Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2013 - 6 Sa 441/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:0225.6SA441.12.0A
bei uns veröffentlicht am25.02.2013

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 21.08.2012, AZ: 8 Ca 499/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Bürozimmerzuteilung auf demselben Betriebsgelände.

2

Der am ... August 1956 geborene Kläger wurde von der Beklagten mit Dienstvertrag vom 1. Juli 1984, in dem es auszugsweise heißt (Ablichtung in Bl. 156 ff. d.A.), als Direktionsassistent eingestellt:

3

„Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des D Werkes der E Kirche in Deutschland (E) in ihrer jeweils gültigen Fassung [- nachfolgend AVR -].
§§ 1, 2...
§ 3 Der Einsatz erfolgt vorläufig im D-Zentrum Z, C-Stadt. ... Die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes in derselben Einrichtung ist jederzeit möglich ... .“

4

Der Kläger übt seit 2006 die Tätigkeit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit mit Zuständigkeit für alle Einrichtungen der Beklagten einschließlich Außeneinrichtungen, R Beschäftigungsgesellschaft mbH und Ambulantem Dienst mit außerhalb des Betriebsgeländes gelegenen Betriebsstätten in K, H, A, A, K und W aus. Er ist Mitglied der nach dem Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der E Kirche in Deutschland i.V.m. dem Gesetz über das Mitarbeitervertretungsgesetz in der E Kirche der P (Protestantische Landeskirche) entsprechend dem Umsetzungsbeschluss des Hauptausschusses des D Werkes P zum Mitarbeitervertretungsrecht - nachfolgend MVG.E-PF - gebildeten Mitarbeitervertretung. Seine monatliche Bruttovergütung lag zuletzt bei 4.450,93 EUR (so das Arbeitsgericht).

5

Mit Übernahme der Aufgaben einer Fachkraft für Arbeitssicherheit im Jahr 2006 bezog der Kläger das Büro seines Funktionsvorgängers im örtlichen Arbeitsbereich der technischen Abteilung - zu der auch Hausmeister und Schreiner, Schlosser und Elektriker zählen. Nahe der technischen Abteilung sind die Hauptverwaltung und die Direktion der Beklagten angesiedelt. Im März 2009 „zog“ der Kläger einen Stock höher, ins Obergeschoss desselben Gebäudes, in dem außer ihm die Mitglieder der Abteilung Informationstechnik untergebracht sind.

6

Im Frühjahr 2011 wurde der Kläger operativ behandelt und war anschließend für ca. fünf Wochen Arbeitsunfähigkeit erkrankt. Auf Anregung der Beklagten erklärte er sich mit der Durchführung eines betriebliches Eingliederungsmanagement einverstanden. Der Kläger versprach sich davon auch eine Verbesserung seiner arbeitsvertragliche Situation als Fachkraft für Arbeitssicherheit. Das Erstgespräch fand am 9. September 2011 statt, die Fallbesprechung mit dem Integrationsteam am 6. Dezember 2011. Der Kläger führte hierin u.a. eine Belastungssituation wegen übermäßiger Arbeit und - nach Ausscheiden eines Direktors - unzureichend empfundener Funktionswertschätzung aus. Er gab nach dem unbestritten gebliebenen Protokoll zur betrieblichen Atmosphäre an (Aktenvermerk in Anlage K 1, Bl. 8 ff. d.A.):

7

„- Das Betriebsklima im IT-Bereich, in dem Herr ... [der Kläger] sein Büro hat, hat sich sehr nachteilig geändert, seit es dort eine neue Leitung gibt. Dies könnten auch andere MitarbeiterInnen bestätigen. Zum Beispiel sind Bürotüren immer geschlossen und die Eingangstür verschlossen, der Arbeitsplatz ist isoliert.

8

- Als Mobbing empfindet Herr ... [der Kläger] folgende Begebenheit: Im Gebäude, in dem die IT-Abteilung untergebracht ist, befindet sich ein Lagerraum. Dieser wurde ... als Raucherraum genutzt. Als er ... [der Kläger] am 18.112011 von ... in das Gebäude zurückkam, befand sich ein Schild 'Sensibler Bereich - RAUCHVERBOT' an der Tür. Selbst wenn es sich bei dem Lagerraum auf einmal um einen 'sensiblen Bereich' handeln sollte, ist die Art und Weise des Umgangs miteinander in dieser Angelegenheit doch sehr bedenkenswert.“

9

Die Fallbesprechung endete mit folgender Vereinbarung (Anlage K 1, Bl. 10 f. d.A.):

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„Folgende Vorgehensweise wird vereinbart:

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Der Arbeitsplatz von Herrn ... [dem Kläger] wird sowohl was die Ergonomie betrifft als auch räumlich überprüft.

12

Herr ... [der Kläger] weist darauf hin, dass es durch ein BEM für einen Mitarbeiter zu keinen Nachteilen kommen darf. Der Umzug in ein anderes Büro käme... einer 'Bestrafung' als Folge des heutigen Gespräches gleich '(Warum soll ich wegen anderen umziehen?)'.

13

Um die Prozesse bei der Informationsvergabe und Rückmeldung ... zu verbessern, werden diese von Herrn ... [dem Kläger] neu beschrieben.

14

...
Die gesetzlich vorgeschriebenen Einsatzzeiten werden überprüft.

15

Es werden Überlegungen angestellt, wie der Bereich Arbeitssicherheit wieder einen höheren Stellenwert bekommen kann. Eine Maßnahme könnte z.B. wieder die Teilnahme am Einführungstag ... sein.

16

Die Zuordnung und weitere Ausstattung der Arbeitssicherheit muss grundsätzlich betrachtet und neu bewertet werden.“

17

Mit Schreiben vom 24. Januar 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er als Fachkraft für Arbeitssicherheit in die Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingebunden werde, dass die Auswertung seiner Arbeitszeit zu der Erkenntnis geführt habe, die ihm zur Verfügung stehende Arbeitszeit reiche für die Bewältigung der einzelnen Arbeitsverpflichtungen nicht vollständig aus, so dass eine zeitliche Entlastung in Gestalt einer externen Vergabe von Gefährdungsbeurteilungen geschaffen werde, und dass zur Beseitigung von Reibungspunkten mit Mitarbeitern der IT-Abteilung eine neue Raumsituation geschaffen werde, und zwar durch Zuweisung eines Büroraumes im Erdgeschoss des sog. Oberlinhauses - sie (die Beklagte) beabsichtige mit all diesen Veränderungen, die Arbeitsabläufe der klägerischen Tätigkeit zu optimieren und seine Beschäftigungssituation insgesamt zu verbessern (Ablichtung in Anlage K 2, Bl. 12 f. d.A.). Mit Schreiben vom 9. Februar 2012 avisierte sie (die Beklagte) einen Umzug des Klägers für den 29. Februar 2012 (Ablichtung in Bl. 42 d.A.). Nach Einwänden des Klägers mit Bevollmächtigtenschreiben vom 13. Februar 2012 (Anlage K 3, Bl. 14 ff. d.A.) und Antwort der Beklagtenbevollmächtigten vom 17. Februar 2012 (Anlage K4, Bl. 19 ff.) wurde der Umzug schlussendlich zum 29. März 2012 vollzogen (wie sich aus der terminlich nicht anders zu folgernden Antragstellung ergibt). Der Kläger war vom Tag der Räumung seines ehemaligen Büros bis zum Ende des Monats Mai 2012 arbeitsunfähig erkrankt.

18

Bei dem neu zugewiesenen Büroraum im sog. Oberlinhaus handelt es sich um ein etwas größeres als das vormalige, in der Fensterfront nach Süden ausgerichtetes Zimmer in einem aus den 1960er Jahren stammende Gebäude, das bis 2006 als Kranken- und Pflegeeinrichtung genutzt und anschließend wegen der Untersagung zur Unterbringung Aufsichts- oder Betreuungsbedürftigen (aufgrund von Unzulänglichkeiten im Untergeschossbereich) umgewidmet worden war. In dem zugewiesenen Büroraum befinden sich außer einer Wandleuchte keine auf die frühere Nutzung hindeutenden Rückstände. Das Oberlinhaus beherbergt seit 2006 u.a. den Betriebsarzt, die Mitarbeitervertretung (in deren Räumlichkeiten auch eine dem Kläger zugängliche Teeküche vorhanden ist), die Beschäftigungstherapie, ein Büro, das mit zwei Mitarbeiterinnen der Barbetragskontoverwaltung besetzt ist, den Berufsbildungsbereich der Hauswirtschaft und das Büro des Einrichtungspfarrers. Ein gebäudeeigenes Zeiterfassungsterminal ist vorhanden. Eine Klimaanlage fehlt. Wie schon in der vormaligen Raumumgebung des Klägers gibt es auch keinen besonders ausgewiesenen Sozialraum. Weiter lassen sich wegen der Hanglage manche Gebäudefenster nur einen Spalt breit öffnen. Die Entfernung des am Rand des Betriebsgeländes liegenden Hauses zur ehemaligen Büroumgebung des Klägers beträgt 500m bis 550m. Die Beklagte hat zur optischen Verdeutlichung Lichtbilder zur Akte gereicht (Bl. 76-82 d.A.).

19

Der Kläger hat zu seiner am 5. April 2012 erhobenen Klage - erstinstanzlich zusammengefasst - vorgebracht:

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Es sei aufgrund der Stabsstellenfunktion einer Fachkraft für Arbeitssicherheit, die insoweit einem der Direktoren unterstellt sei, sinnvoll, einen Büroraum lokal wie seit 2009 gehandhabt einzunehmen. Ein derart zentral gelegener Arbeitsplatz gewährleiste für kurze Wege zu den relevanten Bereichen und Personen. Im Grunde genommen seien im Gebäude der Stabs- und Verwaltungsbereiche alle Verwaltungsfachkräfte der Beklagten arbeitsplatzmäßig angesiedelt. Mit dem technischen Bereich im Erdgeschoss des Verwaltungsgebäudes habe eine Fachkraft für Arbeitssicherheit zudem regelmäßig zu tun. Umgekehrt erbringe das neu zugewiesene Zimmer durch seine unmittelbare Nähe zum Tagungsraum der Mitarbeitervertretung oder zum Dienstzimmer des Betriebsarztes keine nennenswerten Funktionsvorteile.

21

Auf das Integrationsgespräches vom 6. Dezember 2012 habe nicht die Zuweisung eines anderen Bürozimmers folgen dürfen. Niemand, der sich einem Konfliktpräventionsverfahren öffne, dürfe dafür gestraft werden. Weil die neue Arbeitsumgebung eine Isolation bedeute, könne sie nicht als seiner Gesundheit zuträglich angesehen werden. Sie weise vielmehr objektiv nachteilige Züge auf und müsse als gesundheitsgefährdend empfunden werden (Beweis: medizinisches Sachverständigengutachten). § 106 Satz 3 GewO verpflichte zum besonderen Schutz. Wegen der psychischen Belastung infolge der ungerechten und einseitigen Maßnahme sei bei ihm eine Gürtelrose ausgebrochen.

22

Die Beklagte habe mit der räumlichen Veränderung kein gestörtes Betriebsklima bereinigen können. Von den Mitarbeitern im IT-Bereich sei das Klima nicht als gestört empfunden worden. Bloßer Vorwand sei auch, dass das ehemalige Büro für eine andere Mitarbeiterin benötigt werde. Eine Revisionsmitarbeiterin sei dort erst ab 1. Mai 2012 untergebracht worden. Zuvor habe sie in einem anderen Büro der Hauptverwaltung gesessen (was unstreitig ist). Am 1. Mai 2012 sei auch noch ein anderes Bürozimmer frei gewesen (Beweis: Ortstermin), wie überhaupt im März und April 2012 noch andere freie Arbeitsräume im Bereich der Haupt- und Nebenverwaltungsgebäude vorhanden gewesen seien (Beweis: Parteivernehmung des Beklagtenvorstands).

23

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

24

festzustellen, dass die Verlegung des klägerischen Arbeitsplatzes vom Verwaltungsbereich in das Erdgeschoss des sog. Oberlinhauses vom 29. März 2012 rechtswidrig ist.

25

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und dazu zusammengefasst vorgetragen:

26

Die angegriffene Raumzuweisung entspreche billigem Ermessen. Sie (die Beklagte) sei gehalten gewesen, auf die vom Kläger am 6. Dezember 2011 bekundeten „Missstände“, namentlich auch die Spannungen mit der IT-Abteilung zu reagieren. Dem entspreche die Neuzuweisung eines Büros, das für den Kläger attraktiver, weil es größer, sachgerechter und zu den wesentlichen Orten näher gelegen sei (Beweis: Zeugnis Frau L-H, Herr O). Der Vorgänger des Klägers sei in erster Linie Leiter des technischen Bereiches gewesen - und deshalb auch in dessen Umgebung angesiedelt - und bloß zusätzlich noch Fachkraft für Arbeitssicherheit (was unstreitig blieb). Das ehemalige Büro des Klägers sei im Übrigen wegen Besetzung mit einer anderen Mitarbeiterin benötigt worden, was bereits vor Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagement so vorgesehen gewesen sei. Die Neuordnung und Ausweitung der Abteilung Informationstechnik habe einen zusätzlichen Platz für eine Revisorin notwendig erscheinen lassen, die bereits mit örtlicher Stellenausschreibung vom 3. Dezember 2011 gesucht und nach einem Vorstellungsgesprächen im Januar 2012 ausgewählt worden sei (was ebenfalls unstreitig blieb). Die Umsiedlung ins neue Büro habe erst nach Übergabe- und Abschlussarbeiten im alten Bereich stattfinden können. Aus Datenschutzgründen sei es geboten, die mit der Aufbewahrung von Prüfungsunterlagen und vertraulichen Unternehmens- sowie personenbezogenen Informationen umgehende Beschäftigte in einem abgeschlossenen Büro des IT-Bereichs anzusiedeln. Der Kläger habe damit indes weder isoliert noch „bestraft“ werden sollen. Er könne, weil er bis Juni 2012 im neuen Büro keinen Tag gearbeitet gehabt habe (was im Wesentlichen weiter unstreitig blieb), auch nicht aufgrund der neuen Raumumgebung krank geworden sein.

27

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage mit Urteil vom 21. August 2012 - 8 Ca 499/12 - abgewiesen (auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz in Bl. 84 ff. d.A. Bezug genommen wird) und dazu wesentlich ausgeführt: Nachdem der Kläger im Gespräch mit dem Integrationsteam mehrere Gründe dargelegt habe, die seiner gesundheitlichen Entwicklung schädlich seien, habe die Beklagte ermessensgerecht gehandelt, indem sie hierauf reagiert habe (andernfalls hätte sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, die Belange des Klägers unwichtig zu nehmen). Hinsichtlich der vermeintlichen Störungen im Betriebsklima müsse dies auch gelten, wenn letztlich nur subjektives Empfinden des Klägers für die Störung ursächlich gewesen sei. Da nicht die gesamte IT-Abteilung habe umgesetzt werden können, sei auch das einzig mögliche Mittel gewählt worden. Objektive Gründe dafür, zwingend bei der Verwaltung angesiedelt werden zu müssen, habe der Kläger weder angeführt, noch ergäben sich hierfür zwingende Anhalte. Wie die eingesehenen Lichtbilder veranschaulichten, gebe es auch an der Ausstattung des neuen Büros nichts auszusetzen. Eine Bestrafung könne der Kläger schlussendlich schon deshalb nicht unterstellen, weil auf die im Gespräch zum betrieblichen Eingliederungsmanagement aufgezeigte Reihe von Problemen mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen - wie etwa der flankierenden Reduzierung der Arbeitsmenge und weiteren Verbesserungen - reagiert worden sei (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe in Bl. 88 ff. Bezug genommen).

28

Der Kläger hat gegen das ihm am 31. August 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 26. September 2012, eingegangen am gleichen Tag, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 30. November 2012 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 29. November 2012, eingegangen am gleichen Tag, auch begründet.

29

Der Kläger trägt zweitinstanzlich zusammengefasst vor:

30

Er sei im Oberlinhaus - wegen der Entfernung und weil dort keine andere Verwaltungseinheit angesiedelt sei - entgegen dem Arbeitsgericht sehr wohl isoliert. Die neue Umgebung berge die Gefahr entstehender oder sich verstärkender gesundheitlicher Belastungen. Von einem jahrelang innegehabten und allseits als sinnvoll empfundenen räumlichen Arbeitsplatz könne man nicht ohne weiteres wegversetzt werden. Bei dem Präventionsgespräch vom 6. Dezember 2011 sei der Hinweis, dass die Mitarbeiter der Abteilung Informationstechnik ihn möglicherweise schneiden würden, lediglich am Rande erwähnt und auch nur auf subjektives Empfinden bezogen worden. Objektive Betriebsablaufstörungen hätten nicht existiert. Die von der Beklagten veranlassten - hinsichtlich seiner Arbeitsmenge indes nur geringfügig wirkenden - Entlastungen hätten die Notwendigkeit einer räumlichen Arbeitsplatzverlegung ebenfalls nicht mit sich gebracht. Er bezweifle, dass die Beklagte die vorgetragenen Überlegungen zur Ermessensausübung überhaupt angestellt habe.

31

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

32

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. August 2012 - 8 Ca 499/12 - abzuändern und

33

festzustellen, dass die Verlegung des klägerischen Arbeitsplatzes vom Verwaltungsbereich der Beklagten in das Erdgeschoss des sog. Oberlinhauses vom 29. März 2012 rechtswidrig ist.

34

Die Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend vor:

37

Im Gespräch vom 6. Dezember 2011 habe eine Tätigkeitsanalyse stattgefunden, die nicht nur Arbeitsüberlastungen, sondern auch weitere Unzufriedenheiten hervorgebracht habe, die sodann insgesamt zur Bewältigung angestanden hätten. Ein Büro im Oberlinhaus, das größer sei und die Möglichkeit gebe, in unmittelbarer Nähe zum Betriebsarzt zu sein - mit dem der Kläger eng zusammenarbeite -, bedeute keine Isolierung; schon gar nicht gegenüber dem vormaligen Zustand. Der Kläger sei zudem wegen seiner Reisetätigkeiten nicht den ganzen Tag im Büro. Andere Räumlichkeiten seien am 29. März 2012 wegen Umbaumaßnahmen nicht verfügbar gewesen (Beweis: Zeugnis Frau L-H).

38

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen (des Klägers vom 29. November 2012 [Bl. 123 ff. d.A.], der Beklagten vom 19. Dezember 2012 [Bl. 141 ff. d.A.]) sowie die zur Akte gereichten Unterlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

39

Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen.

I.

40

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. d ArbGG. Sie wurde frist- und formgerecht i.S.v. § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß binnen verlängerter Frist begründet, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 ZPO.

II.

41

Die Berufung ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat keine Rechte des Klägers verletzt, als sie dessen Büroarbeitsplatz auf ihrem Betriebsgelände zum 29. März 2012 verlegte.

42

1. Ob die Klage bei Schluss der mündlichen Verhandlung überhaupt noch zulässig war, konnte dahinstehen.

43

a) Den Bestimmtheitsanforderungen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wurde genügt. Die antragsgemäß bezeichnete Maßnahme (Verlegung des klägerischen Arbeitsplatzes vom Verwaltungsbereich der Beklagten in das Erdgeschoss des sog. Oberlinhauses vom 19. März 2012) war gegenständlich so klar gekennzeichnet, dass unmissverständlich blieb, worüber das Gericht entscheiden sollte, d.h. um welchen Streitgegenstand es ging und welche Frage mit Rechtskraftwirkung zu behandeln war (vgl. BAG 18.5.2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 4).

44

b) Ein Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO musste allerdings auch bei Schluss der mündlichen Verhandlung noch vorhanden sein, was Zweifeln unterlag.

45

aa) Eine Feststellungsklage ist als sog. Elementenfeststellungsklage, die sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränkt, was namentlich bei begehrten Feststellung über die Reichweite des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts - wie vorliegend - der Fall ist, generell von ausreichendem Feststellungsinteresse getragen (BAG 18.1.2012 - 10 AZR 779/10 - Rn. 22, juris). Die besondere Sachurteilsvoraussetzung muss allerdings während des gesamten Verfahrens gegeben sein (BAG 22.2.2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 16, juris). Für Feststellungen über vergangene Rechtsverhältnisse oder darin enthaltene Elemente gilt, dass ein Interesse an alsbaldiger Feststellung nur dann weiter besteht, wenn hieraus noch konkrete Folgen für die Gegenwart oder Zukunft in Rede stehen - es ist insofern nicht Aufgabe der Gerichte, einer Partei zu bescheinigen, ob sie im Recht war oder nicht (BAG 26.9.2002 - 6 AZR 523/00 - zu I 2 der Gründe, NZA 2003, 230).

46

bb) Zweifel ergaben sich vorliegend deshalb, weil die Parteien im Verhandlungstermin vom 15. Februar 2013 Umstände vorbrachten, nach denen der Kläger seit dem 24. Januar 2013 in einer veränderten Beschäftigungs- und Raumsituation stand. Seit 1. Januar 2013 wird der Kläger vorwiegend als Inklusionsbeauftragter und lediglich noch in Restaufgaben als Fachkraft für Arbeitssicherheit beschäftigt. Weiter bot die Beklagte ihm am 24. Januar 2013 an, wieder in das Zimmer umzuziehen, in dem er bereits zwischen 2006 und 2009 gesessen hatte. Mit beiden Umständen war die vorliegend in Streit gestellte Beschäftigung als ausschließliche Fachkraft für Arbeitssicherheit im Oberlinhaus räumlich wie sachlich an sich erledigt (vgl. zur Unmöglichkeit einer Beschäftigung auf weggefallenen Arbeitsplätzen etwa lag München 18.8.2011 - 2 Sa 62/10 - zu I 4 d der Gründe, juris). Eine Zulässigkeit der Klage wäre mithin nur noch in Betracht gekommen, wenn Umstände vorlagen, die eine Rückverweisung in die ab 29. März 2012 gegebene Arbeits- und Aufgabenumgebung noch nahe gelegt hätten.

47

cc) Weitere Aufklärung hierzu konnte indes unterbleiben. Ein Feststellungsinteresse ist als echte Prozessvoraussetzung nämlich nur für ein stattgebendes Urteil Voraussetzung und kann dahinstehen, wenn eine Sachentscheidung auch aus anderen Gründen ergehen kann, insbesondere die Klage in der Sache selbst abweisungsreif ist (BAG 6.10.2011 - 6 AZR 172/10 - Rn. 16, NZA 2012, 94). Ebendies war vorliegend der Fall.

48

2. Die Klage ist nicht begründet. Die Beklagtenweisung zum 29 März 2012 verstieß nicht gegen rechtliche Bestimmungen. Die veränderte Büroraumzuweisung auf demselben Betriebsgelände war insbesondere unter den Voraussetzungen des § 106 Satz 1 GewO rechtmäßig, wonach der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmt, soweit diese Bedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

49

a) Ein Verstoß gegen Beteiligungsgesetze oder tarifvertragsähnliches Recht schied dabei aus.

50

aa) Ein Verstoß gegen einen Mitbestimmungstatbestand aus § 42 Abs. 1 Nr. 6 („Umsetzung innerhalb einer Dienststelle unter gleichzeitigem Ortswechsel“) oder Nr. 7 („Versetzung oder Abordnung zu einer anderen Dienststelle von mehr als drei Monaten Dauer“) MVG.E-P kommt nicht in Betracht. Es fehlt für eine „Umsetzung“ an einer damit verbundenen Übertragung neuer Aufgaben innerhalb derselben Dienststelle (BAG 10.11.1992 - 1 AZR 185/92 - zu II 2 der Gründe, NZA 1993, 331). Unstreitig wurde die Arbeitsaufgabe des Klägers nämlich zum 29. März 2012 nicht verändert. Weiter fand auch kein Ortswechsel statt, denn nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bestimmt sich ein Arbeitsort weder durch die räumliche Lage des Arbeitsplatzes innerhalb des Betriebsgebäudes noch durch das Betriebsgebäude und -gelände als Ganzes; es kommt vielmehr entscheidend auf den Sitz des Betriebs und damit in der Regel den Bezirk der politischen Gemeinde an, in welcher das Betriebsgebäude liegt (BAG 17.6.2008 - 1 ABR 38/07 -, Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 47). Außerdem liegt auch keine Versetzung im Sinne eines dauerhaften Wechsels in eine andere Dienststelle vor (BAG 15.8.2006 - 9 AZR 571/05 - Rn. 24, NZA 2007, 1310), denn die Dienststelle des Klägers blieb die gleiche. Auch eine Abordnung, die begrifflich eine zeitweiligen Übertragung einer Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle meint (BVerwG 16.4.2012 - 6 P 1/11 - Rn. 44, NZA-RR 2012, 610), kam damit nicht in Betracht.

51

bb) Es lag weiter auch kein Anhörungsverstoß nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AVR i.V.m. der Verweisungsklausel vor § 1 des Dienstvertrags vor („Vor der Umsetzung, Versetzung oder Abordnung ist die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter zu hören“). Soweit die Wendungen der AVR begrifflich mit denen des Mitarbeitervertretungsrechts übereinstimmen, gilt das bereits aus vorstehenden Erwägungen. Soweit weitergehend begrifflich Inhalte des allgemeinen Arbeitsrechts gemeint sein sollten, kommt ein Verstoß bezüglich einer Versetzung in Betracht. Eine Versetzung im allgemein arbeitsrechtlichen Sinn lag aber ebenfalls nicht vor.

52

(1) Eine Versetzung meint anknüpfend an § 95 Abs. 3 BetrVG allgemein die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die entweder voraussichtlich länger als einen Monat dauern wird oder (bei kürzerer Dauer) mit einer erheblichen Änderung der äußeren Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit geleistet wird (lag Rheinland-Pfalz 24.9.2009 - 10 SaGa 9/09 - zu II 1 der Gründe, juris), wobei Arbeitsbereich der konkrete Arbeitsplatz und seine Beziehung zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht ist. Nicht jede noch so geringe Veränderung nimmt dem angestammten Arbeitsbereich allerdings sein bisheriges Gepräge, namentlich nicht jede marginale räumlichen Änderungen ohne Ortswechsel oder sonst veränderten Rahmenbedingungen (vgl. BAG 17.6.2008 - 1 ABR 38/07 -, Rn. 21 f., 24, AP BetrVG 1972 § 99 Nr 47), wie etwa Raumänderungen von einer in eine andere (Fabrik-) Halle (Preis in Wlotzke/ Preis / Kreft BetrVG 4. Aufl. § 99 Rn. 28; Lakies, BB 2003, 364, 368).

53

(2) Vorliegend geht es bei der in Streit stehenden Änderung um ein bloßes Raumzuweisungsproblem. Der Kläger war keine Veränderung konkreter Arbeitsabläufe in technischer oder organisatorischer Weise ausgesetzt. Allein der räumliche Abstand des alten zum neuen Büro von 500m oder 550m hieß nicht, dass sich in Arbeitsabläufen nennenswertes änderte. Die Beklagte hatte zudem auf den mehrere Landkreise umfassenden Einrichtungsbezug der Tätigkeit als alleinige Fachkraft für Arbeitssicherheit aufmerksam gemacht, was die Richtigkeit ihrer weiteren Behauptung nahe legte, dass Arbeitszeiten im Bürozimmer nicht bei 100 %, sondern ggf. nur bei der Hälfte der Dienstzeiten lagen oder liegen konnten. Weiter war auch hinsichtlich logistischer Einbindungen der neuen Umgebung keine nennenswerte Veränderung erkennbar. Selbst wenn der frühere Büroraum luftliniengemäß näher bei der Einrichtungsleitung gelegen haben mochte und der Kläger in Stabsfunktion unmittelbar den Direktoren unterstand, war weder dargetan, welche erschwerten Begegnungsmöglichkeiten das bei dem (lichtbildgemäß - vgl. Bl. 82 d.A.) mit Kraftfahrzeugen befahrbaren Betriebsgelände aufgrund der Raumänderung bergen sollte, noch welche Kommunikation überhaupt „vis-à-vis“ abgewickelt werden musste und nicht per Telefon, E-Mail oder im Schriftverkehr statt fand und weiterhin abgewickelt werden konnte. Ob und welche erschwerten Kommunikationsbedingungen darüber hinaus begründet sein mochten, ergab sich auch bei Anhörung des Klägers persönlich im Termin vom 15. Februar 2013 nicht. Schließlich fehlte zur pauschalen Behauptung schlechterer technischer Anbindungen im neuen Büro jede Substanz, nachdem dort (lichtbildgemäß - vgl. Bl. 78 - 81 d.A.) Schreibtisch, Regale und Schränke - und zwar in nicht erkennbar veralteter oder unergonomischer Ausführung - sowie Telefon- und PC-Anlage vorhanden waren.

54

(3) Darüber hinaus war dem Kläger ohnehin, wenn auch nicht in ausdrücklicher Aufforderung, so doch zumindest faktisch Gelegenheit zur Stellungnahme i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 2 AVR eröffnet worden, indem ihm die Beklagte mit Schreiben vom 24. Januar 2012 schon sämtliche Umstellungen eröffnet, eine genaue terminliche Fixierung indes noch offen gelassen hatte. Dass der Kläger dies als entsprechende Äußerungsmöglichkeit auffasste, ergibt sein am 13. Februar 2012 abgesetztes Bevollmächtigtenschreiben. Damit war den wesentlichen Zweckerfordernissen der AVR-Norm genügt (vgl. Sächsisches lag 9.8.2007 - 6 SaGa 10/07 - juris).

55

b) Ein Verstoß gegen materielle Grenzen des Dienstvertrags kommt ebenfalls nicht in Betracht.

56

aa) Zum dienstlichen Einsatzort heißt es in § 3 Abs. 1 des Vertrags vom 1. Juli 1984, dass dieser (vorläufig) im D-Zentrum Z in C-Stadt liegen werde. Dem genügte die ursprüngliche wie auch die angegriffene Bürozuweisung, da auch das neu zugewiesene Zimmer auf dem Betriebsgelände des Hauptsitzes lag. Zudem erklärt § 3 Abs. 2 Satz 2 HS 1 Dienstvertrag die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes in der selben Einrichtung für jederzeit möglich.

57

bb) Auch durch zeitweilige Nichtausübung des örtlichen Direktionsrechts wurde eine Zuweisungsänderung nicht ausgeschlossen. Die Nichtausübung des Zuweisungsrechts bedeutet auch bei längerem Zeitablauf nicht, dass keine Änderung eintreten kann. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, damit ein Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, nicht in anderer Weise eingesetzt zu werden (BAG 26.9.2012 - 10 AZR 416/11 - Rn. 27, juris). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich ein Arbeitnehmer ggf. im Laufe der Zeit an Orte und persönliche Umgebungen der Arbeitsausführung gewöhnt (lag Rheinland-Pfalz 27.1.2010 - 8 SA 525/09 - zu I der Gründe, juris). Vorliegend trug der Kläger selbst vor, seit 2006 in dreijähriger Folge Bürozimmerveränderungen erfahren zu haben, was gegen jegliches schützenswerte Vertrauen in den fortwährenden Beibehalt eines Raums sprach, und dem in Streit stehenden Änderungsentschluss der Beklagten als gewissermaßen turnusgemäß erscheinen ließ.

58

c) Auch lag kein Verstoß gegen arbeitsschutzgesetzliche Normen vor.

59

aa) Die Grenzen aus § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 84 Abs. 2 SGB IX waren gewahrt. Die Beklagte hat weder sensible Daten des Klägers, die ihr im Rahmen des durchgeführten Eingliederungsmanagements bekannt geworden waren, missbraucht, noch verbindliche Vereinbarungen aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement missachtet oder fehlinterpretiert.

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(1) Nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ist der Arbeitnehmer über die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie über Art und Umfang der erhobenen Daten vorab zu informieren. Wie die mehrstufige Abfolge mit Erst- und Fallgespräch vorliegend andeutet und die formulargemäße Protokollierung mit Hinweis auf den „Vordruck 'Dokumentation der Ergebnisse und Aktivitäten im Rahmen des BEM'“ weiter erkennen lässt, verläuft die institutionalisierte Gesundheitsprävention nach § 84 Abs. 2 SGB IX bei der Beklagten in „geordneten Bahnen“. Es wäre Sache des Klägers gewesen, angesichts dieser Umstände darzulegen, dass und inwieweit bei der Informationsabgabe und Datenbehandlung gegenüber dem gesetzlichen Regelmodell Defizite bestanden. Er war für die anspruchsbegründenden Tatsachen nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet (vgl. allgemein BAG 27.6.2012 - 5 AZR 496/11 - Rn. 13, juris). Ohne Vorbringen war davon auszugehen, dass die gesetzlichen Vorgaben des „informed consent“ eingehalten waren.

61

(2) Es fehlen auch Anhaltspunkte für einen Missbrauch ordnungsgemäß erhobener Daten. Eine Verletzung der Grenzen aus § 32 Abs. 1 i.V.m. §§ 1, 3, 27 BDSG, die auch im Rahmen des Gesundheitspräventionsverfahrens gelten (vgl. Düwell in Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 31), steht mangels automatisierter Nutzung nicht in Frage. Für eine Verletzung des allgemeinen Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG fehlt es an einer Verkennung des vereinbarten Rahmens. Dem Einzelnen ist nach der grundgesetzlichen Regelung gewährleistet, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BAG 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37, NZA 2011, 453). Das verwehrt aber nicht die Disposition im Rahmen von Teilnahmen an Verfahren i.S.d. § 84 Abs. 2 SGB IX. Hiermit war der Kläger nach (zu unterstellender, s.o.) Unterrichtung gemäß § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX einverstanden, so dass der bestimmungsgemäße Datengebrauch durch die Verfahrensbeteiligten nicht weiter zu beanstanden war. Es konnte deshalb auch nicht missbräuchlich, sondern nur folgerichtig sein, wenn schlussendlich vereinbarte Abhilfen gerade unter Berücksichtigung der im Verfahren erhobenen Daten verabfolgt wurden. Der Gefahr des Missbrauchs steht im gesetzlichen Modell zudem auch das institutionalisierte Verfahren unter Teilnahme sachverständiger wie auch betrieblich maßgeblicher Entscheidungsträger entgegen.

62

(3) Die Beklagte hat mit der veränderten Raumzuweisung auch nicht den Rahmen der getroffenen Vereinbarung verlassen.

63

(a) Der Aktenvermerk vom 6. Dezember 2012 weist eine abschließende Vereinbarung mit Vorgehensweisen aus, die (sinngemäß) wesentlich an den Arbeitgeber adressiert sind und u.a. die Überprüfung des Arbeitsplatzes des Klägers in ergonomischer wie räumlicher Hinsicht beinhalteten. Es entspricht gut begründeter Ansicht, dass die Durchführung derartiger Vereinbarungen nicht nur mit Vorschlags- sondern mit Pflichtengehalt versehen sind (Düwell in Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX § 84 Rn. 87), was vorliegend annehmen lässt, dass die Beklagte die Vereinbarung keinesfalls einfach ignorieren konnte. Wenn sie sodann - wie vorliegende - im Rahmen der Übereinkunft bewegte und den vormaligen Arbeitsplatz des Klägers in räumlicher Lage überprüfte, war das mithin nicht rechtswidrig. Indem sie zudem die vom Kläger geäußerten Belastung, „isoliert“ zu sein und „gemobbt“ zu werden, zur Grundlage der Änderung nahm, entsprach auch das den vereinbarten Pflichten. Es war denkbare Folge der Prüfung.

64

(b) Soweit der Kläger meint, die Vereinbarung habe aufgrund seines geäußerten Vorbehalts keine Raumänderungen gestattet, folgt ihm die Berufungskammer nicht. Die niedergelegte Übereinkunft unterliegt für ihr zutreffendes Verständnis der Auslegung.

65

(aa) Vertragsbestimmungen sind gemäß § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Weiter sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 19.6.2011 - 9 AZR 226/10 - Rn. 17, juris).

66

(bb) Schon begrifflich gibt das Protokoll zur vereinbarten Prüfpflicht lediglich hinweisartige Ergänzungen des Klägers wieder. Diese betreffen auch nicht etwa Verweigerungen gegen die Prüfung als solche, sondern thematisieren nur befürchtete Folgen. Dass es dem Kläger dabei auch nicht um eine Unterlassung der ermessensgerechter Abhilfen gehen konnte, sondern nur um die Unterbindung etwaigen Fehlgebrauchs, folgt eindrücklich aus seinem ergänzenden Einwand, das Eingliederungsmanagement dürfe nicht zu einem „Nachteil“ führen bzw. - auf sich bezogen - nicht in einen „bestrafenden“ Umzug münden, was pointiert in der Betroffenheitsbekundung („Warum ich ... ?“) endeten. Wäre es dem Kläger nicht bloß um einen - so ausgedrückten - Hinweis auf die Grenzen des Ermessensgebrauchs gegangen, sondern weitergehend darum, selbst unter den als drängend geschilderten Umständen („isoliert“, „gemobbt“) in jedem Fall weiter beschäftigt werden zu wollen, koste es was es wolle (vgl. zu den Möglichkeiten und Grenzen solcher Wünsche etwa BAG 17.2.1998 - 9 AZR 130/97 - zu I 3 der Gründe, NZA 1999, 33; Düwell in Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX § 84 Rn. 43), hätte er das schon aus Rücksicht auf etwaige Abwicklungs- und Haftungsprobleme der Beklagten unmissverständlich und klar sagen müssen. Auch in der anschließenden Äußerung mit (Bevollmächtigten-) Schreiben vom 13. Februar 2012 gab der Kläger stattdessen lediglich wieder den fehlgebrauchsbezogenen Einwand vor, Deeskalationsmaßnahmen dürften nicht bloß zu seinen Lasten gehen. Bei wohlverstandener Berücksichtigung aller betroffenen Interessen musste die Beklagte deshalb bei Lösung der Raumfrage annehmen, auch nach der Klägeransicht einer Vornahmepflicht aufgrund der Vereinbarung vom 6. Dezember 2011 zu unterstehen, und dabei den Grenzen der § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB und § 612a BGB zu unterliegen. Allein in diesen Grenzen hinterfragte der Kläger die Maßnahme auch im vorliegenden Verfahren.

67

bb) Weiter lag kein Verstoß gegen § 618 Abs. 1 BGB i.V.m. Vorschriften der ArbStättV oder gefahrenabwehrrechtlichen Nutzungsbeschränkungen vor. Den Lichtbildern in Bl. 76 ff. d. A. entsprechend waren sämtliche für Bürozimmer typische Ausstattungen, namentlich Schreibtisch, Stuhl, Regale und Schränke, PC- und Telefonanlage vorhanden, was dem Rahmen des § 25 ArbStättV genügte. Unstreitig ist zwischen den Parteien auch eine größere Raumabmessung als in der vormaligen Umgebung, was von hinreichenden Größenverhältnissen i.S.d. § 23 ArbStättV ausgehen lässt. Der vom Kläger vermeintlich als leicht veraltet behauptete Baubestand ließ sich keinem der in §§ 5 ff. ArbStättV enthaltenen Tatbestände zuordnen. Auch fehlte jeder Anhalt, dass die Sanitärraume nicht den Standards der §§ 34 ff. ArbStättV genügen mochten. Das Fehlen eines gesonderten Pausenraums war durch die individuelle Zimmerbelegung nach § 29 Abs. 1 Satz 2 ArbStättV unschädlich. Wegen der nach Süden weisenden Fensterfront waren aus Bl. 78 d.A. Jalousien zu erkennen, was § 9 Abs. 2 ArbStättV Genüge tat. Dass geeignete Vorrichtungen gegen Erwärmung nicht bedarfsweise geschaffen werden konnten (vgl. § 6 Abs. 4 ArbStättV) war sodann weder dargetan, noch anzunehmen, sodass es keiner Klimaanlage bedurfte. Der Umstand, dass sich die Fenster ggf. nur teilweise öffnen ließen, hieß nicht, dass die Belüftung unter den Voraussetzungen des § 5 ArbStättV zweifelhaft sein musste. Die vorhandenen Fenstersicherungen waren vielmehr wegen Absturzgefahr nach § 12 ArbStättV geboten. Die im Jahr 2006 in Bezug auf Unterbringungszwecke ordnungsbehördlich ausgesprochene Teilnutzungsuntersagung betraf schließlich weder den Zweck der Büronutzung, noch gab sie irgendwelchen Anhalt, dass den Brandschutzregelungen in § 13 ArbStättV nicht genügt worden sein könnte.

68

d) Die Beklagte hat auch nicht die Grenzen des ihr nach allgemeinem Arbeitsrecht obliegenden Direktionsrechts (§ 106 GewO) verkannt.

69

aa) Dabei scheidet ein Verstoß gegen § 106 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX mangels Vorliegen einer Behinderung im gesetzlichen Sinn von vorne herein aus. Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft deshalb beeinträchtigt wird. An eben diesem Verständnis knüpft der Gesetzgeber auch in § 106 Satz 3 GewO an (lag Hamm 18.11.2010 - 15 Sa 508/10 - zu I 2 d der Gründe, juris; 12.11.2009 - 17 Sa 1002/09 - zu I 2 d der Gründe, juris; HWK/ Lembke 4. Aufl. § 106 GewO Rn. 130). Der Kläger hat indes für eine dauerhafte Beeinträchtigung seiner körperlichen und seelischen oder geistigen Gesundheit keinerlei konkrete Angaben gemacht und auch nicht erkennen lassen, dass er in irgendeiner Weise am gesellschaftlichen Leben verhindert sein sollte. Der Kläger meint sogar für die im Jahr 2011 aufgetretenen Krankheitszeiten, dass fraglich sei, ob überhaupt die Grenzen des § 84 Abs. 2 SGB IX erreicht gewesen seien (Anlage K 3 S. 2, Bl. 15 d.A.). Auch die im laufenden Verfahren geschilderte Gürtelrose ließ nicht zwingend auf nachhaltige Beeinträchtigungen i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB IX schließen. Die Raumveränderung ist vor diesem Hintergrund auch nicht nach § 7 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1, § 1 AGG zu hinterfragen. Der in § 1 AGG verwendete Begriff der Behinderung greift ebenfalls auf § 2 Abs. 1 SGB IX zurück (BT-Drucks. 16/ 1780 S. 31) und wird nicht schon durch ggf. auch gravierende Einzelerkrankung erfüllt (Bauer/ Göpfert/ Krieger AGG 3. Aufl. § 1 Rn. 44).

70

bb) Die in Streit stehende Maßnahme wahrt auch die Grenzen der Billigkeit.

71

(1) Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO i.V.m. § 315 Abs. 3 BGB. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung die Grenzen seines Bestimmungsrechtes beachtet hat (BAG 26.9.2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 33, juris). Entgegen der Ansicht des Klägers geschieht dies allerdings nur im Wege einer Ergebniskontrolle und nicht der Verfahrenskontrolle (BAG 2.7.2008 - 4 AZR 246/07 - Rn. 32, juris). Es kommt also nicht darauf an, wer welche Gesichtspunkte zu welchem Zeitpunkt erstmals als entscheidungsrelevant erkannt, erwogen oder gar ausgesprochen hat, sondern nur, ob sie im Ergebnis für oder wider die streitige Maßnahme sprechen. Auch Gesichtspunkte, auf die sich eine der Partei erstmals im Rechtsstreit beruft, sind vom Gericht zu berücksichtigen (lag Mecklenburg-Vorpommern 8.3.2011 - 5 Sa 269/10 - AfP 2011, 614). In der Sache selbst verlangt eine Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen die Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und der Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalles einzubeziehen, etwa auch Vorteile aus einer Regelung, Risikoverteilungen zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltspflichten. Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit einer getroffenen Ermessensentscheidung liegt beim Arbeitgeber, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle der Zeitpunkt ist, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 26.9.2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 34 ff., 41, juris).

72

(2) Vor diesem Hintergrund liegt kein relevanter Fehler vor.

73

(a) Der neue Büroraum ist für den Kläger weder nachteilig noch unzumutbar.

74

(aa) Der Kläger unterliegt in seinen Arbeitsabläufen (wie bei Erörterung der Frage, ob eine Versetzung vorliegt, dargetan) keiner erkennbaren Veränderung. Die von ihm unter Bezugnahme auf zwei Funktionsvorgänger geäußerte Ansicht, aus Gründen der Sachnähe bei der Technik oder den Werkstätten sitzen zu müssen, war schon aufgrund des Unterschieds unmaßgeblich, dass beide Vorgänger im Wesentlichen Leiter ihrer Bereiche waren und nur zusätzlich noch Fachkraftsaufgaben erfüllten. Zudem war die bei Zeiten der Funktionserfüllung zu leistende Reisetätigkeit vom Kläger nicht weiter bestritten.

75

(bb) Darüber hinaus ist die neue Umgebung (wie sich aus der Prüfung nach § 618 Abs. 1 BGB i.V.m. Normen der ArbStättV und etwaiger Gefahrenabwehr ergab) auch nicht weiter gesundheitsgefährdend. Soweit der Kläger pauschal anderes behauptet, war aus Beklagtensicht - mangels Kenntnismöglichkeit - kein einlassungsfähiger Vortrag gegeben. Der Kläger wäre im Rahmen abgestufter Darlegungs- und Beweislast gehalten gewesen, näheres zu seiner medizinischen Lage darzutun (zur abgestuften Darlegungslast allgemein etwa BAG 26.6.2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 26, 28, AP KSchG 1969 § 23 KSchG Nr. 42). Anderes galt auch nicht im Hinblick auf die im März 2012 aufgebrochene Gürtelrose, deren Auslöser mangels Einzugs vor Ende Mai 2012 jedenfalls nicht die Raumumgebung sein konnte.

76

(cc) Der Kläger war weiter auch nicht in seinem beruflichen Fortkommen gehindert. Er meint zwar, im Oberlinhaus sei keine „Verwaltung“ mehr vorhanden (was offensichtlich auf die entscheidungstragenden Amtsträger der Einrichtungsleitung anspielt, nicht auf die durchaus administrativ tätigen Dienstleister im Rahmen des Rechnungswesens oder der Arbeitsmedizin). Jedoch muss sich damit allein mangels weiterer Anhalte keinerlei aufstiegs- oder einflussbezogene Veränderung für seine Stabsfunktion in unmittelbarer Unterstellung der Direktoren verbinden. Es fehlt insofern jeder Vortrag, ob überhaupt und in welcher Folge und mit welcher Spontaneität vormals kürzere Wege zu etwaigen Konsultationen geführt hatten. Auch war nicht ersichtlich, dass Einbindungen in konkrete Leitentscheidungen vom Bestehen kurzer Wege zu einem der Direktoren oder anderen Führungsträgern abhingen. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass Stabsfunktionsträger auf einheitlichem Betriebsgelände allein wegen weniger hundert Meter auseinanderliegender, mit Fahrzeugen aber überbrückbarer Büroentfernung ungleichmäßige Leitungsämter ausübten, lässt sich nicht erkennen.

77

(dd) Hinsichtlich der pauschal behaupteten „Isolation“ am neuen Ort muss sich der Kläger schon im Ansatz entgegenhalten lassen, selbiges bereits im vorherigen Raum empfunden und geäußert zu haben, wie aus dem Gesprächsprotokoll vom 6. Dezember 2011 hervorgeht. Dass diese Empfindung weniger mit dem Arbeitsort zu tun haben musste, als mit dem wesentlich auf sich allein gestellt zu erfüllenden Aufgabenfeld einer Fachkraft für Arbeitssicherheit (nebst Schriftverkehr, Grundbetreuungsaufgaben usw.) lag anhand der gesprächsweise am 6. Dezember 2011 weiter geschilderten Arbeitsüberlastung zudem nah. Hinsichtlich fehlender Sozialräume hatte die Beklagte unbestritten angemerkt, dass diese auch im vorherigen Büroumfeld nicht vorhanden gewesen waren. Sofern es dem Kläger darüber hinaus allgemein um das Fehlen von Menschen in seiner Gebäudeumgebung ging, war ihm entgegen zu halten, dass die von der Beklagten aufgezählten Dienstleistungen im Oberlinhaus, (Bewegungstherapie, Hauswirtschaft, Arzt, Mitarbeitervertretung sowie etwaige sonstige Nutzer) alles andere als die Annahme rechtfertigten, das Haus sei „ausgestorben“.

