahme. Welche Sanktion bei der Verletzung eines Mitbestimmungsrechts eintritt, hängt von der Ausgestaltung und dem Zweck des jeweiligen Mitbestimmungsrechts ab. Durch Auslegung des einzelnen Mitbestimmungstatbestandes ist zu ermitteln, ob und inwieweit sich das Mitbestimmungsrecht überhaupt auf Rechtsgeschäfte und auf arbeitsvertragliche Beziehungen erstreckt (BAG 13.4.1994 - 7 AZR 651/93 - zu B II 2 a bb der Gründe, NZA 1994, 1099). Bei Abordnungen wie auch Versetzungen dient der Mitbestimmungstatbestand nicht unwesentlich dem Schutz der Interessen des Betroffenen, so dass die fehlende Mitbestimmung zur Unwirksamkeit der Maßnahme führt (BAG 6.8.1991 - 1 AZR 573/90 - zu II 5 der Gründe, ZTR 1992, 128; 15.1.1991 - 1 AZR 105/90 - zu II 4 der Gründe, NZA 1991, 695). Da auch die Mitbestimmung bei der vorzeitigen Ruhestandsversetzung den Einzelinteressen des Beschäftigten dient, gilt dieselbe Rechtsfolge im Erst-Recht-Schluss (zum Schutzzweck allgemein etwa Kersten in Richardi/Dörner/Weber BPersVG 3. Aufl. § 76 Rn. 92).

II.

126

Die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz war indes unzulässig, so dass die weitergehende Berufung der Zurückweisung unterlag.

127

1. Eine Klageerweiterung ist in der Berufungsinstanz nur insoweit zulässig, als diese auf den bisherigen Sachvortrag der Partei gestützt werden kann und im Übrigen die prozessualen Voraussetzungen für eine Klageerweiterung vorliegen, §§ 533, 529 ZPO (näher etwa BGH 22.4.2010 - IX ZR 160/09 - Rn. 10 ff., NJW-RR 2010, 1286).

128

2. Die tatsächliche Fortbeschäftigung des Klägers hängt vorliegend nicht bloß von der Unwirksamkeit oder Nichtvollziehbarkeit der Ruhestandsversetzung ab (vgl. zum Weiterbeschäftigungsanspruch bei unwirksamen Versetzungen generell zuletzt etwa BAG 25.8.2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 15 f., NZA 2010, 1355). Nachdem die Beklagte dem Kläger dauerhafte Dienstunfähigkeit entgegenhielt und der Kläger das aus der amtsärztlichen Begutachtung vom 13. August und 27. Oktober 2009 hervorgehende medizinische Gebot, Zeit- und Termindruck bei Bedarf zu reduzieren, nicht weiter in Abrede stellte, wäre die Zuerkennung des Beschäftigungsanspruchs nicht allein aufgrund des erstinstanzlichen Vorbringens möglich gewesen. Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (BAG 19.5.2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 37 f., NZA 2010, 1119). Hierzu hätte es ergänzenden Klägervorbringens sowie weiterer Aufklärung bedurft.

B.

129

Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 ZPO. Gründe, die eine Zulassung der Revision angezeigt erscheinen ließen, waren nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Sept. 2012 - 6 Sa 336/11

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(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen


(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. (2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die K

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 17 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben,

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 14 Höhe des Ruhegehalts


(1) Das Ruhegehalt beträgt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 Prozent, insgesamt jedoch höchstens 71,75 Prozent, der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Bei der Berechnung der Jahre ruhegehaltfähiger Dienstzeit werden unvollständige Jahr

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 26 Dienstunfähigkeit


(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als die

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 7 Wirksamwerden der Kündigung


Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1 Beginn der Rechtsfähigkeit


Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 42 Wirkung eines Wiederaufnahmeverfahrens


(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 85 Ruhegehaltssatz für am 31. Dezember 1991 vorhandene Beamte


(1) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltss

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 29 Wiederherstellung der Dienstfähigkeit


(1) Wird nach der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit die Dienstfähigkeit wiederhergestellt und beantragt die Ruhestandsbeamtin oder der Ruhestandsbeamte vor Ablauf einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, spä

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 236a Altersrente für schwerbehinderte Menschen


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet haben,2. bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 21 Auflösend bedingte Arbeitsverträge


Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 236 Altersrente für langjährig Versicherte


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 65. Lebensjahr vollendet und2. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllthaben. Die vorzeitige Inanspruchnahme di

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Sept. 2012 - 6 Sa 336/11 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Sept. 2012 - 6 Sa 336/11 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Juli 2012 - 6 AZR 52/11

bei uns veröffentlicht am 26.07.2012

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 11 Sa 615/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Juni 2012 - 10 AZR 313/11

bei uns veröffentlicht am 13.06.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2011 - 16 Sa 614/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Mai 2012 - 3 AZR 469/11

bei uns veröffentlicht am 15.05.2012

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. März 2011 - 3 Sa 817/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurtei

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 10 AZR 47/11

bei uns veröffentlicht am 18.04.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Januar 2011 - 2 Sa 29/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10

bei uns veröffentlicht am 29.06.2011

Tenor Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 29. Oktober 2009 - 11 Sa 802/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 06. Apr. 2011 - 7 AZR 704/09

bei uns veröffentlicht am 06.04.2011

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 18/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Nov. 2010 - 2 AZR 323/09

bei uns veröffentlicht am 25.11.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Februar 2009 - 8 Sa 892/08 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Aug. 2010 - 10 AZR 275/09

bei uns veröffentlicht am 25.08.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2009 - 3 Sa 483/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten ge

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Juli 2010 - 9 AZR 287/09

bei uns veröffentlicht am 13.07.2010

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. März 2009 - 3 Sa 29/08 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09

bei uns veröffentlicht am 19.05.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - auf

Referenzen

(1) Das Ruhegehalt beträgt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 Prozent, insgesamt jedoch höchstens 71,75 Prozent, der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Bei der Berechnung der Jahre ruhegehaltfähiger Dienstzeit werden unvollständige Jahre als Dezimalzahl angegeben. Dabei wird ein Jahr mit 365 Tagen angesetzt und wird das Ergebnis kaufmännisch auf zwei Dezimalstellen gerundet. Der Ruhegehaltssatz wird ebenfalls kaufmännisch auf zwei Dezimalstellen gerundet.

(2) (weggefallen)

(3) Das Ruhegehalt vermindert sich um 3,6 Prozent für jedes Jahr, um das der Beamte

1.
vor Ablauf des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet, nach § 52 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt wird,
2.
vor Ablauf des Monats, in dem er die für ihn geltende gesetzliche Altersgrenze erreicht, nach § 52 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt wird,
3.
vor Ablauf des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet, wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt wird;
die Minderung des Ruhegehalts darf 10,8 vom Hundert in den Fällen der Nummern 1 und 3 und 14,4 vom Hundert in den Fällen der Nummer 2 nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. Gilt für den Beamten eine vor der Vollendung des 65. Lebensjahres liegende Altersgrenze, tritt sie in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 und 3 an die Stelle des 65. Lebensjahres. Gilt für den Beamten eine nach Vollendung des 67. Lebensjahres liegende Altersgrenze, wird in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 nur die Zeit bis zum Ablauf des Monats berücksichtigt, in dem der Beamte das 67. Lebensjahr vollendet. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 ist das Ruhegehalt nicht zu vermindern, wenn der Beamte zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand das 65. Lebensjahr vollendet und mindestens 45 Jahre mit ruhegehaltfähigen Dienstzeiten nach den §§ 6, 8 bis 10, Zeiten im Sinne des § 6a und nach § 14a Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz berücksichtigungsfähigen Pflichtbeitragszeiten, soweit sie nicht im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit stehen, und Zeiten nach § 50d sowie Zeiten einer dem Beamten zuzuordnenden Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr zurückgelegt hat. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist das Ruhegehalt nicht zu vermindern, wenn der Beamte zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand das 63. Lebensjahr vollendet und mindestens 40 Jahre mit ruhegehaltfähigen Dienstzeiten nach den §§ 6, 8 bis 10, Zeiten im Sinne des § 6a und nach § 14a Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz berücksichtigungsfähigen Pflichtbeitragszeiten, soweit sie nicht im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit stehen, und Zeiten nach § 50d sowie Zeiten einer dem Beamten zuzuordnenden Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr zurückgelegt hat. Soweit sich bei der Berechnung nach den Sätzen 5 und 6 Zeiten überschneiden, sind diese nur einmal zu berücksichtigen.

(4) Das Ruhegehalt beträgt mindestens fünfunddreißig Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 5). An die Stelle des Ruhegehalts nach Satz 1 treten, wenn dies günstiger ist, fünfundsechzig Prozent der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4. Die Mindestversorgung nach Satz 2 erhöht sich um 30,68 Euro für den Ruhestandsbeamten und die Witwe; der Erhöhungsbetrag bleibt bei einer Kürzung nach § 25 außer Betracht. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Beamte eine ruhegehaltfähige Dienstzeit nach den §§ 6, 6a, 8 bis 10 und 67 von weniger als fünf Jahren zurückgelegt hat oder das erdiente Ruhegehalt allein wegen fehlender Berücksichtigung von Zeiten nach § 6a als ruhegehaltfähig hinter der Mindestversorgung nach den Sätzen 1 bis 3 zurückbleibt. Satz 4 gilt nicht, wenn in Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist.

(5) Übersteigt beim Zusammentreffen von Mindestversorgung nach Absatz 4 mit einer Rente nach Anwendung des § 55 die Versorgung das erdiente Ruhegehalt, so ruht die Versorgung bis zur Höhe des Unterschieds zwischen dem erdienten Ruhegehalt und der Mindestversorgung; in den von § 85 erfassten Fällen gilt das nach dieser Vorschrift maßgebliche Ruhegehalt als erdient. Der Erhöhungsbetrag nach Absatz 4 Satz 3 sowie der Unterschiedsbetrag nach § 50 Abs. 1 bleiben bei der Berechnung außer Betracht. Die Summe aus Versorgung und Rente darf nicht hinter dem Betrag der Mindestversorgung zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1 zurückbleiben. Zahlbar bleibt mindestens das erdiente Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Witwen und Waisen.

(6) Bei einem in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten beträgt das Ruhegehalt für die Dauer der Zeit, die der Beamte das Amt, aus dem er in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist, innehatte, mindestens für die Dauer von sechs Monaten, längstens für die Dauer von drei Jahren, 71,75 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, in der sich der Beamte zur Zeit seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand befunden hat. Das erhöhte Ruhegehalt darf die Dienstbezüge, die dem Beamten in diesem Zeitpunkt zustanden, nicht übersteigen; das nach sonstigen Vorschriften ermittelte Ruhegehalt darf nicht unterschritten werden.

(1) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um eins Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von fünfundsiebzig Prozent; insoweit gilt § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 13 Abs. 1 findet in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung. § 14 Abs. 3 findet Anwendung.

(2) Für die Beamten auf Zeit, deren Beamtenverhältnis über den 31. Dezember 1991 hinaus fortbesteht, ist § 66 Abs. 2, 4 und 6 in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung anzuwenden.

(3) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und erreicht der Beamte vor dem 1. Januar 2002 die für ihn jeweils maßgebende gesetzliche Altersgrenze, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Beamter vor dem Zeitpunkt des Erreichens der jeweils maßgebenden gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit oder auf Antrag in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.

(4) Der sich nach Absatz 1, 2 oder 3 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.

(5) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, ist § 14 Abs. 3 mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

Bei Erreichen der Altersgrenze nach § 42 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrechtbeträgt der Prozentsatz der Minderung für jedes Jahr
vor dem 1. Januar 19980,0,
nach dem 31. Dezember 19970,6,
nach dem 31. Dezember 19981,2,
nach dem 31. Dezember 19991,8,
nach dem 31. Dezember 20002,4,
nach dem 31. Dezember 20013,0,
nach dem 31. Dezember 20023,6.

(6) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 2, Abs. 2 oder 3, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 54 Abs. 2 und § 55 Abs. 2 zu berechnen. § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(7) (weggefallen)

(8) Auf die am 31. Dezember 1991 vorhandenen Beamten, denen auf Grund eines bis zu diesem Zeitpunkt erlittenen Dienstunfalles ein Unfallausgleich gewährt wird, findet § 35 in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.

(9) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 3 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.

(10) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und des § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.

(11) Für den nach den Absätzen 1 bis 4 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 69e Abs. 4 entsprechend.

(12) Die §§ 12a und 12b sind anzuwenden.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. März 2011 - 3 Sa 817/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger mit Wirkung vom 7. Juli 2009 in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit dem vom Arbeitsgericht München im Urteil vom 8. Juli 2010 - 6 Ca 11580/09 - tenorierten Wortlaut mit folgenden Änderungen anzubieten: In § 3 muss es anstelle von „Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG“ „Art. 65 Abs. 1 BayBG“, in § 4 Abs. 3 anstelle von „Art. 56 Abs. 5 BayBG“ „Art. 64 BayBG“, in § 5 Abs. 2 Buchst. c anstelle von „Art. 56 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayBG sowie des Art. 59 BayBG“ „Art. 65 Abs. 2 und Abs. 4 BayBG sowie des § 29 BeamtStG“ und in § 10 anstelle von „§ 1“ „§ 1b“ heißen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch darauf hat, dass die Beklagte ihm den Abschluss eines seinen Arbeitsvertrag ergänzenden Vertrages über eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen anbietet, der zudem einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und auf Beihilfe sowie einen besonderen Kündigungsschutz beinhaltet.

2

Der 1959 geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 1. September 1978 bis zum 25. Juli 1980 bei der Beklagten eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Nach Abschluss eines Studiums wurde er mit Wirkung zum 1. Juni 1991 von der Beklagten als Bankangestellter (AT-Angestellter) eingestellt. Im Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2000 hatten die Parteien ua. Folgendes vereinbart:

        

„ …     

        

§ 7. Ergänzende Bestimmungen.

        

(1) Soweit das Dienstverhältnis nicht durch diesen Vertrag geregelt ist, gelten die jeweiligen allgemeinen Anordnungen der Bank, insbesondere die Betriebsordnung und die Urlaubsordnung sowie Dienstvereinbarungen, deren jeweils gültige Fassung in der Bank eingesehen werden kann.

        

(2) Wenn die in diesem Vertrag enthaltenen Bestimmungen keinen Aufschluß geben, wird der betreffende Punkt in einer zusätzlichen Vereinbarung zwischen dem Mitarbeiter und der Bank geregelt. Über diesen Vertrag hinausgehende Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform.

        

...     

        
        

§ 9. Leistungen ohne Rechtsanspruch.

        

Auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, besteht auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch.

        

…“    

3

Die Beklagte, deren Träger der Freistaat Bayern und der Sparkassenverband Bayern sind, ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie ist 1972 aus einer Fusion der Bayerischen Gemeindebank - Girozentrale - und der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt hervorgegangen. Die Anlage zu § 8 Abs. 3 des Fusionsvertrages vom 6. Juni 1972 enthält eine sog. „Personalvereinbarung“ (im Folgenden: PV 72). Hierin heißt es ua.:

        

„Zur Harmonisierung der Dienstverhältnisse der Mitarbeiter der Bayerischen Landesbank Girozentrale schließen die Bayerische Gemeindebank - Girozentrale - und die Bayerische Landesbodenkreditanstalt folgende

        

Personalvereinbarung

        

1.    

Ab ... werden die Dienstverhältnisse aller Mitarbeiter der Landesbank mit Ausnahme der Mitglieder des Vorstandes nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen geregelt.

        

2.    

Vergütungssystem der Bayerischen Landesbank Girozentrale

                 

…       

        

3.    

Versorgungssystem der Bayerischen Landesbank Girozentrale

        

3.1     

Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten, der Bayerischen Landesbank Girozentrale oder beim Sparkassenverband tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der Versorgungskasse der Bayerischen Gemeindebank (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.

        

3.2     

Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder der Bayerischen Landesbank Girozentrale können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der Landesbank.

                 

...“   

4

Die Satzung der Bayerischen Landesbank (veröffentlicht im Bayerischen Staatsanzeiger Nr. 32 vom 9. August 2002, zuletzt geändert gemäß Veröffentlichung im Bayerischen Staatsanzeiger Nr. 18 vom 2. Mai 2008) enthält ua. die folgenden Bestimmungen:

        

㤠1

        

Rechtsform, Sitz, Zweigniederlassungen

        

(1) Die Bayerische Landesbank (im Folgenden Bank genannt) ist eine unter der Aufsicht der Staatsministerien der Finanzen und des Innern stehende rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts.

        

…       

        

§ 6

        

Organe

        

Organe der Bank sind der Vorstand, der Verwaltungsrat und die Generalversammlung.

        

§ 7

        

Vorstand

        

(1) Der Vorstand führt die Geschäfte der Bank.

        

...     

        

§ 11

        

Aufgaben des Verwaltungsrats

        

(1) Der Verwaltungsrat beschließt die Richtlinien für die Geschäftspolitik der Bank und überwacht die Geschäftsführung des Vorstands.

        

(2) Der Verwaltungsrat beschließt über

        

…       

        

4.    

die Aufstellung von Grundsätzen für die Anstellung, Besoldung, Versorgung, Ruhestandsversetzung und Entlassung der Bediensteten der Bank,

        

…“    

5

In den auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 Nr. 4 der Satzung der Beklagten vom Verwaltungsrat der Beklagten aufgestellten „Grundsätzen für die Anstellung, Besoldung, Versorgung, Ruhestandsversetzung und Entlassung der Bediensteten der Landesbank (Stand Dezember 2001)“ heißt es:

        

„…    

        

5.    

Versorgung

        

a)    

Die … Mitarbeiter der Landesbank können aus Mitteln der Versorgungskasse nach Erfüllung der in deren Richtlinien genannten Wartezeit freiwillige Versorgungsleistungen erhalten; die Versorgungsbezüge werden nach beamtenrechtlichen Grundsätzen berechnet. Versorgungsfähig sind alle rechtsverbindlichen Zahlungen des Tarifvertrages bei Bezahlung nach Ziff. 2 Buchstabe a), des Besoldungsplans und der Besoldungsordnungen, ebenso unwiderrufliche Sonderzulagen und Titelzulagen bei Bezahlung nach Ziff. 2 Buchstabe b), bzw. des Jahresfestgehalts bei Bezahlung nach Ziff. 3. Die erdienten Renten aus Sozial- und Gruppenversicherung werden voll angerechnet.

        

b)    

Nach 20-jähriger Tätigkeit im Bankgewerbe, davon mindestens 10 Jahre bei der Landesbank, können Mitarbeiter im Sinne von Ziffer 5 a) Versorgungsrechte erhalten. Die Berechnung der Bezüge und die Anrechnung der Renten regeln sich wie unter 5 a).

                 

Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern können Versorgungsrechte vorzeitig gewährt werden.

                 

Die Entscheidung über die Gewährung von Versorgungsrechten trifft der Vorstand der Landesbank.

        

…“    

        
6

Die Beklagte vereinbarte ab dem Jahr 1972 Versorgungsverträge mit nahezu allen Mitarbeitern nach 20-jähriger Tätigkeit im Bankgewerbe, davon mindestens zehn Jahre bei der Beklagten oder ihren Rechtsvorgängerinnen, sofern sie gute Beurteilungen erhalten hatten und ihr Gesundheitszustand eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten ließ. Das wurde im Unternehmen der Beklagten auch verlautbart. In einer allen Mitarbeitern zugänglichen Broschüre, die auch als Mitarbeiterhandbuch bezeichnet wird, heißt es in der Fassung von Oktober 1988 auf den Seiten 25 - 27 unter der Überschrift „Altersversorgung“:

        

„Ehemalige Mitarbeiter und deren Hinterbliebene erhalten - wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind - von der Bayerischen Landesbank bzw. der Versorgungskasse Versorgungsleistungen.

        

Alternative 1 (Versorgungskasse):

        

Eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen für sich und seine Hinterbliebenen nach den Richtlinien der Versorgungskasse hat jeder in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigte oder von dort entsandte Arbeitnehmer der Bayerischen Landesbank Girozentrale und ihrer Rechtsvorgänger, wenn er nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei der Bayerischen Landesbank tätig gewesen ist. Dienstzeiten beim Bayerischen Sparkassen- und Giroverband oder bei einer Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank werden mitgezählt.

        

...     

        

Alternative 2 (Versorgung durch die Bank)

        

Mitarbeiter, die unter den in der Alternative 1 genannten Personenkreis fallen und die auf eine Dienstzeit von 20 Jahren im Kreditgewerbe, davon mindestens 10 Jahre bei der Bayerischen Landesbank oder einer ihrer Rechtsvorgängerinnen, zurückblicken können, erhalten - bei entsprechend guter Beurteilung durch ihre Vorgesetzten - einen Versorgungsvertrag. Voraussetzung für die Verleihung des Versorgungsrechts ist ferner, daß die gesundheitliche Verfassung eine vorzeitige Pensionierung nicht erwarten läßt. Der Versorgungsvertrag räumt Mitarbeitern und ihren Hinterbliebenen im Versorgungsfall einen Rechtsanspruch auf Ruhegehalt bzw. Witwen-, Witwer- und Waisengeld ein. Für diese Versorgungsleistungen gelten die gleichen Grundsätze, wie sie bereits bei der Alternative 1 beschrieben wurden.

        

Der Versorgungsvertrag bringt im übrigen noch folgende weitere Vorteile:

        

-       

Mit der Verleihung der Versorgungsrechte ist grundsätzlich eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (und damit eine spürbare Erhöhung des Nettogehalts trotz der durch die gekürzte Vorsorgepauschale geringfügig höheren Steuerbelastung) verbunden.

        

-       

Im Krankheitsfall wird das Gehalt bis zu 6 Monaten weitergewährt (nach Ablauf dieser 6 Monate werden gekürzte Bezüge ausbezahlt, die dem Ruhegehalt entsprechen, das Sie erhielten, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt in den Ruhestand treten würden).

        

-       

Sie haben die Möglichkeit - ungeachtet der Einkommenshöhe -, zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung zu wählen. Dabei kommt Ihnen bei der Wahl des Versicherungstarifs die volle Beihilfeberechtigung im Krankheitsfall (siehe Kapitel ‚Beihilfen’) zugute. Sie müssen allerdings den gesamten Krankenversicherungsbeitrag selbst bezahlen.

        

-       

Sie haben außerdem einen erweiterten Kündigungsschutz. Eine Kündigung seitens der Bank hat grundsätzlich die Versetzung in den (einstweiligen) Ruhestand zur Folge. Nur bei grob schuldhaftem Verhalten kann die Bank den Vertrag frist- und entschädigungslos kündigen.

        

...“   

        
7

Das auf der inneren Umschlagseite abgedruckte Impressum dieser Broschüre lautet:

        

„Verfasser: Bayerische Landesbank Girozentrale

        

Diese Broschüre dient lediglich Informationszwecken.

        

Der Inhalt bildet keine Anspruchsgrundlage für Leistungen; dafür sind ausschließlich die jeweils in der Broschüre zitierten Vereinbarungen, Beschlüsse und Richtlinien maßgebend.

        

Die Broschüre ist für den internen Gebrauch der Mitarbeiter der Bayerischen Landesbank bestimmt. Die Weitergabe an Außenstehende sowie das Anfertigen von Kopien, Abschriften etc. sind nicht gestattet.“

8

Unter dem 28. Oktober 1994 wurde von der Beklagten das folgende Anschreiben erstellt und bekannt gegeben:

        

„PERSONAL-INFORMATION

        

Anrechnung von Teilzeit-Beschäftigungszeiten auf die Wartezeit für die Verleihung des Versorgungsrechts

        

Der UB Personal freut sich, Sie über die Entscheidung des Vorstandes informieren zu können, wonach mit Wirkung vom 01.01.95 der Grundsatz gilt:

        

‚Gleiche Wartezeit für Teil- und Vollzeitbeschäftigte’.

        

Die Bank leistet damit einen weiteren Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

        

Sowohl für Teilzeit- als auch für Vollzeitbeschäftigte gelten folgende Voraussetzungen für die Verleihung des Versorgungsrechtes:

        

1.    

20 Jahre Dienstzeit im Bank- oder Sparkassenbereich, wovon mindestens 10 Jahre auf unsere Bank entfallen müssen.

        

2.    

Mindestens gute durchschnittliche Leistungen und eine einwandfreie Führung während der gesamten Wartezeit.

        

3.    

Ihre gesundheitliche Verfassung muß so gut sein, daß aus heutiger Sicht mit einer Frühpensionierung aus gesundheitlichen Gründen   n i c h t   zu rechnen ist.

        

Der UB Personal wird gemäß Beschluß des Vorstandes mit Wirkung vom 01.01.95 allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei denen vorstehend genannte Kriterien erfüllt sind, die Zusage von Versorgungsrechten erteilen.

        

Um die Umsetzung des Vorstandsbeschlusses verwaltungstechnisch einwandfrei zu gewährleisten, bitten wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die heute vollzeitbeschäftigt (100 %) sind, aber in der Vergangenheit in der Bank oder einem früheren (anrechenbaren) Arbeitgeber gegebenenfalls teilzeitbeschäftigt waren, uns schriftlich eine Berechnung der anrechenbaren Vordienstzeiten einzureichen, damit der Termin für die zeitliche Voraussetzung der Versorgungszusage richtig vorgemerkt werden kann. ...“

9

Im Jahr 2001 stellte die Beklagte eine Power-Point-Präsentation mit dem Titel „Betriebliche Altersversorgung in der BLB: Versorgungskasse und Versorgungsrecht Stand: 4. Oktober 2001“ in ihr Intranet ein. Auf der Folie 10 dieser Präsentation heißt es unter „Versorgungsrecht - Zusagevoraussetzungen“:

        

„■ Wartezeit

        

20 Jahre Dienstzeit bei Kreditinstituten (i.S.v. § 1 KWG), davon mindestens 10 Jahre bei der BLB

        

Beurteilung

        

Gute Beurteilung hinsichtlich Führung und Leistung

        

Gesundheitszustand

        

Kein medizinisch erkennbares Risiko der vorzeitigen Ruhestandsversetzung (ggf. vertrauensärztliche Untersuchung) wegen Wegfall der Voraussetzungen für eine vorzeitige Erwerbsminderungsrente“

10

Die Folie 11 derselben Präsentation, die die Überschrift „Versorgungsrecht - Abwicklung der Zusage“ trägt, hat folgenden Inhalt:

        

„■ 1645 Personalservice Inland / 90/18 ZB Personal der LBS

        

- Prüfung der formalen Zusage - Voraussetzungen

        

- Erstellung Vorstandsbeschluss für Neuzusagen

        

-       

Änderung Arbeitsverträge und Personalstammdaten im SAP

        

...“   

11

In einer internen Stellungnahme des UB Konzern Personal/Personalservice Inland vom 19. August 2002 heißt es unter der Überschrift „Versorgungsrechte“ ua. wie folgt:

        

„1.     

Grundlagen

        

1.1     

Reguläres Versorgungsrecht

                 

Grundlage für die derzeit bestehende Regelung des Versorgungsrechtes ist der Fusionsvertrag vom 06.06.72.

                 

In der Personalvereinbarung, die als Anlage zu § 8 Abs. 3 dieses Fusionsvertrages aufgenommen wurde, sind unter Ziff. 3 die Grundsätze und Voraussetzungen des Versorgungsrechtes festgelegt.

                 

Als zeitliche Voraussetzung ist eine 20jährige Dienstzeit im Bank- oder Sparkassenbereich, wovon mindestens 10 Jahre auf die Bank entfallen müssen zu erfüllen. Daneben müssen Leistung und Verhalten sowie die gesundheitliche Eignung die Gewährung des regulären Versorgungsrechtes rechtfertigen. Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht ein Rechtsanspruch des Mitarbeiters auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Es wird allerdings seit Jahrzehnten so verfahren, dass die Mitarbeiter bei uneingeschränktem Vorliegen aller Voraussetzungen das Versorgungsrecht erhalten haben. Dieses Vorgehen stellt eine betriebliche Übung dar, so dass sich zumindest daraus ein Anspruch auf Verleihung des regulären Versorgungsrechts ergibt.

        

...     

        
        

2.    

Stellungnahme

        

2.1     

Grundsatz

                 

Auf die Gewährung des regulären Versorgungsrechtes besteht bei Vorliegen der o.g. Voraussetzungen ein Rechtsanspruch.

                 

...“   

12

In einer ebenfalls in das Intranet der Beklagten eingestellten Präsentation mit der Überschrift „Betriebliche Altersversorgung in der BayernLB - Versorgungskasse und Versorgungswerk - Stand: Oktober 2008“, heißt es auf der Folie 10 unter der Überschrift „Versorgungsrecht - Voraussetzungen für die Zusage“:

        

„■ Wartezeit

        

20 Jahre Dienstzeit bei Kreditinstituten (i.S.v. § 1 KWG), davon mindestens 10 Jahre bei der BayernLB

        

Beurteilung

        

Gute Beurteilung hinsichtlich Führung/Verhalten und Leistung

        

Gesundheitszustand

        

Kein medizinisch erkennbares Risiko der vorzeitigen Ruhestandsversetzung (ggf. vertrauensärztliche Untersuchung) wegen Wegfall der Voraussetzungen für eine vorzeitige Erwerbsminderungsrente

        

Gesicherter Arbeitsplatz im Hause

13

Der Erteilung der Versorgungsrechte ging ein internes Verfahren voraus. In dem der Erteilung des Versorgungsrechts vorangehenden Kalenderjahr erhielt der Vorstand vom Unternehmensbereich (UB) Personal eine Vorlage mit der Auflistung derjenigen Mitarbeiter, die im Folgejahr wegen Erfüllung der Wartezeit zur Verleihung des Versorgungsrechts anstanden. Nach zustimmendem Vorstandsbeschluss wurde überprüft, ob der Mitarbeiter neben der erforderlichen Dienstzeit weitere Kriterien erfüllte. Zum einen durfte der Gesundheitszustand kein Risiko einer vorzeitigen Ruhestandsversetzung erwarten lassen. Zum anderen wurden Leistung und Führung des Mitarbeiters überprüft. Seit etwa 2003/2004 wurde auch das Kriterium „Gesicherter Arbeitsplatz“ abgefragt. Soweit nach Feststellung der Abteilungsleiter diese Voraussetzungen erfüllt waren, erhielt der Mitarbeiter eine Versorgungszusage in Form einer Ergänzung seines bestehenden Arbeitsvertrages. Das hierbei verwendete Vertragsmuster wurde von der Beklagten im Laufe der Jahre zwar abgewandelt, allerdings blieb der Inhalt des Versorgungsrechts in seinem prägenden Kern, nämlich der Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Beihilfe oder Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen sowie dem besonderen Kündigungsschutz unverändert.

14

Das Versorgungswerk der Beklagten wurde für ab dem 1. Januar 2002 neu eingetretene Mitarbeiter geschlossen. Für diese gilt ein neues beitragsorientiertes Versorgungssystem, das auf den Versorgungsordnungen 2002 und 2005 basiert.

15

Für die von der Beklagten ab 1993 verliehenen Versorgungsrechte hatten das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Bescheid vom 11./24. März 1993 einen allgemeinen Gewährleistungsbescheid gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2(nunmehr: Satz 3) SGB VI erteilt. Hierin heißt es:

        

„…    

        

gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 SGB VI wird festgestellt, daß den Beschäftigten der Bayerischen Landesbank Girozentrale - rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts -, denen eine Versorgung nach den für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften vertraglich zugesichert wird, ab diesem Zeitpunkt Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist. Diese Beschäftigten sind daher nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ab dem Zeitpunkt der Verleihung dieser Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei.“

16

Die Weitergeltung dieses Bescheids wurde vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen mit Schreiben vom 2. November 1999 für einen ihm vorgelegten Mustervertrag bestätigt.

17

Für die Verbindlichkeiten der Beklagten bestand nach dem Gesetz über die Bayerische Landesbank (im Folgenden: BayLBG) vom 27. Juni 1972 zunächst eine unbeschränkte Gewährträgerhaftung des Freistaates Bayern und des Bayerischen Sparkassen- und Giroverbandes. Nachdem diese Gewährträgerhaftung durch die Europäische Kommission als rechtswidrige Beihilfe beanstandet worden war, kam es zu einer Verständigung zwischen der Kommission und dem Freistaat Bayern, wonach die Gewährträgerhaftung unter Wahrung von Übergangsfristen aufgehoben wurde. Seit dem 1. Februar 2003 bestimmt Art. 4 Abs. 1 BayLBG nunmehr:

        

„Der Freistaat Bayern und der Sparkassenverband Bayern haften für die Erfüllung sämtlicher am 18. Juli 2005 bestehenden Verbindlichkeiten der Bank. Für solche Verbindlichkeiten, die bis zum 18. Juli 2001 vereinbart waren, gilt dies zeitlich unbegrenzt; für danach bis zum 18. Juli 2005 vereinbarte Verbindlichkeiten nur, wenn deren Laufzeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht.“

18

Am 22. Januar 2009 beschloss der Vorstand der Beklagten im Zuge von Umstrukturierungen, die ua. durch die seinerzeitige Finanzkrise veranlasst waren, keine Versorgungsrechte mehr zu vereinbaren. Den Mitarbeitern, die im Jahr 2009 regulär zur Verleihung des Versorgungsrechts angestanden hätten - so auch dem Kläger -, schrieb die Beklagte unter dem 18. März 2009, der Vorstand sehe sich gezwungen, bis auf Weiteres keine Versorgungsrechte mehr zu erteilen. Zum 1. Februar 2009 vereinbarte die Beklagte mit zwei Mitarbeitern Versorgungsrechte. Am 21. Juli 2009 beschloss der Verwaltungsrat, die Vergabe von Versorgungsrechten endgültig einzustellen und die betriebliche Altersversorgung insgesamt auf ein beitragsorientiertes System umzustellen.

19

Der Kläger, der infolge einer Anrechnung eines Teils der Ausbildungszeit am 7. Juli 2009 die erforderliche Beschäftigungszeit von 20 Jahren absolviert hatte und die Voraussetzungen „gute Leistung und Führung“ sowie „gesundheitliche Eignung“ erfüllte, hat die Beklagte mit seiner am 29. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage auf Abgabe eines Angebots zur Vereinbarung des Versorgungsrechts in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, Anspruch auf Erteilung der Versorgungszusage entsprechend dem zuletzt bei der Beklagten für die AT-Angestellten verwendeten Vertragsmuster zu haben. Sein Anspruch folge aus der PV 72. Zudem habe die Beklagte eine entsprechende Gesamtzusage erteilt. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Mitarbeiterhandbuch und den ins Intranet eingestellten Präsentationen, sondern insbesondere auch aus der Personalinformation vom 28. Oktober 1994. Jedenfalls könne er seinen Anspruch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und eine betriebliche Übung stützen. Die Beklagte habe seit 1972 mit allen Mitarbeitern bei Erfüllung der drei Voraussetzungen (Ableistung der Beschäftigungszeit von 20 Jahren, gute Leistung und Führung und gesundheitliche Eignung) Versorgungsrechte vereinbart. Dabei habe sie keinen Vorbehalt erklärt. Lediglich einige wenige Mitarbeiter hätten das Versorgungsrecht nach Ablauf der Wartezeit wegen Nichterfüllung der weiteren Voraussetzungen nicht erhalten. Der Fusionsvertrag stehe der Entstehung einer betrieblichen Übung nicht entgegen. Dieser Vertrag gestatte gerade die Gewährung des Versorgungsrechts. Da die Beklagte über Jahrzehnte hinweg die Versorgungsrechte verliehen habe, komme es nicht darauf an, ob ihm bekannt gewesen sei, dass der Zusage jeweils eine Vorstandsentscheidung vorausgegangen sei. Das Kriterium der gesicherten weiteren Verwendung habe die Beklagte nicht nachträglich einseitig einführen können. Auch das Schriftformerfordernis und der Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag stünden der Entstehung von Ansprüchen aus betrieblicher Übung nicht entgegen.

20

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm mit Wirkung vom 7. Juli 2009 in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2000 den Abschluss einer Direktzusage mit Rechtsanspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften/Grundsätzen, insbesondere Befreiung von der Sozialversicherungspflicht gemäß dem als Anhang beiliegenden Muster und damit mit folgendem Inhalt anzubieten:

        

§ 1. Zusage.

        

Die Bank gewährt dem Mitarbeiter Leistungen bei Krankheit, Dienstunfähigkeit und im Alter sowie seinen Hinterbliebenen (Witwen und Waisen) Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieses Vertrags.

        

§ 2. Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall.

        

Bei Krankheit hat der Mitarbeiter Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen.

        

§ 3. Langandauernde Krankheit.

        

Bei langandauernder Krankheit kann der Mitarbeiter in entsprechender Anwendung des Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG in den Ruhestand versetzt werden. Die Versetzung in den Ruhestand erfolgt zum Ende des Monats, in welchem die Dienstunfähigkeit festgestellt wird, frühestens jedoch mit Ablauf des 182. Kalendertages nach Krankheitsbeginn. Vom Beginn der Ruhestandsversetzung an erhält der Versorgungsberechtigte Versorgungsbezüge nach § 6 Abs. 1. Für eine erneute Berufung ins aktive Arbeitsverhältnis finden die für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen entsprechende Anwendung.

