Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juni 2016 - 8 Sa 535/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0614.8Sa535.15.00
bei uns veröffentlicht am14.06.2016

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 19.11.2015 - Az.: 5 Ca 199/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einem vom Kläger gegen den Beklagten geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch. Der Kläger begehrt darüber hinaus die Feststellung, dass er berechtigt gewesen sei, den Beklagten abzumahnen.

2

Der Kläger ist seit dem 01.10.1992 bei dem Beklagten als pädagogischer Betreuer in der externen Betreuung tätig. Hierfür erhält er eine monatliche Bruttovergütung von 4.500,00 EUR. Der schwerbehinderte Kläger ist seit 2002 Vertrauensperson der Schwerbehinderten und seit 2013 Mitglied der MAV. Der Beklagte ist Rechtsträger des Jugendwerkes. Das Jugendwerk ist ein Träger der Jugendhilfe.

3

Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegt der Dienstvertrag vom 30.09.1992 (vgl. Bl. 11 und 12 d. A.) in der Form der ersten Ergänzung zum Dienstvertrag vom 10.07.2007 (vgl. Bl. 13 d. A.) zugrunde.

4

Der Kläger war seit dem 24.01.2014 wiederholt krankgeschrieben. Auf die entsprechenden Darlegungen des Beklagten im Schriftsatz vom 07.04.2015 wird verwiesen (vgl. Bl. 81 d. A.). Mit Schreiben vom 12.11.2014 teilte der behandelnde Arzt des Klägers dem Beklagten mit, dass eine stufenweise Wiedereingliederung ab dem 05.01.2015 erfolgen solle. Auf den entsprechenden Wiedereingliederungsplan wird Bezug genommen (vgl. Bl. 21 d. A.). Am 14.01.2015 fand zwischen den Parteien ein BEM-Erstgespräch statt. Im Rahmen dieses Gesprächs teilte der Kläger u. a. mit, dass er auf einen ebenerdigen Arbeitsplatz angewiesen sei, der ihm auch zugesichert wurde. Ab dem 19.01.2015 sollte dann die stufenweise Wiedereingliederung durchgeführt werden. Insoweit war in der ersten Woche ein Einsatz im Teilbereich Bau-Farbe-Holz sowie im Teilbereich Metall- und Installationstechnik geplant. Ab der zweiten Woche der Wiedereingliederung war zusätzlich nachmittags ein Einsatz im Bereich der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) geplant. Herr B., einer der Vorgesetzten des Klägers im Teilbereich Bau-Farbe-Holz, sollte in der ersten Woche der Ansprechpartner des Klägers sein.

5

Am Montag, dem 19.01.2015, erschien der Kläger um 7.45 Uhr im Büro des Herrn B., der dem Kläger sein neues Büro vorstellte, welches ursprünglich von einem Ausbilder aus dem Metallbereich benutzt worden war. Dieses befand sich im Hinterhof des Geländes, in einem Glaskasten in der Metallwerkstatt, in unmittelbarer Nähe zu den Werkstätten der Anlagenmechaniker und Tischler und den diesbezüglichen Auszubildenden. In diesem Gebäude befindet sich im Erdgeschoss die Werkstatt der Anlagenmechaniker, im ersten Obergeschoss die Werkstatt Grundlehrgang Metall, das Ausbilderbüro und die Klassenräume der Berufsschule. Die Werkstatt der Tischler befindet sich im Gebäude direkt gegenüber.

6

Das Büro befand sich in einem unaufgeräumten, ungeputzten und nicht renovierten Zustand, die Gemeinschaftstoiletten, welche auch für den Kläger zur Benutzung zugedacht waren, waren verschmutzt. Es war ein Schreibtisch sowie ein gebrochener Bürostuhl vorhanden. Nach der Besichtigung des Büros verbrachte der Kläger den Rest seiner Anwesenheitszeit an diesem Tag in seinem alten Büro. Am Dienstag, dem 20.01.2016, beschwerte sich der Kläger bei Herrn B. über den Zustand des Büros. Herr B. gab die Beschwerde an die Geschäftsführerin des Beklagten, Frau G. Be., weiter. Am selben Tag fand daraufhin eine Besichtigung des Büros mit Frau Be., der Vorgesetzten im Teilbereich Metall- und Installationstechnik Frau H. sowie Herrn W., dem Vorbenutzer des Büros, statt. An diesem Nachmittag wurde das Büro geräumt und grob gereinigt. Die Toiletten wurden gereinigt. Die Grundreinigung sollte am nächsten Nachmittag erfolgen. Eine Renovierung mittels Malerarbeiten im Büro des Klägers sowie im Aufenthalts- und Sozialraum während der Urlaubszeit des Klägers wurde vereinbart. Als der Kläger das Büro am Mittwoch, dem 21.01.2015, erneut betrat, befand sich dort neben dem Schreibtisch auch ein Container und ein Computer. Bürogegenstände, die der Kläger aus seinem alten Büro weiter nutzen wollte (Schränke, Couch), wurden am Nachmittag nach der Grundreinigung in das Büro verbracht. Spätestens am dritten Tag der Wiedereingliederung wurde zudem ein ergonomischer Bürostuhl in das Büro verbracht. Am Donnerstag, dem 22.01.2015, flog beim Anschalten des Druckers eine Sicherung heraus, die Herr W. wieder hineindrehte. Am selben Tag sprach Herr B. den Kläger darauf an, dass ab Monat, dem 26.01.2015, Wiedereingliederung im Umfang von vier Stunden vorgesehen sei und er am Montagnachmittag im Bereich BvB beim Sozialtraining hospitieren solle, um dies künftig selbst durchführen zu können. Die genaue diesbezügliche Reaktion des Klägers ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger teilte jedenfalls mit, dass er das Training nicht aus dem Stehgreif durchführen könne und zunächst Materialien sichten müsse und zunächst über 1000 E-Mails aus seinem Postfach bearbeiten müsse, woraufhin Herr B. ihn darüber informierte, dass er am nächsten Tag Vorschläge und Vorlagen für die geplanten Sozialtrainings mitbringen werde, die der Kläger gern einsetze könne. Herr B. wies den Kläger darauf hin, dass er sich bei Fragen oder wenn Hilfe erforderlich sei, sofort bei ihm melden könne und solle. Am diesem Tag äußerte der Kläger gegenüber Herrn B. überdies, dass sich Schimmel an den Wänden befinde und dies gesundheitsgefährdend sei. Daraufhin fand noch am selben Tag eine Begehung mit dem Kaufmännischen Leiter der Einrichtung des Jugendwerks des Beklagten, Herrn N. W., dem technischen Leiter, Herrn Wa., und Frau R. W.-J., Bereichsleiterin berufliche Bildung, statt. Hierbei wurde mit einem Feuchtigkeitsmessgerät eine Luftfeuchtigkeit von 37 % im Büro gemessen. Die vom Kläger genannten Stellen wurden in Augenschein genommen. Herr Wa. konnte dort keinen Schimmel feststellen, sondern lediglich Ausblühungen von Salpeter. Ob der Kläger am Freitag, dem 23.01.2015, im Betrieb anwesend war, ist streitig. An diesem Tag schrieb der Kläger jedenfalls eine E-Mail an die Geschäftsführerin des Beklagten und weitere Personen. Er wies daraufhin, dass der Schimmel an den Wänden eine Gesundheitsgefährdung für ihn sei. Deswegen müsse das berufliche Eingliederungsmanagement unterbrochen werden. Nach einer gründlichen Sanierung der Räume sei er bereit, in sein Büro zurückzukehren. Wegen der weiteren Einzelheiten der E-Mail wird auf die Anlage B 2 a) zum Schriftsatz des Beklagten vom 07.04.2015 (Bl. 111 d. A.) verwiesen. Mit Schreiben vom selben Tag sagte die Geschäftsführerin des Beklagten dem Kläger zu, dessen Einwendungen in Bezug auf das derzeitige Büro zu prüfen. Dem Kläger wurde angeboten, ab Montag, dem 26.01.2015, bis auf Weiteres zwischen zwei alternativen Büros zu wählen (s. Anlage B 2 zum Schriftsatz vom 07.04.2015, Bl. 112 d. A.).