78

(ee) Der Kläger hatte auch keine sonstigen, außervertraglichen Nachteile angedeutet, namentlich nicht für Einkommen, soziale Lebensverhältnisse (die unverändert blieben) oder sonstige Auswirkungen auf seinen privaten Lebenskreis, die ihm den Umzug erschwert oder unmöglich gemacht haben sollten.

79

(b) Die Beklagte hatte indes triftige Gründe für eine veränderte Büroraumzuweisung.

80

(a) Zum einen war der vom Kläger ehemals innegehabte Raum für einen anderen Nutzungszweck vorgesehen, nämlich die Nutzung durch eine neu eingestellte Revisorin. Dieser war, weil zweckgerecht, nicht bloß als vorgeschoben anzusehen, da die zu Beschäftigende mit sensiblen Daten befasst war und deshalb in die Nähe der IT-Abteilung gesetzt werden musste. Die Beklagte hatte zudem unbestrittenermaßen auf die bereits im Dezember 2011 erfolgte Stellenausschreibung und das im Januar nachfolgende Auswahlverfahren verwiesen, sowie weiter erklärt, dass die Zäsur bis zum 1. Mai 2012 mit den Abwicklungsarbeiten im zwischenzeitlich eingenommenen Arbeitsraum zusammenhing. Der weitere Einwand des Klägers, es hätten im Zeitraum April/ Mai 2012 noch andere leere Büroräume zur Verfügung gestanden, verfängt aufgrund des aufgezeigten Nähebezugs zur IT-Abteilung nicht.

81

(b) Zudem war die Zuweisung des anderen Bürozimmers aus Gründen der innerbetrieblichen Konfliktmeidung geboten.

82

(aa) Im Falle innerbetrieblicher Konflikte zwischen Arbeitnehmern ist es - ohne Rücksicht auf die Ursachen des Konflikts - Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, ob und wie er hiergegen durch Ausübung seines Direktionsrechts vorgeht. Ist der Konflikt dadurch entstanden, dass ein oder mehrere Arbeitnehmer gegen andere Vorwürfe erheben, kommt es nicht darauf an, ob diese Vorwürfe begründet sind. Es ist vielmehr allein Sache des Arbeitgebers zu bestimmen, ob und wie er auf solche Konfliktlagen direktionsrechtsgemäß reagiert (BAG 12.9.1996 - 5 AZR 30/95 - zu 1 c der Gründe, NZA 1997, 381; 24.4.1996 - 5 AZR 1031/94 - zu 2 b, c der Gründe, NZA 1996, 220; lag Rheinland-Pfalz 24.9.2009 - 10 SaGa 9/09 - zu II 1 der Gründe, juris). Bei Prüfung verabfolgter Maßnahmen dürfen die Anforderungen an ein arbeitgeberseitiges Konfliktmanagement nicht überspannt werden, insbesondere nicht derart, dass ein (mittelbarer) Zwang entsteht, betriebliche Belastungen oder Störungen einstweilen und auf im Einzelfall nicht absehbare Zeiten zu tolerieren (lag Schleswig-Holstein 2.5.2007 - 6 Sa 504/06 - zu 5 b der Gründe, juris). Der Arbeitgeber muss die Situation auch nicht mit aus seiner Sicht ungewissen Ergebnissen daraufhin prüfen, wer die Ursache für den Konflikt gesetzt hat, sondern kann unmittelbar auf die für ihn einfachste und nachhaltigste und aus seiner Sicht zweckmäßigste Maßnahmen zurückgreifen (lag Baden-Württemberg 28.11.2008 - 3 Sa 96/07 - zu 1 b bb der Gründe, juris). Es steht der Grenzwahrung billigen Ermessens auch nicht weiter entgegen, wenn die Konfliktlage im Einzelfall gar nicht von dem oder den Maßnahmebetroffenen ausging (lag Rheinland-Pfalz 11.6.2010 - 9 SA 76/10 - zu II 1 b der Gründe, juris). Auch das subjektive Empfinden des Betroffenen ist für die Beurteilung der Billigkeit nicht weiter von Belang (lag Schleswig-Holstein 12.2.2002 - 5 Sa 409c/01 - zu 3.2 der Gründe, juris).

83

(bb) Die Beklagte hat ihr Handeln nachvollziehbar aus Gründen der Konfliktlösung verabfolgt.

84

(aaa) Sie konnte und musste aufgrund des Gespräches vom 6. Dezember 2011 von einem innerbetrieblichen Konflikt ausgehen. Der Kläger hatte dort unter Bezugnahme auf objektive, zeitlich und örtlich konkretisierte sowie im Laufe des Rechtsstreits unbestritten gebliebene Gesichtspunkte erklärt, sich im räumlichen Büroumfeld „isoliert“und „gemobbt“ vorzukommen. Da das Gespräch dem Zweck der Aufdeckung und Lösung bestehender Arbeitsbelastungsfaktoren unter gegenseitigem Vertrauen beruhte, musste die Beklagte die geschilderte Problemlage als wahrheitsgemäß dargetan und in der Sache ernsthaft auffassen. Hieran änderte auch der Klägervorbehalt nichts, dass etwaige Maßnahmen nicht ihn treffen dürften, wie neben der dargelegten Auslegung dieses Einwands auch aus dem Umstand folgt, dass der Kläger noch am 2. Februar 2012 in der Personalabteilung nach einem Mobbingbeauftragten fragte (so der unbestrittene Beklagtenvortrag im Schriftsatz vom 24. April 2012; S. 6, Bl. 33 d.A.). Soweit der Kläger im Verfahren einwendete, dass niemand aus der IT-Abteilung von einem objektiven Konflikt ausgegangen sei, stellt das auf unerhebliche Beurteilungsgrundlagen ab. Selbst wenn nachträglich besehen, niemand aus der IT-Abteilung dem Kläger persönlich Böses gewollt haben mochte, als er die Türen rigoros verschloss und im Lagerraum mit plakativem Hinweis Raucher für unerwünscht erklärte, waren die vorgekommenen Ereignisse schon objektiv nicht zu leugnen und in ihrer erschütternden Auswirkung auf den Kläger nicht aus der Welt geschafft. Aus Sicht der Beklagten musste schon nach klägerseitiger Schilderung vom Dezember 2011 eine Eskalation befürchtet werden, auf die sie mit Deeskalationen, wie vom Kläger noch im Februar 2012 für tunlich erachtet, reagierte.

85

(bbb) Mildere Mittel zur Lösung der räumlichen Konfliktlage hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger dabei nicht. Die vom Kläger hiergegen schon am 6. Dezember 2011 aufgeworfene Frage: „Warum ich?“, hat das Arbeitsgericht sinngemäß und zutreffend damit beantwortet, dass die einzig denkbare Alternative in der Auslagerung der gesamten IT-Abteilung bestanden hätte, was - wenn nicht unmöglich, so doch - unzumutbar gewesen wäre (S. 6 der Urteilsniederschrift zu I 2 der Gründe, Bl- 89 d.A.). Der Kläger hat hiergegen auch in zweiter Instanz keine Einwände vorgebracht. Er hat zudem auch nicht weiter erkennen lassen, wie sich seine Problemlage anders als durch eine Raumänderung hätte lösen lassen. Die von ihm in diesem Zusammenhang allein thematisierte (und zwischen den Parteien streitig gebliebene) Frage, ob nicht in anderen Gebäuden der Einrichtung gegen Ende März 2012 Bürozimmer frei gewesen seien, bedurfte keiner Vertiefung. Aus der Raumzuweisung im Oberlinhaus ergaben sich für den Kläger (nach den vorstehenden Ausführungen) keine objektiv nachvollziehbaren beruflichen, gesundheitlichen, persönlichen oder sozialen Nachteile, so dass ihn andere Raumzuweisungen jedenfalls nicht weniger „belastet“ haben konnten.

86

e) Die Maßnahme verstößt auch nicht gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot.

87

aa) Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit. Der Arbeitnehmer soll in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber geschützt werden, ob er - auch vor dem Hintergrund des für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewichts, das sich durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers und die Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers ergibt - seine Rechte ausüben will oder nicht. Rechtsausübung meint dabei jede Wahrnehmung von Rechtspositionen (BAG 21.9.2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 31 ff., NZA 2012, 317). Eine Benachteiligung i.S.v. § 612a BGB setzt nicht notwendig voraus, dass sich die Situation des Arbeitnehmers gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert. Das Maßregelungsverbot kann auch verletzt sein, wenn dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, weil sie ihre Rechte nicht ausgeübt haben (BAG 15.9.2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 40, AP BGB § 611 BGB Lehrer, Dozenten Nr. 186). Allerdings musste für die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung“ ein Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen auswählen können (BAG 14.12.2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 23, NZA 2012, 618). Das Maßregelungsverbot setzt weiter voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (BAG 16.5.2012 - 10 AZR 174/11 - Rn. 18, juris). Den Arbeitnehmer trifft zudem die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom Arbeitgeber benachteiligt wurde. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet (BAG 21.9.2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 37, NZA 2012, 317).

88

bb) Vor diesem Hintergrund ist vorliegend von keiner Maßregelung bei Zuweisung eines anderen Arbeitsraums zum 29. März 2012 auszugehen.

89

(1) Zu Gunsten des Klägers mag angenommen werden, dass die Beteiligung an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX als Rechtswahrnehmung in den Schutzbereich des § 612a BGB fällt.

90

(2) Nachteil ist allerdings nicht schon jede subjektive Empfindung, vielmehr bedarf es objektiver Anhaltspunkte, dass die veränderten Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld wirklich schlechter sind (lag Niedersachsen 15.10.2010 - 6 Sa 282/10 - zu II 3 der Gründe, LAGE GewO 2003 § 106 Nr. 8). Soweit das in Gestalt negativer Arbeitsbedingungen der Fall sein sollte, gilt nach den vorstehenden Ausführungen, dass - weil keine Verschlechterung im objektiven Sinn eintrat - auch keine Benachteiligung vorgekommen sein konnte. Auch in Gestalt vorenthaltener Vorteile kann die Umdisposition einzelner Arbeitsräume kaum als Nachteil gelten. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass im Laufe eines Arbeitslebens nie Raumänderungen eintreten. Ob allein die dann noch verbleibende Direktionsrechtsausübung als solche - die ohne Arbeitnehmerverhalten ggf. ausgeblieben wäre - schon einen Nachteil darstellt, oder nicht vielmehr als Sozial- und rechtsadäquates Verhalten gelten muss und mithin unerheblich zu bleiben hat (zur Neutralität in diesem Sinn bei schadensersatzrechtlichem Zusammenhang etwa BAG 16.5.2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 85, NZA 2007, 1154), bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte hatte jedenfalls nach klägerischer Kundgabe ohne Gewärtigung verschlimmerter Lagen keine alternative Abhilfemöglichkeit. Sie war aufgrund der eingliederungsmanagementgemäßen Vereinbarung gerade gehalten zu handeln (vgl. Düwell in Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX § 84 Rn. 87) und konnte aufgrund ihrer Fürsorgepflicht sogar von einer „Versetzungs“-Pflicht aufgrund schutzwürdigen Interesses des Klägers und ihr möglicher wie zumutbarer Veränderung ausgehen (lag Rheinland-Pfalz 13.4.2005 - 9 Sa 932/04 - zu I 2 der Gründe, juris). Auch der Kläger hat - wie dargelegt - nichts dazu ausgeführt, wie die Konfliktlage anders als durch Raumänderung hätte behoben werden können.

91

(3) Zudem scheidet eine Maßregelung auch wegen mangelnder Kausalität aus. Die Raumänderung des Klägers geschah zwar anlässlich der Vereinbarung im betrieblichen Eingliederungsmanagement, nicht jedoch bloß deshalb, weil der Kläger sich diesem Verfahren gestellt hatte. Der Kläger übersieht bei seiner gegenteiligen Mutmaßung zunächst, dass die Initiative zum Verfahren gerade von der Beklagtenseite kam und eine kontrafaktische Vermutung, dass, wer fremde Angebote annimmt, rechtlich nicht Vorteile erlangt, sondern die Gefahr von Nachteilen gewärtigen muss, eher fern liegt. Darüber hinaus ging der Vereinbarung im Abschluss der protokollierten Fallbesprechung vom 6. Dezember 2011 - soweit ersichtlich - auch genau der regulierte Suchprozess zur Ermittlung individuell angepasster Lösungen für den Erhaltung von Arbeitsplätzen durch Überwindung der Arbeitsunfähigkeit sowie zur Vorbeugung erneuter Arbeitsunfähigkeiten voraus (Düwell in Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX § 84 Rn. 28), der Zweck der Gesundheitsprävention ist (AnwKArbR/ Euler § 84 SGB IX Rn. 1). Nicht die Teilnahme oder der Lösungssuchprozess als solcher waren mithin Ursache für die spätere Raumänderungsprüfung, sondern erst die anschließend getroffene Vereinbarung. Für diese ergab sich isoliert besehen die bezeichnete Vornahmepflicht ggf. auch aus Gründen der Fürsorge nach § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GG, die einen Arbeitgeber zur Evaluation und ggf. Änderung belastender Arbeitsumgebungen auch jenseits des Verfahrens nach § 84 Abs. 2 SGB IX anhält (vgl. BAG 19.5.2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26, NZA 2010, 1119; HWK/ Lembke § 106 GewO Rn. 124). Ferner wurde mit Sicherstellung der reibungslosen Arbeitsvertragserfüllung zugleich auch der arbeitnehmerseitige Anspruch auf vertragsgerechte Beschäftigung erfüllt (vgl. lag Baden-Württemberg 28.11.2008 - 3 Sa 96/07 - zu 1 b bb der Gründe, juris). Der Kläger beanstandet vor diesem Hintergrund folglich zu Unrecht, dass das Arbeitsgericht den fehlenden Ursachenzusammenhang aus dem ganzen Maßnahmenbündel infolge des durchgeführten Eingliederungsmanagements angenommen hat. Genau dies ist nämlich konkrete Folge der Vereinbarung vom 6. Dezember 2011 und denkgesetzlich selbst dann noch vorhanden, wenn man den gesamten vorangegangenen Suchprozess beiseite lässt.

B.

92

Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe, die die Zulassung der Revision nahe legten, beinhaltete der Einzelfall nicht, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2013 - 6 Sa 441/12

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2013 - 6 Sa 441/12 zitiert 39 §§.

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen v

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 23 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vo

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 84 Hilfsmittel


(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 3 Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen


Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurd

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 95 Auswahlrichtlinien


(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antra

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 1 Anwendungsbereich des Gesetzes


(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch 1. öffentliche Stellen des Bundes,2. öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie a) Bundesrecht ausführen oderb)

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612a Maßregelungsverbot


Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Verordnung über Arbeitsstätten


Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen


(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 27 Datenverarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken und zu statistischen Zwecken


(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 auch ohne Einwilligung für wissenschaftliche oder hist

Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV 2004 | § 6 Unterweisung der Beschäftigten


(1) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über 1. das bestimmungsgemäße Betreiben der

Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV 2004 | § 5 Nichtraucherschutz


(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines

Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV 2004 | § 9 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten


(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 25 Absatz 1 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 3 Absatz 3 eine Gefährdungsbeurteilung nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert,2. ent

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2013 - 6 Sa 441/12 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2012 - 10 AZR 416/11

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1026/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2012 - 10 AZR 412/11

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Juni 2012 - 5 AZR 496/11

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2011 - 20 Sa 1430/10 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klä

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Mai 2012 - 10 AZR 174/11

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Tenor 1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. Januar 2011 - 2 Sa 97/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Feb. 2012 - 4 AZR 579/10

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 17. September 2010 - 7 Sa 449/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Jan. 2012 - 10 AZR 779/10

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 14. Oktober 2010 - 11 Sa 23/10 - wird als unzulässig verworfe

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Dez. 2011 - 5 AZR 675/10

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 06. Okt. 2011 - 6 AZR 172/10

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Dezember 2009 - 7 Sa 333/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Sept. 2011 - 7 AZR 150/10

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2011 - 9 AZR 226/10

bei uns veröffentlicht am 21.06.2011

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 24. Februar 2010 - 3 Sa 273/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 8. Februar 2010 - 3 Sa 24/08 - im Umfang der Klagestattgabe aufgehoben. Insof

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 08. März 2011 - 5 Sa 269/10

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Tenor 1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 15.09.2010 abgeändert und die Klage auf Kosten der Klägerin abgewiesen. 2.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Nov. 2010 - 9 AZR 573/09

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. Januar 2009 - 11 Sa 460/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Ur

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - auf
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2013 - 6 Sa 441/12.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 27. Juni 2017 - 8 Sa 4/17

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Tenor I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.11.2016 - Az.: 2 Ca 1447/16 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. II. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien str

Referenzen

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 8. Februar 2010 - 3 Sa 24/08 - im Umfang der Klagestattgabe aufgehoben. Insofern wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 28. April 2008 - 2 Ca 6062/07 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob Zeiten des Umkleidens sowie des Desinfizierens der Hände zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit rechnen.

2

Der Kläger ist seit 1992 als Krankenpfleger auf der Intensivstation eines Krankenhauses beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Vereinbarung bis zum 30. September 2005 der BAT in der für den Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände geltenden Fassung und findet seit dem 1. Oktober 2005 der TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) Anwendung.

3

Bis Ende 2006 rechnete der Rechtsvorgänger der Beklagten nach einer Dienstvereinbarung vom 18. Dezember 1991 arbeitstäglich pauschal eine Umkleidezeit von zwölf Minuten auf die nach einem Schichtplan festgelegte Arbeitszeit der Arbeitnehmer an. Im Januar 2007 stellte er diese Praxis ein, nachdem er die Dienstvereinbarung gekündigt hatte, zahlte jedoch das volle tarifliche Monatsentgelt weiter. Zum 1. Oktober 2008 ging das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.

4

Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stehe für jeweils zwölf Minuten an 123 Arbeitstagen in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2007 für die Zeiten des Umkleidens und des Desinfizierens der Hände eine Vergütung zu.

5

Der Kläger hat in der Sache zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 437,88 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass dem Kläger für die Zeit von Januar bis Juli 2007 eine Arbeitszeit von arbeitstäglich zwölf Minuten für Desinfektion und Umkleiden zu gewährleisten ist.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, seit dem Inkrafttreten des TVöD-K gehörten Umkleidezeiten nicht mehr zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten zum Teil abgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionen begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt sein verändertes Feststellungsbegehren sowie sein Zahlungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet, die des Klägers unbegründet. Abweichend von der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist die Klage insgesamt abzuweisen.

9
I.
Der Feststellungsantrag ist mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig.
10

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

11

2. Diesen Anforderungen entspricht der Feststellungsantrag nicht. Der Antrag festzustellen, dem Kläger sei für die Zeit von Januar bis Juli 2007 eine Arbeitszeit von arbeitstäglich zwölf Minuten für Desinfektion und Umkleiden zu gewährleisten, lässt nicht erkennen, worüber die Sachentscheidung ergehen soll. Aus dem Sachvortrag des Klägers ergibt sich weder, was er mit diesem Antrag geltend macht, noch aus welchem Klagegrund er einen Anspruch auf „Gewährleistung“ bestimmter Zeiten ableitet. Welche Bedeutung dem Begriff „Gewährleisten“ beizumessen sei, hat er nicht erläutert. Die „Gewährleistung“ einer Arbeitszeit deutet zwar auf eine begehrte Leistung hin, lässt deren Inhalt aber im Ungewissen. Insbesondere käme eine bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht (Freizeitausgleich) oder eine Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto in Betracht. Dabei handelt es sich im Verhältnis zu dem mit Antrag zu 1. erhobenen Zahlungsanspruch um verschiedene Streitgegenstände, für die es aber an einer Angabe des Klagegrundes iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehlt. Der Kläger hat zu keiner Zeit dargelegt, ob und aus welchem Grund und in welchem Umfang ihm ein Anspruch auf Freistellung oder auf Zeitgutschrift zustehen könnte.

12

II. Der Zahlungsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf (weitere) Vergütung für Zeiten des Umkleidens und der Desinfektion. Dazu bedarf es keiner Entscheidung, ob diese Zeiten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören.

13

1. Ein Vergütungsanspruch ergibt sich nicht aus § 611 Abs. 1 BGB. Das Arbeitsverhältnis des Klägers richtet sich nach dem Arbeitsvertrag und dem TVöD-K. Für Beschäftigte der Mitglieder des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Baden-Württemberg beträgt gemäß § 6 Abs. 1 TVöD-K die regelmäßige Arbeitszeit in Krankenhäusern ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich, wobei für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen ist, der bei der Ableistung von Schichtarbeit sogar noch verlängert werden kann. Danach muss die regelmäßige Wochenarbeitszeit lediglich im Jahresdurchschnitt 39 Wochenstunden betragen. Die regelmäßige Arbeitszeit ist die Arbeitszeit, in der der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet ist und für die ihm das volle tarifvertraglich geregelte Entgelt zusteht. Dieses Entgelt hat die Beklagte nach der maßgeblichen Entgeltgruppe gezahlt.

14

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der Umkleide- und Desinfektionszeiten nach § 7 Abs. 7, Abs. 8 Buchst. c iVm. § 8 Abs. 1 TVöD-K als Überstunden.

15

a) Überstunden sind nach § 7 Abs. 7 TVöD-K die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten(§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden. Im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit gelten gemäß § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K Abweichungen. Danach sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden einschließlich der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden, angeordnet worden sind. Für nicht ausgeglichene Überstunden sind neben dem Entgelt Zeitzuschläge gemäß § 8 TVöD-K zu zahlen.

16

b) Hierzu hat der Kläger keinen Sachvortrag gehalten. Er hat weder ausgeführt, dass und in welchem Umfang er mit den Umkleide- und Desinfektionszeiten Arbeitsleistungen über die dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitsstunden hinaus unter Überschreitung der gültigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erbracht, noch dass er über die im Schichtplan festgelegten, zusätzlich angeordnete Arbeitsstunden geleistet hat, die im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden konnten. Vielmehr hat er neben seinem Tarifentgelt weitere Vergütung für arbeitstäglich zwölf Minuten verlangt. Dieses Begehren lässt sich nach den anwendbaren Tarifnormen nicht rechtfertigen.

17

3. Ein darüber hinausgehender Vergütungsanspruch für die streitigen Zeiten folgt nicht aus § 612 Abs. 1 BGB. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung. Diese Bestimmung ist auch anzuwenden, wenn über die vertraglich geschuldete Tätigkeit hinaus Sonderleistungen erbracht werden, die durch die vereinbarte Vergütung nicht abgegolten sind, und weder einzelvertraglich noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 986/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 187 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 2). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat in der streitbefangenen Zeit die Arbeit eines Pflegers und keine qualitativen - und vom TVöD-K nicht erfassten - Sonderleistungen erbracht. Hinsichtlich der vertraglich geschuldeten Leistungen legt der anwendbare TVöD-K das Maß der geschuldeten Arbeitsleistung und die Vergütung darüber hinausgehender Zeiten abschließend fest. Ein Rückgriff auf § 612 Abs. 1 BGB scheidet deshalb aus.

18

4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der Umkleide- und Desinfektionszeiten aufgrund der Dienstvereinbarung vom 18. Dezember 1991. Es kann dahinstehen, ob diese Dienstvereinbarung, wie die Beklagte meint, von Anfang an rechtsunwirksam war oder zum 31. Dezember 2006 wirksam gekündigt worden ist, denn sie regelt mit der Formulierung: „Hiernach erhalten alle Mitarbeiter eine Umkleidezeit bis zu sechs Minuten zu Beginn und Ende der festgelegten Arbeitszeit“ jedenfalls keinen Vergütungsanspruch einzelner Beschäftigter.

19

5. Der Kläger hat keine betriebliche Übung auf zusätzliche Vergütung von Umkleide- und Desinfektionszeiten neben dem regelmäßigen Tarifentgelt dargelegt.

20

III. Die Kostentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Heyn    

        

    Mandrossa    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 14. Oktober 2010 - 11 Sa 23/10 - wird als unzulässig verworfen, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 29. Januar 2010 - 14 Ca 237/09 - in Bezug auf den Antrag zu 2. zurückgewiesen hat. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang des Direktionsrechts des Beklagten.

2

Der Beklagte, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt ein Sinfonieorchester. Der Kläger ist dort seit dem 1. September 1995 beschäftigt.

3

Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 23. Oktober 1996 zugrunde. Dort heißt es auszugsweise:

        

㤠1

        

Vereinbarte Tätigkeit, Beschäftigungsort

        

Das Orchestermitglied ist beim Südwestfunk seit dem 1. September 1995 angestellt und wird mit Wirkung vom 30. September 1996

        

im (Bezeichnung des Orchesters)

Sinfonieorchester

        

in (ständiger Beschäftigungsort)

F       

        

als (Stellenbezeichnung)

1. und Solo-Trompeter

        

beschäftigt.

        

Das Orchestermitglied ist für folgende Instrumente verpflichtet:

        

Hauptinstrument:

Trompete

        

Nebeninstrument(e):

- - - 

                 
        

§ 2

        

Arbeitsvertrag - Tarifvertrag - Orchesterordnung

        

Der für den Südwestfunk geltende Orchestertarifvertrag sowie die Orchesterordnung des Südwestfunks sind Bestandteil des Arbeitsvertrags. Im Falle der Kündigung des Tarifvertrags bleibt dessen Inhalt bis zu einer neuen Abmachung oder bis zur Auflösung des Einzelarbeitsverhältnisses weiter gültig.

                 
        

Das Orchestermitglied erkennt an, dass ihm der Tarifvertrag nebst Anlagen und die Orchesterordnung ausgehändigt worden sind.

        

…       

        

§ 4

        

Besondere Vereinbarungen

        

Der bisherige Arbeitsvertrag vom 16. März 1995 wird gleichzeitig mit Ablauf des 29. September 1996 aufgehoben.“

4

Der auf das Arbeitsverhältnis kraft Tarifbindung sowie arbeitsvertraglicher Vereinbarung zunächst anwendbare „Orchestertarifvertrag (OTV) gemäß Ziffer 111.1 Satz 2 des Manteltarifvertrags für den Südwestfunk (MTV)“ regelt ua. Folgendes:

        

„O 320

Vertragliche Verpflichtungen

        
        

…       

        
        

O 321.3

Aus künstlerischen Gründen können im Sinfonieorchester für Holzbläser Verdoppelungen vorgesehen werden. In diesem Fall sind auch die Solo-Bläser verpflichtet, gemeinsam die 1. Stimme zu übernehmen. Diese Verpflichtung ist auf zwei Gesamtproduktionen, einschließlich der Proben, je Spielzeit begrenzt.

        
        

O 322.1

Die Orchestermitglieder übernehmen in Krankheitsfällen und bei anderen Dienstverhinderungen sowie bei entsprechend großen Besetzungen ohne besondere Vergütung mit ihren Vertragsinstrumenten in angemessenen Grenzen zumutbare Vertretungen und Tätigkeiten, die sonst von anderen, auch höher oder niedriger besoldeten Kräften ausgeübt werden.

        
        

O 322.2

Anstelle einer großen Besetzung können auch zwei kleinere Besetzungen des Sinfonieorchesters parallel zu Produktionen - davon ggf. eine als öffentliches Konzert - herangezogen werden, soweit es dazu keiner der Zahl nach wesentlichen Verstärkung durch Aushilfen bedarf und die Alternierung der Stimmführer erhalten bleibt. Das schließt nicht aus, dass Stimmführer in verschiedenen Formationen parallel eingesetzt werden.

        
        

O 323 

Jedes Orchestermitglied ist mitverantwortlich für die künstlerischen Leistungen des Orchesters. Dabei hat es die Pflicht, im Dienst sein ganzes Können für das Gelingen der gestellten Aufgaben einzusetzen.

        
        

...     

                 
        

O 540 

Sondervergütungen

        
                 

Für außervertragliche Leistungen, zu denen die Orchestermitglieder nicht verpflichtet sind, erhalten sie Sondervergütungen. Zu den außervertraglichen Leistungen gehören insbesondere:

        
                 

…       

                 

c)    das Spielen eines im Arbeitsvertrag nicht vorgesehenen Instruments,

                 

…“    

5

Zum 1. Januar 2008 traten der Klangkörper-Ergänzungstarifvertrag zum Manteltarifvertrag des SWR (KETV-MTV), der Vergütungstarifvertrag für die Mitglieder der Klangkörper im Südwestrundfunk (Klangkörpertarifvertrag - Vergütung - KTV-V), der Klangkörper-Ergänzungstarifvertrag zum TV Arbeitszeit des SWR (KETV-TV AZ) sowie der Tarifvertrag zur Überleitung in die ab 1. Januar 2008 in Kraft tretenden Tarifverträge für die Mitglieder der Klangkörper im Südwestrundfunk (TV Überleitung Klangkörper - TV ÜK) in Kraft.

6

Nr. 8 KETV-MTV regelt die Mitwirkungs-/Einsatzpflicht wie folgt:

        

„Als klangkörperspezifische Regelung werden TZ 310 bis 314 eingefügt:

        
        

,310   

Mitwirkungs-/Einsatzpflicht

        
                 

Jedes Klangkörpermitglied ist mitverantwortlich für die künstlerischen Leistungen des jeweiligen Klangkörpers. Dabei hat es die Pflicht, im Dienst sein ganzes Können für das Gelingen der gestellten Aufgaben einzusetzen.

        
                 

…       

        
                 

310.1 

Im Rahmen der durch die jeweiligen Klangkörper wahrzunehmenden Aufgaben sind die Klangkörpermitglieder verpflichtet, in bzw. mit allen in Anlage 2 des Klangkörpertarifvertrag-Vergütung näher bezeichneten Stimmen bzw. Instrumenten der jeweiligen Stimm- bzw. Instrumentengruppe mitzuwirken. Hierbei soll auf die Stellung der Musikerin im Klangkörper Rücksicht genommen werden.

        
                 

Eine Mitwirkungspflicht besteht allerdings nur insoweit, als diese Stimmen bzw. Instrumente spieltechnisch und künstlerisch den Anforderungen des jeweiligen Klangkörpers entsprechend beherrscht werden; dies gilt nicht für arbeitsvertraglich vereinbarte Instrumente/Stimmen.

        
                 

...     

        
                 

310.2 

Die Inhaberinnen koordinierter Positionen werden grundsätzlich alternierend eingesetzt.

        
                          

Soweit im Rahmen des Klangkörperbetriebs erforderlich, sind eine gleichzeitige Mitwirkung oder ein Paralleleinsatz möglich:

        
                          

a)    

bei Orchesterteilung,

        
                          

b)    

bei angeordneter Verdopplung der ersten Stimme,

        
                          

c)    

wenn die Partitur zwei oder mehr erste Stimmen einer Instrumentengruppe erfordert,

        
                          

d)    

wenn die Partitur Fernorchester oder Bühnenmusik erfordert,

        
                          

e)    

bei Gruppen mit fünf oder mehr Planstellen, wenn die Partitur für die jeweilige Instrumentengruppe mindestens so viele Mitwirkende wie die Planstellenzahl der betreffenden Gruppe vorsieht oder

        
                          

f)    

bei Gruppen mit vier Planstellen ab einer partiturbedingten fünffachen Besetzung.

        
                 

Die gleichzeitige Mitwirkung und der Paralleleinsatz dürfen zusammen mit dem alternierenden Einsatz innerhalb einer Spielzeit höchstens 60 v. H. der Summe aller an erster Position zu leistenden Dienste betragen.

        

…’“     

        
7

Nach der Anlage 2 zum KTV-V gehören zur Instrumentengruppe Trompete die Große Trompete in allen Stimmungen, die Piccolotrompete in allen Stimmungen, das Kornett, das Flügelhorn, die Naturtrompete und das Posthorn. Der KTV-V regelt in TZ 4 „Tätigkeitsbezeichnung/Haupt- bzw. Nebeninstrument(e)“ Folgendes:

        

„4.1   

Die Tätigkeitsbezeichnung beschreibt die Tätigkeit in der jeweiligen Instrumentengruppe (z. B. Oboist/in, Flötist/in) bzw. in der jeweiligen Stimmgruppe (z. B. Sopranist/in, Bassist/in) und ggf. die besondere Funktion (z. B. Solo, Stimmführer/in, Vorspieler/in) im jeweiligen Klangkörper; weitere, das Arbeitsverhältnis konkretisierende Tätigkeitsbezeichnungen sind möglich.

        

4.2     

Im Arbeitsvertrag sind die Haupt- und ggf. Nebeninstrumente aufzuführen, die das Mitglied eines Klangkörpers zu spielen verpflichtet ist; die grundsätzliche Mitwirkungspflicht nach den Ergänzungsregelungen in TZ 310.1 des Ergänzungstarifvertrages zum Manteltarifvertrag bleibt hiervon unberührt.

        

4.3     

Bläser(innen) und Schlagzeuger(innen) bzw. Pauker(innen) sind verpflichtet, mindestens ein Instrument als Hauptinstrument und mindestens ein Nebeninstrument zu spielen; diese Verpflichtung gilt als arbeitsvertragliche Verpflichtung im Sinne von TZ 5.2.

                 

Vorbehaltlich einer anderslautenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung gilt die Regelung der TZ 4.3, Satz 1 nicht für Solo-Bläser(innen) in folgenden Funktionen:

                 

-       

Solo-Oboe,

                 

-       

Solo-Klarinette,

                 

-       

Solo-Fagott.

        

…“    

                 
8

Nach TZ 5.2 KTV-V wird für das Spielen von nicht arbeitsvertraglich vereinbarten Instrumenten eine Leistungszulage gezahlt.

9

TZ 3.4 TV ÜK regelt Folgendes:

        

„TZ 4.3, Satz 1 Klangkörpertarifvertrag-Vergütung findet für Solo-Instrumentalisten(innen) der von dieser Regelung betroffenen Instrumentengruppen keine Anwendung, wenn diese Klangkörpermitglieder unmittelbar vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages in einem unbefristeten Arbeitsvertrag beim SWR beschäftigt waren. In diesen Fällen ist für die Überleitung die entsprechende bisherige arbeitsvertragliche Vereinbarung maßgeblich; eine ggf. davon abweichende arbeitsvertragliche Vereinbarung im Sinne der TZ 4.3, Satz 1 Klangkörpertarifvertrag-Vergütung ist im beiderseitigen Einvernehmen möglich.“

10

Der Kläger wurde in der Vergangenheit vom Beklagten und seinem Rechtsvorgänger in einer koordinierten und alternierenden Position beschäftigt. Im Schreiben des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 16. März 1995 an den Kläger heißt es:

        

„...   

        

ergänzend zum anliegenden Arbeitsvertrag teilen wir Ihnen mit, dass wir hier ‚koordinierend und alternierend’ nicht aufnehmen; für die Stellenbezeichnung ist maßgebend die Vergütungsordnung für die Mitglieder der Orchester; …

        

Wir bestätigen Ihnen aber gerne, dass es sich bei der Position ‚1. und Solo-Trompeter’ um eine koordinierte und alternierende Tätigkeit handelt.

        

...“   

11

Der Beklagte beschäftigt einen weiteren 1. und Solo-Trompeter. Beide wurden, abgesehen von Orchesterteilungen, alternierend eingesetzt. War eine Stimmverdoppelung musikalisch geboten, zog der Beklagte zusätzlich einen externen Trompeter heran.

12

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne nicht durch Weisung zur Mitwirkung mit weiteren Instrumenten seiner Instrumentengruppe herangezogen werden, da er nach seinem Arbeitsvertrag nicht zum Spielen von Nebeninstrumenten verpflichtet sei. Er könne selbst entscheiden, ob er bei einer bestimmten Produktion andere Instrumente als die Große Trompete spielen wolle. Auch der Paralleleinsatz mit dem anderen 1. und Solo-Trompeter sei unzulässig.

13

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, neben seinem Hauptinstrument Große Trompete in allen Stimmungen weitere Instrumente entsprechend der Anlage 2 zum KTV-V zu spielen,

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte den Kläger nur alternierend mit dem weiteren 1. und Solo-Trompeter und nicht gleichzeitig einsetzen darf.

14

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei im Rahmen der allgemeinen Mitwirkungs- und Einsatzpflicht nach TZ 310 - 314 KETV-MTV grundsätzlich verpflichtet, auf Anweisung auch die tariflich bezeichneten Instrumente der Instrumentengruppe Trompete zu spielen. Die Festlegung der Haupt- und Nebeninstrumente im Arbeitsvertrag habe nur vergütungsrechtliche Bedeutung, das Spielen der dort aufgeführten Instrumente sei von der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung umfasst. Da ein Nebeninstrument im Arbeitsvertrag nicht vereinbart sei, erhalte der Kläger für jede Mitwirkung mit einem Nebeninstrument die vorgesehene Zulage. Der gemeinsame Einsatz der beiden Solo-Trompeter sei nach TZ 310.2 KETV-MTV möglich.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

I. Die Revision des Klägers ist in Bezug auf den Antrag zu 2. unzulässig.

17

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des Revisionsgerichts beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - Rn. 10, NZA 2011, 878).

18

Hat das Berufungsgericht über mehrere selbstständige Streitgegenstände entschieden, muss die Revision für jeden Streitgegenstand begründet werden. Fehlt es hinsichtlich eines Teilbegehrens an einer ausreichenden Begründung, ist die Revision insoweit unzulässig. Ein einheitlicher Angriff genügt nur, wenn die Entscheidung über den nicht behandelten Anspruch denknotwendig von der ordnungsgemäß angegriffenen Entscheidung über den anderen Anspruch abhängt (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 442/07 - Rn. 10, AP ZPO § 551 Nr. 65 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 8).

19

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Klageantrag zu 2. als Globalantrag zurückgewiesen, weil er auch Fälle der Orchesterteilung erfasse und deshalb zu weitgehend sei. Jedenfalls sei der Kläger nach Nr. 8 TZ 310.2 KETV-MTV in bestimmten Fällen verpflichtet, gleichzeitig mit dem anderen 1. und Solo-Trompeter zu spielen. Es gebe keine dieser tariflichen Verpflichtung gegenüber günstigere vertragliche Vereinbarung. In der Einstellung als „Solo-Trompeter (koordiniert und alternierend)“ liege kein Verzicht darauf, ihn im jeweils tariflich geregelten Umfang gemeinsam mit dem anderen Solisten einsetzen zu können. Das Einstellungsschreiben vom 16. März 1995 bestätige dies, indem es ausschließlich auf das Tarifwerk verweise.

20

3. Damit setzt sich die Revision nicht auseinander. Sie verweist lediglich auf ihre Ausführungen zu dem weiteren Feststellungsantrag. Dies ist unzureichend. Aus einer für den Kläger günstigeren Vereinbarung, andere Instrumente nicht spielen zu müssen, ergibt sich nicht automatisch, dass auch der gleichzeitige Einsatz mit einem weiteren Solo-Trompeter vertraglich ausgeschlossen ist. Das Landesarbeitsgericht hat mit einer eigenständigen Begründung verneint, dass es eine gegenüber der Tariflage günstigere vertragliche Absprache gibt, die den gleichzeitigen Einsatz mit dem weiteren Solo-Trompeter ausschließt, und in diesem Zusammenhang das Einstellungsschreiben vom 16. März 1995 ausgelegt. Dazu schweigt die Revision.

21

II. Die Revision ist im Übrigen unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger nach Nr. 8 TZ 310.1 KETV-MTV verpflichtet ist, im Rahmen der durch seinen Klangkörper wahrzunehmenden Aufgaben mit allen in Anlage 2 des KTV-V bezeichneten Instrumenten seiner Instrumentengruppe mitzuwirken.

22

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Beklagte nimmt in Anspruch, den Kläger zur Mitwirkung mit weiteren Instrumenten im tariflich geregelten Umfang heranziehen zu können. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sogenannte Elementenfeststellungsklage - (st. Rspr., vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 13, DB 2011, 2783). Die begehrte Feststellung ist geeignet, die Reichweite des Direktionsrechts des Beklagten klarzustellen.

23

2. Die Klage ist unbegründet.

24

a) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Kraft beiderseitiger Tarifbindung kommen nach § 4 Abs. 1 TVG die Rechtsnormen des KETV-MTV auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung. Nach Nr. 8 TZ 310.1 KETV-MTV sind die Klangkörpermitglieder im Rahmen der durch die jeweiligen Klangkörper wahrzunehmenden Aufgaben verpflichtet, in bzw. mit allen in Anlage 2 des KTV-V näher bezeichneten Stimmen bzw. Instrumenten der jeweiligen Stimm- bzw. Instrumentengruppe mitzuwirken. Die Tarifnorm legt das Direktionsrecht des Beklagten fest und konkretisiert die Arbeitspflicht auf die Mitwirkung mit den in der bezeichneten Anlage genannten Instrumenten. Der Beklagte ist danach berechtigt, den Kläger zur Mitwirkung mit der Piccolotrompete, dem Kornett, dem Flügelhorn, der Naturtrompete und dem Posthorn - gegen Zahlung einer Leistungszulage nach TZ 5.2 KTV-V - heranzuziehen. Der Kläger kann nicht frei entscheiden, ob er mit diesen Instrumenten mitwirkt.

25

b) Zwischen den Parteien besteht keine für den Kläger günstigere vertragliche Abmachung, die der tariflichen Regelung nach § 4 Abs. 3 TVG vorgeht. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags vom 23. Oktober 1996.

26

aa) Dem Arbeitsvertrag liegt der Musterarbeitsvertrag nach O 214.1 OTV und damit ein Formulararbeitsvertrag zugrunde. Dieser ist nach seinem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie er von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden kann, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 18, 26, DB 2011, 2783).

27

bb) Der Arbeitsvertrag entspricht inhaltlich vollständig dem Musterarbeitsvertrag nach O 214.1 OTV. Der OTV und die Orchesterordnung sind nach § 2 Satz 1 Bestandteil des Arbeitsvertrags. Die Parteien wollten einen Arbeitsvertrag schließen, der die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis den Bestimmungen des OTV unterstellt. Dies gilt auch in Bezug auf die in § 1 des Arbeitsvertrags enthaltene Vereinbarung zur geschuldeten Tätigkeit. Auch insoweit vollzieht der Arbeitsvertrag lediglich die Vorgaben des Musterarbeitsvertrags nach, ohne davon abzuweichen.

28

(1) Mit der Stellenbezeichnung „1. und Solo-Trompeter“ wird die Funktion des Klägers innerhalb des Sinfonieorchesters beschrieben, ohne dass damit die von ihm zu spielenden Instrumente festgelegt werden. Diese ergeben sich aus der Bezeichnung der Instrumente in § 1 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit dem OTV und der Orchesterordnung, die Bestandteil des Arbeitsvertrags sind.

29

(2) Das Direktionsrecht des Beklagten ist nicht deshalb beschränkt, weil in der Rubrik „Hauptinstrument“ Trompete eingetragen ist und in der Rubrik „Nebeninstrument(e)“ drei Striche vermerkt sind. Auch der Regelungsgehalt der Festlegung der „Verpflichtungen“ des Klägers erschöpft sich in der Umsetzung der tariflichen Vorgaben von O 212 OTV; danach sind die Vertragsinstrumente des Orchestermitglieds (Haupt- und Nebeninstrument) in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Welche Rechtsfolgen sich aus dieser Festlegung ergeben, regelt wiederum der OTV. Nach O 541 Buchst. c OTV löst das Spielen eines im Arbeitsvertrag nicht vorgesehenen Instruments den Anspruch auf eine Sondervergütung aus.

30

(3) Dass von der jeweiligen Tariflage abweichende Vereinbarungen nicht gewollt waren, ergibt sich deutlich aus § 4 des Arbeitsvertrags(„Besondere Vereinbarungen“). An der im Musterarbeitsvertrag für solche Vereinbarungen vorgesehenen Stelle haben die Parteien in Bezug auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit und die Reichweite des Direktionsrechts keine von der Tariflage abweichende Regelung getroffen. Der Rechtsvorgänger des Beklagten hat die Aufnahme einer zusätzlichen Beschreibung der geschuldeten Tätigkeit in den Arbeitsvertrag im Schreiben vom 16. März 1995 sogar ausdrücklich abgelehnt.

31

(4) Danach kann dahingestellt bleiben, ob die ergänzende Auslegung der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags insgesamt zu einer Anwendung des KETV-MTV führt.

32

c) Auch wenn der Kläger nach O 320 ff. OTV durch Ausübung des Direktionsrechts nicht zur Mitwirkung mit weiteren Instrumenten verpflichtet werden konnte, richtet sich die Mitwirkungspflicht nach Ablösung des OTV nunmehr nach dem kraft Tarifbindung anwendbaren KETV-MTV. Nach § 2 des Arbeitsvertrags ist der OTV nicht mehr Vertragsbestandteil, da er nur bis zu einer neuen Abmachung gelten sollte. Seit dem 1. Januar 2008 gelten die neuen Tarifverträge. Wurde das Direktionsrecht des Arbeitgebers in Nr. 8 TZ 310.1 KETV-MTV gegenüber der früheren Tariflage erweitert, ist dies nicht zu beanstanden. Es unterliegt der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, bei einer tariflichen Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstigere Bestimmungen zu vereinbaren (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 17, ZTR 2011, 172; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 34, BAGE 130, 286). Dies ist von Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 301/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bundesagentur für Arbeit Nr. 2).

33

d) Aus TZ 3.4 TV ÜK ergibt sich kein anderes Ergebnis. Danach bleibt zwar in Bezug auf die Verpflichtung zum Spielen eines Nebeninstruments die bisherige arbeitsvertragliche Vereinbarung maßgeblich. Daraus folgt jedoch lediglich, dass der Kläger nach wie vor die jetzt in TZ 5.2 KTV-V normierte Leistungszulage für das Spielen nicht vereinbarter Instrumente erhält; die tariflich geregelte Mitwirkungspflicht des Klägers wird dadurch nicht beschränkt.

34

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 17. September 2010 - 7 Sa 449/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Die nicht tarifgebundene Klägerin ist seit dem 15. Dezember 1992 als Angestellte bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem maßgebenden Arbeitsvertrag vom 15. Dezember 1992, der seinerzeit mit der Deutschen Bundespost Telekom geschlossen wurde, heißt es ua.:

        

„Für das Arbeitsverhältnis gelten

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost (TV Ang-O)’ und die sonstigen Tarifverträge für die Angestellten der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet

                 

oder   

        

-       

der ‚Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb-O)’ und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet

        

in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Im Zuge der sog. Postreform II wurden die Geschäftsbereiche der Deutschen Bundespost durch das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (vom 14. September 1994, BGBl. I S. 2325, 2339 - Postumwandlungsgesetz - PostUmwG) privatisiert. Aus dem Geschäftsbereich, in dem die Klägerin tätig gewesen war, entstand kraft Gesetzes die Deutsche Telekom AG (nachfolgend DT AG). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde zum 1. Januar 1995 auf die DT AG übergeleitet.