                 
        

§ 4. Eintritt in den Ruhestand.

        

(1) Das Arbeitsverhältnis ist auf unbestimmte Dauer geschlossen.

        

(2) Das Arbeitsverhältnis endet mit der Folge des Eintritts des Mitarbeiters in den Ruhestand, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das nach der jeweiligen gesetzlichen Regelung für die bayerischen Staatsbeamten geltende Lebensalter für die Erfüllung der Altersgrenze vollendet oder mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter nach den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Altersrente von der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Gewährt der Rentenversicherungsträger nur eine Rente auf Zeit, ruht der Arbeitsvertrag für den Bewilligungszeitraum dieser Rente, längstens jedoch bis zum Beendigungszeitpunkt nach diesem Absatz 2 Satz 1. Im Falle des Ruhens des Arbeitsvertrages nach Satz 2 gewährt die Bank Versorgungsbezüge nach § 6 dieses Vertrages.

        

(3) Der Mitarbeiter kann auf seinen Antrag zu einem früheren Zeitpunkt in den Ruhestand versetzt werden, wenn er das in Art. 56 Abs. 5 BayBG festgelegte Lebensalter vollendet hat (derzeit: 64. Lebensjahr, bei Schwerbehinderung 60. Lebensjahr).

        

§ 5. Vertragskündigung.

        

(1) Der Mitarbeiter kann seinen Arbeitsvertrag mit der Bank mit 6monatiger Frist zum Monatsende kündigen. In diesem Falle erlöschen die Anwartschaften aus dieser Versorgungszusage; etwaige unverfallbare Anwartschaften der Versorgungsberechtigten und ihrer Hinterbliebenen auf Versorgungsleistungen im Alter und bei Dienstunfähigkeit nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bleiben unberührt. Für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gelten die gesetzlichen Vorschriften.

        

(2) Die Bank kann den Arbeitsvertrag mit der Folge der Vertragsbeendigung oder Ruhestandsversetzung nur aus folgenden Gründen und nur unter Beachtung folgender Regelungen kündigen:

        

a) Kündigung aus wichtigem Grund:

        

aa) Wenn der wichtige Grund in einem grob schuldhaften Verhalten des Mitarbeiters liegt, kann die Bank den Arbeitsvertrag frist- und entschädigungslos kündigen. In diesem Falle erlöschen die Ansprüche aus dieser Versorgungszusage.

        

bb) Wenn der wichtige Grund nicht in einem grob schuldhaften Verhalten des Mitarbeiters liegt, kann die Bank den Mitarbeiter durch Kündigung mit 6monatiger Frist zum Monatsende in den Ruhestand versetzen.

        

b) Kündigung wegen organisatorischer Veränderungen:

        

Bei einer Eingliederung der Bank in eine andere juristische Person, bei Zusammenschluss der Bank mit einer anderen juristischen Person oder bei einer anderen wesentlichen organisatorischen Veränderung der Bank kann die Bank den Mitarbeiter durch Kündigung mit 6monatiger Frist zum Monatsende nach ihrem Ermessen entweder in den Ruhestand oder bis zu seiner Wiederverwendung in einer gleich zu bewertenden, unter Umständen auch auswärtigen Stelle der Bank bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin, in den einstweiligen Ruhestand versetzen.

        

c) Wegen Dienstunfähigkeit:

        

Die Bank kann den Mitarbeiter durch Kündigung mit 3monatiger Frist zum Quartalsschluss in den Ruhestand versetzen, wenn er infolge eines Gebrechens oder einer Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner dienstlichen Obliegenheiten dauernd unfähig ist. Die Regelung des Art. 56 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayBG sowie des Art. 59 BayBG gelten entsprechend.

        

§ 6. Höhe der Versorgungsbezüge.

        

(1) Die Bank verpflichtet sich, dem Mitarbeiter im Versorgungsfall (§ 3, § 4 und § 5 Abs. 2 a bb, b und c) ein Ruhegehalt zu gewähren, das entsprechend den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften berechnet wird. Ruhegehaltfähiger Dienstbezug im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes sind 1/12 des ruhegehaltfähigen Jahresgehalts, das dem Mitarbeiter vor dem Eintritt in den Ruhestand zuletzt gezahlt wird. Laufende Zulagen sind nur dann versorgungsfähig, wenn diese ausdrücklich als versorgungsfähig bezeichnet sind. Als ruhegehaltfähige Dienstzeiten gelten

        

a) die Zeit der Arbeitsleistung für die Bank, eines ihrer Vorgängerinstitute oder eine andere Bank im Sinne des Kreditwesengesetzes,

        

b) die Zeit der Arbeitsleistung für einen anderen Arbeitgeber, sofern die dortige Tätigkeit mit der Tätigkeit in der Bank vergleichbar ist, zur Hälfte,

        

c) vorher zurückgelegte Zeiten, soweit sie nach den für bayerische Staatsbeamte jeweils geltenden Vorschriften berücksichtigungsfähig sind.

        

Der Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle in entsprechender Anwendung der für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Vorschriften besteht fort. Beamtenrechtliche Vorschriften für allgemeine und strukturelle Anpassungen der Versorgungsbezüge, insbesondere § 70 Beamtenversorgungsgesetz oder eine diese Vorschriften ersetzende Regelung, finden keine Anwendung; § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 dieser Versorgungszusage über die lineare Anpassung entsprechend dem Tarifvertrag bleiben unberührt.

        

(2) Ein Doppelanspruch auf Versorgungsbezüge und Aktivbezüge ist ausgeschlossen. Bei einer Beschäftigung über das in § 4 Abs. 2 Satz 1 genannte Lebensalter hinaus ruht der Anspruch auf Versorgungsbezüge. Dienstzeiten nach Vollendung des in § 4 Abs. 2 Satz 1 genannten Lebensalters werden nicht angerechnet und führen somit nicht zu einer Erhöhung der Versorgungsbezüge.

        

(3) Die Hinterbliebenen des Versorgungsberechtigten erhalten Hinterbliebenenversorgung in entsprechender Anwendung der für die Hinterbliebenen von bayerischen Staatsbeamten und Ruhestandsbeamten geltenden Vorschriften.

        

(4) Die Versorgungsbezüge werden jährlich 12mal gewährt.

        

§ 7. Anrechnung.

        

(1) Auf das Ruhegehalt werden angerechnet:

        

a) Leistungen aus der Renten- oder Gruppenrentenversicherung;

        

b) Versorgungsbezüge aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung sowie sonstige Renten und Versorgungsleistungen aus Zusatzversorgungseinrichtungen (zB des Versicherungsvereins des Bankgewerbes aG oder der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden), wenn diese mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen früherer Arbeitgeber beruhen und auf Zeiten entfallen, die in die Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten einbezogen werden;

        

c) Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat;

        

d) Verletztenrenten in dem jeweils zur Zeit der Anrechnung höchstzulässigen Umfang.

        

(2) Absatz 1 gilt für die Anrechnung auf die Hinterbliebenenbezüge entsprechend.

        

(3) Soweit anrechenbare Renten oder Versorgungsleistungen deshalb nicht gewährt werden, weil

        

a) ihnen zugrunde liegende Beitragsleistungen (insbesondere Beiträge, Zuschüsse) erstattet wurden,

        

b) sie nicht beantragt worden sind oder auf sie verzichtet wurde oder an ihrer Stelle eine Kapitalleistung oder Abfindung gezahlt wurde

        

so tritt an die Stelle der Rente oder Versorgungsleistung der Betrag, der vom Leistungsträger ansonsten zu zahlen wäre.

        

(4) Renten, Rentenerhöhungen und Rentenminderungen aufgrund eines Versorgungsausgleichs nach §§ 1587 ff. BGB bleiben unberücksichtigt.

        

(5) Auf die Hinterbliebenenbezüge werden die Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch insoweit angerechnet, als sie nach den Bestimmungen des § 97 SGB VI in der jeweils geltenden Fassung ruhen.

        

(6) Darüber hinaus werden andere Bezüge lediglich insoweit auf die Versorgungsbezüge nach diesem Vertrag angerechnet, als sie auch nach den für bayerische Staatsbeamte jeweils geltenden Ruhens-, Anrechnungs- und Kürzungsvorschriften auf die Versorgungsbezüge anzurechnen wären.

        

§ 8. Unfallfürsorge.

        

(1) Die Bank gewährt dem Mitarbeiter Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Unfallfürsorgevorschriften.

        

(2) Der Mitarbeiter verpflichtet sich, einen etwaigen gesetzlichen Schadensersatzanspruch, der ihm wegen einer Körperverletzung gegen einen Dritten zusteht, insoweit an die Bank abzutreten, als diese während einer auf Körperverletzung beruhenden Aufhebung der Arbeitsfähigkeit oder infolge der Körperverletzung zur Gewährung von Leistungen (Aktivitäts- und Versorgungsbezüge) verpflichtet ist.

        

(3) Steht wegen einer Körperverletzung oder Tötung des Mitarbeiters dessen Hinterbliebenen ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten zu, so kann die Bank die Gewährung der Hinterbliebenenbezüge insoweit von der Abtretung des Schadensersatzanspruchs abhängig machen als sie infolge der Körperverletzung oder Tötung zur Gewährung einer Versorgung oder sonstigen Leistung verpflichtet ist.

        

§ 9. Sozialversicherung.

        

Der Mitarbeiter wird sich unbeschadet der Versorgungszusage freiwillig weiterversichern, sofern dies nach § 7 SGB VI zulässig ist und solange und soweit die Bank dies verlangt. Die Bank übernimmt in diesem Fall den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung. Die auf diesen Anteil entfallende Steuer und evtl. Sozialversicherungsbeiträge gehen zu Lasten des Mitarbeiters.

        

§ 10. Unverfallbarkeit.

        

Die Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bleiben unberührt; die Unverfallbarkeitsfrist nach § 1 dieses Gesetzes beginnt mit dem Eintritt in die Bank, bei Unterbrechung des Dienstverhältnisses mit dem letzten Wiedereintritt in die Bank.

        

§ 11. Ergänzende Bestimmungen.

        

(1) Für die Anpassung der Versorgungsbezüge gelten die jeweils für die Bezahlung der Tarifangestellten maßgeblichen Festsetzungen des Tarifvertrages entsprechend. Die Anpassung der Versorgungsbezüge erfolgt, wenn die Gehälter des Tarifvertrages allgemein geändert werden. Im Übrigen gelten zusätzlich die jeweils für die Versorgung der bayerischen Staatsbeamten maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme der Vorschriften über das Übergangsgeld und das Besoldungsdienstalter entsprechend.

        

(2) Wenn die in diesem Vertrag enthaltenen Bestimmungen keinen Aufschluss geben, wird der betreffende Punkt in einer zusätzlichen Vereinbarung zwischen der Versorgungsberechtigten und der Bank geregelt. Über diesen Vertrag hinausgehende Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.

21

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Klage sei schon deshalb abzuweisen, da sie auf eine unmögliche rückwirkende Befreiung von der Sozialversicherungspflicht gerichtet sei. Darüber hinaus bestehe für das Klagebegehren keine Anspruchsgrundlage. Aus der PV 72 könne der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Diese sei kein Vertrag zugunsten Dritter. Die PV 72 enthalte eine „Kann-Bestimmung“. Der Vorstand entscheide mithin über die Gewährung des Versorgungsrechts nach Ermessen. Die Kriterien der Ermessensausübung seien gegenüber der Belegschaft nie verbindlich konkretisiert oder kommuniziert worden. Auch auf eine Gesamtzusage könne der Kläger sein Begehren nicht mit Erfolg stützen. Sie habe keine Gesamtzusage erteilt. Sämtliche vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Dokumente hätten lediglich informatorischen Charakter. Eine betriebliche Übung sei nicht entstanden. Dies folge bereits aus dem im Arbeitsvertrag enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehalt. Zudem habe der Kläger kein schützenswertes Vertrauen auf Vereinbarung eines Versorgungsrechts erwerben können. Die Entscheidung hierüber habe in ihrem Ermessen gestanden. Über die Vereinbarung von Versorgungsrechten sei in jedem Jahr in dem den Mitarbeitern bekannten dreistufigen Verfahren entschieden worden. Einen Automatismus der Erteilung des Versorgungsrechts habe es demnach nicht gegeben. Zudem seien die Voraussetzungen für die Erteilung des Versorgungsrechts mehrfach geändert worden. Seit 2003/2004 sei auch das Kriterium „gesicherter Arbeitsplatz“ in jedem Einzelfall geprüft worden. Dies habe sie auch in ihren Mitteilungen verlautbart. Da das Versorgungsrecht dem Mitarbeiter eine beamtenähnliche Rechtsstellung vermittle, sei dieses Kriterium eine immanente Voraussetzung für die Vereinbarung des Versorgungsrechts. Im Übrigen könne eine betriebliche Übung im öffentlichen Dienst nur in Ausnahmefällen entstehen. Sie sei an die PV 72 und an die vom Verwaltungsrat erlassenen Grundsätze über die Besoldung und Versorgung der Mitarbeiter gebunden. Da die Erteilung des Versorgungsrechts in ihrem Ermessen gestanden habe, hätten die Mitarbeiter nicht darauf vertrauen können, dass auch mit ihnen Versorgungsrechte vereinbart werden. Eine weitere Erteilung von Versorgungsrechten hätte darüber hinaus zu einer Ausweitung der arbeitgeberseitigen Belastungen und der Gewährträgerhaftung geführt.

22

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

23

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat aufgrund betrieblicher Übung einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm mit Wirkung vom 7. Juli 2009 in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit dem aus dem Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils ersichtlichen Inhalt mit den vom Senat vorgenommenen Modifikationen anbietet.

24

A. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag bedarf der Auslegung. In der gebotenen Auslegung ist er hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und vom erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis getragen.

25

I. Der Klageantrag bedarf der Auslegung. Diese ergibt, dass die Klage auf die Abgabe einer Willenserklärung durch die Beklagte mit einem bestimmten Inhalt gerichtet ist und dass der Kläger mit seiner Klage nicht eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht durch die Beklagte begehrt.

26

1. Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht am buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften. Bei Zweifeln ist der Antrag auszulegen. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB)sind für die Auslegung von Klageanträgen heranzuziehen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Partei das anstrebt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der Partei entspricht (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZN 753/09 - Rn. 12 mwN, BAGE 133, 28; BGH 24. November 1999 - XII ZR 94/98 - NJW-RR 2000, 1446). Das gilt auch im Revisionsverfahren (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16 mwN, BAGE 126, 26).

27

2. Der Kläger hat die von der Beklagten begehrte Willenserklärung zwar im Antrag selbst nicht im Einzelnen ausformuliert, sondern auf das beigefügte, von der Beklagten zuletzt für AT-Angestellte verwendete Vertragsmuster Bezug genommen. Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass das von der Beklagten begehrte Angebot inhaltlich mit dem zuletzt von der Beklagten für einen AT-Angestellten verwendeten Vertragsmuster übereinstimmen soll.

28

3. Die Auslegung des Klageantrags ergibt ferner, dass der Kläger - entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut seines Antrags - mit seiner Klage nicht eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht durch die Beklagte begehrt.

29

Der Kläger hat zwar ausdrücklich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm mit Wirkung vom 7. Juli 2009 in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2000 den Abschluss einer Direktzusage mit Rechtsanspruch auf Versorgung nach beamtenähnlichen Vorschriften/Grundsätzen, insbesondere Befreiung von der Sozialversicherungspflicht gemäß dem seinem Schriftsatz vom 21. Juni 2010 als Anlage beigefügten Vertragsmuster anzubieten. Das Arbeitsgericht hat diesem Antrag stattgegeben, wobei es das von der Beklagten abzugebende Angebot seinem Inhalt nach entsprechend dem für einen AT-Angestellten zuletzt verwendeten Vertragsmuster austenoriert hat.

30

So wie der Zusatz „mit Rechtsanspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften/Grundsätzen“ nicht von einem Tenorierungsinteresse des Klägers getragen ist, weil er lediglich den Vertragsinhalt in seinem wesentlichen Kern zusammenfasst, beschreibt auch die Formulierung „insbesondere Befreiung von der Sozialversicherungspflicht“ kein eigenständiges Begehren des Klägers, sondern enthält lediglich den Hinweis darauf, dass die Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI eine mögliche Nebenfolge des Versorgungsrechts ist. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI entscheidet über das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 sowie nach Satz 2 SGB VI die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Beklagte ihren Sitz hat. Demnach kann die Versicherungsfreiheit allein mit dem Abschluss des Versorgungsvertrages nicht herbeigeführt werden, so dass ein gegen die Beklagte gerichteter Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht mit der recht verstandenen Interessenlage des Klägers auch nicht zu vereinbaren wäre. Im Übrigen hat der Kläger selbst in der Revisionserwiderung darauf hingewiesen, dass die Erteilung der Versorgungszusage von der Frage nach der Erfüllung der Gewährleistung iSd. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zu unterscheiden und dass die Gewährleistungsentscheidung von der hierfür zuständigen Stelle, nämlich dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen im Zusammenwirken mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern zu treffen sei. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht durch die Beklagte nicht begehrt. Diese Auslegung seines Klageantrags hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

31

II. In dieser Auslegung ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klage ist auf die Abgabe einer Willenserklärung durch die Beklagte mit einem bestimmten Inhalt gerichtet. Der Kläger hat mit dem 7. Juli 2009 auch den Zeitpunkt, zu dem er die Vereinbarung des Versorgungsrechts erstrebt, angegeben.

32

III. Für die Klage auf Abgabe eines Angebots durch die Beklagte besteht auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

33

1. Der Kläger will mit seiner Klage nicht erreichen, dass der Versorgungsvertrag im Falle seines Obsiegens infolge der Fiktion der Abgabe der Willenserklärung nach § 894 Satz 1 ZPO bereits zustande kommt. In seiner Klage liegt nicht die Abgabe eines Angebots, das die Beklagte mit der fingierten Willenserklärung annehmen soll (vgl. hierzu BAG 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11, BAGE 123, 358). Seine Klage ist vielmehr ausdrücklich darauf gerichtet, dass die Beklagte ihm ein Angebot auf Abschluss eines Versorgungsvertrages mit einem bestimmten Inhalt unterbreitet.

34

2. Für diese Klage besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse daran, dass die Versorgungsvereinbarung nicht schon mit der Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden Verfahren zustande kommt, sondern dass die Beklagte zunächst das von ihm gewünschte Angebot abgibt.

35

a) Es kann im Interesse eines Arbeitnehmers liegen, nicht schon mit Rechtskraft des seiner Klage stattgebenden Urteils vertraglich gebunden zu sein, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände entscheiden zu können, ob er das Angebot des Arbeitgebers annimmt. Dem Arbeitnehmer kann es demnach im ersten Schritt auch nur um die Abgabe eines Angebots gehen (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 33/11 - Rn. 21). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer, bevor er sich bindet, berechtigterweise prüfen und ggf. klären möchte, ob der Vertrag ihm tatsächlich die Vorteile verschafft, die er mit dem Vertragsschluss erstrebt.

36

b) So liegt der Fall hier.

37

Für die Entschließung des Klägers, das Vertragsangebot anzunehmen, kann ua. von Bedeutung sein, ob er infolge des Abschlusses der Versorgungsvereinbarung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Denn nur dann, wenn er versicherungsfrei iS dieser Bestimmung ist, hat er keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten, was im aktiven Arbeitsverhältnis zu einer deutlichen Erhöhung seiner Nettovergütung führt. Tritt Versicherungsfreiheit hingegen nicht ein, wäre er weiterhin beitragspflichtig. Zwar würde sich in diesem Fall seine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung infolge der Beitragszahlung erhöhen; dies käme dem Kläger allerdings nicht zugute, da die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 7 Abs. 1 Buchst. a der verlangten Versorgungsvereinbarung auf die von der Beklagten nach dem Versorgungsvertrag geschuldete Versorgung anzurechnen sind. Es ist ungewiss, ob der Kläger infolge des Abschlusses der Versorgungsvereinbarung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

38

aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI sind versicherungsfrei Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist. Obwohl § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI damit bestimmt, dass die dort aufgeführten Beschäftigten von Gesetzes wegen versicherungsfrei sind und der vom Kläger begehrte Versorgungsvertrag eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften vorsieht, führt der Abschluss der Versorgungsvereinbarung nicht unmittelbar zur Versicherungsfreiheit. Dies folgt aus § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI, wonach über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 sowie nach Satz 2 die oberste Verwaltungsbehörde des Landes entscheidet, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Die Versicherungsfreiheit des Klägers ist demnach davon abhängig, dass die nach Abs. 1 Satz 3 zuständige Behörde durch eine sog. Gewährleistungsentscheidung die arbeits- und versorgungsrechtlichen Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit feststellt und die Erwartung der beständigen Erfüllung der Versorgungsaussicht bestätigt (vgl. Fichte in Hauck/Haines SGB VI Stand Mai 2012 K § 5 Rn. 158). Zwar führt die Gewährleistungsentscheidung die tatbestandlichen Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit nicht herbei, sondern setzt sie voraus. Insoweit hat sie nicht konstitutiven, sondern lediglich feststellenden Charakter. Für den Eintritt der Versicherungsfreiheit ist sie allerdings, wie sich auch aus § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI ergibt, konstitutiv(vgl. BSG 5. November 1980 - 11 RA 118/79 - BSGE 50, 289; 27. November 1984 - 12 RK 18/82 - BSGE 57, 247).

39

bb) Ob der Kläger infolge der Vereinbarung des Versorgungsrechts versicherungsfrei iSd. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI wird, steht nicht fest.

40

(1) Dies resultiert im Wesentlichen daraus, dass § 5 Abs. 1 SGB VI mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2933) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 dahin geändert wurde, dass nach Satz 1 folgender Satz 2 eingefügt wurde:

        

„Für Personen nach Satz 1 Nr. 2 gilt dies nur, wenn sie

        

1.    

nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben oder

        

2.    

nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben oder

        

3.    

innerhalb von zwei Jahren nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses in ein Rechtsverhältnis nach Nr. 1 berufen werden sollen oder

        

4.    

in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen.“

41

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI hat die Oberste Verwaltungsbehörde des Landes auch über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 2 zu entscheiden.

42

Bislang ist durch die Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI - ebenso wie § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VI - voraussetzt, dass der Betreffende Anspruch auf Vergütung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen hat oder ob ein Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge bei Krankheit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen für die Versicherungsfreiheit ausreicht, ohne dass ein Anspruch auf Vergütung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen besteht. Für die zweite Auslegungsvariante sprechen zwar der Wortlaut und die Systematik der Bestimmung, die den Anspruch auf Vergütung lediglich in der Nr. 1 erwähnt und Nr. 1 zu Nr. 2 in ein „Alternativverhältnis“ setzt (in diesem Sinne KassKomm/Gürtner Stand April 2012 Bd. 1 § 5 SGB VI Rn. 21a). Ein anderes Verständnis der Bestimmung könnte sich allerdings aus der Gesetzesgeschichte ergeben (in diesem Sinne auch BAG 30. November 2010 - 3 AZR 798/08 - AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 22 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 58). Ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf (BR-Drucks. 544/08 S. 26, 27 und BT-Drucks. 16/10488 S. 17) sollte mit der Einfügung des Satzes 2 erreicht werden, dass „weiterhin“ nur solche Personen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 versicherungsfrei sind, deren Rechtsstellung sich(zB aufgrund einer Dienstordnung, §§ 144 bis 147 SGB VII) an beamtenrechtlichen Grundsätzen orientiert. Nur für diesen Personenkreis sei die Vorschrift geschaffen worden. Diese Regelungsabsicht werde durch die Ergänzung der Vorschrift um den Satz 2 zum Ausdruck gebracht. Damit werde zugleich in jüngerer Zeit zu beobachtenden Bestrebungen vorgebeugt, die Bestimmung - über die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers hinaus - auch auf andere Personengruppen anzuwenden und für diese Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung herbeizuführen. Durch die Auflistung verschiedener Merkmale, die alternativ, nicht jedoch kumulativ erfüllt sein müssten, würden weiterhin die Personen erfasst, für die die Vorschrift bisher gegolten habe und die vom Sinn und Zweck der Vorschrift auch erfasst werden sollten. Die unter Nr. 1 und Nr. 2 genannten Voraussetzungen orientierten sich an den Vorschriften über die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. in der Arbeitslosenversicherung. Anders als in diesen Vorschriften werde aber zusätzlich eine Vergütung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gefordert und dies zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten mit dem Erfordernis des Anspruchs auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gekoppelt. Zudem werde nicht die kumulative Erfüllung der Voraussetzungen hinsichtlich der Leistungen im Krankheitsfall gefordert, sondern nur deren alternative Erfüllung (BR-Drucks. 544/08 S. 26, 27 und BT-Drucks. 16/10488 S. 17 f.). Diese Gesetzesbegründung könnte dafür sprechen, dass nur hinsichtlich der Leistungen im Krankheitsfall die alternative Erfüllung ausreicht, die Vergütung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen hingegen stets erforderlich ist.

43

Die oberste Verwaltungsbehörde des Freistaates Bayern wird daher zu entscheiden haben, ob die Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit im Falle des Klägers erfüllt sind.

44

(2) Noch nicht geklärt ist zudem, ob die nach § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI zuständige Behörde durch eine Gewährleistungsentscheidung die Erwartung der beständigen Erfüllung der Versorgungsaussicht bestätigen wird. Insoweit könnte von Bedeutung sein, dass durch den seit dem 1. Februar 2003 geltenden Art. 4 Abs. 2 BayLBG die Gewährträgerhaftung des Freistaates Bayern und des Sparkassenverbandes Bayern eingeschränkt wurde.

45

cc) Demzufolge hat der Kläger ein berechtigtes Interesse daran, vor der Annahme des begehrten Angebots der Beklagten - ggf. unter deren Mitwirkung - innerhalb einer angemessenen Frist mit der zuständigen Behörde zu klären, ob der beabsichtigte Vertragsschluss die Versicherungsfreiheit zur Folge hat und sich erst dann zu entscheiden, ob er das Angebot der Beklagten annimmt.

46

B. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat aufgrund betrieblicher Übung einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm mit Wirkung vom 7. Juli 2009 in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit dem aus dem Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils ersichtlichen Inhalt mit den vom Senat vorgenommenen Maßgaben anbietet.

47

I. Die Klage ist nicht deshalb teilweise unbegründet, weil die Beklagte das Angebot auf Abschluss des Versorgungsvertrages rückwirkend zum 7. Juli 2009 abgeben und der Vertrag - im Fall der Annahme durch den Kläger - rückwirkend zustande kommen soll. Dem rückwirkenden Vertragsschluss steht nicht entgegen, dass der geänderte Vertrag für die Vergangenheit möglicherweise zum Teil nicht mehr durchgeführt werden kann.

48

Zwar ist nach § 275 Abs. 1 BGB der Anspruch auf eine Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Allerdings bestimmt § 311a Abs. 1 BGB, dass es der Wirksamkeit eines Vertrages nicht entgegensteht, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt mithin auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsbegründung oder -änderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 33/11 - Rn. 30 mwN; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

49

II. Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch zwar weder auf die PV 72 noch auf eine Gesamtzusage stützen. Er hat jedoch aufgrund betrieblicher Übung einen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte die Vereinbarung eines Versorgungsrechts anbietet.

50

1. Aus der PV 72 kann der Kläger keine unmittelbaren Ansprüche herleiten. Bei der PV 72 handelt es sich nicht um einen (öffentlich-rechtlichen) Vertrag zugunsten Dritter iSd. § 328 BGB. Dies folgt bereits daraus, dass der Vorstand der Beklagten über die Gewährung des Versorgungsrechts nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat und die Kriterien der Ermessensausübung in der PV 72 nicht abschließend festgelegt wurden.

51

a) Ein Vertrag zugunsten Dritter kann nur dann angenommen werden, wenn der Dritte nach dem Willen der Vertragsschließenden aus der Vereinbarung einen unmittelbaren Anspruch auf die Leistung erwerben soll. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt dem von den Vertragsschließenden mit dem Vertrag verfolgten Zweck eine besondere Bedeutung zu (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. § 328 Rn. 5 mwN).

52

b) Die Beklagte war zwar nach der PV 72 verpflichtet, das unter Nr. 3.2 genannte Versorgungssystem einzuführen. Ihr stand mithin im Hinblick auf das grundsätzliche „Ob“ der Verleihung von Versorgungsrechten kein Entschließungsermessen zu. Dies folgt zum einen aus dem Zweck der PV 72, die Dienstverhältnisse der Mitarbeiter der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt und der Bayerischen Gemeindebank - Girozentrale - zu harmonisieren. Sollen im Rahmen einer Fusion unterschiedliche Versorgungssysteme harmonisiert werden, so ist eine für alle Mitarbeiter geltende Regelung zu schaffen. Zum anderen hatten die Vertragspartner der PV 72 sich bereits über eine der Voraussetzungen für die Verleihung des Versorgungsrechts, nämlich die Mindestbeschäftigungszeit von 20 Jahren im Kreditgewerbe, davon mindestens zehn Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder der Bayerischen Landesbank Girozentrale, verständigt, ebenso über die konkrete Ausgestaltung des Versorgungsrechts, indem sie den zu verwendenden Vertragstext in der Anlage 3 niedergelegt hatten.

53

Die PV 72 räumt aber dem Vorstand der Beklagten das Recht ein, nach pflichtgemäßem Ermessen über die Erteilung des Versorgungsrechts zu entscheiden. Dies folgt aus der Formulierung, dass die Mitarbeiter unter den in Nr. 3.2 genannten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Versorgung erhalten „können“. In Nr. 3.2 der PV 72 ist zudem vereinbart, dass die Entscheidung über die Gewährung des Versorgungsanspruchs vom Vorstand der Landesbank zu treffen ist. Da die PV 72 über die Festlegung der Mindestbeschäftigungszeit hinaus keine ermessenslenkenden Vorgaben enthält, war dem Vorstand die Befugnis übertragen, weitere Kriterien für seine Ermessensentscheidung autonom zu bestimmen. Zwar hat das nicht zur Folge, dass der Vorstand nach Belieben oder freiem Ermessen entscheiden kann; er muss vielmehr nach sachgerechten und bestimmten oder zumindest bestimmbaren Kriterien verfahren. Da die PV 72 vorsieht, dass sämtliche Arbeitnehmer, die die erforderliche Mindestbeschäftigungszeit erfüllt haben, einen Rechtsanspruch auf die Versorgung erhalten können, müssen die Kriterien seiner Ermessensentscheidung auch dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung tragen (vgl. BAG 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 23, BAGE 127, 260). Im Rahmen dieser Vorgaben sind dem Vorstand der Beklagten jedoch Gestaltungsspielräume eröffnet.

54

Mit dieser Regelung haben die Vertragspartner der PV 72 den Mitarbeitern daher keine unmittelbaren Ansprüche auf die Vereinbarung von Versorgungsrechten eingeräumt.

55

2. Der geltend gemachte Anspruch folgt auch nicht aus einer Gesamtzusage.

56

a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung zu gewähren. Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer gesonderten Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebots bedarf. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Sie sind als „typisierte Willenserklärungen“ nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien auszulegen. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht des Empfängers (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 17; 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 19, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12).

57

b) Die Beklagte hat ihren Mitarbeitern die Vereinbarung des Versorgungsrechts nicht im Wege der Gesamtzusage versprochen. Sämtliche von dem insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Kläger zur Begründung der Gesamtzusage angeführten Mitteilungen und Informationen der Beklagten, die sich an alle Arbeitnehmer oder einen nach abstrakten Merkmalen abgegrenzten Teil der Belegschaft richteten und nicht nur verwaltungsinterne Stellungnahmen oder Vorgänge waren, haben lediglich informatorischen und keinen rechtsbegründenden Charakter.

58

Weder die vom Kläger genannten Präsentationen, noch das Mitarbeiterhandbuch, noch die Personalinformation vom 28. Oktober 1994 lassen einen Rechtsbindungswillen der Beklagten dergestalt erkennen, dass sich die Beklagte unmittelbar durch diese Erklärungen gegenüber den Arbeitnehmern verpflichten wollte. Die Präsentationen, die die Beklagte in ihr Intranet eingestellt hatte, sollten die Mitarbeiter lediglich über die bei der Beklagten bestehenden Versorgungssysteme sowie die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und damit auch über die Voraussetzungen für die Erteilung der Versorgungsrechte informieren. Für das Mitarbeiterhandbuch ergibt sich der fehlende Rechtsbindungswille der Beklagten ausdrücklich aus dem Impressum, in welchem die Beklagte darauf hinweist, dass die Broschüre lediglich Informationszwecken dient und keine Anspruchsgrundlage für Leistungen bildet. Auch die Personalinformation vom 28. Oktober 1994 ist keine Gesamtzusage. Dies folgt nicht nur daraus, dass sie mit „PERSONAL-INFORMATION“ überschrieben ist. Die Erklärung beschränkt sich auch inhaltlich auf die bloße Mitteilung, dass auch Teilzeit-Beschäftigungszeiten auf die für die Erteilung des Versorgungsrechts erforderliche Dienstzeit angerechnet werden. Damit nahm die Beklagte ein bei ihr bereits bestehendes Versorgungssystem, aus dem Ansprüche der Arbeitnehmer auf Leistungen erwachsen konnten, in Bezug und wollte insoweit erkennbar keinen von diesem Versorgungssystem unabhängigen Anspruch auf Erteilung eines Versorgungsrechts begründen.

59

3. Der Kläger hat jedoch aufgrund betrieblicher Übung einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm zum 7. Juli 2009 die Vereinbarung eines Versorgungsrechts anbietet.

60

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung als Rechtsquelle anerkannt ( § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG ). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.

61

aa) Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung, so zB den Abschluss einer Versorgungsvereinbarung, zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt ( BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08  - Rn. 11, AP BetrAVG § 1b Nr. 11 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10; 29. April 2003 -  3 AZR 247/02  - zu I 1 der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 4). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 80 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 8). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst. Liegen die Voraussetzungen des § 151 Satz 1 BGB vor, so wird allerdings nur die Verlautbarung der Vertragsannahme gegenüber dem Antragenden entbehrlich, nicht aber die Annahme als solche. Das bedeutet, dass lediglich die Annahme des Angebots des Arbeitgebers durch die Arbeitnehmer keiner ausdrücklichen Erklärung bedarf. Deshalb ist auch in diesem Fall grundsätzlich ein als Willensbetätigung zu wertendes, nach außen hervortretendes Verhalten des Angebotsempfängers erforderlich, das vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aufgrund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen schließen lässt (vgl. BGH 14. Oktober 2003 - XI ZR 101/02 - zu II 2 a der Gründe, NJW 2004, 287). In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des Annahmewillens zu finden ist, kann grundsätzlich nur durch Würdigung des konkreten Einzelfalles entschieden werden. Ein Schluss auf einen entsprechenden Annahmewillen ist jedoch gewöhnlich dann gerechtfertigt, wenn der Erklärungsempfänger ein für ihn lediglich vorteilhaftes Angebot nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung abgelehnt hat (vgl. BGH 12. Oktober 1999 - XI ZR 24/99 - zu II 2 b der Gründe, NJW 2000, 276).

62

Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften( BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07  - Rn. 27, BAGE 127, 185 ; 28. Mai 2008 -  10 AZR 274/07  - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 80 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 8; 28. Juni 2006 -  10 AZR 385/05  - Rn. 35, BAGE 118, 360 ; 28. Juli 2004 -  10 AZR 19/04  - zu II 1 a der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2).

63

bb) Eine betriebliche Praxis der Gewährung von Vorteilen an die Arbeitnehmer verdichtet sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einer betrieblichen Übung. Eine allgemeinverbindliche Regel, ab wann der Arbeitnehmer erwarten darf, dass auch er die Vergünstigung erhält, sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, existiert nicht. Wie lange die Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigt erwarten können, dass sie fortgesetzt werde, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen oder Vergünstigungen erbracht worden sind. Dabei kommt es auf die Zahl der Anwendungsfälle im Verhältnis zur Belegschaftsstärke an. Ferner sind in die Bewertung auch Art und Inhalt der Leistungen einzubeziehen. Bei für den Arbeitnehmer weniger wichtigen Leistungen sind an die Zahl der Wiederholungen höhere Anforderungen zu stellen als bei bedeutsameren Leistungsinhalten ( BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05  - BAGE 118, 360 mwN). Deshalb kann eine Bindung des Arbeitgebers durch betriebliche Übung auch bei Einmalleistungen entstehen ( BAG 28. Juli 2004 - 10 AZR 19/04  - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2; 27. Juni 2001 -  10 AZR 488/00  - EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 44). Im Hinblick auf laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat der Senat eine Gewährung über einen Zeitraum von fünf bzw. acht Jahren für ausreichend erachtet (vgl. BAG 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 127, 260; 30. Oktober 1984 - 3 AZR 236/82 - BAGE 47, 130; 23. April 1963 - 3 AZR 173/62 - BAGE 14, 174).