7

Der Hausarzt des Klägers schrieb diesen zunächst vom 23.01.2015 bis zum 02.03.2015 krank. Vom 01.03.2015 bis einschließlich 31.03.2015 wurde dem Kläger auf seinen Antrag Urlaub aus dem Jahr 2014 gewährt.

8

Mit Schreiben vom 12.02.2015 mahnten die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beklagten ab. Wegen des Inhalts des Abmahnungsschreibens wird auf die in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2016 von dem Beklagten übergebene Abmahnungskopie (Bl. 418-421 d. A.) verwiesen.

9

Der Kläger hat vorgetragen:

10

Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass er seit Januar 2014 an einer mittelschweren Depression erkrankt sei. Er sei nicht mehr in der Lage gewesen, einen klaren Gedanken zu fassen. Es seien körperlich schwere Schmerzen aufgetreten, deren Ursache im psychischen Bereich gelegen hätte. Beim Gedanken an die Einrichtung habe ihn Schwindel und Übelkeit erfasst.

11

Durch einen Informanten, den er vorerst nicht benennen wolle, habe er erfahren, dass im Rahmen einer Sitzung mit den Teilnehmern H. S., C. H. und G. B. besprochen worden sei, dass man ihm nach seiner Rückkehr aus der Erkrankung ein solches Zimmer wie beschrieben zur Verfügung stellen wolle. Dies um ihn dazu zu bringen aufzugeben, also persönlich zu kündigen. Er könne nicht genau sagen, an welchem Tag dies stattgefunden habe, vermutlich jedoch zwischen dem 05. und dem 14.01.2015.

12

Herr B. habe ihn zu Beginn der Wiedereingliederung lediglich darum gebeten, alles, was aus dem alten Büro benötigt werde, mit einem Aufkleber zu versehen, damit es vom Hausmeister in die neue Räumlichkeit gebracht werden könne. Er habe nach der Besichtigung des Büros am 19.01.2015 gegenüber Herrn B. erklärt, er könne sich in diesem Raum nicht aufhalten. Er habe beschlossen, in sein ehemaliges Büro zu gehen und dort Dinge zusammenzuräumen, womit Herr B. einverstanden gewesen sei.

13

In dem ihm zugewiesenen Büro seien mindestens zwei Flächen von etwa 30 auf 50 cm mit Schimmel befallen gewesen. Als er am 21.01.2015 mit Herrn B. zusammengetroffen und in das "neue Büro" gegangen sei, seien die beschriebenen verschimmelten Stellten direkt zu erkennen gewesen. Diese seien frei gelegt gewesen. Büromöbel seien nicht vorhanden gewesen. Der Vortrag müsse korrigiert werden. Der Schimmel sei nicht offensichtlich gewesen. Es seien einfach Regale und Schränke davorgestellt gewesen. Er sei zwischen seinem alten Büro und seinem neuen Büro hin und her gependelt und habe Sachen herübergetragen. An diesem Tag habe er sich gegen 9.00 Uhr hilfesuchend an Herrn S., Teilbereichsleiter des Fachbereichs Metall und gleichzeitig Mitarbeitervertreter, gewandt. Er habe die Situation seines "neuen Büros", die dort vorgefundene Verunreinigung und die dort vorgefundenen Störungen geschildert und die Vermutung geäußert, dass das alles inszeniert sei, um ihn - den Kläger - los zu werden. Herr S. habe sich die Situation angehört und erklärt: "Ich könnte Dir dazu einiges sagen. Das darf ich aber jetzt noch nicht. Erst wenn alles vorbei ist, können wir darüber ein Gespräch führen". Gegen 9.45 Uhr habe sich bei ihm eine allergische Reaktion eingestellt und er habe die Einrichtung verlassen.

14

Am 22.01.2015 sei er alleine ins Büro gegangen. Beim Einschalten des Druckers sei jedoch die Hauptsicherung herausgeflogen. Der Vorbenutzer des Büros, Herr W., sei vom Kläger geholt worden. Dieser habe den großen Schaltschrank geöffnet und die Sicherung wieder in Funktion gebracht. Dabei habe er ihm erklärt, dies dürfe er auf keinen Fall selbst machen, da "bei diesem Kasten Lebensgefahr" bestehe, dies wegen irgendwelcher unsachgemäßen Schaltbrücken. Gegen 8.15 Uhr habe er den PC sowie den Drucker betätigt. Es seien erneut die Sicherungen herausgeflogen. Der zuständige Administrator sei telefonisch nicht zu erreichen gewesen.

15

Am Freitag, dem 23.01.2015, habe er wieder morgens das Büro aufgesucht. Die Sicherungen seien noch draußen gewesen. Es habe keinen Strom und kein Licht gegeben. Der Zeuge W. habe wieder den Strom hergestellt, indem er die Sicherung hineingedreht habe.

16

Am 23.01.2015 habe er sich in die medizinische Notfallversorgung der Krankenstation des Beklagten begeben. Der Blutdruck sei mit 180 zu 130 und der Puls mit über 100 gemessen worden. Die Krankenschwester habe dann umgehend die Empfehlung ausgesprochen, sofort einen Facharzt aufzusuchen. Er habe die Einrichtung der Beklagten dann um 9.00 Uhr verlassen. Er habe sich unmittelbar danach zum Arzt begeben und sei wegen Atemwegsbeschwerden und allergischer Reaktion krankgeschrieben worden. Die allergische Reaktion habe sich so geäußert, dass Luft gefehlt habe, die Augen getränt hätten und sich Kopfschmerzen eingestellt hätten. Dies habe der Arzt jeweils nach einer gründlichen Untersuchung festgestellt.

17

Der beschriebene Zustand des Büros sei der Geschäftsführerin bekannt gewesen.

18

Die Kollegin M. M. sei am 09.05.2015 auf dem Marktplatz in L., morgens um 8.00 Uhr, einem Samstag, mit ihm ins Gespräch gekommen und habe erklärt, "Du bist doch der, dem sie das verranzte Büro zumuten wollten".

19

Am 21.01.2015 - nach dem Gespräch mit Herrn S. - habe er den ehemaligen Heimleiter Direktor E. R. in dessen Privatwohnung aufgesucht und ihm die Situation geschildert, vor allem den Zustand des Büros, so wie er es vorgefunden habe. Daraufhin habe der Zeuge R. erklärt: "Das ist doch Mobbing von der Be.".

20

Er sei der Auffassung,

21

die Maßnahme sei inszeniert worden, um einen unbequemen Schwerbehindertenvertreter los zu werden. In einer gesundheitlich labilen Situation sei ihm ein Büro zugewiesen worden, dass absolut unakzeptabel sei. Dies sei von ihm als schwere psychische Belastung und als bewusste Provokation empfunden worden, um ihn vom Arbeitsplatz zu verdrängen. Das Schmerzensgeld sei angemessen.

22

Es sei einigermaßen weit hergeholt, die Zuweisung des nicht akzeptablen Büros als "zeitlich begrenztes Ereignis" und damit als Arbeitsunfall zu werten. Auch das Gericht werde letztlich einen herabfallenden Betonblock von einer andauernden psychischen Einwirkung über mehrere Tage hinweg unterscheiden können. Der Begriff der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht sei in Frage gestellt.

23

Der Kläger hat beantragt:

24

1. Es wird festgestellt, dass er berechtigt, war, die Beklagte durch Schreiben vom 16.02.2015 abzumahnen.

25

2. Die Beklagte wird verurteilt, ihm ein Zwischenzeugnis gemäß der Anlage A zu erteilen.

26

3. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 EUR brutto zu zahlen.

27

Der Beklagte hat beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Der Beklagte hat vorgetragen:

30

Eine depressive Erkrankung des Klägers sei nicht bekannt gewesen.

31

Hintergrund des geplanten Einsatzes in diesem Bereich sei gewesen, dass die Rahmenbedingungen sich verändert hätten (Entwicklung der Teilnehmerzahlen, unterschiedliche Personalausstattung in den einzelnen Teilbereichen).