4

Die DT AG vereinbarte in der Folgezeit mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Tarifverträge, die ua. die zuvor zwischen der Deutschen Bundespost und der DPG geschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter und Angestellten der Deutschen Bundespost in Ost und West für den Bereich der DT AG abänderten. Eine weitgehende Ablösung der vormals mit der Deutschen Bundespost geschlossenen und nachfolgend geänderten Tarifverträge erfolgte anlässlich der Einführung des „Neuen Bewertungs- und Bezahlungssystems - NBBS“ zum 1. Juli 2001 in einem gesonderten Übergangstarifvertrag, dem Tarifvertrag zur Umstellung auf das NBBS.

5

Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurden in dieser Zeit die jeweiligen für sie als Angestellte einschlägigen Tarifverträge der Deutschen Bundespost Telekom und später die der DT AG angewendet.

6

Mit Wirkung ab dem 1. April 2006 wurde das Kundencenter E der DT AG von der V C S GmbH (VCS), einer Tochtergesellschaft der DT AG, im Wege des Betriebsübergangs übernommen. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zunächst nicht. Die VCS wandte auf das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin in der Folgezeit den zwischen ihr und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen und bereits zum 1. März 2004 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Umsetzung des Beschäftigungsbündnisses (Umsetzungs-Tarifvertrag - UTV) an, der Abweichungen von den Tarifverträgen der DT AG enthält. Danach beträgt ua. die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit statt bisher 34 Stunden nunmehr 38 Stunden.

7

Der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin wurde im Wege eines weiteren Betriebsübergangs zum 1. Mai 2007 von der nicht tarifgebundenen Beklagten übernommen, die gleichfalls den UTV statisch mit dem Regelungsbestand vom 30. April 2007 auf das auf sie übergegangene Arbeitsverhältnis mit der Klägerin anwendet.

8

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Anwendung der Tarifverträge der DT AG mit dem Regelungsstand vom 31. März 2006 auf ihr Arbeitsverhältnis erfolglos geltend.

9

Mit ihrer Klage hat die Klägerin dieses Ziel weiterverfolgt. Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeklausel handele es sich um eine kleine dynamische Bezugnahme, aufgrund derer das Tarifwerk der Deutschen Bundespost und später dasjenige der DT AG anzuwenden gewesen sei. Der UTV sei demgegenüber nicht an die Stelle des Tarifwerks der DT AG getreten.

10

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin die Bestimmungen der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG (Tarifstand 31. März 2006) Anwendung finden.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Feststellungsantrag sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Der Antrag sei nicht geeignet, den Streit zwischen den Parteien abschließend zu klären, da ungeklärt bliebe, welche Regelungen der DT AG und welche des UTV anzuwenden sind. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Mit dem Betriebsübergang seien die für die DT AG geltenden Tarifbestimmungen durch die bei der VCS geltenden Haustarifverträge ersetzt worden. Aus der zeitdynamischen Bezugnahme des Tarifwerks der Deutschen Bundespost ergebe sich der Parteiwille, auch die Tarifverträge der DT AG und die ihrer Nachfolgeeinheiten in Bezug zu nehmen. Zudem sei ein etwaiger Anspruch der Klägerin, wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden habe, verwirkt.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage stattgegeben. Bereits vor der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ist der Betrieb der Beklagten aufgespalten und im Wege des Betriebsübergangs mit Ablauf des Jahres 2009 auf die a b s E GmbH und die a t s E GmbH übertragen worden. Die Klägerin wurde dem Betrieb der a b s E GmbH zugeordnet. Im Verlaufe des Revisionsverfahrens hat die Klägerin mit Schreiben vom 6. Juni 2011 Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der VCS zur Beklagten erklärt. Mit weiterem Schreiben vom 8. Dezember 2011 hat sie gegenüber der DT AG dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von dieser zur VCS widersprochen. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2012 hat die Klägerin mitgeteilt, dass der Widerspruch vom 6. Juni 2011 „wirkungs- und gegenstandslos geworden“ sei, da die DT AG den Widerspruch mit Schreiben vom 20. Juni 2011 als verspätet zurückgewiesen habe. Die Beklagte könne daher aus dem Widerspruch keine Rechtswirkungen ableiten. Vorsorglich werde der Widerspruch zurückgenommen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist begründet.

14

I. Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Er ist, obwohl er nach seinem Wortlaut nur gegenwartsbezogen formuliert ist, dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin die Anwendbarkeit der im Antrag genannten Tarifverträge ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die VCS, dem 1. April 2006 festgestellt wissen will. Die Klägerin hat mit ihrem Geltendmachungsschreiben die Anwendbarkeit der vormals bei der DT AG bestehenden Tarifverträge mit dem Regelungsbestand, der bei Ablauf des 31. März 2006 bestand, ohne eine zeitliche Beschränkung angemahnt. Gleichzeitig verlangt die Klägerin nur für die Dauer des zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses die von ihr beantragte Feststellung.

15

II. Der Feststellungsantrag ist zulässig, weil die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt sind.

16

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das besondere Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 66 mwN, BAGE 123, 46). Erforderlich ist grundsätzlich, dass es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt. Wird ein Antrag auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, ist er nur zulässig, wenn sich aus der Entscheidung noch Rechtsfolgen für die Zukunft ergeben (vgl. ua. BAG 20. April 1999 - 1 ABR 13/98 - zu B I 1 c aa der Gründe, BAGE 91, 235; 19. Juni 2001 - 1 AZR 463/00 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 98, 76; 19. Februar 2003 - 4 AZR 708/01 - zu I 1 der Gründe; weiterhin 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 108, 224).

17

2. Nach diesen Grundsätzen ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

18

a) Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Mit dem Feststellungsbegehren kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang insbesondere der zukünftigen Leistungspflichten, die sich aus der Bezugnahmeklausel aus dem Arbeitsvertrag vom 15. Dezember 1992 ergeben, geklärt werden (ebenso BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 15, NZA 2012, 100).

19

Hiernach bestand bei Klageerhebung das notwendige Feststellungsinteresse. Die Klägerin musste insbesondere nicht diejenigen Regelungen in den Tarifverträgen der DT AG benennen, die aufgrund des in § 4 Abs. 3 TVG verankerten Günstigkeitsprinzips vorrangig zu den Bestimmungen in den Haustarifverträgen der VCS zur Anwendung kommen. Die von der VCS geschlossenen Tarifverträge galten nicht nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis der tarifungebundenen Klägerin. Sind sie - wie die Klägerin meint - von der Bezugnahmeklausel nicht erfasst, bedarf es schon deshalb nicht der von der Beklagten geforderten Antragskonkretisierung (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 16).

20

b) Das Feststellungsinteresse ist weder deshalb nachträglich entfallen, weil das zwischen ihr und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2010 auf eine andere Arbeitgeberin übergegangen ist, noch weil die Klägerin zwei Widersprüche gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses erhoben hat.

21

aa) Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gehalten, für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 eine Leistungsklage zu erheben. Insoweit bleibt ihr Feststellungsinteresse bestehen. Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus (s. bereits BAG 12. Oktober 1961 - 5 AZR 294/60 - zu II der Gründe, BAGE 11, 312). Da die Klägerin zunächst eine nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsklage erhoben hatte, war sie nicht verpflichtet, aufgrund eines „überholenden Ereignisses“, hier dem im Verlauf des Berufungsverfahrens erfolgten Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf ein anderes Unternehmen im Wege des Betriebsübergangs, zur Leistungsklage überzugehen(st. Rspr., s. nur BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 29 mwN, BAGE 131, 176; 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 12, AP BBiG § 14 Nr. 13 = EzA BBiG § 14 Nr. 14; 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 85, 306).

22

Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von einer Rechtskrafterstreckung der Entscheidung in entsprechender Anwendung von §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO auf den Betriebserwerber auszugehen ist. Die bindende Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer wirkt dann gegenüber dem Betriebserwerber, wenn der Betriebsübergang - wie vorliegend der vom 1. Januar 2010 - nach Rechtshängigkeit erfolgt ist (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 17 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102; 9. Juli 2003 - 5 AZR 595/02 - zu I 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 158 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 3).

23

Ein anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aus der Entscheidung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Juli 2009. Soweit der Neunte Senat darin ausführt, dass eine Feststellungsklage bei einem zunächst gegenwärtigen, im Verlauf des Rechtsstreits aber „vergangenen“ Rechtsverhältnis unzulässig werde, wenn sich aus der beantragten Feststellung keine Rechtswirkungen für die Zukunft ergäben (- 9 AZR 279/08 - Rn. 22, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 98), beziehen sich diese Ausführungen auf einen von der vorliegenden Fallgestaltung gänzlich abweichenden Sachverhalt. Die vom dortigen Kläger im Wege der Feststellungsklage angegriffene Versetzung wurde im Verlauf des Rechtsstreits rückgängig gemacht und hatte zudem keine Auswirkungen für die Zukunft, weil der Kläger auch während dieser Zeit nach derselben tariflichen Entgeltgruppe vergütet wurde, die zuvor und danach einschlägig war. Demgegenüber können sich aus der vorliegend beantragten Feststellung auch noch Ansprüche der Klägerin, namentlich auf eine höhere Vergütung, ergeben.

24

bb) Das Feststellungsinteresse ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Klägerin in der Revisionsinstanz zunächst die von ihr behauptete Rechtsbeziehung zur Beklagten dadurch in Abrede gestellt hat, dass sie Widersprüche gegen die beiden Betriebsübergänge eingelegt hat.

25

(1) Mit ihrem Vortrag im Verlauf des Revisionsverfahrens, dass sie sowohl dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der DT AG auf die VCS als auch dem nachfolgenden Übergang auf die Beklagte widersprochen habe, macht die Klägerin zwar zugleich geltend, das von ihr zunächst zur Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis - die Grundlage ihres Feststellungsinteresses - hätte niemals bestanden. Denn der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses im Zuge eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 6 BGB wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück(st. Rspr., vgl. nur BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 382/05 - Rn. 37 mwN, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 57).

26

Diesen Vortrag hat die Klägerin aber im weiteren Verlauf des Revisionsverfahrens nicht weiter aufrechterhalten, sondern vielmehr - in rechtlich zulässiger Weise und ohne Verstoß gegen § 138 Abs. 1 ZPO - die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis sei im Jahre 2007 auf die Beklagte übergegangen, weil - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich bestätigt hat - beide Widersprüche gegenstandslos seien. Sie verhält sich damit nicht widersprüchlich, wenn sie weiterhin die gerichtliche Feststellung eines Rechtsverhältnisses anstrebt, das im Verhältnis zur Beklagten als zumindest früherer Arbeitgeberin bestehen soll.

27

(2) Die Frage, ob die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht erfolgten Widersprüche der Klägerin gegen die sich kraft Gesetzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehenden Übergänge ihres Arbeitsverhältnisses rechtswirksam sind oder nicht, ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

28

(a) Das Feststellungsinteresse ist Prozessvoraussetzung. Der maßgebende Zeitpunkt für das Vorliegen einer Prozessvoraussetzung ist derjenige der letzten Tatsachenverhandlung (§ 559 Abs. 1 ZPO, so schon BGH 8. Juli 1955 - I ZR 201/53 - zu II der Gründe, BGHZ 18, 98).

29

Der grundsätzliche Ausschluss neuer tatsächlicher Umstände gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO trägt dem Charakter der Revisionsinstanz Rechnung, die keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsinstanz ist, und dient zugleich der Entlastung des Revisionsgerichts von dem mit der Feststellung von Tatsachen, insbesondere einer Beweiserhebung verbundenen zusätzlichen Arbeitsaufwand(Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. § 561 Rn. 24; Gottwald Die Revisionsinstanz als Tatsacheninstanz S. 314). Dass als Folge des Ausschlusses ein der materiellen Rechtslage nicht entsprechendes Urteil ergehen und ein neuer Rechtsstreit notwendig werden kann, nimmt das Gesetz in Kauf. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nur dann an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozessgegners gewahrt bleiben. In einem solchen Fall ist Raum für die Überlegung, dass es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten ist, die vom Tatsachenausschluss betroffene Partei auf einen weiteren, gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. Vielmehr ist dann durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (BGH 9. Juli 1998 - IX ZR 272/96 - zu III 1 a der Gründe, BGHZ 139, 214).

30

Die Berücksichtigung solcher Rechtstatsachen, die für die Beurteilung der sachlichen Rechtslage erheblich, aber erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz eingetreten sind (vgl. BAG 28. Januar 1998 - 4 AZR 473/96 - zu I der Gründe mwN, ZTR 1998, 329), ist allerdings nur zuzulassen, wenn diese zwischen den Parteien unstreitig sind und sich daher als nicht beweisbedürftig erweisen (vgl. die Fallgestaltungen in BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 17 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102; 25. Juni 1992 - 6 AZR 279/91 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 70, 364) oder keine weiteren Feststellungen erforderlich sind (etwa BGH 23. September 2004 - IX ZR 137/03 - zu VI der Gründe, NJW-RR 2005, 494). Weiterhin kann ein Wegfall des Feststellungsinteresses auch dann in der Revisionsinstanz eintreten, wenn es bereits nach dem neuen Vorbringen der klagenden Partei nicht mehr als gegeben anzusehen ist (vgl. BAG 16. November 2011 - 4 AZR 839/09 - Rn. 26).

31

Im anderen Falle gilt der Grundsatz des § 559 Abs. 1 ZPO, dass das Revisionsgericht prüft, ob die Vorinstanz über die Klage rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt dabei nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist(BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2; BGH 25. April 1988 - II ZR 252/86 - BGHZ 104, 215).

32

(b) Danach ist auch weiterhin von einem Feststellungsinteresse der Klägerin auszugehen.

33

Eine Sachentscheidung auf der Grundlage der in der Revisionsinstanz aufgetretenen Änderungen des Sachverhalts ist dem Senat aufgrund der Vorschrift des § 559 Abs. 1 ZPO nicht möglich. Die Frage, ob nachträglich rechtserhebliche tatsächliche Veränderungen aufgrund der von der Klägerin getätigten Widersprüche gegen die jeweiligen Übergänge ihres Arbeitsverhältnisses im Wege des Betriebsübergangs zwischen den Parteien eingetreten sind oder, wie die Klägerin mittlerweile selbst geltend macht, diesen aufgrund des Zeitablaufes nach dem jeweiligen Betriebsübergang der Rechtserfolg versagt bleibt, erfordert weitere tatsächliche Feststellungen. Solche können von einem Revisionsgericht nicht getroffen werden und bleiben dementsprechend unberücksichtigt.

34

III. Die Revision ist unbegründet.

35

Die Tarifverträge der DT AG sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 31. März 2006, dem Tag vor dem Betriebsübergang auf die VCS, anzuwenden. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der vereinbarten Bezugnahmeklausel, bei der es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung handelt. Diese erfasst nach dem Betriebsübergang auf die VCS allerdings nicht die von ihr geschlossenen Haustarifverträge.

36

1. Bei der Bezugnahmeregelung in dem im Jahre 1992 geschlossenen Arbeitsvertrag handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Senatsrechtsprechung, für deren Auslegung diese Rechtsprechung nach wie vor anzuwenden ist (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 17 ff., NZA 2012, 100). Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages der Klägerin geworden.

37

2. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, deren Auslegung vom Senat ohne Einschränkung überprüft werden kann (dazu und zu den Maßstäben BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 21 mwN, NZA 2012, 100), enthält infolge der Angestelltentätigkeit der Klägerin eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des TV Ang (Ost) einschließlich der sonstigen für das Beitrittsgebiet geschlossenen Tarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

38

Die Bezugnahme erfasst von ihrem Wortlaut her jedenfalls nicht die ersetzenden Tarifverträge der DT AG im Zuge der Vereinbarung der Tarifverträge des NBBS. Diese sind keine „jeweilige Fassung“ des TV Ang (Ost). Der Arbeitsvertrag ist hinsichtlich der Bezugnahme nur zeitdynamisch auf den TV Ang (Ost), nicht aber inhaltsdynamisch auf die Tarifverträge der DT AG ausgestaltet (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 22 ff. mwN, NZA 2012, 100).

39

3. Die Anwendbarkeit der Regelungen der von der Klägerin angeführten Tarifverträge ergibt sich aufgrund einer ergänzenden Auslegung der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel, nicht jedoch deren Ablösung durch die von der VCS abgeschlossenen Haustarifverträge.

40

Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält aufgrund des Übergangs der Deutschen Bundespost Telekom im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf die DT AG zum 1. Januar 1995 und durch die Ablösung der fortgeschriebenen Regelungen des TV Ang (Ost) und der sonstigen Tarifverträge durch die Einführung des NBBS und der in diesem Zusammenhang geschlossenen Tarifverträge jedenfalls spätestens seit dem 1. Juli 2001 eine nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Danach waren zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die VCS kraft vertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge der DT AG mit dem Stand vom 31. März 2006 anzuwenden. Die Bezugnahmeklausel erfasst nach dem Betriebsübergang auf die VCS allerdings nicht die von dieser geschlossenen Haustarifverträge, weil sie auch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung weder als Tarifwechselklausel noch als eine Bezugnahmeklausel verstanden werden kann, die jedenfalls auf die im Konzern der DT AG für die einzelnen Konzernunternehmen jeweils einschlägigen Tarifverträge, die von diesen geschlossen wurden, verweist. Dies hat der Senat in nahezu gleichgelagerten Fallgestaltungen bereits mehrfach entschieden (ausf. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 25 ff. mwN, NZA 2012, 100; weiterhin 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 34 ff. mwN; 16. November 2011 - 4 AZR 822/09 - Rn. 21 ff.; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 28 ff.). Diese Maßstäbe gelten gleichermaßen für die vorliegende Fallgestaltung, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründungen in den genannten Entscheidungen Bezug nimmt.

41

4. Mit diesem vertraglichen Inhalt ist das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen. Soweit die Revision anführt, aufgrund der Widersprüche der Klägerin sei ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit ex-tunc-Wirkung entfallen, handelt es sich - wie dargelegt - um einen in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigenden neuen Vortrag.

42

5. Die Klage ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unbegründet, weil die Klägerin das Recht, sich auf den Inhalt der vertraglichen Abrede zu berufen, verwirkt hat (§ 242 BGB).

43

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (s. nur BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 36 ff. mwN, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 121). Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz (st. Rspr., s. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 65 ). Weiterhin muss (Zumutbarkeitsmoment) das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG 27. Januar 2000 - 8 AZR 106/99 - zu III 2 a der Gründe).

44

b) Danach hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt, dass das Recht der Klägerin auf Anwendung der Tarifverträge der DT AG nicht verwirkt ist. Dabei muss der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob lediglich wiederkehrende Leistungen aus dem vertraglichen Dauerschuldverhältnis verwirken können oder auch die vertragliche Grundlage als solche nicht mehr geltend gemacht werden kann. Es kann weiterhin dahinstehen, wovon auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, ob das Zeitmoment erfüllt ist und wann der Zeitraum, in dem sich die Untätigkeit eines Gläubigers bei wiederkehrenden Leistungen zu seinen Lasten auswirken kann, zu laufen beginnt. Vorliegend fehlt es, auch wenn man berücksichtigt, dass zwischen dem Zeit- und dem Umstandsmoment eine Wechselwirkung besteht (BAG 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 24, ZTR 2012, 26; 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - Rn. 17; EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1; Staudinger/Looschelders/Olzen Neubearbeitung 2009 § 242 BGB Rn. 308 mwN) und die Klägerin erst 32 Monate nach dem ersten Betriebsübergang ihre Ansprüche auf Grundlage der Tarifverträge der DT AG gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat, jedenfalls an dem erforderlichen Umstandsmoment.

45

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte nicht auf die Untätigkeit der Klägerin vertrauen durfte. Ein Verhalten der Klägerin, aus dem die Beklagte eine berechtigtes Vertrauen hätte ableiten können, diese werde in Kenntnis ihr zustehender Rechte solche nicht mehr geltend machen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ein solches ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin sowohl bei der VCS als auch bei der Beklagten über einen längeren Zeitraum zu den veränderten, im Vergleich zu den bei der DT AG verschlechterten Bedingungen tätig gewesen ist.

46

(1) Ein Gläubiger ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Schuldner darauf aufmerksam zu machen, dass er sich vorbehält, ihn zukünftig gerichtlich zu belangen (BAG 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 29, NZA-RR 2011, 609; 14. Februar 2007 -  10 AZR 35/06 - Rn. 22 mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 2). Allein die Untätigkeit eines Anspruchsberechtigten führt für sich genommen nicht zur Verwirkung (BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 160/02 - zu B II 2 b bb der Gründe, BAGE 105, 59).

47

(2) Aus der zunächst widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin kann schon deshalb keine besonders vertrauensbegründende Verhaltensweise gefolgert werden, weil sie damit nur nachvollzogen hat, was die VCS und die Beklagte ihr anlässlich der Betriebsübergänge als bestehende, von ihnen unbeeinflusste Rechtslage mitgeteilt haben. Anders als in den Fällen, in denen der Gläubiger von der bisherigen Vertragslage gestaltend abweicht (vgl. BAG 14. Februar 2007 -  10 AZR 35/06 - Rn. 24, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 2; BGH 13. Februar 2008 - VIII ZR 14/06 - Rn. 7 f., NJW 2008, 1302), haben weder die VCS noch die Beklagte aus der Sicht der Klägerin eine von ihnen ausgehende Änderung der vertraglichen Abreden angekündigt oder vollzogen, aufgrund deren das Arbeitsverhältnis nunmehr in Anwendung der Regelungen des UTV durchgeführt werde. Der Klägerin wurde die Anwendung des UTV als von dem unmittelbaren Willen der Betriebserwerber nicht abhängende „bloße“ gesetzliche Rechtsfolge des Betriebsübergangs auf einer unveränderten vertraglichen Grundlage dargestellt. Sowohl dem Unterrichtungsschreiben der VCS als auch demjenigen der Beklagten kann nicht entnommen werden, das Vertragsverhältnis solle zu anderen als den bisherigen, von Gesetzes wegen (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) fortbestehenden Bedingungen durchgeführt werden. Fehlt es aber an einem für die Klägerin erkennbaren Änderungswillen sowohl der VCS und als auch der Beklagten, kann aus ihrem hinnehmenden Verhalten nicht gefolgert werden - wie es die Revision meint - sie werde zukünftig nicht geltend machen, die sich von Rechts wegen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergebenden Rechtsfolgen sollten auf ihr Rechtsverhältnis Anwendung finden. Es fehlt deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten an einem „positiven vertrauensfördernden Verhalten“ der Klägerin und damit an Anhaltspunkten, dass die Beklagte als Schuldnerin davon ausgehen konnte, die Klägerin kenne als Gläubigerin ihr Rechte und mache sie gleichwohl über längere Zeit hinweg nicht geltend (vgl. auch BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 34 mwN, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 121).

48

(3) Die Klägerin war in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, die Unterrichtungsschreiben auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Sie konnte vielmehr davon ausgehen, dass sowohl die DT AG als auch die VCS sie entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 613a Abs. 5 BGB, die im Falle einer Nicht- oder Schlechterfüllung sogar Schadensersatzansprüche auslösen kann(BAG 9. Dezember 2010 - 8 AZR 592/08 - Rn. 30 mwN, AP BGB § 613a Nr. 393), zutreffend unterrichtet haben.

49

Wenn die Beklagte nunmehr einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)annimmt, weil die Klägerin trotz des Unterrichtungsschreibens nicht die weitere Anwendung der Tarifverträge der DT AG geltend gemacht hat, so stellt sie Handlungspflichten auf, die nicht die Verwirkung von Ansprüchen begründen, sondern nur bei einer Vertrauenshaftung aus unterlassenem Widerspruch angenommen werden können (vgl. hierzu MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 242 Rn. 284 f.). Letztere setzt jedoch voraus, dass nach der Verkehrsanschauung erwartet werden durfte, der Gläubiger werde ein Angebot ablehnen oder dass eine spezielle Rechtspflicht zum positiven Widerspruch bestand. Beides war nicht der Fall.

50

Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seinen Arbeitgeber auf dessen möglicherweise fehlerhafte rechtliche Auffassung aufmerksam zu machen, es sei denn, dass sich der Arbeitgeber auf für einen Arbeitnehmer ersichtlich fehlerhafte tatsächliche Annahmen gestützt hätte, von denen der Anspruch abhing und deren Aufklärung dem Arbeitnehmer ein Leichtes gewesen wäre (so auch BAG 14. Februar 2007 -  10 AZR 35/06 - Rn. 24, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Betriebserwerber haben mit ihren Unterrichtungsschreiben eine Wissenserklärung über die bestehende Rechtslage abgegeben, bei der es sich um einen schwierig zu beurteilenden Sachverhalt über die Rechtsfolgen handelt, die sich aufgrund eines Betriebsübergangs für die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 BGB ergeben. Für die Annahme, der Klägerin seien die fehlerhaften Angaben in den Unterrichtungsschreiben ersichtlich gewesen, fehlt es an Anhaltspunkten. Dies macht selbst die Revision nicht geltend.

51

bb) Fehlt es an besonderen Umständen im Verhalten der Klägerin, kommt es nicht darauf an, ob es der Beklagten nunmehr unzumutbar geworden wäre, etwaige Forderungen der Klägerin zu erfüllen („Zumutbarkeitsmoment”, vgl. zu diesem Begriff BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - BAGE 118, 51).

52

Die Beklagte hat zudem solche Umstände nicht vorgetragen. Soweit sie behauptet, ihr Beschäftigungskonzept werde „zusammenbrechen“, handelt es sich um einen unsubstantiierten, weil gänzlich pauschalen Vortrag, zu dem sie keinerlei nähere Tatsachen vorgetragen hat. Das rechtfertigt schon nicht die Annahme, es sei ihr aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar, etwaige, sich aus den Tarifverträgen der DT AG im Tarifstand vom 31. März 2006 ergebende Ansprüche zu erfüllen. Im Übrigen ist die Beklagte durch die zweistufige Ausschlussfrist des § 31 MTV DT AG geschützt, weit in der Vergangenheit entstandene Ansprüche, die eventuell andere Arbeitnehmer geltend machen könnten, erfüllen zu müssen. Der Hinweis der Beklagten auf mögliche, aber nicht näher substantiierte Nachahmereffekte ist - zumal unter Berücksichtigung des mit Ablauf des Jahres 2009 erfolgten weiteren Betriebsübergangs und der bestehenden Ausschlussfrist - nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der Erfüllung etwaiger Forderungen zu begründen. Zudem muss ein Arbeitgeber, wenn Arbeitnehmer mit einer für eine Vielzahl von Arbeitnehmern geltenden Begründung Ansprüche gerichtlich geltend machen, damit rechnen, dass andere Arbeitnehmer dies zum Anlass nehmen, ihrerseits gleichartige Ansprüche zu erheben (vgl. hierzu auch BAG 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 29 mwN, NZA-RR 2011, 609; 19. März 2003 - 7 AZR 267/02 - zu III 4 b der Gründe, BAGE 105, 317; 14. Februar 2007 -  10 AZR 35/06 - Rn. 22, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 2).

53

IV. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Schuldt    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Dezember 2009 - 7 Sa 333/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den beklagten Insolvenzverwalter persönlich wegen Nichterfüllung der in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarten Abfindungsverpflichtung auf Schadenersatz in Anspruch.

2

Der 1942 geborene Kläger war seit dem 1. Oktober 1989 bei der Schuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin als Außendienstmitarbeiter tätig. Durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover - Insolvenzgericht - (902 IN 395/04 - 0 -) vom 2. April 2004 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 26. Mai 2004 kündigte die Schuldnerin mit Zustimmung des Beklagten das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 31. März 2005. Am 1. Juni 2004 wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser kündigte mit Schreiben vom 15. Juni 2004 das Arbeitsverhältnis mit der Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO zum 30. September 2004.

3

Gegen beide Kündigungen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Im Gütetermin vom 1. Juli 2004 erklärte der Vertreter des Beklagten, der Fortbestand der Schuldnerin hänge davon ab, dass der Beklagte einen share- oder asset-deal erreiche. In diesem Fall könnten ohne Weiteres Abfindungen an die ausscheidenden Arbeitnehmer gezahlt werden. Anderenfalls bleibe nur die Abwicklung des Unternehmens. Der daraufhin geschlossene Vergleich sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 15. Juni 2004 zum 30. September 2004 aus betriebsbedingten Gründen sowie die Zahlung einer Abfindungssumme von 9.000,00 Euro vor. Außerdem war eine beidseitige Widerrufsfrist bis zum 13. August 2004 vereinbart, um das Gelingen eines share- oder asset-deals abzuwarten. Der Vergleich wurde nicht widerrufen.

4

Am 26. August 2004 erkundigte sich der Beklagtenvertreter telefonisch beim Klägervertreter, auf welches Konto die Abfindungssumme überwiesen werden solle. Dieser teilte mit, dass der Betrag auf sein Konto geleistet werden könne und forderte den Beklagten unter dem 10. September 2004 zur Zahlung auf. Am 23. September 2004 stellte der Klägervertreter den mit einer Klausel versehenen Vergleich vom 1. Juli 2004 zu und forderte den Beklagten erneut zur Zahlung unter Fristsetzung bis zum 30. September 2004 auf. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2004 informierte der Beklagtenvertreter den Klägervertreter darüber, dass aufgrund der Verfahrenssituation noch nicht absehbar sei, in welchem Umfang Masseverbindlichkeiten zu decken seien. In den nächsten Wochen sei eine Klärung zu erwarten. Aktuell könne deshalb eine Zahlung nicht angekündigt werden. Es werde gebeten, den Vorgang zumindest bis Ende Oktober 2004 zurückzustellen. Der Beklagte zeigte mit Schreiben vom 10. November 2004 gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an. Zum 31. Dezember 2004 stellte die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb ein.

5

Mit seiner am 30. November 2005 erhobenen Klage nimmt der Kläger den Beklagten persönlich auf Schadenersatz in Anspruch. Der von ihm zunächst beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. November 2006 (- IX ZB 57/06 -) rechtskräftig für unzulässig erklärt worden und der Rechtsstreit an die Arbeitsgerichte verwiesen worden.

6

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe planmäßig in zahlreichen Verfahren Abfindungsvergleiche mit ungewöhnlich geringen Abfindungen geschlossen. Sodann habe er die Kläger von der Vollstreckung abzuhalten versucht, indem er Erfüllungsbereitschaft signalisiert habe. Die Abfindungsforderung des Klägers aus dem Prozessvergleich hätte bedient werden können und müssen, nachdem mehrere Millionenbeträge im laufenden Verfahren an gleich- und nachrangige Gläubiger gezahlt worden seien.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er müsse im Wege des negativen Interesses so gestellt werden, wie er ohne den Prozessvergleich bei Obsiegen im Kündigungsschutzprozess stünde. Ohne den Vergleich hätte er den Prozess gewonnen und hätte sein Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze am 17. April 2007 fortsetzen können. Der Schaden liege damit in der Differenz zwischen dem Arbeitslosengeld und dem bis zum 17. April 2007 verdienten Nettomonatsentgelt sowie in der Differenz zwischen der tatsächlichen Altersrente und der Rente, die der Kläger bei einer durchgehenden Beschäftigung bis zum 17. April 2007 beziehen würde. Weil diese Beträge bei Erheben der Klage noch nicht bekannt gewesen seien und äußerst diffizil ermittelt werden müssten, sei eine Feststellungsklage zulässig. Jedenfalls müsse der Beklagte Ersatz für die Abfindung leisten.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser infolge des Abschlusses eines Prozessvergleiches in dem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Hannover zu Aktenzeichen 11 Ca 949/04 am 1. Juli 2004 und der hiernach vom Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der G AG beim Amtsgericht Hannover - Insolvenzgericht - zu Aktenzeichen 902 IN 395/04-01 angezeigten Masseunzulänglichkeit erlitten hat und noch erleiden wird.

        

2.    

Hilfsweise für den Fall, dass das erkennende Gericht den Antrag zu 1. zurückweist, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 9.000,00 Euro netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2008 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat sein Begehren auf Klageabweisung damit begründet, dass der Kläger die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs, insbesondere eine Pflichtverletzung bei Begründung der Verbindlichkeit, nicht dargelegt habe. Er hat behauptet, zum Zeitpunkt des Ablaufs der Widerrufsmöglichkeit am 13. August 2004 sei indiziert gewesen, dass die Abfindung gezahlt werden könne.

10

Bezüglich des Hilfsantrags hat der Beklagte behauptet, er habe in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter lediglich solche Forderungen bedient, deren Gläubiger dem Kläger gegenüber vorrangig gewesen seien. Später eingegangene Beträge hätten den ab- und aussonderungsberechtigten Gläubigern zugestanden. Es hätten noch nicht einmal alle bevorrechtigten Gläubiger befriedigt werden können.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte weder nach § 61 InsO noch nach § 60 InsO auf den vom Kläger geltend gemachten Schaden haftet. Auch aus Normen außerhalb des Insolvenzrechts folgt kein Anspruch auf die mit dem Hilfsantrag verfolgte Zahlung der Abfindung aus dem Vergleich vom 1. Juli 2004.

13

I. Einer Entscheidung des Senats in der Sache stehen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

14

1. Ob das für den Hauptantrag erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO, das als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein muss und dessen Vorliegen von Amts wegen zu prüfen ist(st. Rspr., zuletzt BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 29, NZA 2011, 1054), besteht, erscheint allerdings fraglich.

15

a) Ausnahmsweise ist dem Kläger ein Übergang zur Leistungsklage zuzumuten, wenn lange vor Beendigung der ersten Instanz die Schadensentwicklung abgeschlossen ist, der Beklagte deshalb den Übergang zur Leistungsklage anregt und dies die Entscheidung nicht verzögert (BGH 31. Januar 1952 - III ZR 131/51 - LM ZPO § 256 Nr. 5). Aufgrund des Zuständigkeitsstreits ist die erste Instanz erst im November 2008 und damit auch unter Zugrundelegung des Rechtsstandpunkts des Klägers, der mit dem Hauptantrag inhaltlich Schadenersatz für das ihm bis zum Rentenbeginn im April 2007 entgangene Entgelt und Ersatz der Rentennachteile begehrt, erst deutlich nach Eintritt der Bezifferbarkeit des Schadens beendet worden. Der Beklagte hat nach Abschluss des Zuständigkeitsstreits im Schriftsatz vom 25. Juni 2008 auf die Bezifferbarkeit des Schadens hingewiesen. Der Kläger wäre deshalb gehalten gewesen, den Schaden zu beziffern. Ob dies den Rechtsstreit verzögert hätte, bedürfte weiterer Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht.

16

b) Das Vorliegen des Feststellungsinteresses kann jedoch dahingestellt bleiben. Es ist echte Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil (BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 921/08 - Rn. 12; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 13, BAGE 128, 73). Deshalb ist das Revisionsgericht auch bei Fehlen des Feststellungsinteresses jedenfalls dann zu einer Sachentscheidung befugt, wenn gewichtige prozessökonomische Gründe gegen eine Prozessabweisung sprechen, etwa wenn die Klage eindeutig und unzweifelhaft abweisungsreif ist (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - aaO).

17

Derartige gewichtige prozessökonomische Gründe liegen hier vor. Der Rechtsstreit müsste zur Aufklärung der Verzögerung des Rechtsstreits durch eine erstinstanzliche Bezifferung zurückverwiesen werden, obwohl die Klage materiell eindeutig der Abweisung unterliegt. Bei einer solchen Konstellation ist dem Ziel der Feststellungsklage, den Rechtsfrieden unter Beachtung des Gebots prozessökonomischen Verhaltens zu sichern, mit einer Abweisung der Feststellungsklage durch das Revisionsgericht besser gedient als mit einem Prozessurteil (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 14, BAGE 128, 73).

18

2. Der Streitgegenstand der Anträge ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. dazu BAG 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 10, AP InsO § 61 Nr. 2 = EzA InsO § 61 Nr. 2; BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu III 4 der Gründe, BGHZ 159, 104). Der Kläger hat eine eindeutige Zuordnung zu den Haftungstatbeständen der §§ 61, 60 InsO vorgenommen. Nur für den Fall, dass der Hauptantrag, mit dem er die von ihm angenommenen Ansprüche aus § 61 InsO verfolgt, keinen Erfolg hat, soll sich der Hilfsanspruch aus § 60 InsO ergeben.

19

3. Der Kläger ist für die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche prozessführungsbefugt. Er behauptet Pflichtverletzungen vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Bei einer derartigen Schädigung liegt regelmäßig ein Einzelschaden vor. Dieser kann schon während des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden (BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 16, BAGE 121, 112; BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 159, 104).

20

II. Die Klage ist unbegründet.

21

1. Der Kläger begehrt mit dem Hauptantrag, so gestellt zu werden, als habe das Arbeitsverhältnis bis zum Beginn der Regelaltersrente im April 2007 fortbestanden und stützt diesen Anspruch auf § 61 InsO.

22

a) Eine Haftung des Beklagten nach § 61 InsO scheidet bereits aufgrund der von diesem vor Abschluss des Vergleiches abgegebenen Erklärungen aus. Die dem Insolvenzverwalter durch § 61 InsO auferlegte Pflicht zur Prüfung, ob er von ihm eingegangene Masseverbindlichkeiten erfüllen kann, soll das gegenüber den allgemeinen Gefahren eines Vertragsabschlusses erhöhte Risiko des Vertragspartners reduzieren(BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 159, 104; Gerhardt in Jaeger InsO § 61 Rn. 21). Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist für eine Haftung nach dieser Norm dann kein Raum, wenn die Entscheidung eines Arbeitnehmers, in einem Kündigungsschutzprozess einen Vergleich mit Abfindungsregelung zu schließen, auf einer eigenverantwortlichen, in Kenntnis aller Tatsachen und Risiken getroffenen Beurteilung der Sach- und Rechtslage und damit auf einem bewussten Handeln auf eigenes Risiko beruht (vgl. OLG Düsseldorf 26. März 2004 - I-16 U 216/02, 16 U 216/02 - zu II 1 der Gründe, OLGR Düsseldorf 2004, 259; Gerhardt in Jaeger InsO aaO; HambKomm/Weitzmann 3. Aufl. § 61 Rn. 1; vgl. auch Bank/Weinbeer NZI 2005, 478, 485, die bei einer Warnung vor den Risiken des Vertragsschlusses eine Entlastung des Verwalters nach § 61 Satz 2 InsO annehmen). Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie vom Landesarbeitsgericht festgestellt, eine weiträumige Widerrufsfrist für beide Parteien, also auch und gerade für den Arbeitnehmer, vereinbart wird, um den Parteien Gelegenheit zu geben, den Erfolg von Veräußerungsbemühungen bzw. gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen abzuwarten, von dem nach der Erklärung des Insolvenzverwalters vor Abschluss des Vergleiches die Erfüllbarkeit der Abfindung als Masseverbindlichkeit abhängt. In einer solchen Situation kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, dass der Insolvenzverwalter den Vergleich widerruft, wenn sich die Verkaufsbemühungen zerschlagen oder verzögern. Vielmehr muss der Arbeitnehmer selbst initiativ werden und sich nach dem Stand dieser Bemühungen und der Zahlungsfähigkeit der Masse erkundigen. Genau zu diesem Zweck hat er sich den Widerruf vorbehalten. Tut er das nicht und verwirklicht sich das ihm bei Vergleichsabschluss bekannte und von ihm in Kauf genommene Zahlungsrisiko, kann er den Insolvenzverwalter nicht aus § 61 InsO in Anspruch nehmen. Der Verwalter hat kein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers in Anspruch genommen und ein solches deshalb auch nicht verletzt.

23

b) Darüber hinaus hat der Kläger einen nach § 61 InsO ersatzfähigen Vertrauensschaden auch nicht schlüssig dargelegt.

24

aa) Gemäß § 61 Satz 1 InsO ist der Insolvenzverwalter einem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann. Der Umfang des Schadenersatzes nach § 61 InsO ist begrenzt auf das negative Interesse. Der Gläubiger ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne die die Masseverbindlichkeit begründende Handlung stünde(BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 36, BAGE 121, 112 im Anschluss an BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu III 1 c bb der Gründe, BGHZ 159, 104). Der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens ist also auf die Herstellung des Zustandes gerichtet, der ohne das Fehlverhalten bestehen würde (vgl. BGH 14. Oktober 1971 - VII ZR 313/69 - BGHZ 57, 137). Entscheidend ist, wie sich die Vermögenslage des Geschädigten entwickelt hätte, wenn sich der Schädiger pflichtgemäß verhalten hätte (BGH 10. Juli 2003 - III ZR 155/02 - zu I 4 a der Gründe, BGHZ 155, 354 für die Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft).

25

bb) Lägen hier die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten nach § 61 InsO vor, wäre der Kläger demnach so zu stellen, wie er ohne den im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleich stünde. Ohne diesen hätte der Prozess fortgeführt werden müssen. Bereits das Arbeitsgericht hat im Gütetermin zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger als Teil seiner Darlegungslast für den ihm entstandenen Schaden (vgl. dazu BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu III 1 der Gründe, BGHZ 159, 104) substantiiert hätte vortragen müssen, dass und warum die Kündigung vom 15. Juni 2004 sozial ungerechtfertigt war und das Arbeitsverhältnis über den 30. September 2004 fortbestanden hätte. Anderenfalls wäre das Arbeitsverhältnis auch ohne den Prozessvergleich mit Ablauf des 30. September 2004 beendet gewesen, ohne dass dem Kläger weitere Ansprüche gegen die Schuldnerin bzw. den Beklagten zugestanden hätten.

26

Dieser Darlegungslast hat der Kläger nicht genügt. Das operative Geschäft der Schuldnerin ist Ende September 2004 eingestellt und ihr Betrieb zum 31. Dezember 2004 geschlossen worden. Der Kläger hat sich darauf beschränkt zu bestreiten, dass Sozialdaten abgewogen worden seien. Zu den Voraussetzungen eines Betriebsübergangs hat er nicht substantiiert vorgetragen. Das genügt zur schlüssigen Darlegung seines Vertrauensschadens nicht.

27

c) Schließlich richtet sich die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters, der erkennen kann, dass er eine in einem Vergleich zu vereinbarende Abfindung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus der Masse wird zahlen können, nicht auf die Garantie der Erfüllung des Arbeitsvertrags bis zum Bezug der Regelaltersrente, wie es der Kläger begehrt. Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall nach § 61 InsO vielmehr nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hätte, wenn der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis rechtzeitig und ordnungsgemäß gekündigt und den Kündigungsschutzprozess mit der von ihm geschuldeten Sorgfalt(dazu Gerhardt in Jaeger InsO § 60 Rn. 80) geführt hätte (vgl. BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 36, BAGE 121, 112; 19. Januar 2006 - 6 AZR 600/04 - Rn. 17, BAGE 117, 14). Ein ersatzfähiger Schaden ist vom Kläger nicht dargelegt. Mangels entsprechenden Vortrags des Klägers ist davon auszugehen, dass der Beklagte im Kündigungsschutzprozess obsiegt hätte.

28

2. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet.

29

a) Der Kläger kann die Zahlung der im Vergleich vom 1. Juli 2004 vereinbarten Abfindung nicht im Wege des Schadenersatzes aus § 60 InsO verlangen. Danach ist der Insolvenzverwalter zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Das Vorbringen des Klägers zur Verletzung solcher insolvenzspezifischer Pflichten ist unschlüssig.

30

aa) Der Kläger hat keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Verkürzung der Masse vorgetragen. Er hat insoweit lediglich pauschal behauptet, vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit seien ständig neue Masseverbindlichkeiten begründet und bedient worden. Zwar kann auch die Begründung von Masseverbindlichkeiten zu einer Massekürzung führen. Aufgrund des Ermessensspielraums des Insolvenzverwalters bei der Verwertung der Masse genügt für eine Haftung nach § 60 InsO allerdings nicht bereits der Vertragsabschluss als solcher(Gerhardt in Jaeger InsO § 60 Rn. 32). Anhaltspunkte für die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten bei der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die aufgrund der vorübergehenden Fortführung des Betriebs durch den Beklagten als Insolvenzverwalter ohnehin unvermeidlich waren, hat der Kläger nicht vorgetragen.

31

bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger habe mit der Behauptung, der Beklagte habe die Abfindung nicht gezahlt, gleichwohl aber gleich- bzw. nachrangige Masseverbindlichkeiten bedient, keinen Verteilungsfehler des Beklagten dargelegt. Die Aufklärungsrüge, mit der der Kläger einen Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen die Hinweispflicht aus § 139 ZPO geltend macht, verhilft der Revision daher ebenso wenig zum Erfolg wie die als Verstoß gegen formelles Recht bezeichnete, sich tatsächlich aber auf eine Verkennung der Darlegungs- und Beweislast beziehende und damit materiellrechtliche Rüge(vgl. dazu GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2011 § 73 Rn. 44), nicht der Kläger, sondern der Beklagte habe die Zahlungsverläufe dezidiert erklären müssen.

32

(1) Vor Befriedigung einzelner Massegläubiger trifft den Insolvenzverwalter die insolvenzspezifische Pflicht zur Prüfung, ob die Masse ausreicht, um alle Masseforderungen zu bedienen. Sind mehrere Masseschulden fällig und einredefrei, darf der Verwalter sie nur anteilig befriedigen, sofern er momentan zur vollständigen Bezahlung nicht in der Lage ist. Erkennt er eine drohende Masseunzulänglichkeit, darf er gleichrangige Masseverbindlichkeiten allenfalls in Höhe der nach § 209 Abs. 1 InsO zu erwartenden Quote begleichen(BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 28, 33, BAGE 121, 112; 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 21, AP InsO § 61 Nr. 2 = EzA InsO § 61 Nr. 2; BGH 21. Oktober 2010 - IX ZR 220/09 - Rn. 12, ZIP 2010, 2356).

33

(2) Nach den allgemeinen Beweisregeln ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet für alle rechtsbegründenden Tatsachen (allg. zu diesem Grundsatz BGH 18. Februar 2009 - XII ZR 163/07 - Rn. 19, NJW-RR 2009, 1142; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. vor § 284 Rn. 17a). Dies gilt auch für die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten als Voraussetzung einer Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO. Bei dieser Vorschrift ist im Unterschied zu § 61 InsO eine Beweislastumkehr zugunsten der Beteiligten gerade nicht vorgesehen.

34

(3) Aus den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast ergibt sich in der vorliegenden Konstellation nichts anderes.

35

(a) Hat die darlegungspflichtige Partei alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, um ihrer primären Darlegungspflicht zu genügen, und steht sie außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, während der Gegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind, kann vom Prozessgegner nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände und damit der Vortrag positiver Gegenangaben verlangt werden (BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 53, AP AGG § 3 Nr. 3 = EzA AGG § 10 Nr. 3).

36

(b) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger Verteilungsfehler des Beklagten nicht ausreichend aufgezeigt hat. Der Kläger hat nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu näherem Tatsachenvortrag zu der von ihm behaupteten Pflichtverletzung des Beklagten ausgeschöpft. Der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter hätten versuchen müssen, durch Einsicht in die gerichtliche Insolvenzakte Informationen über die vom Beklagten an andere Gläubiger geleisteten Zahlungen zu erlangen. Unabhängig davon, ob nur Insolvenzgläubiger oder auch Massegläubiger als Parteien iSd. § 4 InsO iVm. § 299 Abs. 1 ZPO ein Recht zur Akteneinsicht haben(zum Meinungsstand Martini jurisPR-InsR 17/2010 Anm. 5), dürfte jedenfalls das nach § 299 Abs. 2 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an einer Einsicht in die Insolvenzakte zur Vorbereitung möglicher Schadenersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter bestehen(vgl. BGH 5. April 2006 - IV AR (VZ) 1/06 - NZI 2006, 472, 473). Der Kläger hat jedoch nicht einmal den Versuch unternommen, Akteineinsicht zu erhalten. Soweit sein Prozessbevollmächtigter im Termin vor dem Senat vorgetragen hat, erfahrungsgemäß ließen sich für einen Beteiligten aus der Insolvenzakte zur näheren Begründung eines Schadenersatzanspruchs nur schwer geeignete Tatsachen entnehmen, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und zudem gem. § 559 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Auch kommt es bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht auf deren Erkenntnismöglichkeiten, sondern auf die ihres Rechtsanwalts an.