64

cc) Die bindende Wirkung einer betrieblichen Übung tritt auch gegenüber dem Arbeitnehmer ein, der zwar unter der Geltung der Übung im Betrieb gearbeitet, selbst aber die Vergünstigung noch nicht erhalten hat, weil er die nach der Übung vorausgesetzten Bedingungen noch nicht erfüllte (vgl. BAG 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 127, 260).Es ist daher unerheblich, ob der betreffende Arbeitnehmer selbst bisher schon in die Übung einbezogen worden ist. Eine Mitteilung über die an andere Arbeitnehmer erfolgten Zahlungen oder gewährten Vergünstigungen gegenüber den übrigen Arbeitnehmern ist ebenso wenig erforderlich wie eine allgemeine Veröffentlichung im Betrieb. Es ist vielmehr von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass derartige Leistungen und Vergünstigungen allgemein bekannt werden (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 47, 48, EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 89, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 18, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 80 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 8). Demzufolge kann ein Arbeitnehmer bereits mit dem Beginn seiner Beschäftigung beim Arbeitgeber von einer betrieblichen Übung erfasst werden.

65

Für die betriebliche Altersversorgung findet dieser Drittbezug einer betrieblichen Übung seine Bestätigung in § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG, wonach der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleichsteht. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber nicht nur die betriebliche Übung als Rechtsquelle ausdrücklich anerkannt, sondern auch deren möglichen Drittbezug. Der Senat hatte bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung mit Urteil vom 5. Juli 1968 (- 3 AZR 134/67 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 6 = EzA BGB § 242 Nr. 17)entschieden, auch ein neu eingestellter Arbeitnehmer dürfe im Allgemeinen damit rechnen, dass er besondere Leistungen, die im Betrieb unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden, erhalten wird, sobald er die Voraussetzungen erfüllt. In seiner Entscheidung vom 5. Februar 1971 (- 3 AZR 28/70 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 23, 213) hatte der Senat ausgeführt, wenn in einem Betrieb unter bestimmten Voraussetzungen Versorgungsleistungen zugesagt und gewährt würden, pflege sich das schnell herumzusprechen. Die übrigen Arbeitnehmer dürften dann damit rechnen, dass diese Übung fortgesetzt werde und dass sie die gleichen Vergünstigungen erhalten, sobald sie die Voraussetzungen erfüllen. Diese Rechtsprechung des Senats aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes war dem Gesetzgeber bereits bei der Schaffung des § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG idF vom 19. Dezember 1974, der inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG, bekannt. Da der Gesetzgeber keine eigene Definition der betrieblichen Übung vorgenommen hat, ist er von den vom Senat entwickelten Grundsätzen zur betrieblichen Übung ausgegangen und hat diese seiner Rechtsetzung zugrunde gelegt.

66

dd)Will der Arbeitgeber verhindern, dass aus der Stetigkeit seines Verhaltens eine in Zukunft wirkende Bindung entsteht, muss er einen entsprechenden Vorbehalt erklären. Der Vorbehalt muss klar und unmissverständlich kundgetan werden. Ohne Bedeutung ist, ob der Hinweis aus Beweisgründen bereits im Arbeitsvertrag enthalten ist oder vor der jeweiligen Leistungsgewährung erfolgt. Dem Arbeitgeber steht auch die Form des Vorbehalts frei. Er kann den Vorbehalt beispielsweise durch Aushang, Rundschreiben oder durch Erklärung gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern bekannt geben. Er ist auch nicht verpflichtet, den Vorbehalt mit einem bestimmten Inhalt zu formulieren. Es reicht vielmehr aus, dass sich der Vorbehalt durch Auslegung des Verhaltens mit Erklärungswert ermitteln lässt. So können Ansprüche von Leistungsempfängern für die zukünftigen Jahre bereits dann ausgeschlossen sein, wenn sich das Leistungsversprechen erkennbar auf das jeweilige Jahr beschränkt oder der Arbeitgeber nach außen hin zum Ausdruck bringt, dass er die Vergünstigung von einer Entscheidung im jeweiligen Einzelfall abhängig machen oder in jedem Jahr wieder neu darüber entscheiden möchte, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Leistung erfolgen wird (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 3 AZR 365/09 - Rn. 85 mwN).

67

ee) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung fehlt (BAG 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29).

68

ff) Ob eine betriebliche Übung zustande gekommen ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung ( BAG 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06  - Rn. 17, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 79; 28. Juni 2006 -  10 AZR 385/05  - Rn. 39 mwN, BAGE 118, 360 unter Aufgabe der früheren Rspr., zB 16. Januar 2002 -  5 AZR 715/00  - zu I 3 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37).

69

b) Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der Beklagten am 1. Juni 1991 bestand bei dieser eine betriebliche Übung, wonach die Beklagte allen Mitarbeitern, die mindestens 20 Jahre im Bankgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens zehn Jahre bei der Beklagten, die eine gute Beurteilung durch ihre Vorgesetzten erhalten hatten und in einer gesundheitlichen Verfassung waren, die eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten ließ, den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbot. Aus dieser betrieblichen Übung hat der Kläger, der infolge einer Anrechnung eines Teils der Ausbildungszeit am 7. Juli 2009 sämtliche der genannten Voraussetzungen erfüllte, einen Anspruch darauf, dass die Beklagte auch ihm ein Angebot auf Abschluss eines Versorgungsvertrages unterbreitet.

70

aa) Die Beklagte hat ab dem Jahr 1972 mit nahezu allen Mitarbeitern, die mindestens 20 Jahre im Bankgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens zehn Jahre bei der Beklagten, die eine gute Beurteilung durch ihre Vorgesetzten erhalten hatten und in einer gesundheitlichen Verfassung waren, die eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten ließ, einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die Beklagte habe das Versorgungsrecht bis zum Ende des Jahres 2008 mit allen Mitarbeitern vereinbart, die die genannten Voraussetzungen erfüllten. Lediglich einige wenige Mitarbeiter hätten das Versorgungsrecht nach Ableistung der erforderlichen Dienstzeit wegen Nichterfüllung einer der beiden weiteren Voraussetzungen nicht erhalten. Dem ist die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung nur noch mit dem Hinweis entgegengetreten, bis zum Jahr 2009 hätten maximal 1 bis 2 % der Mitarbeiter keinen Versorgungsvertrag erhalten.

71

Die Beklagte hat diese Praxis auch im Betrieb gegenüber den Mitarbeitern kommuniziert. Dies war nicht nur Gegenstand der Informationen im Mitarbeiterhandbuch, sondern auch der Personalinformation vom 28. Oktober 1994 und der Intranet-Präsentation aus dem Jahre 2001. Damit hat die Beklagte diese Praxis auch über den Zeitpunkt des Eintritts des Klägers bei ihr hinaus fortgeführt.

72

Die Arbeitnehmer konnten daher das Verhalten der Beklagten nur so verstehen, dass auch sie selbst bei Erfüllung der drei Voraussetzungen ein entsprechendes Angebot auf Abschluss eines Versorgungsvertrages erhalten würden, auch wenn damit eine erhebliche Besserstellung verbunden war. Da die Beklagte die Praxis der Vereinbarung der Versorgungsrechte im Jahr 1972 begonnen hatte und nach der Rechtsprechung des Senats für die Entstehung einer auf Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gerichteten betrieblichen Übung ein Zeitraum gleichförmigen Verhaltens innerhalb von fünf bis acht Jahren erforderlich ist, war jedenfalls bei Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers eine betriebliche Übung entstanden, aus der auch der Kläger Ansprüche herleiten kann, da er der Anwendung dieser ausschließlich vorteilhaften Praxis auch auf ihn nicht widersprochen hat.

73

bb) Die Entstehung von Ansprüchen aus der so begründeten betrieblichen Übung konnte durch die spätere Einführung weiterer Voraussetzungen für die Erteilung des Versorgungsrechts - zB das Vorhandensein eines gesicherten Arbeitsplatzes - nicht einseitig durch die Beklagte eingeschränkt werden. Es kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen ein dahingehender Änderungsvorbehalt wirksam hätte vereinbart werden können; die Beklagte hatte einen derartigen Vorbehalt jedenfalls nicht verlautbart und damit auch nicht zum Gegenstand der betrieblichen Übung gemacht. Im Hinblick auf die Voraussetzung „gesicherter Arbeitsplatz im Hause“ bzw. „Sicherstellung der weiteren dienstlichen Verwendung“ kommt hinzu, dass diese Voraussetzung inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und deshalb nicht verbindlich ist (vgl. BAG 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 24 und 25, BAGE 127, 260). Es bleibt offen, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers als gesichert anzusehen sein soll. Hier kommen unterschiedliche Interpretationen in Betracht. So wäre es beispielsweise denkbar, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung des Versorgungsrechts in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen muss. Ebenso könnte damit gemeint sein, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vereinbarung des Versorgungsrechts eine Kündigung jedenfalls nicht unmittelbar bevorstehen darf. Und letztlich - in diesem Sinne möchte die Beklagte das Kriterium des gesicherten Arbeitsplatzes wohl verstehen - könnte von Bedeutung sein, dass die Beklagte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft deshalb nicht ausschließen kann, weil sie sich allgemein zu einem Personalabbau entschlossen hat.

74

cc) Die in § 7 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 1. Januar 2000 enthaltene Schriftformklausel hindert die Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung nicht. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürfen, kann von den Vertragsparteien jederzeit konkludent und formlos aufgehoben werden. Das ist sogar dann möglich, wenn die Parteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform nicht gedacht haben. Ein vereinbartes einfaches Schriftformerfordernis kann deshalb - wie hier - auch durch eine formfreie betriebliche Übung abbedungen werden (BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 126, 364).

75

dd) Dem Anspruch des Klägers aus betrieblicher Übung steht der Freiwilligkeitsvorbehalt in § 9 seines Arbeitsvertrages nicht entgegen. Danach besteht auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch. Zwar kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Leistung wirksam verhindern ( BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09  - Rn. 16 mwN, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der in § 9 des Arbeitsvertrages des Klägers enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst jedoch nicht die Erteilung des Versorgungsrechts aufgrund betrieblicher Übung.

76

§ 9 des Arbeitsvertrages setzt eine mehrmalige Gewährung von Leistungen an den Kläger voraus und hindert deshalb nicht einen Anspruch des Klägers auf die einmalige Vereinbarung des Versorgungsrechts aus betrieblicher Übung. Nach § 9 des Arbeitsvertrages besteht auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch. Dies konnte der Kläger nur so verstehen, dass die Beklagte verhindern wollte, dass infolge mehrmaliger Erbringung von Leistungen an ihn ein Rechtsanspruch auf die künftige Gewährung der Leistung entsteht.

77

ee) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten steht dem Anspruch des Klägers aus betrieblicher Übung auch kein „immanenter Freiwilligkeitsvorbehalt“ entgegen. Will der Arbeitgeber vermeiden, dass aus der Stetigkeit seines Verhaltens eine in die Zukunft wirkende Bindung entsteht, so muss er den einschränkenden Vorbehalt zwar nicht ausdrücklich formulieren, er muss ihn aber klar und deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 14, AP BetrAVG § 1b Nr. 11 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10; 19. Februar 2008 - 3 AZR 61/06 - Rn. 20, AP BetrAVG § 1 Nr. 52 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 9). Hieran fehlt es. Die den Mitarbeitern erteilten Informationen sprechen zudem für das Gegenteil.

78

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch nicht angenommen werden, die Mitarbeiter hätten angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Versorgungsrechte nicht davon ausgehen können, dass sich die Beklagte 20 Jahre im Voraus ohne jegliche Einschränkung und ohne Widerrufsvorbehalt zur Verleihung von Versorgungsrechten habe verpflichten wollen. Dem steht bereits § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG entgegen, wonach der Verpflichtung aus einer Versorgungszusage Versorgungsverpflichtungen gleichstehen, die auf betrieblicher Übung beruhen und es keinen Unterschied macht, ob die betriebliche Übung unmittelbar auf die Gewährung von Ruhegeld gerichtet ist oder nur auf die Erteilung einer Versorgungszusage. Für den Arbeitnehmer ist es nicht von Bedeutung, ob er aufgrund einer Betriebsübung nach Ablauf bestimmter Fristen die Zahlung von Ruhegeld oder nur eine Ruhegeldzusage erwarten kann. Ein schutzwürdiges Vertrauen wird bei den Arbeitnehmern nicht erst dann geweckt, wenn sie selbst die Versorgungszusage erhalten, sondern der Vertrauenstatbestand wird schon dadurch begründet, dass der Arbeitgeber überhaupt in einer bestimmten Weise Versorgungsversprechen erteilt und dass dies im Unternehmen bekannt wird. In beiden Fällen ist der Arbeitgeber nicht mehr frei in der Entscheidung, ob er Ruhegeld zahlen will. Ebenso wie Versorgungszusagen schaffen entsprechende Betriebsübungen für den Arbeitnehmer einen Anreiz, die vorausgesetzte Betriebstreue zu erbringen (BAG 19. Juni 1980 - 3 AZR 958/79 - zu I 2 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Wartezeit Nr. 8 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 8; 5. Februar 1971 - 3 AZR 28/70 - zu I 3 und III der Gründe, BAGE 23, 213).

79

ff) Den Mitarbeitern der Beklagten war zwar bekannt, dass dem Vorstand der Beklagten in jedem Jahr eine Liste derjenigen Mitarbeiter vorgelegt wurde, die im folgenden Jahr nach 20-jähriger Dienstzeit zur Verleihung des Versorgungsrechts anstanden und dass erst nach zustimmendem Vorstandsbeschluss im Einzelnen geprüft wurde, ob der Mitarbeiter die weiteren Voraussetzungen für den Abschluss des Versorgungsvertrages erfüllte. Dies hindert jedoch die Entstehung einer betrieblichen Übung nicht. Für die Belegschaft war nicht erkennbar, dass für die Vereinbarung von Versorgungsrechten - und damit für die Entscheidung des Vorstands - andere oder weitere Kriterien maßgeblich sein sollten als die Ableistung der erforderlichen Dienstzeit sowie gute Leistungen und die vorausgesetzte gesundheitliche Verfassung. Aufgrund der seit 1972 geübten und im Betrieb bekannten Praxis und mangels eines verlautbarten Vorbehalts mussten die Mitarbeiter - so auch der Kläger - nicht damit rechnen, dass der Vorstand seine Beschlussfassung von einer Entscheidung im jeweiligen Einzelfall abhängig machen oder in jedem Jahr neu darüber entscheiden wollte, ob und unter welchen Voraussetzungen das Versorgungsrecht verliehen werden sollte.

80

gg) Der Entstehung einer betrieblichen Übung steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist und die Grundsätze der betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst nur eingeschränkt gelten.

81

(1) Die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sind wegen ihrer Bindung an Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplans - anders als private Arbeitgeber - gehalten, die Mindestbedingungen des Dienst- und Tarifrechts sowie die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Sie können daher bei der Schaffung materieller Dienst- und Arbeitsbedingungen nicht autonom wie Unternehmer der privaten Wirtschaft handeln. Im Zweifel wollen sie lediglich Normvollzug betreiben. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss deshalb grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen dieser rechtlich verpflichtet ist. Er darf nur auf eine korrekte Anwendung der aktuell geltenden rechtlichen Regelungen vertrauen. Ohne besondere Anhaltspunkte darf er auch bei langjähriger Gewährung von (überobligatorischen) Vergünstigungen nicht annehmen, die Übung sei Vertragsinhalt geworden und werde unabhängig von einer zugrunde liegenden normativen Regelung unbefristet beibehalten (st. Rspr. des BAG, vgl. etwa 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 112, 112).

82

(2) Diese Grundsätze gelten hier bereits deshalb nicht, weil die Beklagte bei der Vereinbarung der Versorgungsrechte weder durch Gesetz noch durch andere Rechtsgrundlagen, die sie nicht selbst geschaffen hat, oder durch Weisungen oder Vorgaben Dritter gebunden ist.

83

Die Beklagte ist zwar nach Nr. 3.2 der PV 72 verpflichtet, über die Vereinbarung von Versorgungsrechten mit Mitarbeitern, die eine Dienstzeit von mindestens 20 Jahren aufweisen, zu entscheiden. Insoweit stellten sich die jährlichen Vorstandsentscheidungen als Vollzug der PV 72 dar. Die PV 72 ist jedoch zum einen keine Rechtsgrundlage, die der Beklagten von dritter Stelle vorgegeben wurde, vielmehr hat die Beklagte die PV 72 durch Abschluss des Fusionsvertrages vom 6. Juni 1972 selbst geschaffen. Zudem weist die PV 72 die Entscheidung über die Vereinbarung der Versorgungsrechte dem Vorstand - und damit einem Organ der Beklagten - zu und räumt diesem zudem Ermessen ein. Damit ist die Beklagte selbst befugt, autonom darüber zu entscheiden, an welchen Kriterien sie ihre Ermessensentscheidung ausrichtet. Von dieser Befugnis hat der Vorstand der Beklagten in der Weise Gebrauch gemacht, dass er die weiteren Voraussetzungen einer guten Beurteilung und einer gesundheitlichen Verfassung, die eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten lässt, festgelegt hat, ohne einen Vorbehalt zu formulieren. Hierdurch hat er sich selbst und damit auch die Beklagte unabhängig von bindenden Vorgaben Dritter gebunden.

84

Diese Vorgehensweise steht in Übereinstimmung mit der Satzung der Beklagten, nach deren § 7 Abs. 1 der Vorstand die Geschäfte der Bank führt und nach deren § 11 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsrat über die Aufstellung von Grundsätzen für die Anstellung, Besoldung, Versorgung, Ruhestandsversetzung und Entlassung der Bediensteten der Bank beschließt. Sie entspricht auch den vom Verwaltungsrat als Organ der Beklagten für die Versorgung aufgestellten Grundsätzen. Unter Nr. 5 Buchst. b der Grundsätze hat der Verwaltungsrat, zu dessen Mitgliedern nach § 8 der Satzung der Beklagen auch die nach § 1 der Satzung aufsichtsführenden Minister, nämlich der Staatsminister der Finanzen und der Staatsminister des Innern sowie je ein Vertreter der Staatsministerien der Finanzen, des Innern und für Wirtschaft, Verkehr und Technologie gehören, die Regelung in Nr. 3.2 der PV 72 im Wesentlichen unverändert übernommen. Aus diesem Grund steht der betrieblichen Übung entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht die Regelung in Art. 17 Abs. 1 BayLBG entgegen, wonach die Staatsministerien der Finanzen und des Innern(Aufsichtsbehörde) die Rechtsaufsicht über die Bank führen und als solche alle erforderlichen Anordnungen treffen können, um den Geschäftsbetrieb der Bank im Einklang mit den Gesetzen, der Satzung und den sonstigen Vorschriften zu erhalten.

85

hh) Die Entstehung einer betrieblichen Übung kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb verneint werden, weil die Arbeitnehmer mit der Vereinbarung des Versorgungsrechts eine beamtenähnliche Stellung erhalten, ohne dass es darauf ankommt, ob ihre Verwendung gesichert ist und sie damit besser gestellt sind als Beamte. Zwar besteht kein Anspruch auf Ernennung zum Beamten, wenn keine freie Planstelle vorhanden ist. Ein Amt darf nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Die Ernennung begründet nicht nur Ansprüche auf eine dem Amt angemessene Beschäftigung, sondern auch auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle (BVerwG 4. November 2010 - 2 C 16.09 - Rn. 18, BVerwGE 138, 102). Dies ist vorliegend jedoch unerheblich. Mit der Vereinbarung des Versorgungsrechts ist keine Statusänderung für den Mitarbeiter verbunden. Er wird nicht zum Beamten ernannt. Durch den Versorgungsvertrag werden ihm arbeitsrechtliche Ansprüche eingeräumt. Dass das Versorgungsrecht eine beamtenähnliche Versorgung vorsieht, ändert daran nichts. Die Beklagte ist nicht gehindert, ihre Arbeitnehmer in Teilbereichen den Beamten gleichzustellen, ohne dass die formalen beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten vorliegen.

86

ii) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die Entstehung einer auf die Vereinbarung von Versorgungsrechten gerichteten betrieblichen Übung auch nicht unvereinbar mit den komplementären Bestimmungen über die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung.

87

Aus ihrem Argument, zwischen der Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen und der Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI bestehe eine Interdependenz, ihr könne nicht unterstellt werden, sie wolle zusätzlich zu den sie aus dem Versorgungsrecht treffenden Verpflichtungen Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung leisten, kann die Beklagte bereits deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil sich in dem zuletzt von der Beklagten für eine AT-Angestellte verwendeten Vertragsmuster, nach dem der Kläger seinen Klageantrag formuliert hat, unter § 9 die Vereinbarung findet, dass der Mitarbeiter sich unbeschadet der Versorgungszusage freiwillig weiterversichern wird, sofern dies nach § 7 SGB VI zulässig ist und solange die Bank dies verlangt; in diesem Fall übernimmt die Bank den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung. Diese Vereinbarung zeigt, dass der Gleichlauf von Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen und Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI für die Beklagte gerade keine Voraussetzung für die Erteilung des Versorgungsrechts ist. Im Übrigen ist derzeit ungeklärt, ob die Vereinbarung des Versorgungsrechts mit dem Kläger zur Versicherungsfreiheit führt oder nicht. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass sie diese Frage mit den für die Gewährleistungsentscheidung zuständigen Ministerien erörtert hat und diese eine ablehnende Entscheidung in Aussicht gestellt haben.

88

Soweit die Beklagte darauf hingewiesen hat, dass die Gewährleistung von Versorgungsanwartschaften die Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI erst vom Beginn des Monats an begründet, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt, gebietet dies - auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Abgabe einer Willenserklärung der Beklagten mit Rückwirkung auf den 7. Juli 2009 begehrt - keine andere Bewertung. Die Versicherungsfreiheit ist nach der gesetzlichen Konzeption lediglich eine mögliche Folge des Versorgungsrechts und steht deshalb einer betrieblichen Übung auf Erteilung eines Versorgungsrechts mit einem bestimmten Inhalt nicht entgegen. Im Übrigen wirkt sich das Risiko, dass in der Zwischenzeit Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet wurden, die ggf. nicht (mehr) erstattungsfähig sind, im Wesentlichen zu Lasten der Arbeitnehmer aus, da nach § 7 Abs. 1 Buchst. a des vom Kläger erstrebten Versorgungsvertrages Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Ruhegehalt angerechnet werden.

89

jj) Die Beklagte kann der Entstehung der betrieblichen Übung auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, diese führe zu einer ständigen Ausweitung der arbeitgeberseitigen Belastungen. Dies ist bei jeder betrieblichen Übung mit Drittbezug der Fall.

90

Aus der von ihr in diesem Zusammenhang herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Januar 2002 (- 5 AZR 715/00 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37)kann die Beklagte bereits deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil sie aufgrund der PV 72 verpflichtet war, das Versorgungssystem einzuführen und nur im Hinblick auf die Festlegung der Ermessenskriterien frei war. Demgegenüber hatte in dem vom Fünften Senat mit Urteil vom 16. Januar 2002 entschiedenen Verfahren die dortige Beklagte ihren Arbeitnehmern eine Vergünstigung ohne jegliche Rechtsgrundlage gewährt. Im Übrigen wäre es der Beklagten in Ausübung ihres Ermessens ohne weiteres möglich gewesen, die Voraussetzungen für die Gewährung des Versorgungsrechts von vornherein so zu fassen, dass auch ihren wirtschaftlichen Belangen hätte Rechnung getragen werden können.

91

c) Die fehlende Beteiligung des Personalrats nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 4 BayPVG führt nicht dazu, dass die Arbeitnehmer aus der betrieblichen Übung keine Ansprüche herleiten können. Es kann dahinstehen, ob dem Personalrat hinsichtlich der Vereinbarung der Versorgungsrechte ein Mitbestimmungsrecht zustand; ebenso kann offenbleiben, ob die zu § 87 BetrVG entwickelte Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung im Personalvertretungsrecht überhaupt gilt. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu den etwaigen individualrechtlichen Folgen einer unterbliebenen Personalratsbeteiligung nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 4 BayPVG oder einer vergleichbaren anderen personalvertretungsrechtlichen Bestimmung liegt bislang nicht vor. Im Schrifttum ist umstritten, ob die unterbliebene Beteiligung zur Unwirksamkeit der Maßnahme führt oder lediglich zu deren Rechtswidrigkeit mit der Folge, dass die Beteiligung des Personalrats nachzuholen ist (vgl. zu der gleichlautenden Vorschrift in § 75 BPersVG Kaiser in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 3. Aufl. § 75 Rn. 228 mwN). Selbst wenn die unterbliebene Mitbestimmung des Personalrats nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 4 BayPVG grundsätzlich die Unwirksamkeit der Maßnahme nach sich ziehen würde, so würde dies nicht dazu führen, dass der Kläger keinen Anspruch aus betrieblicher Übung auf Abgabe des begehrten Angebots durch die Beklagte hätte. Der Zweck der gesetzlichen Mitbestimmung besteht darin, den Arbeitnehmern einen kollektiven Schutz zu vermitteln. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 87 BetrVG deshalb Wirksamkeitsvoraussetzung nur für Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer, dh. für Maßnahmen, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern (BAG 19. August 2008 - 3 AZR 194/07 - Rn. 31 mwN, BAGE 127, 260). Darum geht es hier nicht; der Kläger begehrt mit dem erstrebten Angebot eine Vergünstigung.

92

d) Der Anspruch aus betrieblicher Übung ist nicht teilweise wirksam beseitigt worden. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten liegt hinsichtlich der nicht-monetären Elemente des Versorgungsrechts, insbesondere hinsichtlich der Kündigungsregelungen, kein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage vor, der sie berechtigen könnte, die betriebliche Übung jedenfalls insoweit zu beenden, als ihr Angebot diese nicht-monetären Elemente nicht enthalten müsste. Es kann dahinstehen, ob die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage durch die Bestimmungen zur Änderungskündigung verdrängt werden (vgl. BAG 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 26 mwN, NZA 2012, 628); jedenfalls ist hinsichtlich der nicht-monetären Elemente des Versorgungsrechts, insbesondere hinsichtlich der Kündigungsregelungen, keine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten.

93

aa) Geschäftsgrundlage sind nur die nicht zum Vertragsinhalt erhobenen, aber bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Vertragsparteien oder die dem Geschäftspartner erkennbaren oder von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Vertragspartei vom Fortbestand oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut. Fehlt diese Grundlage oder ändert sie sich derart, dass der betroffenen Partei das Festhalten an der vereinbarten Regelung nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist, ist der Vertrag grundsätzlich den veränderten Verhältnissen anzupassen (vgl. BGH 15. November 2000 - VIII ZR 324/99 - zu II 1 a der Gründe mwN, NJW 2001, 1204).

94

bb) Die Vorstellung der Beklagten, die Einräumung des erweiterten Kündigungsschutzes hänge davon ab, ob Personal abgebaut werden müsse, ist nicht zur Grundlage der betrieblichen Übung iSd. § 313 BGB gemacht worden. Die von der Beklagten vorformulierten Versorgungsverträge schließen betriebsbedingte Kündigungen nicht gänzlich aus, sondern lassen unter § 5 Abs. 2 Buchst. b die Kündigung wegen wesentlicher organisatorischer Veränderungen ausdrücklich zu. Damit hat die Beklagte für die Arbeitnehmer erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass mit diesen Regelungen ihrem Bedürfnis nach einem Personalabbau hinreichend Rechnung getragen wurde. Im Übrigen hat die Beklagte auch nichts dafür dargetan, dass und wann welche konkreten Personalabbaumaßnahmen anstanden oder anstehen. Sie hat lediglich geltend gemacht, sie müsse damit rechnen, auch in Zukunft ihren Personalbestand anpassen zu müssen; dies könne sie nicht, wenn sie Tausende von unkündbaren Mitarbeitern habe. Ihr Wunsch nach größerer Flexibilität allein vermag eine Unzumutbarkeit jedoch nicht zu begründen.

95

e) Der Kläger hat aufgrund betrieblicher Übung iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm einen Versorgungsvertrag mit einem Inhalt anbietet, der dem Inhalt des von der Beklagten zuletzt für die AT-Angestellten verwendeten Vertragsmusters entspricht, allerdings mit der Maßgabe, dass folgende inhaltliche Änderungen vorgenommen werden: In § 3 muss es anstelle von „Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG“ „Art. 65 Abs. 1 BayBG“, in § 4 Abs. 3 anstelle von „Art. 56 Abs. 5 BayBG“ „Art. 64 BayBG“, in § 5 Abs. 2 Buchst. c anstelle von „Art. 56 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayBG sowie des Art. 59 BayBG“ „Art. 65 Abs. 2 und Abs. 4 BayBG sowie des § 29 BeamtStG“ und in § 10 anstelle von „§ 1“ „§ 1b“ heißen.

96

Zwar hat die Beklagte die von ihr vorformulierten Vertragstexte zur Vereinbarung von Versorgungsrechten im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Der Kläger kann jedoch als AT-Angestellter aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen, ebenso wie die AT-Angestellten behandelt zu werden, mit denen zuletzt Versorgungsrechte vereinbart wurden. Soweit das vom Kläger herangezogene Vertragsmuster zum Teil veraltete gesetzliche Regelungen enthält, war dies vom Senat entsprechend zu korrigieren.

97

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser    

        

    Schepers    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2011 - 16 Sa 614/10 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Februar 2010 - 31 Ca 7969/09 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die vertragsgemäße Beschäftigung und die damit in Zusammenhang stehende Vergütung der Klägerin.

2

Die 1962 geborene Klägerin wurde von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 2. November 1990 ab dem 1. November 1990 als Landessekretärin eingestellt.

3

Am 2. November 1992 wurde sie zum Mitglied des Geschäftsführenden Hauptvorstands (GHV) gewählt.

4

Nach § 38 Ziff. 4 Satz 1 der Satzung der Gewerkschaft HBV idF vom 4. November 1992 vertrat der Hauptvorstand die Gewerkschaft nach innen und nach außen. Nach § 39 Satz 1 bildeten die hauptamtlichen Mitglieder des Hauptvorstands den Geschäftsführenden Hauptvorstand.

5

Die Klägerin und die Gewerkschaft HBV schlossen am 15. November 1993 mit Wirkung vom 3. November 1992 einen Anstellungsvertrag für Wahlangestellte (Anstellungsvertrag). Nach dessen § 4 Buchst. a endet das Anstellungsverhältnis durch Ablauf der Wahlperiode, falls die erneute Kandidatur unterbleibt oder eine Wiederwahl nicht erfolgt. Weiter heißt es im Vertrag auszugsweise:

        

㤠5

Endet das Anstellungsverhältnis nach § 4 Buchst. a vor Vollendung des 57. Lebensjahres, so ist für eine angemessene Weiterbeschäftigung Sorge zu tragen. Als angemessen gilt eine Tätigkeit, deren Vergütung der höchsten Gruppe der jeweils geltenden Gehaltstabelle für SekretärInnen der Gewerkschaft HBV entspricht.

        

…       

        
        

§ 10

Soweit in diesem Anstellungsvertrag nichts Besonderes vereinbart ist, gelten für Frau H die Allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Gewerkschaft HBV in der jeweils gültigen Fassung mit der Maßgabe, daß anstelle des in den Anstellungsbedingungen aufgeführten Entscheidungsorgans GHV der Hauptvorstand tritt.“

6

Die Klägerin stellte sich 1995 nicht mehr zur Wiederwahl. Ab dem 1. Februar 1995 wurde sie in die Hauptfachabteilung IV der Gewerkschaft HBV versetzt. Dort arbeitete sie als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben und bezog eine Vergütung nach der (höchsten) Tarifgruppe 15 der Gehaltstabelle der Gewerkschaft HBV. Für diese Tarifgruppe waren in der Anlage 2 der Allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Gewerkschaft HBV keine Tätigkeitsmerkmale vorgesehen.

7

Im Jahre 2001 verschmolz die Gewerkschaft HBV mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Deutsche Postgewerkschaft (DPG), Industriegewerkschaft Medien - Druck und Papier, Publizistik und Kunst (IG Medien) und der Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) auf die Beklagte.

8

Die Klägerin wurde weiterhin nach der Tarifgruppe 15 vergütet und als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben beschäftigt. Auf ihren Wunsch wurde sie im Dezember 2004 in die Bundesfachgruppe gesetzliche Krankenversicherung (GKV) versetzt und im Mai 2007 als Bundesfachgruppenleiterin GKV gewählt. Zu ihren Aufgaben gehörten im Wesentlichen das Führen der Tarifverhandlungen in den Ersatzkassen in der gesamten Tarifkomplexität. Sie leitete die Tarifkommissionssitzungen, entwickelte die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, gegebenenfalls verantwortete sie notwendige Arbeitskampfmaßnahmen.

9

Der Bundesvorstand der Beklagten und der Gesamtbetriebsrat schlossen mit Wirkung vom 1. Januar 2008 eine Gesamtbetriebsvereinbarung über ein einheitliches Entgeltsystem für ver.di (GBV Entgeltsystem). Das Entgeltsystem enthält 10 Entgeltgruppen.

10

Die Entgeltregelungen lauten auszugsweise:

        

„8.2.2

Gewerkschaftssekretär/in mit Fachanleitungsfunktionen, wie z. B. Personalleiter/in, Abteilungsleiter/in Rechtsschutz im Landesbezirk, Bundesfachgruppenleiter/in mit Tarifverantwortung

        

…       

        
        

9.2.4 

TarifsekretärIn mit Koordinierungsfunktion, sofern er/sie auf Landesbezirks- oder Bundesebene für mehrere Fachbereiche Tarifverhandlungen führt oder für die Bundesfachbereiche 1, 3, 9 und 10 für die Steuerung und Koordination der Tarifarbeit verantwortlich ist.“

11

Die Klägerin erhielt im Oktober 2008 eine Vergütung iHv. 5.067,59 Euro brutto, die sich aus dem Tarifgehalt der Entgeltgruppe 8 Stufe 2 iHv. 4.850,00 Euro und einer Besitzstandszulage von 217,59 Euro zusammensetzte. Die Klägerin erfüllte die tariflichen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 9 Stufe 2.4 mangels Ausübung einer Koordinierungsfunktion nicht.

12

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, § 5 des Anstellungsvertrags habe sicherstellen wollen, dass Wahlangestellte nach dem Ausscheiden aus dem Amt in einer herausgehobenen Form weiterbeschäftigt würden und hierbei ihre Verdienste und besondere Verantwortung als Mitglied des GHV hinreichend Berücksichtigung fänden. Diese vertragliche Regelung gelte weiter; ein neuer Arbeitsvertrag sei nicht abgeschlossen worden. Aus der Regelung folge, dass ein Angestellter, der zuvor an höchster Position der Gewerkschaft gestanden habe, nun direkt eine Stufe unter dem Vorstand bleiben solle. Dies müsse für Beschäftigung und Vergütung gelten. In Übertragung auf das jetzige Vergütungssystem bedeute dies zumindest eine Beschäftigung und Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 9.2.4. Bezogen auf die Tätigkeitsbeschreibung zu dieser Entgeltgruppe erfülle sie alle Kernaufgaben und habe die dort genannten Kompetenzen, ausgenommen die Koordination der Tarifarbeit.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitsaufgaben zuzuweisen, deren Vergütung der höchsten Gruppe der (früheren) jeweils geltenden Gehaltstabelle für Sekretäre/innen der Gewerkschaft HBV, also nunmehr Gewerkschaft ver.di, entsprechen, mithin also mit einer Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung über ein Entgeltsystem für ver.di zu betrauen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.118,56 Euro brutto (Vergütungsdifferenzen Januar 2008 bis einschließlich April 2009) nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr seit 1. September 2008 (Mittelzins) zu zahlen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, § 5 des Anstellungsvertrags gewähre der Klägerin einen Besitzstand bei Ausscheiden aus dem GHV. Danach sei sie so zu stellen gewesen, wie die Sekretäre/innen in der höchsten Vergütungsgruppe der Gewerkschaft HBV. Die höchste Entgeltgruppe für Gewerkschaftssekretäre/innen bei der Beklagten sei mit der Vergütungsgruppe der Gewerkschaft HBV nicht zu vergleichen. Die um ein Vielfaches größere Organisation und die höhere Anzahl von Mitgliedern begründeten weitergehende Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die sich auch in der neuen Entgeltordnung niederschlügen. Eine ergänzende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht, es liege keine planwidrige Lücke vor. Basis sei vielmehr weiterhin die Gehaltstabelle der Gewerkschaft HBV. Durch Einführung des neuen Entgeltsystems könne die Rechtsposition der Klägerin nicht verbessert werden.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 der GBV Entgeltsystem. Demzufolge scheidet auch ein Anspruch auf Zahlung der entsprechenden Differenzbeträge für den Zeitraum Januar 2008 bis einschließlich April 2009 aus.

17

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Beschäftigungsantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

18

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und über die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 18; 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 4).

19

2. Gemessen an diesen Grundsätzen sind Klageziel und Streitgegenstand hinsichtlich des Beschäftigungsantrags hinreichend umschrieben. Der Antrag nennt eine konkrete Entgeltgruppe, welche für die Art der Beschäftigung maßgeblich sein soll. Die Beschreibung muss nicht so genau sein, dass der Antrag auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Darauf hat der Arbeitnehmer nämlich regelmäßig keinen Anspruch, weil dem Arbeitgeber das Weisungsrecht nach § 106 GewO zusteht(BAG 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - Rn. 19, BAGE 130, 195).