32

Da in der ersten Woche der Wiedereingliederung keine konkrete Arbeit geplant gewesen sei, sondern vielmehr eine Orientierung im Arbeitsbereich, wozu beispielsweise die Einrichtung des Büros sowie die Vorstellung in den Werkstätten bei den Ausbildern und Jugendlichen gehört hätten, sei das neue Büro des Klägers noch nicht fertig eingerichtet gewesen. Es sei geplant gewesen, die Einrichtung des Büros zusammen mit dem Kläger zu besprechen und dabei abzustimmen, was er von seinem alten Büro noch benötige bzw. brauche und wie das neue Büro ausgestattet werden solle. Die Besichtigung des ehemaligen Büros des Klägers mit Herrn B. sei erfolgt, um mit dem Kläger abzuklären, was davon für die Ausstattung des neuen Büros gebraucht werden könne. Der Kläger habe mitgeteilt, dass man mal sehen wolle, was man daraus machen könne.

33

Der Stuhl im neuen Büro des Klägers sei für ihn nicht vorgesehen gewesen. Dem Kläger habe sein persönlicher ergonomischer Stuhl bereits am ersten Tag zur Verfügung gestanden.

34

Herr B. habe den Kläger gebeten, dass er alles, was er noch brauche, schriftlich auflisten solle. Eine Liste habe Herr B. nicht erhalten.

35

Am 22.01.2015 habe der Kläger Herrn B. eine Stelle, an der Fliesen weggeklopft gewesen seien, gezeigt, an der sich nach Aussage des Klägers Schimmel befunden haben soll.

36

Es sei unzutreffend, dass das Büro verschimmelt (gewesen) sei. Vielmehr handele es sich um Ausblühungen von Salpeter.

37

Zutreffend sei, dass am 22.01.2015 einmalig eine Vorsicherung herausgeflogen sei. Dies habe wahrscheinlich am angeschlossenen Drucker gelegen.

38

Selbst für den Fall, dass bei dem Kläger eine allergische Reaktion aufgetreten sein sollte, stehe diese in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz, der dem Kläger zugewiesen worden sei.

39

Nach seiner Ansicht seien die Ansprüche des Klägers jedenfalls nach § 104 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen. Für den Ausschlusstatbestand des Vorsatzes sei der den Anspruch stellende Geschädigte darlegungs- und beweisbelastet. Insoweit fehle es an jeglichem Vortrag des Klägers.

40

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – hat die Klage durch Urteil vom 19.11.2015 – Az. 5 Ca 199/15 – insgesamt abgewiesen. Der Feststellungsantrag zu 1. ist für unzulässig erachtet worden, da der Kläger weder ein Rechtsverhältnis noch einzelne Beziehungen und Folgen eines solchen Rechtsverhältnisses festgestellt wissen wolle, sondern die – unzulässige – Erstellung eines Rechtsgutachtens durch das Gericht begehre. Der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch sei unbegründet. Es könne dahinstehen, ob ein Anspruch des Klägers nicht ohnehin über § 104 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen sei; der vom Kläger beschriebene Sachverhalt eröffne allenfalls einen Anspruch auf Störungsbeseitigung gegenüber der beklagten Partei. Dem sei diese jedoch bereits nachgekommen, indem sie auf die Beschwerde des Klägers den Büroraum überprüft und Alternativen angeboten habe. Zudem begründe nicht jede gesundheitliche Reaktion und/oder körperliche Beeinträchtigung des Arbeitnehmers, die mit dem Arbeitsplatz und den Bedingungen der Erbringung der Arbeitsleistung zusammenhänge, gleich einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegenüber dem Arbeitgeber. Vielmehr müsse der Arbeitnehmer hierfür darlegen und im Bestreitensfalle auch beweisen können, dass der Arbeitgeber schuldhaft durch die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht eine Körperverletzung des Arbeitnehmers herbeigeführt habe. Jedenfalls dazu, dass diese Folgen von der Beklagtenseite schuldhaft, d. h . vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt worden seien, fehle aber jeder Vortrag. Trotz des unrenovierten und unaufgeräumten Zustands der dem Kläger zugedachten Büroräume liege in deren Zuweisung noch nicht einmal eine Pflichtverletzung. Aufgrund der Vorläufigkeit der Wiedereingliederungsmaßnahme und der insoweit bestehenden Aussetzung der beidseitigen Verpflichtungen könne der Arbeitgeber bei der Zuweisung des Arbeitsumfeldes und der Arbeitsaufgaben provisorische Maßnahmen treffen, weil er sich nicht darauf verlassen könne, dass die Wiedereingliederungsmaßnahme vollständig durchgeführt und der Arbeitnehmer im Anschluss daran wieder voll arbeitsfähig sein werde. Der Beklagte habe daher mit der Zuweisung des Büroraumes in dem dargestellten Zustand seine auch während der Dauer der Wiedereingliederungsmaßnahme geltende Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger nicht verletzt, da von dem Kläger am ersten Tag des Beginns der auf 2 Stunden am Tag angelegten Wiedereingliederungsmaßnahme nicht erwartet worden sei, dass er in dem neuen Büroraum bereits wie immer gearteten arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen habe sollen. Geplant sei eine Orientierung im Arbeitsbereich gewesen. Reklamationen des Klägers sei unverzüglich nachgegangen worden, so dass das das Arbeitsgericht einen schikanierenden Sachverhalt oder etwa "Mobbing" darin nicht erkennen könne. Bei dieser Sachlage könnten dann die weiteren Behauptungen des Klägers zu dem Gespräch mit Herrn S. sowie seiner Kollegin M. M. sowie zu der von dem Kläger behaupteten gemeinsamen Sitzung von Herrn S., Frau H. und Frau Be. unberücksichtigt bleiben. Auch aus diesen Behauptungen des Klägers lasse sich kein Schmerzensgeldanspruch begründen. Zudem habe der Kläger zu der von ihm behaupteten gemeinsamen Sitzung von Herrn S., Frau H. und Frau Be. noch nicht einmal seinen "Informanten" benennen wollen; die von dem Kläger verlangte Einvernahme der Zeugen liefe damit nach Auffassung des Arbeitsgerichts letztlich auf einen Ausforschungsbeweis hinaus.

41

Wegen der Einzelheiten der der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe (S. 11-21 d. Urteils, Bl. 226-236 d. A.) verwiesen.

42

Der Kläger hat gegen dieses, ihm am 09.12.2015 zugestellte Urteil vom 19.11.2015 mit am 10.12.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz vom 09.12.2015 Berufung eingelegt. Die Berufung hat der Kläger nach mit am 23.12.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag beantragter und mit Beschluss vom 28.12.2015 bis zum 09.03.2016 bewilligter Fristverlängerung mit am 23.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 22.02.2016 begründet. Die Berufungsbegründung hat der Kläger mit am 24.02.2016 eingegangenem Schriftsatz vom 23.02.2016 und mit am 03.03.2016 eingegangenem Schriftsatz vom 02.03.2016 innerhalb der Berufungsbegründungsfrist einschließlich der Anträge ergänzt.

43

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Abweisung seines Feststellungsantrags Ziff. 1 sowie seines Schmerzensgeldantrags Ziff. 3.

44

Der Kläger trägt vor,

45

er sei in seiner Funktion als Schwerbehindertenvertreter immer wieder nicht im gesetzlich notwendigem Maß beteiligt worden. Dies habe wiederholt zu Konflikten mit der Geschäftsführerin Be. geführt. Insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 23.02.2016, S. 2 - 5 (Bl. 286-289 d. A.) Bezug genommen. Da die Geschäftsführerin habe damit rechnen müssen, dass er gegen deren Willen auch in Zukunft seine gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen werde, habe sie ihm ein völlig inakzeptables Büro zugewiesen, um ihn aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen.

46

Er habe dem Beklagten in der Vergangenheit mehrfach mitgeteilt, dass er an einer Depression leide.