37

cc) Hätte der Beklagte den Kläger, wie dieser annimmt, planmäßig von der Zwangsvollstreckung aus dem am 1. Juli 2004 geschlossenen Vergleich abgehalten, könnte dies keine Haftung aus § 60 InsO begründen. Der Beklagte hat den Vergleich in seiner Eigenschaft als Verwalter der Masse geschlossen. Mit Eintritt der Fälligkeit am 30. September 2004 war er zur Auszahlung der Abfindungssumme verpflichtet. Diese Pflicht stellt jedoch keine spezifische insolvenzrechtliche Verpflichtung dar, denn die Erfüllung der Abfindungsforderung aus diesem Vergleich als Masseforderung und ihre Durchsetzung richteten sich bis zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht nach der Insolvenzordnung, sondern ausschließlich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Zivilprozessordnung (vgl. BAG 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 22, AP InsO § 61 Nr. 2 = EzA InsO § 61 Nr. 2; Lohmann in HK-InsO 5. Aufl. § 60 Rn. 41, 42). Hätte der Beklagte eine der ihn danach treffenden Pflichten verletzt, würde die Insolvenzmasse, nicht aber der Beklagte persönlich nach § 60 InsO haften. Dessen persönliche Haftung kann neben der Haftung der Masse nur aus Vorschriften außerhalb der Insolvenzordnung, etwa bei Begründung eines Vertrauenstatbestandes oder aus Delikt, begründet sein (BAG 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 24, aaO; BGH 18. Januar 1990 - IX ZR 71/89 - ZIP 1990, 242).

38

b) Der Kläger hat auch die Voraussetzungen für eine persönliche Haftung des Beklagten aus allgemeinen Vorschriften außerhalb des Insolvenzrechts nicht dargelegt.

39

aa) Der Beklagte hat nicht in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nach § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB scheidet deshalb aus.

40

Mehr als das im Geschäftsverkehr übliche Verhandlungsvertrauen nimmt auch ein Insolvenzverwalter nicht in Anspruch, der als solcher in Erscheinung tritt. Von einem besonderen Vertrauenstatbestand lässt sich erst dann sprechen, wenn er beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm persönlich ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen und die Durchführbarkeit des vereinbarten Geschäftes hervorgerufen hat (BGH 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01 - zu II 1 b der Gründe, ZIP 2005, 1327). Davon kann im vorliegenden Fall auch nach dem Vorbringen des Klägers nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat aufgrund der Erklärung des Vertreters des Beklagten im Gütetermin vom 1. Juli 2004 das Risiko, dass die Abfindung bei Misslingen eines share- oder asset-deals nicht werde gezahlt werden können, gekannt.

41

bb) Der Beklagte hat mit dem Vergleich auch keine Garantieerklärung abgegeben und keine sich daraus ergebende vertragliche Einstandspflicht begründet (zu den Voraussetzungen und Folgen einer solchen Erklärung im Einzelnen siehe BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 210/08 - Rn. 16 ff., AP InsO § 60 Nr. 3 = EzA InsO § 60 Nr. 2). Im Gegenteil hat sein Vertreter mit dem Hinweis auf die Ungewissheit der Erfüllung der Abfindung eine solche Garantie gerade ausgeschlossen.

42

cc) Die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten aus § 826 BGB, die etwa dann in Betracht käme, wenn dieser den Kläger über die Risiken des abzuschließenden Vergleiches getäuscht, insbesondere die künftige Zulänglichkeit der Masse als sicher vorgespiegelt, dadurch den Kläger zum Abschluss des Vergleiches bewogen und einen ihm daraus möglicherweise erwachsenden Schaden erkannt und in Kauf genommen hätte(BGH 14. April 1987 - IX ZR 260/86 - zu 2 b der Gründe, BGHZ 100, 346), sind nicht dargelegt. Das Vorbringen des Klägers zu der von ihm behaupteten „Ausschaltung der Vollstreckungsbereitschaft“ ist widersprüchlich. Ungeachtet seiner Behauptung, durch den Anruf des Beklagtenvertreters vom 26. August 2004, in dem nachgefragt worden ist, wohin die Abfindungssumme überwiesen werden solle, und das Schreiben vom 13. Oktober 2004 sei seine Vollstreckungsbereitschaft ausgeschaltet worden, hat der Klägervertreter bereits am 23. September 2004 - also noch vor Fälligkeit - den mit der Klausel versehenen Prozessvergleich an den Beklagten zustellen lassen und damit die Vollstreckung eingeleitet. Ohnehin bestand spätestens Ende Oktober 2004 auch im Hinblick auf das Schreiben vom 13. Oktober 2004 keine Veranlassung zu weiterem Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen mehr.

43

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Gründe

I.

1

Der 1951 geborene Jürgen R. war seit August 1974 als Beamter bei der Bundesanstalt für Flugsicherung beschäftigt. Nach deren Auflösung zum 1. Januar 1993 trat er in die Dienste der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS), Niederlassung Nürnberg, über. Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 wurde er von der DFS der Niederlassung München zur Dienstleistung zugewiesen; die Zustimmung des dortigen Betriebsrats lag vor.

2

Anlässlich des Monatsgesprächs im September 2009 teilte der Leiter der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt, der Beteiligte, dem bei ihm gebildeten Personalrat, dem Antragsteller, mit, er werde ihn künftig bei personellen Einzelmaßnahmen nicht mehr beteiligen, wenn im Rahmen der DFS eine Beteiligung der Betriebsräte stattfinde.

3

Der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht angerufen und dort beantragt,

festzustellen, dass er bei der Durchführung personeller Einzelmaßnahmen im Sinne des § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG gegenüber Angehörigen der Dienststelle Flugsicherung auch dann zur Mitbestimmung zu beteiligen ist, wenn die Betroffenen bei der DFS eingesetzt sind und dortige Betriebsräte nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes zur Beteiligung berufen sind,

hilfsweise festzustellen,

dass die beabsichtigte personelle Maßnahme dem Beamten Jürgen R. gegenüber zum Wechsel von der DFS-Niederlassung Nürnberg zur DFS-Niederlassung München mangels Mitbestimmung des Antragstellers unwirksam ist,

weiter hilfsweise festzustellen, dass die vorgenannte Maßnahme der Mitbestimmung des Antragstellers bedarf.

4

Das Verwaltungsgericht hat dem Hauptantrag aus folgenden Gründen stattgegeben: § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG gäben der Personalvertretung in jedem der dort einzeln aufgeführten Tatbestände das Recht auf Mitbestimmung. Aus dem Gesetz zur Übernahme der Beamten und Arbeitnehmer der Bundesanstalt für Flugsicherung (BAFlSBAÜbnG) könne keine Beschränkung der Mitbestimmungsrechte abgeleitet werden. § 4 BAFlSBAÜbnG enthalte zwei Fiktionen. Zum einen würden die der DFS zugewiesenen Beamten und Arbeitnehmer im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes als Beschäftigte der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt gelten. Zum anderen würden diese Beschäftigten für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer der DFS gelten. Die beiden Fiktionen stünden "berührungslos" nebeneinander. Dort, wo Tatbestände des Bundespersonalvertretungsgesetzes einschlägig seien, habe die nach diesem Gesetz gebildete Personalvertretung Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Dort, wo Rechte und Pflichten im Betriebsverfassungsgesetz bestimmt würden, sei die nach diesem Gesetz gebildete Arbeitnehmervertretung zuständig und berufen. Aus den Regelungen über die Zuweisung von Vorgesetzten- und Dienstvorgesetztenbefugnissen in § 5 BAFlSBAÜbnG ergebe sich nichts anderes. Neben den Befugnissen als Dienstvorgesetzter nach den allgemeinen beamtendienstrechtlichen Vorschriften des Bundes habe der Beteiligte diejenigen Rechte und Pflichten wahrzunehmen, die nicht als Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse im unmittelbaren Zusammenhang mit den Tätigkeiten einzelner Beschäftigter vor Ort der DFS gesetzlich übertragen seien. Die beamtendienstrechtlichen Befugnisse als Vorgesetzter seien umfangreicher als die auf den unmittelbaren Bereich der Beschäftigten vor Ort beschränkten Befugnisse, wozu die Bereiche der Dienst- bzw. Arbeitszeitgestaltung im Einzelfall, die konkrete Zuweisung eines Arbeitsplatzes oder die fachliche Ausgestaltung der Arbeitsleistung gehören könnten. Die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DFS vom 30. März 1995 einschließlich der Anlage ("Kreuzchenliste") seien nicht geeignet, die Zuweisung von Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen durch den Gesetzgeber in § 5 BAFlSBAÜbnG aufzuheben oder zu ändern. In Fällen, in denen Mitbestimmungsrechte des Antragstellers nach den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes ebenso bestünden wie Rechte der bei der DFS gebildeten Arbeitnehmervertretung nach dem Betriebsverfassungsgesetz, komme es zu einer Doppelrepräsentanz. Dies sei vom Gesetzgeber gewollt. Nach alledem habe der Beteiligte die rechtliche Verpflichtung, seine derart festgestellten personalvertretungsrechtlichen Aufgaben dem Antragsteller gegenüber wahrzunehmen. Er sei gesetzlich befugt, sich die dafür erforderlichen Informationen, Unterlagen und Kenntnisse bei der DFS zu verschaffen.

5

Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Sprungrechtsbeschwerde vor: Personelle Einzelmaßnahmen wie z.B. eine Umsetzung mit Ortswechsel, die von der DFS gegenüber den ihr überlassenen Beamten angeordnet würden, seien keine Maßnahme des Beteiligten im Sinne des Personalvertretungsrechts. Das Weisungs- und Organisationsrecht hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Tätigkeit und des Einsatzortes der Beamten stünden allein der DFS zu. Der Dienststellenleiter besitze insoweit keinerlei Gestaltungsrecht. Deshalb bestehe allein ein Mitbestimmungsrecht des bei der DFS gebildeten Betriebsrats. Eine Doppelzuständigkeit zweier Mitbestimmungsorgane für ein- und denselben Regelungsgegenstand sei vom Gesetzgeber regelmäßig nicht gewollt. Für den hier in Rede stehenden Personenkreis habe der Gesetzgeber die umfassende Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes vorgesehen. Die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung stehe zu derjenigen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Durch die Regelung in § 5 BAFlSBAÜbnG sei der Rahmenvereinbarung zwischen dem Bundesverkehrsministerium und der DFS Gesetzesrang eingeräumt worden. Der Umfang der Dienstvorgesetztenbefugnisse nach § 3 Abs. 2 BBG reiche nicht weiter als die Zuständigkeiten, die dem Beteiligten durch die "Kreuzchenliste" zugewiesen würden. Dem bei der DFS gebildeten Betriebsrat sei die Zuständigkeit in allen Fragen des täglichen Einsatzes und der Integration in die Organisation der DFS zugewiesen. Nur die personalhoheitlichen und die die Gesamtheit des öffentlichen Personals betreffenden Fragen fielen in die Zuständigkeit des Antragstellers.

6

Der Beteiligte beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

7

Der Antragsteller beantragt,

die Sprungrechtsbeschwerde zurückzuweisen.

8

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II.

9

Die zulässige Sprungrechtsbeschwerde des Beteiligten ist nicht begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1, § 96a Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Beteiligte ist zuständig, in allen von § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG erfassten Angelegenheiten des in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Übernahme der Beamten und Arbeitnehmer der Bundesanstalt für Flugsicherung (BAFlSBAÜbnG) vom 23. Juli 1992, BGBl I S. 1370, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 29. Juli 2009, BGBl I S. 2424, genannten Personenkreises zu entscheiden. Diese Maßnahmen unterliegen der Mitbestimmung des Antragstellers unabhängig davon, ob zugleich die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) ihre Betriebsräte zu beteiligen hat.

10

1. Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren des Antragstellers bedarf der Auslegung. Die Antragsformulierung, welcher die erstinstanzliche Tenorierung entspricht, erweckt für sich gesehen den Anschein, als ginge es dem Antragsteller um die Feststellung seiner Mitbestimmungsrechte in den Fällen, in denen der Beteiligte personelle Einzelmaßnahmen ausdrücklich zu treffen beabsichtigt. Ein derartiges Verständnis wird jedoch der Interessenlage des Antragstellers mit Blick auf das Verhalten des Beteiligten nicht gerecht. Dieser bestreitet nicht rundweg, in Personalangelegenheiten der in Rede stehenden Beschäftigten nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG zur Entscheidung berufen zu sein. Er hält sich nach wie vor an die Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DFS in der Fassung vom 12. Mai 1995 für gebunden. Nach deren Anlage ("Kreuzchenliste") wird die Entscheidungsbefugnis des Beteiligten für einen erheblichen Teil der Angelegenheiten nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG bestätigt. Dass er in diesen Fällen von seiner Entscheidungsbefugnis keinen Gebrauch macht und den Antragsteller nicht ordnungsgemäß beteiligt, ist nicht ersichtlich. Freilich bejaht der Beteiligte seine Zuständigkeit nicht in allen Angelegenheiten nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG. Insbesondere verneint er sie in den Fällen, in denen ehemalige Beamte oder Arbeitnehmer der Bundesanstalt für Flugsicherung von einem Betrieb der DFS zu einem anderen Betrieb wechseln sollen (§ 75 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2, § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BPersVG). Hier sieht er die alleinige Zuständigkeit der DFS als gegeben an, die folgerichtig ihre jeweils zuständigen Betriebsräte zu beteiligen habe. Angesichts dessen strebt der Antragsteller eine gerichtliche Feststellung an, welche die Entscheidungsbefugnis des Beteiligten in allen Angelegenheiten nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG ausspricht, an welche folgerichtig seine Mitbestimmungsrechte anknüpfen. Dies soll unabhängig davon zur Geltung kommen, ob bezogen auf den jeweiligen Vorgang zugleich Beteiligungsrechte der Betriebsräte bei der DFS eingreifen.

11

Das Verwaltungsgericht hat den Hauptantrag als einheitlichen Streitgegenstand behandelt, welcher sich auf die Mitbestimmungskataloge in § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG insgesamt bezieht und zudem durch den Ausschlussgesichtspunkt betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmung verklammert ist. Der Senat hat keinen Anlass, dieser verfahrensrechtlichen Einordnung zu widersprechen, zumal die Beteiligten sich vorbehaltlos darauf eingelassen haben.

12

2. Die DFS ist nicht gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG am Verfahren zu beteiligen. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist Beteiligter, wer durch die gerichtliche Entscheidung unmittelbar in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition berührt wird (vgl. Beschluss vom 22. März 2006 - BVerwG 6 P 10.05 - Buchholz 251.95 § 84 MBGSH Nr. 1 Rn. 19). Dies ist bei der DFS schon deswegen nicht der Fall, weil ihr als juristischer Person des Privatrechts keinerlei personalvertretungsrechtliche Rechtspositionen zukommen. Nach § 1 BPersVG werden in den Verwaltungen des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie in den Gerichten des Bundes Personalvertretungen gebildet, wobei zu den Verwaltungen in diesem Sinne auch die Betriebsverwaltungen gehören. Mit dieser Vorschrift und ähnlich lautenden Bestimmungen in den Personalvertretungsgesetzen der Länder korrespondiert § 130 BetrVG, wonach das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung findet auf Verwaltungen und Betriebe der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Durch die genannten Vorschriften werden die Geltungsbereiche des Betriebsverfassungsgesetzes einerseits und des Personalvertretungsrechts des Bundes und der Länder andererseits voneinander abgegrenzt. Abgrenzungsmerkmal ist danach die formale Rechtsform des Betriebes oder der Verwaltung (vgl. Beschluss vom 13. Juni 2001 - BVerwG 6 P 8.00 - BVerwGE 114, 313 <317> = Buchholz 251.0 § 1 BaWüPersVG Nr. 1 S. 3 m.w.N.). Spezielle gesetzliche Bestimmungen, welche der DFS personalvertretungsrechtliche Befugnisse einräumen, bestehen nicht. Eine solche Bestimmung findet sich nicht in § 5 Satz 4 und 5 BAFlSBAÜbnG, wonach die DFS den Leiter der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt bei der Wahrnehmung seiner Dienstvorgesetztenbefugnis zu unterstützen und dazu alle notwendigen Auskünfte zu erteilen hat. Damit ist lediglich eine Hilfsfunktion der DFS im Verhältnis zum Beteiligten beschrieben, ohne dass sie an dessen personalvertretungsrechtlicher Rechtsbeziehung zum Antragsteller teilnimmt. Dass ihre Interessen durch die vom Antragsteller hier angestrebte Ausweitung seiner Beteiligungsrechte berührt werden, reicht für die Beteiligungseigenschaft nach § 83 Abs. 3 ArbGG nicht aus.

13

3. Das mit dem Hauptantrag verfolgte und im oben beschriebenen Sinne zu verstehende Begehren des Antragstellers ist zulässig.

14

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt. Die pauschale Bezugnahme auf die Personalangelegenheiten nach § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG begegnet keinen Bedenken. Gegenstand des streitigen Begehrens ist nicht die Frage, wie die Mitbestimmungstatbestände in § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG im Einzelnen auszulegen und anzuwenden sind. Vielmehr will der Antragsteller geklärt wissen, dass der Beteiligte in allen von § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG erfassten Fallgestaltungen zur Entscheidung berufen ist und ihn, den Antragsteller, im Wege der Mitbestimmung unabhängig davon zu beteiligen hat, ob zugleich die DFS ihre jeweils zuständigen Betriebsräte beteiligen muss. Wird die Frage vom Gericht im Sinne des Antragstellers beantwortet, so ist die dahingehende Aussage eindeutig.

15

b) Der Antragsteller ist antragsbefugt. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition betroffen werden kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht (vgl. Beschlüsse vom 7. April 2010 - BVerwG 6 P 6.09 - BVerwGE 136, 271 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 112 Rn. 15 und vom 25. Januar 2012 - BVerwG 6 P 25.10 - juris Rn. 11).

16

aa) Die vorliegende Sache zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass der Beteiligte in einem Teil der von § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG erfassten Angelegenheiten, insbesondere bei Umsetzungen mit Dienstortwechsel, seine Zuständigkeit verneint und deswegen bewusst davon absieht, eine eigene Entscheidung zu treffen. In diesen Fällen fehlt es an einer Maßnahme, an welche Mitbestimmungsrechte des Antragstellers anknüpfen können. Der damit verbundenen Fragestellung kann man sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht dadurch entziehen, dass man die Entscheidung der DFS dem Beteiligten zurechnet.

17

Eine Maßnahme, welche der Dienststellenleiter nicht selbst trifft, ist ihm personalvertretungsrechtlich zuzurechnen, wenn er einem Dezernat oder einer anderen organisatorisch nachgeordneten Stelle, die keine Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist, Befugnisse zur eigenständigen Bearbeitung und Entscheidung überträgt. Vergleichbares kann gelten, wenn die nachgeordnete Stelle eine eigene Rechtspersönlichkeit hat; deren Maßnahmen sind dem Dienststellenleiter zuzurechnen, wenn dessen arbeitsrechtliche Stellung gegenüber den betroffenen Beschäftigten unberührt bleibt (vgl. Beschlüsse vom 2. März 1993 - BVerwG 6 P 34.91 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 85 S. 123 f., vom 9. September 2010 - BVerwG 6 PB 12.10 - Buchholz 251.7 § 66 NWPersVG Nr. 1 Rn. 3 und vom 16. Juni 2011 - BVerwG 6 PB 3.11 - juris Rn. 3). Die DFS ist keine der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt nachgeordnete Stelle. Ihre dienst- und arbeitsrechtliche Stellung gegenüber den hier betroffenen Beschäftigten ist nach Maßgabe von § 5 BAFlSBAÜbnG von derjenigen des Leiters der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt abzugrenzen, damit aber zugleich Letzterem gegenüber eigenständig.

18

bb) Fehlt es somit in den streitigen Fällen an einer Maßnahme des Beteiligten, so ist der Antragsteller zwecks Klärung seiner Mitbestimmungsrechte darauf angewiesen, dass das Gericht eine Feststellung trifft, durch welche die Zuständigkeit des Beteiligten in den Personalangelegenheiten nach § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG bejaht wird. Allerdings hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen, dass der Personalrat grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Überprüfung stellen kann, ob eine Dienststelle zum Erlass einer beteiligungspflichtigen Maßnahme zuständig ist (vgl. Beschlüsse vom 26. Januar 1968 - BVerwG 7 P 10.66 - BVerwGE 29, 74 = Buchholz 238.3 § 76 PersVG Nr. 17, vom 14. Juli 1977 - BVerwG 7 P 11.75 - Buchholz 238.32 § 85 BlnPersVG Nr. 1 S. 2 f. und vom 23. Juli 1979 - BVerwG 6 P 28.78 - Buchholz 238.3 A § 68 BPersVG Nr. 1 S. 4). Hiervon ist in der vorliegenden Fallgestaltung wegen des in § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG vorausgesetzten effektiven Rechtsschutzes der Personalvertretungen zur Klärung ihrer Beteiligungsrechte eine Ausnahme vorzusehen.

19

Die Frage, ob für den Erlass einer beteiligungspflichtigen Maßnahme für den hier fraglichen Personenkreis der Leiter der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt oder die DFS zuständig ist, beantwortet sich anhand der Regelungen in §§ 4, 5 BAFlSBAÜbnG. Ist der Dienststellenleiter der Auffassung, dass die in Betracht zu ziehende Maßnahme in den Zuständigkeitsbereich der DFS fällt, so sieht er folgerichtig davon ab, selbst eine Entscheidung zu treffen, an welche der Personalrat bei der Geltendmachung und gerichtlichen Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts anknüpfen könnte. Das im Bereich der DFS stattfindende betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsverfahren ist nicht geeignet, den Personalrat zu der ihm zustehenden Rechtsposition zu verhelfen. Denn der jeweils zuständige Betriebsrat hat typischerweise kein Interesse daran, im Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG die Zuständigkeit der DFS und damit möglicherweise sein eigenes Beteiligungsrecht in Frage zu stellen. Durch den Einsatz seines Initiativrechts nach § 70 Abs. 2 BPersVG kann der Personalrat ebenfalls keine generelle Klärung seiner Mitbestimmungsrechte erreichen. Denn Geschäftsgrundlage für das Initiativrecht ist, dass der Personalrat eine vom Dienststellenleiter zu erlassende Maßnahme anstrebt. Dies hilft in den zahlreichen Fällen nicht weiter, in welchen der Personalrat eine vom Dienststellenleiter beabsichtigte Maßnahme verhindern oder jedenfalls kritisch überprüfen will. Für die übliche, reaktive Form der Mitbestimmung ist der Personalrat darauf angewiesen, dass das Gericht die Zuständigkeit des Dienststellenleiters klärt, weil ohne diese Klärung die Mitbestimmungsrechte aus § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG leerlaufen. Die danach gebotene gerichtliche Klärung der Zuständigkeitsfrage steht mit Systematik und Regelungszweck der §§ 4, 5 BAFlSBAÜbnG im Einklang. Denn die dort normierte Zugehörigkeit der fraglichen Beschäftigten zum Personalrat sowohl der Dienststelle Flugsicherung als auch der DFS sowie die dort geregelte Abgrenzung der Zuständigkeiten sind mit den Beteiligungsrechten der kollektiven Interessenvertretungen eng verzahnt.

20

4. Der Hauptantrag ist begründet. Er bezieht sich - wie bereits erwähnt - auf alle von den Mitbestimmungskatalogen nach § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG erfassten Fallgestaltungen. Ein solcher Globalantrag ist nur begründet, wenn dem Begehren für alle von ihm erfassten Fallgestaltungen stattzugeben ist (vgl. Beschlüsse vom 22. Juni 2005 - BVerwG 6 P 8.04 - Buchholz 251.2 § 13 BlnPersVG Nr. 3 S. 10, vom 27. Januar 2006 - BVerwG 6 P 5.05 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 12 Rn. 8 f., vom 12. November 2009 - BVerwG 6 PB 17.09 - Buchholz 251.92 § 42 SAPersVG Nr. 1 Rn. 21 und vom 7. März 2011 - BVerwG 6 P 15.10 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 113 Rn. 44). So liegt es hier.

21

Der Beteiligte ist in Bezug auf die ehemaligen Beschäftigten der Bundesanstalt für Flugsicherung in allen nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten zur Entscheidung berufen.

22

a) Der hier in Rede stehende Personenkreis ist in § 1 Abs. 1 Satz 1 BAFlSBAÜbnG definiert. Es handelt sich um Beamte und Arbeitnehmer bei der ehemaligen Bundesanstalt für Flugsicherung, welche mit deren Auflösung zum 1. Januar 1993 Beamte und Arbeitnehmer beim Luftfahrt-Bundesamt geworden sind und seitdem Aufgaben der Flugsicherung in der DFS wahrnehmen (vgl. BTDrucks 16/11608 S. 19 f. zu Art. 8; Erlass des Bundesministers für Verkehr zur Neuorganisation der Flugsicherung vom 13. November 1992, VkBl S. 667, i.d.F. des Organisationserlasses zur Einrichtung der Dienststelle Flugsicherung vom 15. Februar 2008, VkBl S. 2).

23

b) Die vorgenannten Beschäftigten gelten im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes als Beschäftigte der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt (§ 4 Abs. 1 Halbs. 1 BAFlSBAÜbnG). Indem § 4 Abs. 1 Halbs. 2 BAFlSBAÜbnG ausspricht, dass § 13 Abs. 2 Satz 4 BPersVG keine Anwendung findet, ist klargestellt, dass jene Beschäftigten ihr Wahlrecht zur Personalvertretung nicht durch die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb der DFS verloren haben (BTDrucks 16/11608 S. 20 zu Nr. 3). Weiter regelt § 4 Abs. 2 BAFlSBAÜbnG, dass die in Rede stehenden Beschäftigten für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer der DFS gelten und als solche aktiv und passiv wahlberechtigt sind. Die Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass die in Rede stehenden Beschäftigten bei der DFS dauerhaft eingesetzt und vollständig in die dortigen Arbeitsabläufe integriert sind, so dass es gerechtfertigt ist, sie für den Bereich der betrieblichen Interessenvertretungen den übrigen Arbeitnehmern der DFS gleichzustellen (BTDrucks 16/11608 S. 21 zu Art. 8).

24

Der Schwerpunkt der Regelung in § 4 BAFlSBAÜbnG liegt im wahlrechtlichen Bereich. Es wird festgelegt, dass das übergeleitete Personal das Wahlrecht sowohl zum Personalrat der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt als auch zu den Betriebsräten der DFS hat. Da das Wahlrecht kein Selbstzweck ist, sondern der Bildung kollektiver Interessenvertretungen dient, welche mit Beteiligungsrechten ausgestattet sind, kommt in § 4 BAFlSBAÜbnG darüber hinaus mittelbar zum Ausdruck, dass in Bezug auf das übergeleitete Personal sowohl dem Personalrat bei der Dienststelle Flugsicherung als auch den Betriebsräten der DFS Beteiligungsrechte zustehen. In welcher Weise diese Beteiligungsrechte aufgeteilt sind, lässt sich der Regelung in § 4 BAFlSBAÜbnG indes nicht entnehmen.

25

c) Darüber gibt § 5 BAFlSBAÜbnG Aufschluss. Nach dessen Satz 1 hat die DFS gegenüber den in Rede stehenden Beschäftigten Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse im unmittelbaren Zusammenhang mit den Tätigkeiten einzelner Beschäftigter vor Ort, für deren Durchführung die DFS die Verantwortung trägt. Die Geschäftsführung und von dieser benannte Beschäftigte der DFS üben insoweit Vorgesetztenbefugnisse aus (§ 5 Satz 2 BAFlSBAÜbnG). Die Dienstvorgesetztenbefugnisse nach § 3 Abs. 2 BBG liegen beim Leiter der Dienststelle Flugsicherung beim Luftfahrt-Bundesamt (§ 5 Satz 3 BAFlSBAÜbnG).

26

aa) Hinsichtlich der Dienstvorgesetztenbefugnisse, welche dem Leiter der Dienststelle Flugsicherung zustehen, verweist § 5 Satz 3 BAFlSBAÜbnG ausdrücklich auf die Definition in § 3 Abs. 2 BBG. Danach ist Dienstvorgesetzter, wer für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihm nachgeordneten Beamten zuständig ist. Die Befugnisse des Dienstvorgesetzten beziehen sich auf die persönliche Rechtsstellung der Beamten (vgl. Franke, in: GKÖD Bd. I, L § 3 Rn. 11; Battis, Bundesbeamtengesetz, § 3 Rn. 4).

27

bb) Die Dienstvorgesetztenbefugnisse des Leiters der Dienststelle Flugsicherung stehen im Gegensatz zu den Vorgesetztenbefugnissen, welche § 5 Satz 2 BAFlSBAÜbnG der DFS-Geschäftsführung zuweist. Die ausdrückliche Bezugnahme auf § 3 Abs. 2 BBG in Bezug auf den Dienstvorgesetzten legt es nahe, beim Verständnis des Vorgesetzten die Definition in § 3 Abs. 3 BBG zugrunde zu legen, wonach Vorgesetzter ist, wer dienstliche Anordnungen erteilen darf. Hier wird der Beamte nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung, sondern in seiner innerdienstlichen Tätigkeit angesprochen. Die Vorgesetzten konkretisieren durch ihre Weisungen die Dienstleistungspflicht des Beamten. Dieser ist gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verpflichtet, die von seinen Vorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (vgl. Franke, a.a.O. L § 3 Rn. 14; Battis, a.a.O. § 3 Rn. 6; Kugele, Bundesbeamtengesetz, 2011, § 3 Rn. 15; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 3 Rn. 30).

28

cc) Das im Gesetzeswortlaut und durch die Verweisung auf das Beamtenrecht zum Ausdruck kommende Gegensatzpaar steht im Einklang mit den Vorstellungen, von denen der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien ausgegangen ist. Danach lag ihm bei der Aufteilung der Befugnisse in § 5 BAFlSBAÜbnG daran, einerseits den reibungslosen Betrieb der Funktionen der DFS auf der Basis arbeitsplatzbezogener Weisungsrechte zu ermöglichen und andererseits einen hinreichenden Schutz der Statusrechte des öffentlichen Personals zu gewährleisten (BTDrucks 16/11608 S. 21 zu Art. 8).

29

dd) Die Vorgesetztenbefugnis im Bereich der DFS verhält sich zur Dienstvorgesetztenbefugnis im Bereich der Dienststelle Flugsicherung nicht vollständig komplementär. Die Beschränkung der Vorgesetztenstellung auf Seiten der DFS bringt § 5 Satz 2 BAFlSBAÜbnG durch den Zusatz "insoweit" zum Ausdruck. Dieses Merkmal bezieht sich auf die sachliche Begrenzung der Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse der DFS, die in § 5 Satz 1 BAFlSBAÜbnG festgelegt sind. Danach hat zunächst die DFS Befugnisse nur im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, für deren Durchführung sie die Verantwortung trägt. Damit wird Bezug genommen auf die der DFS zugewiesenen Aufgaben der Flugsicherung (§ 27c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 31b Abs. 1 LuftVG i.V.m. § 1 der Verordnung zur Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens vom 11. November 1992, BGBl I S. 1928, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 24. August 2009, BGBl I S. 2942). Bei den Tätigkeiten muss es sich ferner um solche einzelner Beschäftigter vor Ort handeln. Die Befugnisse müssen demnach arbeitsplatzbezogen sein. Einzelne Beschäftigte betreffende betriebsübergreifende Maßnahmen fallen nicht darunter. Schließlich muss der Zusammenhang mit den Tätigkeiten unmittelbar sein. Ausgenommen von der Befugnis der DFS sind daher Maßnahmen, die sich auf die Aufgabenerfüllung vor Ort nur mittelbar auswirken.

30

Die Vorgesetztenbefugnisse sind, soweit der durch § 5 Satz 1 und 2 BAFlSBAÜbnG festgelegte Kompetenzbereich der DFS überschritten wird, beim Dienstherrn verblieben. Insoweit ist daher auch der Leiter der Dienststelle Flugsicherung zuständig (vgl. Altvater, PersR 2010, 20 <23>).

31

ee) Die vorgenannten Grundsätze gelten für Beamte und Arbeitnehmer gleichermaßen. Die Regelungen in §§ 4, 5 BAFlSBAÜbnG beziehen sich unterschiedslos auf die in § 1 Abs. 1 BAFlSBAÜbnG genannten Beschäftigten und damit auf die Beamten und Arbeitnehmer, die am 1. Januar 1993 aus der ehemaligen Bundesanstalt für Flugsicherung zur DFS übergetreten und seitdem dort tätig sind. Zwar bedient sich § 5 Satz 2 und 3 BAFlSBAÜbnG einer beamtenrechtlichen Terminologie. Daraus ergeben sich jedoch keine Zweifel daran, dass vom Gesetzgeber eine prinzipielle Gleichbehandlung des übergeleiteten Personals hinsichtlich der Aufteilung der Kompetenzen auf DFS und Dienststelle Flugsicherung gewollt ist. Die Abgrenzung für die Beamten gilt daher sinngemäß für die übergeleiteten Arbeitnehmer.

32

ff) In der Begründung zum Gesetzentwurf wird zum Ausdruck gebracht, dass mit der Regelung in § 5 BAFlSBAÜbnG die zwischen dem Bund und der DFS abgeschlossene Rahmenvereinbarung fortgeschrieben wird. Gemeint ist die bereits erwähnte Rahmenvereinbarung vom 12. Mai 1995, in deren Anlage die dienstrechtlichen Befugnisse des Luftfahrt-Bundesamtes und der DFS gegenüber den in der DFS tätigen Beamten und Arbeitnehmern des Luftfahrt-Bundesamtes aufgeteilt sind ("Kreuzchenliste"). Mit der Regelung in § 5 BAFlSBAÜbnG sollte Rechtssicherheit für einen Zustand geschaffen werden, "wie er seit dem 1. Januar 1993 in sinnvoller Weise praktiziert worden ist" (BTDrucks 16/11608 S. 21 zu Art. 8). Mit der Verabschiedung des Gesetzes vom 29. Juli 2009 ist die Anlage der Rahmenvereinbarung nicht selbst Gesetz geworden. Der Gesetzgeber hat die Anlage nicht im Detail in seinen Willen aufgenommen, sondern in § 5 BAFlSBAÜbnG abstrakt die Kriterien beschrieben, welche für die Abgrenzung der Kompetenzen maßgeblich sind.

33

gg) Die wechselseitigen Hinweise der Beteiligten auf andere Gesetze zur Privatisierung ehemals staatlicher Bereiche sind unergiebig. Diese Gesetze, z.B. das Postpersonalrechtsgesetz, das Deutsche Bahn Gründungsgesetz und das Bundeswertpapierverwaltungspersonalgesetz, enthalten jeweils spezielle Regelungen, die der Bundesgesetzgeber zur Bewältigung der Überleitung in die privatrechtliche Struktur für den jeweiligen Sachbereich für zweckmäßig hielt. Aus diesen Regelungen Schlussfolgerungen für die Auslegung der hier für den Flugsicherungsbereich anzuwendenden Bestimmungen herzuleiten, verbietet sich daher.

34

5. Aus der Anlage zur Rahmenvereinbarung ergibt sich, dass der Beteiligte seine Zuständigkeit bereits von sich aus in folgenden mitbestimmungspflichtigen Personalangelegenheiten bejaht: Beförderung, Eingruppierung, Versetzung, Abordnung, Zuweisung, Ablehnung eines Urlaubsantrages nach § 92 BBG (= § 79a BBG a.F.), Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze, Versagung oder Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 und 3, Nr. 3 Alt. 1, Nr. 4 bis Nr. 5 und Nr. 7, § 76 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, Nr. 4 Alt. 1, Nr. 5, 5a, 7, 8 Alt. 2 und Nr. 9 BPersVG). Im Einzelnen gilt für die Mitbestimmungskataloge in § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG Folgendes:

35

a) Einstellungen von Beamten (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BPersVG), also Ernennungen unter Begründung eines Beamtenverhältnisses (§ 2 Abs. 1 BLV), sind im Rahmen der hier zu betrachtenden Personalangelegenheiten des übergeleiteten Personals nicht einschlägig. Anstellungen (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BPersVG) entfallen schon deswegen, weil das geltende Beamtenrecht dieses Institut nicht mehr kennt (vgl. Rehak, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 76 Rn. 27; Altvater/Baden, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 76 Rn. 20; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 76 Rn. 7).

36

b) Beförderung ist die Verleihung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt (§ 2 Abs. 8 Satz 1 BLV). Sie erfasst daher die Mitbestimmungstatbestände nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 BPersVG. Sie betrifft ebenso den Status des Beamten wie die Verleihung eines anderen Amtes mit anderer Amtsbezeichnung beim Wechsel der Laufbahngruppe (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 3 BPersVG) und der Laufbahnwechsel (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 4 BPersVG). Alle vorbezeichneten Angelegenheiten fallen in die Kompetenz des Dienstvorgesetzten. Soweit die Beförderung mit einem Wechsel der Amtsbezeichnung verbunden ist, bedarf sie ebenso der Ernennung wie die Verleihung eines anderen Amtes mit anderer Amtsbezeichnung bei einem Wechsel der Laufbahngruppe (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BBG i.V.m. § 2 Abs. 8 Satz 2 BLV). Das Ernennungsrecht ist für die Besoldungsgruppen A2 bis A16 dem Beteiligten übertragen (Art. 1 Abs. 1 der Anordnung des Bundespräsidenten vom 23. Juni 2004, BGBl I S. 1286, i.V.m. Abschnitt A Abs. 1 Satz 1 des Erlasses des Bundesministeriums für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung über die Ernennung und Entlassung von Bundesbeamten und über die Übertragung von beamtenrechtlichen Befugnissen - BMVBS-Delegationserlass - vom 19. Mai 2010). Im Übrigen ist grundsätzlich der jeweils unmittelbare Dienstvorgesetzte für die persönlichen Angelegenheiten der ihnen zugeordneten Beamten zuständig (Abschnitt A des Erlasses über die Verteilung sonstiger dienstrechtlicher Zuständigkeiten - BMVBS-Zuständigkeitserlass - vom 19. Mai 2010).

37

c) Durch die Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit (§ 76 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 BPersVG) wird eine spätere Beförderung vorbereitet (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2008 - BVerwG 6 P 13.07 - BVerwGE 131, 267 = Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 18 Rn. 20 und 22). Die persönliche Rechtsstellung des Beamten ist betroffen. Gleiches gilt für die Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit (§ 76 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BPersVG); hier geht es um die Übertragung eines Dienstpostens, der im Vergleich zum statusrechtlichen Amt des Beamten unterwertig ist (vgl. Beschluss vom 2. Dezember 2009 - BVerwG 6 PB 33.09 - Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 41 Rn. 15 und 22).

38

d) Anordnungen, welche die Freiheit der Wahl der Wohnung beschränken (§ 76 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG), sind gemäß § 72 Abs. 2 BBG dem Dienstvorgesetzten vorbehalten.

39

e) Versagung oder Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit (§ 76 Abs. 1 Nr. 7 BPersVG) betreffen ebenfalls die persönliche Rechtsstellung des Beamten. Die entsprechenden Entscheidungen hat das Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung als oberste Dienstbehörde auf den Beteiligten übertragen (§ 99 Abs. 5 Satz 1 und 2 BBG i.V.m. Abschnitt B I Abs. 1 Nr. 7 BMVBS-Delegationserlass).

40

f) In seiner persönlichen Rechtsstellung ist der Beamte berührt bei Ablehnung eines Antrages nach §§ 91, 92 oder 95 BBG76 Abs. 1 Nr. 8 BPersVG). Dabei geht es um "voraussetzungslose" unbefristete Teilzeitbeschäftigung, um Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung aus familienpolitischen Gründen sowie um Beurlaubung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen.

41

g) Die persönliche Rechtsstellung des Beamten wird ebenfalls erfasst durch Herausschiebung des Eintritts in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze (§ 76 Abs. 1 Nr. 9 BPersVG). Geschieht dies auf Antrag (§ 53 Abs. 1 BBG), so ist die Entscheidung nicht der obersten Dienstbehörde vorbehalten (§ 53 Abs. 2 BBG; vgl. Lemhöfer, a.a.O. § 3 Rn. 13; Franke, a.a.O. L § 3 Rn. 9).

42

h) Über die Versetzung zu einer anderen Dienststelle (§ 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 BPersVG) hat gleichfalls der Beteiligte in seiner Eigenschaft als Dienstvorgesetzter zu entscheiden. Versetzung ist nach § 28 Abs. 1 BBG die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes bei einer anderen Dienststelle bei demselben oder einem anderen Dienstherrn. Diese Legaldefinition erfasst die organisationsrechtliche Versetzung, welche nach ständiger Senatsrechtsprechung der Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 BPersVG unterfällt. Damit ist mitgedacht, dass der Beamte mit dem Ausscheiden aus seiner bisherigen Dienststelle sein dort innegehabtes Funktionsamt im abstrakten und konkreten Sinne verliert und dass ihm mit der dauernden Zuweisung zur neuen Dienststelle irgendein seinem statusrechtlichen Amt entsprechender Aufgabenkreis übertragen wird (vgl. Beschluss vom 30. März 2009 - BVerwG 6 PB 29.08 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 107 Rn. 27 m.w.N.). Auch dabei wird der Beamte nicht in seiner innerdienstlichen Tätigkeit, sondern in seiner persönlichen Rechtsstellung angesprochen (vgl. Battis, a.a.O. § 3 Rn. 4; Franke, a.a.O. § 3 Rn. 12).

43

Solange die übergeleiteten Beamten bei der DFS beschäftigt sind, bleiben sie Beschäftigte beim Luftfahrt-Bundesamt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BAFlSBAÜbnG). Nur dieses ist im vorgenannten Zeitraum Dienststelle im Sinne des Versetzungsbegriffs und des darauf bezogenen Mitbestimmungstatbestandes nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 BPersVG. Es fehlt daher an einem Dienststellenwechsel, wenn der Beamte innerhalb der DFS den Betrieb wechselt. Der für die Versetzung maßgebliche Dienststellenwechsel tritt erst ein, wenn dem Beamten ein Amt bei einer anderen Dienststelle im dienst- und organisationsrechtlichen Sinne - sei es beim Bund oder einem anderen Dienstherrn - übertragen wird.

44

Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Betriebswechsel eines Beamten in einem Postnachfolgeunternehmen als Versetzung im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 BPersVG zu werten ist (vgl. Beschlüsse vom 15. November 2006 - BVerwG 6 P 1.06 - BVerwGE 127, 142 = Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 40 Rn. 18 und vom 25. Januar 2012 - BVerwG 6 P 25.10 - juris Rn. 18). Diese Beurteilung trägt der speziellen Rechtslage Rechnung, die durch Art. 143b Abs. 3 GG und die Bestimmungen des Postpersonalrechtsgesetzes geschaffen wurde und die die Anpassung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungstatbestandes an die Grundsätze und Strukturen der Betriebsverfassung gebietet. An einem vergleichbaren Regelwerk für den Bereich der Flugsicherung fehlt es. Die in §§ 4, 5 BAFlSBAÜbnG angelegte Aufteilung der Beteiligungsrechte auf den Personalrat der Dienststelle Flugsicherung einerseits und die Betriebsräte bei der DFS andererseits lassen Beteiligungslücken nicht zu und verbieten zugleich die Erweiterung von Beteiligungsrechten im Wege der Analogie.

45

i) Ebenfalls in die Zuständigkeit des Dienstvorgesetzten fällt die Abordnung (§ 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG), worunter gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BBG die vorübergehende Übertragung einer dem Amt des Beamten entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle zu verstehen ist. Gleiches gilt für die Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit bei einer öffentlichen Einrichtung ohne Dienstherrnfähigkeit oder bei einer anderen Einrichtung gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 BBG76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5a BPersVG). Die Befugnis zur Zuweisung von Beamten der Besoldungsgruppen A2 bis A15 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung als oberste Dienstbehörde gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BBG i.V.m. Abschnitt B I Abs. 1 Nr. 1 BMVBS-Delegationserlass auf den Beteiligten übertragen.

46

j) Schließlich ist der Beteiligte zuständig für Entscheidungen über Umsetzungen mit Wechsel des Dienstortes (§ 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BPersVG).

47

Eine Umsetzung liegt vor, wenn dem Beamten ein neuer Dienstposten übertragen wird oder wenn der Dienstposten durch wesentliche Änderungen im Aufgabenbereich eine neue andere Prägung erhält (vgl. Beschlüsse vom 22. Juli 2003 - BVerwG 6 P 3.03 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 30 S. 44 und vom 30. März 2009 a.a.O. Rn. 28). Die Umsetzung ist eine innerdienstliche Weisung, welcher der Beamte kraft seiner Gehorsamspflicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG Folge leisten muss. Als innerbehördliche Organisationsmaßnahme dient sie der Sicherung, Erleichterung oder Verbesserung der Aufgabenerledigung der Behörde (vgl. Urteile vom 22. Mai 1980 - BVerwG 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <146 ff.> = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 20 S. 28 ff., vom 28. Februar 2008 - BVerwG 2 A 1.07 - juris Rn. 24 f. und vom 26. Mai 2011 - BVerwG 2 A 8.09 - juris Rn. 19 ff.).

48

Eine Zuständigkeit des Beteiligten folgt daher nicht bereits aus seiner Eigenschaft als Dienstvorgesetzter (§ 5 Satz 3 BAFlSBAÜbnG i.V.m. § 3 Abs. 2 BBG). Bei Umsetzungen kommt vielmehr generell die Entscheidungsbefugnis der DFS nach § 5 Satz 1 und 2 BAFlSBAÜbnG in Betracht. Sie scheidet allerdings aus bei denjenigen Umsetzungen, die nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BPersVG mitbestimmungspflichtig sind. Das ist nur der Fall, wenn die Umsetzung mit einem Wechsel des Dienstorts verbunden ist, wobei das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts zum Dienstort gehört. Dienstort ist die politische Gemeinde, in welcher der Beamte seine Dienstpflicht zu erfüllen hat. Nicht mitbestimmungspflichtig ist die Umsetzung, wenn die Wohnung des Beamten auf einer üblicherweise befahrenen Strecke weniger als 30 km von der neuen Dienststätte entfernt ist oder im neuen Dienstort liegt (§ 3 Abs. 1 Buchst. c BUKG; vgl. Rehak, a.a.O. § 75 Rn. 58, § 76 Rn. 56c; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 75 Rn. 41, K § 76 Rn. 23; Altvater, a.a.O. § 75 Rn. 65).