20

II. Die Klage ist unbegründet. Ein vertraglicher Anspruch auf Beschäftigung und Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 der GBV Entgeltsystem ergibt sich nicht aus § 5 des Anstellungsvertrags vom 15. November 1993.

21

1. Der Anstellungsvertrag vom 15. November 1993 war für die Zeit der Mitgliedschaft im GHV der Gewerkschaft HBV geschlossen und endete nach § 4 Buchst. a mit dem Ablauf der Wahlperiode im Jahr 1995, da die Klägerin sich nicht mehr zur Wiederwahl stellte. Nach § 5 Satz 1 war für eine angemessene Weiterbeschäftigung Sorge zu tragen, da das Anstellungsverhältnis vor Vollendung des 57. Lebensjahres endete.

22

Es kann dahinstehen, ob das ursprüngliche Vertragsverhältnis nach der Wahl in den GHV ruhte (vgl. zum ruhenden Arbeitsverhältnis: BAG 9. August 1995 - 10 AZR 539/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 80, 308) und der Weiterbeschäftigung als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben ab dem 1. Februar 1995 der wiederaufgelebte und durch § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags vom 15. November 1993 modifizierte Arbeitsvertrag vom 2. November 1990 zugrunde lag oder ob die Parteien konkludent einen neuen Arbeitsvertrag entsprechenden Inhalts geschlossen haben. In jedem Fall ist Gegenstand der arbeitsvertraglichen Regelung die Verpflichtung der Rechtsvorgängerin der Beklagten geworden, die Klägerin angemessen iSv. § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags weiterzubeschäftigen. Diese arbeitsvertragliche Verpflichtung hat die Beklagte übernommen.

23

2. Mit der Tätigkeit als Bundesfachgruppenleiterin GKV wird die Klägerin angemessen iSv. § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags beschäftigt. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelung.

24

a) Bei der Bestandteil des Arbeitsvertrags gewordenen Regelung des § 5 des Anstellungsvertrags handelt es sich um eine typische Vertragsregelung, deren Auslegung durch das Revisionsgericht uneingeschränkt kontrollierbar ist(vgl. dazu BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 21 f., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86; 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 18 mwN, BAGE 135, 327). Zwar war die Zahl der Wahlangestellten begrenzt; die streitgegenständliche Regelung fand aber über den Einzelfall hinaus Anwendung.

25

b) Der Inhalt der vertraglichen Regelung ist nach den §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist deren objektiver Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Maßgebend ist dabei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. Ein übereinstimmender Wille der Parteien geht dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind auch der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die Interessenlage der Beteiligten sowie die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses kann ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt ermöglichen (BAG 15. Juni 2011 - 10 AZR 62/09 - Rn. 18, NZA-RR 2012, 64; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86).

26

c) Die Beklagte schuldete nach § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags eine „angemessene Weiterbeschäftigung“. Nach § 5 Satz 2 gilt als angemessen eine Tätigkeit, deren Vergütung der höchsten Gruppe der jeweils geltenden Gehaltstabelle für Sekretäre/innen der Gewerkschaft HBV entspricht.

27

aa) Die Vertragsparteien haben damit definiert, was sie als angemessen ansehen, und maßgeblich auf die Gehaltstabelle der Gewerkschaft HBV als Bezugspunkt abgestellt. Ein ehemaliges Mitglied des GHV sollte nach dem Wortlaut der Regelung eine Beschäftigung beanspruchen können, die der höchsten Stufe dieser Gehaltstabelle entspricht und damit sowohl hinsichtlich der Beschäftigung als auch der Vergütung unmittelbar unterhalb des HBV-Vorstands angesiedelt sein. Hinsichtlich des zeitlichen Bezugspunkts („jeweils geltende Gehaltstabelle“) kommt es dabei auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem GHV an. Zwar ist der Wortlaut insoweit nicht eindeutig, Sinn und Zweck der Regelung sprechen aber für eine solche Annahme. Mit der Regelung waren mehrere Zwecke verbunden. Zum einen sollte eine Weiterbeschäftigung in finanziell angemessener Höhe sichergestellt werden, ein Rückfall auf die frühere, gegebenenfalls deutlich niedrigere Vergütung sollte ebenso vermieden werden, wie ein „Gesichtsverlust“ innerhalb der Organisation. Zum anderen sollte die Regelung die persönliche und gewerkschaftspolitische Unabhängigkeit der gewählten GHV-Mitglieder absichern. Die Art der späteren Weiterbeschäftigung wurde bereits vorab abstrakt festgelegt, um sie der Gefahr zu entziehen, durch Tätigkeiten des GHV-Mitglieds während der Wahlperiode oder Kontroversen innerhalb der Organisation über die Tätigkeit beeinflusst zu werden. Um diesen Zweck zu erreichen, kam es maßgeblich darauf an, dass dem GHV-Mitglied zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem GHV ein Anspruch auf eine finanziell und inhaltlich angemessene Weiterverwendung in der Organisation zustand. Diesem Zweck wurde in der Vertragspraxis unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass die höchste Tarifgruppe 15 - im Gegensatz zu den anderen Gruppen - nicht mit Tätigkeitsmerkmalen belegt war. Eine Vergütung nach dieser Gruppe war nach der vertraglichen Regelung sichergestellt; die Festlegung der konkreten Beschäftigung unterlag der Vereinbarung der Parteien und gegebenenfalls gerichtlicher Überprüfung.

28

bb) Aus der vertraglichen Regelung selbst, ihrem Regelungszusammenhang, ihrem Sinn und Zweck oder den Umständen im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Vertragsparteien darüber hinaus eine Dynamik der Hierarchieebene im Falle späterer Veränderungen der Organisationsstrukturen oder gar - wie im vorliegenden Fall - der Schaffung einer neuen, sehr viel größeren Organisation vereinbaren wollten. Deshalb besteht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch keine planwidrige Regelungslücke, die einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich wäre. Eine Regelungslücke liegt dann vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn zwar nicht übersehen, aber bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht für regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (st. Rspr., zB BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 24 mwN). Da Bezugspunkt für die Bestimmung der angemessenen Beschäftigung der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem GHV ist, ist durch die Änderung des Entgeltsystems keine nachträgliche Regelungslücke entstanden (vgl. demgegenüber BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88). Eine solche Regelungslücke hätte allenfalls dann angenommen werden können, wenn es bereits während der Laufzeit des Anstellungsvertrags zur Gründung der Beklagten gekommen wäre, ohne dass die Vertragsparteien dies voraussehen konnten, und eine Auslegung des Anstellungsvertrags, die zu interessengerechten Ergebnissen geführt hätte, nicht möglich gewesen wäre. Ein solcher Fall liegt nicht vor.

29

d) Ausgehend von diesen Grundsätzen wird die Klägerin vertragsgemäß beschäftigt, sodass kein Anspruch auf Beschäftigung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 GBV Entgeltsystem besteht.

30

aa) Nach ihrem Ausscheiden aus dem GHV im Jahr 1995 wurde die Klägerin nach der Tarifgruppe 15 vergütet und als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben angemessen iSv. § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags beschäftigt. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Sowohl an der Vergütung als auch an der Angemessenheit der Beschäftigung hat sich durch die Verschmelzung der Gewerkschaft HBV auf die jetzige Beklagte im Jahr 2001 nichts geändert. Gleiches gilt für die auf Wunsch der Klägerin im Dezember 2004 erfolgte Versetzung in die Bundesfachgruppe GKV und die im Mai 2007 erfolgte Wahl zur Bundesfachgruppenleiterin GKV. Auch diese Tätigkeit ist von den Parteien übereinstimmend als angemessen angesehen und nach Tarifgruppe 15 vergütet worden.

31

bb) Das Inkrafttreten der GBV Entgeltsystem zum 1. Januar 2008 und die Überleitung der Klägerin in das neue Entgeltsystem führte nicht dazu, dass die bisher als angemessen und vertragsgerecht angesehene Beschäftigung nunmehr unangemessen wurde. Mit der GBV Entgeltsystem sollten die bisherigen Vergütungssysteme der Gründungsgewerkschaften abgelöst und eine einheitliche Vergütungsstruktur und einheitliche Eingruppierungsregelungen für alle Beschäftigten der Beklagten geschaffen werden (vgl. dazu auch BAG 21. März 2012 - 4 AZR 275/10 -). Dies beinhaltete die Einordnung bisher ausgeübter Tätigkeiten in die neue Vergütungsstruktur. Eine Änderung der Tätigkeit der Klägerin ist durch das Inkrafttreten des neuen Entgeltsystems hingegen nicht erfolgt. Dementsprechend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die bisher als angemessen angesehene Beschäftigung nunmehr ohne inhaltliche Änderung unangemessen wurde. Dass die ausgeübte Tätigkeit der Entgeltgruppe 8 Stufe 2 entspricht, steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

32

3. Da der Klägerin kein Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 GBV Entgeltsystem zusteht, scheidet auch ein entsprechender Vergütungsdifferenzanspruch aus.

33

III. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1, § 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 18/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch auflösende Bedingung endete.

2

Die im Dezember 1948 geborene, mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehinderte Klägerin war seit August 1987 als medizinisch-technische Assistentin bei der Beklagten beschäftigt. Sie war seit 20. Juni 2001 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden aufgrund einzelvertraglicher Verweisung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge Anwendung. Der BAT lautete in der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung auszugsweise:

        

„§ 59 

        

Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

        

(1)     

Wird durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der Angestellte erwerbsgemindert ist, so endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, sofern der Angestellte eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat. Der Angestellte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erst nach der Zustellung des Rentenbescheides, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine befristete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt wird. In diesem Falle ruht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten von dem Tage an, der auf den nach Satz 1 oder 3 maßgebenden Zeitpunkt folgt, bis zum Ablauf des Tages, bis zu dem die befristete Rente bewilligt ist, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Arbeitsverhältnis endet.

                 

…       

        

(2)     

Erhält der Angestellte keine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat, so endet das Arbeitsverhältnis des kündbaren Angestellten nach Ablauf der für ihn geltenden Kündigungsfrist (§ 53 Abs. 2), des unkündbaren Angestellten (§ 53 Abs. 3) nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Die Fristen beginnen mit Zustellung des Rentenbescheides bzw. mit der Bekanntgabe des Gutachtens des Amtsarztes an den Angestellten. Der Angestellte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erst nach der Zustellung des Rentenbescheides, beginnen die Fristen mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Absatz 1 Unterabs. 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

        

(3)     

Das Arbeitsverhältnis endet bzw. ruht nicht, wenn der Angestellte, der nur teilweise erwerbsgemindert ist, nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Angestellte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

        

(4)     

Liegt bei einem Angestellten, der schwerbehindert im Sinne des SGB IX ist, in dem Zeitpunkt, in dem nach den Absätzen 1 und 2 das Arbeitsverhältnis wegen verminderter Erwerbsfähigkeit endet, die nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes.“

3

Mit Bescheid vom 21. Februar 2003 wurde der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet für die Zeit vom 1. November 2002 bis 31. Dezember 2004 bewilligt. Die befristete Rentengewährung wurde zweimal verlängert. Mit Bescheid vom 15. Februar 2006 wurde der Klägerin auf ihren Antrag vom 8. September 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres beginnend ab 1. März 2006 bewilligt.

4

Die Klägerin erhob gegen den Bescheid vom 15. Februar 2006 unter dem 12. März 2006 Widerspruch. Sie begründete ihn zunächst nicht. Ihre Bemühungen, mit der Beklagten einen Vertrag über ein neu zu begründendes Arbeitsverhältnis nach dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit zu schließen, scheiterten im Mai 2006. Mit der Klägerin zugegangenem Schreiben vom 22. Mai 2006 teilte die Beklagte ihr mit, ihr Arbeitsverhältnis habe infolge des Rentenbescheids vom 15. Februar 2006 mit dem 28. Februar 2006 geendet. Nach mehreren Aufforderungen der Deutschen Rentenversicherung, ihren Widerspruch zu begründen, stellte die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 29. Mai 2006 klar, dass es ihr nicht um einen Rentenbezug auf unbestimmte Dauer, sondern um Rente auf Zeit gehe. Mit Schreiben vom 28. August 2006 begründete sie ihren Widerspruch.

5

Die Klägerin reichte mit Schriftsatz vom 2. August 2006, der am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, unter Hinweis auf ihren Widerspruch vom 12. März 2006 Klage auf Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses ein. Sie nahm diese Klage am 4. August 2006 zurück.

6

Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 12. Februar 2007 im Weg der Neufeststellung Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnend mit dem 1. März 2006 befristet bis 31. Dezember 2007 bewilligt. Die Dauer der Rente wurde mit Bescheid vom 24. Oktober 2007 bis 31. Dezember 2010 verlängert.

7

Die Klägerin hat mit ihrer am 1. Oktober 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe durch die Bewilligung der zunächst unbefristeten Rente nicht enden können. Sie habe nie eine solche Rente beantragt. Der Rentenbescheid sei auch nicht bestandskräftig geworden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 28. Februar 2006 beendet worden ist, sondern über diesen Zeitpunkt und auch über den 15. Juni 2006 hinaus fortbesteht.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Arbeitsverhältnis sei nach § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT beendet worden. Für die Beendigungswirkung des unbefristeten Rentenbescheids komme es allein auf dessen Zustellung, nicht auf seine Bestandskraft an. Die Klägerin habe sie zu keinem Zeitpunkt über den von ihr eingelegten Widerspruch unterrichtet. Erst durch die Vorlage des neuen - befristeten - Rentenbescheids vom 12. Februar 2007 sei der Beklagten klar geworden, dass ein von der Klägerin erhobener Widerspruch erfolgreich gewesen sei.

10

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht mit dem 28. Februar 2006, sondern erst mit dem 15. Juni 2006 endete. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will die Klägerin weiter festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet wurde, sondern über den 15. Juni 2006 hinaus fortbesteht.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin geltend macht, das Arbeitsverhältnis habe über den 15. Juni 2006 hinaus fortbestanden. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der auflösenden Bedingung des § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT mit dem 15. Juni 2006. Die Bedingung gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als rechtswirksam und eingetreten. Die Klägerin hat die dreiwöchige Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt. Die Klagefrist wurde mit Zugang des Schreibens vom 22. Mai 2006, mit dem die Beklagte den Eintritt der Bedingung mitteilte, in Lauf gesetzt (§§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG).

12

A. Die Klage ist zulässig.

13

I. Sie ist nach gebotener Auslegung als allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO und nicht als Bedingungskontrollklage iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Das folgt aus dem Wortlaut des Antrags und dem in der Klagebegründung ausgedrückten Willen der Klägerin (vgl. zB BAG 16. April 2003 - 7 AZR 119/02 - zu I 1 a der Gründe mwN, BAGE 106, 72). Ihr geht es nicht darum, die Wirksamkeit von § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT überprüfen zu lassen. Sie macht geltend, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten.

14

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Beklagte beruft sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Zustellung des Rentenbescheids vom 15. Februar 2006, mit dem der Klägerin unbefristet Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt wurde (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 13, AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 7).

15

B. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 22. Mai 2006 Klage erhoben. Die Klagefrist und die Fiktion der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gelten nicht nur für die Feststellung der Wirksamkeit der Bedingung, sondern auch für die Klärung der Frage, ob die auflösende Bedingung eingetreten ist. Dem Lauf der Klagefrist stehen § 92 Satz 1 SGB IX und eine analoge Anwendung von § 4 Satz 4 KSchG nicht entgegen.

16

I. Die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist abweichend von der bisherigen Senatsrechtsprechung auch einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern ihr tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll.

17

1. Der Senat hat bisher angenommen, die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG sei nicht anzuwenden, wenn die Parteien nicht über die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung stritten, sondern ausschließlich darüber, ob die auflösende Bedingung eingetreten sei. Das sei Gegenstand einer allgemeinen Feststellungsklage. Die Frage der Wirksamkeit der Tarifnorm müsse demgegenüber in der Dreiwochenfrist geltend gemacht werden (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 12 und 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 7; 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 1 und 2 der Gründe, BAGE 111, 148).

18

2. Daran hält der Senat nicht fest. Die Auslegung der §§ 21, 17, 15 Abs. 2 und Abs. 5 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG ergibt, dass die Klagefrist auch für den Streit über den Eintritt der auflösenden Bedingung gilt.

19

a) Für das bisherige Auslegungsergebnis des Senats spricht vor allem der Wortlaut der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG. § 21 TzBfG bestimmt, dass ua. § 17 TzBfG entsprechend gilt, wenn der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen wird. Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die auflösende Bedingung, unter der sein Arbeitsvertrag steht, rechtsunwirksam ist, muss er nach § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des bedingten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Bedingung nicht beendet ist. Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG gelten §§ 5 bis 7 KSchG entsprechend. Der Verweisung unterfällt auch die Rechtsfolge der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer auflösenden Bedingung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die auflösende Bedingung als von Anfang an rechtswirksam. Die Fiktion bewirkt, dass der Arbeitsvertrag als wirksam auflösend bedingt gilt. Dagegen spricht der reine Wortlaut der Vorschriften zunächst nicht dafür, die Klagefrist und die Fiktion der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG auch auf den Streit über den Eintritt der Bedingung zu erstrecken (vgl. BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 2 der Gründe mwN, BAGE 111, 148). Er steht einem solchen Verständnis jedoch nicht zwingend entgegen. Bereits das Wort „entsprechend“ in § 21 TzBfG macht deutlich, dass bei der Anwendung der dort genannten Bestimmungen die Besonderheiten der auflösenden Bedingung zu berücksichtigen sind.

20

b) Nach Sinn und Zweck sowie Zusammenhang der §§ 21, 17, 15 Abs. 2 und Abs. 5 TzBfG sind die Klagefrist und die Fiktion des § 7 Halbs. 1 KSchG auch auf den tatsächlichen Eintritt der auflösenden Bedingung anzuwenden.

21

aa) Das Erfordernis der fristgebundenen Klage schützt die Interessen des Arbeitgebers und des Rechtsverkehrs an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. nur BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 21 und 25). Bei sog. Kalenderbefristungen iSv. § 15 Abs. 1 TzBfG steht der Ablauf der vereinbarten Zeit regelmäßig fest. Typischerweise besteht daher kein Streit über das Befristungsende, sondern „nur“ über die Wirksamkeit der Befristung. Daraus erklärt sich die Formulierung in § 17 Satz 1 TzBfG. Die von § 21 TzBfG vorgegebene entsprechende Anwendung des § 17 Satz 1 TzBfG hat demgegenüber den Besonderheiten auflösender Bedingungen Rechnung zu tragen. Bei auflösend bedingten Arbeitsverträgen kann sowohl über die Wirksamkeit der Bedingung als auch über ihren tatsächlichen Eintritt gestritten werden. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt idR von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig nahezu unlösbar mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. So kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei auflösenden Bedingungen, die an eine Rentengewährung wegen Erwerbsminderung anknüpfen, vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung geboten sein. Sie dient der Wirksamkeit der Bedingungsabrede (vgl. näher und mwN BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu II 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 111, 148). Die Wirksamkeit der Bedingung korrespondiert mit ihren Voraussetzungen. Die Auslegung und die Prüfung der Wirksamkeit tariflicher auflösender Bedingungen wie der des § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT sind ineinander verschränkt. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung unterliegen beide Fragen dem Klagefristerfordernis.

22

bb) Dieses Verständnis entspricht auch dem systematischen Zusammenhang von § 17 Satz 1 und Satz 3 mit § 15 Abs. 2 und Abs. 5 TzBfG. Bei Kalenderbefristungen iSv. § 15 Abs. 1 TzBfG besteht regelmäßig kein Zweifel am Zeitpunkt des vereinbarten Endes des befristeten Arbeitsvertrags iSv. § 17 Satz 1 TzBfG. Der Beginn der Klagefrist steht fest. Auch die von § 21 TzBfG vorgegebene entsprechende Anwendung des § 17 Satz 1 TzBfG knüpft an das „vereinbarte Ende“ des auflösend bedingten Arbeitsvertrags an. Das vereinbarte Ende ist mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung erreicht. Nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis aber frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis erst nach Bedingungseintritt, also nach dem vereinbarten Ende iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis wird nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, ohne dass ein Fall der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre. Auf diese Konstellation ist die Bestimmung des § 17 Satz 3 TzBfG zugeschnitten, die in § 21 TzBfG ebenfalls für entsprechend anwendbar erklärt ist. Danach beginnt die Dreiwochenfrist in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt wird, mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung beendet sei. Bei einem Streit über den Bedingungseintritt beginnt die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG damit in entsprechender Anwendung nach § 21 TzBfG mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet(ebenso Preis/Gotthardt DB 2001, 145, 151 f.).

23

II. Die Klägerin hat die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG versäumt. Die auflösende Bedingung des Arbeitsvertrags, auf die sich die Beklagte nach § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT beruft, gilt daher nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten.

24

1. Die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG wurde nach §§ 21, 17 Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG mit Zugang des Schreibens vom 22. Mai 2006 in Lauf gesetzt. Darin teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Arbeitsverhältnis habe infolge des Rentenbescheids vom 15. Februar 2006 mit dem 28. Februar 2006 geendet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar nur die Tatsache des Zugangs der Beendigungsmitteilung und nicht seinen genauen Zeitpunkt festgestellt. Bei Eingang der Klage in diesem Rechtsstreit am 1. Oktober 2008 war die dreiwöchige Klagefrist aber jedenfalls längst verstrichen. Die am 2. August 2006 eingereichte und am 4. August 2006 zurückgenommene Klage entfaltete nach § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO keine Wirkung.

25

2. Dem Lauf der Frist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG steht § 92 Satz 1 SGB IX nicht entgegen. Eine Analogie zu § 4 Satz 4 KSchG scheidet aus(vgl. dazu BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 17 ff.). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen bedarf nach § 92 Satz 1 SGB IX nur dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts, wenn sie im Fall des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Hier war der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2006 unbefristet Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden.

26

3. Die auflösende Bedingung des Arbeitsvertrags gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten. Auf die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.

27

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Für den durch Ablauf der Amtszeit
an der Unterschrift gehinderten
ehrenamtlichen Richter Güner
Linsenmaier    

        

    M. Zwisler    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 18/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch auflösende Bedingung endete.

2

Die im Dezember 1948 geborene, mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehinderte Klägerin war seit August 1987 als medizinisch-technische Assistentin bei der Beklagten beschäftigt. Sie war seit 20. Juni 2001 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden aufgrund einzelvertraglicher Verweisung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge Anwendung. Der BAT lautete in der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung auszugsweise:

        

„§ 59 

        

Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

        

(1)     

Wird durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der Angestellte erwerbsgemindert ist, so endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, sofern der Angestellte eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat. Der Angestellte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erst nach der Zustellung des Rentenbescheides, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine befristete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt wird. In diesem Falle ruht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten von dem Tage an, der auf den nach Satz 1 oder 3 maßgebenden Zeitpunkt folgt, bis zum Ablauf des Tages, bis zu dem die befristete Rente bewilligt ist, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Arbeitsverhältnis endet.

                 

…       

        

(2)     

Erhält der Angestellte keine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat, so endet das Arbeitsverhältnis des kündbaren Angestellten nach Ablauf der für ihn geltenden Kündigungsfrist (§ 53 Abs. 2), des unkündbaren Angestellten (§ 53 Abs. 3) nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Die Fristen beginnen mit Zustellung des Rentenbescheides bzw. mit der Bekanntgabe des Gutachtens des Amtsarztes an den Angestellten. Der Angestellte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erst nach der Zustellung des Rentenbescheides, beginnen die Fristen mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Absatz 1 Unterabs. 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

        

(3)     

Das Arbeitsverhältnis endet bzw. ruht nicht, wenn der Angestellte, der nur teilweise erwerbsgemindert ist, nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Angestellte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

        

(4)     

Liegt bei einem Angestellten, der schwerbehindert im Sinne des SGB IX ist, in dem Zeitpunkt, in dem nach den Absätzen 1 und 2 das Arbeitsverhältnis wegen verminderter Erwerbsfähigkeit endet, die nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes.“

3

Mit Bescheid vom 21. Februar 2003 wurde der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet für die Zeit vom 1. November 2002 bis 31. Dezember 2004 bewilligt. Die befristete Rentengewährung wurde zweimal verlängert. Mit Bescheid vom 15. Februar 2006 wurde der Klägerin auf ihren Antrag vom 8. September 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres beginnend ab 1. März 2006 bewilligt.

4

Die Klägerin erhob gegen den Bescheid vom 15. Februar 2006 unter dem 12. März 2006 Widerspruch. Sie begründete ihn zunächst nicht. Ihre Bemühungen, mit der Beklagten einen Vertrag über ein neu zu begründendes Arbeitsverhältnis nach dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit zu schließen, scheiterten im Mai 2006. Mit der Klägerin zugegangenem Schreiben vom 22. Mai 2006 teilte die Beklagte ihr mit, ihr Arbeitsverhältnis habe infolge des Rentenbescheids vom 15. Februar 2006 mit dem 28. Februar 2006 geendet. Nach mehreren Aufforderungen der Deutschen Rentenversicherung, ihren Widerspruch zu begründen, stellte die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 29. Mai 2006 klar, dass es ihr nicht um einen Rentenbezug auf unbestimmte Dauer, sondern um Rente auf Zeit gehe. Mit Schreiben vom 28. August 2006 begründete sie ihren Widerspruch.

5

Die Klägerin reichte mit Schriftsatz vom 2. August 2006, der am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, unter Hinweis auf ihren Widerspruch vom 12. März 2006 Klage auf Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses ein. Sie nahm diese Klage am 4. August 2006 zurück.

6

Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 12. Februar 2007 im Weg der Neufeststellung Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnend mit dem 1. März 2006 befristet bis 31. Dezember 2007 bewilligt. Die Dauer der Rente wurde mit Bescheid vom 24. Oktober 2007 bis 31. Dezember 2010 verlängert.

7

Die Klägerin hat mit ihrer am 1. Oktober 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe durch die Bewilligung der zunächst unbefristeten Rente nicht enden können. Sie habe nie eine solche Rente beantragt. Der Rentenbescheid sei auch nicht bestandskräftig geworden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 28. Februar 2006 beendet worden ist, sondern über diesen Zeitpunkt und auch über den 15. Juni 2006 hinaus fortbesteht.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Arbeitsverhältnis sei nach § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT beendet worden. Für die Beendigungswirkung des unbefristeten Rentenbescheids komme es allein auf dessen Zustellung, nicht auf seine Bestandskraft an. Die Klägerin habe sie zu keinem Zeitpunkt über den von ihr eingelegten Widerspruch unterrichtet. Erst durch die Vorlage des neuen - befristeten - Rentenbescheids vom 12. Februar 2007 sei der Beklagten klar geworden, dass ein von der Klägerin erhobener Widerspruch erfolgreich gewesen sei.

10

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht mit dem 28. Februar 2006, sondern erst mit dem 15. Juni 2006 endete. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will die Klägerin weiter festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet wurde, sondern über den 15. Juni 2006 hinaus fortbesteht.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin geltend macht, das Arbeitsverhältnis habe über den 15. Juni 2006 hinaus fortbestanden. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der auflösenden Bedingung des § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT mit dem 15. Juni 2006. Die Bedingung gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als rechtswirksam und eingetreten. Die Klägerin hat die dreiwöchige Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt. Die Klagefrist wurde mit Zugang des Schreibens vom 22. Mai 2006, mit dem die Beklagte den Eintritt der Bedingung mitteilte, in Lauf gesetzt (§§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG).

12

A. Die Klage ist zulässig.

13

I. Sie ist nach gebotener Auslegung als allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO und nicht als Bedingungskontrollklage iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Das folgt aus dem Wortlaut des Antrags und dem in der Klagebegründung ausgedrückten Willen der Klägerin (vgl. zB BAG 16. April 2003 - 7 AZR 119/02 - zu I 1 a der Gründe mwN, BAGE 106, 72). Ihr geht es nicht darum, die Wirksamkeit von § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT überprüfen zu lassen. Sie macht geltend, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten.

14

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Beklagte beruft sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Zustellung des Rentenbescheids vom 15. Februar 2006, mit dem der Klägerin unbefristet Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt wurde (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 13, AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 7).

15

B. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 22. Mai 2006 Klage erhoben. Die Klagefrist und die Fiktion der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gelten nicht nur für die Feststellung der Wirksamkeit der Bedingung, sondern auch für die Klärung der Frage, ob die auflösende Bedingung eingetreten ist. Dem Lauf der Klagefrist stehen § 92 Satz 1 SGB IX und eine analoge Anwendung von § 4 Satz 4 KSchG nicht entgegen.

16

I. Die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist abweichend von der bisherigen Senatsrechtsprechung auch einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern ihr tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll.

17

1. Der Senat hat bisher angenommen, die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG sei nicht anzuwenden, wenn die Parteien nicht über die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung stritten, sondern ausschließlich darüber, ob die auflösende Bedingung eingetreten sei. Das sei Gegenstand einer allgemeinen Feststellungsklage. Die Frage der Wirksamkeit der Tarifnorm müsse demgegenüber in der Dreiwochenfrist geltend gemacht werden (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 12 und 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 7; 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 1 und 2 der Gründe, BAGE 111, 148).

18

2. Daran hält der Senat nicht fest. Die Auslegung der §§ 21, 17, 15 Abs. 2 und Abs. 5 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG ergibt, dass die Klagefrist auch für den Streit über den Eintritt der auflösenden Bedingung gilt.

19

a) Für das bisherige Auslegungsergebnis des Senats spricht vor allem der Wortlaut der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG. § 21 TzBfG bestimmt, dass ua. § 17 TzBfG entsprechend gilt, wenn der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen wird. Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die auflösende Bedingung, unter der sein Arbeitsvertrag steht, rechtsunwirksam ist, muss er nach § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des bedingten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Bedingung nicht beendet ist. Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG gelten §§ 5 bis 7 KSchG entsprechend. Der Verweisung unterfällt auch die Rechtsfolge der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer auflösenden Bedingung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die auflösende Bedingung als von Anfang an rechtswirksam. Die Fiktion bewirkt, dass der Arbeitsvertrag als wirksam auflösend bedingt gilt. Dagegen spricht der reine Wortlaut der Vorschriften zunächst nicht dafür, die Klagefrist und die Fiktion der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG auch auf den Streit über den Eintritt der Bedingung zu erstrecken (vgl. BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 2 der Gründe mwN, BAGE 111, 148). Er steht einem solchen Verständnis jedoch nicht zwingend entgegen. Bereits das Wort „entsprechend“ in § 21 TzBfG macht deutlich, dass bei der Anwendung der dort genannten Bestimmungen die Besonderheiten der auflösenden Bedingung zu berücksichtigen sind.

20

b) Nach Sinn und Zweck sowie Zusammenhang der §§ 21, 17, 15 Abs. 2 und Abs. 5 TzBfG sind die Klagefrist und die Fiktion des § 7 Halbs. 1 KSchG auch auf den tatsächlichen Eintritt der auflösenden Bedingung anzuwenden.

21

aa) Das Erfordernis der fristgebundenen Klage schützt die Interessen des Arbeitgebers und des Rechtsverkehrs an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. nur BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 21 und 25). Bei sog. Kalenderbefristungen iSv. § 15 Abs. 1 TzBfG steht der Ablauf der vereinbarten Zeit regelmäßig fest. Typischerweise besteht daher kein Streit über das Befristungsende, sondern „nur“ über die Wirksamkeit der Befristung. Daraus erklärt sich die Formulierung in § 17 Satz 1 TzBfG. Die von § 21 TzBfG vorgegebene entsprechende Anwendung des § 17 Satz 1 TzBfG hat demgegenüber den Besonderheiten auflösender Bedingungen Rechnung zu tragen. Bei auflösend bedingten Arbeitsverträgen kann sowohl über die Wirksamkeit der Bedingung als auch über ihren tatsächlichen Eintritt gestritten werden. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt idR von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig nahezu unlösbar mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. So kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei auflösenden Bedingungen, die an eine Rentengewährung wegen Erwerbsminderung anknüpfen, vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung geboten sein. Sie dient der Wirksamkeit der Bedingungsabrede (vgl. näher und mwN BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu II 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 111, 148). Die Wirksamkeit der Bedingung korrespondiert mit ihren Voraussetzungen. Die Auslegung und die Prüfung der Wirksamkeit tariflicher auflösender Bedingungen wie der des § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT sind ineinander verschränkt. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung unterliegen beide Fragen dem Klagefristerfordernis.

22

bb) Dieses Verständnis entspricht auch dem systematischen Zusammenhang von § 17 Satz 1 und Satz 3 mit § 15 Abs. 2 und Abs. 5 TzBfG. Bei Kalenderbefristungen iSv. § 15 Abs. 1 TzBfG besteht regelmäßig kein Zweifel am Zeitpunkt des vereinbarten Endes des befristeten Arbeitsvertrags iSv. § 17 Satz 1 TzBfG. Der Beginn der Klagefrist steht fest. Auch die von § 21 TzBfG vorgegebene entsprechende Anwendung des § 17 Satz 1 TzBfG knüpft an das „vereinbarte Ende“ des auflösend bedingten Arbeitsvertrags an. Das vereinbarte Ende ist mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung erreicht. Nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis aber frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis erst nach Bedingungseintritt, also nach dem vereinbarten Ende iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis wird nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, ohne dass ein Fall der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre. Auf diese Konstellation ist die Bestimmung des § 17 Satz 3 TzBfG zugeschnitten, die in § 21 TzBfG ebenfalls für entsprechend anwendbar erklärt ist. Danach beginnt die Dreiwochenfrist in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt wird, mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung beendet sei. Bei einem Streit über den Bedingungseintritt beginnt die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG damit in entsprechender Anwendung nach § 21 TzBfG mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet(ebenso Preis/Gotthardt DB 2001, 145, 151 f.).

23

II. Die Klägerin hat die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG versäumt. Die auflösende Bedingung des Arbeitsvertrags, auf die sich die Beklagte nach § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT beruft, gilt daher nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten.

24

1. Die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG wurde nach §§ 21, 17 Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG mit Zugang des Schreibens vom 22. Mai 2006 in Lauf gesetzt. Darin teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Arbeitsverhältnis habe infolge des Rentenbescheids vom 15. Februar 2006 mit dem 28. Februar 2006 geendet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar nur die Tatsache des Zugangs der Beendigungsmitteilung und nicht seinen genauen Zeitpunkt festgestellt. Bei Eingang der Klage in diesem Rechtsstreit am 1. Oktober 2008 war die dreiwöchige Klagefrist aber jedenfalls längst verstrichen. Die am 2. August 2006 eingereichte und am 4. August 2006 zurückgenommene Klage entfaltete nach § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO keine Wirkung.

25

2. Dem Lauf der Frist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG steht § 92 Satz 1 SGB IX nicht entgegen. Eine Analogie zu § 4 Satz 4 KSchG scheidet aus(vgl. dazu BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 17 ff.). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen bedarf nach § 92 Satz 1 SGB IX nur dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts, wenn sie im Fall des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Hier war der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2006 unbefristet Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden.

26

3. Die auflösende Bedingung des Arbeitsvertrags gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten. Auf die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.

27

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Für den durch Ablauf der Amtszeit
an der Unterschrift gehinderten
ehrenamtlichen Richter Güner
Linsenmaier    

        

    M. Zwisler    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. März 2009 - 3 Sa 29/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2

Die Klägerin ist seit 1992 als Küchenhilfe für die Beklagte tätig. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte ist ein Studentenwerk in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie ist Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

3

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 9. Juli 1997 heißt es:

        

        

§ 1      

                 

Frau G, geboren am 3. April 1946, wird ab 9. Juli 1997 beim STUDENTENWERK ULM für die Betriebszeiten der Mensa der FH Ulm als vollbeschäftigte Saisonarbeiterin mit Dienstort Ulm unter der Bezeichnung Küchenhilfe für Tätigkeiten der Lohngruppe MTArb 1a weiterbeschäftigt.

                 

…       

                          
                 

§ 2      

                 

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995 (GABl. 1996, S. 388) und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.

                 

…       

                 

§ 3      

                 

Nebenabreden           

                 

Der Urlaubsanspruch ist nach Rücksprache mit dem zuständigen Abteilungsleiter für die Zeit der Semesterferien anzumelden.

                 

Die Sonderregelungen für vorübergehend beschäftigte und nicht vollbeschäftigte Arbeiter nach § 2 Buchst. k (SR 2k MTArb) finden entsprechende Anwendung.

                 

…“    

4

Nach § 48 Abs. 7 des MTArb vom 6. Dezember 1995 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 4 vom 31. Januar 2003 beträgt der Erholungsurlaub des Arbeiters, dessen durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage in der Woche verteilt ist (Fünftagewoche), nach vollendetem 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage.

5

In Nr. 6 der Sonderregelungen für den Bereich der Länder zum MTArb für vorübergehend beschäftigte und für nicht vollbeschäftigte Arbeiter nach § 2 Abs. 1 Abschn. B Buchst. k (SR 2k) ist bestimmt:

        

        

„Nr. 6           

                 

Zu § 48 - Erholungsurlaub           

                 

Zu § 49 - Zusatzurlaub           

        

Die §§ 48 und 49 sind mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

        

a)    

Für den vorübergehend beschäftigten Arbeiter, der nicht Saisonarbeiter ist, beträgt der Urlaub 2 1/6 Arbeitstage für jeden vollen Beschäftigungsmonat.