47

Er habe bereits am ersten Tag der Wiedereingliederung sein neues Büro beziehen und dann seine Arbeit wieder aufnehmen sollen. Der ergonomische Bürostuhl habe weder im alten noch im neuen Büro zur Verfügung gestanden. Er habe den kaputten Stuhl benutzen müssen, der vorhanden gewesen sei. Es sei zwar möglich, dass es sich bei den auffälligen Stellen an den Wänden um Salpeter gehandelt habe. Auch Salpeter weise auf Raumfeuchtigkeit hin. Bei der von der Beklagtenseite festgestellten Luftfeuchtigkeit von 37 Prozent sei ein Raum unbewohnbar. Die Feuchtigkeit sei geeignet, die beschriebenen allergischen Reaktionen auszulösen. Neben den erlittenen allergischen Reaktionen hätten die Vorfälle in der Zeit vom 19.01.2015 bis zum 23.01.2015 eine mittelschwere Depression bei ihm ausgelöst. Er sei nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, es seien körperlich schwere Schmerzen aufgetreten, deren Ursache im psychischen Bereich lägen. Beim Gedanken an die Einrichtung erfasse ihn Schwindel und Übelkeit. Aufgrund des geschilderten Zustands sei er weiter arbeitsunfähig. Die Ursachen lägen im beruflichen Bereich.

48

Er habe nunmehr - d. h. erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist Anfang April 2016 - erfahren, dass bei dem Gespräch zwischen dem 05. und 14.01.2015 eine weitere Person, der Zeuge St. G., anwesend gewesen sei. Dieser Zeuge habe bei der fraglichen Sitzung erklärt, das Büro sei in einem nicht akzeptablen Zustand. Es müsse erst etwas aufbereitet werden. Auf diese Äußerung habe die Geschäftsführerin deutlich erklärt, sie „verbiete“ das. Der Zeuge G. habe zuvor den Zustand des ihm zur Verfügung zu stellenden Zimmers im Einzelnen beschrieben. Den Inhalt des Gesprächs habe ihm nicht der Zeuge G. mitgeteilt, sondern eine Vertrauensperson, der sich der Zeuge G. gegenüber offenbart habe. Diese Vertrauensperson wolle er jedoch nicht offenbaren, um sie vor Schikanen durch die Beklagtenseite zu schützen. Er habe vom Sachverhalt im Rahmen einer Mitarbeitersitzung erfahren. Herr G. habe im Rahmen dieser Mitarbeitersitzung den Sachverhalt offenkundig gemacht und dieses weitere Mitglied, was er nicht nennen wolle, habe ihm diesen Sachverhalt zugetragen. Genauere Angaben zu Zeitpunkt und Inhalt des Gesprächs habe sein Informant nicht machen können.

49

Er sei der Ansicht:

50

Die Abmahnung habe den Weg zur Kündigungserklärung gemäß § 628 BGB vorbereiten sollen. Vor diesem Hintergrund sei ein Rechtschutzbedürfnis an der Feststellung der Berechtigung zum Ausspruch dieser Abmahnung zu bejahen.

51

Die bereits erstinstanzlich geschilderten Inhalte aus den Gesprächen mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Zeugen S., der Kollegin M. und dem ehemaligen Heimleiter Direktor R. würden deutlich machen, dass man ihn durch die Zuweisung des Büros habe aus dem Arbeitsverhältnis drängen wollen.

52

Einer Anwendung der Haftungsbeschränkung gemäß § 104 SGB VII stehe jedenfalls entgegen, dass die Zuweisung des Büros vorsätzlich mit dem Ziel erfolgt sei, den Kläger psychisch zu destabilisieren. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Arbeitsgericht diese Körper- und Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht als Grundlage für einen Schmerzensgeldanspruch herangezogen habe.

53

Hilfsweise stütze er seinen Anspruch auf § 15 Abs. 2 AGG. Die Diskriminierungshandlung, aus der er die Forderung herleite, sei die Zuweisung des nicht akzeptablen Zimmers am 19.01.2015, so dass die Frist aus §§ 15 Abs. 4 AGG erkennbar gewahrt worden sei. Die Entschädigung sei so zu bemessen, dass die beklagte Partei zukünftig eine Diskriminierung von Schwerbehindertenvertretern unterlasse.

54

Der Kläger beantragt zuletzt,

55

1. das Urteil des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen am Rhein- Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 19.11.2015 Akt.z. 5 Ca 199/15 abzuändern.

56

2. festzustellen, dass er berechtigt war, die Beklagte durch Schreiben vom 16.02.2015 abzumahnen.

57

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 10.000,00 brutto zu zahlen.

58

Der Beklagte beantragt,

59

die Berufung zurückzuweisen.

60

Der Beklagte trägt vor:

61

Es habe weder Kenntnis davon bestanden, dass der Kläger seit Januar 2014 an einer mittelschweren Depression erkrankt sei, noch sei bekannt gewesen, dass der Kläger zum Wiedereingliederungszeitpunkt noch psychisch angeschlagen gewesen sei. Der Kläger habe im BEM-Gespräch vielmehr erklärt, seine Arbeitsfähigkeit sei wieder voll hergestellt und eine Einschränkung bezüglich der Aufgabenstellung bestehe – abgesehen von der Erforderlichkeit eines ebenerdigen Arbeitsplatzes – nicht. Der Kläger habe mitgeteilt, dass der Auslöser für die Erkrankung im Wesentlichen im privaten Bereich gelegen habe bzw. liege.

62

Die Überlegung bei der Zuweisung des Büros sei gewesen, dass der Kläger einen ebenerdigen Arbeitsplatz in unmittelbarer Nähe zu den Werkstätten der Anlagenmechaniker und Tischler habe erhalten sollen. Dadurch hätten kurze Wege zu den Auszubildenden gewährleistet werden sollen. Die Zuweisung eines Büros möglichst nahe bei den Auszubildenden sei bei den Sozialpädagogen die Regel.

63

Herr B. habe den Kläger in der Wiedereingliederungswoche mehrfach erfolglos gebeten, dass dieser alles, was er noch brauche, schriftlich auflisten solle. Nachdem der Kläger sich am 20.01.2015 beschwert habe, dass noch immer viel zu tun sei, habe Herr B. den Kläger vorsorglich darauf hingewiesen, dass er sich mit der Direktorin und Geschäftsführerin der Einrichtung Jugendwerk in Verbindung setzen solle, was dieser nicht getan habe.

64

Der Schaltschrank sei betriebsfähig, in Ordnung und in einwandfreiem Zustand. Die Hauptsicherung sei vom Stromausfall nicht betroffen gewesen. Der Schaltschrank dürfe nur von geschultem Fachpersonal geöffnet und bedient werden. Die Sicherung sei nur einmal herausgeflogen.

65

Bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius sei eine optimale Luftfeuchtigkeit bei 40-60 % gegeben.

66

Der Kläger sei durch die Geschäftsführerin weder in der Vergangenheit noch aktuell wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden. Wegen des diesbezüglichen Vortrags sowie der Auseinandersetzung mit den klägerischen Ausführungen zu Konflikten in der Vergangenheit wird auf S. 25-29 der Berufungserwiderung vom 23.03.2016 (Bl. 333-337 d. A.) verwiesen.

67

Nach seiner Ansicht habe der Kläger einen Anspruch auf Entschädigung nicht innerhalb der Fristen des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht. Der Kläger habe zudem bereits keine Indiztatsachen vorgetragen, die seine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermuten lassen würden. Im Übrigen sei ihm kein Schaden entstanden.

68

Der Sachvortrag zu einem angeblichen Gespräch zwischen dem 05.01.2015 und 14.01.2015, was in dieser Zeit nicht mit dem behaupteten Teilnehmerkreis stattgefunden habe, sei unsubstantiiert. Ergänzende Ausführungen zum Teilnehmerkreis und Inhalt des Gesprächs seien zudem verspätet.

69

Von dem Zustand des Büros habe die Geschäftsführerin Be. erst auf die Reklamation des Klägers hin erfahren. Vorher sei ihr Informationsstand gewesen, dass das Büro in Ordnung sei.

70

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

71

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils begründet ,§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. 519, 520 ZPO.

B.