49

Geht es um eine Umsetzung mit Dienstortwechsel unter Überschreitung des Einzugsgebiets, so steht die dahingehende Entscheidung des Vorgesetzten nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beamten vor Ort (§ 5 Satz 1 BAFlSBAÜbnG). Eine solche Maßnahme bezieht sich nicht mehr auf den bisherigen, sondern auf einen neuen Arbeitsplatz an anderer Stelle. Damit wird der in § 5 Satz 1 BAFlSBAÜbnG vorausgesetzte lokale Bezug überschritten. Zugleich fehlt es am unmittelbaren Zusammenhang mit der bisherigen Tätigkeit. Die mit dem Wechsel des Dienstorts verbundene Umsetzung ist weder fachliche Weisung zur Aufgabenerfüllung noch innerdienstliche Maßnahme, die sich aus der Tätigkeit des Beamten ableitet wie z.B. die Entscheidung zu Fragen der Arbeitszeit, der Unfallverhütung, der Betriebsordnung, der Arbeitsplatzgestaltung, der technischen Überwachung, der Hebung der Arbeitsleistung usw. Die - zumeist betriebsübergreifende - Zuweisung eines Arbeitsplatzes an anderer Stelle wirkt sich unter den in § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BPersVG vorausgesetzten Entfernungsbedingungen auf die Aufgabenerfüllung in der bisherigen Dienststätte nur mittelbar aus. Liegen daher insoweit die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Vorgesetztenbefugnisse durch die DFS nicht vor, so hat der Beteiligte als im Bereich des Dienstherrn zuständiger Vorgesetzter diese Aufgabe zu erfüllen.

50

Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der personalvertretungsrechtlichen Wertung, die der Gesetzgeber bei der Abfassung der Regelungen in §§ 4, 5 BAFlSBAÜbnG vor Augen hatte. In § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber den kollektivrechtlichen Schutzbedarf bei der Umsetzung mit Dienstortwechsel ähnlich gewichtet wie bei der Versetzung. Es ist daher systematisch und teleologisch folgerichtig, bei der Aufteilung der Beteiligungsrechte auf Personalrat und Betriebsräte beide Maßnahmen gleich zu behandeln. Dies gelingt nur, wenn die Zuständigkeit für die nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BPersVG mitbestimmungspflichtige Umsetzung dem beteiligten Dienststellenleiter Flugsicherung zugeordnet wird. Für die Versetzung ist er ohnehin zuständig.

51

k) Die vorgenannten Ausführungen zu den Personalangelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1 BPersVG gelten für die Personalangelegenheiten der Arbeitnehmer nach § 75 Abs. 1 BPersVG sinngemäß. Die im letztgenannten Mitbestimmungskatalog enthaltenen personalrechtlichen Institute entsprechen weitgehend denjenigen in § 76 Abs. 1 BPersVG. Sie haben zwar eine arbeitsrechtliche, insbesondere tarifvertragliche Grundlage, sind aber in ihrem Verständnis durchweg den vergleichbaren beamtenrechtlichen Instituten nachgebildet (vgl. zu Nebentätigkeit, Abordnung, Versetzung, Zuweisung, Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus: § 3 Abs. 5, § 4 Abs. 1 und 2, § 33 Abs. 5 TVöD). Ein-, Höher- und Rückgruppierung (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 und 3 BPersVG), also die Einordnung in das in der Dienststelle geltende kollektive Entgeltschema, berühren den Status des Arbeitnehmers. Die mit Eingruppierungsvorgängen einhergehende oder sie vorbereitende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BPersVG) betrifft ebenfalls die persönliche Rechtsstellung des Arbeitnehmers (vgl. in diesem Zusammenhang Beschluss vom 28. August 2008 - BVerwG 6 P 12.07 - Buchholz 251.91 § 80 SächsPersVG Nr. 2 Rn. 12 ff.).

52

6. Ist der Beteiligte in den Fällen des § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG zur Entscheidung berufen, so hat er davon jeweils Gebrauch zu machen und den Antragsteller im Wege der Mitbestimmung zu beteiligen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob zugleich die DFS ihre Betriebsräte zu beteiligen hat.

53

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist der Beteiligte gemäß § 5 BAFlSBAÜbnG zuständig, in den von § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG erfassten Personalangelegenheiten der in § 1 Abs. 1 BAFlSBAÜbnG bezeichneten Beschäftigten zu entscheiden. Macht er davon jeweils pflichtgemäß Gebrauch, so folgt daraus das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers. Dass dieses entfällt, wenn gleichzeitig ein Beteiligungsrecht eines Betriebsrats bei der DFS eingreift, besagen die gesetzlichen Bestimmungen weder ausdrücklich noch sinngemäß.

54

Ein geschriebener oder ungeschriebener Grundsatz des Inhalts, dass bei ein und derselben Maßnahme stets nur eine einzige Interessenvertretung zu beteiligen ist, existiert nicht. Im Gegenteil ist in der Senatsrechtsprechung anerkannt, dass bei der Versetzung grundsätzlich der Personalrat der abgebenden wie auch derjenige der aufnehmenden Dienststelle zu beteiligen ist (vgl. Beschluss vom 16. September 1994 - BVerwG 6 P 32.92 - BVerwGE 96, 355 <361 ff.> = Buchholz 251.9 § 80 SaarPersVG Nr. 2 S. 10 ff.). Entsprechendes kann bei einer Umsetzung in Betracht kommen, wenn davon die Beschäftigten mehrerer Dienststellenteile mit jeweils eigenen Personalvertretungen berührt sind (vgl. Beschluss vom 16. Juni 2000 - BVerwG 6 P 6.99 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 26 S. 13 ff.). Im Bereich der DFS ist bei einer betriebsübergreifenden Umsetzung - wie ausgeführt - der Personalrat bei der Dienststelle Flugsicherung, der Antragsteller, zur Mitbestimmung berufen. Dieser repräsentiert jedoch nur das am 1. Januar 1993 übergeleitete Personal der ehemaligen Bundesanstalt für Flugsicherung. Die Beschäftigten insbesondere des aufnehmenden Betriebes, soweit sie nicht zum übergeleiteten Personal zählen, und deren Belange vertritt er nicht. Eine zusätzliche Beteiligung des dortigen Betriebsrats durch die DFS erscheint keineswegs sachwidrig (vgl. zur Beteiligung von Personalräten und Betriebsräten im Bereich der Deutschen Bahn AG: BAG, Beschluss vom 12. Dezember 1995 - 1 ABR 23/95 - BAGE 81, 379). In welchen Fällen, in denen der Beteiligte den Antragsteller nach § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG zu beteiligen hat, zugleich ein betriebsverfassungsrechtliches Mitbestimmungsverfahren bei der DFS stattzufinden hat, hat zunächst diese mit ihren Betriebsräten abzuklären; im Streitfall ist die Entscheidung den Arbeitsgerichten vorbehalten. Das streitige Beteiligungsrecht des Antragstellers bleibt davon unberührt.

55

7. Der Senat hat den stattgebenden erstinstanzlichen Tenor nach Maßgabe der oben in Abschnitt II 1 behandelten Auslegung des streitigen Begehrens neu gefasst. Eine Verpflichtung des Beteiligten, von seiner Zuständigkeit in den Fällen des § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG Gebrauch zu machen, war nicht auszusprechen. Es kann erwartet werden, dass der Beteiligte seiner Verpflichtung nach gerichtlicher Klärung seiner Zuständigkeit nachkommen wird.

(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.

(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1026/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Der 1964 geborene, ledige und in H wohnende Kläger ist seit 1. November 1997 bei der Beklagten zunächst als Flugbegleiter und danach als Purser mit einer zuletzt erzielten durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 4.618,35 Euro beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 19. September 1997 lautet auszugsweise:

        

„1.     

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Der Mitarbeiter wird ab 01.11.1997 als Flugbegleiter/in in Hannover beschäftigt.

                 

C kann den Mitarbeiter vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, einem anderen Ort sowie befristet auch bei einem anderen Unternehmen des L-Konzerns einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der C in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Dienstvorschriften der C und den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

5

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

6

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

7

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

8

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

9

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg.

10

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung seiner bisherigen Funktion als Purser von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm der Kläger unter Vorbehalt an.

11

Der Kläger hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

12

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Purser mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, dem Kläger am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für den Kläger vertraglich nicht Hannover festgelegt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

14

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, dem Kläger einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

16

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, dem Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

19

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

20

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

21

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

22

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags des Klägers ergibt, dass sein Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

23

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

24

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 19. September 1997 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Kläger werde „als Flugbegleiter/in in Hannover beschäftigt“, der Arbeitgeber könne den Kläger „auch vorübergehend oder auf Dauer … [an] einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

25

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

26

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass der Kläger seit November 1997 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

27

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

28

bb) Derartige besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Die bloße Nichtausübung des Direktionsrechts seit dem Jahr 1997 konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf den Stationierungsort Hannover bewirken. Der Arbeitsvertrag galt weiter unverändert.

29

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

30

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

31

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

32

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

33

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

34

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

35

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

36

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

37

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

38

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

39

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die dem Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis des Klägers auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

40

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

41

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für den Kläger damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

42

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für den Kläger hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen, für den Kläger günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten des Klägers von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

43

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung des Klägers nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2011 - 20 Sa 1430/10 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 15. April 2010 - 3 Ca 1764/09 - stattgegeben hat.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 15. April 2010 - 3 Ca 1764/09 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der geschuldeten Vergütung.

2

Der 1985 geborene Kläger ist gelernter Tierwirt (Rinderhaltung) und war vom 22. April 2006 bis zum 30. Juni 2009 bei der Beklagten als Tierpfleger und Melker beschäftigt. Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise:

        

㤠3 Arbeitszeit, Arbeitsort

        

1.    

Die Wochenarbeitszeit beträgt in der Tierproduktion (bei geteilter Schicht) 48 Stunden. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt 8,00 Stunden.

        

2.    

Der Mitarbeiter arbeitet von Montag bis Sonntag, bei einem freien Tag pro Woche.

        

3.    

Beginn und Ende der Arbeitszeit wird entsprechend der betrieblichen Arbeitszeitregelung festgelegt.

        

§ 4 Arbeitsentgelt

        

Der Mitarbeiter erhält eine Vergütung von 5,11 EUR/Stunde.

        

Die Auszahlung erfolgt jeweils bis zum 10. des nachfolgenden Monats auf ein von dem Mitarbeiter zu benennendes Bankkonto.

        

...     

        

§ 6 Mehrarbeit/Überstunden

        

1.    

Beim Auftreten entsprechender betrieblicher Notwendigkeiten hat der Mitarbeiter im Rahmen der gesetzlichen Regelungen Mehrarbeit und Überstunden zu leisten.

        

2.    

Mehrarbeit und Überstunden an Sonn- und Feiertagen werden zusätzlich vergütet. Der Mitarbeiter erhält einen Zuschlag von 50 %.

        

...“   

        
3

Einschließlich der Zuschläge erzielte der Kläger einen Durchschnittsstundenlohn in Höhe von 5,66 Euro brutto im Jahr 2006, 5,82 Euro brutto im Jahr 2007, 6,09 Euro brutto im Jahr 2008 und 7,06 Euro brutto im Jahr 2009.

4

Mit der am 23. Dezember 2009 eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, der vertraglich vereinbarte Stundenlohn sei im Vergleich zu dem nach der Lohngruppe 5 der Entgelttarifverträge für die Arbeitnehmer in den „Land- und Forstwirtschaftlichen Unternehmen des Landes Brandenburg“ sittenwidrig. Er erreiche nicht zwei Drittel des einschlägigen tariflichen Stundenlohns. Dieser habe bei Beginn des Arbeitsverhältnisses 8,36 Euro brutto und zuletzt 9,20 Euro brutto betragen. Durch dieses Missverhältnis werde der subjektive Tatbestand des Lohnwuchers indiziert. Hilfsweise hat der Kläger geltend gemacht, nach der Lohnstatistik des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2006 habe das allgemeine Lohnniveau im Land Brandenburg für qualifizierte Arbeiter in der Landwirtschaft 7,73 Euro brutto je Stunde betragen. Damit seien alle Stundenlöhne unter 5,16 Euro brutto sittenwidrig. Für im Beschäftigungszeitraum geleistete 7.800 Stunden könne er als - restliche - übliche Vergütung die Differenz zu den jeweiligen tariflichen Stundenlöhnen beanspruchen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 27.962,16 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass maßgebliche Bezugsgröße für die Prüfung der Sittenwidrigkeit die Entgelttarifverträge seien. Der Organisationsgrad der Arbeitgeber im Land Brandenburg für den Bereich Landwirtschaft betrage weniger als 50 %, auch der Anteil der organisierten Arbeitnehmer liege weit unterhalb dieser Grenze. Zum subjektiven Tatbestand des § 138 BGB habe der Kläger nichts vorgetragen. Sie sei bei Abschluss des Arbeitsvertrags davon ausgegangen, mit dem Kläger einen Vertrag zu den im Land Brandenburg üblichen Bedingungen geschlossen zu haben. Das ortsübliche Lohnniveau eines Tierwirts und Melkers ergebe sich auch nicht aus den Erhebungen des Statistischen Bundesamts.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Klage in Höhe von 20.436,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2009 stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten und einem vermeintlich üblichen Stundenlohn von 7,73 Euro brutto für 7.800 Stunden stattgegeben.

9

I. Die Klage ist in vollem Umfang unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine übliche Vergütung in Höhe eines Stundenlohns von 7,73 Euro brutto. Die Höhe seiner Vergütung ist durch die arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung bestimmt iSv. § 612 Abs. 2 BGB, diese ist nicht sittenwidrig.

10

1. Ob im Streitfall ein iSd. Rechtsprechung (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 130, 338; 18. April 2012 - 5 AZR 630/10 -) auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung des Klägers und der Lohnhöhe besteht und damit der objektive Tatbestand des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) und des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) erfüllt wären, bedarf keiner Entscheidung. Denn der Kläger hat weder den subjektiven Tatbestand des Lohnwuchers noch des wucherähnlichen Geschäfts dargelegt.

11

2. In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 26 f. mwN, BAGE 130, 338; 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - und - 5 AZR 268/11 -). Zu beidem hat der Kläger nichts vorgebracht, obwohl die Beklagte bereits erstinstanzlich das Fehlen entsprechenden Sachvortrags gerügt hatte.

12

a) Der Kläger hat sich ausschließlich darauf berufen, das Unterschreiten der Zwei-Drittel-Grenze indiziere den subjektiven Tatbestand des Lohnwuchers. Das Landesarbeitsgericht hat den subjektiven Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts im Wesentlichen mit der Begründung als erfüllt angesehen, die Beklagte habe keine Tatsachen dafür vorgetragen, Leistung und Gegenleistung seien im Rahmen des Üblichen vereinbart. Damit missverstehen der Kläger und das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. April 2009 (- 5 AZR 436/08 - Rn. 27, BAGE 130, 338 unter Hinweis auf BGH 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - zu 4 b der Gründe, NJW 2002, 55) und gehen zu Unrecht davon aus, die Beklagte müsse sich im Streitfall entlasten, also einen irgendwie indizierten subjektiven Tatbestand ausräumen.

13

b) Dem ist nicht so. Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründeten Tatsachen trägt, wer den Anspruch erhebt (vgl. BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - mwN), ist der Kläger - auch - für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands des Lohnwuchers bzw. des wucherähnlichen Geschäfts, die seinen Anspruch auf eine übliche Vergütung begründen sollen, darlegungs- und beweispflichtig. Nur bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das anzunehmen ist, wenn der Wert der Leistung (mindestens) doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung, kann ein tatsächlicher Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten gezogen werden. Zur Behauptung der verwerflichen Gesinnung genügt in diesem Falle die Berufung des Arbeitnehmers auf die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 268/11 - Rn. 36). Dass die vereinbarte Vergütung nicht einmal die Hälfte der verkehrsüblichen Vergütung erreichen würde, hat der Kläger nicht behauptet.

14

Spricht keine tatsächliche Vermutung für eine verwerfliche Gesinnung, bedarf es zusätzlicher Umstände, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt. Dafür hat der Kläger nichts vorgetragen.

15

II. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Dittrich    

        

    Busch    

                 

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.

(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 auch ohne Einwilligung für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke zulässig, wenn die Verarbeitung zu diesen Zwecken erforderlich ist und die Interessen des Verantwortlichen an der Verarbeitung die Interessen der betroffenen Person an einem Ausschluss der Verarbeitung erheblich überwiegen. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.

(2) Die in den Artikeln 15, 16, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2016/679 vorgesehenen Rechte der betroffenen Person sind insoweit beschränkt, als diese Rechte voraussichtlich die Verwirklichung der Forschungs- oder Statistikzwecke unmöglich machen oder ernsthaft beinträchtigen und die Beschränkung für die Erfüllung der Forschungs- oder Statistikzwecke notwendig ist. Das Recht auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht darüber hinaus nicht, wenn die Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung erforderlich sind und die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(3) Ergänzend zu den in § 22 Absatz 2 genannten Maßnahmen sind zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder zu statistischen Zwecken verarbeitete besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Statistikzweck möglich ist, es sei denn, berechtigte Interessen der betroffenen Person stehen dem entgegen. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Statistikzweck dies erfordert.

(4) Der Verantwortliche darf personenbezogene Daten nur veröffentlichen, wenn die betroffene Person eingewilligt hat oder dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte unerlässlich ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. Januar 2009 - 11 Sa 460/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 11. April 2008 - 39 Ca 14853/07 - hinsichtlich des Antrags zu 1. zurückgewiesen hat.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 11. April 2008 - 39 Ca 14853/07 - teilweise abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Einsicht in die über den Kläger bei der Beklagten geführte Personalakte im Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 einschließlich sämtlicher Sonder- und Nebenakten zu gewähren.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu 1/3, die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechte des Klägers auf Einsichtnahme in seine Personalakte, „hilfsweise“ auf deren Herausgabe zum Zweck der Einsicht.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Versicherungsunternehmen, vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2007 beschäftigt; in den ersten acht Monaten als Trainee, anschließend - seit 1. September 2006 - als Schadensbüroleiter. Die Parteien wendeten auf ihr Arbeitsverhältnis den zwischen dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen am 28. Juni 1996 abgeschlossenen Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe (MTV) an. Die Beklagte führte über den Kläger - wie über alle Mitarbeiter - eine Personalakte in Papierform.

3

Am 13. August 2007 äußerte eine Sachbearbeiterin, dass aufgrund der vorliegenden Zwischenbeurteilungen des Klägers allenfalls mit einer durchschnittlichen Zeugnisbeurteilung zu rechnen sei. Nach ihren Informationen seien Gründe vorhanden, die auf eine mangelnde Loyalität des Klägers hindeuteten. Mit Schreiben vom 13. September 2007 erhielt der Kläger von der Beklagten einen Zeugnisentwurf mit einer gegenüber dem vormaligen Entwurf angehobenen Benotung und der Maßgabe übersandt, dass - wenn der Kläger das Zeugnis annehme - „die Angelegenheit endgültig und abschließend geregelt“ sei. Die Parteien stellten im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits klar, dass über das Zeugnis kein weiterer Streit bestehe. Die Beklagte bewahrt die Personalakte des Klägers über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus auf unbestimmte Zeit auf.

4

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe einen Anspruch auf Zugänglichmachung der Personalakte aus § 83 BetrVG oder aus § 26 SprAuG, wobei dahinstehen könne, ob er leitender Angestellter gewesen sei oder nicht. Außerdem beruhe das Recht auf Einsichtnahme auf dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, welches Drittwirkung entfalte, und auf § 34 BDSG. Die Beklagte speichere in Form einer Personalakte Daten über ihn. Im Übrigen seien ihm während der gesamten Beschäftigungszeit keine Vorhalte gemacht worden, aus denen der Vorwurf der Illoyalität folge. Er habe deshalb den Verdacht, dass bei der Bearbeitung der Personalakte durch die Beklagte „Unregelmäßigkeiten“ vorgekommen seien. Wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen in der Personalakte müsse er nicht hinnehmen. Gegen sie seien rechtliche Schritte angezeigt. Es sei üblich, dass potenzielle neue Arbeitgeber bei Altarbeitgebern Informationen einholten.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm Einsicht in die über ihn geführte Personalakte im Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 einschließlich sämtlicher Sonder- und Nebenakten zu gewähren;

        

2.    

hilfsweise die gesamte Personalakte des Klägers an diesen zur Einsicht herauszugeben.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe kein schützenswertes Einsichtsinteresse dargetan. Der Zeugnisstreit sei endgültig beigelegt. Objektive Anhaltspunkte für eine fortwirkende Benachteiligung seien nicht vorgebracht. Auskünfte an Dritte würden ihrerseits allenfalls im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtungen erteilt. Außerdem finde das BDSG auf traditionelle Personalakten keine Anwendung.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

8

A. Die Revision des Klägers ist im Hauptantrag begründet und im Übrigen unbegründet. Die Vorinstanzen haben den auf Einsicht in die Personalakte gerichteten Antrag zu Unrecht abgewiesen.

9

I. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig und begründet.

10

1. Der Antrag ist zulässig.

11

a) Er genügt nach gebotener Auslegung dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Danach muss in der Klageschrift eine bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs erfolgen und ein bestimmter Antrag enthalten sein. Die klagende Partei muss damit festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Über den Umfang der Rechtskraft darf keine Unklarheit entstehen. Der Streit der Parteien darf auch nicht unzulässigerweise in die Vollstreckung verlagert werden. Unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens der klagenden Partei muss die Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs festgestellt werden können (vgl. Senat 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 14, BAGE 124, 203; 13. Juni 2006 - 9 AZR 229/05 - Rn. 14, BAGE 118, 252). Die Auslegung des Klageantrags unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung. Es gelten die für Willenserklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Danach ist auf den erklärten, wirklichen Willen abzustellen und nicht am buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften (vgl. Senat 16. Dezember 2009 - 9 AZR 164/08 - Rn. 14, BAGE 129, 46 ; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26).

12

b) Die vom Kläger vorliegend begehrte Einsicht in die über ihn bei der Beklagten „geführte Personalakte im Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 einschließlich sämtlicher Sonder- und Nebenakten“ ist hinreichend bestimmt und der Vollstreckung zugänglich. Die Einsichtnahme bezieht sich erkennbar auf die Personalakte im sog. formellen Sinn.

13

aa) Unter Personalakten im formellen Sinn sind diejenigen Schriftstücke und Unterlagen zu verstehen, welche der Arbeitgeber als „Personalakte“ führt und die diesen als Bei-, Neben- oder Sonderakten zugeordnet sind (BAG 7. Mai 1980 - 4 AZR 214/78 - juris Rn. 12, AuR 1981, 124). Derartige Aktenbestände sind äußerlich erkennbar in Ordnern, Heftern oder Blattsammlungen geführt, entsprechend gekennzeichnet und nach der Art ihrer Registrierung oder Aufbewahrung als zueinander gehörend bestimmbar (vgl. Kammerer Personalakte und Abmahnung 3. Aufl. Rn. 188; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 17. Aufl. Stichwort: Personalakte Rn. 3; Kessler Personalaktenrecht S. 5 ff.; Bergauer Führung von Personalakten S. 19). Demgegenüber bestimmt sich die Zugehörigkeit von Unterlagen zur Personalakte nach dem materiellen Personalaktenbegriff aufgrund inhaltlicher Kriterien. Danach sind Personalakten eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Bediensteten betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen ( BAG 15. November 1985 - 7 AZR 92/83 - zu II 1 der Gründe). Auf eine äußere Zuordnung kommt es nicht an.

14

bb) Dem Kläger geht es um solche äußerlich gekennzeichnete Unterlagen (Personalakte im formellen Sinn). Er hat seinen Antrag primär auf „die“ Personalakte bezogen. Die ggf. mitgeführten „Sonder- und Nebenakten“ beziehen Akten mit ein, die gegenständlich nicht mit der (Haupt-)Personalakte verbunden sind, aber äußerlich der Personalakte als Bei-, Neben- oder Sonderakten zugeordnet sind. Des Weiteren beschreibt der Kläger die Zeit der Aktenführung vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2007. Das ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses, auf die sich nach Ansicht des Schrifttums die Personalaktenführung im formellen Sinn bezieht (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/ Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2010 § 3 Rn. 142 f.).

15

cc) Die Einsichtnahme der formell bezeichneten, äußerlich erkennbaren Personalakte ist wie die Einsichtnahme in Urkunden im Allgemeinen vollstreckbar (vgl. § 810 BGB). Über die umstrittene Frage der maßgeblichen Vollstreckungsart hat der Senat im Erkenntnisverfahren nicht zu befinden (vgl. hierzu MünchKommBGB/Habersack 5. Aufl. § 809 Rn. 17; Palandt/Sprau BGB 70. Aufl. § 809 Rn. 13).

16

c) Das Rechtsschutzinteresse ist gegeben. Das Landesarbeitsgericht weist zu Recht darauf hin, dass im Fall der Leistungsklage schon regelmäßig aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs ein Rechtsschutzbedürfnis erwächst (Senat 18. August 2009 - 9 AZR 617/08 - Rn. 27, AP BGB § 611 Personalakte Nr. 3 = EzA GG Art. 33 Nr. 37 ; 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 22, BAGE 124, 203).

17

2. Die Klage auf Einsichtnahme in die noch nach Arbeitsvertragsende von der Beklagten aufbewahrte Personalakte ist begründet.

18

a) Der Kläger hat - entgegen der Ansicht der Beklagten - auf eine etwaige Akteneinsichtnahme nicht schon mit Annahme der angebotenen Zeugnisfassung verzichtet. Sowohl der einseitige Verzicht als auch der Erlassvertrag bedürfen der unmissverständlichen Willensbekundung, von einer Forderung Abstand zu nehmen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 46 ff., NZA 2010, 883). Diesen Anforderungen war allein mit der Annahme des allenfalls den Zeugnisstreit endgültig abschließenden Vergleichsangebots nicht genügt. Es fehlt an jeglichem Bezug zur vorliegend in Streit stehenden Akteneinsichtnahme.

19

b) Der klägerische Anspruch ergibt sich weder aus § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG noch aus § 26 Abs. 2 Satz 1 SprAuG. Es ist deshalb unerheblich, ob der Kläger leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG war.

20

aa) § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vermittelt ausschließlich im bestehenden Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf Personalakteneinsicht(vgl. BAG 11. Mai 1994 - 5 AZR 660/93 - zu III 1 der Gründe, EzBAT BAT § 13 Nr. 30). Bereits nach dem Wortlaut der Norm besteht der Einsichtsanspruch nur bei gegebener Arbeitnehmereigenschaft. Das setzt ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus, § 5 Abs. 1 BetrVG(vgl. Fitting BetrVG 25. Aufl. § 5 Rn. 15; Preis in Wlotzke/Preis/Kreft BetrVG 4. Aufl. § 5 Rn. 5; Richardi in Richardi BetrVG 12. Aufl. § 5 Rn. 14, 36 ff.). Der Anspruch steht zudem in enger systematischer Verknüpfung zum Anhörungs- und Erörterungsrecht gemäß § 82 BetrVG, welches ebenfalls vom bestehenden Arbeitsverhältnis ausgeht(vgl. Galperin/Löwisch BetrVG 6. Aufl. § 83 Rn. 2; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199, 201). Außerdem legt auch die Entstehungsgeschichte des Akteneinsichtsrechts die zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf das noch bestehende Arbeitsverhältnis nahe, da die im öffentlichen Dienst für Beamte bestehende Regelung, welche das Einsichtsrecht ausdrücklich „auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses“ (vgl. § 110 BBG nF) offenhält, in das BetrVG nicht übernommen wurde (vgl. BAG 11. Mai 1994 - 5 AZR 660/93 - zu III 1 der Gründe, aaO).

21

bb) Nichts anderes kann auch für § 26 Abs. 2 Satz 1 SprAuG gelten. Diese Norm ist § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wortgleich nachgebildet und hat deshalb den gleichen Regelungsinhalt(vgl. Bauer SprAuG 2. Aufl. § 26 Anm. I; ErfK/Oetker 11. Aufl. § 26 SprAuG Rn. 2). In den gesetzgeberischen Erwägungen ist lediglich sinngemäß wiedergegeben, was zur Begründung des § 83 BetrVG ausgeführt wurde(vgl. BT-Drucks. VI/1786 S. 48 einerseits und BT-Drucks. 11/2503 S. 42 andererseits).

22

c) Der Anspruch folgt auch nicht aus dem BDSG, obwohl § 32 Abs. 2 BDSG den Anwendungsbereich des § 32 Abs. 1 BDSG auf personenbezogene Daten, die nicht automatisiert verarbeitet sind, erweitert. Denn § 32 Abs. 2 BDSG verweist nicht auf den gesamten Dritten Abschnitt des BDSG, sondern nur auf § 32 Abs. 1 BDSG. Es kommt deshalb weder darauf an, ob das BDSG insoweit neben § 241 Abs. 2 BGB anzuwenden ist(vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG), oder sich aus § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 9 Satz 1 BDSG und § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 6 BDSG überhaupt ein entsprechendes Einsichtsrecht herleiten lässt.

23

aa) Gemäß § 27 Abs. 1 BDSG finden die Vorschriften des Dritten Abschnitts und damit § 34 BDSG nur Anwendung, soweit personenbezogene Daten automatisiert oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeitet oder genutzt werden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

24

(1) Durch Personalakten in Papierform werden keine personenbezogenen Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 BDSG verarbeitet.

25

(2) Ebenso wenig kann der Senat davon ausgehen, dass die Personalakte des Klägers eine nicht automatisierte Datei iSv. § 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG ist.

26

Die vormals im Gesetz enthaltenen Sonderregelungen für Akten und Aktensammlungen setzte das „Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze“ vom 18. Mai 2001 (BGBl. I S. 904; dort Art. 1 Nr. 4 Buchst. a und b) mit Wirkung zum 22. Mai 2001 außer Kraft (zum begrifflichen Inhalt näher § 46 Abs. 2 BDSG). Mithin hat die seitens des Bundesarbeitsgerichts vertretene Auffassung, Personalaktenbestände seien als Akten bzw. Aktensammlungen iSd. Bundesdatenschutzgesetzes vom sachlichen Anwendungsbereich dessen Normen ausgenommen (4. April 1990 - 5 AZR 299/89 - zu I der Gründe, BAGE 64, 308; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8 = EzA BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; 6. Juni 1984 - 5 AZR 286/81 - zu I der Gründe, BAGE 46, 98), keine Bedeutung mehr. Dem BDSG unterfallen nunmehr auch gleichförmig strukturierte, manuell auswertbar geführte Aktenbestände mit personenbezogenen Dateninhalt, wie etwa Personalkarteien (vgl. Dammann in Simitis BDSG 6. Aufl. § 3 Rn. 89 ff., 99; Gola/Schomerus BDSG 10. Aufl. § 3 Rn. 18). Erforderlich ist ein gleichartiger Aufbau, der einen leichten Zugriff auf die Daten ermöglicht (vgl. Gola/Schomerus § 3 Rn. 18). Ein derartig strukturelles Aktengefüge hat der Kläger nicht behauptet.

27

bb) Der Dritte Abschnitt des BDSG ist auch nicht nach § 32 Abs. 2 BDSG anzuwenden. Eine generelle Anwendung der Regelungen über die Rechte Betroffener auf die Verwendung personenbezogener Daten lässt sich nicht aus § 32 Abs. 2 Alt. 2 BDSG herleiten. Danach ist nur § 32 Abs. 1 BDSG für personenbezogene Daten, die nicht „in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden“, anzuwenden; nicht aber der gesamte Dritte Abschnitt des BDSG.

28

(1) Die Regelung des § 32 BDSG wurde durch Art. 1 Nr. 12 des „Gesetzes zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften“ vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814) zum 1. September 2009 in Kraft gesetzt und kann auf den noch nicht erfüllten Anspruch des Klägers angewandt werden, denn Maßstab für die Überprüfung des angefochtenen Urteils ist insofern die Rechtslage zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung (Musielak/Ball ZPO 7. Aufl. § 545 Rn. 6; Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 545 Rn. 7; AnwK-ArbR/Düwell § 73 ArbGG Rn. 60).

29

(2) § 32 Abs. 2 BDSG enthält eine begrenzte Ausnahmeregelung zu § 32 Abs. 1 BDSG und kann nicht verallgemeinernd auf den gesamten Dritten Abschnitt des BDSG, so auch nicht auf die §§ 33 bis 35, bezogen werden.

30

(a) Schon nach seinem Wortlaut bezieht sich § 32 Abs. 2 BDSG ausschließlich auf die Anwendung des § 32 Abs. 1 BDSG. § 32 Abs. 1 BDSG ist allein materielle Rechtfertigungsnorm der Datenverwendung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses.

31

(b) Die Absicht des Gesetzgebers war, wie sich aus den Materialien unzweifelhaft ergibt, mit Einführung des § 32 BDSG lediglich eine vorläufige und der Klarstellung dienende Regelung zum Arbeitnehmerdatenschutz zu treffen, ohne damit die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Datenschutz in Beschäftigungsverhältnissen weiter auszudehnen(BT-Drucks. 16/13657 S. 20 ff.; vgl. auch Schmidt RDV 2009, 193; Fröhlich ArbRB 2009, 300; Düwell dbr 12/2009 S. 10).

32

(c) Eine dem gleichzeitig zum 1. September 2009 geänderten § 12 Abs. 4 BDSG entsprechende pauschale Bezugnahme auf die §§ 33 bis 35 BDSG hat § 32 Abs. 2 BDSG nicht aufgenommen(vgl. zu § 12 Abs. 4 BDSG BT-Drucks. 16/13657 S. 18; Thüsing Arbeitnehmerdatenschutz und Compliance Rn. 75; ders. NZA 2009, 865, 869).

33

(d) Systematisch handelt es sich bei § 32 Abs. 2 BDSG lediglich um eine materielles Datenschutzrecht in Bezug nehmende Ausnahmevorschrift. Die „Kopfnorm“ des Dritten Abschnitts (§ 27 Abs. 1 BDSG) überlagert sie nur, soweit sie reicht. Hinsichtlich der Verfahrens- und Sanktionsvorschriften des Datenschutzes für nicht öffentliche Stellen ist das nicht der Fall (so etwa Gola/Schomerus § 32 Rn. 7 f.; Bergmann/Möhle/Herb Datenschutzrecht Stand April 2010 § 34 Rn. 8, 33; aA Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 3. Aufl. § 33 Rn. 4a; Däubler Gläserne Belegschaften? Rn. 512a).

34

d) Der Anspruch folgt aus der nachwirkenden arbeitgeberseitigen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.

35

aa) Aus § 241 Abs. 2 BGB folgt, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen hat(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31, AP BGB § 241 Nr. 4; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 44, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73).

36

(1) Bei der Frage, was die Schutz- und Rücksichtnahmepflicht im Einzelfall gebietet, ist insbesondere auf die von den Grundrechten zum Ausdruck gebrachte Werteordnung der Verfassung Rücksicht zu nehmen (vgl. Senat 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 20, BAGE 119, 238). Danach dürfen der Arbeitgeber und seine Repräsentanten das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 44, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73 ; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 65, BAGE 124, 295). Dies gilt auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus, solange dem Arbeitgeber persönlichkeitsrelevante Lebensbereiche des Arbeitnehmers aufgrund der vormaligen Arbeitsbeziehungen noch in besonderer Weise eröffnet sind (vgl. zum nachwirkenden Schutzgehalt des Arbeitsverhältnisses etwa BAG 14. Dezember 1956 - 1 AZR 29/55 - juris Rn. 41, BAGE 3, 332; 24. November 1956 - 2 AZR 345/56 - juris Rn. 6, BAGE 3, 139; 17. Januar 1956 - 3 AZR 304/54 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 1; BGH 10. Juli 1959 - VI ZR 149/58 - AP BGB § 630 Nr. 2; MüArbR/Reichold 3. Aufl. § 83 Rn. 14; ErfK/Preis § 611 Rn. 752 ff.; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 611 Rn. 1208 ff.).

37

(2) Zu dem nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zählt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dem Einzelnen ist danach gewährleistet, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BAG 12. Januar 1988 - 1 AZR 352/86 - zu III 1 c der Gründe, AP BPersVG § 75 Nr. 23 ). Der staatliche Schutz richtet sich gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der auf die Einzelperson bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (BVerfG 1. September 2008 - 2 BvR 939/08 - Rn. 10, RDV 2008, 237; 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 - Rn. 70, BVerfGE 115, 320; 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 - zu C I 1 b aa der Gründe, BVerfGE 113, 29). Der einzelne Bürger soll mit hinreichender Sicherheit überschauen können, welche ihn betreffenden Informationen über bestimmte Bereiche seiner sozialen Umwelt bekannt sind und gegebenenfalls unter denkbaren Kommunikationspartnern kursieren können (vgl. BVerfG 10. März 2008 - 1 BvR 2388/03 - Rn. 59, BVerfGE 120, 351 ; 11. Juli 2007 - 1 BvR 1025/07 - Rn. 12, NJW 2007, 3707 ; 13. Juni 2007 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05 - Rn. 87, BVerfGE 118, 168 ). Nicht erst gegen Verletzungen, sondern bereits gegen Gefährdungen oder Gefährdungslagen ist die grundrechtlich verbürgte Verhaltensfreiheit und Privatheit dem verfassungsrechtlichen Schutz unterstellt (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1 BvR 1254/07 - Rn. 63 ff., BVerfGE 120, 378). Dementsprechend kommt es für die Reichweite des Grundrechts nicht darauf an, ob die zu beachtenden persönlichen Daten inhaltlich besonders wertvoll bzw. sensibel oder für sich gesehen eher belanglos sind (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1 BvR 1254/07 - Rn. 66, aaO).

38

(3) Der grundrechtliche Schutz der informationellen Selbstbestimmung erschöpft sich nicht in einem Abwehrrecht gegen staatliche Datenerhebung und Datenverarbeitung (BVerfG 10. März 2008 - 1 BvR 2388/03 - Rn. 58, BVerfGE 120, 351 ). Im Sinne objektiver Normgeltung zeitigt der Schutzgehalt auch im Privatrecht Wirkung, indem er auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Vorschriften strahlt. Auch der Richter hat kraft Verfassung zu prüfen, ob Grundrechte von der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften betroffen sind und diese gegebenenfalls im Lichte des Grundrechts ausgelegt und angewendet werden müssen (vgl. BVerfG 23. Oktober 2006 - 1 BvR 2027/02 - Rn. 31 ff., WM 2006, 2270).

39

Dabei vermittelt das allgemeine Persönlichkeitsrecht keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über bestimmte Informationen (BVerfG 11. Juli 2007 - 1 BvR 1025/07 - Rn. 11, NJW 2007, 3707). Die grundrechtliche Gewährleistung gilt vielmehr in den Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung (BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 16, BAGE 127, 276). Der Einzelne muss deshalb Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hinnehmen (BVerfG 1. September 2008 - 2 BvR 939/08 - Rn. 10, RDV 2008, 237). Die Rechtfertigungsanforderungen richten sich im Einzelnen nach dem Gewicht des Eingriffs, insbesondere der Art der betroffenen Information, dem Anlass und den Umständen der Erhebung, dem Personenkreis der Betroffenen sowie der Art der möglichen Datenverwertung (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR�1 BvR 1254/07 - Rn. 76, BVerfGE 120, 378). Für den Privatrechtsverkehr kann die Rechtsordnung Pflichtenbindungen für persönlichkeitsrelevante Informationsverarbeitungen vorsehen, soweit dies hinreichend gewichtigen Belangen des Allgemeinwohls dient und angemessen ist (BVerfG 11. Juli 2007 - 1 BvR 1025/07 - Rn. 13, aaO).

40

bb) Aus dieser Ausstrahlung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers in Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB folgt jedenfalls auch die Pflicht des Arbeitgebers, keine unrichtigen Daten über den Arbeitnehmer aufzubewahren. Dies muss der Arbeitnehmer durch sein auch nachvertragliches Einsichtsrecht kontrollieren können.

41

(1) Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Rechtsprechung vor Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes durch das „Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften“ vom 14. August 2009 angenommen hat, der nachvertragliche Arbeitnehmeranspruch auf Personalakteneinsicht setze voraus, dass der Arbeitnehmer ein konkretes berechtigtes Interesse darlegt (so etwa BAG 11. Mai 1994 - 5 AZR 660/93 - zu III 2 a der Gründe, EzBAT BAT § 13 Nr. 30), ist daran nicht festzuhalten.

42

(2) Bei der Einsichtnahme in Personalakten geht es lediglich um einen dem Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz hinsichtlich des fremd geschaffenen und zeitlich aufbewahrten Meinungsbilds. Das ist aufgrund der geringeren Anspruchstiefe etwas anderes als die Beseitigung der etwaigen Grundlagen für dieses Bild. Zudem kann der Arbeitnehmer seine Rechte auf Beseitigung oder Korrektur unrichtiger Daten in seiner Personalakte nur geltend machen, wenn er von deren Inhalt bereits Kenntnis hat. Daran ändert auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nichts. Indem der Arbeitgeber die Personalakte des Arbeitnehmers über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus aufbewahrt, besteht für den Arbeitnehmer die Gefährdungslage der Verwendung unrichtiger Daten fort. Dies gilt insbesondere für Auskünfte gegenüber Dritten.

43

(3) Diese notwendige Sensibilität hinsichtlich personenbezogener Daten wird durch die zurzeit geltende Fassung des BDSG bestätigt. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über dessen Begründung oder anschließend für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Die Regelung erfasst allein die Verwendung personenbezogener Daten „für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses“ (vgl. Gola/Klug RDV 2009 Sonderbeilage zu Heft 4 S. 1, 3 f.). Einer solchen Verwendung dienen auch Personalakten im formellen Sinn, da sie Informationen beinhalten, die (materiell) persönliche und beschäftigungsbezogene Inhalte des Arbeitsverhältnisses widerspiegeln. Im Bereich des Arbeitnehmerdatenschutzes wird über den sachlichen Geltungsbereich des BDSG für nicht öffentliche Stellen hinaus auch die nicht dateibezogene Verwendung iSd. § 3 Abs. 2 BDSG in Form der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung(iSv. § 3 Abs. 3 bis 5 BDSG) gemäß § 32 Abs. 2 BDSG der Rechtfertigungspflicht unterworfen. Die Personalaktenführung ist als Aufbewahren im Sinn einer dauerhaften Verwahrung auf (idR papierförmigen) Datenträgern eine von § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BDSG erfasste Form des „Speicherns“ und auch im Fall loser Blattsammlungen den materiellen Rechtfertigungsanforderungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG unterlegt(vgl. Gola/Schomerus § 32 Rn. 7). Geschützt sind alle Beschäftigten iSd. § 3 Abs. 11 BDSG, also auch Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist(§ 3 Abs. 11 Nr. 7 Alt. 2 BDSG). Der Gesetzgeber hat dadurch im Bereich des Personalaktenrechts einen Ausgleich konkurrierender Rechtspositionen vorgenommen (zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung von Unternehmen etwa BVerfG 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - zu C II 2 c der Gründe, BVerfGE 84, 239; 17. Juli 1984 - 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83 - zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 67, 100).

44

(4) Diese gesetzgeberische Interessenentscheidung des § 32 BDSG ist für die Beurteilung des nachvertraglichen Akteneinsichtsrechts von Bedeutung. Mit der Begrenzung der Datenverwendungsfreiheit korrespondiert die Beschränkung der Unabhängigkeit der Datenbeherrschung. Zwar bezieht der Gesetzgeber die Regelung des § 32 Abs. 2 BDSG allein auf § 32 Abs. 1 BDSG. Damit unterstellt er die nicht dateigemäße Aktenführung nur den materiellen Voraussetzungen rechtmäßiger Datenverwendung, nicht jedoch den übrigen verfahrensgemäßen Instrumentarien und Sanktionen des Dritten Abschnitts des BDSG. Daraus folgt jedoch nicht, dass den Betroffenen jede Transparenz der Achtung ihrer grundrechtserheblichen Rechtsposition versagt ist. Der nachwirkende, vertraglich ausgelöste Schutz des Persönlichkeitsrechts findet vielmehr bereits in § 32 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 und § 3 Abs. 11 Nr. 7 Alt. 2 BDSG ein hinreichend normiertes berechtigtes Interesse, sich über den personenbezogenen Datenbestand zu informieren. Jede andere Bewertung wäre mit der gesetzgeberischen Entscheidung zum Beschäftigtendatenschutz nach Beschäftigungsende unvereinbar. Das Personalaktenrecht unterliegt zudem schon nach bisheriger Rechtsprechung des Senats zwingend den Erfordernissen der Kontinuität, Vollständigkeit und Wahrheit (Senat 18. No-vember 2008 - 9 AZR 865/07 - Rn. 30 f., BAGE 128, 299; 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 28, BAGE 124, 203; 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 23, BAGE 119, 238). Der Arbeitgeber ist deshalb nicht befugt, Unterlagen oder Daten über Arbeitnehmer zu sammeln, die deren Einsichtnahme entzogen sind und deren Richtigkeit sie nicht überprüfen können (Senat 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 30, aaO).

45

cc) Das Personalakteneinsichtsrecht unterliegt keinen besonderen Geltendmachungserfordernissen. Es ist als „Ausfluss“ des fortlaufend zu beachtenden Persönlichkeitsrechts auch keiner Ausschlussfrist unterstellt (vgl. BAG 15. Juli 1987 - 5 AZR 215/86 - zu A III der Gründe, BAGE 54, 365).

46

II. Der vom Kläger weiterhin gestellte Hilfsantrag auf Herausgabe der Personalakte ist unbegründet.

47

1. Der Hilfsantrag fällt dem Senat zur Entscheidung an. Er ist - wie die Auslegung ergibt - als unechter Hilfsantrag auf den Fall des Erfolgs im Hauptantrag bezogen.

48

a) Die Antragstellung unterliegt als Prozesshandlung der Auslegung durch den Senat. Für die Auslegung von Prozesshandlungen ist auf den wirklichen Willen abzustellen. Neben dem Wortlaut ist dazu die Antragsbegründung sowie das allseitige Verständnis der Verfahrensbeteiligten heranzuziehen.

49

b) Danach kann der Hilfsantrag nur als auf den Erfolgsfall im Hauptantrag bezogen aufgefasst werden.

50

aa) Der Kläger hebt in seiner Klagebegründung hervor, der Hilfsantrag diene der verstärkten Geltendmachung seiner Rechte, namentlich der Vorbeugung (weiterer) Aktenvorenthaltung sowie der Effektivierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Diese Erwägung macht nur Sinn, wenn überhaupt ein Recht zur Kenntnisnahme besteht.

51

bb) Offensichtlich in dieser Weise haben auch sämtliche Verfahrensbeteiligten den Antrag aufgefasst, da weder in der Erwiderung der Beklagten noch in den abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen nähere Ausführungen zu dem Hilfsantrag gemacht wurden. Dies hätte aber nahe gelegen, wenn es sich um einen echten Hilfsantrag handeln würde.

52

2. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger meint offenkundig mit der „gesamten Personalakte“ die bereits im Hauptantrag näher bezeichnete, vollständige Personalakte im formellen Sinn. Nach den hierzu gemachten Ausführungen ist dessen Kennzeichnung hinreichend bestimmt.

53

3. Der Hilfsantrag ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Akteneinsichtsrechte aus § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und § 26 Abs. 2 Satz 1 SprAuG sowie die arbeitsvertragliche Nebenpflicht auf Schutz und Rücksichtnahme begründen keinen Anspruch auf Aktenherausgabe(HaKo-BetrVG/Lakies 2. Aufl. § 83 Rn. 11; Fitting § 83 Rn. 11; Franzen in GK-BetrVG 9. Aufl. § 83 Rn. 25; Thüsing in Richardi § 83 Rn. 17; Bauer § 26 Anm. III; MüArbR/Reichold § 87 Rn. 18 ). Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

54

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 iVm. § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Starke    

                 

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 24. Februar 2010 - 3 Sa 273/09 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über restliche Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit von Oktober 2007 bis Dezember 2008.