        

b)    

Für den Saisonarbeiter beträgt der Urlaub ein Zwölftel des Urlaubs nach § 48 Abs. 7 für jeden vollen Beschäftigungsmonat.

        

c)    

Der nach Buchstabe a oder b zustehende Urlaub ist auf volle Tage aufzurunden.

        

…“    

        
6

Die Beklagte meldet die Klägerin bei den Sozialversicherungsträgern ab, wenn die Mensa während der Semesterferien geschlossen wird und kein Urlaub oder Zeitausgleich für Überarbeit zu gewähren ist.

7

Die Klägerin wurde wegen der Schließung der Mensa im Jahr 2001 an 23 Tagen, 2002 an acht Tagen, 2003 an 21 Tagen und 2005 an 20 Tagen nicht beschäftigt. In den Jahren 2006 und 2007 wurde sie ununterbrochen beschäftigt.

8

Auf das Arbeitsverhältnis ist aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) anzuwenden.

9

§ 2 TV ATZ lautet:

        

        

§ 2      

                 

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit           

        

(1)     

Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

                 

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet haben,

                 

b)    

eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und

                 

c)    

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,

                 

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

        

(2)     

Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

        

(3)     

Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

        

(4)     

Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen.“

10

Die Klägerin bat mit Schreiben vom 26. Juni 2006 und 28. Juli 2006 darum, einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell zu schließen. Die Beklagte lehnte die Anträge unter dem 8. August 2006 ab.

11

Die Klägerin meint in ihrer der Beklagten am 10. Dezember 2007 zugestellten Klage, die Parteien hätten ein Arbeitsverhältnis und ein Beschäftigungsverhältnis vereinbart, nicht einzelne befristete Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die Klägerin bei den Sozialversicherungsträgern abgemeldet worden sei. Ihr sei in der vorlesungsfreien Zeit stets Urlaub und Überstundenausgleich gewährt worden. Werde das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis nicht länger als einen Monat unterbrochen, sei eine Abmeldung unzulässig. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass in der Arbeitsphase Unterbrechungszeiträume von über einem Monat nicht hätten vermieden werden können. Die Beklagte habe den Urlaub der Klägerin in die Schließungszeiträume der Mensa verlegen können.

12

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, mit ihr einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abzuschließen gemäß dem TV ATZ für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis 30. April 2011 im Blockmodell, wobei die Beschäftigungsphase die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 30. April 2009 und die Freistellungsphase die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 30. April 2011 umfasst.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein rückwirkender Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags sei nicht möglich, weil die Freistellungsphase im Zeitpunkt der rechtskräftigen Ersetzung der Annahmeerklärung bereits begonnen habe. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis und ein Versicherungsverhältnis iSv. § 24 SGB III gälten nur dann als fortbestehend, wenn das Beschäftigungsverhältnis fortdauere.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Das Landesarbeitsgericht habe ua. aufklären müssen, ob die Klägerin in der vorlesungsfreien Zeit zum Teil in der Cafeteria der Mensa gearbeitet habe. Im Zeitpunkt des Altersteilzeitantrags habe die Beklagte die Überlastquote überschritten gehabt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der von der Beklagten in der Revisionsinstanz gehaltene Vortrag zu der Überforderungsgrenze könne nicht berücksichtigt werden.

Entscheidungsgründe

15

A. Die Revision ist unbegründet. Die Klage hat Erfolg.

16

I. Die Klage ist zulässig.

17

1. Sie ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

18

a) Der Antrag ist so zu verstehen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags anzunehmen. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht.

19

b) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll im Blockmodell in der Zeit vom 1. Mai 2007 bis 30. April 2011 durchgeführt werden. Die bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und insgesamt in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erbracht werden. Daran soll sich die Freistellungsphase anschließen. Die Arbeitsphase soll von Mai 2007 bis April 2009 dauern, die Freistellungsphase von Mai 2009 bis April 2011. Das ergibt sich aus dem Klageantrag. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll sich inhaltlich nach den Regelungen des TV ATZ richten.

20

2. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe ihr Recht, die Abgabe der Annahmeerklärung der Beklagten und damit den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags gerichtlich durchzusetzen, nicht verwirkt, lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen.

21

a) Das Recht, eine Klage zu erheben, kann verwirken mit der Folge, dass eine dennoch erhobene Klage unzulässig ist. Das setzt voraus, dass der Anspruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt (Zeitmoment). Weiter müssen Umstände vorliegen, aufgrund derer der Anspruchsgegner annehmen durfte, er werde nicht mehr gerichtlich belangt (Umstandsmoment). Schließlich muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (Zumutbarkeitsmoment; vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 87).

22

b) Das Landesarbeitsgericht hat das Umstands- und das Zumutbarkeitsmoment rechtsfehlerfrei verneint. Die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts keine besonderen Umstände vorgetragen, deretwegen es ihr aus Vertrauensschutzgesichtspunkten unzumutbar ist, sich auf die Klage einzulassen und sich gegen sie zu verteidigen. Sie macht insbesondere nicht geltend, sie habe sich darauf eingerichtet, die Klägerin werde ihren Altersteilzeitantrag nicht gerichtlich verfolgen.

23

II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Abschluss des verlangten Altersteilzeitarbeitsvertrags aus § 2 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ.

24

1. Der auf Annahme des Vertragsangebots gerichtete Antrag ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin die rückwirkende Änderung des Arbeitsverhältnisses ab 1. Mai 2007 verlangt.

25

a) Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung mit Rückwirkung in Betracht. Ein Vertragsangebot kann auch dann angenommen werden, wenn es auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Eine Rückdatierung des Änderungsvertrags vor Eintritt der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung mit Rechtskraft des Urteils nach § 894 Satz 1 ZPO ist dagegen ausgeschlossen(vgl. für die st. Rspr. Senat 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 35; 15. September 2009 - 9 AZR 608/08 - Rn. 15 f., AP BGB § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1; 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

26

b) Hier kommt es nicht darauf an, dass die Leistung der Freistellung seit Mai 2009 nicht mehr in vollem Umfang erbracht werden kann. Die Klägerin hält an ihrem Antrag fest, obwohl die Freistellung von Mai 2009 bis zum Wirksamwerden der Vertragsänderung durch die Fiktion des § 894 Satz 1 ZPO mit Rechtskraft des Senatsurteils nicht durchgeführt werden kann. Die Fiktion des § 894 Satz 1 ZPO bedeutet, dass erst mit der Rechtskraft all diejenigen Rechtsfolgen eintreten, die eine im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft abgegebene Willenserklärung hätte(vgl. grundlegend Senat 15. September 2009 - 9 AZR 608/08 - Rn. 23, AP BGB § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1). Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er hinsichtlich der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. nur Senat 15. April 2008 - 9 AZR 111/07 - Rn. 26 mwN, BAGE 126, 264).

27

2. Die Klägerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 iVm. Abs. 2 TV ATZ. Sie hat das 60. Lebensjahr vollendet. Sie wird von der beklagten Anstalt seit 1992, dh. seit weit über fünf Jahren vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeitarbeit am 1. Mai 2007 beschäftigt. Die Klägerin stand in diesem Fünfjahreszeitraum mindestens 1.080 Kalendertage in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nach dem SGB III. Sie wahrte die Dreimonatsfrist des § 2 Abs. 2 Satz 2 TV ATZ.

28

3. Die Klägerin hat nach § 2 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Dem steht nicht entgegen, dass sie während der Schließung der Mensa in den Semesterferien teilweise von den Sozialversicherungen und der Arbeitslosenversicherung „abgemeldet“ war. Das ergibt die Auslegung von § 2 Abs. 1 letzter Halbs. TV ATZ. Danach muss das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch sein.

29

a) Der normative Teil eines Tarifvertrags ist grundsätzlich nach den für Gesetze geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Auf dieser Grundlage ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu ermitteln, soweit er sich in den tariflichen Regelungen niedergeschlagen hat. Der tarifliche Zusammenhang kann Aufschluss über den von den Tarifvertragsparteien verfolgten Zweck geben. Auch auf die Entstehungsgeschichte und die Tarifpraxis kann zurückgegriffen werden. Praktikabilität und Sinn des Auslegungsergebnisses sind im Auge zu behalten. Im Zweifel ist die Auslegung vorzugswürdig, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. für die st. Rspr. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 135/08 - Rn. 22; 20. Januar 2009 - 9 AZR 677/07 - Rn. 35, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 43 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 30).

30

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Voraussetzung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses iSd. SGB III in § 2 Abs. 1 letzter Halbs. TV ATZ erfüllt. Der Senat kann zugunsten der Beklagten unterstellen, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Sinne dieser Tarifnorm ein ununterbrochenes versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis iSd. SGB III sein muss, obwohl der Tariftext ein solches Verständnis nicht ausdrücklich vorgibt. Der öffentliche Arbeitgeber ist nach § 2 Abs. 1 letzter Halbs. TV ATZ verpflichtet, dazu beizutragen, dass die Beendigung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses vermieden wird. Er muss in der Arbeitsphase der Blockaltersteilzeit so weit wie möglich Urlaub oder Freizeitausgleich gewähren, um eine über einmonatige Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses iSv. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV abzuwenden.

31

aa) Nach § 24 Abs. 1 SGB III stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind, in einem Versicherungspflichtverhältnis. Das Versicherungspflichtverhältnis beginnt für Beschäftigte mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis oder mit dem Tag nach dem Erlöschen der Versicherungsfreiheit (§ 24 Abs. 2 SGB III). Das Versicherungspflichtverhältnis endet für Beschäftigte mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis oder mit dem Tag vor dem Eintritt der Versicherungsfreiheit (§ 24 Abs. 4 SGB III). Versicherungspflichtig sind nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt(versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Innerhalb des in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses bleibt (gegen Arbeitsentgelt) beschäftigt iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, wer - etwa nach §§ 1 ff. BUrlG - von der Verpflichtung zur Arbeit frei wird (vgl. BSG 24. September 2008 - B 12 KR 27/07 R - Rn. 18 mwN, BSGE 101, 273). Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat (§ 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV).

32

bb) Die Beklagte war nach diesen von § 2 Abs. 1 letzter Halbs. TV ATZ in Bezug genommenen sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben verpflichtet, der Klägerin in der Arbeitsphase des erstrebten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses so weit wie möglich Urlaub oder Über- und Mehrarbeitsausgleich in den Semesterferien zu gewähren. Auf diese Weise konnte eine über einmonatige Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses iSv. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV vermieden werden. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Ein solches Vorgehen entsprach § 3 Abs. 1 des Arbeitsvertrags und - wegen des Altersteilzeitantrags der Klägerin - auch ihren Urlaubswünschen iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Nr. 6 SR 2k zum MTArb, auf die § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags verweist, regelt lediglich die Höhe des Urlaubsanspruchs.

33

(1) Für eine Verpflichtung der Beklagten, dazu beizutragen, das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis aufrechtzuerhalten, spricht im Ansatz schon der Wortlaut von § 2 Abs. 1 letzter Halbs. TV ATZ. Die Tarifbestimmung verbindet den Begriff des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit dem des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Sie bringt nicht zum Ausdruck, dass sich Arbeitsverhältnis, Beschäftigungsverhältnis und Versicherungspflichtverhältnis in ihrer Dauer unterscheiden können. Daran zeigt sich, dass die Tarifnorm vorrangig an den einheitlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zeiten der Versicherungspflichtverhältnisse die Zeiten der Versicherungsfreiheit eindeutig überwiegen, wie das hier der Fall ist. Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin ist bis auf die saisonalen „Unterbrechungen“ unzweifelhaft sozialversicherungspflichtig iSv. § 24 SGB III. Das Arbeitsverhältnis bleibt dasselbe. Es wird durch eine mögliche Versicherungsfreiheit nicht beendet.

34

(2) Eine Pflicht der Beklagten, der Klägerin so weit wie möglich Urlaub oder Freizeitausgleich in den Semesterferien zu gewähren, ergibt sich ferner aus Zusammenhang und Zweck der tariflichen Regelung.

35

(a) Anders als für die Wartezeit von 1.080 Kalendertagen der versicherungspflichtigen Beschäftigung in den fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeitarbeit in § 2 Abs. 1 Buchst. c TV ATZ fehlt für die Einordnung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses eine solche Bezugsgröße.

36

(b) Die Versicherungspflichtigkeit des Beschäftigungsverhältnisses soll nach dem tariflichen Zweck ebenso wie die Wartezeit von 1.080 Kalendertagen sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Fördervoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 AltTZG erfüllt sind.

37

(aa) § 2 Abs. 1 TV ATZ sieht die vereinbarte Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur „auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes“ vor. An dieser Voraussetzung zeigt sich, dass die Tarifvertragsparteien des TV ATZ lediglich Altersteilzeitansprüche begründen wollten, die der öffentliche Arbeitgeber mithilfe von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit teilweise refinanzieren kann. Der privatrechtliche Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags wird durch Tarifvertrag begründet. Die tarifliche Anspruchsgrundlage bezieht das öffentlich-rechtliche System der an bestimmte Erfordernisse gebundenen Refinanzierung durch Erstattungsleistungen der öffentlichen Hand nach §§ 3 und 4 AltTZG in die privatrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen mit ein(Senat 15. April 2008 - 9 AZR 111/07 - Rn. 35, BAGE 126, 264).

38

(bb) Das Erfordernis der Versicherungspflichtigkeit sowohl im Tarifsinn als auch iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG ist jedoch gewahrt, wenn die Zeiten der Versicherungspflichtverhältnisse die Zeiten der Versicherungsfreiheit ganz erheblich überwiegen und es dem Arbeitgeber möglich ist, in Zeiten unterbleibender Beschäftigung Urlaub oder Freizeitausgleich festzulegen. Das trifft hier zu, zumal die Klägerin 2006 und 2007 ununterbrochen beschäftigt wurde. Auf die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe nach § 139 ZPO aufklären müssen, ob die Klägerin in der vorlesungsfreien Zeit zum Teil in der Cafeteria der Mensa gearbeitet habe, kommt es damit nicht an.

39

4. Der Vortrag der Beklagten, sie habe die Überlastquote im Zeitpunkt des Altersteilzeitantrags überschritten gehabt, ist in der Revisionsinstanz neu. Dieses Vorbringen kann nach § 559 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigt werden.

40

a) Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob die tatsächliche Überschreitung der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 iVm. § 7 Abs. 2 und 3 AltTZG bestimmten Überforderungsgrenze selbst als dringender betrieblicher Grund iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ zu verstehen ist, der den Arbeitgeber berechtigt, den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags abzulehnen(offengelassen von Senat 15. April 2008 - 9 AZR 111/07 - Rn. 42, BAGE 126, 264; 23. Januar 2007 - 9 AZR 393/06 - Rn. 31 ff., BAGE 121, 55; 30. September 2003 - 9 AZR 590/02 - zu B I 2 b dd der Gründe, BAGE 108, 36).

41

b) Die Tarifvertragsparteien haben in § 2 Abs. 1 TV ATZ für Altersteilzeitansprüche das Erfordernis „auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes“ begründet. Das hindert bereits die Entstehung eines Anspruchs, wenn die Überlastquote überschritten ist. Es kommt nicht darauf an, ob gegenüber dem Anspruch im zweiten Prüfungsschritt ein entgegenstehender dringender betrieblicher Grund iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ geltend gemacht wird(vgl. zum Begriff Senat 23. Januar 2007 - 9 AZR 393/06 - Rn. 25, BAGE 121, 55; 18. März 2003 - 9 AZR 126/02 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 105, 248).

42

c) Die Normierung eines Anspruchshindernisses ändert nichts daran, dass der Arbeitgeber regelmäßig die Tatsachen, die dem Hinderungsgrund zugrunde liegen sollen, darlegen muss, dh. hier die Tatsachen für die Überschreitung der Überlastquote. Der Arbeitnehmer braucht nicht ausdrücklich zu behaupten, die Überforderungsgrenze sei nicht überschritten. Aus der gerichtlichen Geltendmachung des Altersteilzeitantrags und dem Vortrag der positiven Anspruchsvoraussetzungen ist mittelbar zu entnehmen, dass kein Anspruchshindernis in Form einer Überschreitung der Überlastgrenze besteht. Anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer selbst Ausführungen zum Hinderungsgrund macht.

43

d) Aus dem Vorbringen der Klägerin gehen keine Anhaltspunkte dafür hervor, dass die Überforderungsgrenze überschritten ist. Die Beklagte war deshalb nach § 138 Abs. 2 ZPO sekundär behauptungsbelastet, wenn sie darlegen wollte, die Überlastquote sei überschritten. Entsprechenden Sachvortrag hat die Beklagte erst in der Revisionsinstanz gehalten. Die von ihr erhobene Aufklärungsrüge greift nicht durch. Ohne das nötige Vorbringen der Beklagten war das Landesarbeitsgericht nicht verpflichtet, der Frage der Überlastquote nachzugehen.

44

5. Die Beklagte hat sich in den Tatsacheninstanzen nicht auf entgegenstehende dringende betriebliche Gründe iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ berufen. Sie stützt sich in der Revisionsinstanz hilfsweise darauf, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis wegen der teilweisen Versicherungsfreiheit die Fördervoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AltTZG nicht erfülle.

45

a) Bei den entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründen iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ handelt es sich um eine negative Anspruchsvoraussetzung. Der Arbeitgeber hat die ihr zugrunde liegenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast schon dann, wenn er behauptet, solche Gründe bestünden nicht (vgl. zum Begriff der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe iSv. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG Senat 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn. 46, EzA BErzGG § 15 Nr. 18; zu den entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründen iSv. § 9 TzBfG Senat 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 37, BAGE 127, 353).

46

b) Die Beklagte macht in der Revisionsinstanz geltend, der Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses stünden dringende betriebliche Gründe entgegen, weil die öffentlich-rechtlichen Fördererfordernisse wegen der „Unterbrechungen“ des Beschäftigungsverhältnisses in den Semesterferien nicht gewahrt seien. Sie geht also davon aus, die negative Anspruchsvoraussetzung der fehlenden dringenden betrieblichen Gegengründe sei nicht erfüllt. Dem widerspricht die Verpflichtung der Beklagten, Urlaub oder Freizeitausgleich in der Arbeitsphase so weit wie möglich in den Semesterferien zu gewähren und damit die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu vermeiden. Es kann daher auf sich beruhen, ob es sich bei dem neuen Begründungsansatz der Beklagten um eine bloße rechtliche Würdigung oder um neues Tatsachenvorbringen handelt, das in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig ist.

47

B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Ropertz    

        

    D. Wege    

        

        

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Februar 2009 - 8 Sa 892/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und zweier Abmahnungen.

2

Der 1958 geborene Kläger war seit April 2000 bei der konzernangehörigen Beklagten als Leiter Rechnungswesen beschäftigt. Durch E-Mail vom April 2002 teilte er seinen Kollegen mit, für ihn werde Mitte des Jahres der Zeitpunkt seines Austritts kommen, „um plangemäß in die A Hauptverwaltung zurückzukehren“. Seit Anfang August 2002 war er auf eigenen Wunsch von der Arbeitsleistung freigestellt.

3

Mit Schreiben vom 28. November 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2002. Dagegen erhob der Kläger am 19. Dezember 2002 Kündigungsschutzklage und begehrte seine Weiterbeschäftigung. Am 22. Januar 2003 erklärte die Beklagte die Kündigung „verbindlich für gegenstandlos“ und forderte den Kläger auf, die Arbeit bei ihr wieder aufzunehmen. Dieser erklärte mit Schreiben vom 24. Januar 2003, die einseitige „Zurücknahme“ der Kündigung sei nicht möglich. Ihm sei eine Überlegungsfrist von einer Woche einzuräumen, binnen derer er sich erklären werde. Eine Arbeitsaufnahme scheide aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen aus. In Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 11 KSchG habe er zwischenzeitlich - unstreitig - ein anderweitiges - bis Juni 2008 währendes - Arbeitsverhältnis begründet.

4

Mit Schreiben vom 31. Januar und 10. Februar 2003 verlangte die Beklagte - jeweils unter Fristsetzung - der Kläger möge sich abschließend zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erklären und ggf. die Arbeit bei ihr wieder aufnehmen. Das Schreiben vom 10. Februar 2003 verband sie mit einer Abmahnung. Da der Kläger hierauf nicht reagierte, mahnte sie ihn mit Schreiben vom 13. Februar 2003 erneut ab und setzte ihm eine Frist zur Arbeitsaufnahme bis zum 17. Februar 2003. Nachdem der Kläger wiederum nicht zur Arbeit erschienen war, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25. Februar 2003 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2003.

5

Am 11. März 2003 fand im Verfahren über die Kündigung vom 28. November 2002 die Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht statt. Im Sitzungsprotokoll heißt es: „Die Parteien erörtern den Sach- und Streitstand“ und im Anschluss daran: „Im Einverständnis mit den Parteien verkündet der Vorsitzende folgenden Beschluss: Neuer Termin wird auf Antrag einer Partei bestimmt“.

6

Nach Terminsende, aber noch am selben Tag, ging beim Arbeitsgericht ein auf den 10. März 2003 datierter Schriftsatz des Klägers ein, mit dem dieser sich gegen die Kündigung vom 25. Februar 2003 und die beiden Abmahnungen wandte. Er bat um „förmliche Zustellung dieser Klageerweiterung“ und kündigte an, „im Termin der mündlichen Verhandlung“ die im Schriftsatz enthaltenen Anträge zu stellen. Der Schriftsatz wurde der Beklagten am 4. April 2003 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Einen Termin hat das Arbeitsgericht nicht bestimmt. Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2003 regte die Beklagte an, beim Kläger anzufragen, ob er die Klage aufrecht erhalte. Das Arbeitsgericht sandte das Schreiben formlos an dessen Prozessbevollmächtigten. Eine Antwort blieb aus.

7

Mit Schriftsatz vom 14. März 2006 beantragte der Kläger, dem Verfahren Fortgang zu geben und Termin zur Kammerverhandlung anzuberaumen. Im Kammertermin vom 16. November 2006 erklärte die Beklagte die Kündigung vom 28. November 2002 erneut „für gegenstandslos“. Der Kläger erklärte seine dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage daraufhin „für erledigt“. Die Klage gegen die Kündigung vom 25. Februar 2003 hat er aufrechterhalten und geltend gemacht, die Kündigung sei rechtsunwirksam. Es fehle an Kündigungsgründen und an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats. Die Abmahnungen seien unberechtigt. Er habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt.

8

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 25. Februar 2003 nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht;

        

2.    

die Beklagte - hilfsweise für den Fall des Obsiegens - zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Leiter Rechnungswesen weiterzubeschäftigen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen vom 10. Februar 2003 und vom 13. Februar 2003 aus der Personalakte zu entfernen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger fehle die „Klagebefugnis“. Er habe den Kündigungsschutzprozess für die Dauer von etwas mehr als drei Jahren nicht betrieben. Dadurch habe er den Eindruck erweckt, er habe sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgefunden. Das gelte erst recht unter Beachtung seiner vorgerichtlichen Äußerungen. Außerdem habe er im Gütetermin erklärt, die Klage nach erfolgreicher Probezeit im neuen Arbeitsverhältnis zurücknehmen zu wollen. Nachdem eine Reaktion auf ihren Schriftsatz vom Oktober 2003 ausgeblieben sei, habe sie zum 31. Dezember 2003 Rückstellungen für einen möglichen Prozessverlust aufgelöst. Außerdem habe sie die früheren Aufgaben des Klägers mehrfach innerbetrieblich umverteilt, seine Position in zwei Stellen aufgespalten und nachbesetzt. Im Übrigen sei die Kündigung vom 25. Februar 2003 gerechtfertigt. Der Kläger habe sich nach „Rücknahme“ ihrer vorangegangenen Kündigung illoyal verhalten. Er habe sie pflichtwidrig über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Unklaren gelassen.

10

Mit Urteil vom September 2008 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Anders als dieses angenommen hat, hat der Kläger sein „Recht“, die Unwirksamkeit der Kündigung vom 25. Februar 2003 geltend zu machen, nicht verwirkt. Ob die Kündigung wirksam ist, steht noch nicht fest.

12

I. Die Klage ist im noch interessierenden Umfang ordnungsgemäß erhoben. Eine Klagerücknahme liegt nicht vor.

13

1. Die Klageerweiterung vom 10. März 2003 war wirksam. Der Schriftsatz ist der Beklagten förmlich gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden (§ 174 Abs. 1 ZPO). Ob dem im Hinblick auf § 251 ZPO iVm. § 249 Abs. 2 ZPO Hindernisse entgegen standen, kann dahinstehen. Die Beklagte hat einen solchen Mangel nicht gerügt; sie hat vielmehr die Zustellung gegen sich gelten lassen (§ 295 ZPO).

14

2. Die Rechtshängigkeit ist nicht durch Klagerücknahme (§ 269 ZPO)entfallen.

15

a) Die Klage gilt nicht nach § 54 Abs. 5 Satz 4 ArbGG iVm. § 269 Abs. 3 ZPO als zurückgenommen.

16

aa) Nach § 54 Abs. 5 Satz 4 ArbGG iVm. § 269 Abs. 3 ZPO wird die Klagerücknahme fingiert, wenn in der Güteverhandlung oder im Anschluss daran das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde, weil beide Parteien nicht erschienen sind oder nicht „verhandelt“ haben, und wenn binnen sechs Monaten kein Terminsantrag gestellt wird.

17

bb) Die Parteien sind zum Gütetermin vom 11. März 2003 erschienen und haben im Sinne von § 54 Abs. 5 Satz 4 ArbGG verhandelt. Dafür reicht aus, dass eine dem Zweck der Güteverhandlung entsprechende Erörterung stattgefunden hat (BAG 22. April 2009 - 3 AZB 97/08 - EzA ArbGG 1979 § 54 Nr. 3; zur Säumnis durch „Nichtverhandeln“ BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 492/06 - BAGE 121, 67). Das ist im Streitfall laut Sitzungsprotokoll geschehen. Eine analoge Anwendung von § 54 Abs. 5 ArbGG auf Fälle einer gezielten vorübergehenden Abstandnahme von der Weiterführung des Rechtsstreits kommt nicht in Betracht(BAG 22. April 2009 - 3 AZB 97/08 - aaO). Das betrifft nicht nur den Fall außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen. Die Fiktion der Klagerücknahme wird auch nicht dadurch ausgelöst, dass zunächst die Entwicklung eines bestimmten Lebenssachverhalts, etwa der Verlauf eines neuen Arbeitsverhältnisses abgewartet werden soll (vgl. AnwK/Kloppenburg ArbGG 2. Aufl. § 54 Rn. 44; GMPM/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 54 Rn. 62; GK-ArbGG/Schütz Stand September 2010 § 54 Rn. 71; Schwab/Weth/Korinth ArbGG 3. Aufl. § 54 Rn. 42; aA BCF/Creutzfeldt ArbGG 5. Aufl. § 54 Rn. 17). Darum ging es hier. Ob sich die Wirkungen des § 54 Abs. 5 ArbGG auf eine erst nach dem Gütetermin erhobene Klageerweiterung erstrecken können, hinsichtlich derer das Verfahren nicht weiter betrieben wird, kann dahinstehen.

18

b) Soweit die Beklagte - nicht unwidersprochen - behauptet hat, der Kläger habe im Gütetermin in Aussicht gestellt, die Klage nach erfolgreicher Probezeit in seinem neuen Arbeitsverhältnis zurücknehmen, folgt daraus nichts anderes. Eine solche Aussage ist schon angesichts der Bedingungsfeindlichkeit der Klagerücknahme (vgl. BGH 19. Oktober 1988 - IVa ZR 234/87 - BGHR ZPO § 269 Abs. 1 Einwilligung Nr. 1)nicht geeignet, die Wirkungen des § 269 Abs. 3 ZPO auszulösen.

19

II. Der Kläger hat weder sein Klagerecht noch ein materielles „Recht“, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen, verwirkt.

20

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen (Senat 25. März 2004 - 2 AZR 295/03 - zu II 3 b der Gründe, AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 36 = EzA MuSchG § 9 nF Nr. 40). Ein Recht darf nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit, es in Anspruch zu nehmen, längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Inanspruchnahme als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde; der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (BVerfG 26. Januar 1972 - 2 BvR 255/67 - zu II 2 a der Gründe, BVerfGE 32, 305). Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BAG 10. Oktober 2007 - 7 AZR 487/06 - Rn. 19; 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 42, BAGE 121, 289; 12. Dezember 2006 - 3 AZR 806/05 - Rn. 27, BAGE 120, 345).

21

2. Die Verwirkung beschränkt sich nicht auf materiell-rechtliche Rechtspositionen des Berechtigten. Auch die Möglichkeit zur gerichtlichen Klärung einer Rechtsposition ist eine eigenständige Befugnis, die verwirken kann (st. Rspr., Senat 2. November 1961 - 2 AZR 66/61 - BAGE 11, 353; 6. November 1997 - 2 AZR 162/97 - zu II 3 b der Gründe, AP BGB § 242 Verwirkung Nr. 45 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 2; BAG 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 20, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114). Das gilt auch für die Befugnis zur Fortsetzung eines bereits rechtshängigen Verfahrens, das längere Zeit nicht betrieben wurde. In der Klageerhebung allein erschöpft sich das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung nicht (BAG 26. März 1987 - 8 AZR 54/86 - zu II 1 der Gründe; BGH 22. September 1983 - IX ZR 90/82 - zu 2 c aa der Gründe, MDR 1984, 226).

22

3. Geht es um eine Verwirkung des Klagerechts, muss aus rechtsstaatlichen Gründen (Art. 19 Abs. 4 GG) darauf geachtet werden, dass durch die Annahme einer Verwirkung der Weg zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert wird. Im anhängigen Rechtsstreit kann der Verlust des Klagerechts nur in begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Dies ist bei den Anforderungen an das Zeit- und Umstandsmoment zu berücksichtigen (BVerfG 26. Januar 1972 - 2 BvR 255/67 - zu II 2 b der Gründe, BVerfGE 32, 305; BAG 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 20, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114).

23

4. Ob ausgehend von diesen Grundsätzen im Streitfall eine „Prozessverwirkung“ in Rede steht oder die Verwirkung eines materiellen „Rechts“ des Klägers, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen, bedarf keiner Entscheidung (offen gelassen für den Fall der verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage Senat 28. Mai 1998 - 2 AZR 615/97 - zu II 4 a der Gründe mwN, BAGE 89, 48; vgl. auch BAG 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95; KR/Rost 9. Aufl. § 7 KSchG Rn. 38 mwN). Die Beklagte kann sich unter keinem Gesichtspunkt auf Verwirkung berufen.

24

a) Der Kläger hat sein Klagerecht nicht durch Untätigkeit im Kündigungsschutzprozess verloren.

25

aa) Allerdings ist das erforderliche Zeitmoment erfüllt. Der Kläger hat seine Klageerweiterung unmittelbar im Anschluss an den Termin vom 11. März 2003 und im Bewusstsein der dortigen gerichtlichen Anordnungen eingereicht. Unter diesen Umständen musste sein Begehren dahin verstanden werden, dass die Terminlosstellung des Verfahrens - nach Zustellung - auf die mit der Klageerweiterung verfolgten Anträge ausgedehnt werden sollte. Jedenfalls musste der Kläger erkennen, dass das Arbeitsgericht sein Anliegen in diesem Sinn verstanden hat. Er hat folglich auch selbst das Verfahren drei Jahre nicht betrieben.

26

bb) Es fehlt jedoch an dem Umstandsmoment. Die Untätigkeit des Klägers war nicht geeignet, bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend zu begründen, er werde seine Kündigungsschutzklage nicht mehr verfolgen und habe sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endgültig abgefunden.

27

(1) Der Arbeitgeber hat auch nach Klageerhebung ein anerkennenswertes Interesse an einer zügigen Entscheidung über die Wirksamkeit einer Kündigung. Dem trägt das Gesetz insbesondere durch die Verpflichtung der Gerichte zur besonderen Prozessförderung in Kündigungsverfahren (§ 61a ArbGG)Rechnung. Gleichwohl duldet das Prozessrecht einen längeren Schwebezustand, wenn es deshalb nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung kommt, weil das Gericht auf Antrag oder im Einvernehmen mit den Parteien das Ruhen des Verfahrens anordnet (§ 251 ZPO) oder - was dem praktisch gleich steht - auf deren Wunsch zunächst keinen Verhandlungstermin anberaumt. Dem Interesse der Parteien, den Rechtsstreit nicht auf unabsehbare Zeit in der Schwebe zu belassen, ist dadurch Rechnung getragen, dass jede von ihnen die Möglichkeit hat, das Verfahren durch Terminsantrag wieder in Gang zu setzen und eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, erlischt die Rechtshängigkeit auch dann nicht, wenn das Verfahren längere Zeit nicht betrieben wird. Eine Verjährung der Rechtshängigkeit ist dem geltenden Verfahrensrecht fremd (vgl. BGH 22. September 1983 - IX ZR 90/82 - zu 2 c aa der Gründe, MDR 1984, 226).

28

(2) Angesichts dieser Prozesslage hat der Arbeitgeber selbst bei langjährigem Verfahrensstillstand grundsätzlich keinen Anlass darauf zu vertrauen, nicht mehr gerichtlich auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung in Anspruch genommen zu werden. Für eine Prozessverwirkung ist allenfalls in engen Grenzen Raum. Es müssen zur Untätigkeit des Arbeitnehmers besondere Umstände hinzutreten, die unzweifelhaft darauf hindeuten, er werde trotz der ihm eröffneten Möglichkeit einer ggf. späten Verfahrensaufnahme auf Dauer von der Durchführung des Rechtsstreits absehen. Daran fehlt es.

29

(a) Das Verhalten des Klägers vor dem Gütetermin ist kein solcher Umstand. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts nimmt nicht ausreichend auf die prozessuale Lage Bedacht.

30

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass die Parteien seit Mitte des Jahres 2002 eine „Trennung“ zum Jahresende anstrebten. Allerdings hatten sie dabei ein einvernehmliches Ausscheiden des Klägers unter Rückkehr zur Konzern-Hauptverwaltung im Blick, worauf sie sich später ersichtlich nicht mehr verständigen konnten. Dies war offenbar der Grund dafür, dass die Beklagte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 28. November 2002 anstrebte. Ob der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat, als er sich zur „Kündigungsrücknahme“ und dem darin liegenden Angebot der Beklagten, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich fortzusetzen, nicht äußerte, ist für die Frage der Verwirkung ohne Belang. Selbst wenn eine Erklärungspflicht des Klägers bestanden hätte, konnte die Beklagte seinem Schweigen - auch unter Berücksichtigung des mehrjährigen Nichtbetreibens des Kündigungsschutzprozesses - nicht entnehmen, er habe sich mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses endgültig abgefunden. Dagegen spricht, dass er sich nach dem Ergebnis des Gütetermins die jederzeitige Aufnahme des Verfahrens vorbehalten hat. Selbst wenn es dem Kläger - wie die Beklagte meint - in erster Linie um das „Wie“ der Beendigung gegangen sein sollte, ändert dies nichts daran, dass er gerade nicht bereit war, sich mit seinem Ausscheiden aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung abzufinden. Das gilt erst recht für die weitere Kündigung vom 25. Februar 2003 und die ihr vorausgegangen Abmahnungen. Weshalb der Kläger von einer Verteidigung gegen diese hätte Abstand nehmen wollen, ist nicht ersichtlich.

31

(b)  Es kann offen bleiben, ob der Kläger - was er bestreitet - im Gütetermin erklärt hat, er werde die Klage bei „Überstehen“ der Probezeit im neuen Arbeitsverhältnis zurücknehmen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob ihn das Schreiben der Beklagten vom 21. Oktober 2003 erreicht hat; der Kläger hat auch dies bestritten. Selbst wenn beides zugunsten der Beklagten unterstellt wird, konnte die - weitere - Untätigkeit des Klägers bei ihr nicht die berechtigte Erwartung auslösen, er werde gegen die Kündigung(en) nicht weiter vorgehen. Das Schweigen des Klägers kann ebenso gut dahin verstanden werden, dass er den Kündigungsschutzprozess bewusst möglichst lange in der Schwebe halten wollte. Soweit dies den Interessen der Beklagten zuwider lief, hätte auch sie die Möglichkeit gehabt, dem Verfahren Fortgang zu geben.

32

cc) Die Beklagte hat zudem nicht dargetan, dass sie im Hinblick auf die Untätigkeit des Klägers Dispositionen getroffen hätte, aufgrund derer es ihr unzumutbar gewesen wäre, sich auf die Kündigungsschutzklage noch im Jahr 2006 einzulassen. Die Neubesetzung der Stelle des Klägers hatte sie bereits Mitte des Jahres 2002 in die Wege geleitet, ohne sich mit ihm zuvor über die Modalitäten einer Vertragsbeendigung rechtsverbindlich verständigt zu haben. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, Ende des Jahres 2003 Rückstellungen zur Abdeckung der Prozessrisiken aufgelöst zu haben, geschah dies ersichtlich nicht erst mit Rücksicht auf den folgenden jahrelangen Verfahrensstillstand. Im Übrigen rechtfertigt das Fehlen von Rückstellungen nicht die Annahme, der Beklagten sei die Fortsetzung des Kündigungsrechtsstreits wegen möglicher Folgeansprüche wirtschaftlich unzumutbar (vgl. dazu BAG 10. Oktober 2007 - 7 AZR 487/06 - Rn. 29; 24. Mai 2006 - 7 AZR 365/05 - Rn. 37, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114).