72

Die Berufung ist jedoch in der Sache erfolglos. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen.

I.

73

Das Arbeitsgericht hat mit überzeugender Begründung angenommen, dass der Antrag auf Feststellung, dass der Kläger berechtigt war, die beklagte Partei durch Schreiben vom 16.02.2015 abzumahnen, unzulässig ist.

74

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat (vgl. z. B BAG 24.04.2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121). Rechtsverhältnis i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. BAG 18.01.2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 35 m. w. N, BAGE 140, 277). So ist etwa die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage (vgl. BAG 01.07.2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 21, BAGE 131, 176; BAG 4.12.2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 18 f., AP BetrVG 1972 § 78 Nr. 13).

75

2. Hiernach ist der Antrag zu 2. nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Der Kläger will mit dem Antrag feststellen lassen, dass er zum Ausspruch einer Abmahnung gegenüber dem Beklagten berechtigt war. Damit zielt der Antrag auf die Dokumentation einer in der Vergangenheit liegenden Tatsache und deren rechtliche Bewertung, nicht dagegen auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab. Der Antrag umfasst mithin allenfalls mögliche Vorfragen oder Elemente eines künftigen Leistungsanspruchs. Es ist aber nicht Aufgabe der Feststellungsklage oder des Feststellungsantrags, Vorfragen etwa für eine künftige Leistungsklage zu klären. Im Übrigen ist auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung haben soll. Der Beklagte ist der Berechtigung des Klägers zur Abmahnung bis zuletzt nicht entgegengetreten. Sofern der Kläger ein Rechtschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag daraus herleiten will, dass die Abmahnung den Weg zur Kündigungserklärung gemäß § 628 BGB habe vorbereiten sollen, liefe die Prüfung der Rechtsfrage, ob die Abmahnung zu Recht ausgesprochen worden ist, aus den oben genannten Gründen auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens hinaus. Es ist noch vollkommen ungeklärt, ob es je zu einer Kündigung des Klägers und der darauffolgenden Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs aus § 628 Abs. 2 BGB wegen Auflösungsverschuldens kommen wird. Ein Rechtschutzbedürfnis kann nicht von einem derart ungewissen, zukünftigen Ereignis abhängig gemacht werden, zumal eine gerichtliche Entscheidung über die Berechtigung zur Abmahnung ein Nachfolgegericht nicht ohne Weiteres binden würde. Die Frage, ob der Kläger zum Ausspruch der Abmahnung berechtigt war, wäre vielmehr im Rahmen eines etwaigen späteren Prozesses inzident zu prüfen, wenn tatsächlich eine Kündigung des Klägers wegen Auflösungsverschuldens ausgesprochen und anlässlich dieser Schadenersatzansprüche nach § 628 Abs. BGB geltend gemacht werden würden.

II.

76

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger der mit dem Antrag zu 3. verfolgte Schmerzensgeldanspruch nicht zusteht.

77

1. Ein Anspruch auf Entschädigung oder „Schmerzensgeld“ nach § 15 Abs. 2 AGG besteht nicht.

78

Der Kläger hat sich innerhalb der Berufungsbegründungsfrist erstmals auch auf einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG berufen. § 15 Abs. 2 AGG stellt im Arbeitsrecht eine ausdrückliche materielle Grundlage für die Kompensation immaterieller Schäden dar; eine solche Entschädigung wäre auch von einer dem Wortlaut nach geltend gemachten „Schmerzensgeld“-Forderung umfasst (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28.10.2014 - 6 Sa 202/14 – JURIS Rn. 89; BAG 21.02.2013 - 8 AZR 68/12 – JURIS Rn. 19). Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG scheitert jedoch jedenfalls daran, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen nicht dargetan hat.

79

Hierbei kann dahinstehen, ob die Begründetheit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist und die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG gewahrt ist, da jedenfalls eine den Anspruch begründende Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nicht ersichtlich ist.

80

a) Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund (hier: wegen einer Behinderung) in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen unzulässig (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG).

81

Eine verbotene unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (§ 3 Abs. 2 AGG).

82

Der Tatbestand der Benachteiligung kann gemäß § 3 Abs. 3 AGG auch durch eine Belästigung erfüllt werden. Nach § 3 Abs. 3 AGG ist eine Belästigung eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Zusätzlich zu einer unerwünschten Verhaltensweise, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang steht und bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, ist Voraussetzung, dass ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Die Würdeverletzung und ein „feindliches Umfeld” – als Synonym für „ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld” – müssen für die Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 3 AGG kumulativ vorliegen (vgl. BAG 24. 9. 2009 - 8 AZR 705/08 - NZA 2010, 387, 389).

83

b) Der Kläger ist nicht im dargelegten Sinne benachteiligt worden.

84

aa) Er hat bereits keine Indiztatsachen dargelegt, die eine Benachteiligung bei der Bürozuweisung wegen seiner Behinderung vermuten lassen.

85

(1) Nach § 22 Halbsatz 1 genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien vorträgt und im Bestreitensfall beweist, die ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Im Hinblick auf diesen Kausalzusammenhang sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BAG 26.06.2014 - 8 AZR 1012/08 – JURIS Rn. 31 m. w. N.). Für die Vermutungswirkung des § 22 Halbsatz 1 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund (oder mehrere) ein „Bestandteil eines Motivbündels“ ist (sind), das die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. im Einzelnen: BAG 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 – JURIS Rn. 33 ff.). Besteht eine Benachteiligungsvermutung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (BAG 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 -, JURIS Rn. 40).

86

(2) Der Kläger hat vorliegend keine Indizien vorgetragen, die darauf schließen lassen, dass seine Schwerbehinderung Teil eines Motivbündels des Beklagten war, ihn bei der Bürozuweisung zu benachteiligen. Er hat sich im Rechtsstreit darauf beschränkt, den Verdacht zu äußern, dass er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei, ohne jedoch die diesen Verdacht begründenden tatsächlichen Umstände in substantiierter, einer Beweisaufnahme zugänglichen Form darlegen zu können.

87

Aus den vom Kläger dargestellten Konflikten über die Rechte eines Schwerbehindertenvertreters kann man – die vorgetragenen Sachverhalte als wahr unterstellt –ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf eine dem Beklagten zurechenbare Benachteiligung oder Benachteiligungsabsicht wegen einer Behinderung des Klägers geschlossen werden. Zusätzliche Anhaltspunkte hat der Kläger jedoch weder dargelegt, noch sind diese ersichtlich.

88

Sofern die Geschäftsführerin des Beklagten nach den Angaben des Klägers Bemerkungen getätigt haben soll, aus denen er womöglich eine Benachteiligungsintention im Hinblick auf die Schwerbehinderung des Klägers herzuleiten versucht - der Sachvortrag des Klägers ist insoweit nicht eindeutig - sind die diesbezüglichen Schilderungen der Indiztatsachen durch den Klägers nicht ausreichend bestimmt.

89

Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände (vgl. BAG 21.01.2014 - 3 AZR 362/11 - JURIS Rn. 46; BAG 13.11.2012 - 3 AZR 557/10 - JURIS Rn. 32). Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 21.04.2015 - 3 AZR 729/13 - JURIS Rn. 70; BAG 21.01.2014 - 3 AZR 362/11 - JURIS Rn. 46; BAG 13.11.2012 - 3 AZR 557/10 - JURIS Rn. 32).

90

Sofern der Geschäftsführerin unterstellt wird, sie habe Äußerungen getätigt, wie „Ich setze mir doch keinen Behinderten ins Vorzimmer“ oder „Ich hole mir doch keine Kranken ins Haus, da bezahle ich lieber“ fehlt es jedenfalls an einer zeitlichen Präzisierung der unterstellten, seitens des Beklagten bestrittenen Äußerungen der Geschäftsführerin und damit an der erforderlichen Konkretisierung der vom Kläger zu beweisenden Indiztatsachen.