2

Der 1969 geborene Kläger, der über eine abgeschlossene Ausbildung zum Bürokaufmann sowie ein abgeschossenes Studium der Theater- und Veranstaltungstechnik verfügt, ist mit einem Grad von 50 behindert. Im Laufe seiner von 2005 bis Herbst 2007 währenden Arbeitslosigkeit absolvierte er eine beschränkte Eingliederungsmaßnahme sowie ein Praktikum und eine Teilzeitbeschäftigung zur psychosozialen Integration auf „Ein-Euro-Basis“ bei dem Beklagten. Der Beklagte ist Rechtsträger des Integrationsbetriebs „C“ und gehört dem Deutschen Caritasverband an.

3

Zum 1. Oktober 2007 nahm der Kläger ein Vollzeitarbeitsverhältnis bei dem Beklagten in dessen Integrationsbetrieb auf. Im schriftlichen „Dienstvertrag“ vom 13. November 2007 heißt es ua. wie folgt:

        

„... Dienstgeber und Mitarbeiter bilden eine Dienstgemeinschaft und tragen gemeinsam zur Erfüllung der Aufgaben der Einrichtung bei. ... Der Treue des Mitarbeiters muss von Seiten des Dienstgebers die Treue und Fürsorge gegenüber dem Mitarbeiter entsprechen. ...

                 
        

§ 1     

        

Der Mitarbeiter wird ab 01.10.2007 als Mitarbeiter im Integrationsbetrieb ... eingestellt.

        

Der Mitarbeiter gehört zur Dienstgemeinschaft der oben genannten Einrichtung. Er verspricht, die ihm übertragenen Aufgaben in Beachtung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten, ... treu und gewissenhaft zu erfüllen ...

                 
        

§ 2     

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes’ (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Ausgenommen hiervon sind unter Bezugnahme auf § 3 a AVR die Vergütungsregelungen der Anlage 1 AVR, Abschnitt I - VIII, Anlage 10 AVR sowie Anlage 14, Abschnitt II AVR. ...

                 
        

§ 4     

        

a)    

...     

        

b)    

Die Vergütung bemisst jeweils 80 % der Bezüge gemäß Abschnitt II der Anlage 1 AVR, Abschnitt IIIa der Anlage 1 AVR, Anlage 10 AVR sowie Anlage 14, Abschnitt II AVR. Grundlage der Bemessung ist die Vergütungsgruppe 12 AVR.

        

…       

        

§ 9     

        

Folgende zusätzliche Vereinbarungen (§ 7 Abs. 2 AT AVR) werden getroffen (z. B. Anrechnung von Zeiten gemäß Abschnitt Ia der Anlage 1):

        

Der jeweils gültige Vergütungsberechnungsbogen ist Bestandteil dieses Dienstvertrags.“

4

Ein ab 1. Oktober 2007 geltender Berechnungsbogen, der 80 % der Bezüge der Vergütungsgruppe 12 (Ziffer 1, Stufe 9) der Anlage 2 AVR, aufgeschlüsselt nach Grundvergütung, Zulage nach Anlage 10 AVR und Ortszuschlag vorsieht, war dem Vertrag beigefügt.

5

In den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) heißt es auszugsweise:

        

㤠3 Ausnahmen vom Geltungsbereich

        

Die AVR gelten nicht für:

        

(a) Mitarbeiter, deren Leistungsfähigkeit infolge einer körperlichen, geistigen, seelischen oder sonstigen Behinderung beeinträchtigt ist und deren Rehabilitation oder Resozialisierung durch Beschäftigungs- und Therapiemaßnahmen angestrebt wird;

        

(b) Mitarbeiter, die nicht in erster Linie aus Gründen der Erwerbstätigkeit beschäftigt werden, sondern vorwiegend zu ihrer Betreuung, sofern die Anwendung der AVR nicht ausdrücklich schriftlich vereinbart ist;

        

...     

                 
        

Anlage 2:

Vergütungsgruppen für Mitarbeiter/-innen (allgemein)

        

…       

        

Vergütungsgruppe 12

        

1       

Mitarbeiter, deren Beschäftigung nach § 3 Buchstabe a und b AVR erfolgt, wenn die Anwendung der AVR mit ihnen nicht ausdrücklich durch schriftlichen Vertrag ausgeschlossen wurde

        

2 bis 4

(entfallen)“

6

Zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Berufsleben stellt der Beklagte seinen Integrationsbetrieb ausschließlich schwerbehinderten Menschen zur Verfügung. Finanziell greift er dabei auf Zuwendungen des Integrationsamts in Form von Minderleistungsausgleichen (vgl. § 134 SGB IX) und auf Eingliederungszuschüsse der Agentur für Arbeit (vgl. § 16 SGB II) zurück. Der Kläger arbeitet im Bereich der Elektronik- und Industriemontage und übernimmt Fahrtätigkeiten.

7

Auf der Grundlage einer internen Empfehlung zur Senkung der Personalkosten für Integrationsprojekte nach §§ 132 bis 135 SGB IX vom 13. November 2007 im Rahmen eines Zustimmungsverfahrens gemäß §§ 34, 35 der einschlägigen Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretung(MAVO) stellt der Beklagte behinderte Beschäftigte mit einer Vergütung ein, die auf 80 % der AVR-Vergütung abgesenkt ist. Demgegenüber werden nicht behinderte Beschäftigte weiter mit 100 % der maßgeblichen AVR-Vergütung eingestellt. Deshalb vereinbarte der Beklagte mit einem nach dem Kläger eingestellten schwerbehinderten Mitarbeiter ein abgesenktes Entgelt.

8

Der Kläger begehrte vorprozessual mehrmals die Anhebung seines Entgelts auf 100 % der Vergütungsgruppe 12 (Ziffer 1, Stufe 9) der Anlage 2 AVR. Mit der am 16. Juli 2008 eingegangenen und unter dem 8. August 2008 sowie 26. Januar 2009 erweiterten Zahlungsklage macht er die sich aus der Absenkung ergebenden Vergütungsdifferenzen für die Zeit von Oktober 2007 bis Dezember 2008 geltend.

9

Der Kläger hat gemeint, seine Vergütung sei zu Unrecht auf 80 % abgesenkt worden. Leistungsmängel lägen seinerseits nicht vor. Auch sei § 3 Buchst. a AVR nicht erfüllt. Der Beklagte beschäftige nicht ausschließlich leistungsgeminderte oder schwerbehinderte Menschen. Es sei auch unzulässig, die Vergütung allein wegen formaler Schwerbehinderung auf 80 % zu kürzen (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG).

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn insgesamt 5.169,06 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

11

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, die Absenkung der Vergütung des Klägers sei im Rahmen eines Integrationsprojekts zulässig. Der Kläger erbringe lediglich 45 % bis 65 % der Leistungen eines Nichtbehinderten. § 3 Buchst. a AVR sei damit erfüllt. Die Vergütung erfolge mithin außerhalb des Tarifsystems der AVR. Es liege auch keine Ungleichbehandlung vor. Die Absenkung der Vergütung beruhe auf der wirtschaftlichen Situation des Beklagten und werde bei künftigen Einstellungen behinderter Arbeitnehmer vorgenommen, um Personalkosten zu sparen. Schon wegen des Stichtagsprinzips könne das keine Ungleichbehandlung bedeuten.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

14

I. Das Landesarbeitsgericht stützt sich für sein Ergebnis allerdings zu Unrecht allein auf § 2 Satz 1 des Dienstvertrags. Es meint, die AVR seien nach den vertraglichen Vereinbarungen unbeschränkt anzuwenden. Hieraus folge ein Vergütungsanspruch nach der Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR. § 2 Satz 2 des Dienstvertrags regele keine wirksame Ausnahme von den in Bezug genommenen AVR. Denn der Kläger erfülle die Voraussetzungen von § 3 Buchst. a AVR zumindest nach dem Vorbringen des Beklagten nicht. Es fehle an konkretem Tatsachenvortrag, dass der Kläger - je nach Tagesform - nur 45 % bis 65 % der Leistungen eines nicht behinderten Beschäftigten erbringe. Ebenso wenig sei ersichtlich, dass der Kläger dienstvertraglich allein mit Beschäftigungs- oder Rehabilitationsmaßnahmen betraut sei.

15

1. Mit dieser Begründung durfte der Klage nicht stattgegeben werden. Das Berufungsgericht hat mit seiner Auslegung des Dienstvertrags §§ 133, 157 BGB verletzt. Die Parteien haben 80 % der Vergütung der Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR konstitutiv vereinbart und nicht nur deklaratorisch unter den Voraussetzungen des § 3 AVR die maßgebliche AVR-Vergütung auf 80 % verringern wollen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Kläger in seiner Leistungsfähigkeit gemindert ist (§ 3 Buchst. a AVR) oder vorwiegend zu seiner Betreuung beschäftigt wird (§ 3 Buchst. b AVR).

16

2. Der Senat kann die Auslegung des Dienstvertrags der Parteien uneingeschränkt überprüfen. Es handelt sich, wie schon die äußere Gestaltung der Vereinbarung zeigt, um einem Formularvertrag im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies wird durch die ankreuzbaren Alternativen in § 3 und § 4 bestätigt.

17

3. Vertragsbestimmungen sind - wie Willenserklärungen - gemäß § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 522/09 - Rn. 21, NZA 2011, 695 ; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 32, AP ATG § 3 Nr. 21 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 2; 23. Februar 2010 - 9 AZR 3/09 - Rn. 21, AP GewO § 106 Nr. 9 = EzA GewO § 106 Nr. 6).

18

a) Üblicherweise sind generelle dienstvertragliche Verweisungen auf die AVR im Hinblick auf eine ggf. maßgebliche Vergütungsgruppe nur deklaratorisch (vgl. BAG 14. Juni 1995 - 4 AZR 250/94 - zu II 1 c der Gründe, AP AVR Caritasverband § 12 Nr. 7). Die Bezeichnung der Vergütungsgruppe im Dienstvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung gibt nur wieder, welche Einreihung der Arbeitgeber in Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsbestimmungen als zutreffend ansieht (so für die Verweisung auf den BAT-LWL durch regionale Caritasverbände zuletzt BAG 9. November 2005 - 4 AZR 437/04 - Rn. 15, ZTR 2006, 654). Vorliegend widerspricht die Parteivereinbarung dem üblichen Dienstvertragsmuster mit bloß mitteilendem Charakter. Die Vertragsparteien wollten ersichtlich die Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR nicht nur vorläufig, sondern endgültig zur „Grundlage der Bemessung“ machen und damit auch den festen Bemessungssatz von 80 % verbinden. Dieses Verständnis wird durch § 4 Buchst. b Satz 1 des Dienstvertrags bestärkt, der im Einzelnen die Rechtsgrundlagen auflistet, aus denen sich die Vergütung ergeben soll. All dessen hätte es bei einer nur deklaratorischen Verweisung nicht bedurft.

19

b) Der Wortlaut der Vertragsregelung bietet für die Auslegung des Berufungsgerichts, die Anwendung der die Bemessung der Vergütung betreffenden Bestimmungen der AVR sei zwischen den Parteien vereinbart, sodass es darauf ankomme, ob der Kläger nach § 3 AVR von deren Geltungsbereich ausgenommen sei, keine Anhaltspunkte. Es heißt in § 2 Satz 2 des Dienstvertrags nur „unter Bezugnahme“ auf § 3 Buchst. a AVR und nicht etwa „für den Fall der erfüllten Voraussetzungen“ von § 3 Buchst. a AVR. Darüber hinaus ist die Regelung in § 2 Satz 2 des Dienstvertrags rein negativ gehalten. Es werden dort die Regelungen über Eingruppierungen, Vergütungen und Zulagen nach Anlage 1 Abschnitt I bis VIII AVR nur abgrenzend ausgenommen. Da die Eingruppierungs- und Vergütungsordnung der AVR - anders als noch die vormalige Fassung etwa vom 1. April 1960 (dort Abschnitt II Buchst. c Alt. 2 der Anlage 1) - keinerlei Vereinbarungsvorbehalte für Minderleistungsbezüge enthält (Beyer/Papenheim Arbeitsrecht der Caritas Stand Februar 2011 § 3 AVR Rn. 13), kann auch der Ausklammerung gerade dieser Vorschriften nicht der Gehalt eines Geltungsvorbehalts beigemessen werden. § 3 AVR trifft zudem für sich betrachtet nur eine Bestimmung über den persönlichen Anwendungsbereich der AVR im Ganzen(„gelten nicht“) und ist damit eine vollumfängliche Geltungs- oder Nichtgeltungsregel.

20

c) Eine positive Regelung über den Vergütungsansatz trifft § 4 Buchst. b des Dienstvertrags. Danach bemisst sich die Vergütung jeweils auf 80 % der Bezüge der Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR. In dieser Bestimmung findet sich indes weder ein Verweis auf § 2 Satz 2 des Dienstvertrags noch auf § 3 Buchst. a AVR. Die Regelung knüpft deshalb schon begrifflich nicht an die Voraussetzungen in § 2 Satz 2 des Dienstvertrags iVm. § 3 Buchst. a AVR an.

21

d) § 4 Buchst. b des Dienstvertrags ist allein aus sich heraus verständlich. Der Kläger soll Bezüge entsprechend der Anlage 1 (Abschnitt II und Abschnitt IIIa), der Anlage 10 und der Anlage 14 (Abschnitt II) AVR erhalten. Dies beinhaltet die Dienstbezüge, Einmalzahlungen, die allgemeine Zulage und das Urlaubsgeld. Für die Bemessung verweist Satz 2 auf die Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR. Im Übrigen bestimmt Satz 1 einen Bemessungssatz von 80 %. Der gemäß § 9 des Dienstvertrags zum Bestandteil des Vertrags gemachte jeweilige Berechnungsbogen illustriert die vorgenannten Werte. All das führt zu einer in sich geschlossenen eigenständigen und von den AVR abweichenden Vergütungsvereinbarung.

22

e) Eine Notwendigkeit, zusätzlich auf die Voraussetzungen des § 3 Buchst. a AVR zurückzugreifen, folgt auch nicht indirekt aus der in § 4 Buchst. b Satz 2 des Dienstvertrags enthaltenen Angabe der Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR. Zwar setzt die Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe voraus, dass eine Beschäftigung nach § 3 Buchst. a oder Buchst. b AVR erfolgt. Die Arbeitsvertragsparteien haben die Vergütungsgruppe 12 in § 4 Buchst. b Satz 2 des Dienstvertrags jedoch schon begrifflich nur zur „Grundlage der Bemessung“ gemacht und damit unabhängig von einem - zB auch musterdienstvertragsüblichen - Einreihungsvorgang einbezogen. Hätten die Parteien eine lediglich deklaratorische Bezugnahme der Vergütungsgruppe gewollt, hätte etwa die übliche Formulierung wie „Er/Sie ist ... in Vergütungsgruppe ... eingruppiert“ nahe gelegen (vgl. § 4 Buchst. b des Musterdienstvertrags nach § 7 Abs. 1 iVm. Anhang D AVR).

23

f) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger sei - weil die Voraussetzungen des § 3 Buchst. a AVR nicht erfüllt seien - vollumfänglich anspruchsberechtigt, ist zudem auch denkgesetzlich fragwürdig. Die Revision beanstandet insofern zu Recht, dass die in § 3 Buchst. a AVR genannten Beschäftigungsmerkmale im Regelungsgefüge der AVR Doppelrelevanz haben. Sie entscheiden einerseits über den persönlichen Anwendungsbereich der Arbeitsvertragsrichtlinien und bieten andererseits die Grundlage für eine vergütungsrechtliche Einreihung (vgl. Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR). Fällt eine Person nicht unter den in § 3 Buchst. a AVR genannten Mitarbeiterkreis, macht das zwangsläufig nicht bloß den persönlichen Anwendungsausschluss der AVR hinfällig, sondern beseitigt zugleich auch die Einreihung in die Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR. Dem Kläger konnte mithin, wenn er nicht zum Personenkreis nach § 3 Buchst. a AVR zählte, nicht schon selbstverständlich die - ungeminderte - Vergütung aus der Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR zugesprochen werden.

24

II. Die Vergütungsvereinbarung in § 4 des Dienstvertrags der Parteien, wonach die Vergütung 80 % der AVR-Bezüge beträgt, benachteiligt den Kläger unmittelbar wegen seiner Behinderung(§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG) und ist deshalb rechtsunwirksam (§ 7 Abs. 2 AGG). Der Kläger hat Anspruch auf die Vergütung nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR.

25

1. Das AGG findet auf den Streitfall Anwendung, da der Dienstvertrag der Parteien vom 13. November 2007 nicht vor dem 1. Dezember 2006 begründet wurde (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 AGG).

26

2. Die Parteien fallen in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen einer Behinderung oder wegen eines anderen in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligen. Der Kläger ist Beschäftigter iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG. Er ist Arbeitnehmer des Beklagten. Der Beklagte ist Arbeitgeber nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG.

27

3. Die Vergütungsabrede in § 4 des Dienstvertrags ist benachteiligend iSv. § 7 Abs. 2, § 3 Abs. 1, § 1 AGG.

28

a) Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Vereinbarungen unwirksam, die gegen das Verbot der Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale verstoßen. § 1 AGG erfasst ua. die Behinderung. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG betrifft der Anwendungsbereich des AGG auch Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts.

29

b) Der Kläger zählt als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2, Abs. 1 SGB IX zu dem von § 1 AGG geschützten Personenkreis. Nach der Gesetzesbegründung entspricht der Begriff der Behinderung des AGG den sozialrechtlich entwickelten gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG(BT-Drucks. 16/1780 S. 31).

30

c) Eine Benachteiligung wegen der Behinderung setzt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG voraus, dass eine Person wegen der Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere - nicht behinderte - Person sie in vergleichbarer Lage erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Damit ist erforderlich, dass die betreffende Person einer weniger günstigen Behandlung ausgesetzt ist als eine in einer vergleichbaren Situation befindliche Person, bei der das Merkmal nicht vorliegt (BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 23, AP AGG § 15 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 4). Die Vergleichbarkeit richtet sich im Fall der Arbeitsvergütung nach der Gleichheit oder Gleichwertigkeit der verrichteten Arbeit. Auch zeitlich vorausgegangene Einstellungen sind dabei dem Gesetzeswortlaut nach vergleichsrelevant („erfahren hat“). Eine Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG ist unmittelbar, wenn die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpft(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - Rn. 19, AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2).

31

Das ist hier der Fall. Der Beklagte behandelt behinderte Arbeitnehmer weniger günstig. Er hat die Entscheidung getroffen, beginnend mit der Einstellung des Klägers, mit behinderten Arbeitnehmern nur noch eine auf 80 % herabgesenkte AVR-Vergütung zu vereinbaren. Im Gegensatz dazu sollen nicht behinderte neu eingestellte Arbeitnehmer Anspruch auf 100 % der AVR-Vergütung haben.

32

d) Die Behinderung ist auch kausal für die benachteiligende Behandlung. Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32).Dazu reicht es aus, wenn im behaupteten Motivbündel des Beklagten aus Sparplänen und Minderleistungserwägungen auch die Behinderung eine Rolle gespielt hat (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31, EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 40, BAGE 131, 232). Das ist hier der Fall. Denn die nachteilige Vergütungsvereinbarung soll nur mit behinderten Arbeitnehmern geschlossen werden.

33

e) Die unterschiedliche Behandlung der behinderten Arbeitnehmer ist nicht zulässig. Sachliche Gründe iSd. § 20 Abs. 1 AGG und des § 8 Abs. 1 AGG sind nicht gegeben.

34

aa) Der Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, es müssten Personalkosten eingespart werden. Dies sei nach den AVR nur bei behinderten Arbeitnehmern möglich, da diese nach § 3 Buchst. a und Buchst. b AVR vom Geltungsbereich der AVR ausgenommen seien und eine Vergütung nach Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR nur zu zahlen sei, wenn die Anwendung der AVR nicht ausdrücklich durch schriftlichen Vertrag ausgeschlossen worden sei.

35

Einen solchen generellen Ausschluss der AVR-Anwendung vereinbarten die Parteien nicht. Nach § 2 des Dienstvertrags gelten für das Dienstverhältnis die AVR in ihrer jeweiligen Fassung. Die Parteien haben lediglich eine eigenständige Vergütungsvereinbarung in Abweichung von Anlage 2 AVR getroffen. Der Beklagte erklärt nicht, weshalb er eine solche auf 80 % verringerte Vergütung nur mit behinderten und nicht mit nicht behinderten Arbeitnehmern vereinbart.

36

bb) Die weniger günstige Behandlung der behinderten Arbeitnehmer ist auch nicht nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung zulässig, wenn das Merkmal nach § 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit darstellt. Das Merkmal kann nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG bilden, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - Rn. 26, AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2). Hierauf beruft sich der Beklagte nicht. Der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis in einem Integrationsprojekt iSd. § 132 Abs. 1 SGB IX ausgeführt wird, rechtfertigt für sich genommen nicht die Verringerung der Vergütung schwerbehinderter Menschen(Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 123 Rn. 20; vgl. Gagel jurisPR-ArbR 32/2010 Anm. 2). Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger sei leistungsgemindert. Er reiht die betroffenen Arbeitnehmer ohnehin aufgrund ihrer Behinderung in die niedrigere Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR ein. Eine etwaige Minderung ihrer Leistungsfähigkeit fällt ihnen damit doppelt zur Last. Denn die gering bemessene Vergütungsgruppe 12 der Anlage 2 AVR berücksichtigt bereits das Leistungsvermögen der Arbeitnehmer. Dazu soll eine weitere Vergütungsminderung um 20 % hinzutreten. Der Ausgleich von Haushaltsdefiziten ist kein Rechtfertigungsgrund iSv. § 8 AGG. Andere, gesetzlich zugelassene Gründe für eine unterschiedliche Behandlung sind nicht ersichtlich. Das Schrifttum sieht daher das Abwälzen von Belastungen auf eine von § 1 AGG geschützte Beschäftigtengruppe zu Recht als unzulässig an(vgl. Däubler/Bertzbach/Dette AGG 2. Aufl. § 7 Rn. 131).

37

III. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Nachzahlung der Vergütungsdifferenzen in rechnerisch unstreitiger Höhe. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB.

38

B. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Merte    

                 

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.

(2) Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich sind.

(3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 25 Absatz 1 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 3 Absatz 3 eine Gefährdungsbeurteilung nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert,
2.
entgegen § 3a Absatz 1 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass eine Arbeitsstätte in der dort vorgeschriebenen Weise eingerichtet ist oder betrieben wird,
3.
entgegen § 3a Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Nummer 4.1 Absatz 1 des Anhangs einen dort genannten Toilettenraum oder eine dort genannte mobile, anschlussfreie Toilettenkabine nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Weise zur Verfügung stellt,
4.
entgegen § 3a Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Nummer 4.2 Absatz 1 des Anhangs einen dort genannten Pausenraum oder einen dort genannten Pausenbereich nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Weise zur Verfügung stellt,
4a.
entgegen § 3a Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Nummer 4.4 Absatz 1 Satz 1 des Anhangs eine Unterkunft in den Fällen der Nummer 4.4 Absatz 1 Satz 3 des Anhangs nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt,
4b.
entgegen § 3a Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Nummer 4.4 Absatz 4 Satz 1 des Anhangs eine Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert,
5.
entgegen § 3a Absatz 2 eine Arbeitsstätte nicht in der dort vorgeschriebenen Weise einrichtet oder betreibt,
6.
entgegen § 4 Absatz 1 Satz 2 nicht dafür sorgt, dass die gefährdeten Beschäftigten ihre Tätigkeit unverzüglich einstellen,
7.
entgegen § 4 Absatz 4 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge freigehalten werden,
8.
entgegen § 4 Absatz 5 ein Mittel oder eine Einrichtung zur Ersten Hilfe nicht zur Verfügung stellt,
9.
entgegen § 6 Absatz 4 Satz 1 nicht sicherstellt, dass die Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeit unterwiesen werden.

(2) Wer durch eine in Absatz 1 bezeichnete vorsätzliche Handlung das Leben oder die Gesundheit von Beschäftigten gefährdet, ist nach § 26 Nummer 2 des Arbeitsschutzgesetzes strafbar.

(1) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über

1.
das bestimmungsgemäße Betreiben der Arbeitsstätte,
2.
alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten Fragen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit,
3.
Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten durchgeführt werden müssen, und
4.
arbeitsplatzspezifische Maßnahmen, insbesondere bei Tätigkeiten auf Baustellen oder an Bildschirmgeräten,
und sie anhand dieser Informationen zu unterweisen.

(2) Die Unterweisung nach Absatz 1 muss sich auf Maßnahmen im Gefahrenfall erstrecken, insbesondere auf

1.
die Bedienung von Sicherheits- und Warneinrichtungen,
2.
die Erste Hilfe und die dazu vorgehaltenen Mittel und Einrichtungen und
3.
den innerbetrieblichen Verkehr.

(3) Die Unterweisung nach Absatz 1 muss sich auf Maßnahmen der Brandverhütung und Verhaltensmaßnahmen im Brandfall erstrecken, insbesondere auf die Nutzung der Fluchtwege und Notausgänge. Diejenigen Beschäftigten, die Aufgaben der Brandbekämpfung übernehmen, hat der Arbeitgeber in der Bedienung der Feuerlöscheinrichtungen zu unterweisen.

(4) Die Unterweisungen müssen vor Aufnahme der Tätigkeit stattfinden. Danach sind sie mindestens jährlich zu wiederholen. Sie haben in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zu erfolgen. Unterweisungen sind unverzüglich zu wiederholen, wenn sich die Tätigkeiten der Beschäftigten, die Arbeitsorganisation, die Arbeits- und Fertigungsverfahren oder die Einrichtungen und Betriebsweisen in der Arbeitsstätte wesentlich verändern und die Veränderung mit zusätzlichen Gefährdungen verbunden ist.

(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.

(2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsräumen der Natur des Betriebes entsprechende und der Art der Beschäftigung angepasste technische oder organisatorische Maßnahmen nach Absatz 1 zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten zu treffen.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 15.09.2010 abgeändert und die Klage auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

2.Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Weisung der Beklagten vom 10. September 2009, nach der die Klägerin zukünftig in der Lokalredaktion M tätig werden sollte und nicht mehr wie bisher in der Lokalredaktion in W.

2

Die 1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. bei deren Rechtsvorgängern seit 1971 als Redakteurin beschäftigt. In dem heute noch maßgeblichen Arbeitsvertrag vom 29. Juni 1993 wurde vereinbart, dass für das Anstellungsverhältnis die gehalts- und manteltarifvertraglichen Regelungen für Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen gelten sollten. Beide Parteien sind darüber hinaus auch kraft Mitgliedschaft tarifgebunden.

3

Die Klägerin war bis 2004 der Hauptredaktion in N, Ressort Sonderaufgaben, zugewiesen. Unter § 4 des Arbeitsvertrages ist allerdings vereinbart: "Der Verlag behält sich unter Wahrung der Interessen des Redakteurs die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes vor."

4

Im September 2004 versetzte die damalige Arbeitgeberin die Klägerin in die Lokalredaktion nach W. Dagegen wandte sich die Klägerin mit einem Verfahren, das sie bis zum Bundesarbeitsgericht führte. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das BAG hat die Klage mit Urteil vom 11.04.2006 ( 9 AZR 557/05 - BAGE 118, 22 = AP Nr. 17 zu § 307 BGB = NJW 2006, 3303 = DB 2007, 289) abgewiesen.

5

In Folge dieser Versetzung hat die Klägerin seit September 2004 die Tätigkeit als Redakteurin in der Lokalredaktion W ausgeübt. Die letzte Rechtsvorgängerin der Beklagten ist die Kurierverlags GmbH & Co. KG, die u.a. die regionale Tageszeitung "Nordkurier" mit einer Vielzahl von Regionalausgaben herausgibt. Die Mantel-/Hauptredaktion in N erstellt die überregionalen Seiten der Tageszeitung. Für die Lokalredaktionen wurden 2007 eigene Gesellschaften gegründet, die dann im Wege des Teilbetriebsübergangs die Lokalredaktionen übernommen haben. Auf diese Weise ist das Arbeitsverhältnis der Parteien im November 2007 begründet worden.

6

Die Beklagte gibt den regionalen Teil "Müritz-Zeitung" des "Nordkurier" heraus. Sie verfügt über Redaktionen in W, D und M. Die Redaktion M besteht aus den Standorten M und T.

7

Die Klägerin verdient bei der Beklagten monatlich rund 5.000,00 Euro brutto. Sie ist Mitglied des Betriebsrates der Beklagten und sie wurde 2010 erneut in diesen gewählt.

8

Im Spätsommer 2009 hat sich ein Kollege der Klägerin aus der Redaktion in M das Leben genommen, was zum faktischen Zusammenbruch der Arbeitsfähigkeit der dortigen Arbeitseinheit geführt hatte. Neben vielen anderen Maßnahmen, zum Beispiel dem gemeinsamen Besuch eines Trauerseminars, wollte die Beklagte den faktischen Stillstand in M auch durch die personelle Verstärkung durch eine Redakteurin überwinden, wobei die Beklagte sich hierfür die Klägerin auserkoren hatte.

9

Aus diesem Grunde ist die Klägerin wenige Stunde vor Antritt ihres 4wöchigen Jahresurlaubs am 28. August 2009 von ihrem Chef ohne Ankündigung des Themas gebeten worden, umgehend zu einem Gespräch zu erscheinen. Das Gespräch dauerte dann höchstens 10 Minuten. Der Vorgesetzte erläuterte der Klägerin, dass man sie nach M versetzen werde. Die Klägerin war schockiert und wollte das Gespräch abbrechen oder jedenfalls eine weitere Person hinzuziehen, worauf der Vorgesetzte entgegnete, dass sei nicht nötig, es sei ohnehin alles gesagt. Während ihres Urlaubs hat die Klägerin dann auch noch die schriftliche Versetzungsverfügung vom 10. September 2009 erhalten, deren Wirksamkeit Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist.

10

Zuvor hatte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat über die beabsichtige Maßnahme unterrichtet; eine förmliche Beteiligung nach § 99 BetrVG ist im Hinblick auf § 118 Absatz 1 BetrVG nicht erfolgt. Der Betriebsrat hat mit seinem Schreiben vom 10. September 2009 Bedenken gegen die Maßnahme geltend gemacht. In dem Schreiben heißt es auszugsweise wörtlich:

11

"1.Da die [Klägerin] nur Stunden vor ihrem Sommerurlaub über Ihr Ansinnen informiert wurde und derzeit im Ausland weilt, war dem Betriebsrat ein klärendes Gespräch mit der Betroffenen nicht möglich. Das heißt, etwaige Nachteile konnten von uns nicht ausreichend abgewogen werden.

12

2.Der Betriebsrat sieht seine Arbeit insoweit beeinträchtigt, als dass mit dieser Versetzung eines Betriebsratsmitgliedes seine bisherige gleichmäßige Präsenz in allen drei Lokalausgaben beendet wird. Dies betrifft insbesondere den Standort W als Sitz des Verlages mit der weitaus größten Mitarbeiterzahl an einem Standort."

13

Mit außergerichtlichem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 1. Oktober 2009 wurde die Beklagte ersucht, die Gründe für die Versetzung mitzuteilen. In dem außergerichtlichen Antwortschreiben vom 2. Oktober 2009 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in dem Vorverfahren verwiesen, die der Klägerin bestens bekannt sei wie die redaktionellen Notwendigkeiten bei der jetzigen Versetzung.

14

Mit ihrer Klage, Eingang beim Arbeitsgericht Neubrandenburg im Oktober 2009, begehrt die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass die streitige Versetzungsmaßnahme unwirksam ist.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 15. September 2009 stattgegeben, den Streitwert auf 5.000,00 Euro festgesetzt und in der Hauptsache wie folgt erkannt:

16

"Es wird festgestellt, dass die Versetzung der Klägerin aus der Lokalredaktion W in die Lokalredaktion M zum 28.09.2009 unwirksam ist."

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht wird auf dieses Urteil Bezug genommen.

18

Mit der Berufung, die vorliegend keinen formellen Bedenken unterliegt, verfolgt die Beklagte das Ziel der Klagabweisung weiter.

19

Sie trägt dazu vor, sie habe ihr Leistungsbestimmungsrecht zur Änderung des Arbeitsorts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam ausgeübt. Die Zuweisung zur Lokalredaktion M wäre aufgrund des Todes des Redakteurs zwingend erforderlich geworden. Sie sei dabei auf die besonderen Kenntnisse der Klägerin als langjährig erfahrene Redakteurin angewiesen, um diesen Verlust zumindest ansatzweise aufzufangen. Insbesondere aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und Betriebszugehörigkeit sei die Besetzung der Stelle durch sie geradezu prädestiniert. Sie verfüge über ein ausgeprägtes journalistisches Fachwissen und sei in allen fachlichen Themen und Gebieten branchenübergreifend einsetzbar. Auch wäre sie in besonderem Maße persönlich geeignet, mit einer so schwierigen Situation umzugehen. Diese psychologische Stärke wäre unverzichtbar gewesen in der konkreten Situation und auch dringend erforderlich, um die Redakteure in M und T zu begleiten.

20

Auch nach einer zusätzlich vorgenommenen Auswahl zwischen mehreren Redakteuren wäre die besondere Qualifikation der Klägerin ausschlaggebend bei der Besetzung der Stelle der für den Arbeitgeber wichtigen Lokalredaktion in M gewesen.

21

Überwiegende Interessen der Klägerin hätten dem nicht entgegengestanden. Die Kilometerdifferenz vom Wohnort der Klägerin nach M im Verhältnis zu dem Einsatzort W liege bei etwa 2 km. Auch beeinträchtige die Versetzung die Tätigkeit der Klägerin im Betriebsrat nicht, denn die Klägerin sei nicht daran gehindert, zu den Sitzungen und zu der sonstigen Betriebsratsarbeit sich an den Sitz der Beklagten nach W zu begeben. Insoweit stehe die Klägerin gleich mit allen andern Mitgliedern des Betriebsrats, die an den Außenstandorten in M (mit T) oder in D tätig sind.

22

Der vom Gericht angeregte Kompromissvorschlag einer lediglich befristeten "Abordnung" der Klägerin würde das von ihr eingeleitete und aus mehreren Bausteinen bestehende Krisenmanagement zur Erlangung von Stabilität und Sicherheit in der Redaktion M und T die Grundlage entziehen und in sich zerfallen lassen. Dies könne weder im Interesse der Klägerin sein, noch im Interesse des bestehenden Betriebsrates. An der streitigen Versetzung müsse daher festgehalten werden.

23

Die Beklagte beantragt, das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

24

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

25

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts.

26

Die Klägerin empört sich darüber, dass ihr die streitige Maßnahme erst wenige Stunden vor Antritt ihres Jahresurlaubs angekündigt worden sei; dies könne und müsse man als "Akt der seelischen Grausamkeit" ansehen. Schon dies zeige, dass die Maßnahme billigem Ermessen nicht entsprechen könne. Die Versetzung sei vielmehr willkürlich erfolgt und deshalb unwirksam.

27

Keines der Argumente, die die Beklagte für die Versetzung ins Feld führe, sei stichhaltig; daraus müsse gefolgert werden, die Argumente seien nur vorgeschoben.

28

Soweit die Beklagte behaupte, es habe das Bedürfnis bestanden, die durch den Tod eines Kollegen in M entstandene Lücke zu schließen, hätte dieses Bedürfnis zumindest nicht im Zeitpunkt der Versetzungsentscheidung bestanden. Denn im Zuge eines Redakteur-Tausches wäre der bald darauf verstorbene Redakteur von Juni 2009 bis einschließlich August 2009 gar nicht in der Lokalredaktion M tätig gewesen.

29

Es sei auch nicht richtig, dass es am leichtesten gefallen wäre, jemanden aus der Redaktion in W nach M zu versetzen, da die Redaktion in W die größte Redaktion der Beklagten sei. Denn das von der Beklagten zum Beleg vorgelegte Organigramm spiegele nicht die tatsächliche personelle Situation zum Entscheidungszeitpunkt wider. Tatsächlich seien in allen drei Teilredaktionen die Anzahl der Redakteure nahezu identisch verteilt gewesen.

30

Der Vortrag der Beklagten zu ihrer fachlichen Einschätzung erfülle sie mit Stolz. Jedoch wäre die Behauptung falsch, dass es unter den anderen Kollegen und Kolleginnen bei der Beklagten keine gäbe mit vergleichbaren fachlichen Fähigkeiten. Jeder ausgebildete Redakteur mit einem gewissen Maß an beruflicher Erfahrung in einer Lokalredaktion könne sein journalistisches Fachwissen themenübergreifend einsetzen.

31

Auch die überaus positive Bewertung ihrer Sozialkompetenz durch die Beklagte freue sie. Dieser Vortrag könne jedoch nicht sachgerecht zur Begründung der Auswahlentscheidung herangezogen werden, und auch in der Lokalredaktion M mit der Außenstelle in T wäre ein ebenso menschlich wie psychologisch befähigter Mitarbeiter zugegen. Sowohl diese Gründe als auch die fehlende Berücksichtigung ihrer persönlichen Belange, machten die Willkür bei der getroffenen Entscheidung deutlich.

32

Bei der Abwägung der Interessen hätte die Beklagte in jedem Fall berücksichtigen müssen, dass sie als Mitglied des Betriebsrates in der Lokalredaktion W präsent gewesen sei. Der Betriebsratsvorsitzende wäre zu der Zeit in D und das weitere Mitglied in M bzw. T tätig gewesen. Die Auswirkungen für die Betriebsratstätigkeit seien durch die Beklagte nicht berücksichtigt worden.

33

Hinsichtlich ihrer persönlichen Belange habe keine Berücksichtigung gefunden, dass sie aufgrund einer in den Schriftsätzen konkret beschriebenen familiärer Belastungssituation selbst seinerzeit psychisch labil gewesen wäre. Durch Freitod ihres Kollegen, der auch ihr sehr nahe gegangen wäre, sei ihre persönliche Belastungssituation noch erheblich vergrößert worden. Durch das Herausreißen aus ihrem gewohnten Arbeitsumfeld in Folge der Versetzung trete eine dritte schwere psychische Belastung hinzu. Diese Umstände hätten in der Summe auch zu ihrer zeitweiligen Arbeitsunfähigkeiten beigetragen.

34

Im Wege des gerichtlichen Vergleiches hätte sie sich vorstellen können, für bis zu zwei Jahre in M zu arbeiten. In dieser Zeit hätte man die größten Probleme in M überwinden können, so dass auch kein Anlass bestanden hätte, sie dort länger einzusetzen. Das habe das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung zutreffend hervorgehoben.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

36

Die Berufung ist begründet. Die von der Klägerin begehrte Feststellung kann nicht getroffen werden, denn die streitige Versetzungsmaßnahme mit der schriftlichen Weisung vom 10. September 2009 begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Daher lässt das Gericht offen, ob der Feststellungsantrag in der gestellten Fassung zulässig ist.

37

1.Zutreffend ist der Ausgangspunkt, den das Arbeitsgericht in dem angegriffenen Urteil eingenommen hat. Ob die Beklagte berechtigt war, den der Klägerin zugewiesenen Ort der Arbeit zu ändern, richtet sich nach § 106 Satz 1 GewO.

38

Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist.

39

Vorliegend ist das Direktionsrecht der Beklagten nicht durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eingeschränkt. - Der Arbeitsort ist - was zwischen den Parteien nicht in Streit steht - weder in dem Anstellungsvertrag vom 29. Juni 1993 noch danach durch beiderseitige Absprache vertraglich festgeschrieben worden. Die vertraglichen Abreden der Parteien ohne Festlegung des Arbeitsortes stehen auch in Einklang mit § 2 des MTV für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen, der nach § 15 des Arbeitsvertrages vom 29. Juni 1993 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet. Nach der Tarifvorschrift haben Redakteurinnen zwar einen Anspruch auf eine schriftlichen Arbeitsvertrag, dort ist aber lediglich das Arbeitsgebiet und nicht der Arbeitsort der Redakteurin festzulegen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in dem Vorprozess der Parteien ausführlich begründet (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 557/06 - BAGE 118, 22 = AP Nr. 17 zu § 307 BGB = NJW 2006, 3303 = DB 2007, 289); darauf wird Bezug genommen.

40

2.Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Arbeitsgerichts genügt die streitige Versetzungsmaßnahme auch noch den Anforderungen billigen Ermessens im Sinne von § 106 GewO.

41

a) Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Durch die Beklagte sind bei der Ausübung ihres Direktionsrechts - was sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt - zusätzlich die Interessen des Redakteurs zu wahren. Beide Anforderungen meinen im Grund dasselbe (BAG 11. April 2006 aaO) und können daher gemeinsam geprüft werden.

42

Für die Ausübung des Direktionsrechts und die Leistungsbestimmung kommt es darauf an, ob die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Die Beurteilung unterliegt der gerichtlichen Kontrolle gemäß § 315 Absatz 3 Satz 2 BGB.

43

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist allein auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausübung des Direktionsrechts abzustellen (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 401/09 - NZA 2011, 161 = ZTR 2011, 90), es kommt nicht auf die tatsächliche nachträgliche Entwicklung an. Maßgeblich sind außerdem allein die objektiven Verhältnisse (BAG 14. Oktober 2008 - 9 AZR 511/07 - AP Nr. 41 zu § 1 Altersteilzeit = DB 2009, 2159 = ZTR 2009, 306). Das bedeutet, es kommt nur auf die Gesichtspunkte an, die für und wider die streitige Maßnahmen sprechen, und auf deren spezifisches Gewicht. Unerheblich ist dagegen, wer diese Gesichtspunkte zu welchem Zeitpunkt erstmals als entscheidungsrelevant erkannt oder gar ausgesprochen hat. Auch Gesichtspunkte, auf die sich eine der Parteien erstmals im Rechtsstreit beruft, sind daher bei der Entscheidung des Gerichts zu berücksichtigen.

44

b) Wegen dieses objektiven Maßstabes kann dem Arbeitsgericht nicht gefolgt werden, wenn es meint, von den Mängeln bei der Anhörung der Klägerin auf fehlendes billiges Ermessen bei der Ausübung des Direktionsrechts schließen zu können. Es drängt sich vorliegend zwar gerade zu auf, dass die die Art und Weise, in der die Beklagte die Anhörung der Klägerin zu der beabsichtigten Maßnahme durchgeführt hat, nicht geeignet war, die Argumente, die die Klägerin gegen diese Maßnahme ins Feld führen würde, ans Tageslicht zu befördern. Darauf kommt es aber auch nicht an. Wenn die Beklagte nicht an den Argumenten der Klägerin interessiert ist, geht sie zwar das Risiko ein, später bei einem Rechtsstreit mit Argumenten konfrontiert zu werden, die ausreichend gewichtig und schlechterdings nicht widerlegbar sind. Sie verletzt damit aber nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die hier nicht ersichtlich sind, die Grundsätze des billigen Ermessens.

45

c) Ein Verstoß gegen billiges Ermessen im Sinne von § 106 GewO ist nicht erkennbar.

46

Die streitige Maßnahme beruht auf einem sachlichen Anlass. Die Beklagte hatte durch den tragischen Freitod des Kollegen der Klägerin allen Anlass, durch eine personelle Maßnahme die Funktionsfähigkeit der Redaktion am Standort M wieder herzustellen. Das hat auch das Arbeitsgericht richtig erkannt und auch die Klägerin hat dagegen keine durchgreifenden Einwände vorgebracht. Für diese Bewertung kommt es insbesondere nicht darauf an, ob der verstorbene Kollege zuletzt vorübergehend an eine andere Redaktion abgeordnet war, denn sein Stammarbeitsplatz war bis zuletzt M und gerade den dortigen Kolleginnen und Kollegen ist sein Tod besonders nahe gegangen. Zwischen den Parteien ist insoweit auch unstreitig, dass die Klägerin sowohl in fachlicher als auch in persönlicher Hinsicht in besonderem Maße geeignet ist, ihre Arbeitsleistung in einem so schwierigen Umfeld zu erbringen und zu der von allen erhofften alsbaldigen Überwindung der Krisensituation konstruktiv beizutragen.

47

Die von der Klägerin gegen ihre Versetzung ins Feld geführten Argumente sind sachbezogen, haben jedoch kein durchschlagendes Gewicht.

48

Soweit die Klägerin konkret auf Schwierigkeiten aus ihrem eigenen familiären Umfeld hinweist, ist eine Verschlechterung der Situation der Klägerin durch die streitige Maßnahme nicht erkennbar. Man darf davon ausgehen, dass die Klägerin mit dem Hinweis auf die Probleme im familiären Umfeld darauf hinweisen will, dass sie so viel Zeit wie möglich dort verbringen muss und will, um zur Überwindung der Probleme beizutragen. Da sie auf der anderen Seite den Umfang der Zusammenarbeit mit der Beklagten nicht in Frage stellt, kann es also im Wesentlichen nur um die Fahrzeiten von der Wohnung zur Arbeit und zurück gehen. Da die Klägerin aber nach wie vor ihren Wohnsitz in N hat, ist es vom Zeitaufwand für die Fahrten zur Arbeit und wieder nach Hause her gesehen, gleichgültig, ob die Klägerin in W oder in M arbeitet.

49

Soweit die Klägerin mit dem Argument der Belastung aus dem familiären Umfeld auf ihre eigene Situation im Sinne einer besonderen Belastung aufmerksam machen will, ist das ebenfalls ein sachlich zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Es kann allerdings nicht festgestellt werden, dass die Belastung der Klägerin durch ihre Familie seinerzeit ein Ausmaß erreicht hatte, das der Versetzung hinderlich entgegen stand.

50

d) Es hält sich auch noch im Rahmen des billigen Ermessens, dass die Beklagte sich die Klägerin als die zu versetzende Person ausgewählt hat, obwohl es wohl auch andere Redakteure oder Redakteurinnen gegeben hätte, die man ebenfalls hätte versetzen können.

51

Die Beklagte hat sich insoweit darauf berufen, dass jemand aus der Redaktion in W versetzt werden sollte, da man dort infolge der Größe der Redaktion den Abgang am besten hätte verkraften können. Je größer eine Organisationseinheit ist, desto leichter ist es möglich, durch kleinere Verschiebung der Arbeitsaufgaben und kleinere Änderungen der Arbeitsabläufe den Ausfall eines Beschäftigten zu verkraften. Der Gesichtspunkt ist nachvollziehbar und er hat auch den nötigen Sachbezug. - Die von der Klägerin dagegen erhobenen tatsächlichen Einwendungen greifen nicht durch. Es mag zwar zutreffen, worauf die Klägerin beharrt, dass auf der betrieblichen Hierarchieebene, auf der sich die Klägerin befindet, an allen drei Standorten der Beklagten (W, M und D) in etwa gleich viel Redakteure tätig waren. Da aber auch die Führungsmannschaft der Beklagten ihren Sitz in W hat, ist die dortige Redaktion insgesamt gesehen trotzdem größer. Daher fällt es dort leichter, den Weggang der Klägerin zu verkraften, weil man notfalls einen Teil der Aufgaben der Klägerin auch durch Arbeitnehmer, die über der Klägerin stehen, wahrnehmen lassen kann.