33

b) Die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Verwirkung liegen nicht vor. Zwar können - vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls - materielle Ansprüche und Rechte auch noch nach Rechtshängigkeit verwirken (MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 242 Rn. 300 mwN). Im Hinblick auf ein etwaiges materielles „Recht“ des Arbeitnehmers, sich auf die Unwirksamkeit einer Kündigung zu berufen, ist aber zu beachten, dass der Verwirkungstatbestand (§ 242 BGB) durch die Dreiwochenfrist konkretisiert wird (Senat 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, AP SGB IX § 85 Nr. 8 = EzA SGB IX § 85 Nr. 6). Im Fall der Fristversäumnis gilt die Kündigung - vorbehaltlich der sich aus §§ 5, 6 KSchG ergebenden Einschränkungen - als wirksam(§ 7 KSchG). Hat dagegen der Arbeitnehmer fristgerecht Klage erhoben, ist während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses für eine Verwirkung des „Rechts“, die Unwirksamkeit der Kündigung geltend zu machen, grundsätzlich kein Raum. Jedenfalls stehen im Streitfall die gegen eine Prozessverwirkung sprechenden Gesichtspunkte auch der Annahme einer materiell-rechtlichen Verwirkung entgegen.

34

III. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat vermag über die Wirksamkeit der Kündigung vom 25. Februar 2003 und der Abmahnungen nicht abschließend entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Standpunkt aus konsequent - nicht geprüft, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB vorliegt oder die Kündigung nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist. Dementsprechend fehlt es an hinreichenden Feststellungen. Unabhängig davon hat der Kläger auch die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gerügt, ohne dass dazu Feststellungen getroffen worden wären.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Bartz    

                 

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 29. Oktober 2009 - 11 Sa 802/09 - aufgehoben.

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 12. Mai 2009 - 3 Ca 2237/08 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr letzter Arbeitsvertrag wirksam bis 31. Januar 2009 befristet wurde.

2

Der Kläger war beim beklagten Land in der Zeit vom 3. September 2007 bis 31. Januar 2009 aufgrund dreier befristeter Arbeitsverträge als Lehrkraft in Teilzeit beschäftigt. In dem dritten, im Juni 2008 geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es auszugsweise:

        

㤠1

        

Herr K wird ab 26.06.2008 als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Pflichtstunden befristet eingestellt.

        

Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Dauer der Erkrankung der Lehrkraft R, längstens bis zum 31.01.2009.“

3

Der Lehrer R verstarb am 6. Juli 2008. Das beklagte Land setzte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger über diesen Zeitpunkt hinaus fort.

4

Der Kläger hat mit der am 6. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 31. Januar 2009 hinaus geltend gemacht. Er hat die Ansicht geäußert, durch seine vorbehaltlose Weiterbeschäftigung nach dem Tod der Lehrkraft R sei nach § 15 Abs. 5 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund der zum 31. Januar 2009 vereinbarten Kalenderbefristung geendet.

5

Die Parteien schlossen nach Zustellung der Klage drei weitere befristete Arbeitsverträge. Zwei der Verträge wurden im Januar 2009 geschlossen, ein weiterer in der Zeit danach für das erste Schulhalbjahr 2009/2010.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht kraft Befristung mit Ablauf des 31. Januar 2009 sein Ende gefunden hat;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, ihn über den 31. Januar 2009 hinaus als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis in dem Umfang von einer regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Pflichtstunden mit Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TV-L weiterzubeschäftigen.

7

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat gemeint, Zweck des befristeten Arbeitsverhältnisses sei die Vertretung des erkrankten Lehrers R gewesen. Der Befristungszweck sei mit dessen Tod nicht erreicht gewesen. Der Zweck habe so lange fortbestanden, bis die vakante Stelle nach einem zeitaufwendigen Auswahlverfahren mit dem 1. Februar 2009 wieder dauerhaft habe besetzt werden können. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 TzBfG seien daher nicht erfüllt. Selbst wenn die Bestimmung angewandt werde, habe das Arbeitsverhältnis jedenfalls aufgrund der kalendermäßigen Befristung am 31. Januar 2009 geendet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des beklagten Landes ist erfolgreich. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Das durch den Arbeitsvertrag von Juni 2008 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund seiner zeitlichen Höchstbefristung am 31. Januar 2009. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt nicht zur Entscheidung des Senats an.

10

A. Der Befristungskontrollantrag ist unbegründet. Die vereinbarte Verbindung von auflösender Bedingung und kalendermäßiger Höchstbefristung ist wirksam. Sie hält einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand. Durch die vorbehaltlose Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den 6. Juli 2008 hinaus entstand wegen der Zeitbefristung entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nach § 15 Abs. 5 TzBfG kein unbefristetes, sondern nur ein befristetes Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Kalenderbefristung mit dem 31. Januar 2009.

11

I. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist die Klage nicht schon deshalb unbegründet, weil die Parteien während der Prozessdauer weitere befristete Arbeitsverträge schlossen. Sie hoben das frühere bis 31. Januar 2009 befristete Arbeitsverhältnis damit nicht einvernehmlich auf. Darauf beruft sich das beklagte Land auch nicht.

12

II. Die zeitliche Höchstbefristung des im Juni 2008 geschlossenen Arbeitsvertrags gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die Klage konnte vor dem Ende der vereinbarten Kalenderbefristung am 31. Januar 2009 erhoben werden. An der raschen Klärung der Frage, ob eine Befristung wirksam ist, besteht in der Regel schon vor dem vereinbarten Vertragsende ein rechtliches Interesse der Parteien. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich der Arbeitgeber - wie im Streitfall - auf die Wirksamkeit der Befristung beruft. Die materiell-rechtliche Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG wird daher nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch durch die Erhebung einer Klage vor dem Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit gewahrt(vgl. nur BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8).

13

III. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, die Befristung sei nicht bereits deshalb unwirksam, weil die Parteien in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 eine Zweckbefristung und eine zeitliche Höchstbefristung miteinander verbunden hätten. Bei der Regelung in § 1 Abs. 2 Alt. 1 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 handelt es sich allerdings nicht um eine Zweckbefristung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 15 Abs. 2 TzBfG, sondern um eine auflösende Bedingung iSv. § 21 TzBfG. Die Verbindung von auflösender Bedingung und kalendermäßiger Höchstbefristung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1, § 15 Abs. 1 TzBfG ist grundsätzlich zulässig. Sie hält hier auch einer sog. AGB-Kontrolle stand.

14

1. § 1 Abs. 2 Alt. 1 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 regelt entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts zwar keine Zweckbefristung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 15 Abs. 2 TzBfG, sondern eine auflösende Bedingung iSv. § 21 TzBfG. Das Berufungsgericht ist aber im Ergebnis richtig davon ausgegangen, dass es sich bei der Regelung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 um eine zulässige Kombination zweier verschiedener Beendigungstatbestände handelt.

15

a) Eine Zeitbefristung ist vereinbart, wenn die Dauer des Arbeitsverhältnisses kalendermäßig bestimmt ist. Eine Zweckbefristung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zu einem kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt, sondern bei Eintritt eines künftigen Ereignisses enden soll. Bei einer auflösenden Bedingung hängt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls vom Eintritt eines künftigen Ereignisses ab. Zweckbefristung und auflösende Bedingung unterscheiden sich in der Frage der Gewissheit des Eintritts des künftigen Ereignisses. Im Fall einer Zweckbefristung betrachten die Vertragsparteien den Eintritt des künftigen Ereignisses als feststehend und nur den Zeitpunkt des Eintritts als ungewiss. Bei einer auflösenden Bedingung ist demgegenüber schon ungewiss, ob das künftige Ereignis, das zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, überhaupt eintreten wird. Worauf sich die Vertragsparteien geeinigt haben, ist durch Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln (vgl. BAG 19. Januar 2005 - 7 AZR 250/04 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 113, 184).

16

b) Nach § 1 Abs. 2 des im Juni 2008 geschlossenen Arbeitsvertrags war das Arbeitsverhältnis „befristet für die Dauer der Erkrankung der Lehrkraft R, längstens bis zum 31.01.2009“. Damit war der Arbeitsvertrag nach dem unzweideutigen Wortlaut des § 1 Abs. 2 Alt. 1 auflösend bedingt durch das Ende der Erkrankung der Lehrkraft R und - entgegen der Auffassung des beklagten Landes - nicht durch das Ende des Vertretungsbedarfs. Das Ende der Erkrankung war ein künftiges ungewisses Ereignis.

17

c) Eine solche Kombination von auflösender Bedingung und Zeitbefristung ist grundsätzlich zulässig (vgl. zu sog. Doppelbefristungen, die aus einer Zweck- und einer Zeitbefristung zusammengesetzt sind, BAG 22. April 2009 - 7 AZR 768/07 - Rn. 11 und 17; 15. August 2001 - 7 AZR 263/00 - zu B II 3 b der Gründe, BAGE 98, 337; mittelbar auch 18. Juni 2008 - 7 AZR 214/07 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 50 = EzA TzBfG § 14 Nr. 50; 13. Juni 2007 - 7 AZR 700/06 - Rn. 28, BAGE 123, 109; vor einer „Doppelbefristung“ wegen möglicher Rechtsfolgen aus § 15 Abs. 5, § 22 Abs. 1 TzBfG warnend ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 3 TzBfG Rn. 13 mwN). Die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung und der zeitlichen Höchstbefristung sind rechtlich getrennt zu beurteilen (vgl. BAG 15. August 2001 - 7 AZR 263/00 - aaO mwN).

18

2. Die in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 enthaltene zusammengesetzte Abrede aus auflösender Bedingung und kalendermäßiger Höchstbefristung hält einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand. Dabei kann die Frage der Rechtsnatur des Vertrags letztendlich offenbleiben. Selbst wenn es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handeln sollte, die das beklagte Land dem Kläger gestellt hat, ist die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht anzuwenden. Die Abrede in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags genügt auch den Anforderungen des Transparenzgebots in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

19

a) Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB ist hier nicht anzuwenden.

20

aa) Bleibt bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht er nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel setzt voraus, dass die Auslegung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Der Arbeitgeber, der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet, muss bei Unklarheiten die ihm am wenigsten günstige Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42 mwN, EzA-SD 2011 Nr. 14 11 - 14).

21

bb) Die Voraussetzung zumindest zweier gleichrangiger Auslegungsergebnisse ist nicht erfüllt. Die Regelung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 lässt nach gebotener Auslegung(§§ 133, 157 BGB) unter Beachtung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs hinreichend klar erkennen, dass der Arbeitsvertrag nach § 1 Abs. 2 Alt. 1 auflösend bedingt werden sollte für die Dauer der Erkrankung des Lehrers R. Unabhängig davon sollte das Arbeitsverhältnis spätestens am 31. Januar 2009 enden.

22

b) Die - unterstellte - Allgemeine Geschäftsbedingung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 verletzt das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht.

23

aa) Eine Klausel verstößt nicht schon dann gegen das Transparenzgebot, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 96 mwN, BAGE 130, 119).

24

bb) Die Kombination einer auflösenden Bedingung oder einer Zweckbefristung mit einer zeitlichen Höchstbefristung ist nicht intransparent. Eine solche Verbindung entspricht einer gebräuchlichen Regelungstechnik beim Abschluss befristeter oder bedingter Arbeitsverträge. Der Arbeitnehmer kann erkennen, dass die Wirksamkeit der beiden Beendigungstatbestände rechtlich getrennt zu beurteilen und anzugreifen ist.

25

IV. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Unrecht angenommen, zwischen den Parteien sei nach §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG durch die widerspruchslose Weiterarbeit des Klägers nach dem Tod des Lehrers R ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 TzBfG überhaupt erfüllt sind. Das Arbeitsverhältnis endete jedenfalls aufgrund der zeitlichen Höchstbefristung am 31. Januar 2009. Die Kalenderbefristung ist wirksam.

26

1. Nach §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gilt ein auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn es nach Eintritt der Bedingung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird und der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer nicht unverzüglich den Bedingungseintritt mitteilt. Rechtsfolge der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG ist in einer solchen Vertragsgestaltung nicht die unbefristete Fortdauer des Arbeitsverhältnisses. Die Fiktionswirkung ist vielmehr auf den nur befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beschränkt.

27

a) Der Senat kann zugunsten des Klägers unterstellen, dass durch seine mit Wissen und Wollen des beklagten Landes erfolgte Weiterarbeit alle Voraussetzungen der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG erfüllt waren. Die in § 1 Abs. 2 Alt. 1 des Arbeitsvertrags von Juni 2008 vereinbarte auflösende Bedingung war entgegen der Ansicht des beklagten Landes mit dem Tod der Lehrkraft R am 6. Juli 2008 eingetreten. Der Kläger wurde auch ohne Widerspruch weiterbeschäftigt. Zweifelhaft könnte jedoch sein, ob der unterbliebene Widerspruch deswegen ungeeignet war, die Rechtsfolge des § 15 Abs. 5 TzBfG auszulösen, weil das beklagte Land in Verkennung der Rechtslage den Eintritt der Bedingung nicht erkannt hatte. Wie eine solche Fallgestaltung - auch unabhängig von der Sondersituation der sog. Doppelbefristung - rechtlich zu beurteilen ist, ist noch nicht geklärt.

28

b) Die Frage kann auf sich beruhen, weil die Fiktionswirkung der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG im Fall einer Kombination von auflösender Bedingung und zeitlicher Höchstbefristung auf den nur befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beschränkt ist. Der zeitlichen Höchstbefristung bis 31. Januar 2009 kommt für die Rechtsfolge sog. Auffangwirkung zu.

29

aa) Für eine solche Auffangwirkung spricht sich in Fällen der Doppelbefristung ein großer Teil des Schrifttums mit unterschiedlichen dogmatischen Ansätzen aus. Entweder wird die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 5 TzBfG oder die Erfüllung der Voraussetzungen der Norm oder der Eintritt ihrer Rechtsfolge verneint.

30

(1) Zum Teil wird angenommen, aus dem Zweck des § 15 Abs. 5 TzBfG ergebe sich, dass die Regelung im Fall einer wirksam vereinbarten Doppelbefristung für die Weiterbeschäftigung über den ersten Beendigungszeitpunkt hinaus bis zum Eintritt des zweiten Beendigungstatbestands nicht anzuwenden sei. Die Fiktion des - anders als § 625 BGB - nach § 22 Abs. 1 TzBfG unabdingbaren § 15 Abs. 5 TzBfG kann danach erst bei einer Weiterbeschäftigung über den zweiten Beendigungszeitpunkt hinaus eintreten(vgl. Arnold/Gräfl/Gräfl TzBfG 2. Aufl. § 3 TzBfG Rn. 20; ähnlich Annuß/Thüsing/Annuß TzBfG 2. Aufl. § 3 Rn. 5; HaKo/Mestwerdt 3. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 24 f.). In der wirksam vereinbarten kalendermäßigen Befristung liegt nach dieser Ansicht keine Vereinbarung, die § 15 Abs. 5 TzBfG abbedingt. Die Vertragsparteien sollen in diesem Fall nicht die Rechtsfolge des § 15 Abs. 5 TzBfG ausgeschlossen, sondern eine wirksame Beendigungsvereinbarung getroffen haben(vgl. Arnold/Gräfl/Arnold § 15 TzBfG Rn. 93 mwN). § 22 Abs. 1 TzBfG verbietet danach nicht, eine Vereinbarung zu treffen, wonach sich der Arbeitgeber auch bei Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Zweckerreichung auf die Höchstbefristung berufen kann(vgl. Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 56). Die Wirksamkeit der Höchstbefristung als einer selbständigen Rechtsgrundlage soll nur an deren Voraussetzungen zu überprüfen sein. Wird das Arbeitsverhältnis nach Zweckerreichung (oder Bedingungseintritt) fortgeführt, ändert sich nach dieser Meinung seine Rechtsgrundlage. Es soll nun als zeitbefristetes Arbeitsverhältnis fortgeführt werden, ohne dass der Tatbestand des § 15 Abs. 5 TzBfG erfüllt ist(vgl. Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 26).

31

(2) Ein anderer Teil der Literatur nimmt an, in der Vereinbarung der später eingreifenden Zeitbefristung sei ein vorweggenommener Widerspruch des Arbeitgebers zu sehen, der den Übergang in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis verhindere. Dem Arbeitnehmer soll danach trotz der Weiterbeschäftigung bekannt sein, dass der Arbeitgeber ihn nicht unbefristet weiterbeschäftigen will (vgl. Sievers TzBfG 3. Aufl. § 3 TzBfG Rn. 22). Der Widerspruch kann nach dieser Ansicht durch schlüssiges Verhalten und zeitlich vor dem Erreichen des Zwecks (oder dem Bedingungseintritt) erhoben werden (vgl. KR/Lipke 9. Aufl. § 21 BEEG Rn. 17e, der § 15 Abs. 5 TzBfG zugleich teleologisch reduzieren will).

32

(3) Ein dritter Teil des Schrifttums, das die Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ablehnt, will § 15 Abs. 5 TzBfG teleologisch reduzieren und das Ende der Erstbefristung in Fällen wirksam vereinbarter Doppelbefristungen nicht erfasst wissen(vgl. KR/Bader § 3 TzBfG Rn. 48).

33

bb) Verschiedene Autoren befürworten dagegen die uneingeschränkte Anwendung von § 15 Abs. 5 TzBfG auch in Fällen der kalendermäßigen Höchstbefristung. Die in § 22 Abs. 1 TzBfG normierte Unabdingbarkeit soll einer Vereinbarung entgegenstehen, die die gegenüber § 625 BGB speziellere einseitig zwingende Vorschrift des § 15 Abs. 5 TzBfG zum Nachteil des Arbeitnehmers abbedingt. Für eine teleologische Reduktion erkennt diese Auffassung im Gesetz keinen Anhaltspunkt (vgl. Hk-TzBfG/Joussen 2. Aufl. § 15 Rn. 95). Ein Ausschluss der Fiktion des § 15 Abs. 5 TzBfG schon im Ursprungsvertrag soll daher nicht möglich sein(vgl. APS/Backhaus 3. Aufl. § 3 TzBfG Rn. 30 und § 15 TzBfG Rn. 89 bis 91; KR/Fischermeier § 625 BGB Rn. 11a; ErfK/Müller-Glöge § 3 TzBfG Rn. 13 und § 15 TzBfG Rn. 31).

34

cc) Die besseren Gründe sprechen dafür, § 15 Abs. 5 TzBfG auch in Fällen einer Doppelbefristung oder einer Kombination von auflösender Bedingung und zeitlicher Höchstbefristung anzuwenden, einen vorweggenommenen Widerspruch abzulehnen, die Rechtsfolge der Regelung aber auf einen nur befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der zeitlichen Höchstbefristung zu beschränken.

35

(1) § 15 Abs. 5 TzBfG ist in Fällen von Doppelbefristungen oder auflösenden Bedingungen, die mit einer zeitlichen Höchstbefristung verbunden sind, anzuwenden, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer widerspruchslos über die zeitlich früher eintretende Zweckerreichung oder den Eintritt der auflösenden Bedingung hinaus weiterbeschäftigt. Der Wortlaut des § 15 Abs. 5 TzBfG enthält keinerlei Einschränkung für Fälle der Doppelbefristung oder der Kombination von auflösender Bedingung und Kalenderbefristung. Er bindet den Eintritt der Fiktion eines Dauerarbeitsverhältnisses bei Zweckbefristungen vielmehr ausnahmslos an die vorbehaltlose Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach Zweckerreichung. Auch Sinn und Zweck des § 15 Abs. 5 TzBfG rechtfertigen es nicht, die Bestimmung in einem solchen Fall völlig unangewendet zu lassen. Die Regelung beruht auf der Erwägung, die Fortsetzung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers sei im Regelfall der Ausdruck eines stillschweigenden Willens der Parteien zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 197/06 - Rn. 25 mwN). Zugleich wird dem Arbeitgeber der spätere Einwand abgeschnitten, das Arbeitsverhältnis habe trotz Weiterarbeit des Arbeitnehmers bereits zu einem früheren Zeitpunkt geendet. Dieses Regelungsziel entfällt nicht, wenn die Arbeitsvertragsparteien zusätzlich zu einer Zweckbefristung oder auflösenden Bedingung eine kalendermäßige Befristung vereinbart haben.

36

(2) Der Vereinbarung einer Zeitbefristung neben der auflösenden Bedingung kann kein vorweggenommener Widerspruch entnommen werden. Ein Widerspruch iSv. § 15 Abs. 5 TzBfG kann als rechtsgeschäftliche empfangsbedürftige Willenserklärung bereits kurz vor Zweckerreichung oder Bedingungseintritt ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erhoben werden(vgl. BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 25 und 27, AP HRG § 57a Nr. 12 = EzA TzBfG § 15 Nr. 2; 5. Mai 2004 - 7 AZR 629/03 - zu II der Gründe, BAGE 110, 295). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer mit einem Wunsch nach Verlängerung oder „Entfristung“ des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber herantritt und der Arbeitgeber der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang damit widerspricht (vgl. BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 27, aaO). Ein schon im ursprünglichen Arbeitsvertrag ausgedrückter Widerspruch liefe aber der einseitig zwingenden Wirkung des § 22 Abs. 1 TzBfG zuwider. Die in § 15 Abs. 5 TzBfG angeordnete Rechtsfolge des Eintritts der Fiktion würde vollständig abbedungen. Auf die durch Weiterarbeit eintretende Rechtsfolge kann nicht von vornherein völlig verzichtet werden (vgl. Dörner Rn. 748). Um eine Umgehung von § 22 Abs. 1 TzBfG auszuschließen, ist ein zeitlicher Zusammenhang mit dem vereinbarten Ende der Vertragslaufzeit erforderlich(vgl. APS/Backhaus § 15 TzBfG Rn. 69; Sievers § 15 TzBfG Rn. 51).

37

(3) Die Rechtsfolge des § 15 Abs. 5 TzBfG ist bei Doppelbefristungen oder - iVm. § 21 TzBfG - bei auflösenden Bedingungen, die mit Zeitbefristungen kombiniert sind, jedoch auf einen nur befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Kalenderbefristung beschränkt. Dem stehen weder der im Wortlaut des § 15 Abs. 5 TzBfG ausgedrückte einheitliche Charakter des Arbeitsverhältnisses noch die nach § 22 Abs. 1 TzBfG zugunsten des Arbeitnehmers einseitig zwingende Wirkung des § 15 Abs. 5 TzBfG entgegen. § 15 Abs. 5 TzBfG ist ein Tatbestand schlüssigen Verhaltens kraft gesetzlicher Fiktion. Die Regelung beruht auf der Erwägung, die Fortsetzung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers sei im Regelfall Ausdruck eines konkludenten Willens der Parteien zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 197/06 - Rn. 25). § 15 Abs. 5 TzBfG soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit nehmen, sich bei sog. Weiterarbeit nach dem von der Zweckbefristung oder der auflösenden Bedingung vorgesehenen Vertragsende auf diesen ersten möglichen Beendigungstatbestand zu berufen. Der konkludent ausgedrückte übereinstimmende Parteiwille ist dagegen nicht auf eine unbefristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses gerichtet, sondern auf seinen nur befristeten Fortbestand. Die Fiktion eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ginge über den mit der widerspruchslosen Weiterarbeit konkludent erklärten Willen der Arbeitsvertragsparteien hinaus. Dieser Wille geht typischerweise nicht dahin, unabhängig von der bisherigen Vereinbarung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Das bisherige Arbeitsverhältnis soll vielmehr über den ersten Beendigungstermin hinaus zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortgesetzt werden. Die Einschränkung der Fiktionswirkung des § 15 Abs. 5 TzBfG durch konkretisierende Rechtsfortbildung entspricht deshalb dem Sinn und Zweck der Norm, der sonst nicht erreicht werden könnte(zu den Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion zB BAG 7. Oktober 2004 - 2 AZR 81/04 - zu II 4 der Gründe mwN, BAGE 112, 148).

38

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund des Arbeitsvertrags von Juni 2008 am 31. Januar 2009. Die zeitliche Höchstbefristung ist wirksam. Sie ist durch den sachlichen Grund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt.

39

a) Die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers zur Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben eines wegen Krankheit zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmers ist regelmäßig durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Der sachliche Grund für die Befristung liegt in diesen Fällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu dem vorübergehend ausfallenden Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis steht und mit dessen Rückkehr rechnen muss. Deswegen besteht für die Verrichtung der Tätigkeiten, die sonst von dem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer versehen würden, von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Teil des Sachgrundes der Vertretung ist damit eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs bei Rückkehr des zu vertretenden Arbeitnehmers. Diese Prognose ist in Vertretungsfällen regelmäßig gerechtfertigt. Nur wenn der Arbeitgeber im Ausnahmefall erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist (vgl. BAG 4. Juni 2003 - 7 AZR 523/02 - zu 1 a der Gründe mwN, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 252 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 4).

40

b) Nach diesen Grundsätzen besteht hier der Sachgrund der Vertretung. Die krankheitsbedingte Abwesenheit des Lehrers R bei Vertragsschluss im Juni 2008 ist bindend festgestellt. Der Kläger hat sich nicht darauf berufen, das beklagte Land habe aufgrund ihm vorliegender Informationen damit rechnen müssen, dass die vertretene Lehrkraft nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde. Die Zeitbefristung ist entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts auch nicht deshalb unwirksam, weil der Lehrer R am 6. Juli 2008 verstarb. Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht kein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die Wirksamkeit der Befristung hängt allein davon ab, ob der sachliche Grund bei Vertragsschluss bestand (vgl. BAG 4. Juni 2003 - 7 AZR 523/02 - zu 1 c der Gründe mwN, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 252 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 4). Das Befristungskontrollrecht ist Vertragskontrolle. Es kann nur die bei Vertragsschluss gegebenen Umstände berücksichtigen (vgl. Dörner Rn. 156).

41

c) Die vom Landesarbeitsgericht zitierte Senatsentscheidung vom 5. Juni 2002 führt zu keinem anderen Ergebnis (- 7 AZR 201/01 - zu 2 b der Gründe, BAGE 101, 257; siehe auch schon 24. September 1997 - 7 AZR 669/96 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 192 = EzA BGB § 620 Nr. 147). Der Sachverhalt der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung weicht vom Streitfall ab. Der Arbeitsvertrag sah in dem zitierten Urteil zwar eine Befristung „für die Zeit“ vor, „in der Frau … wegen Erkrankung ausfällt, bzw. bis zu deren Ausscheiden aus dem Dienst“. Der Arbeitgeber berief sich jedoch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erkrankung der Vertretenen auf den Sachgrund der Vertretung, sondern unter dem Aspekt des Ausscheidens der Vertretenen. Der Sachgrund der Vertretung rechtfertigt nicht die Vereinbarung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter beim Ausscheiden des Vertretenen aus dem Dienst. Durch das Ausscheiden allein wird der Bedarf des Arbeitgebers an der Verrichtung der früher vom Vertretenen und jetzt vom Vertreter auszuübenden Tätigkeit nicht zeitlich begrenzt (vgl. BAG 5. Juni 2002 - 7 AZR 201/01 - aaO; 24. September 1997 - 7 AZR 669/96 - aaO).

42

d) Auf die vom beklagten Land gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts erhobene Aufklärungsrüge kommt es wegen der sachlichen Rechtfertigung der Zeitbefristung nicht an.

43

B. Der auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Klageantrag zu 2. fällt nicht zur Entscheidung des Senats an (vgl. nur BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 27, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

44

C. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    R. Schiller    

        

    Glock    

                 

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Januar 2011 - 2 Sa 29/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Februar 2010 - 4 Ca 159/09 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.130,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juni 2009 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer variablen Vergütung für das Jahr 2008.

2

Der Kläger ist nach einem Betriebsteilübergang seit dem 1. Juli 2007 als Objektverwalter gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 3.043,00 Euro für die Beklagte tätig. Sein Arbeitsverhältnis bestand seit 1992 zunächst mit der F-AG und nach einem Wechsel innerhalb des A-Konzerns seit 1996 mit der A Lebensversicherungs-AG.

3

Der Arbeitsvertrag mit der A Lebensversicherungs-AG vom 20. Dezember 1996/6. Januar 1997 lautet auszugsweise:

        

„§ 3 Bezüge

        

Für Ihre Tätigkeit erhalten Sie

        

1. ein Tarifgehalt

        

…       

        

2. eine Frühjahrs- und Weihnachtsgratifikation entsprechend den Richtlinien der Gesellschaft.“

4

Nach § 6 des Vertrags erhält der Kläger zusätzliche betriebliche Leistungen „nach der Arbeitsordnung und den Richtlinien der Gesellschaft“.

5

Das Arbeitsverhältnis ging 2002 durch Betriebsübergang auf die A Immobilien GmbH über. In einer Gesamtzusage der A Immobilien GmbH vom 8. Oktober 2001 zu den Wechselbedingungen heißt es ua.:

        

„1.     

Tarif 

        

Für die Arbeitsverhältnisse gelten die Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe.

        

2.    

Vergütung

        

Die Höhe der betrieblichen Frühjahrs- und Weihnachtsgratifikation sowie der Erfolgsbeteiligung berechnet sich entsprechend der Richtlinien der A Lebensversicherungs-AG. Sollten innerhalb der A Group stärker am Erfolg der Einzelunternehmen bzw. der Mitarbeiter orientierte Vergütungssysteme eingeführt werden, kann auch die A Immobilien GmbH ein solches im Einvernehmen mit dem Betriebsrat vereinbaren. In diesem Fall löst das neue Vergütungssystem der A Immobilien GmbH die Regelungen der A Lebensversicherungs-AG ab.“

6

Zum 1. Januar 2006 trat bei der A Lebensversicherungs-AG eine Gesamtbetriebsvereinbarung über eine variable Vergütung vom 25. Oktober 2005 (GBV) in Kraft. Diese war bis zum 31. Dezember 2006 befristet, eine Nachwirkung war ausgeschlossen. Der variable Vergütungsanteil betrug danach mindestens 0,5 und maximal 0,96 Monatsgehälter abhängig vom Grad der Erreichung der Ziele eines OE-Verbunds, bestehend aus der Sachgruppe Deutschland, der A Lebensversicherungs-AG und der A Private Krankenversicherungs-AG. Ziff. 9 (2) der GBV sah die Ablösung und Ersetzung der betrieblichen Gratifikation, die bisher nach den betrieblichen Richtlinien gezahlt wurde, sowie der Erfolgsbeteiligung gemäß Gesamtbetriebsvereinbarung, gültig ab 1. Mai 2002, vor. Durch Nachträge wurde die befristete Geltung der GBV für die Jahre 2007 und 2008 vereinbart.

7

Die A Immobilien GmbH sagte im Wege einer Ergänzung ihrer Gesamtzusage zu den Wechselbedingungen die entsprechende Anwendung der GBV für das Jahr 2006 zu; auch die befristeten Verlängerungen der GBV für die Jahre 2007 und 2008 vollzog sie durch weitere Ergänzungen der Gesamtzusage vom 20. Dezember 2006 und vom 20. März 2008 nach. Die A Immobilien GmbH zahlte im Jahr 2008 entsprechend der Regelung innerhalb der A Group eine variable Vergütung in Höhe von 70 % eines Monatsgehalts, die Beklagte hat keine variable Vergütung gezahlt.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der variablen Vergütung, den die Beklagte nach dem Betriebsübergang zu erfüllen habe.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.130,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juni 2009 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die bei der A Lebensversicherungs-AG vereinbarte GBV habe das vorherige Vergütungssystem abgelöst. Eine variable Vergütung sei jeweils nur für ein Jahr vereinbart und auch von der A Immobilien GmbH nur jährlich zugesagt worden. Zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die Beklagte sei allein die Zusage für das Jahr 2007 Vertragsbestandteil gewesen; die nach dem Betriebsübergang erteilte Zusage für das Jahr 2008 sei nicht (mehr) Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat einen vertraglichen Anspruch auf Gratifikationen nach den bei der A Lebensversicherungs-AG geltenden Richtlinien erworben (unter I). Nach Ersetzung der Richtlinien durch die GBV ist dieser Anspruch auf die nunmehr bei der A Lebensversicherungs-AG im jeweiligen Kalenderjahr gezahlte variable Vergütung gerichtet; der Kläger hat deshalb für das Jahr 2008 einen vertraglichen Anspruch auf variable Vergütung wie bei der A Lebensversicherungs-AG (unter II). Nach Übergang seines Arbeitsverhältnisses durch Betriebsübergang muss die Beklagte diesen Anspruch nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen(unter III).

13

I. Der Kläger hat nach § 3 Ziff. 2, § 6 seines Arbeitsvertrags einen vertraglichen Anspruch auf Gratifikationen und sonstige zusätzliche Leistungen.

14

1. Nach § 3 Ziff. 2 seines mit der A Lebensversicherungs-AG geschlossenen Arbeitsvertrags erhält der Kläger für seine Tätigkeit eine Frühjahrs- und Weihnachtsgratifikation „entsprechend den Richtlinien der Gesellschaft“ und nach § 6 des Vertrags zusätzliche betriebliche Leistungen „nach der Arbeitsordnung und den Richtlinien der Gesellschaft“.

15

a) Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag nicht dahingehend ausgelegt, ob und in welchem Umfang dadurch vertragliche Ansprüche auf die Leistungen begründet worden sind. Der Senat kann die unterbliebene Vertragsauslegung selbst uneingeschränkt vornehmen. Die maßgeblichen Tatsachen sind festgestellt und eine ergänzende Tatsachenfeststellung ist nicht zu erwarten. Der Arbeitsvertrag enthält nach Form und Inhalt typische Erklärungen, die erkennbar in einer Vielzahl anderer Arbeitsverträge abgegeben wurden und keine individuellen Besonderheiten aufweisen.

16

b) Typische Willenserklärungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden ( BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 670/10 - Rn. 26, NZA 2012, 499). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 17. August 2011 - 10 AZR 322/10 - Rn. 17, EzA GewO § 106 Nr. 8; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09  - Rn. 13, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

17

c) Nach § 3 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags „erhält“ der Kläger für seine Tätigkeit eine Frühjahrs- und eine Weihnachtsgratifikation. Nach dem Wortlaut der Bestimmung wird ein Anspruch begründet. Dies bestätigt die Systematik des Vertrags. Die zugesagten Gratifikationen sind Teil der in § 3 geregelten „Bezüge“. Für seine Tätigkeit erhält der Kläger nach § 3 Ziff. 1 des Vertrags ein Tarifgehalt und nach § 3 Ziff. 2 eine Frühjahrs- und Weihnachtsgratifikation. Aus Sicht verständiger und redlicher Vertragspartner sind damit das Tarifgehalt und dem Grunde nach die bezeichneten Gratifikationen vertraglich zugesagt. Dass der Vertrag ihre Höhe nicht festlegt, sondern auf „Richtlinien der Gesellschaft“ verweist, steht dem nicht entgegen. In diesen Richtlinien waren die zusätzlichen Leistungen der A Lebensversicherungs-AG und damit die „Vergütungsordnung“ der Gesellschaft geregelt. Die Zusage der Zahlung von Gratifikationen und die Verweisung auf Richtlinien der Gesellschaft kann aus Sicht verständiger Vertragspartner nur so verstanden werden, dass der Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch auf Gratifikationen und sonstige Leistungen hat, wie sie in der Gesellschaft jeweils gezahlt werden.

18

2. In diese Verpflichtung ist im Jahr 2002 die A Immobilien GmbH nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten. Die im Vorfeld dieses ersten Betriebsübergangs erteilte „Gesamtzusage zu den Wechselbedingungen“ und der darin formulierte Änderungsvorbehalt bei Einführung neuer Vergütungssysteme konnte diese Vertragslage nicht zum Nachteil des Klägers verändern; tatsächlich bestätigt sie die damalige Vertragslage, da die Höhe der betrieblichen Frühjahrs- und Weihnachtsgratifikation sich entsprechend den Richtlinien der A Lebensversicherungs-AG berechnen sollte.

19

II. Der vertragliche Anspruch auf Zahlung von Gratifikationen ist nicht dadurch entfallen, dass die Richtlinien der A Lebensversicherungs-AG durch die GBV abgelöst wurden und in dieser eine variable Vergütung (zunächst) nur befristet für das Jahr 2006 vereinbart wurde. Der vertragliche Anspruch des Klägers ist nunmehr auf die variable Vergütung gerichtet, die im jeweiligen Kalenderjahr bei der A Lebensversicherungs-AG gezahlt wird. Dies ergibt die ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags des Klägers.