91

Dass die Zuweisung eines Büros in unaufgeräumten und unrenovierten Zustand durch die Schwerbehinderung des Klägers motiviert war, behauptet nicht einmal der Kläger. Vielmehr bezieht er die Zuweisung – ohne dies in ausreichendem Maß zu substantiierten – wiederum auf seine Stellung als Schwerbehindertenvertreter in der Vergangenheit. Eine Benachteiligung wegen seiner Funktion als Schwerbehindertenvertreter ist jedoch vom Katalog der Gründe des § 1 AGG gerade nicht erfasst.

92

bb) Der Tatbestand der Benachteiligung wird auch nicht durch eine Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 3 AGG erfüllt.

93

Zum einen ist aus den bereits dargelegten Gründen ein Zusammenhang der vom Kläger behaupteten schikanösen Beklagtenhandlung „Zuweisung eines menschenunwürdigen Arbeitsplatzes“ mit der Schwerbehinderung des Klägers nicht erkennbar. Zum anderen liegt kein feindliches Arbeitsumfeld im Sinne des § 3 Abs. 3 AGG vor. „Gekennzeichnet” ist ein Umfeld dann von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen, wenn diese für das Umfeld „charakteristisch oder typisch” sind. Deshalb führt einmaliges Verhalten grundsätzlich nicht zur Schaffung eines feindlichen Umfeldes. Vielmehr ist dafür regelmäßig ein Verhalten von gewisser Dauer erforderlich (vgl. BAG 24. 09. 2009 - 8 AZR 705/08 - NZA 2010, 387, 390). Im Ergebnis ist immer eine wertende Gesamtschau aller Faktoren bei der Beurteilung, ob ein feindliches Umfeld geschaffen wurde, vorzunehmen (vgl. BAG 24. 09. 2009 - 8 AZR 705/08 - NZA 2010, 387, 390).

94

Selbst nach dem eigenen Vorbringen der Klägers ist nicht davon auszugehen, dass allein durch die Zuweisung des unaufgeräumten, ungeputzten und unrenovierten Büros ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen worden ist.

95

Dass die anfangs im neuen Büro des Klägers unstreitig herrschenden Zustände charakteristisch oder typisch für das Arbeitsverhältnis sind, ist vorliegend ohne Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte nicht anzunehmen. Selbst wenn man die Tatsache, dass dem Kläger ein Büro in einem renovierungsbedürftigen, unaufgeräumten Zustand zugedacht hat, als schikanöse Maßnahme einordnet, sind weitere, dem Beklagten zurechenbare Handlungen nicht hinzugekommen. Vielmehr wurden die Beschwerden des Klägers unstreitig unverzüglich aufgegriffen, die Situation vor Ort nach erfolgter Reklamation umgehend in Augenschein genommen und sich von Anfang an um eine Verbesserung der Situation bemüht. Es wurde zudem vom Kläger nicht verlangt, sich in dem Büro aufzuhalten. Vielmehr wurde nach eigenen Angaben des Klägers akzeptiert, dass dieser zunächst noch sein altes Büro nutzte. Dem Kläger wurden überdies nach seinem Hinweis an die Geschäftsführerin auf - aus seiner Sicht - bestehende Gesundheitsgefahren unverzüglich Alternativen angeboten. In der Gesamtschau kann also nicht angenommen werden, dass die anfänglichen Zustände im neuen Büro des Klägers das Arbeitsverhältnis geprägt haben.

96

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf die geforderte Schmerzensgeldzahlung wegen einer Verletzung eines absoluten Rechtes im Sinne des § 823 BGB, der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wegen einer sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB oder wegen einer Pflichtverletzung im Sinne des § 280 BGB i. V. m. § 253 Abs. 2 BGB zu. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung zutreffend die diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen verneint. Die Berufungskammer folgt insoweit der Begründung des Arbeitsgerichts unter Ziff. III. der Entscheidungsgründe (S. 13-21 d. Urteils, Bl. 228-236 d. A.) und stellt dies hiermit ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 Arb-GG).

97

Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte auf-gezeigt worden, die eine Abweichung von den vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Hierzu wird im Hinblick auf die Ausführungen der Parteien im Berufungsverfahren ergänzend auf nachfolgende Umstände hingewiesen:

98

a) Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass eine Haftung des Beklagten für die vom Kläger behauptete körperliche Reaktion (Allergie, Atemwegsbeschwerden) aufgrund der Haftungsbeschränkung aus § 104 Abs. 1 SGB VII nur dann in Betracht kommt, wenn der Beklagte diese Erkrankung vorsätzlich ausgelöst hat.

99

aa) Gemäß § 104 Abs. 1 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben.

100

Versicherungsfälle im Sinne des § 104 Abs. 1 SGB VII sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII sowohl Arbeitsunfälle als auch Berufskrankheiten.

101

bb) Vorliegend unterfallen die vom Kläger beschriebenen körperlichen Beschwerden - deren Vorhandensein und der Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit zu Gunsten des Klägers unterstellt - jedenfalls dem Katalog der Berufskrankheitenverordnung, s. Anlage 1 zu § 1 der Berufskankheitenverordnung, insbesondere Ziff. 42 (Erkrankungen durch organische Stäube).

102

Die Haftung des Beklagten ist vor diesem Hintergrund auf die vorsätzliche Herbeiführung der betreffenden Erkrankung beschränkt.

103

cc) Soweit der Kläger eine vorsätzliche Schädigung aus den beschriebenen Geschehnissen im Vorfeld und anlässlich seiner Arbeitsaufnahme zu begründen versucht, hat er damit keinen Erfolg.

104

(1) Zwar ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine relevanten Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer vorsätzlichen Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt, worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat (vgl. auch BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 - NZA 2008, 223; BAG, 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP, BGB § 611 Mobbing Nr. 5).

105

(2) Vorliegend bleibt der Kläger jedoch einen Beweis dafür, dass die Zuweisung des Büros durch Organe oder Erfüllungsgehilfen des Beklagten zielgerichtet vorgenommen worden ist, um ihn aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen und die behaupteten psychischen und körperlichen Folgen herbeizuführen, schuldig.

106

Hierbei kann offen bleiben, ob die mit beim Berufungsgericht am 01.06.2016 eingegangenem Schriftsatz vom 31.05.2016 getätigten Angaben (s. S. 4 des Schriftsatzes vom 31.05.2016, Bl. 396 d. A.) zu weiteren Inhalten des vom Kläger geschilderten Gesprächs, welches vermutlich zwischen dem 05. und dem 14.01.2015 stattgefunden haben soll, gemäß § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG überhaupt noch zu berücksichtigen sind, was vorliegend zweifelhaft ist.

107

Selbst wenn man den Sachvortrag des Klägers zu den seitens der Geschäftsführerin des Beklagten getätigten Äußerungen, aus denen er auf eine dem Beklagten zurechenbare Diskriminierungsabsicht schließt, noch in die Entscheidungsfindung einbezieht, bleiben die betreffenden Einlassungen auch in der Berufungsinstanz zeitlich und inhaltlich unsubstantiiert und sind deswegen einer Beweisaufnahme nicht zugänglich:

108

Der Kläger konkretisiert seinen Sachvortrag im Hinblick auf den Zeitpunkt des Gesprächs auch in der Berufungsinstanz nicht und nimmt der Beklagtenseite durch die unpräzise temporäre Einordnung des Gesprächs jegliche Exkulpationsmöglichkeit, etwa im Hinblick auf die Darlegung anderer Verpflichtungen der Geschäftsführerin sowie der anderen Gesprächsteilnehmer und damit verbundener Abwesenheiten in dem betreffenden Zeitfenster, in dem das Gespräch stattgefunden haben soll.