52

Soweit die Klägerin weitere Kollegen und Kolleginnen namentlich benannt hat, die auch für eine Versetzung in Betracht gekommen wären, folgt daraus noch nicht notwendig, dass die der Klägerin gegenüber ausgesprochene Maßnahme unbillig war. Dafür hätte es des Vortrages weiterer Umstände bedurft, aus denen das Gericht schließen könnte, dass es sich der Beklagten hätte aufdrängen müssen, statt der Klägerin eine dieser Personen zu versetzen; jedenfalls hätte es des Vortrages bedurft, welche Vorteile sich für die Beklagte aus der Versetzung dieser anderen Personen hätte ergeben sollen, oder weshalb es den genannten Person leichter gefallen wäre, die schwierige Aufgabe in M zu übernehmen. Derartigen Vortrag hat die Klägerin nicht geleistet, obwohl dieser Gesichtspunkt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war. Sie hat immer nur argumentiert, diese Personen wären in gleicher Weise geeignet gewesen, die Aufgabe zu übernehmen. Wenn es aber mehrere Personen gibt, die für die Maßnahme mehr oder wenig gleichermaßen in Betracht kommen, genügt es noch billigem Ermessen, wenn der Arbeitgeber für seine Maßnahme eine dieser Personen auswählt. Das hat er hier getan.

53

e) Das Berufungsgericht vermag sich schließlich nicht dem Argument der Klägerin und des Arbeitsgerichts anzuschließen, dass die Versetzung unbillig ist, weil es auch ein milderes Mittel zu ihr gegeben hätte, nämlich die nur vorübergehende Abordnung nach M für ein oder zwei Jahre.

54

Das Berufungsgericht hat bereits in tatsächlicher Hinsicht Zweifel, ob eine Abordnung, die nach der Struktur des Problems in T ja mindestens ein bis zwei Jahre hätte andauern müssen, gegenüber der tatsächlich ausgesprochenen Versetzung eine mildere Maßnahme wäre. Denn erfahrungsgemäß ist es immer die Startphase an einem neuen Arbeitsplatz, die so unkalkulierbar ist und daher im Regelfall als eine besondere Herausforderung begriffen wird. Beginnt man erst einmal Wurzeln am Arbeitsplatz zu schlagen, wird vieles einfacher. Muss man dann aber nach 2 Jahren schon wieder wechseln, ist das möglicherweise belastender als die einmalige Versetzung auf Dauer. - Interessanterweise hat ja auch nicht die Klägerin sich darauf berufen, es sei weniger einschneidend, sie nur vorübergehend abzuordnen. Dies war vielmehr das Argument des Arbeitsgerichts, dem sich die Klägerin dann im Berufungsrechtszug erst angeschlossen hat. Da es auf eine objektive Sicht der Dinge ankommt, also darauf, wie die Beteiligten dieses Berufskreises die in Rede stehenden Maßnahmen bewerten würden, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass es eine klare Reihenfolge in der Bewertung gibt; der eine kommt mit der dauerhaften Versetzung besser zurecht, der andere mit der nur vorübergehenden Abordnung.

55

Das Berufungsgericht hält es aber auch für falsch, den offensichtlich dem Kündigungsschutzrecht entlehnten Gedanken der Verhältnismäßigkeit in der dort praktizierten Schärfe auf das auf § 106 GewO fußende Recht der Versetzung zu übertragen. Das Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis bildet in aller Regel die Existenzgrundlage für den Arbeitnehmer, häufig sogar für seine ganze Familie. Das ist der Grund, weshalb das Bundesarbeitsgericht seit nunmehr gut 25 Jahren bei jeder ordentlichen Kündigung, auf die das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, und bei jeder außerordentlichen Kündigung prüft, ob die Kündigung wirklich das letzte Mittel war, um dem Problem des Arbeitgebers wirksam zu begegnen. Bei Direktionsmaßnahmen im Allgemeinen und bei Versetzungsmaßnahmen im Besonderen sind die Interessen des Arbeitnehmers bei weitem nicht so existentiell berührt, wie bei Kündigungen, denn das Arbeitsverhältnis als Einkommensquelle wird nicht in Frage gestellt. Diese unterschiedliche Bewertung der Interessen in der Konfliktsituation wird auch vom Gesetzgeber so gesehen. Während die Kündigung ausschließlich und nur dann in Betracht kommt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt oder einer der drei engmaschigen Gründe aus § 1 KSchG, ist der Arbeitgeber bei einer Versetzung eben "nur" an den Maßstab des billigen Ermessens gebunden, der im Regelfall dazu führt, dass mehrere oder gar viele Maßnahmen zur Behebung eines konkreten Problems alle gleichzeitig noch billigem Ermessen entsprechen können.

56

An dieser Abstufung der rechtlichen Bindung des Arbeitgebers und damit auch an der Abstufung der Kontrolldichte durch das Arbeitsgericht ist festzuhalten. § 106 GewO fordert lediglich, dass die Maßnahme des Arbeitgebers noch billigem Ermessen entspricht. Sie fordert damit nicht stets den optimalen Ausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen. Erst dann, wenn sich einem objektiven Beobachter aufdrängen muss, dass der Arbeitgeber hier zu einer Maßnahme gegriffen hat, die deutlich über das Ziel, welches er mit ihr verfolgt, hinausschießt, und die Maßnahme den Arbeitnehmer damit sozusagen unnötig belastet, kann sie gegen billiges Ermessen verstoßen. Davon kann hier aber keine Rede sein.

57

3. Mit der streitigen Maßnahme hat die Beklagte auch nicht gegen andere Gesetze verstoßen.

58

a) Das Berufungsgericht hat geprüft, ob in der Maßnahme der Beklagten eine feindliche Haltung gegenüber der Klägerin zum Ausdruck kommt, ob sich also hinter der Fassade der sachlichen Begründbarkeit der Maßnahme ein Versuch verbirgt, die Klägerin rechtswidrig zu schädigen.

59

Das Gericht hat sich zu dieser Prüfung ernsthaft veranlasst gesehen, da die Art und Weise, wie man die Klägerin in die Entscheidungsfindung eingebunden hat, und wie man dann versucht hat, ihr die schwierige Maßnahme näher zu bringen, Erstaunen wenn nicht gar Entsetzen in der Kammer ausgelöst hat. Gemessen am Maßstab der guten Führung eines Unternehmens ("good governance") kann man die Ankündigung und Umsetzung der Maßnahme gegenüber der Klägerin nur als eine katastrophale Fehlleistung der betroffen Führungsperson bezeichnen, die jegliches Gespür für die positive Kraft einer konstruktiven und offenen Kommunikation vermissen lässt.

60

Von dieser katastrophalen Fehlleistung des Vorgesetzten kann aber nicht auf eine feindliche Einstellung des Vorgesetzten oder gar der Beklagten gegenüber der Klägerin geschlossen werden. Dazu hätte es der Feststellung weiterer Umstände bedurft, mit denen man den Anfangsverdacht einer feindlichen Einstellung hätte erhärten können. Solche Umstände sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Auch der Umgang der Parteien in der mündlichen Verhandlung hat dem Gericht nicht den Eindruck vermittelt, dass es zwischen den handelnden Personen Feindschaften gibt. Auch der Vorprozess der Parteien wirkt nach Überzeugung des Gerichts nicht mehr belastend im Arbeitsverhältnis fort, zumal den ja auch die Beklagte gewonnen hatte und die Klägerin sich in ihr Schicksal gefügt hat und mit der Arbeit in der Redaktion in Waren sich in diesem Sinne inzwischen auch angefreundet hatte.

61

b) Die Maßnahme ist auch nicht wegen mangelhafter Beteiligung des Betriebsrats unwirksam. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend begründet. Darauf wird Bezug genommen. Die Klägerin hat eine mangelhafte Beteiligung im Berufungsrechtszug auch nicht gerügt.

62

Die Maßnahme verstößt im Übrigen auch nicht gegen § 103 Absatz 3 BetrVG. Danach bedarf eine Versetzung, die zum Verlust des Amtes als Betriebsrat führen würde, der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats. Diese Situation ist hier nicht gegeben, denn die Versetzungsmaßnahme spielt sich innerhalb des Betriebes ab, für den der Betriebsrat gewählt wurde, dem die Klägerin angehört. Sie ist auch nach der Versetzung noch berechtigt Mitglied des für die Beklagte gebildeten Betriebsrats geblieben.

63

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin als die unterlegene Partei zu tragen (§ 91 ZPO).

64

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG liegen nicht vor.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.

(2) Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich sind.

(3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag und Beschäftigung.

2

Die Beklagte beschäftigte den Kläger zunächst vom 23. Januar 2006 bis 31. März 2006 aufgrund einer Trainingsmaßnahme. Am 4. Januar 2006 schlossen die Parteien einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 2006 bis 31. März 2007. Am 14. November 2006 verlängerten sie den Arbeitsvertrag bis 31. März 2008. Der Kläger wurde als Industriemechaniker in der Abteilung „PVE Shearer“ eingesetzt. Dort werden Walzenlader entwickelt und - zumindest in Prototypen - gefertigt. Die Beklagte hatte die Abteilung zum 1. April 2006 von Großbritannien nach Deutschland verlagert. In der Abteilung arbeiteten neben dem Kläger zwölf gewerbliche Arbeitnehmer. Zehn dieser Arbeitnehmer wurden befristet beschäftigt. Sechs von ihnen wurden mit dem Kläger am 1. April 2006 oder kurz zuvor befristet eingestellt. Diese sechs Arbeitnehmer schlossen später unbefristete Arbeitsverträge mit der Beklagten.

3

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war seit Herbst 2006 Mitglied des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers bei der Beklagten. Seit August 2007 war er dessen Leiter. In dieser Eigenschaft ergriff er in einer Betriebsversammlung am 14. Dezember 2007 das Wort, sprach sich für eine Entgeltsonderzahlung aus und machte kritische Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen. Der Geschäftsführer der Beklagten bezeichnete diese Anmerkungen als „Frechheit“. Am 20. Dezember 2007 informierte der frühere Abteilungsleiter L den Kläger darüber, dass die Geschäftsführung dessen Arbeitsvertrag nicht „entfristen“ werde. Der Betriebsrat teilte dem Kläger am 21. Dezember 2007 mit, die Geschäftsführung habe erklärt, dass es Überlegungen gebe, das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zu „entfristen“. Als der Betriebsrat in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 ein Gespräch mit der Geschäftsführung wegen der „Übernahme“ des Klägers führte, wurde ihm sinngemäß mitgeteilt, er brauche doch nur in das Internet zu schauen.

4

Der Kläger verlangt mit seiner am 3. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zum 1. April 2008. Er hat sich zunächst auf vertrauensbegründende Zusagen der Beklagten und den Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot gestützt. Zuletzt hat er eine Maßregelung iSv. § 612a BGB angenommen.

5

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe mehrfach erklärt, dass er, wie die anderen befristet Beschäftigten auch, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde. Er habe im Herbst 2007 mehrere persönliche Gespräche über eine unbefristete Einstellung mit dem stellvertretenden Personalleiter der Beklagten M, dem Bereichsleiter R, dem damaligen Abteilungsleiter L und Mitgliedern des Betriebsrats geführt. In allen Gesprächen sei eine geplante unbefristete Einstellung fest in Aussicht gestellt worden. Ihm gegenüber sei erklärt worden, unbefristete Einstellungen seien im Grundsatz klar, verzögerten sich aber im Augenblick wegen der Veränderungen durch den Verkauf der Arbeitgeberin an ein US-amerikanisches Unternehmen. Der stellvertretende Personalleiter M habe ihm schon bei der Einstellung und später in einem Gespräch über die Vertragsverlängerung mitgeteilt, es sei bei der Beklagten zwar üblich, nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu verfahren. Es sei aber ebenso üblich, die Befristungen in unbefristete Verträge umzuwandeln, sofern keine persönlichen Gründe dagegen sprächen. Der stellvertretende Personalleiter M habe dem Kläger noch im Herbst 2007 bestätigt, im Prinzip sei klar, dass alle in der Abteilung befristet Beschäftigten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würden. „Von Deutschland aus“ sei alles klar, die Verträge lägen in Amerika zur Unterschrift vor. Es „hänge“ im Moment noch „an“ dem Eigentümerwechsel. Der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L hätten sich entsprechend geäußert. Die fehlende Unterschrift aus dem in den USA gelegenen Teil der Beklagten habe sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der endgültigen Vertragsunterzeichnung bezogen. Nach dem Eigentümerwechsel hätten die Verträge zwar formal in den USA bestätigt werden sollen. Die Kompetenzen für Personalplanung und Personalentscheidungen seien aber in Deutschland geblieben. Im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) nicht übernommen werde.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zu den bisherigen Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 4. Januar 2006 iVm. dem Arbeitsvertrag vom 14. November 2006 unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer als Industriemechaniker mit Wirkung zum 1. April 2008 anzunehmen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinsichtlich des Antrags zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat die Bedeutung von § 612a BGB verkannt. Die Beklagte hat möglicherweise gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Deshalb kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Betracht. Mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, kann der Kläger allerdings nicht durchdringen. Einem Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags steht die entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG entgegen. Da dieser rechtliche Gesichtspunkt in den Tatsacheninstanzen nicht erörtert worden ist und die nach § 139 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweise nicht erteilt worden sind, wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag umzustellen, auf Geldersatz zu richten und den Schadensumfang im Einzelnen darzulegen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre.

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A. Die Klage ist mit den bisherigen Anträgen unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, mit dem Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Sie hat zwar möglicherweise - entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts - gegen § 612a BGB verstoßen. Daraus ergibt sich jedoch kein Einstellungsanspruch des Klägers. Das folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG. Der Kläger kann auch nicht verlangen, über den 31. März 2008 hinaus beschäftigt zu werden.

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I. Der auf Abgabe der Annahmeerklärung der Beklagten gerichtete Klageantrag zu 1. kann keinen Erfolg haben. Er ist zulässig, aber unbegründet.

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1. Der Antrag zu 1. ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

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a) Der Kläger erstrebt die Abgabe der Annahmeerklärung zu dem Vertragsangebot, das im Klageantrag zu 1. liegt. Mit Rechtskraft des Urteils soll durch die Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO ein Arbeitsverhältnis entstehen(vgl. zu der Fiktion zB BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 20 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Der Wortlaut des Antrags und die Klagebegründung sind unmissverständlich auf Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet, durch die ein Arbeitsverhältnis erneut begründet werden soll. Sie können nicht im Sinn eines Befristungskontrollantrags nach § 17 Satz 1 TzBfG verstanden werden.

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b) Der Antrag zu 1. ist in dieser Auslegung zulässig. Er ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags ist mit der Tätigkeit eines Industriemechanikers hinreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. April 2008 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind bezeichnet. Sie ergeben sich aus den Arbeitsverträgen vom 4. Januar 2006 und 14. November 2006.

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2. Der Klageantrag zu 1. ist in seiner bisherigen Fassung unbegründet. Er ist in nicht zu beanstandender Weise auf die rückwirkende Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots. Er hat nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine rechtsgeschäftliche Zusage der Beklagten dargelegt. Einem Wiedereinstellungsanspruch unmittelbar aufgrund des Maßregelungsverbots in § 612a BGB oder aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz steht der Rechtsgedanke des § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

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a) Der Antrag zu 1. ist nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. April 2008 (rück-)wirken soll.

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aa) Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. für die st. Rspr. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

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bb) Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung herbeigeführt werden soll, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor der (fingierten) Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

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b) Für den Wiedereinstellungsanspruch besteht keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage.

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aa) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags nicht zugesagt hat.

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(1) Der Senat hat früher angenommen, ein Arbeitnehmer könne einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an die Laufzeit eines wirksam befristeten Arbeitsvertrags haben, wenn der Arbeitgeber durch sein Verhalten beim Vertragsschluss oder während der Vertragslaufzeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, aufgrund dessen der Arbeitnehmer berechtigterweise habe erwarten dürfen, nach dem Ende der Vertragslaufzeit weiterbeschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber sei dann durch Verschulden beim Vertragsschluss zum Schadensersatz und damit zum Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags verpflichtet (vgl. etwa BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 93/98 - zu II 3 der Gründe; 26. April 1995 - 7 AZR 936/94 - zu II 2 der Gründe, AP AFG § 91 Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 144). Diese Rechtsprechung hat der Senat später insofern präzisiert, als allein aus in Anspruch genommenem Vertrauen kein Anspruch auf Wiedereinstellung hergeleitet werden kann. Zu Unrecht enttäuschtes Vertrauen verpflichtet lediglich zum Ersatz des Vertrauensschadens, begründet aber keinen Erfüllungsanspruch (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 17, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Ein vertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags besteht nur dann, wenn die Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers als Zusage auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszulegen sind (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 18, BAGE 127, 239).

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(2) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Beklagte eine solche Zusage auch auf der Grundlage des als zutreffend unterstellten Vortrags des Klägers nicht erteilt hat. Der Kläger rügt diese Würdigung mit der Revision auch nicht länger.

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(a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte. Dieser Inhalt kann vom objektiven Sinn des Erklärungstatbestands abweichen (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 23 mwN, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen obliegt in erster Linie den Tatsacheninstanzen. Sie ist revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 18, BAGE 121, 247).

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(b) Solche Rechtsfehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen. Es hat alle für die Auslegung maßgebenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zutreffend gewürdigt, dass der stellvertretende Personalleiter M, der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L auch nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers deutlich machten, sie selbst hätten keinen Einfluss auf den Vertragsschluss. Sie bezogen sich auf Entscheidungsbefugnisse anderer Personen im Unternehmen der Beklagten, insbesondere in dem in den USA gelegenen Teil des Unternehmens. Sie selbst konnten und wollten damit nach dem Empfängerhorizont keine rechtsgeschäftliche Zusage im Sinn eines Vertragsangebots (§ 145 BGB) erteilen oder einen entsprechenden Antrag des Klägers annehmen.

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bb) Die fehlende Bereitschaft der Beklagten, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, ist keine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen seiner Weltanschauung iSv. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG. Sie führt deshalb nicht zu einem Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist zudem durch § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

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(1) § 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotene Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn und damit das entgangene Arbeitsentgelt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

27

(2) Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinen Vortrag gehalten, der es rechtfertigte anzunehmen, dass er wegen seiner politischen Überzeugung - seiner Nähe zur MLPD - nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wurde. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist ferner nach § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

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(a) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dem Betriebsrat sei in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 sinngemäß mitgeteilt worden, er brauche (hinsichtlich des Klägers) doch nur in das Internet zu schauen, trägt einen solchen Schluss nicht. Diesem unstreitigen Vortrag kommt indiziell geringe Bedeutung zu, weil die Aussage nicht ausdrücklich mit der politischen Haltung des Klägers verknüpft ist. Auch das streitige Vorbringen des Klägers, im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur MLPD nicht übernommen werde, hat indiziell geringe Aussagekraft. Sie sind keiner für die Beklagte handelnden Person zugeordnet. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der Weltanschauung betrifft(ebenfalls offengelassen von BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 38, NZA-RR 2012, 43, vgl. dort auch die Ausführungen in Rn. 28 zu den politischen Grundrechten der Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und der Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen, aus Art. 21 Abs. 1 GG; vgl. zu der Kontroverse um den Weltanschauungsbegriff des § 1 AGG zB Annuß BB 2006, 1629, 1631; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 8; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; zu dem Grundrecht auf Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses aus Art. 4 Abs. 1 GG noch vor Inkrafttreten des AGG BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17.03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85).

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(b) Nach § 15 Abs. 6 AGG begründet ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot der §§ 1, 7 Abs. 1 AGG auch keinen Anspruch auf Begründung eines sog. Beschäftigungsverhältnisses, hier eines Arbeitsverhältnisses, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Ein nach § 249 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch scheidet aus (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

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cc) Dagegen kommt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine verbotene Maßregelung des Klägers iSd. allgemeinen Maßregelungsverbots in § 612a BGB in Betracht. Der Kläger kann den Wiedereinstellungsanspruch dennoch weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Dem steht der entsprechend anzuwendende § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

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(1) § 612a BGB bestimmt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu B III 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2).

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(a) Das in § 612a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21, BAGE 121, 247; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (1) der Gründe, BAGE 113, 327). Indem die Vorschrift dem Arbeitgeber untersagt, bei Vereinbarungen oder Maßnahmen den Umstand zum Nachteil des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, schränkt sie die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers ein (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 23, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO). Wie aus dem auf Arbeitnehmer beschränkten Anwendungsbereich der Bestimmung deutlich wird, beruht sie auf dem für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewicht, das sich durch Weisungsrechte des Arbeitgebers und Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auszeichnet (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO).

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(b) Eine Rechtsausübung in diesem Sinn kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen, sondern auch in der Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen. Von § 612a BGB wird auch die Ausübung von Grundrechten erfasst, soweit sie im Verhältnis zum Arbeitgeber rechtserheblich sind(vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 612a BGB Rn. 7; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 612a Rn. 7; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011) § 612a Rn. 15; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 612a BGB Rn. 12). Dazu gehören insbesondere auch das von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG gewährleistete Betätigungsfreiheit(vgl. zum Schutz der freien Meinungsäußerung und der gebotenen Konkordanz der widerstreitenden Grundrechte bei der Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis BVerfG 19. Mai 1992 - 1 BvR 126/85 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 86, 122; zum Schutz der freien Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 62 ff., EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1).

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(c) Die verbotene Benachteiligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeitgebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen. Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann in einem Unterlassen bestehen (vgl. MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 15; Staudinger/Richardi/Fischinger § 612a Rn. 13). Ob eine Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, ist durch einen Vergleich der Situation des Arbeitnehmers vor und nach der Maßnahme oder Vereinbarung zu beurteilen. Ein Nachteil ist stets gegeben, wenn sich die bisherige Rechtsposition des Arbeitnehmers verschlechtert, seine Rechte also verkürzt werden. Eine Benachteiligung iSv. § 612a BGB kann aber auch darin bestehen, dass dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, die entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; siehe auch 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 115, 68).

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(d) Das Maßregelungsverbot ist nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vgl. etwa BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22 mwN, BAGE 121, 247; 6. November 2003 - 2 AZR 690/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 108, 269).

36

(e) Ob § 612a BGB für die vorenthaltene Leistung unmittelbar anspruchsbegründende Wirkung zukommt oder ein Primäranspruch lediglich iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommt, ist noch nicht abschließend geklärt (offengelassen zB von BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 27, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22 ; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 a der Gründe mwN zu der Kontroverse, BAGE 113, 327; für eine anspruchsbegründende Wirkung in dem Sinn, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als wäre die verbotene Maßregelung nicht erfolgt, bspw. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 40, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186; 12. Juni 2002 - 10 AZR 340/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 101, 312). Die Frage kann auch im Streitfall offenbleiben. Jedenfalls kann ein Verstoß gegen § 612a BGB - iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder iVm. § 823 Abs. 2 BGB - Sekundäransprüche auf Schadensersatz begründen.

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(f) Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom beklagten Arbeitgeber benachteiligt wurde. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - Rn. 13, BAGE 130, 347).

38

(2) Nach diesen Grundsätzen kommt hier nach dem unstreitigen und streitigen Vortrag des Klägers zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine Benachteiligung des Klägers wegen Ausübung seiner Grundrechte auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und auf individuelle Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG in Betracht. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beklagte nur deshalb weigerte, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen, weil der Kläger in der Betriebsversammlung in seiner Eigenschaft als Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers gegenüber der Beklagten Kritik geäußert und damit seine Grundrechte ausgeübt hatte.

39

(a) Ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe den Abschluss eines Folgevertrags entscheidend wegen seiner kritischen Äußerungen in der Betriebsversammlung abgelehnt, ist der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Forderung des Klägers nach einer Entgeltsonderzahlung und seine kritischen Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen als „Frechheit“ bezeichnete. Indizielle Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass die Beklagte mit dem Kläger - anders als mit den sechs etwa zeitgleich eingestellten Arbeitnehmern - keinen unbefristeten Arbeitsvertrag schloss. Hinzu kommt das streitige Vorbringen des Klägers, wonach verschiedene Verantwortungsträger der Beklagten noch im Herbst 2007 davon ausgingen, es werde zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags kommen.

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(b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht der Anwendung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hat, frei darüber zu entscheiden, ob sie nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses einen weiteren Arbeitsvertrag mit dem Kläger schließt.

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(aa) Allerdings handelt es sich dann, wenn der Arbeitgeber sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, um keine nach § 612a BGB unzulässige Benachteiligung. Das in § 612a BGB zum Ausdruck kommende Unwerturteil ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt, auch wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben(BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22, BAGE 121, 247). Schutzzweck des Maßregelungsverbots ist es nicht, den Arbeitsvertragsparteien die rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen (vgl. in dem anderen Zusammenhang eines Abfindungsanspruchs BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (2) der Gründe, BAGE 113, 327).

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(bb) Der Arbeitgeber orientiert sein Verhalten aber nicht an der Rechtsordnung, wenn er gerade deswegen den Abschluss eines Folgevertrags ablehnt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt, und der Arbeitgeber den Vertrag ohne die Rechtsausübung geschlossen hätte. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall um eine verbotene Maßregelung. Der Arbeitgeber übt nicht lediglich in zulässiger Weise seine Vertragsfreiheit aus. Sein Motiv dafür, dem Arbeitnehmer wegen der zulässigen Ausübung von Rechten den Vorteil eines unbefristeten Arbeitsvertrags vorzuenthalten, wird von der Rechtsordnung missbilligt. Das gilt gleichermaßen für vorangehende sachgrundlose Befristungen wie für Befristungen mit Sachgrund. Dem steht das Urteil des Senats vom 13. August 2008 (- 7 AZR 513/07 - Rn. 23, BAGE 127, 239) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung begründet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit genießt Vorrang (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 22 f., aaO). Daran hält der Senat ausdrücklich fest. Der Arbeitgeber, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer steht, ist dennoch verpflichtet, bei der Entscheidung über den Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zu beachten. Die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers ist nur in den Grenzen der Rechtsordnung geschützt. Das über den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hinausgehende Maßregelungsverbot des § 612a BGB ist Teil dieser Rechtsordnung. Versagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluss eines unbefristeten Vertrags aus dem tragenden Beweggrund einer von § 612a BGB verbotenen Benachteiligung, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, wird dieses Motiv von der Rechtsordnung nicht anerkannt. Das ohne den benachteiligenden Beweggrund zulässige Handeln des Arbeitgebers ist wegen des Maßregelungsverbots in § 612a BGB untersagt.

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(3) Obwohl das Landesarbeitsgericht die Bedeutung des § 612a BGB verkannt hat, ist die Abweisung des Klageantrags zu 1. in seiner bisherigen Fassung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Kläger kommt weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Das folgt aus der gebotenen Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG, der eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB durch Wiedereinstellung ausschließt. Der Ausschlussgrund des § 15 Abs. 6 AGG ist unbeabsichtigt lückenhaft. Für das Maßregelungsverbot des § 612a BGB besteht eine vergleichbare Interessenlage wie für die Benachteiligungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG(vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie bspw. BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 30; 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 22, EzA TzBfG § 17 Nr. 11).

44

(a) § 612a BGB enthält spätestens seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) eine unbewusste Regelungslücke. Die Vorschrift blieb zu diesem Zeitpunkt - am 18. August 2006 - unverändert. Sie besteht noch immer in der Fassung, in der sie durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308) eingeführt wurde. Abweichend vom AGG hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, ob sich aus einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben kann. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB kommt jedoch regelmäßig ein Schadensersatzanspruch insbesondere aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. § 612a BGB ist ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. nur APS/Linck § 612a BGB Rn. 25; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 23; ErfK/Preis § 612a BGB Rn. 23). Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Schadensersatzanspruch darauf gerichtet ist, ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die gesetzgeberische Wertung, die in § 15 Abs. 6 AGG zum Ausdruck kommt, macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Frage versehentlich nicht geregelt hat. § 15 Abs. 6 AGG knüpft an den aufgehobenen § 611a Abs. 2 und Abs. 5 BGB an und schließt einen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses aus(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38 f.). Das gilt nicht nur für das Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung im aufgehobenen § 611a BGB, sondern für alle Diskriminierungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG, also für Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Darin kommt ersichtlich eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck. Nach ihr soll der Arbeitgeber selbst bei massivsten Diskriminierungen - etwa wegen des Geschlechts, der Rasse oder der Religion - nicht verpflichtet werden, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Anspruch des benachteiligten Arbeitnehmers ist auf Geldersatz beschränkt. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei den typischerweise deutlich weniger gewichtigen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB, etwa bei Geltendmachung von Urlaubsansprüchen oder Überarbeitsvergütung, einen Anspruch des bislang befristet beschäftigten Arbeitnehmers auf Abschluss eines Folgevertrags begründen wollte. Der Gesetzgeber hat die Regelungslücke erkennbar übersehen.

45

(b) Die Regelungslücke ist mit einer entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG zu schließen. Die Interessenlage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist bei einer Verletzung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB vergleichbar mit derjenigen bei einem Verstoß gegen die Benachteiligungsverbote in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG.

46

(c) Die Entscheidung des Senats vom 6. April 2011 (- 7 AZR 524/09 - Rn. 34, NZA 2011, 970 ) hindert eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG in den Fällen des § 612a BGB nicht. Nach diesem Urteil ist eine Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG bei einer aufgrund von § 7 Abs. 2 AGG unwirksamen Befristungsabrede nicht geboten. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung und den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses, der sich regelmäßig aus der Unwirksamkeit der Befristungsabrede ergibt, sondern um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses. Erst dadurch wird die grundrechtlich geschützte Auswahlfreiheit des Arbeitgebers berührt. Ihr trägt § 15 Abs. 6 AGG Rechnung(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - aaO).

47

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags anzunehmen. Sie muss ihn deswegen auch nicht beschäftigen.

48

B. Der Kläger kann mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, wegen des Rechtsgedankens des § 15 Abs. 6 AGG nicht durchdringen, obwohl das Landesarbeitsgericht § 612a BGB verkannt hat. Die Revision konnte gleichwohl nicht nach § 561 ZPO zurückgewiesen werden. Dem Kläger war vielmehr nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu geben, sachdienliche Anträge zu stellen, um die entsprechende Anwendbarkeit des § 15 Abs. 6 AGG auf Fälle der Verletzung des Benachteiligungsverbots in § 612a BGB zu berücksichtigen und seinen Sachvortrag unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu ergänzen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre. Es kann auf sich beruhen, ob es sich dabei um eine Klageänderung iSv. § 263 ZPO oder um einen Fall des § 264 Nr. 3 ZPO handelte. Eine objektive Klageänderung wäre jedenfalls zulässig, weil sie sachdienlich wäre und der bisherige Sachvortrag verwertet werden könnte. Das Landesarbeitsgericht wird sich nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Überzeugung darüber bilden müssen, ob die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen hat und daraus ein Anspruch auf Geldersatz aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB - jeweils iVm. §§ 612a, 251 Abs. 1, § 252 BGB - folgt. Das hängt davon ab, ob dem Kläger deshalb kein Folgevertrag angeboten wurde, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübte. Sollte die Beklagte § 612a BGB verletzt haben, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, welcher Schaden dem Kläger dadurch entstanden ist. Selbst wenn die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG entsprechend anzuwenden sein sollte, wäre sie durch die ursprünglich auf Wiedereinstellung gerichtete Klage gewahrt.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bea    

        

    Krollmann    

                 

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 24. September 2010 - 10 Sa 488/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Lohnerhöhung.

2

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war seit 1981 bei der H GmbH als Kundendiensttechniker in E bei D beschäftigt. Die H GmbH mit Sitz in Hessen ist Mitglied im Verband der Metall- und Elektrounternehmen Hessen e.V. (VME Hessen). Dieser schließt mit der IG Metall Tarifverträge für die Betriebe der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie im Land Hessen ab. Nach dem Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1981 gelten für das Arbeitsverhältnis des Klägers die „jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie“. Am 1. April 2007 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsübergangs auf die nicht tarifgebundene Beklagte über.

3

Die zum 1. Juni 2007 und zum 1. Juni 2008 für das Tarifgebiet Hessen vereinbarten Tariflohnerhöhungen leistete die Beklagte nicht. In einem daraufhin geführten Rechtsstreit stellte das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 396/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 72)fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweiligen Bestimmungen der Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie im Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden.

4

Am 6. Januar 2009 unterbreitete die Beklagte allen von der H GmbH übernommenen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverträge auf die Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie Bezug nahmen, ein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags. Das monatliche Bruttoentgelt sollte sich rückwirkend ab dem 1. April 2008 um 3 % und im Zuge einer Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 39 Stunden ab dem 1. Januar 2009 um 1 % erhöhen. Eine Bezugnahme auf Tarifverträge sollte entfallen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht an. Den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot angenommen hatten, zahlte die Beklagte die entsprechend erhöhten Löhne.

5

Der Kläger verlangt eine Erhöhung seines Bruttoentgelts ab Januar 2009 um 3 %. Er hat die Auffassung vertreten, einen sachlichen Grund, ihn von der Entgelterhöhung auszunehmen, gebe es nicht. Die Ablehnung des Änderungsangebots dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen, zudem diskriminiere ihn die Beklagte als Teilzeitarbeitnehmer.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.147,77 Euro brutto nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Lohnerhöhung vom 6. Januar 2009 iHv. 3 % über den 1. Oktober 2009 hinaus an ihn weiterzugeben.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie erfülle mit der Entgelterhöhung nur vertragliche Ansprüche.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

10

I. Der Feststellungsantrag ist unzulässig. Es fehlt an der hinreichenden Bestimmtheit.

11

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 14, NZA 2012, 31; 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 4; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3).

12

2. Diesen Anforderungen genügt der Feststellungsantrag nicht. Die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur „Weitergabe“ einer Lohnerhöhung iHv. 3 % lässt nicht erkennen, worüber die Sachentscheidung konkret ergehen soll. Weder aus dem Antrag noch dem Sachvortrag der Kläger ergibt sich, was unter dem Begriff „Lohn“ zu verstehen sein soll. Es bleibt unerläutert, ob nur der Stundenlohn des Klägers oder auch andere Vergütungsbestandteile wie Zulagen, Zuschläge, Einmalzahlungen, Mehrarbeitsvergütungen und ähnliche Leistungen erfasst werden. Des Weiteren lässt der Kläger den Ausgangswert für die Lohnerhöhung offen und stellt nicht klar, ob Basis der Lohnerhöhung der von ihm bis zum 31. Dezember 2008 tatsächlich bezogene oder ein nicht näher bestimmter Tariflohn sein soll.

13

II. Der Zahlungsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütungsnachzahlung für den Zeitraum Januar bis September 2009 iHv. 1.147,77 Euro brutto nebst Zinsen.

14

1. Ein Zahlungsanspruch folgt nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

15

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 18, NZA 2012, 31; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22).

16

b) Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat die Beklagte genügt.

17

aa) Die Beklagte hat zwar bei der Unterbreitung des Änderungsangebots eine verteilende Entscheidung getroffen. Jedoch wurde der Kläger bei dieser nicht benachteiligt. Das Änderungsangebot wurde gerade auch ihm angetragen, um ihn zum Verzicht auf die dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie zu bewegen. Die Teilung der Belegschaft in eine Gruppe, die das Angebot der Beklagten annahm und in eine solche, die es ablehnte, erfolgte unabhängig vom Willen der Beklagten durch die Entscheidung jedes einzelnen Arbeitnehmers für oder gegen die Änderung seines Arbeitsvertrags.

18

bb) Der Gewährung der Lohnerhöhung nur an die Arbeitnehmer, die das Änderungsangebot angenommen hatten, lag keine verteilende Entscheidung der Beklagten mehr zugrunde. Die Beklagte ist lediglich ihren vertraglichen Verpflichtungen aus den geänderten Arbeitsverträgen nachgekommen. Eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers fehlt, wenn der Arbeitgeber ausschließlich normative oder vertragliche Verpflichtungen erfüllt (BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 21, NZA 2012, 31; 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - Rn. 17, BAGE 115, 367). Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt (zu einer solchen Fallgestaltung, vgl. zB das vom Kläger angezogene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 284; ebenso 23. Februar 2011 - 5 AZR 84/10 - EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 24; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - BAGE 122, 1 - jeweils mwN).

19

cc) Ob die eine verteilende Entscheidung ausschließende Vertragserfüllung auch dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitsvertrag objektiv an Wirksamkeitsmängeln leidet, die Vertragsparteien aber übereinstimmend von seiner Wirksamkeit ausgehen und ihn erfüllen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Vorbringen des Klägers bietet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Wirksamkeit der auch ihm angebotenen Änderungsvereinbarung.

20

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers ist der nicht tarifgebundene Arbeitgeber nicht gehalten, eine Bezugnahmeklausel zu vereinbaren. Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht es im Rahmen ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht frei, für ihr Arbeitsverhältnis die Geltung jedes beliebigen oder überhaupt keines Tarifvertrags zu vereinbaren. In gleicher Weise sind sie grundsätzlich frei in der Entscheidung, eine vereinbarte Verweisungsklausel wieder aufzuheben. Das gilt jenseits der im Streitfall nicht mehr eingreifenden einjährigen Änderungssperre des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB auch nach einem Betriebsübergang(vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 - Rn. 37, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 72).

21

(2) Der Kläger ist durch den angetragenen „Verzicht“ auf die Bezugnahmeklausel schon deshalb nicht in seiner positiven Koalitionsfreiheit berührt worden, weil ein Verstoß gegen die individuelle Koalitionsfreiheit nur in Betracht kommt, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Abreden unabhängige kollektivrechtliche Wirkungsweise tariflicher Normen geht. Nur in jenem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von - positiver oder negativer - Koalitionsfreiheit begründen (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 150).

22

2. Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt.

23

a) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 122, 1). Die Tatbestandvoraussetzung „Benachteiligung“ ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen hat wählen können. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine Benachteiligung des Arbeitnehmers vor (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - BAGE 121, 247). Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine diesem nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der dem Arbeitnehmer erwachsenden Nachteile verpflichtet (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186). Dementsprechend ist der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB(BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 27, NZA 2012, 31).

24

b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die vom Kläger als benachteiligend empfundene Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Änderungsvereinbarung durch den Kläger, sondern in der Erfüllung der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot der Beklagten angenommen hatten.

25

3. Der Kläger hat keinen Zahlungsanspruch aus § 4 Abs. 1 TzBfG.

26

a) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TzBfG). Teilzeitbeschäftigt ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Vergleichbar ist ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebs mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 3 TzBfG).

27

b) Der Kläger ist nicht teilzeitbeschäftigt. Zwar arbeitet er im Gegensatz zu den Arbeitnehmern, die auf der Grundlage des geänderten Arbeitsvertrags beschäftigt werden, nur 35 statt 39 Wochenstunden. Mit ihm vergleichbar sind jedoch nur die Arbeitnehmer, die wie er an dem Arbeitsvertrag mit der Bezugnahme auf die Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie festgehalten haben. Der Kläger war nach Maßgabe der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifregelungen Vollzeitarbeitnehmer und er blieb es auch nach der Ablehnung des Änderungsangebots (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 32, BAGE 122, 1; 14. März 2007 - 5 AZR 791/05 - Rn. 15, NZA 2007, 981).

28

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Hromadka    

        

    Dittrich    

                 

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. Januar 2011 - 2 Sa 97/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben zu je 1/5 die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Sonderzahlung.

2

Die Kläger sind langjährige Beschäftigte der Beklagten. Auf die Arbeitsverhältnisse findet kraft Tarifbindung ua. der Tarifvertrag über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in den Tarifgebieten Südbaden und Südwürttemberg-Hohenzollern vom 14. Juni 2005 (TV-Sonderzahlungen) Anwendung. Dieser lautet auszugsweise:

        

§ 2   

        

Sonderzahlungen

        

2.1     

Beschäftigte, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen.

                 

Ausgenommen sind die Beschäftigten, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsverhältnis gekündigt haben.

        

2.2     

Die Leistungen werden nach folgender Staffel gezahlt:

                 

…       

                 

nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit 60 %

                 

eines Monatsverdienstes.

        

…       

        
        

§ 3     

        

Zeitpunkt

        

3.1     

Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarung geregelt.

        

3.2     

Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als Auszahlungstag im Sinne des § 2.1 der 1. Dezember.

                 

…       

        

§ 4     

        

Anrechenbare betriebliche Regelungen

        

Leistungen des Arbeitgebers wie Jahresabschlussvergütungen, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld u. ä. gelten als betriebliche Sonderzahlungen im Sinne des § 2 dieses Tarifvertrages und erfüllen den tariflichen Anspruch.

        

Hierfür vorhandene betriebliche Systeme bleiben unberührt.“

3

Die Beklagte zahlt jährlich erfolgsorientierte Prämien (EOP) an ihre Mitarbeiter. Die Betriebsvereinbarung bezüglich EOP für das Jahr 2008 vom 29. Februar 2008 (BV-EOP) regelt ua. Folgendes:

        

„2.     

Grundsatz

        

Die freiwillige erfolgsorientierte Prämie (folgend EOP) wird vorrangig in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg gezahlt. Die EOP ist ein übertariflicher Anspruch.

                 
        

3.    

Kenngrößen

        

Für das Jahr 2008 gelten folgende Kenngrößen für die EOP:

        

3.1     

Liefertreue EcP und HorP …

        
        

3.2 a 

Triebwerke und Teilekits EcP …

        
        

3.2 b 

AK-Einheiten HorP …

        
        

3.3     

0-km-Qualität in ppm EcP und HorP …

        
        

3.4     

Steigerung Arbeitseffizienz gegenüber Vorjahr in % EcP und HorP …

        
                                   
        

4.    

Voraussetzungen

        
        

Mitarbeiter, die in den Geltungsbereich dieser Vereinbarung fallen, erhalten eine EOP, wenn

        
                 

4.1     

sie zum Stichtag 01.01.2009 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Betrieb, wie im Geltungsbereich definiert, stehen und

                 

4.2     

das Arbeitsverhältnis bei R Inland (RI) mindestens 6 Monate bestanden hat.

        

Für Monate in denen das Arbeitsverhältnis geruht hat und/oder kein Entgelt- oder Entgeltfortzahlungsanspruch bestanden hat, entsteht kein Anspruch auf EOP.

        
        

…       

                 
                                   
        

6.    

Auszahlung

        
        

Die EOP wird nach Abschluss des Geschäftsjahres 2008 (voraussichtlich im Monat April des Folgejahres) ausgezahlt. Die Höhe des max. auszuschüttenden Gesamtvolumens (100 %) wird durch BR/GL festgelegt.

        
                          
        

7.    

Berechnungsgrundlage

        
        

Die EOP wird in Prozent vom Monatseinkommen berechnet. Berechnungsgrundlage für das Monatseinkommen sind die Regelungen zur Bemessung der tariflich abgesicherten betrieblichen Sonderzahlungen im Tarifgebiet (Bayerische Metall- und Elektroindustrie bzw. Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg, Südwestmetall Südwürttemberg-Hohenzollern).

        
        

Bezugszeitpunkt ist der 01.12.2008.“

        
4

Die Beklagte zahlte die sich errechnende EOP mit den Lohnabrechnungen für April 2009 an die Kläger. Auf der Grundlage einer tariflichen Öffnungsklausel führte sie mit den Betriebsräten ihrer Betriebe Verhandlungen darüber, die zum 1. Mai 2009 tariflich vereinbarte Entgelterhöhung von 2,1 % wegen der wirtschaftlichen Lage bis zum 1. Oktober 2009 zu verschieben. Der Betriebsrat des Beschäftigungsbetriebs der Kläger stimmte der Verschiebung nicht zu, hier wurden die Tarifentgelte zum 1. Mai 2009 erhöht. Nach Ankündigung durch Schreiben an die Belegschaft vom 2. Juni 2009 rechnete die Beklagte die gezahlte EOP mit den Entgeltabrechnungen für November 2009 auf die tarifliche Sonderzahlung an. Auf die Möglichkeit der Anrechnung hatte sie in den Verhandlungen mit dem Betriebsrat hingewiesen.

5

Mit der Klage begehren die Kläger die volle tarifliche Sonderzahlung. Die EOP sei keine anrechnungsfähige Leistung iSv. § 4 TV-Sonderzahlungen, weil sie einen anderen Leistungszweck verfolge. Sie sei als „übertarifliche“ Leistung vereinbart und deshalb der Anrechnung entzogen. Schließlich verstoße die Anrechnung als Reaktion auf eine zulässige Rechtsausübung des Betriebsrats gegen § 612a BGB.

6

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an den Kläger zu 1. 684,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009,

        

2.    

an den Kläger zu 2. 533,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009,

        

3.    

an den Kläger zu 3. 802,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009,

        

4.    

an den Kläger zu 4. 724,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009,

        

5.    

an den Kläger zu 5. 517,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, mit Zahlung der EOP sei der Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung in dem geltend gemachten Umfang erfüllt worden.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Der Anspruch der Kläger auf die betriebliche Sonderzahlung nach § 2 TV-Sonderzahlungen für das Jahr 2009 ist nach § 4 TV-Sonderzahlungen im geltend gemachten Umfang durch Zahlung der EOP im April 2009 erfüllt worden(§ 362 Abs. 1 BGB).

10

I. Nach der Rechtsprechung des Senats zu wortgleichen Tarifnormen aus anderen Tarifgebieten der Metall- und Elektroindustrie erfüllen alle vom Arbeitgeber aufgrund eines betrieblichen Systems zusätzlich gewährten Leistungen den tariflichen Anspruch auf die betriebliche Sonderzahlung, sofern sie - ebenso wie die in § 4 Satz 1 TV-Sonderzahlungen aufgeführten zusätzlichen Leistungen - auf das Kalenderjahr bezogen sind( BAG 22. Mai 1996 - 10 AZR 802/95 - zu II 2 a der Gründe, zu § 4 des Tarifvertrags über betriebliche Sonderzahlungen für das Tarifgebiet II Berlin-Ost und Brandenburg vom 10. März 1991; 7. Dezember 1994 - 10 AZR 532/94 - zu II 2 der Gründe, zu § 5 des Tarifvertrags über betriebliche Sonderzahlungen für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte für die Metallindustrie Hamburgs und Umgebung sowie Schleswig-Holstein). An diesem weiten Verständnis der Anrechnungsvorschrift hält der Senat fest. Wie schon die genaue Bezeichnung des TV-Sonderzahlungen zum Ausdruck bringt, sollen betriebliche Sonderzahlungen tariflich abgesichert werden. Ziel des Tarifvertrags ist danach nicht die Begründung eines Anspruchs auf tarifliche Sonderzahlungen zusätzlich zu betrieblichen Leistungen. Vielmehr werden bisher übertariflich erbrachte Sonderzahlungen faktisch in die unmittelbare und zwingende Wirkung des Tarifvertrags überführt. Nur soweit der Arbeitgeber sie noch nicht erbringt, ergibt sich ein zusätzlicher Anspruch bzw. tritt eine zusätzliche Belastung ein. Dies bestätigen die weiteren Regelungen des Tarifvertrags. Nach § 2 TV-Sonderzahlungen haben Beschäftigte einen Anspruch auf „betriebliche Sonderzahlungen“. Nach § 4 TV-Sonderzahlungen gelten als „betriebliche Sonderzahlungen“, die diesen Anspruch erfüllen, sowohl reine Gratifikationen wie auch im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung stehende Vergütungen wie Jahresprämien, Jahresabschlussvergütungen und Ergebnisbeteiligungen. Dass alle jahresbezogenen betrieblichen Leistungen nach § 4 TV-Sonderzahlungen den Anspruch erfüllen sollen und deshalb ein weites Verständnis der Norm geboten ist, kommt schließlich darin zum Ausdruck, dass die anrechnungsfähigen betrieblichen Leistungen ausdrücklich nicht abschließend(„u. ä.“) benannt sind. Für den Eintritt der Erfüllungswirkung nach § 4 Satz 1 TV-Sonderzahlungen wird damit auch nicht vorausgesetzt, dass der Zweck der betrieblichen Leistung mit dem der Sonderzahlung in § 2 TV-Sonderzahlungen identisch ist.