20

1. Der Arbeitsvertrag enthält bezüglich der zugesagten Gratifikationen nur eine zeitdynamische Verweisung auf Richtlinien der Gesellschaft, nicht aber eine inhaltsdynamische Verweisung auf ablösende kollektive Betriebsvereinbarungen. Als kollektives Instrument der Gestaltung der Arbeitsbedingungen ist die GBV keine „Richtlinie“ im Sinne des Arbeitsvertrags. Mit Entfall und Ablösung der Richtlinien durch die GBV entstand eine nachträgliche Regelungslücke im Arbeitsvertrag; die statische Weitergeltung abgelöster Richtlinien hätte nicht dem Zweck der vereinbarten zeitdynamischen Bezugnahme auf diese Richtlinien entsprochen.

21

2. Die nachträgliche Regelungslücke ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen. Im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich diese an einem objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab. Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp eine allgemeine Lösung zur Verfügung stellen, welche die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (vgl. für den Fall einer Tarifsukzession: BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 447/10 - Rn. 23 ff.; 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88).

22

3. Aus der dynamischen Bezugnahme auf Richtlinien der Gesellschaft lässt sich auf den Willen der Parteien schließen, auch das nachfolgende Regelwerk der A Lebensversicherungs-AG vertraglich in Bezug zu nehmen, das als neue „Vergütungsordnung“ für die zusätzlichen Leistungen an die Stelle der Richtlinien tritt. Die mit der GBV verbundene Änderung der „Vergütungsordnung“ der Gesellschaft wirkte deshalb auf den Arbeitsvertrag wie eine grundlegende inhaltliche Änderung der in Bezug genommenen Richtlinien; der vertragliche Anspruch des Klägers ist nunmehr auf die nach der „neuen Vergütungsordnung“ durch die jeweilige GBV bestimmte variable Vergütung gerichtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen folgt aus der Ablösung deshalb nicht, dass der vertragliche Anspruch des Klägers durch die Ergänzungen der Gesamtzusage seitens der A Immobilien GmbH jährlich neu und nur befristet entstand.

23

4. Die wiederholte Mitteilung der A Immobilien GmbH in den ergänzenden Gesamtzusagen vom 20. Dezember 2006 und 20. März 2008, die entsprechende Anwendung der GBV ende mit Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres und es bestehe kein automatischer Gleichlauf mit eventuellen Nachfolgeregelungen bei der A Lebensversicherungs-AG, entsprach damit nicht der Vertragslage des Klägers. Dass der Kläger ein in diesen Schreiben liegendes Angebot auf Änderung seines Arbeitsvertrags angenommen hat, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich; das Schweigen gegenüber einem Angebot auf Verschlechterung eines Vertrags stellt keine Annahme eines solchen Angebots dar (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 - Rn. 27, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 87 = EZA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 11).

24

III. Die Beklagte ist nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die vertraglichen Pflichten der A Immobilien GmbH eingetreten und deshalb verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2008 eine variable Vergütung in der Höhe zu zahlen, wie sie bei der A Lebensversicherungs-AG in diesem Jahr gezahlt wurde. Zwar kann bei Tantieme- oder sonstigen Gewinnbeteiligungsabsprachen Anpassungsbedarf nach den Regeln ergänzender Vertragsauslegung bestehen, wenn die Kennziffern, die Bemessungsgrundlage für die Tantieme sind, beim Betriebserwerber nicht mehr gegeben sind. Bei der im Jahr 2008 bei der A Lebensversicherungs-AG durch GBV festgelegten variablen Vergütung in Höhe von 0,7 Monatsgehältern ist ein solcher Anpassungsbedarf aber nicht vorhanden.

25

IV. Die Zinsentscheidung folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Mikosch     

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Trümner    

                 

(1) Wird nach der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit die Dienstfähigkeit wiederhergestellt und beantragt die Ruhestandsbeamtin oder der Ruhestandsbeamte vor Ablauf einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, spätestens zehn Jahre nach der Versetzung in den Ruhestand, eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, ist diesem Antrag zu entsprechen, falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

(2) Beamtinnen und Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sind, können erneut in das Beamtenverhältnis berufen werden, wenn im Dienstbereich des früheren Dienstherrn ein Amt mit mindestens demselben Grundgehalt übertragen werden soll und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen. Den wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamtinnen und Beamten kann unter Übertragung eines Amtes ihrer früheren Laufbahn nach Satz 1 auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung ihrer früheren Tätigkeit zumutbar ist.

(3) Die erneute Berufung in ein Beamtenverhältnis ist auch in den Fällen der begrenzten Dienstfähigkeit möglich.

(4) Beamtinnen und Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sind, sind verpflichtet, sich geeigneten und zumutbaren Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit zu unterziehen; die zuständige Behörde kann ihnen entsprechende Weisungen erteilen.

(5) Die Dienstfähigkeit der Ruhestandsbeamtin oder des Ruhestandsbeamten kann nach Maßgabe des Landesrechts untersucht werden; sie oder er ist verpflichtet, sich nach Weisung der zuständigen Behörde ärztlich untersuchen zu lassen. Die Ruhestandsbeamtin oder der Ruhestandsbeamte kann eine solche Untersuchung verlangen, wenn sie oder er einen Antrag nach Absatz 1 zu stellen beabsichtigt.

(6) Bei einer erneuten Berufung gilt das frühere Beamtenverhältnis als fortgesetzt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1949
Januar1651
Februar2652
März – Dezember3653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben.

(3) Für Versicherte, die

1.
nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
bestimmt sich die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt:
Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Vorzeitige
Inanspruchnahme
möglich ab Alter
JahrMonat
1948
Januar – Februar6211
März – April6210
Mai – Juni629
Juli – August628
September – Oktober627
November – Dezember626
1949
Januar – Februar625
März – April624
Mai – Juni623
Juli – August622
September – Oktober621
November – Dezember620
1950 – 1963620.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 11 Sa 615/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob die Beklagte die Arbeitszeit des Klägers in der Zeit von Juni bis Oktober 2009 zu Recht wegen begrenzter Dienstfähigkeit herabgesetzt hat und diesem dementsprechend gekürzte Bezüge gewähren durfte.

2

Der Kläger wurde mit Wirkung zum 1. März 1994 von der Beklagten als Dienstordnungsangestellter in einem Dienstverhältnis auf Lebenszeit angestellt. Zuletzt wurde er aus der Besoldungsgruppe A 11 BBesO besoldet.

3

Die Dienstordnung für die Angestellten der AOK Rheinland idF des 3. Nachtrags, der am 1. Januar 1999 in Kraft getreten ist, bestimmt zur Rechtsstellung der Dienstordnungsangestellten:

        

㤠15 Rechtsstellung

        

Der Angestellte auf Lebenszeit steht in einem Dienstverhältnis, das dem eines Landesbeamten auf Lebenszeit entspricht.

        

§ 20 Anpassung an beamtenrechtliche Vorschriften

        

(1)     

Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Angestellten und die Versorgungsempfänger entsprechend oder sinngemäß die jeweiligen Vorschriften für Landesbeamte über:

                 

...     

        
                 

b)    

Eintritt und Versetzung in den Ruhestand und in den einstweiligen Ruhestand sowie die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis.

        

...“   

                 
4

Diese Dienstordnung gilt für die Angestellten, die ihr wie der Kläger bereits am 30. Juni 2006 unterstanden, weiter (Dienstordnung für die Dienstordnungsangestellten der AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse vom 24. Juni 2006).

5

Der Kläger erkrankte im Jahr 2008 seelisch, was zu seiner wiederholten Dienstunfähigkeit führte. Das auf der Grundlage einer Untersuchung vom 4. Juni 2008 und nach Einholung eines fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens erstellte amtsärztliche Gutachten vom 24. Juli 2008 diagnostizierte eine posttraumatische Verbitterungsstörung, die sich aufgrund einer über mehrere Jahre anhaltenden beruflichen Belastungssituation entwickelt habe. Der Kläger sei derzeit nicht in der Lage, in seinem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Die Dienstfähigkeit müsse sich jedoch in den nächsten Wochen wiederherstellen lassen, wenn vorher eine Psychotherapie begonnen habe, die auch den Prozess der beruflichen Wiedereingliederung begleite. Mit der Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei zu rechnen. Das Gutachten empfahl eine Wiedereingliederung, wobei die tägliche Arbeitszeit schrittweise auf sechs Stunden gesteigert werden solle.

6

Der Kläger begann im Juli 2008 mit einer ambulanten Psychotherapie und am 4. August 2008 mit der Wiedereingliederung. Während dieser erkrankte er seit dem 25. September 2008 wiederholt dienstunfähig. Nach einer Bescheinigung seiner behandelnden Hausärztin war dadurch die Wiedereingliederung nicht gefährdet, die wegen der wiederholten Dienstunfähigkeitszeiten des Klägers mit Einverständnis der Beklagten verlängert worden war.

7

Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger am 4. März 2009 erneut amtsärztlich untersucht. Das amtsärztliche Gutachten vom 27. März 2009 stellte fest, dass der Kläger krankheitsbedingt und aufgrund der langen Fahrzeit, die nach seinen Angaben täglich vier bis fünf Stunden betrug, bis auf Weiteres nicht mehr als sechs Stunden je Tag belastbar sei, so dass zurzeit eine entsprechende Teildienstfähigkeit bestehe. Bei einer wohnortnahen Umbesetzung sei wahrscheinlich eine Vollzeitdiensttätigkeit möglich. Nach entsprechender Psychotherapie, die sich voraussichtlich über weitere ein bis zwei Jahre erstrecken werde, scheine eine Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit wahrscheinlich. Diesem amtsärztlichen Gutachten lag - im Unterschied zu dem vom 24. Juli 2008 - kein fachpsychiatrisches Zusatzgutachten zugrunde, sondern lediglich eine telefonische Rücksprache der Amtsärztin mit dem behandelnden Psychotherapeuten und der Hausärztin des Klägers. Die Beurteilung der Amtsärztin deckte sich mit der der Hausärztin, die am 16. März 2009 empfahl, im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung könne die tägliche Arbeitszeit bis zum 30. April 2009 mit sechs Stunden fortgesetzt werden.

8

Mit Schreiben vom 9. April 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, im Hinblick auf das Gutachten vom 27. März 2009 sei beabsichtigt, seine wöchentliche Arbeitszeit auf sechs Stunden täglich zu reduzieren. Dies wies der Kläger mit Schreiben vom 5. Mai 2009 als nicht sachgerecht zurück. Er habe in der Vergangenheit wiederholt vergeblich beantragt, einen Arbeitsplatz in Wohnortnähe zu bekommen, da die derzeitige Fahrzeit Hauptursache seines derzeitigen Gesundheitszustands sei. Die Beklagte forderte ihn mit Schreiben vom 22. Mai 2009 auf, am 27. Mai 2009 mit einer täglichen Arbeitszeit von sechs Stunden seinen Dienst aufzunehmen. Der Kläger reagierte darauf mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 25. Mai 2009:

        

„... Sie unterstellen unserem Mandanten eine Dienstfähigkeit von sechs Stunden täglich. Insoweit ist keine Dienstfähigkeit gegeben. Unser Mandant sollte erneut amtsärztlich untersucht werden; die Gesundheitsverhältnisse haben sich verschlechtert. Auch ist es für unseren Mandanten äußerst wichtig, aus gesundheitlichen Gründen eine wohnsitznahe Beschäftigungsmöglichkeit in Ihrem Hause zu finden.“

9

Am 26. Mai 2009 stellte der Vorstand der Beklagten eine begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 30 Stunden fest. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 28. Mai 2009 zugestellt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kürzte die Beklagte im Anschluss daran für die Zeit von Juni bis einschließlich Oktober 2009 die Bezüge des Klägers monatlich um 994,90 Euro.

10

Der Kläger erbrachte während des gesamten streitbefangenen Zeitraums keine Arbeitsleistung für die Beklagte. Ausweislich der Bescheinigung seiner Hausärztin war er seit dem 30. April 2009 bis einschließlich 30. November 2009 ununterbrochen dienstunfähig. Vom 29. Mai bis 26. Juni 2009 befand er sich in klinischer Behandlung. Am 29. Mai 2009 beantragte der Kläger, ihn wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen. Dies führte zu seiner erneuten amtsärztlichen Untersuchung am 28. Juli 2009 und einer weiteren fachpsychiatrischen Begutachtung. In ihrem anschließenden amtsärztlichen Gutachten vom 15. September 2009 stellte die Amtsärztin eine dauerhafte Dienstunfähigkeit fest. Sie führte aus:

        

„Trotz einer regelmäßigen intensiven ambulanten Psychotherapie ist es dem Obg. nicht gelungen, die von ihm als belastend erlebten beruflichen Anforderungen zu bewältigen. Auch eine wesentliche psychologische Weiterentwicklung ist nicht erkennbar. Stattdessen ist zusätzlich zu der Anpassungsstörung eine deutliche depressive Symptomatik aufgetreten. …

        

Insofern ist von einer dauerhaften Dienstunfähigkeit auszugehen.

        

…“    

11

Die Amtsärztin diagnostizierte eine posttraumatische Verbitterungsstörung, eine rezidivierende depressive Störung in mittelgradiger Episode und eine Persönlichkeitsstörung. Die Beklagte versetzte auf der Grundlage dieses Gutachtens den Kläger zum 1. November 2009 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.

12

Der Kläger begehrt - soweit für die Revision von Bedeutung - die Zahlung ungekürzter Dienstbezüge für die Zeit von Juni bis einschließlich Oktober 2009.

13

Der Kläger hat vorgetragen, die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand indiziere ebenso wie die vorherigen Zeiten seiner Dienstunfähigkeit eine dauerhafte Dienstunfähigkeit auch im streitbefangenen Zeitraum. Im Gutachten vom 27. März 2009 sei seine begrenzte Dienstunfähigkeit ohne die Hinzuziehung eines Facharztes festgestellt worden. Die Amtsärztin habe über die erforderliche Qualifikation zu dieser Feststellung nicht verfügt. Bei einer sachgerechten Untersuchung wäre seine volle Dienstunfähigkeit schon zu diesem Zeitpunkt amtsärztlich erkannt worden, so dass ihm bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand die ungekürzten Bezüge zu zahlen gewesen wären. Für die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit komme es auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an.

14

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.974,50 Euro brutto nebst jeweils fünf Prozent Zinsen per annum über dem Basiszins in im Einzelnen aufgeführter, gestaffelter Höhe zu zahlen.

15

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Entscheidung über das Vorliegen einer begrenzten Dienstfähigkeit erfordere eine Prognose, bei deren Überprüfung es nur auf den Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung ankomme. Nach dem Gutachten vom 27. März 2009 habe begrenzte Dienstfähigkeit vorgelegen. Zwischen den Gutachten der Amtsärztin vom 27. März 2009 und 15. September 2009 bestehe kein Widerspruch. Der Zustand des Klägers habe sich seit März 2009 verschlechtert.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der streitbefangenen Besoldungsdifferenz stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Dienstunfähigkeit des Klägers erst aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 15. September 2009 erkennen können.

17

Mit seiner bereits vor Zustellung des Berufungsurteils eingelegten und innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils begründeten, vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

18

A. Die Revision ist zulässig, obwohl sie vor Zustellung des angefochtenen Urteils eingelegt worden ist, weil bei ihrer Einlegung das angefochtene Urteil bereits verkündet war (BAG 28. Februar 2008 - 3 AZB 56/07 - Rn. 10, AP ZPO § 189 Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 116). Die Revision ist innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG begründet worden.

19

B. Die Revision ist unbegründet.

20

I. Für die Klage besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ergibt sich bei einer Leistungsklage wie der vorliegenden regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Existenz für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist (BGH 30. September 2009 - VIII ZR 238/08 - Rn. 7, NJW 2010, 1135). Es kann allerdings ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn eine Klage objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (BGH 9. Juli 2009 - IX ZR 29/09 - Rn. 7 mwN, MDR 2009, 1244). Auch wenn der Kläger vorträgt, er sei im streitbefangenen Zeitraum nicht nur teilweise dienstunfähig gewesen, sondern es habe bereits vollständige Dienstunfähigkeit vorgelegen, ist seine Klage nicht objektiv sinnlos. Der Kläger macht in der Sache geltend, solange seine dauernde Dienstunfähigkeit nicht festgestellt gewesen sei und er deswegen noch nicht in den Ruhestand versetzt worden sei, hätte ihm die Beklagte ungekürzte Dienstbezüge gewähren müssen.

21

II. Die Beklagte hat mit Beschluss ihres Vorstandes vom 26. Mai 2009 wirksam die begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers festgestellt und seine Arbeitszeit auf sechs Stunden arbeitstäglich festgesetzt. Sie hat ihm deshalb in der Zeit vom 1. Juni 2009 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Wirkung zum 1. November 2009 zu Recht nur die seiner begrenzten Dienstfähigkeit entsprechenden Bezüge gezahlt.

22

1. Erkrankt ein Beamter mit der Folge der Dienstunfähigkeit, so ist er von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit, ohne seinen Anspruch auf Besoldung zu verlieren. Ist er nur noch begrenzt dienstfähig, erhält er gemäß § 72a Abs. 1 iVm. § 6 Abs. 1 BBesG Dienstbezüge, die im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt sind, mindestens jedoch Dienstbezüge in Höhe des Ruhegehalts, das er bei Versetzung in den Ruhestand erhalten würde. Erkrankt ein begrenzt dienstfähiger Beamter, werden ihm nur die gekürzten Dienstbezüge weitergewährt. Diese Vorschriften finden über die Verweisung in der Dienstordnung auch auf den Kläger Anwendung.

23

2. Das mit dem Versorgungsreformgesetz 1998 vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1666, 1667) geschaffene, nunmehr in § 27 BeamtStG geregelte Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit ermöglicht es dem Dienstherrn, die verbliebene Arbeitskraft von Beamten nutzbar zu machen, die ihre Dienstpflichten aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht mehr während der gesamten, aber noch mindestens während der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen können. Diese Beamten sollen nicht mehr wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, sondern unter Berücksichtigung ihres in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögens im aktiven Dienst gehalten werden (BT-Drucks. 13/9527 S. 29). Die begrenzte Dienstfähigkeit ist Ausdruck des hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums, dass der Beamte dem Dienstherrn seine gesamte Persönlichkeit und seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat (BVerwG 28. April 2005 - 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308).

24

a) Die begrenzte Dienstfähigkeit iSv. § 27 BeamtStG ist damit ein Unterfall der Dienstunfähigkeit(Summer in Fürst GKöD Band I Stand September 2006 K § 42a Rn. 10). Erst dann, wenn die Ermittlungen ergeben, dass der Beamte dienstunfähig iSd. § 26 Abs. 1 BeamtStG, aber noch begrenzt dienstfähig iSv. § 27 Abs. 1 BeamtStG ist, kann der Dienstherr die begrenzte Dienstfähigkeit feststellen. Eine begrenzte Dienstfähigkeit kann demnach nur festgestellt werden, wenn nicht bereits aufgrund der Regelungen des § 26 Abs. 2 und Abs. 3 BeamtStG die weitere volle Verwendung des Beamten möglich ist und sich nicht bereits so seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand vermeiden lässt(Brockhaus in Schütz/Maiwald BeamtR Stand Oktober 2011 Teil B § 27 Rn. 6, 23, 47; Summer in Fürst GKöD aaO).

25

b) Die den Beamten begünstigende Feststellung, er sei noch begrenzt dienstfähig, enthält zugleich die ihn belastende Feststellung seiner Teildienstunfähigkeit. Die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit ist deshalb, sofern der Beamte sie nicht selbst beantragt, in entsprechender Anwendung der Regelungen für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit vorzunehmen. Hält der Beamte den Bescheid, mit dem eine begrenzte Dienstfähigkeit festgesetzt wird, für rechtswidrig, kann er diesen vor den Verwaltungsgerichten im Wege der Anfechtungsklage überprüfen lassen (Brockhaus in Schütz/Maiwald BeamtR Stand Oktober 2011 Teil B § 27 Rn. 18 und Stand Februar 2012 Teil C § 34 Rn. 50). Die Kürzung der Bezüge wegen der nach § 27 BeamtStG festgestellten begrenzten Dienstfähigkeit wird wirksam, sobald der Verwaltungsakt, durch den die begrenzte Dienstfähigkeit festgestellt und die Arbeitszeit entsprechend herabgesetzt worden ist, Rechtswirksamkeit erlangt hat(BVerwG 28. April 2005 - 2 C 1.04 - Rn. 11, BVerwGE 123, 308).

26

c) Nichts anderes gilt grundsätzlich auch für Dienstordnungsangestellte. Zwar sind diese trotz der weitgehend öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung ihrer Anstellungsverhältnisse weder Beamte, noch haben sie einen beamtenrechtlichen Status. Infolge der Unterstellung ihres Dienstverhältnisses unter die Dienstordnung im Anstellungsvertrag mit ihrem Dienstherrn wirkt jedoch die Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung gesetzesgleich auf das Dienstverhältnis ein. Für Dienstordnungsangestellte gelten damit im selben Umfang wie für Beamte die jeweils gültigen in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Vorschriften (BAG 24. Mai 2012 - 6 AZR 679/10 - Rn. 15). Dazu gehören auch die Bestimmungen über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in §§ 26 f. BeamtStG iVm. §§ 33 ff. Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG NRW) vom 21. April 2009.

27

aa) Allerdings sind für Klagen von Dienstordnungsangestellten gegen die Entscheidungen des Dienstherrn über die Dienstfähigkeit, die begrenzte Dienstfähigkeit oder die Dienstunfähigkeit nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die Arbeitsgerichte zuständig (BAG 7. April 1992 - 1 AZR 322/91 - zu I 1 der Gründe, AP LPVG Niedersachsen § 75 Nr. 4).

28

bb) Außerdem hat die Klage vor den Arbeitsgerichten - anders als die Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, mit dem der Beamte in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit versetzt worden ist - keine aufschiebende Wirkung. Für eine Anwendung des § 34 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, wonach der Teil der Dienstbezüge, der das Ruhegehalt übersteigt, bei Klageerhebung vorläufig einbehalten wird, ist daher bei derartigen Klagen von Dienstordnungsangestellten gegen ihren Dienstherrn kein Raum.

29

3. Der auf der Grundlage der §§ 26, 27 BeamtStG, §§ 33 ff. LBG NRW ergangene Beschluss des Vorstandes der Beklagten vom 26. Mai 2009, die Arbeitszeit des Klägers wegen begrenzter Dienstfähigkeit auf sechs Stunden arbeitstäglich herabzusetzen, ist ohne entscheidungserheblichen Fehler gefasst worden.

30

a) Das Landesarbeitsgericht hat allerdings nicht festgestellt, dass die Beklagte das Vorliegen einer Dienstunfähigkeit des Klägers iSv. § 26 BeamtStG als Voraussetzung für die Festsetzung einer begrenzten Dienstfähigkeit nach § 27 BeamtStG vor ihrer Entscheidung vom 26. Mai 2009 geprüft hat. Insbesondere ist nicht festgestellt, ob die Beklagte einen wohnortnahen Einsatz des Klägers, den dieser ausweislich seines Schreibens vom 5. Mai 2009 bereits 2008 beantragt hatte, geprüft hat. Nach dem Gutachten vom 27. März 2009 wäre aufgrund des Gesundheitszustands des Klägers im März 2009 bei einer solchen Beschäftigung „wahrscheinlich eine Vollzeitdiensttätigkeit gegeben“ gewesen.

31

aa) Die Revision erhebt jedoch insoweit keine Verfahrensrügen. Vielmehr geht der Kläger selbst ausdrücklich davon aus, dass er bereits bei Erstellung des Gutachtens vom 27. März 2009 dauerhaft und uneingeschränkt dienstunfähig war. Diese Annahme ist Grundlage seines auch noch in der Revisionsinstanz vertretenen Rechtsstandpunkts.

32

bb) Zwar ist nach dem Grundsatz „iura novit curia“ (dazu BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 26, ZIP 2012, 1193) die rechtliche Subsumtion Aufgabe des Gerichts. Unabhängig davon, ob dieser Grundsatz nur das Verhältnis der juristisch nicht gebildeten Naturalpartei zum Gericht betrifft (in diesem Sinne BGH 18. Dezember 2008 - IX ZR 179/07 - Rn. 14, NJW 2009, 987), entbindet er die Parteien nicht davon, dem Gericht die zur rechtlichen Subsumtion erforderlichen Tatsachen beizubringen (vgl. Coester-Waltjen Jura 1998, 661, 662). An diesem erforderlichen Tatsachenvortrag fehlt es vorliegend ausgehend vom Rechtsstandpunkt des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten.

33

b) Die Beklagte hat auf der Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens vom 27. März 2009 wirksam am 26. Mai 2009 die begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers festgesetzt.

34

aa) Für die Beurteilung des Dienstherrn, ob die Voraussetzungen einer begrenzten Dienstfähigkeit vorliegen, kommt es entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, sondern auf den Kenntnisstand des Dienstherrn im Zeitpunkt seiner Entscheidung über die begrenzte Dienstfähigkeit an. Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Danach eingetretene wesentliche Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen (BVerwG st. Rspr., vgl. nur 26. Januar 2012 - 2 C 7.11 - ZTR 2012, 312; 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 - BVerwGE 105, 267).

35

Anders als das Arbeitsgericht angenommen hat findet diese Rechtsprechung auf die Entscheidung des Dienstherrn, ob begrenzte Dienstfähigkeit iSv. § 27 BeamtStG vorliegt, Anwendung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht diese Grundsätze für die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ohne Antrag des Beamten entwickelt. Die begrenzte Dienstfähigkeit nach § 27 BeamtStG ist jedoch ein Unterfall der dauernden Dienstunfähigkeit. Ihre Feststellung dient ebenso wie die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit nach § 26 BeamtStG dem spezifisch beamtenrechtlichen Ausgleich der gegensätzlichen Interessen des Dienstherrn und der Allgemeinheit auf der einen Seite und des Beamten auf der anderen Seite. Aus Praktikabilitätsgründen muss deshalb dem Dienstherrn bei seiner Entscheidung über das Vorliegen einer begrenzten Dienstfähigkeit ebenso wie im Verfahren nach § 26 BeamtStG die Möglichkeit eingeräumt werden, seiner Entscheidung bestimmte, fest umrissene Zeiträume zugrunde zu legen(vgl. VG München 17. Januar 2006 - M 12 K 04.3492 -).

36

bb) In dem danach maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung ihres Vorstandes vom 26. Mai 2009 durfte die Beklagte von einer noch begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers ausgehen.

37

(1) Der Vorstand der Beklagten durfte sich bei seiner Entscheidung auf das zeitnah erstellte amtsärztliche Gutachten vom 27. März 2009 stützen. Aus den vom Kläger in den Prozess eingeführten privatärztlichen Attesten und Bescheinigungen ergibt sich keine abweichende Beurteilung der Dienstfähigkeit.

38

(a) Weichen die medizinischen Beurteilungen durch den Amtsarzt und einen den Beamten behandelnden Privatarzt voneinander ab, kommt der Beurteilung des Amtsarztes kein unbedingter, sondern nur ein eingeschränkter Vorrang zu. Im Konfliktfall können sich die Tatsachengerichte nur dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn kein Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes besteht, seine Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht und in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt darauf eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er diesen Erwägungen nicht folgt. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn sich der Amtsarzt der medizinischen Beurteilung eines von ihm eingeschalteten Facharztes anschließt (BVerwG st. Rspr. seit 11. Oktober 2006 - 1 D 10.05 - Rn. 36 ff., NVwZ-RR 2008, 190; vgl. 15. Februar 2010 - 2 B 126.09 - Rn. 16, Buchholz 232.0 BBG 2009 § 96 Nr. 1). Dieser eingeschränkte Vorrang des amtsärztlichen Gutachtens im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes (BVerwG 15. Februar 2010 - 2 B 126.09 - Rn. 17, aaO).

39

Die Frage des Vorrangs amtsärztlicher Beurteilungen gegenüber privatärztlichen Beurteilungen stellt sich jedoch nur, wenn beide in medizinischen Fragen inhaltlich voneinander abweichen. Das setzt voraus, dass das privatärztliche Attest die Mindestvoraussetzungen einer Nachvollziehbarkeit enthält, nämlich die Behandlungsdauer, Diagnose und die Therapie ausweist. Eine Abweichung kann darum nur vorliegen, wenn sich die Beurteilungen auf dasselbe Krankheitsbild innerhalb eines identischen Zeitrahmens beziehen. Außerdem müssen sich die ärztlichen Feststellungen auf denselben Tatbestand beziehen. Insoweit ist zwischen dem Vorliegen einer dauernden Dienstunfähigkeit und einer lediglich aktuellen Dienstunfähigkeit im Sinne einer Arbeitsunfähigkeit wegen einer vorübergehenden Krankheit zu differenzieren. Die Feststellungen des einen Arztes zu einer dauernden Dienstunfähigkeit können die Feststellungen des anderen Arztes zu einer aktuellen Dienstunfähigkeit nicht ohne Weiteres in Frage stellen (BVerwG 11. Oktober 2006 - 1 D 10.05 - Rn. 38, NVwZ-RR 2008, 190).

40

(b) Nach diesen Grundsätzen bestand vorliegend bereits kein Konflikt zwischen den ärztlichen Beurteilungen der Amtsärztin in ihrem Gutachten vom 27. März 2009 und den vom Kläger in den Prozess eingeführten privatärztlichen Beurteilungen. Sämtliche vom Kläger zur Akte gereichten privatärztlichen Beurteilungen bezogen sich auf aktuelle, vorübergehende Krankheitsbilder, die nach Einschätzung der behandelnden Ärzte seine aktuelle Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatten. Sie beinhalteten somit keinerlei Aussagen zu einer dauernden Dienstunfähigkeit, wie sie als Grundlage der Annahme einer begrenzten Dienstfähigkeit im Gutachten vom 27. März 2009 amtsärztlich festgestellt worden ist. Darüber hinaus erfüllte keines der vom Kläger zur Akte gereichten Atteste die Mindestvoraussetzungen einer Nachvollziehbarkeit, weil insbesondere Diagnose und Therapie nicht angeführt waren. Schließlich hat bereits das Landesarbeitsgericht herausgearbeitet, dass auch die Hausärztin des Klägers noch im März 2009 angenommen hat, der Kläger könne sechs Stunden arbeitstäglich arbeiten, und dies am 16. März 2009 bescheinigt hat.

41

(2) Dem Vorstand der Beklagten konnte aufgrund der zeitlichen Abläufe die vom Kläger mit Schreiben vom 25. Mai 2009 mitgeteilte Verschlechterung seines Gesundheitszustands, die sich in einem Klinikaufenthalt bzw. einer ambulanten Behandlung seit dem 29. Mai 2009 manifestiert hat, bei seiner Entscheidung vom 26. Mai 2009 ebenso wenig bekannt sein, wie der am 29. Mai 2009 gestellte Antrag auf Dienstunfähigkeit durch den Kläger selbst. Er konnte deshalb diese Umstände bei seiner Entscheidung nach § 27 BeamtStG nicht berücksichtigen.

42

(3) Entgegen der Auffassung des Klägers lassen sich aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 15. September 2009 keine Rückschlüsse auf die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten vom 26. Mai 2009 über seine begrenzte Dienstfähigkeit ziehen. Insbesondere folgt aus diesem Gutachten entgegen der Annahme des Klägers nicht, dass das amtsärztliche Gutachten vom 27. März 2009 und die maßgeblich darauf gestützte Entscheidung des Vorstandes vom 26. Mai 2009 unzutreffend waren. Vielmehr hat sich nach dem Gutachten vom 15. September 2009 der Zustand des Klägers gegenüber der amtsärztlichen Beurteilung vom 27. März 2009 erheblich verschlechtert. Danach sind gravierende Krankheitszustände, nämlich eine rezidivierende depressive Störung in mittelgradiger Episode sowie eine Persönlichkeitsstörung, zu dem im März 2009 diagnostizierten Gesundheitszustand des Klägers hinzugetreten. Der Kläger trägt nichts Substantiiertes dafür vor, dass er sich bereits im März 2009 in einem Gesundheitszustand befunden hätte, der dem im September 2009 festgestellten entsprochen hätte. Im Gegenteil ergibt sich aus dem anwaltlichen Schreiben vom 25. Mai 2009 ebenfalls eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands gegenüber dem vom März 2009.

43

(4) Das amtsärztliche Gutachten vom 27. März 2009 war eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Vorstandes, eine begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers iSv. § 27 BeamtStG festzustellen.

44

(a) Um dem Dienstherrn die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, darf sich die amtsärztliche Stellungnahme nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen (BVerwG 20. Januar 2011 - 2 B 2.10 - juris Rn. 5). Diesen Anforderungen genügt das Gutachten vom 27. März 2009 in der Gesamtschau mit dem vorhergehenden Gutachten vom 24. Juli 2008 noch. Der Diagnose der Amtsärztin lagen die hausärztliche Beurteilung der behandelnden Ärztin des Klägers, die fachpsychiatrische Zusatzbegutachtung vom 25. Juni 2008 sowie eine telefonische Rücksprache mit dem behandelnden Psychotherapeuten zugrunde. Dem Gutachten ließen sich die Ursache der Erkrankung des Klägers und seiner Dienstunfähigkeit und eine Begründung für die Einschätzung der Amtsärztin, warum eine dauernde Vollzeittätigkeit nicht möglich war, entnehmen.

45

(b) Allerdings schrieb der im Zeitpunkt der Begutachtung des Klägers am 4. März 2009 und bei Erstellung des Gutachtens am 27. März 2009 noch geltende § 46 iVm. § 45 Abs. 2 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen(Landesbeamtengesetz - LBG) idF der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 vor, dass die Begutachtung durch einen Amtsarzt und einen als Gutachter beauftragten Arzt zu erfolgen hatte. Eine solche Hinzuziehung eines Facharztes war nicht nur dann erforderlich, wenn das amtsärztliche Gutachten allein nicht als Grundlage für die Bewertung durch den Dienstvorgesetzten ausreichte. Vielmehr musste in jedem Fall der beauftragte Gutachter neben dem Amtsarzt tätig werden, den Beamten also ebenfalls untersuchen und begutachten (vgl. Brockhaus in Schütz/Maiwald BeamtR Stand Februar 2012 Teil C Rn. 52 zu dem insoweit inhaltsgleichen, seit 1. April 2009 geltenden § 33 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW).

46

Die Amtsärztin hat zwar vor Erstellung ihres Gutachtens vom 27. März 2009 formell keinen Facharzt beauftragt, sondern lediglich den behandelnden Facharzt bei der Erstellung ihres Gutachtens hinzugezogen. Darin liegt aber noch kein Verstoß gegen § 46 iVm. § 45 Abs. 2 Satz 2 LBG aF. Die Hinzuziehung eines Facharztes sollte das Fachwissen anderer, besonders erfahrener Ärzte zusätzlich zu den Kenntnissen und Erfahrungen des Amtsarztes nutzbar machen, um so die Zahl der Frühpensionierungen und die damit verbundenen Haushaltsbelastungen durch Personalausgaben zu verringern (Brockhaus in Schütz/Maiwald BeamtR Stand Februar 2012 Teil C § 33 Rn. 52 und § 34 Rn. 9). Ausgehend von diesem Zweck war der gesetzlichen Anforderung bereits dann genügt, wenn wie hier die Amtsärztin, die für ein früheres Gutachten bereits ein fachärztliches Gutachten eingeholt hatte, auf dessen Grundlage eine psychotherapeutische Behandlung des Dienstordnungsangestellten eingeleitet worden war, bei einem ergänzenden Gutachten lediglich Kontakt mit dem behandelnden Facharzt aufnahm, der den konkreten, aktuellen Gesundheitszustand des zu begutachtenden Beamten kannte und beurteilen konnte. Dadurch war sichergestellt, dass das Fachwissen dieses Facharztes in das Gutachten einfloss.

47

c) Weitere Verfahrensfehler, die die Unwirksamkeit der Entscheidung des Vorstandes der Beklagten vom 26. Mai 2009, die begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers anzunehmen, zur Folge gehabt hätten, liegen nicht vor. Die Beklagte hat dem Kläger in einer § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW noch genügenden Weise ihre Absicht, seine begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen, mitgeteilt.

48

aa) Gemäß der zum 1. April 2009 in Kraft getretenen und damit für die Entscheidung des Vorstandes vom 26. Mai 2009 bereits maßgeblichen Bestimmung des § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW hat die dienstvorgesetzte Stelle dem Beamten unter Angabe der Gründe mitzuteilen, dass seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit beabsichtigt ist. Diese Bestimmung findet auch auf die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit als Unterfall der Dienstunfähigkeit Anwendung (Brockhaus in Schütz/Maiwald BeamtR Stand Februar 2012 Teil C § 34 Rn. 45).