109

Überdies lassen die sehr allgemeinen Angaben des Klägers zum Gesprächsinhalt nicht auf eine Diskriminierungsabsicht des Beklagten schließen. Zwar soll die Geschäftsführerin des Beklagten eine „Aufbereitung des Büros“ untersagt haben. Es fehlt jedoch an konkreten Angaben dazu, welchen Zustand des Büros der Zeuge G. genau geschildert haben soll. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Geschäftsführerin des Beklagten in der Kammerverhandlung vom 14.06.2016 nochmals betont hat, sie habe die Information erhalten, dass sich das Büro in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden habe, hätte der Kläger präzisieren müssen, welche konkreten Umstände zum Zustand des Büros der Geschäftsführerin mitgeteilt worden sind. Eine, einen Schmerzensgeldanspruch begründende Pflichtverletzung ließe sich nämlich allenfalls dann feststellen, wenn der Geschäftsführerin die behauptete Gesundheitsgefährdung durch die Nutzung des Büros bewusst gewesen und sie diese zumindest billigend in Kauf genommen hätte. Hierzu fehlt es an konkreten Anhaltspunkten. Der Kläger konnte genauere Angaben zu Inhalt und Zeitpunkt des Gesprächs trotz entsprechender Gelegenheit zur Stellungnahme im Kammertermin nicht machen, so dass auch nach der Einlassung des Klägers bis zuletzt unklar blieb, wann ein Gespräch mit welchem Teilnehmerkreis stattgefunden hat, über welche konkreten Informationen die Geschäftsführerin im Vorfeld der Zuweisung des Büros verfügte und welche konkreten Anordnungen sie insoweit traf. Die Vernehmung des Zeugen G. hätte vor diesem Hintergrund aus den unter Ziff. II. 1. b) aa) (2) erörterten Gründen einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt.

110

Sofern der Kläger sich zur Begründung seines Schmerzensgeldanspruchs auf weitere Gespräche mit der Zeugin M. und dem Zeugen R. beruft, stellen die insoweit angeblich getroffenen Äußerungen – als wahr unterstellt – lediglich eine Bewertung nicht verifizierter Tatsachen dar.

111

b) Soweit der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die nach seinen Angaben erlittene psychische Beeinträchtigung stützt, vermochte die Kammer auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens eine Kausalität zwischen der Zuweisung des Büros und den beschriebenen psychischen gesundheitlichen Folgen nicht festzustellen.

112

Der Kläger gibt an, die Angriffe hätten eine mittelschwere Depression bei ihm ausgelöst. Er sei nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanke zu fassen, es würden körperlich schwere Schmerzen auftreten, deren Ursache im psychischen Bereich liegen. Es erfasse ihn Schwindel und Übelkeit beim Gedanken an die Einrichtung.

113

Diese Beschwerden waren nach den eigenen Angaben des Klägers jedoch sämtlich bereits vor der Wiedereingliederungsphase vorhanden (s. z. B. S. 2 der Klageschrift, Bl. 2 d. A.).

114

Gerade dann, wenn gesundheitliche Einschränkungen schon vor dem behaupteten Übergriff vorhanden waren, bedarf es besonderer Darlegungen dafür, dass weitere behauptete Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten kausal für das Weiterbestehen oder „Wiederaufflammen“ der psychischen und psychosomatischen Erkrankungen des Arbeitnehmers sind (so auch LAG Rheinland-Pfalz 30.11.2015 - 3 Sa 371/15- JURIS Rn. 47; LAG Nürnberg 02.07.2002 - 6 (3) Sa 154/01 – JURIS Ls. Ziff. 4).

115

Zumindest hieran fehlt es vorliegend. Die pauschale Berufung auf den Eintritt der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ohne nähere Angaben zum Zusammenhang zwischen behaupteter Verletzungshandlung und Eintritt des Gesundheitsschadens, zum Zeitpunkt der Ausheilung der Beschwerden und zum Zeitpunkt des Wiederauftretens der Erkrankung genügt vor dem Hintergrund, dass sich der Kläger noch in der Wiedereingliederungsphase und damit noch im Zustand der Arbeitsunfähigkeit befand, den dargestellten Anforderungen nicht.

116

c) Auch unter Einbeziehung der Einlassung der Parteien in der Berufungsinstanz war ein Schmerzensgeldanspruch wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu verneinen.

117

aa) Ein Schmerzensgeldanspruch bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 21.06. 2012 - 8 AZR 188/11 - NJW 2013, 555, 557; BAG 24.09. 2009 - 8 AZR 636/08 - NZA 2010, 159, 163). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BAG 21. 6. 2012 - 8 AZR 188/11 - NJW 2013, 555, 557; BGH 1. 12. 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214 = NJW 2000, 2195). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 21. 6. 2012 − 8 AZR 188/11 – NJW 2013, 555, 557; BAG 24. 9. 2009 - 8 AZR 636/08 - NZA 2010, 159). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.

118

Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründende Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen (vgl. BAG 21. 6. 2012 - 8 AZR 188/11 - NJW 2013, 555, 557; BAG 15. 3. 2012 - 8 AZR 37/11 - NZA 2012, 910, 919).

119

bb) Aus den, dem Beweis zugänglichen Behauptungen des Klägers ergibt sich weder eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts, noch ein beachtlicher Verschuldensvorwurf.

120

(1) Allein die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger ein Büro in einem desolaten Zustand zugewiesen hat, begründet für sich genommen noch keine gravierende Pflichtverletzung und kann demzufolge auch keine Entschädigungspflicht nach § 823 I BGB i. V. mit Art. 2 I, 1 I GG auszulösen. Selbst wenn man die Zuweisung des Büros in nicht ordnungsgemäßen Zustand unter dem Gesichtspunkt, dass die Räumlichkeiten vorab nicht überprüft worden sind, als Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Beklagten wertet, kann dies mangels Schwere der Pflichtverletzung nicht zu einem Schadenersatzanspruch führen. Bei einer derartigen Pflichtverletzung stellt die Störungsbeseitigung bzw. die Leistungsverweigerung zunächst das adäquate Reaktionsmittel dar. Dass eine Reklamation auch erfolgsversprechend und effektiv war, zeigen die Reaktionen der dem Kläger vorgesetzten Personen auf dessen Beschwerden deutlich: Als der Kläger erklärte, das Büro nicht nutzen zu können, wurde seitens Herrn B. ohne Weiteres akzeptiert, dass er sich zunächst noch in seinem alten Büro aufhielt. Auf eine Nutzung des Büros wurde zu keinem Zeitpunkt bestanden. Aufräumarbeiten wurden unverzüglich eingeleitet, einem Verdacht auf Schimmelbefall wurde umgehend nachgegangen. Nachdem der Kläger auf gesundheitliche Bedenken gegenüber der Geschäftsführerin hingewiesen hatte, wurden ihm noch am selben Tag zwei Alternativbüros angeboten.

121

Die Tatsache, dass die Zuweisung des Raums im beschriebenen Zustand für sich gesehen kein ausreichender Grund für den Zuspruch eines Schmerzensgeldes ist, ist letztlich auch dem Kläger bewusst, wie anhand der Ausführungen auf S. 4 der Berufungsbegründungsschrift vom 22.02.2016 (Bl. 260 d. A.) zu erkennen ist, so dass sich weitere diesbezügliche Ausführungen erübrigen.

122

(2) Zusätzliche Anhaltspunkte für eine schwerwiegende, schuldhafte Persönlichkeitsrechtsverletzung sind nicht gegeben. Insbesondere bleibt der Kläger aus den unter II. 2. a) cc) ausgeführten Gründen einen substantiierten Sachvortrag für vorsätzliche Diskriminierungshandlungen schuldig.

123

Nach alldem war die Berufung vollumfänglich zurückzuweisen.

III.