11

II. Die nach Ziff. 4 BV-EOP gezahlte EOP hat den Anspruch auf eine betriebliche Sonderzahlung nach § 2 TV-Sonderzahlungen erfüllt.

12

1. Die EOP ist eine zumindest ähnliche Leistung iSv. § 4 Satz 1 TV-Sonderzahlungen. Sie wird auf der Grundlage von Kenngrößen der Liefertreue, Quantität, Qualität und Steigerung der Arbeitseffizienz ermittelt, nach Ziff. 2 BV-EOP vorrangig in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg und nach Ziff. 4 BV-EOP nur an die Mitarbeiter gezahlt, die zum Stichtag 1. Januar 2009 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen und deren Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate bestanden hat. Damit verbindet die EOP Elemente einer leistungsbezogenen Jahresprämie, einer Ergebnisbeteiligung sowie einer Gratifikation.

13

2. Unerheblich ist, dass die EOP für das abgelaufene Geschäftsjahr 2008 gezahlt wurde und damit einen anderen Leistungszeitraum betrifft als der Anspruch aus § 2 TV-Sonderzahlungen für das Jahr 2009. Anrechenbare Leistung nach § 4 Satz 1 TV-Sonderzahlungen und Anspruch nach § 2 TV-Sonderzahlungen müssen nicht auf dasselbe Kalenderjahr bezogen sein. Dass die Tarifvertragsparteien in § 4 TV-Sonderzahlungen auch Leistungen erfassen wollten, die für einen zurückliegenden Bezugszeitraum gezahlt werden, zeigt die ausdrückliche Aufnahme der Jahresabschlussvergütungen und der Ergebnisbeteiligungen, die regelmäßig erst nach Ablauf des Bezugszeitraums gezahlt werden. Für die Erfüllungswirkung dieser Leistungen auf den tariflichen Anspruch ist es ohne Bedeutung, wenn sich die Leistungen auf einen bereits abgelaufenen Zeitraum beziehen (BAG 8. März 1995 - 10 AZR 390/94 - zu II 1 b der Gründe).

14

III. Die Erfüllungswirkung nach § 4 TV-Sonderzahlungen ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die EOP nach Ziff. 2 Satz 2 BV-EOP ein „übertariflicher Anspruch“ ist. Es kann dahinstehen, inwieweit Betriebsparteien eine tariflich geregelte Erfüllungswirkung durch Betriebsvereinbarung ausschließen oder gestalten können. Die BV-EOP bestimmt keinen Anrechnungsausschluss; durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die EOP grundsätzlich zusätzlich zur betrieblichen Sonderzahlung nach § 2 TV-Sonderzahlungen geleistet werden soll, bestehen nicht.

15

1. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 18. Oktober 2011 - 1 AZR 376/10 - Rn. 15; 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09  - Rn. 9, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 31).

16

2. Dass die EOP nach dem Wortlaut der Norm ein „übertariflicher Anspruch“ ist, bedeutet für sich genommen nur, dass sie nicht bereits aus anderem - tariflichen - Rechtsgrund geschuldet wird; daraus ergibt sich nicht, dass eine Anrechnung auf die betriebliche Sonderzahlung nach § 2 TV-Sonderzahlungen ausgeschlossen ist. Vielmehr nimmt der Tarifvertrag gerade auf die übertariflichen jährlichen Sonderzahlungen der Betriebe Rücksicht. Dies bestätigt die Regelungssystematik der BV-EOP. Sie verweist in Ziff. 7 (Berechnungsgrundlage) ausdrücklich auf die Regelungen zur Bemessung der tariflich abgesicherten betrieblichen Sonderzahlungen im Tarifgebiet. Legt die BV-EOP Bestimmungen des TV-Sonderzahlungen zugrunde, hätte eindeutig bestimmt werden müssen, wenn andere Regelungen des Tarifvertrags, wie vorliegend die ausdrücklich vorgesehene Erfüllungswirkung, ausgeschlossen sein sollen. Daran fehlt es. Die EOP macht als übertariflicher Anspruch auch dann einen Sinn, wenn sie von vornherein anrechenbar iSv. § 4 TV-Sonderzahlungen ist; denn ihre Anspruchsvoraussetzungen sind jedenfalls teilweise für die Arbeitnehmer günstiger als die der tariflichen Leistung.

17

IV. Die Berufung der Beklagten auf die tariflich bestimmte Erfüllungswirkung des § 4 TV-Sonderzahlungen verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.

18

1. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Über den unmittelbaren Anwendungsbereichs der Vorschrift hinaus kann als Rechtsausübung auch ihre kollektive Ausübung durch den Betriebsrat in Betracht kommen (BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 29, BAGE 124, 71). Eine Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese ihre Rechte nicht ausüben. Das Maßregelungsverbot setzt voraus, dass zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bildet (st. Rspr., BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 23; 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 26).

19

2. Der Betriebsrat hat zwar, indem er der Verschiebung der Tariflohnerhöhung nicht zugestimmt hat, ein Recht iSv. § 612a BGB ausgeübt. Das Berufen der Beklagten auf die tarifliche Erfüllungswirkung des § 4 Satz 1 TV-Sonderzahlungen ist auch eine benachteiligende Maßnahme des Arbeitgebers; denn die Beklagte hatte, wie auch schon in früheren Jahren und entsprechend der Formulierung im Schreiben vom 2. Juni 2009, ohne Weiteres die Möglichkeit, von ihrem tariflichen Recht keinen „Gebrauch zu machen“. Die zulässige Rechtsausübung des Betriebsrats war aber nicht wesentliches Motiv für die Maßnahme. Die Beklagte wollte die wirtschaftlichen Vorteile, die in der möglichen Verschiebung der Tariflohnerhöhung liegen, realisieren. Entsprechende Vorteile konnte sie nach Ablehnung der Verschiebung der Tariflohnerhöhung durch den Betriebsrat nur über die - bereits in den Verhandlungen mit dem Betriebsrat angekündigte - tariflich geregelte Kürzung der Sonderzahlung erreichen. Tragendes Motiv war somit nicht die Sanktion einer bestimmten Ausübung des Mitbestimmungsrechts, sondern die Realisierung einer im Tarifvertrag angelegten wirtschaftlichen Vergünstigung.

20

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Zielke    

        

    Rudolph    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Dezember 2009 - 3 Sa 267/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag und Beschäftigung.

2

Die Beklagte beschäftigte den Kläger zunächst vom 23. Januar 2006 bis 31. März 2006 aufgrund einer Trainingsmaßnahme. Am 4. Januar 2006 schlossen die Parteien einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 2006 bis 31. März 2007. Am 14. November 2006 verlängerten sie den Arbeitsvertrag bis 31. März 2008. Der Kläger wurde als Industriemechaniker in der Abteilung „PVE Shearer“ eingesetzt. Dort werden Walzenlader entwickelt und - zumindest in Prototypen - gefertigt. Die Beklagte hatte die Abteilung zum 1. April 2006 von Großbritannien nach Deutschland verlagert. In der Abteilung arbeiteten neben dem Kläger zwölf gewerbliche Arbeitnehmer. Zehn dieser Arbeitnehmer wurden befristet beschäftigt. Sechs von ihnen wurden mit dem Kläger am 1. April 2006 oder kurz zuvor befristet eingestellt. Diese sechs Arbeitnehmer schlossen später unbefristete Arbeitsverträge mit der Beklagten.

3

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war seit Herbst 2006 Mitglied des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers bei der Beklagten. Seit August 2007 war er dessen Leiter. In dieser Eigenschaft ergriff er in einer Betriebsversammlung am 14. Dezember 2007 das Wort, sprach sich für eine Entgeltsonderzahlung aus und machte kritische Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen. Der Geschäftsführer der Beklagten bezeichnete diese Anmerkungen als „Frechheit“. Am 20. Dezember 2007 informierte der frühere Abteilungsleiter L den Kläger darüber, dass die Geschäftsführung dessen Arbeitsvertrag nicht „entfristen“ werde. Der Betriebsrat teilte dem Kläger am 21. Dezember 2007 mit, die Geschäftsführung habe erklärt, dass es Überlegungen gebe, das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zu „entfristen“. Als der Betriebsrat in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 ein Gespräch mit der Geschäftsführung wegen der „Übernahme“ des Klägers führte, wurde ihm sinngemäß mitgeteilt, er brauche doch nur in das Internet zu schauen.

4

Der Kläger verlangt mit seiner am 3. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zum 1. April 2008. Er hat sich zunächst auf vertrauensbegründende Zusagen der Beklagten und den Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot gestützt. Zuletzt hat er eine Maßregelung iSv. § 612a BGB angenommen.

5

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe mehrfach erklärt, dass er, wie die anderen befristet Beschäftigten auch, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde. Er habe im Herbst 2007 mehrere persönliche Gespräche über eine unbefristete Einstellung mit dem stellvertretenden Personalleiter der Beklagten M, dem Bereichsleiter R, dem damaligen Abteilungsleiter L und Mitgliedern des Betriebsrats geführt. In allen Gesprächen sei eine geplante unbefristete Einstellung fest in Aussicht gestellt worden. Ihm gegenüber sei erklärt worden, unbefristete Einstellungen seien im Grundsatz klar, verzögerten sich aber im Augenblick wegen der Veränderungen durch den Verkauf der Arbeitgeberin an ein US-amerikanisches Unternehmen. Der stellvertretende Personalleiter M habe ihm schon bei der Einstellung und später in einem Gespräch über die Vertragsverlängerung mitgeteilt, es sei bei der Beklagten zwar üblich, nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu verfahren. Es sei aber ebenso üblich, die Befristungen in unbefristete Verträge umzuwandeln, sofern keine persönlichen Gründe dagegen sprächen. Der stellvertretende Personalleiter M habe dem Kläger noch im Herbst 2007 bestätigt, im Prinzip sei klar, dass alle in der Abteilung befristet Beschäftigten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würden. „Von Deutschland aus“ sei alles klar, die Verträge lägen in Amerika zur Unterschrift vor. Es „hänge“ im Moment noch „an“ dem Eigentümerwechsel. Der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L hätten sich entsprechend geäußert. Die fehlende Unterschrift aus dem in den USA gelegenen Teil der Beklagten habe sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der endgültigen Vertragsunterzeichnung bezogen. Nach dem Eigentümerwechsel hätten die Verträge zwar formal in den USA bestätigt werden sollen. Die Kompetenzen für Personalplanung und Personalentscheidungen seien aber in Deutschland geblieben. Im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) nicht übernommen werde.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zu den bisherigen Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 4. Januar 2006 iVm. dem Arbeitsvertrag vom 14. November 2006 unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer als Industriemechaniker mit Wirkung zum 1. April 2008 anzunehmen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinsichtlich des Antrags zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat die Bedeutung von § 612a BGB verkannt. Die Beklagte hat möglicherweise gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Deshalb kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Betracht. Mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, kann der Kläger allerdings nicht durchdringen. Einem Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags steht die entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG entgegen. Da dieser rechtliche Gesichtspunkt in den Tatsacheninstanzen nicht erörtert worden ist und die nach § 139 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweise nicht erteilt worden sind, wird das Landesarbeitsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag umzustellen, auf Geldersatz zu richten und den Schadensumfang im Einzelnen darzulegen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre.

10

A. Die Klage ist mit den bisherigen Anträgen unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, mit dem Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Sie hat zwar möglicherweise - entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts - gegen § 612a BGB verstoßen. Daraus ergibt sich jedoch kein Einstellungsanspruch des Klägers. Das folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG. Der Kläger kann auch nicht verlangen, über den 31. März 2008 hinaus beschäftigt zu werden.

11

I. Der auf Abgabe der Annahmeerklärung der Beklagten gerichtete Klageantrag zu 1. kann keinen Erfolg haben. Er ist zulässig, aber unbegründet.

12

1. Der Antrag zu 1. ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

13

a) Der Kläger erstrebt die Abgabe der Annahmeerklärung zu dem Vertragsangebot, das im Klageantrag zu 1. liegt. Mit Rechtskraft des Urteils soll durch die Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO ein Arbeitsverhältnis entstehen(vgl. zu der Fiktion zB BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 20 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Der Wortlaut des Antrags und die Klagebegründung sind unmissverständlich auf Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet, durch die ein Arbeitsverhältnis erneut begründet werden soll. Sie können nicht im Sinn eines Befristungskontrollantrags nach § 17 Satz 1 TzBfG verstanden werden.

14

b) Der Antrag zu 1. ist in dieser Auslegung zulässig. Er ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags ist mit der Tätigkeit eines Industriemechanikers hinreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. April 2008 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile sind bezeichnet. Sie ergeben sich aus den Arbeitsverträgen vom 4. Januar 2006 und 14. November 2006.

15

2. Der Klageantrag zu 1. ist in seiner bisherigen Fassung unbegründet. Er ist in nicht zu beanstandender Weise auf die rückwirkende Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots. Er hat nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine rechtsgeschäftliche Zusage der Beklagten dargelegt. Einem Wiedereinstellungsanspruch unmittelbar aufgrund des Maßregelungsverbots in § 612a BGB oder aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz steht der Rechtsgedanke des § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

16

a) Der Antrag zu 1. ist nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. April 2008 (rück-)wirken soll.

17

aa) Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. für die st. Rspr. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

18

bb) Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung herbeigeführt werden soll, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor der (fingierten) Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

19

b) Für den Wiedereinstellungsanspruch besteht keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage.

20

aa) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags nicht zugesagt hat.

21

(1) Der Senat hat früher angenommen, ein Arbeitnehmer könne einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an die Laufzeit eines wirksam befristeten Arbeitsvertrags haben, wenn der Arbeitgeber durch sein Verhalten beim Vertragsschluss oder während der Vertragslaufzeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, aufgrund dessen der Arbeitnehmer berechtigterweise habe erwarten dürfen, nach dem Ende der Vertragslaufzeit weiterbeschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber sei dann durch Verschulden beim Vertragsschluss zum Schadensersatz und damit zum Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags verpflichtet (vgl. etwa BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 93/98 - zu II 3 der Gründe; 26. April 1995 - 7 AZR 936/94 - zu II 2 der Gründe, AP AFG § 91 Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 144). Diese Rechtsprechung hat der Senat später insofern präzisiert, als allein aus in Anspruch genommenem Vertrauen kein Anspruch auf Wiedereinstellung hergeleitet werden kann. Zu Unrecht enttäuschtes Vertrauen verpflichtet lediglich zum Ersatz des Vertrauensschadens, begründet aber keinen Erfüllungsanspruch (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 17, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Ein vertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags besteht nur dann, wenn die Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers als Zusage auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszulegen sind (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 18, BAGE 127, 239).

22

(2) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Beklagte eine solche Zusage auch auf der Grundlage des als zutreffend unterstellten Vortrags des Klägers nicht erteilt hat. Der Kläger rügt diese Würdigung mit der Revision auch nicht länger.

23

(a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte. Dieser Inhalt kann vom objektiven Sinn des Erklärungstatbestands abweichen (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 190/05 - Rn. 23 mwN, AP BGB § 611 Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2). Die Auslegung atypischer Willenserklärungen obliegt in erster Linie den Tatsacheninstanzen. Sie ist revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 18, BAGE 121, 247).

24

(b) Solche Rechtsfehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen. Es hat alle für die Auslegung maßgebenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zutreffend gewürdigt, dass der stellvertretende Personalleiter M, der Bereichsleiter R und der frühere Abteilungsleiter L auch nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers deutlich machten, sie selbst hätten keinen Einfluss auf den Vertragsschluss. Sie bezogen sich auf Entscheidungsbefugnisse anderer Personen im Unternehmen der Beklagten, insbesondere in dem in den USA gelegenen Teil des Unternehmens. Sie selbst konnten und wollten damit nach dem Empfängerhorizont keine rechtsgeschäftliche Zusage im Sinn eines Vertragsangebots (§ 145 BGB) erteilen oder einen entsprechenden Antrag des Klägers annehmen.

25

bb) Die fehlende Bereitschaft der Beklagten, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, ist keine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen seiner Weltanschauung iSv. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG. Sie führt deshalb nicht zu einem Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist zudem durch § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

26

(1) § 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotene Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn und damit das entgangene Arbeitsentgelt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

27

(2) Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinen Vortrag gehalten, der es rechtfertigte anzunehmen, dass er wegen seiner politischen Überzeugung - seiner Nähe zur MLPD - nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wurde. Die Naturalrestitution der Wiedereinstellung ist ferner nach § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen.

28

(a) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dem Betriebsrat sei in der zweiten Januarwoche des Jahres 2008 sinngemäß mitgeteilt worden, er brauche (hinsichtlich des Klägers) doch nur in das Internet zu schauen, trägt einen solchen Schluss nicht. Diesem unstreitigen Vortrag kommt indiziell geringe Bedeutung zu, weil die Aussage nicht ausdrücklich mit der politischen Haltung des Klägers verknüpft ist. Auch das streitige Vorbringen des Klägers, im Werk hätten in der ersten Januarwoche des Jahres 2008 Gerüchte die Runde gemacht, dass er wegen seiner Nähe zur MLPD nicht übernommen werde, hat indiziell geringe Aussagekraft. Sie sind keiner für die Beklagte handelnden Person zugeordnet. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der Weltanschauung betrifft(ebenfalls offengelassen von BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 38, NZA-RR 2012, 43, vgl. dort auch die Ausführungen in Rn. 28 zu den politischen Grundrechten der Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und der Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen, aus Art. 21 Abs. 1 GG; vgl. zu der Kontroverse um den Weltanschauungsbegriff des § 1 AGG zB Annuß BB 2006, 1629, 1631; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 8; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; zu dem Grundrecht auf Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses aus Art. 4 Abs. 1 GG noch vor Inkrafttreten des AGG BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17.03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85).

29

(b) Nach § 15 Abs. 6 AGG begründet ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot der §§ 1, 7 Abs. 1 AGG auch keinen Anspruch auf Begründung eines sog. Beschäftigungsverhältnisses, hier eines Arbeitsverhältnisses, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Ein nach § 249 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch scheidet aus (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 75, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

30

cc) Dagegen kommt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine verbotene Maßregelung des Klägers iSd. allgemeinen Maßregelungsverbots in § 612a BGB in Betracht. Der Kläger kann den Wiedereinstellungsanspruch dennoch weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Dem steht der entsprechend anzuwendende § 15 Abs. 6 AGG entgegen.

31

(1) § 612a BGB bestimmt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu B III 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2).

32

(a) Das in § 612a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21, BAGE 121, 247; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (1) der Gründe, BAGE 113, 327). Indem die Vorschrift dem Arbeitgeber untersagt, bei Vereinbarungen oder Maßnahmen den Umstand zum Nachteil des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, schränkt sie die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers ein (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 23, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO). Wie aus dem auf Arbeitnehmer beschränkten Anwendungsbereich der Bestimmung deutlich wird, beruht sie auf dem für Arbeitsverhältnisse typischen Ungleichgewicht, das sich durch Weisungsrechte des Arbeitgebers und Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auszeichnet (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO).

33

(b) Eine Rechtsausübung in diesem Sinn kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen, sondern auch in der Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen. Von § 612a BGB wird auch die Ausübung von Grundrechten erfasst, soweit sie im Verhältnis zum Arbeitgeber rechtserheblich sind(vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 612a BGB Rn. 7; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 612a Rn. 7; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011) § 612a Rn. 15; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 612a BGB Rn. 12). Dazu gehören insbesondere auch das von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG gewährleistete Betätigungsfreiheit(vgl. zum Schutz der freien Meinungsäußerung und der gebotenen Konkordanz der widerstreitenden Grundrechte bei der Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis BVerfG 19. Mai 1992 - 1 BvR 126/85 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 86, 122; zum Schutz der freien Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK EGMR 21. Juli 2011 - 28274/08 - [Heinisch] Rn. 62 ff., EzA BGB 2002 § 626 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1).

34

(c) Die verbotene Benachteiligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeitgebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen. Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann in einem Unterlassen bestehen (vgl. MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 15; Staudinger/Richardi/Fischinger § 612a Rn. 13). Ob eine Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, ist durch einen Vergleich der Situation des Arbeitnehmers vor und nach der Maßnahme oder Vereinbarung zu beurteilen. Ein Nachteil ist stets gegeben, wenn sich die bisherige Rechtsposition des Arbeitnehmers verschlechtert, seine Rechte also verkürzt werden. Eine Benachteiligung iSv. § 612a BGB kann aber auch darin bestehen, dass dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, die entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben(vgl. für die st. Rspr. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 121, 247; siehe auch 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 115, 68).

35

(d) Das Maßregelungsverbot ist nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vgl. etwa BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22 mwN, BAGE 121, 247; 6. November 2003 - 2 AZR 690/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 108, 269).

36

(e) Ob § 612a BGB für die vorenthaltene Leistung unmittelbar anspruchsbegründende Wirkung zukommt oder ein Primäranspruch lediglich iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommt, ist noch nicht abschließend geklärt (offengelassen zB von BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 27, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22 ; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 a der Gründe mwN zu der Kontroverse, BAGE 113, 327; für eine anspruchsbegründende Wirkung in dem Sinn, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als wäre die verbotene Maßregelung nicht erfolgt, bspw. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 40, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 186; 12. Juni 2002 - 10 AZR 340/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 101, 312). Die Frage kann auch im Streitfall offenbleiben. Jedenfalls kann ein Verstoß gegen § 612a BGB - iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder iVm. § 823 Abs. 2 BGB - Sekundäransprüche auf Schadensersatz begründen.

37

(f) Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom beklagten Arbeitgeber benachteiligt wurde. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - Rn. 13, BAGE 130, 347).

38

(2) Nach diesen Grundsätzen kommt hier nach dem unstreitigen und streitigen Vortrag des Klägers zu dem Geschehen in der Betriebsversammlung vom 14. Dezember 2007 eine Benachteiligung des Klägers wegen Ausübung seiner Grundrechte auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG und auf individuelle Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG in Betracht. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beklagte nur deshalb weigerte, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen, weil der Kläger in der Betriebsversammlung in seiner Eigenschaft als Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers gegenüber der Beklagten Kritik geäußert und damit seine Grundrechte ausgeübt hatte.

39

(a) Ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe den Abschluss eines Folgevertrags entscheidend wegen seiner kritischen Äußerungen in der Betriebsversammlung abgelehnt, ist der Umstand, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Forderung des Klägers nach einer Entgeltsonderzahlung und seine kritischen Anmerkungen zum Abbau von 100 Arbeitsplätzen als „Frechheit“ bezeichnete. Indizielle Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass die Beklagte mit dem Kläger - anders als mit den sechs etwa zeitgleich eingestellten Arbeitnehmern - keinen unbefristeten Arbeitsvertrag schloss. Hinzu kommt das streitige Vorbringen des Klägers, wonach verschiedene Verantwortungsträger der Beklagten noch im Herbst 2007 davon ausgingen, es werde zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags kommen.

40

(b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht der Anwendung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hat, frei darüber zu entscheiden, ob sie nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses einen weiteren Arbeitsvertrag mit dem Kläger schließt.

41

(aa) Allerdings handelt es sich dann, wenn der Arbeitgeber sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, um keine nach § 612a BGB unzulässige Benachteiligung. Das in § 612a BGB zum Ausdruck kommende Unwerturteil ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt, auch wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben(BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 95/06 - Rn. 22, BAGE 121, 247). Schutzzweck des Maßregelungsverbots ist es nicht, den Arbeitsvertragsparteien die rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen (vgl. in dem anderen Zusammenhang eines Abfindungsanspruchs BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B II 2 b ee (2) der Gründe, BAGE 113, 327).

42

(bb) Der Arbeitgeber orientiert sein Verhalten aber nicht an der Rechtsordnung, wenn er gerade deswegen den Abschluss eines Folgevertrags ablehnt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt, und der Arbeitgeber den Vertrag ohne die Rechtsausübung geschlossen hätte. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall um eine verbotene Maßregelung. Der Arbeitgeber übt nicht lediglich in zulässiger Weise seine Vertragsfreiheit aus. Sein Motiv dafür, dem Arbeitnehmer wegen der zulässigen Ausübung von Rechten den Vorteil eines unbefristeten Arbeitsvertrags vorzuenthalten, wird von der Rechtsordnung missbilligt. Das gilt gleichermaßen für vorangehende sachgrundlose Befristungen wie für Befristungen mit Sachgrund. Dem steht das Urteil des Senats vom 13. August 2008 (- 7 AZR 513/07 - Rn. 23, BAGE 127, 239) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung begründet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit genießt Vorrang (vgl. BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 22 f., aaO). Daran hält der Senat ausdrücklich fest. Der Arbeitgeber, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer steht, ist dennoch verpflichtet, bei der Entscheidung über den Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zu beachten. Die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers ist nur in den Grenzen der Rechtsordnung geschützt. Das über den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hinausgehende Maßregelungsverbot des § 612a BGB ist Teil dieser Rechtsordnung. Versagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluss eines unbefristeten Vertrags aus dem tragenden Beweggrund einer von § 612a BGB verbotenen Benachteiligung, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, wird dieses Motiv von der Rechtsordnung nicht anerkannt. Das ohne den benachteiligenden Beweggrund zulässige Handeln des Arbeitgebers ist wegen des Maßregelungsverbots in § 612a BGB untersagt.

43

(3) Obwohl das Landesarbeitsgericht die Bedeutung des § 612a BGB verkannt hat, ist die Abweisung des Klageantrags zu 1. in seiner bisherigen Fassung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Kläger kommt weder unmittelbar aus § 612a BGB noch aus § 612a iVm. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder aus § 612a iVm. § 823 Abs. 2 BGB oder aus § 612a BGB iVm. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Das folgt aus der gebotenen Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG, der eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB durch Wiedereinstellung ausschließt. Der Ausschlussgrund des § 15 Abs. 6 AGG ist unbeabsichtigt lückenhaft. Für das Maßregelungsverbot des § 612a BGB besteht eine vergleichbare Interessenlage wie für die Benachteiligungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG(vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie bspw. BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 30; 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 22, EzA TzBfG § 17 Nr. 11).

44

(a) § 612a BGB enthält spätestens seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) eine unbewusste Regelungslücke. Die Vorschrift blieb zu diesem Zeitpunkt - am 18. August 2006 - unverändert. Sie besteht noch immer in der Fassung, in der sie durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308) eingeführt wurde. Abweichend vom AGG hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, ob sich aus einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben kann. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB kommt jedoch regelmäßig ein Schadensersatzanspruch insbesondere aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. § 612a BGB ist ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. nur APS/Linck § 612a BGB Rn. 25; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 612a Rn. 23; ErfK/Preis § 612a BGB Rn. 23). Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Schadensersatzanspruch darauf gerichtet ist, ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die gesetzgeberische Wertung, die in § 15 Abs. 6 AGG zum Ausdruck kommt, macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Frage versehentlich nicht geregelt hat. § 15 Abs. 6 AGG knüpft an den aufgehobenen § 611a Abs. 2 und Abs. 5 BGB an und schließt einen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses aus(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38 f.). Das gilt nicht nur für das Verbot der geschlechtsbezogenen Benachteiligung im aufgehobenen § 611a BGB, sondern für alle Diskriminierungsverbote des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG, also für Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Darin kommt ersichtlich eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck. Nach ihr soll der Arbeitgeber selbst bei massivsten Diskriminierungen - etwa wegen des Geschlechts, der Rasse oder der Religion - nicht verpflichtet werden, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Anspruch des benachteiligten Arbeitnehmers ist auf Geldersatz beschränkt. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei den typischerweise deutlich weniger gewichtigen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 612a BGB, etwa bei Geltendmachung von Urlaubsansprüchen oder Überarbeitsvergütung, einen Anspruch des bislang befristet beschäftigten Arbeitnehmers auf Abschluss eines Folgevertrags begründen wollte. Der Gesetzgeber hat die Regelungslücke erkennbar übersehen.

45

(b) Die Regelungslücke ist mit einer entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG zu schließen. Die Interessenlage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist bei einer Verletzung des Maßregelungsverbots in § 612a BGB vergleichbar mit derjenigen bei einem Verstoß gegen die Benachteiligungsverbote in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG.

46

(c) Die Entscheidung des Senats vom 6. April 2011 (- 7 AZR 524/09 - Rn. 34, NZA 2011, 970 ) hindert eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG in den Fällen des § 612a BGB nicht. Nach diesem Urteil ist eine Analogie zu § 15 Abs. 6 AGG bei einer aufgrund von § 7 Abs. 2 AGG unwirksamen Befristungsabrede nicht geboten. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung und den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses, der sich regelmäßig aus der Unwirksamkeit der Befristungsabrede ergibt, sondern um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses. Erst dadurch wird die grundrechtlich geschützte Auswahlfreiheit des Arbeitgebers berührt. Ihr trägt § 15 Abs. 6 AGG Rechnung(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - aaO).

47

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags anzunehmen. Sie muss ihn deswegen auch nicht beschäftigen.

48

B. Der Kläger kann mit den beiden bisherigen Klageanträgen, die auf Abgabe einer Annahmeerklärung und Beschäftigung gerichtet sind, wegen des Rechtsgedankens des § 15 Abs. 6 AGG nicht durchdringen, obwohl das Landesarbeitsgericht § 612a BGB verkannt hat. Die Revision konnte gleichwohl nicht nach § 561 ZPO zurückgewiesen werden. Dem Kläger war vielmehr nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu geben, sachdienliche Anträge zu stellen, um die entsprechende Anwendbarkeit des § 15 Abs. 6 AGG auf Fälle der Verletzung des Benachteiligungsverbots in § 612a BGB zu berücksichtigen und seinen Sachvortrag unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu ergänzen. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt, er hätte ggf. einen Antrag auf Geldersatz gestellt, wenn er auf eine mögliche entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 6 AGG hingewiesen worden wäre. Es kann auf sich beruhen, ob es sich dabei um eine Klageänderung iSv. § 263 ZPO oder um einen Fall des § 264 Nr. 3 ZPO handelte. Eine objektive Klageänderung wäre jedenfalls zulässig, weil sie sachdienlich wäre und der bisherige Sachvortrag verwertet werden könnte. Das Landesarbeitsgericht wird sich nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Überzeugung darüber bilden müssen, ob die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen hat und daraus ein Anspruch auf Geldersatz aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB - jeweils iVm. §§ 612a, 251 Abs. 1, § 252 BGB - folgt. Das hängt davon ab, ob dem Kläger deshalb kein Folgevertrag angeboten wurde, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübte. Sollte die Beklagte § 612a BGB verletzt haben, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, welcher Schaden dem Kläger dadurch entstanden ist. Selbst wenn die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG entsprechend anzuwenden sein sollte, wäre sie durch die ursprünglich auf Wiedereinstellung gerichtete Klage gewahrt.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Bea    

        

    Krollmann    

                 

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - aufgehoben, soweit es über die Vergütung für Januar bis Dezember 2006 in Höhe von 17.040,00 Euro brutto nebst Zinsen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen im Konzern der Deutschen Bahn AG, erbringt Serviceleistungen entlang des Schienennetzes der DB Netz AG. Der 1960 geborene Kläger stand bei ihr von September 2002 bis zum 30. April 2007 in einem Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag vom 30. August 2002 vereinbarten die Parteien ua.:


        

        
Der Arbeitnehmer wird als gewerblicher Mitarbeiter der Niederlassung Mitte, Zuständigkeitsbereich Stützpunkt Fulda, eingestellt und mit den einschlägigen Tätigkeiten (Sipo, Sakra, AzF, Büp etc.) nach Weisung seiner Vorgesetzten beschäftigt, soweit er hierzu die Befähigung besitzt.
        
Er ist verpflichtet, auf Anweisung auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten.
        
Die BRG kann den Arbeitnehmer jederzeit an einem anderen Einsatzort oder Dienststelle innerhalb oder außerhalb des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Bereiches zum Einsatz bringen bzw. dorthin versetzen.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wird in die Entgeltgruppe L 3 (Hessen) nach dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der für die BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, eingestuft. Darüber hinaus finden die im o. g. Tarifvertrag vereinbarten Grundsätze für die Eingruppierung Anwendung.
        
Die Nebenleistungen ergeben sich aus dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste.
        
        
Auf diesen Vertrag finden die Bestimmungen des geltenden Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, sowie die ihn ergänzenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wurde ausdrücklich auf die Folgen von Alkohol- und Drogenkonsum während der Ausübung der Tätigkeit hingewiesen. Der Arbeitnehmer darf weder alkoholisiert noch unter Drogen stehend zur Arbeit erscheinen noch während der Arbeitszeit und der Pausen alkoholische Getränke oder Drogen zu sich nehmen.
        
Ein Verstoß gegen diese Regelung kann arbeitsrechtliche Schritte bis zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages durch die BRG zur Folge haben.
        
…“   
3

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses war der Kläger als Sicherungsposten(Sipo) /Sicherungsaufsichtskraft (Sakra) eingesetzt und erhielt zuletzt eine monatliche Grundvergütung von 1.420,00 Euro brutto. Wegen Drogenabhängigkeit unterzog er sich vom 25. September 2003 bis zum 28. Januar 2004 einer stationären Entwöhnungsbehandlung und war anschließend - mit Ausnahme eines Einsatzes als Bahnübergangsposten (Büp) vom 15. bis zum 17. Juni 2004 - arbeitsunfähig krankgeschrieben bis zum 24. Januar 2005. Danach hat der Kläger mit eigenen und Schreiben verschiedener Rechtsanwälte der Beklagten mehrfach seine Arbeitsleistung angeboten, ab dem 16. Dezember 2005 auch unter Bezugnahme auf eine Einsatzmöglichkeit im Bereich Vegetationsarbeiten. Seine Beschäftigung lehnte die Beklagte wegen fehlender Bahndiensttauglichkeit ab.

4

Mit seiner am 7. Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger Vergütung für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 1.420,00 Euro brutto monatlich aus den Rechtsgründen des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit sei nicht auf eine solche als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten beschränkt. Wenn er diese Arbeiten nicht mehr verrichten könne, sei die Beklagte verpflichtet, ihn in der Vegetation einzusetzen. Er hat vorgetragen, bei einer Untersuchung durch den Bahnarzt Dr. S am 23. Dezember 2005 habe dieser auf Befragen des Betriebsratsvorsitzenden erklärt, der Kläger sei für Vegetationsarbeiten tauglich. Dabei sei auch eine körperliche Untersuchung erfolgt, die ergeben habe, dass keinerlei gesundheitliche Bedenken gegen eine Beschäftigung als Vegetationsarbeiter bestünden. Im Jahr 2005 habe die Beklagte mehrere Arbeitsplätze in der Vegetation mit Neueinstellungen besetzt. Zumindest könne er die Tätigkeiten der dort als Landschaftspfleger beschäftigten Arbeitnehmer M und P R übernehmen, denen die Beklagte per Direktionsrecht eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft zuweisen dürfe.

5

Der Kläger hat beantragt,


        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.990,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.
6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, der Kläger sei weder fachlich noch aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, Vegetationsarbeiten zu verrichten. Zudem sei in der fraglichen Zeit in der Vegetation ein Arbeitsplatz nicht frei gewesen, zu einem Austausch des Klägers insbesondere mit den Arbeitnehmern R habe keine Verpflichtung bestanden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet.

9

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage für den Zeitraum 25. Januar bis 31. Dezember 2005 unbegründet ist. Insoweit war die Revision zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

10

Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 begründet ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat für die Zeit vom 25. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006 keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gem. § 615 Satz 1 in Verb. mit § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich während des streitigen Klagezeitraums nicht im Annahmeverzug.

12

1. Das Angebot der Erbringung der vor dem streitigen Klagezeitraum ausgeübten Tätigkeiten als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, § 297 BGB. Danach kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts war der Kläger im streitigen Klagezeitraum aus in seiner Person liegenden Gründen nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten zu verrichten.

13

2. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil es nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betraf, § 294 BGB.

14

a) Nach dieser Vorschrift setzt der Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung so anbietet, wie sie zu bewirken ist. Die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung ist(nur dann) identisch mit der arbeitsvertraglich vereinbarten, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag konkret bestimmt ist. Ist dagegen - wie hier - die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(ganz herrschende Meinung, vgl. nur ErfK/Preis 10. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11). Erst die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung.

15

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger vor dem streitigen Klagezeitraum ausschließlich als Sicherungsposten/Sicherungsaufsichtskraft und nach seiner Entwöhnungsbehandlung drei Tage als Bahnübergangsposten eingesetzt war. Durch die Zuweisung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung gem. § 106 Satz 1 GewO näher bestimmt. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation betraf deshalb - unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen für ein wirksames, den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzendes Angebot - nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung.

16

b) Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet(Senat 30. April 2008 - 5 AZR 502/07 - Rn. 24, BAGE 126, 316). Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung (so schon BAG 27. April 1960 - 4 AZR 584/58 - AP BGB § 615 Nr. 10).

17

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 296 BGB. Die Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht darin, dem Arbeitnehmer überhaupt die Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen(vgl. ErfK/Preis § 615 BGB Rn. 40; MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 22). Aus § 296 BGB lässt sich aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, die von ihm wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen. Davon zu trennen ist die Frage, ob die vom Arbeitgeber unterlassene Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz begründen kann (dazu unter II).

18

c) Allerdings hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. November 2006(- 5 AZR 51/06 - Rn. 16, AP BGB § 615 Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 17) ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse. Dem lag aber der Fall einer Lehrerin zugrunde, deren Tätigkeit im Arbeitsvertrag mit „Lehrer im Angestelltenverhältnis“ umschrieben war und die vom Arbeitgeber zunächst als Sportlehrerin eingesetzt wurde, später neben Sport auch die Fächer Textilgestaltung und Kunst unterrichtete und zuletzt ausschließlich Unterricht in diesen Fächern erteilte. Damit hatte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Tätigkeit zuletzt gem. § 106 Satz 1 GewO auf Unterricht in den Fächern Textilgestaltung und Kunst konkretisiert. Der Verlust der Eignung für eine Tätigkeit als Sportlehrerin war deshalb für die Leistungsfähigkeit (§ 297 BGB) ohne Belang.

19

In seiner Entscheidung vom 27. August 2008(- 5 AZR 16/08 - Rn. 13, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26)hat der Senat zwar angenommen, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse, zugleich aber betont, die Konkretisierung der Arbeitspflicht nach § 106 Satz 1 GewO sei Sache des Arbeitgebers.

20

Soweit die letztgenannte Entscheidung dahingehend verstanden werden könnte, das Angebot einer anderen als der vom Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmten Leistung könne den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzen, hält der Senat daran nicht fest.

21

d) Dem steht die Rechtsprechung des Sechsten und Neunten Senats nicht entgegen.

22

Der Sechste Senat hat in seiner Entscheidung vom 13. August 2009(- 6 AZR 330/08 - Rn. 15, AP BGB § 241 Nr. 4) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Fünften Senats ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers schließe den Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht aus, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar sei, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leistungsgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen und er dies unterlasse. Der Entscheidung lag jedoch die besondere Fallkonstellation zugrunde, dass der klagende Arbeitnehmer tarifliche Ansprüche auf Umsetzung und Einkommenssicherung geltend machte. Die Ausführungen zum Annahmeverzug bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit waren nicht tragend.

23

Der Neunte Senat hat im Falle eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erkannt, dessen Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Behinderung stehe dem Annahmeverzug des Arbeitgebers bei unbilliger Ausübung des Direktionsrechts nicht entgegen(4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 14, BAGE 116, 121). Bei beschränkter Leistungsfähigkeit aufgrund einer Behinderung sei der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Ob dem zu folgen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, denn der Kläger ist nicht behindert iSd. Gesetzes.

24

II. Es kommt ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung in Betracht.

25

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die Beklagte schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB dadurch verletzt hätte, dass sie dem Kläger nicht durch Neuausübung ihres Direktionsrechts einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

26

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks(BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31, AP BGB § 241 Nr. 4; vgl. auch MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 241 Rn. 60, 63).

27

b) Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinen bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz, sondern auch einer Beschäftigung an anderer Stelle entgegensteht(st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 34 mwN, NZA 2010, 628).

28

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist.

29

bb) Zumutbar ist dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn dem keine betrieblichen Gründe, zu denen auch wirtschaftliche Erwägungen zählen können, oder die Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern entgegenstehen.

30

Betriebliche Gründe werden in der Regel der Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit nicht entgegenstehen, wenn ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist und der Arbeitgeber Bedarf für die Tätigkeit hat.

31

Ist ein entsprechender Arbeitsplatz nicht frei, kann also die Zuweisung einer anderen Tätigkeit nur durch den Austausch mit anderen Arbeitnehmern erfolgen, ist weiter zu prüfen, ob einer Umsetzung neben betrieblichen Gründen die dem Arbeitgeber gegenüber allen Arbeitnehmern obliegende Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB entgegensteht. Letzteres ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, der den anderweitigen Arbeitsplatz inne hat, nicht im Wege des Direktionsrechts eine andere Tätigkeit zuweisen kann oder die Neuausübung des Direktionsrechts diesem Arbeitnehmer gegenüber nicht billigem Ermessen entsprechen würde. Unzumutbar ist ein Austausch ferner dann, wenn der auszutauschende Arbeitnehmer einem Arbeitsplatzwechsel seine Zustimmung verweigert und der Arbeitgeber Gefahr liefe, bei Ausübung seines Direktionsrechts einem Prozess über die Wirksamkeit der Maßnahme ausgesetzt zu sein. Die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verlangt vom Arbeitgeber nicht, die Belange eines Arbeitnehmers unter Hintanstellung eigener Belange oder solcher anderer Arbeitnehmer durchzusetzen. Der Arbeitgeber braucht deshalb das Risiko, dass ein „zwangsweise“ ausgetauschter Arbeitnehmer die Wirksamkeit der(Neu-)Ausübung des Direktionsrechts gerichtlich überprüfen lässt, nicht einzugehen.

32

cc) Rechtlich möglich ist die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn ihr keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Insbesondere kann die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten, sich betriebsverfassungswidrig zu verhalten. Stimmt der Betriebsrat den mit einem Austausch von Arbeitnehmern verbundenen Versetzungen(§ 95 Abs. 3 BetrVG) nicht gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zu, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem seine bisherige Tätigkeit nicht mehr verrichten könnenden Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Ebenso wenig verlangt die Rücksichtnahmepflicht vom Arbeitgeber, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen(zur krankheitsbedingten Kündigung im Ergebnis ebenso BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107).

33

2. Nach diesen Grundsätzen kommt ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung in Betracht, allerdings erst für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006.

34

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 auf seinen möglichen Einsatz mit Vegetationsarbeiten Bezug genommen und damit frühestens zu diesem Zeitpunkt die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt. Selbst wenn die Beklagte im Anschluss daran verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger eine Tätigkeit im Bereich Landschaftspflege zuzuweisen, muss der Beklagten eine gewisse Zeit zur Prüfung, insbesondere der dem Verlangen des Klägers möglicherweise entgegenstehenden eigenen Belange oder von Belangen anderer Arbeitnehmer zugestanden werden. Unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Zustimmung des Betriebsrats und dessen Stellungnahmefrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG kommt deshalb ein Verschulden der Beklagten vor dem 1. Januar 2006 nicht in Betracht. Insoweit war die Revision des Klägers zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

35

b) Für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und - im Umfang der Aufhebung - zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

36

aa) Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger für Arbeiten im Bereich der Landschaftspflege überhaupt fachlich und gesundheitlich geeignet war und ist. Feststellungen dazu hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

37

bb) Im Rahmen des Direktionsrechts können - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - selbst bei einer Versetzungsklausel nur gleichwertige Tätigkeiten zugewiesen werden. Die Gleichwertigkeit orientiert sich bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems in der Regel an diesem System. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer keine niedriger zu bewertende Tätigkeit im Wege des Direktionsrechts zuweisen, selbst wenn er die höhere Vergütung, die der bisherigen Tätigkeit entspricht, weiterzahlen würde(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 26, AP BGB § 241 Nr. 4; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Eine höherwertige Tätigkeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht zuweisen, weil sie einer Beförderung gleichkäme, auf die kein Anspruch besteht (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 23, BAGE 127, 353; 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - zu II 1 der Gründe, AP BPersVG § 46 Nr. 5, jeweils mwN) und zu der auch die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten kann. In Betracht kommt deshalb als anderweitige (leidensgerechte) Tätigkeit des Klägers nur die eines Landschaftspflegers. Diese ist tariflich derselben Entgeltgruppe zugeordnet wie die vom Kläger früher ausgeübte Tätigkeit eines Sicherungspostens bzw. einer Sicherungsaufsichtskraft. Dagegen wird die Tätigkeit eines Landschaftspflegehelfers tariflich niedriger, die eines Landschaftstechnikers tariflich höher bewertet.

38

cc) Ein Arbeitsplatz als Landschaftspfleger war im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht frei. Ein Austausch des Klägers mit dem ausschließlich als Landschaftspfleger tätigen Arbeitnehmer R wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Zuweisung der bisherigen Tätigkeit des Klägers an den Arbeitnehmer R möglich, dieser insbesondere für die Tätigkeit geeignet gewesen wäre, die Zuweisung billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprochen und der Arbeitnehmer R den Arbeitsplatzwechsel hingenommen hätte. Dazu fehlt es bislang an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Einen Austausch des Klägers mit dem zweiten Arbeitnehmer gleichen Namens, der nicht ausschließlich als Landschaftspfleger, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund seiner Kenntnisse im EDV-Bereich auch im Innendienst mit vorbereitender Fakturierung, Angebotserstellung, Auswertung der Einsatzwechseltätigkeit und Bedarfsanforderung eingesetzt wird, brauchte die Beklagte nicht in Betracht zu ziehen. Der Kläger hat weder eine Tätigkeit im Innendienst verlangt noch dargetan, dass er fachlich in der Lage wäre, diese(Teil-) Aufgaben dieses Arbeitnehmers zu übernehmen.

39

dd) Ob betriebliche Gründe einem Austausch entgegenstanden, kann anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenso wenig abschließend geprüft werden, wie die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt ein Unterlassen des Austausches schuldhaft gewesen wäre. Allein die Erfordernisse einer bahnärztlichen Untersuchung des Arbeitnehmers R auf dessen Eignung für eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft und einer vom Landesarbeitsgericht nicht näher konkretisierten „kurzfristigen Qualifizierung“ reichen nicht aus, die einem Austausch entgegenstehenden betrieblichen Gründe anzunehmen.

40

ee) Nicht aufgeklärt ist, ob die Beklagte den Betriebsrat beteiligt hat. Sollte sie im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2006 beim Betriebsrat nicht die Zustimmung zu einer Versetzung des Klägers und des Arbeitnehmers R nach § 99 Abs. 1 BetrVG beantragt haben, obwohl sie zu einem Austausch der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen wäre, könnte sich die Beklagte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht auf die fehlende Zustimmung des Betriebsrats berufen.

41

ff) Bejaht das Landesarbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach, wird es aufzuklären haben, ob dem Kläger bei der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) vorzuwerfen ist. Das könnte der Fall sein, wenn ihn an dem Unvermögen, die bisherige Tätigkeit auszuüben, ein Verschulden trifft (vgl. zur kündigungsrechtlichen Berücksichtigung des Verschuldens eines Arbeitnehmers an der Unmöglichkeit, ihn mit seinen bisherigen Aufgaben weiter zu betrauen BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 38, NZA 2010, 628).


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Rolf Steinmann    

        

    Ilgenfritz-Donné    
                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.