49

bb) Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 9. April 2009 mitgeteilt, sie beabsichtige, seine wöchentliche Arbeitszeit auf sechs Stunden täglich zu reduzieren. Sie hat ihm ferner mitgeteilt, diese Maßnahme werde durch das amtsärztliche Gutachten vom 27. März 2009 gestützt. Dies reichte zur Erfüllung der Anforderungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW noch aus. Erforderlich ist dafür die Mitteilung der Tatsachen, die nach Ansicht der dienstvorgesetzten Stelle vorliegen und die Zurruhesetzung rechtfertigen. Durch die Kenntnis dieser Tatsachen soll der Beamte in die Lage versetzt werden, zu ihnen Stellung zu nehmen, sie ggf. zu bestreiten oder ihr Gewicht entkräften zu können. Sind dem Beamten die Gründe für seine vorzeitige Zurruhesetzung bekannt, kann je nach den Umständen des Falls schon die Wiedergabe des maßgebenden Teils des gesetzlichen Wortlauts in § 26 oder § 27 BeamtStG ausreichen(Brockhaus in Schütz/Maiwald BeamtR Stand Februar 2012 Teil C § 34 Rn. 19 f.). Der Kläger macht nicht geltend, dass er nicht in der Lage gewesen sei, zu der beabsichtigten Entscheidung der Beklagten nach § 27 BeamtStG Stellung zu nehmen und ihr entgegenzutreten. Im Gegenteil hat er sich sowohl selbst mit Schreiben vom 5. Mai 2009 als auch anwaltlich vertreten mit Schreiben vom 25. Mai 2009 ausführlich mit der beabsichtigten Entscheidung nach § 27 BeamtStG befasst und damit gezeigt, dass er sich ausreichend informiert fühlte, um sich mit der beabsichtigten Maßnahme inhaltlich auseinanderzusetzen. Mehr verlangt § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW nicht.

50

4. Der Ruhestand beginnt gemäß § 36 Abs. 2 LBG NRW mit dem Ende des Monats, in dem die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand dem Beamten zugestellt worden ist. Dies gilt auch für die Fälle der begrenzten Dienstfähigkeit nach § 27 BeamtStG als Unterfall der Dienstunfähigkeit(Brockhaus in Schütz/Maiwald BeamtR Stand Oktober 2011 Teil B § 27 Rn. 53). Soweit die Beklagte den Kläger bereits mit Schreiben vom 22. Mai 2009 aufgefordert hatte, am 27. Mai 2009 seinen Dienst mit reduzierter Arbeitszeit aufzunehmen, war dies rechtswidrig, spielt aber für den Rechtsstreit keine Rolle. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 2. Juni 2009 ist dem Kläger die Entscheidung des Vorstandes vom 26. Mai 2009 am 28. Mai 2009 zugestellt worden, so dass die Absenkung der Bezüge mit dem 1. Juni 2009 wirksam geworden ist.

51

5. Die Arbeitszeit ist gemäß § 27 Abs. 2 BeamtStG entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabzusetzen. Bei begrenzter Dienstfähigkeit erhält der Beamte gemäß § 72a BBesG der Arbeitszeitkürzung entsprechend gekürzte Bezüge, wobei ihm mindestens Bezüge des fiktiven Ruhegehalts zu gewähren sind. Unstreitig überstiegen die zeitanteilig gekürzten Dienstbezüge die fiktiven Ruhegehaltsbezüge.

52

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    M. Jostes    

                 

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und dienstfähig sind, Anspruch auf Übertragung eines Amtes derselben oder einer mindestens gleichwertigen Laufbahn wie ihr bisheriges Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt. Bis zur Übertragung des neuen Amtes erhalten sie die Besoldung, die ihnen aus ihrem bisherigen Amt zugestanden hätte.

(2) Ist aufgrund des im Wiederaufnahmeverfahren festgestellten Sachverhalts oder aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils, das nach der früheren Entscheidung ergangen ist, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeleitet worden, verliert die Beamtin oder der Beamte die ihr oder ihm nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche, wenn auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung können die Ansprüche nicht geltend gemacht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend in Fällen der Entlassung von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe oder von Beamtinnen auf Widerruf und Beamten auf Widerruf wegen eines Verhaltens im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Auf die Besoldung nach Absatz 1 Satz 3 wird ein anderes Arbeitseinkommen oder ein Unterhaltsbeitrag angerechnet. Die Beamtinnen und Beamten sind hierüber zur Auskunft verpflichtet.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2009 - 3 Sa 483/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und die Verpflichtung zur Erstattung von Aufwendungen.

2

Der Kläger ist seit 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, beschäftigt. Er ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und hat den Status eines Partners. Sein Jahresgehalt betrug ohne Sonderleistungen zuletzt 176.000,00 Euro brutto. Der Kläger war seit dem 1. Juli 1990 in der Niederlassung Leipzig tätig. Am 1./14. Juli 1994 wurde ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

        

㤠1

        

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1993 ist Herr H zum Bereichsleiter (Partner Stufe III) der Zweigniederlassung Leipzig ernannt worden. Die C behält sich vor, Herrn H - sofern Geschäftsnotwendigkeiten dies erfordern - anderweitig einzusetzen und zu versetzen.

        

….    

                 
        

§ 7

        

Im Verhältnis zur C gilt als Wohnsitz von Herrn H Leipzig. Die jeweils geltende Reisekostenordnung der C findet Anwendung.“

3

Bei Dienstreisen erstattet die Beklagte ihren Mitarbeitern Aufwendungen nach den Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten (Reisekostenordnung) vom 29. Juni 2004, die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung findet. Der Begriff Dienstreise wird dort wie folgt definiert:

        

„Eine Dienstreise ist ein Ortswechsel einschließlich der Hin- und Rückfahrt aus Anlass einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird. Eine Auswärtstätigkeit ist vorübergehend, wenn der Mitarbeiter voraussichtlich an die regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird.“

4

Der Kläger war zuletzt als „Bereichsleiter Tax“ der Niederlassung Leipzig tätig. Zwischen den Parteien kam es zum Streit über die Fähigkeiten des Klägers zur Führung der ihm unterstellten Mitarbeiter und zur Betreuung der Kunden. Angebote der Beklagten zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags lehnte der Kläger in den Monaten Februar und März 2007 ab. Mit Schreiben vom 2. Mai 2007 sprach die Beklagte eine Versetzung des Klägers „mit Wirkung zum 21. Mai 2007 zur Niederlassung Frankfurt in den Bereich Tax & Legal PS Mitte“ aus. Dort soll der Kläger als „verantwortlicher Sales-Partner“ eingesetzt werden und überwiegend Vertriebstätigkeiten ausüben. Zudem soll er den Bereich „Education/Social Security“ aufbauen und seine bereits zuvor im Bereich Controlling PS (Public Service) übernommenen Aufgaben sollen bundesweit ausgeweitet werden. Die neue Tätigkeit umfasst keine Personalverantwortung. Im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 22. Oktober 2007 war der Kläger mit Ausnahme einer urlaubsbedingten Unterbrechung in Frankfurt am Main tätig. Seitdem wird er aufgrund entsprechender arbeitsgerichtlicher Entscheidungen wieder in der Niederlassung Leipzig eingesetzt.

5

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei aufgrund der vertraglich vereinbarten Tätigkeit als Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig zu beschäftigen. Die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit und/oder eines anderen Tätigkeitsorts sei unzulässig. Der Versetzungsvorbehalt sei gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Darüber hinaus sei die Tätigkeit eines „verantwortlichen Sales-Partners“ hierarchisch nicht mit der Tätigkeit eines „Bereichsleiters“ gleichzusetzen. Unabhängig hiervon entspreche die Versetzung wegen der weiten Entfernung vom bisherigen Arbeitsort nicht billigem Ermessen.

6

Die vorübergehende Tätigkeit in Frankfurt am Main sei als Dienstreise zu behandeln. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 17. August 2007 und vom 3. September 2007 bis zum 22. Oktober 2007 ergebe sich ein Aufwendungsersatzanspruch nach der Reisekostenordnung in Höhe von insgesamt 7.803,35 Euro.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.803,35 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dass eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung auf die Tätigkeit eines Bereichsleiters der Niederlassung Leipzig nicht stattgefunden habe. Der Versetzungsvorbehalt sei wirksam, da die Interessen des Klägers in ausreichendem Maße dadurch gewahrt würden, dass die Versetzung nur im Falle einer „Geschäftsnotwendigkeit“ erfolgen dürfe. In seinem bisherigen Einsatzfeld als zuständiger Partner „PS Ost“ sei der Kläger nicht länger einsetzbar. Die wichtigen Mandanten würden den Kläger, der überwiegend Controlling-Tätigkeiten ausgeübt habe, nicht als Ansprechpartner akzeptieren. Früher habe die Betreuung dieser Mandanten durch einen weiteren in Leipzig beschäftigten Partner stattgefunden, der zum 30. Juni 2007 pensioniert worden sei. Der Umgang des Klägers mit den Mitarbeitern sei ebenfalls nicht akzeptabel, diese würden sich zunehmend verärgert zeigen. Der Kläger stehe als fachlicher Ansprechpartner nicht zur Verfügung. Sein mangelnder Arbeitseinsatz sei für alle erkennbar. Die dem Kläger zugewiesenen neuen Aufgaben seien mit seinen bisherigen Aufgaben vergleichbar; die Position befinde sich auf gleicher hierarchischer Ebene. Die Betreuung der Mandate der Region Mitte sei nur von Frankfurt am Main aus möglich, da die Mandanten eine regionale Präsenz des Partners erwarteten.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist zulässig und begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann in der Sache mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Die auf vertragsgemäße Beschäftigung gerichtete Leistungsklage ist zulässig.

12

1. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung bestehen für den Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten. Er kann die Berechtigung der Versetzung im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 -). Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung im Rahmen einer Klage auf künftige Leistung gem. § 259 ZPO durchzusetzen(vgl. BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 573/96 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 19). Bei der Prüfung des Beschäftigungsanspruchs ist die Wirksamkeit der Versetzung als Vorfrage zu beurteilen. Voraussetzung für eine derartige Klage ist die Besorgnis, dass der Schuldner sich andernfalls der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

13

2. Der Antrag des Klägers ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In Verbindung mit der Klagebegründung ist erkennbar, welche konkrete Beschäftigung er anstrebt. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO liegen vor, obwohl der Kläger zurzeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt wird. Die derzeitige Beschäftigung erfolgt ausschließlich aufgrund der vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen der Vorinstanzen.

14

II. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.

15

1. Erweist sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort (vgl. BAG 17. Februar 1998 - 9 AZR 130/97 - zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 618 Nr. 27 = EzA BGB § 615 Nr. 89; 26. Januar 1988 - 1 AZR 531/86 - zu II 5 der Gründe, BAGE 57, 242; 14. Juli 1965 - 4 AZR 347/63 - BAGE 17, 241). Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann (vgl. BAG 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 e ff der Gründe, BAGE 74, 291). Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschäftigungsanspruch. Die gegenteilige Auffassung (LAG Hamm 8. März 2005 - 19 Sa 2128/04 - zu II 3 der Gründe, NZA-RR 2005, 462 unter Berufung auf LAG Nürnberg 10. September 2002 - 6 (4) Sa 66/01 - LAGE BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 29) übersieht, dass eine ausgeübte Weisung nicht durch eine unwirksame Versetzung beseitigt werden kann. Sie lässt sich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Januar 2001 (- 5 AZR 411/99 -) stützen, da dort der Entzug bestimmter Tätigkeiten noch im Rahmen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erfolgte. Im Übrigen beschränkt sie unangemessen die Möglichkeit einer effektiven Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs für den Zeitraum bis zu einer neuen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber.

16

Wird der Arbeitgeber nach einer Versetzung zur tatsächlichen Beschäftigung zu den vorherigen Bedingungen verurteilt, ist damit die Vorfrage der Wirksamkeit der Versetzung beantwortet. Eine Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitgeber zukünftig von seinem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen kann, ist hingegen nicht getroffen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen Beschäftigungsanspruch unter anderem damit begründet hat, er sei „auf Dauer“ als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen und die Zuweisung einer anderen Tätigkeit an einem anderen Arbeitsort komme nicht in Betracht, da sie nicht von dem arbeitsvertraglichen Direktionsrecht der Beklagten umfasst sei. Dabei handelt es sich um bloße Elemente der Klagebegründung, die im Falle des Obsiegens mit dem Leistungsantrag nicht gem. § 322 ZPO in materielle Rechtskraft erwachsen. Will ein Arbeitnehmer eine weitergehende Entscheidung zum Umfang des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erreichen, so muss er bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 256 ZPO von der Möglichkeit eines gesonderten Feststellungsantrags Gebrauch machen.

17

2. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB beruht, ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

18

a) In einem ersten Schritt ist durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat. In Betracht kommt, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeiten oder Tätigkeitsorte konkret benannt sind. Ungewöhnliche, insbesondere überraschende Klauseln iSv. § 305c Abs. 1 BGB(zB „versteckte“ Versetzungsvorbehalte) werden allerdings nicht Vertragsbestandteil.

19

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, NZA 2010, 877; 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 18).

20

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; st. Rspr. BGH, vgl. zB zuletzt 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, MDR 2010, 1096; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

21

b) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung hinsichtlich Art und/oder Ort der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98; Kleinebrink ArbRB 2007, 57, 58). Dabei ist unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. § 308 Nr. 4 BGB ist ebenfalls nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders erfasst(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 31, BAGE 118, 22). Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

Soweit es an einer Festlegung des Inhalts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag fehlt, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen (vgl. zB BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es insoweit nicht an. Bei einer engen Bestimmung der Tätigkeit wird das Direktionsrecht hingegen eingeschränkt. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nur die betreffenden Aufgaben zuweisen. Eine Veränderung des Tätigkeitsbereichs kann er nur einvernehmlich oder durch eine Änderungskündigung herbeiführen.

23

c) Enthält der Arbeitsvertrag neben einer Festlegung von Art und/oder Ort der Tätigkeit einen sog. Versetzungsvorbehalt, so ist zu differenzieren:

24

aa) Ergibt die Vertragsauslegung, dass der Versetzungsvorbehalt materiell (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht oder zugunsten des Arbeitnehmers davon abweicht, unterliegt diese Klausel keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern allein einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 24 ff.). Der Arbeitgeber, der sich lediglich die Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts, nicht aber eine Änderung des Vertragsinhalts vorbehält, weicht nicht zulasten des Arbeitnehmers von Rechtsvorschriften ab (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

25

Die Vertragsklausel muss dabei die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Insbesondere muss sich aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung deutlich ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten - ggf. noch unter Verringerung der Vergütung - vorbehält. Dagegen erfordert auch die Verpflichtung zur transparenten Vertragsgestaltung gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, dass die Klausel Hinweise auf den Anlass der Ausübung des Weisungsrechts enthält(vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 26).

26

bb) Ergibt die Vertragsauslegung, dass sich der Arbeitgeber mit dem Versetzungsvorbehalt über § 106 GewO hinaus ein Recht zur Vertragsänderung vorbehält, so unterliegt die Regelung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

27

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22).

28

Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn sich der Arbeitgeber vorbehält, ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung einseitig die vertraglich vereinbarte Tätigkeit unter Einbeziehung geringerwertiger Tätigkeiten zulasten des Arbeitnehmers ändern zu können (BAG 9. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 20 ff., BAGE 118, 184; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 26; HWK/Lembke § 106 GewO Rn. 57; Hunold NZA 2007, 19, 21; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 Versetzung Rn. 5; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 975; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 32 Rn. 80).

29

(2) Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels des sog. Blue-pencil-Tests durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

30

(3) Führt die Angemessenheitskontrolle zur Unwirksamkeit eines Versetzungsvorbehalts, so richtet sich der Inhalt des Vertrags gem. § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das angemessene Maß findet nicht statt (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 42, NZA-RR 2010, 457; Senat 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Maßgeblich ist in diesem Fall § 106 GewO. Diese Vorschrift überlässt dem Arbeitgeber das Weisungsrecht aber nur insoweit, als nicht durch den Arbeitsvertrag der Leistungsinhalt festgelegt ist. Ergibt die Auslegung des Vertrags, dass ein bestimmter Leistungsinhalt vereinbart wurde, so ist der Arbeitgeber an diesen gebunden, wenn ein zusätzlich vereinbarter Versetzungsvorbehalt der Angemessenheitskontrolle nicht standhält.

31

d) Übt der Arbeitgeber im Einzelfall das Weisungsrecht aus, so unterliegt dies der Kontrolle gem. § 106 GewO. Die Ausübung eines wirksam vereinbarten Versetzungsvorbehalts unterliegt der Kontrolle gem. § 315 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

32

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft keine hinreichende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorgenommen. Damit steht nicht fest, ob die Tätigkeit als Bereichsleiter in der Niederlassung Leipzig aufgrund dieser vertraglichen Regelung als abschließende Festlegung des Inhalts der Arbeitspflicht anzusehen ist.

33

a) Bei den streitgegenständlichen Regelungen des Arbeitsvertrags dürfte es sich - auch wenn das Landesarbeitsgericht hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen hat - um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handeln. Ggf. findet auch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Anwendung. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen spricht bereits das äußere Erscheinungsbild (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 20, AP BGB § 307 Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 8). Davon gehen offenbar auch die Parteien übereinstimmend aus.

34

b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

35

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Parteien sowohl den Ort wie den Inhalt der Arbeitsleistung festgelegt haben. Dem Kläger sei die Funktion eines Bereichsleiters der Zweigniederlassung Leipzig übertragen worden, womit notwendigerweise die Vereinbarung des Arbeitsorts Leipzig verbunden gewesen sei.

36

Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Begründung lässt nicht erkennen, dass das Landesarbeitsgericht § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags überhaupt ausgelegt hat. Es fehlt schon an einer Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der arbeitsvertraglichen Regelung. Dieser ist, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, keineswegs eindeutig. § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags nimmt lediglich auf eine bereits zuvor, nämlich zum 1. Oktober 1993, erfolgte Ernennung des Klägers zum Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig Bezug. Ernannt bedeutet, dass jemand für ein Amt bzw. einen Posten bestimmt worden ist. Danach könnte hierunter auch die einseitige Zuweisung einer Position zu verstehen sein. Allerdings wird durch eine Ernennung auch die Position in der Hierarchieebene des jeweiligen Unternehmens (Status) zum Ausdruck gebracht. Für ein derartiges Verständnis könnte sprechen, dass die Vertragsparteien die Ernennung zum Anlass für den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags genommen haben. Zu prüfen wäre in diesem Zusammenhang, welche Bedeutung dem Klammerzusatz „Partner Stufe III“, dem Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 2 und der Regelung in § 7 des Arbeitsvertrags zukommt. Völlig außer Acht gelassen hat das Landesarbeitsgericht die Frage, wie der Vertragstext aus Sicht der an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise (hier: Partner einer bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) typischerweise zu verstehen ist. Ebenso wenig sind Feststellungen zu möglichen Regelungszwecken und erkennbaren Interessenlagen beider Parteien getroffen worden.

37

Der Senat sieht sich deshalb gehindert, selbst eine abschließende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorzunehmen. Diese wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben. Ergibt sich danach, dass durch § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags keine nähere Festlegung des Tätigkeitsinhalts in inhaltlicher und/oder örtlicher Hinsicht erfolgt ist, kommt es auf die Wirksamkeit des Versetzungsvorbehalts(§ 1 Satz 2 Arbeitsvertrag) nicht an. Die streitgegenständliche Maßnahme wäre dann allerdings noch daraufhin zu überprüfen, ob sie billigem Ermessen entspricht. Ergibt die Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags hingegen, dass die bisher ausgeübte Tätigkeit und/oder der Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind, kommt es auf die Wirksamkeit des in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags vereinbarten Versetzungsvorbehalts an. Führt die Prüfung nach den oben genannten Grundsätzen zur Annahme der Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts, bleibt es bei den vertraglichen Festlegungen.

38

III. Ob und ggf. in welchem Umfang ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen des Klägers nach den Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten besteht, hängt im Wesentlichen von der Wirksamkeit der Versetzung ab und kann daher vom Senat ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden.

39

Allerdings wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass sich auch im Fall der Wirksamkeit der Versetzung ein Anspruch für die ersten sechs Wochen der Versetzung aus dem Schreiben vom 2. Mai 2007 ergeben kann. Da es sich wegen des Einzelfallcharakters um eine nichttypische Erklärung handelt, bleibt deren Auslegung aber zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen gem. § 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen ist. Der Zinsanspruch bestünde dabei jeweils ab dem auf die Zustellung folgenden Kalendertag. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung lässt sich die Zeit für die Leistung nicht nach dem Kalender bestimmen (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Gegen eine derartige Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung spricht bereits der Umstand, dass der Anspruch auf die Erstattung von Aufwendungen für eine Dienstreise regelmäßig eine Reisekostenabrechnung des Arbeitnehmers voraussetzt. Eine vor Rechtshängigkeit erfolgte Mahnung iSv. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB ist vom Kläger nicht dargelegt worden.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Alex    

        

    Frese    

        

        

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - aufgehoben, soweit es über die Vergütung für Januar bis Dezember 2006 in Höhe von 17.040,00 Euro brutto nebst Zinsen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen im Konzern der Deutschen Bahn AG, erbringt Serviceleistungen entlang des Schienennetzes der DB Netz AG. Der 1960 geborene Kläger stand bei ihr von September 2002 bis zum 30. April 2007 in einem Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag vom 30. August 2002 vereinbarten die Parteien ua.:


        

        
Der Arbeitnehmer wird als gewerblicher Mitarbeiter der Niederlassung Mitte, Zuständigkeitsbereich Stützpunkt Fulda, eingestellt und mit den einschlägigen Tätigkeiten (Sipo, Sakra, AzF, Büp etc.) nach Weisung seiner Vorgesetzten beschäftigt, soweit er hierzu die Befähigung besitzt.
        
Er ist verpflichtet, auf Anweisung auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten.
        
Die BRG kann den Arbeitnehmer jederzeit an einem anderen Einsatzort oder Dienststelle innerhalb oder außerhalb des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Bereiches zum Einsatz bringen bzw. dorthin versetzen.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wird in die Entgeltgruppe L 3 (Hessen) nach dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der für die BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, eingestuft. Darüber hinaus finden die im o. g. Tarifvertrag vereinbarten Grundsätze für die Eingruppierung Anwendung.
        
Die Nebenleistungen ergeben sich aus dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste.
        
        
Auf diesen Vertrag finden die Bestimmungen des geltenden Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, sowie die ihn ergänzenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wurde ausdrücklich auf die Folgen von Alkohol- und Drogenkonsum während der Ausübung der Tätigkeit hingewiesen. Der Arbeitnehmer darf weder alkoholisiert noch unter Drogen stehend zur Arbeit erscheinen noch während der Arbeitszeit und der Pausen alkoholische Getränke oder Drogen zu sich nehmen.
        
Ein Verstoß gegen diese Regelung kann arbeitsrechtliche Schritte bis zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages durch die BRG zur Folge haben.
        
…“   
3

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses war der Kläger als Sicherungsposten(Sipo) /Sicherungsaufsichtskraft (Sakra) eingesetzt und erhielt zuletzt eine monatliche Grundvergütung von 1.420,00 Euro brutto. Wegen Drogenabhängigkeit unterzog er sich vom 25. September 2003 bis zum 28. Januar 2004 einer stationären Entwöhnungsbehandlung und war anschließend - mit Ausnahme eines Einsatzes als Bahnübergangsposten (Büp) vom 15. bis zum 17. Juni 2004 - arbeitsunfähig krankgeschrieben bis zum 24. Januar 2005. Danach hat der Kläger mit eigenen und Schreiben verschiedener Rechtsanwälte der Beklagten mehrfach seine Arbeitsleistung angeboten, ab dem 16. Dezember 2005 auch unter Bezugnahme auf eine Einsatzmöglichkeit im Bereich Vegetationsarbeiten. Seine Beschäftigung lehnte die Beklagte wegen fehlender Bahndiensttauglichkeit ab.

4

Mit seiner am 7. Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger Vergütung für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 1.420,00 Euro brutto monatlich aus den Rechtsgründen des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit sei nicht auf eine solche als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten beschränkt. Wenn er diese Arbeiten nicht mehr verrichten könne, sei die Beklagte verpflichtet, ihn in der Vegetation einzusetzen. Er hat vorgetragen, bei einer Untersuchung durch den Bahnarzt Dr. S am 23. Dezember 2005 habe dieser auf Befragen des Betriebsratsvorsitzenden erklärt, der Kläger sei für Vegetationsarbeiten tauglich. Dabei sei auch eine körperliche Untersuchung erfolgt, die ergeben habe, dass keinerlei gesundheitliche Bedenken gegen eine Beschäftigung als Vegetationsarbeiter bestünden. Im Jahr 2005 habe die Beklagte mehrere Arbeitsplätze in der Vegetation mit Neueinstellungen besetzt. Zumindest könne er die Tätigkeiten der dort als Landschaftspfleger beschäftigten Arbeitnehmer M und P R übernehmen, denen die Beklagte per Direktionsrecht eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft zuweisen dürfe.

5

Der Kläger hat beantragt,


        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.990,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.
6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, der Kläger sei weder fachlich noch aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, Vegetationsarbeiten zu verrichten. Zudem sei in der fraglichen Zeit in der Vegetation ein Arbeitsplatz nicht frei gewesen, zu einem Austausch des Klägers insbesondere mit den Arbeitnehmern R habe keine Verpflichtung bestanden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet.

9

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage für den Zeitraum 25. Januar bis 31. Dezember 2005 unbegründet ist. Insoweit war die Revision zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

10

Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 begründet ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat für die Zeit vom 25. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006 keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gem. § 615 Satz 1 in Verb. mit § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich während des streitigen Klagezeitraums nicht im Annahmeverzug.

12

1. Das Angebot der Erbringung der vor dem streitigen Klagezeitraum ausgeübten Tätigkeiten als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, § 297 BGB. Danach kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts war der Kläger im streitigen Klagezeitraum aus in seiner Person liegenden Gründen nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten zu verrichten.

13

2. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil es nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betraf, § 294 BGB.

14

a) Nach dieser Vorschrift setzt der Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung so anbietet, wie sie zu bewirken ist. Die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung ist(nur dann) identisch mit der arbeitsvertraglich vereinbarten, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag konkret bestimmt ist. Ist dagegen - wie hier - die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(ganz herrschende Meinung, vgl. nur ErfK/Preis 10. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11). Erst die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung.

15

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger vor dem streitigen Klagezeitraum ausschließlich als Sicherungsposten/Sicherungsaufsichtskraft und nach seiner Entwöhnungsbehandlung drei Tage als Bahnübergangsposten eingesetzt war. Durch die Zuweisung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung gem. § 106 Satz 1 GewO näher bestimmt. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation betraf deshalb - unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen für ein wirksames, den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzendes Angebot - nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung.

16

b) Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet(Senat 30. April 2008 - 5 AZR 502/07 - Rn. 24, BAGE 126, 316). Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung (so schon BAG 27. April 1960 - 4 AZR 584/58 - AP BGB § 615 Nr. 10).

17

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 296 BGB. Die Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht darin, dem Arbeitnehmer überhaupt die Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen(vgl. ErfK/Preis § 615 BGB Rn. 40; MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 22). Aus § 296 BGB lässt sich aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, die von ihm wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen. Davon zu trennen ist die Frage, ob die vom Arbeitgeber unterlassene Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz begründen kann (dazu unter II).

18

c) Allerdings hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. November 2006(- 5 AZR 51/06 - Rn. 16, AP BGB § 615 Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 17) ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse. Dem lag aber der Fall einer Lehrerin zugrunde, deren Tätigkeit im Arbeitsvertrag mit „Lehrer im Angestelltenverhältnis“ umschrieben war und die vom Arbeitgeber zunächst als Sportlehrerin eingesetzt wurde, später neben Sport auch die Fächer Textilgestaltung und Kunst unterrichtete und zuletzt ausschließlich Unterricht in diesen Fächern erteilte. Damit hatte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Tätigkeit zuletzt gem. § 106 Satz 1 GewO auf Unterricht in den Fächern Textilgestaltung und Kunst konkretisiert. Der Verlust der Eignung für eine Tätigkeit als Sportlehrerin war deshalb für die Leistungsfähigkeit (§ 297 BGB) ohne Belang.

19

In seiner Entscheidung vom 27. August 2008(- 5 AZR 16/08 - Rn. 13, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26)hat der Senat zwar angenommen, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse, zugleich aber betont, die Konkretisierung der Arbeitspflicht nach § 106 Satz 1 GewO sei Sache des Arbeitgebers.

20

Soweit die letztgenannte Entscheidung dahingehend verstanden werden könnte, das Angebot einer anderen als der vom Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmten Leistung könne den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzen, hält der Senat daran nicht fest.

21

d) Dem steht die Rechtsprechung des Sechsten und Neunten Senats nicht entgegen.

22

Der Sechste Senat hat in seiner Entscheidung vom 13. August 2009(- 6 AZR 330/08 - Rn. 15, AP BGB § 241 Nr. 4) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Fünften Senats ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers schließe den Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht aus, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar sei, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leistungsgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen und er dies unterlasse. Der Entscheidung lag jedoch die besondere Fallkonstellation zugrunde, dass der klagende Arbeitnehmer tarifliche Ansprüche auf Umsetzung und Einkommenssicherung geltend machte. Die Ausführungen zum Annahmeverzug bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit waren nicht tragend.

23

Der Neunte Senat hat im Falle eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erkannt, dessen Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Behinderung stehe dem Annahmeverzug des Arbeitgebers bei unbilliger Ausübung des Direktionsrechts nicht entgegen(4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 14, BAGE 116, 121). Bei beschränkter Leistungsfähigkeit aufgrund einer Behinderung sei der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Ob dem zu folgen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, denn der Kläger ist nicht behindert iSd. Gesetzes.

24

II. Es kommt ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung in Betracht.

25

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die Beklagte schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB dadurch verletzt hätte, dass sie dem Kläger nicht durch Neuausübung ihres Direktionsrechts einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

26

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks(BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31, AP BGB § 241 Nr. 4; vgl. auch MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 241 Rn. 60, 63).

27

b) Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinen bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz, sondern auch einer Beschäftigung an anderer Stelle entgegensteht(st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 34 mwN, NZA 2010, 628).

28

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist.

29

bb) Zumutbar ist dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn dem keine betrieblichen Gründe, zu denen auch wirtschaftliche Erwägungen zählen können, oder die Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern entgegenstehen.

30

Betriebliche Gründe werden in der Regel der Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit nicht entgegenstehen, wenn ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist und der Arbeitgeber Bedarf für die Tätigkeit hat.

31

Ist ein entsprechender Arbeitsplatz nicht frei, kann also die Zuweisung einer anderen Tätigkeit nur durch den Austausch mit anderen Arbeitnehmern erfolgen, ist weiter zu prüfen, ob einer Umsetzung neben betrieblichen Gründen die dem Arbeitgeber gegenüber allen Arbeitnehmern obliegende Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB entgegensteht. Letzteres ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, der den anderweitigen Arbeitsplatz inne hat, nicht im Wege des Direktionsrechts eine andere Tätigkeit zuweisen kann oder die Neuausübung des Direktionsrechts diesem Arbeitnehmer gegenüber nicht billigem Ermessen entsprechen würde. Unzumutbar ist ein Austausch ferner dann, wenn der auszutauschende Arbeitnehmer einem Arbeitsplatzwechsel seine Zustimmung verweigert und der Arbeitgeber Gefahr liefe, bei Ausübung seines Direktionsrechts einem Prozess über die Wirksamkeit der Maßnahme ausgesetzt zu sein. Die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verlangt vom Arbeitgeber nicht, die Belange eines Arbeitnehmers unter Hintanstellung eigener Belange oder solcher anderer Arbeitnehmer durchzusetzen. Der Arbeitgeber braucht deshalb das Risiko, dass ein „zwangsweise“ ausgetauschter Arbeitnehmer die Wirksamkeit der(Neu-)Ausübung des Direktionsrechts gerichtlich überprüfen lässt, nicht einzugehen.

32

cc) Rechtlich möglich ist die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn ihr keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Insbesondere kann die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten, sich betriebsverfassungswidrig zu verhalten. Stimmt der Betriebsrat den mit einem Austausch von Arbeitnehmern verbundenen Versetzungen(§ 95 Abs. 3 BetrVG) nicht gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zu, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem seine bisherige Tätigkeit nicht mehr verrichten könnenden Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Ebenso wenig verlangt die Rücksichtnahmepflicht vom Arbeitgeber, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen(zur krankheitsbedingten Kündigung im Ergebnis ebenso BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107).

33

2. Nach diesen Grundsätzen kommt ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung in Betracht, allerdings erst für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006.

34

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 auf seinen möglichen Einsatz mit Vegetationsarbeiten Bezug genommen und damit frühestens zu diesem Zeitpunkt die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt. Selbst wenn die Beklagte im Anschluss daran verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger eine Tätigkeit im Bereich Landschaftspflege zuzuweisen, muss der Beklagten eine gewisse Zeit zur Prüfung, insbesondere der dem Verlangen des Klägers möglicherweise entgegenstehenden eigenen Belange oder von Belangen anderer Arbeitnehmer zugestanden werden. Unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Zustimmung des Betriebsrats und dessen Stellungnahmefrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG kommt deshalb ein Verschulden der Beklagten vor dem 1. Januar 2006 nicht in Betracht. Insoweit war die Revision des Klägers zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

35

b) Für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und - im Umfang der Aufhebung - zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

36

aa) Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger für Arbeiten im Bereich der Landschaftspflege überhaupt fachlich und gesundheitlich geeignet war und ist. Feststellungen dazu hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

37

bb) Im Rahmen des Direktionsrechts können - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - selbst bei einer Versetzungsklausel nur gleichwertige Tätigkeiten zugewiesen werden. Die Gleichwertigkeit orientiert sich bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems in der Regel an diesem System. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer keine niedriger zu bewertende Tätigkeit im Wege des Direktionsrechts zuweisen, selbst wenn er die höhere Vergütung, die der bisherigen Tätigkeit entspricht, weiterzahlen würde(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 26, AP BGB § 241 Nr. 4; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Eine höherwertige Tätigkeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht zuweisen, weil sie einer Beförderung gleichkäme, auf die kein Anspruch besteht (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 23, BAGE 127, 353; 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - zu II 1 der Gründe, AP BPersVG § 46 Nr. 5, jeweils mwN) und zu der auch die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten kann. In Betracht kommt deshalb als anderweitige (leidensgerechte) Tätigkeit des Klägers nur die eines Landschaftspflegers. Diese ist tariflich derselben Entgeltgruppe zugeordnet wie die vom Kläger früher ausgeübte Tätigkeit eines Sicherungspostens bzw. einer Sicherungsaufsichtskraft. Dagegen wird die Tätigkeit eines Landschaftspflegehelfers tariflich niedriger, die eines Landschaftstechnikers tariflich höher bewertet.

38

cc) Ein Arbeitsplatz als Landschaftspfleger war im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht frei. Ein Austausch des Klägers mit dem ausschließlich als Landschaftspfleger tätigen Arbeitnehmer R wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Zuweisung der bisherigen Tätigkeit des Klägers an den Arbeitnehmer R möglich, dieser insbesondere für die Tätigkeit geeignet gewesen wäre, die Zuweisung billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprochen und der Arbeitnehmer R den Arbeitsplatzwechsel hingenommen hätte. Dazu fehlt es bislang an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Einen Austausch des Klägers mit dem zweiten Arbeitnehmer gleichen Namens, der nicht ausschließlich als Landschaftspfleger, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund seiner Kenntnisse im EDV-Bereich auch im Innendienst mit vorbereitender Fakturierung, Angebotserstellung, Auswertung der Einsatzwechseltätigkeit und Bedarfsanforderung eingesetzt wird, brauchte die Beklagte nicht in Betracht zu ziehen. Der Kläger hat weder eine Tätigkeit im Innendienst verlangt noch dargetan, dass er fachlich in der Lage wäre, diese(Teil-) Aufgaben dieses Arbeitnehmers zu übernehmen.

39

dd) Ob betriebliche Gründe einem Austausch entgegenstanden, kann anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenso wenig abschließend geprüft werden, wie die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt ein Unterlassen des Austausches schuldhaft gewesen wäre. Allein die Erfordernisse einer bahnärztlichen Untersuchung des Arbeitnehmers R auf dessen Eignung für eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft und einer vom Landesarbeitsgericht nicht näher konkretisierten „kurzfristigen Qualifizierung“ reichen nicht aus, die einem Austausch entgegenstehenden betrieblichen Gründe anzunehmen.

40

ee) Nicht aufgeklärt ist, ob die Beklagte den Betriebsrat beteiligt hat. Sollte sie im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2006 beim Betriebsrat nicht die Zustimmung zu einer Versetzung des Klägers und des Arbeitnehmers R nach § 99 Abs. 1 BetrVG beantragt haben, obwohl sie zu einem Austausch der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen wäre, könnte sich die Beklagte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht auf die fehlende Zustimmung des Betriebsrats berufen.

41

ff) Bejaht das Landesarbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach, wird es aufzuklären haben, ob dem Kläger bei der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) vorzuwerfen ist. Das könnte der Fall sein, wenn ihn an dem Unvermögen, die bisherige Tätigkeit auszuüben, ein Verschulden trifft (vgl. zur kündigungsrechtlichen Berücksichtigung des Verschuldens eines Arbeitnehmers an der Unmöglichkeit, ihn mit seinen bisherigen Aufgaben weiter zu betrauen BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 38, NZA 2010, 628).


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Rolf Steinmann    

        

    Ilgenfritz-Donné    
                 

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.