124

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

125

Anlass für die Zulassung der Revision besteht angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juni 2016 - 8 Sa 535/15

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juni 2016 - 8 Sa 535/15

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juni 2016 - 8 Sa 535/15 zitiert 30 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 2 Anwendungsbereich


(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf: 1. die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 22 Beweislast


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 104 Beschränkung der Haftung der Unternehmer


(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 7 Begriff


(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. (2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 67 Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 o

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 628 Teilvergütung und Schadensersatz bei fristloser Kündigung


(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswi

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 78 Schutzbestimmungen


Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 373 Beweisantritt


Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juni 2016 - 8 Sa 535/15 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juni 2016 - 8 Sa 535/15 zitiert 12 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Nov. 2015 - 3 Sa 371/15

bei uns veröffentlicht am 30.11.2015

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Az.: 2 Ca 234/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Apr. 2015 - 3 AZR 729/13

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. Juli 2013 - 4 Sa 112/12 - wird zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Okt. 2014 - 6 Sa 202/14

bei uns veröffentlicht am 28.10.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az: 7 Ca 2376/13 - vom 20. Februar 2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten um

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13

bei uns veröffentlicht am 26.06.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2013 - 25 Sa 2304/12, 25 Sa 311/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Jan. 2014 - 3 AZR 362/11

bei uns veröffentlicht am 21.01.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. April 2011 - 10 Sa 930/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 04. Dez. 2013 - 7 ABR 7/12

bei uns veröffentlicht am 04.12.2013

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 30. November 2011 - 16 TaBV 75/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Feb. 2013 - 8 AZR 68/12

bei uns veröffentlicht am 21.02.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juni 2011 - 13 Sa 366/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Nov. 2012 - 3 AZR 557/10

bei uns veröffentlicht am 13.11.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2010 - 10 Sa 273/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11

bei uns veröffentlicht am 21.06.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2010 - 5 Sa 3/09 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. März 2012 - 8 AZR 37/11

bei uns veröffentlicht am 15.03.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Oktober 2010 - 7 Sa 916/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 18. Jan. 2012 - 7 ABR 73/10

bei uns veröffentlicht am 18.01.2012

Tenor Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. September 2010 - 10 TaBV 26/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

Tenor Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 -

Referenzen

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. September 2010 - 10 TaBV 26/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei Betriebsratsmitglieder für eine in Erfurt stattfindende Schulung „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen sind und die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu tragen.

2

Die zu 5. beteiligte Arbeitgeberin betreibt Möbel- und Einrichtungshäuser. Sie beschäftigt etwa 1.500 Arbeitnehmer an verschiedenen Standorten. Am Standort P, an dem sich die Zentralverwaltung des Unternehmens befindet, sind für die Arbeitgeberin ca. 300 Arbeitnehmer tätig. Für diesen Betrieb ist ein neunköpfiger Betriebsrat, der Antragsteller zu 1., errichtet. Die Antragsteller zu 2. und 3. sind Mitglieder des am 20. Mai 2010 gewählten Gremiums. Sie gehörten schon dem in der vergangenen Wahlperiode gebildeten Betriebsrat an.

3

Dem Betriebsrat stehen Kommentare des Betriebsverfassungsgesetzes, Gesamtdarstellungen des Arbeitsrechts, die Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ und eine aktuelle Auflage des Werks „Rechtsprechung zum Arbeitsrecht von A bis Z“ zur Verfügung. Die Arbeitgeberin überlässt ihm einen Computer mit Internetanschluss, um seine Aufgaben zu erledigen.

4

Die Antragsteller zu 2. und 3. besuchten in der Vergangenheit die Seminare „Arbeitsrecht I“, „Arbeitsrecht II“ und „Arbeitsrecht III“, „BR I“, „BR II“ und „BR III“, „Lohn/Gehalt“ und „Wirtschaftsausschuss“.

5

Zwischen den Beteiligten besteht seit längerer Zeit Streit darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, mehrere Mitglieder des Betriebsrats für das in Erfurt stattfindende Seminar des P-Instituts „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen sowie die Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu tragen. Es handelt sich um ein Wochenseminar, das vom Veranstalter mehrfach im Jahr in Erfurt angeboten wird. Die Seminarthemen beziehen sich jeweils auf aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Die Entscheidungen, die in den einzelnen Seminaren besprochen werden, benennt der Veranstalter nach eigenen Angaben erst etwa acht Wochen vor dem jeweiligen Seminarbeginn. Gegenstand des Seminars ist auch ein Besuch der Sitzung eines Senats des Bundesarbeitsgerichts.

6

Die allgemeine Beschreibung des Seminars „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“, die jedes Seminar begleitet, lautet:

        

„Seminarinhalt

        

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist die höchste Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit. Seine Entscheidungen sind richtungsweisend für die Arbeitsgerichte und werden vielfach für die Argumentation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in betrieblichen Fragen herangezogen.

        

Das Seminar vermittelt Ihnen einen Überblick über die aktuellen und für die Betriebsratsarbeit relevanten Entscheidungen des BAG. Es werden die Tendenzen der BAG-Rechtsprechung und deren konkrete Auswirkungen auf Ihre Betriebsratstätigkeit erläutert. Der Besuch einer Gerichtsverhandlung und ein anschließender Austausch über die dort getroffenen Entscheidungen ermöglicht Ihnen einen vertieften Einblick in die Grundsätze der Rechtsprechung und die möglichen Auswirkungen auf die Unternehmen.

        

Wichtige aktuelle Entscheidungen im Individualarbeitsrecht

        

Wichtige aktuelle Entscheidungen im Betriebsverfassungsrecht

        

Bedeutung der Entscheidungen für die Betriebsratsarbeit

        

-       

Hilfestellung für die Lösung eigener betrieblicher Fragen

        

-       

Argumentationshilfen bei der Verhandlungsführung

        

Aktuelle richtungsweisende Tendenzen der Rechtsprechung des BAG

        

-       

Tendenzen der Rechtsprechung als Hilfsmittel für die Lösung eigener betrieblicher Fragen

        

-       

Rechtliche Konsequenzen der Rechtsprechung des BAG für die Praxis, Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung des BAG

        

-       

Erörterung der Entscheidungen

        

-       

Rechtliche Hintergründe der Entscheidungsfindung

        

Aus Gründen der Aktualität können zum jetzigen Zeitpunkt die zu behandelnden Urteile nicht benannt werden. Ab ca. acht Wochen vor Seminarbeginn können Sie bei uns die geplanten Seminarinhalte anfordern.

        

Wichtige Informationen

        

Diese Seminare können erforderliche Kenntnisse im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG vermitteln, soweit dieses Wissen noch nicht durch entsprechenden Seminarbesuch oder anderweitig erworben wurde.

        

Diese Seminare können für die Schwerbehindertenvertretung erforderliche Kenntnisse nach § 96 Abs. 4 SGB IX vermitteln.

        

Hinweise: Da dieses Seminar die Möglichkeit bietet, sich über wichtige Tendenzen, aktuelle Rechtsprechung und deren Einordnung in die bekannte Rechtsprechung zu informieren, kann der Besuch dieses Seminars einmal im Jahr erforderlich sein.

        

Die Erläuterung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen und deren Umsetzung in die betriebliche Praxis kann ein im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlicher Schulungsinhalt sein. Hierfür muss sich der Betriebsrat nicht auf ein Selbststudium anhand der ihm zur Verfügung stehenden Fachzeitschriften verweisen lassen (BAG vom 20.12.1995 - 7 ABR 14/95).“

7

Die Kosten für die Seminare belaufen sich je Teilnehmer auf 1.078,10 Euro einschließlich Mehrwertsteuer. Hinzu kommen Übernachtungs- und Verpflegungskosten von 133,00 Euro pro Tag.

8

Ein erster Beschluss, Betriebsratsmitglieder zu einem solchen Seminar zu entsenden, wurde vom Betriebsrat bereits im März 2009 gefasst. Danach sollten drei Betriebsratsmitglieder an einem entsprechenden Seminar im Mai 2009 teilnehmen. Die Arbeitgeberin hielt die Teilnahme nicht für erforderlich. Die Betriebsratsmitglieder besuchten die Schulung deshalb nicht.

9

Der Betriebsrat beschloss am 5. Mai 2009, zwei damalige Betriebsratsmitglieder - ua. den früheren Antragsteller zu 4. - zu einem Seminar in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009 zu entsenden, ersatzweise zu einem Seminar in der Zeit vom 23. November 2009 bis 27. November 2009. Der Betriebsrat fasste am 5. Mai 2009 zugleich den Beschluss, die Antragsteller zu 2. und 3. sowie ein weiteres Betriebsratsmitglied zu einem Seminar zu entsenden, das in der Zeit vom 23. November 2009 bis 27. November 2009 stattfinden sollte. Ersatzweise wurden die Betriebsratsmitglieder zu einem Seminar in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009 entsandt. Die Arbeitgeberin lehnte es im Juni 2009 ab, die Kosten für die Teilnahme an den Schulungen zu übernehmen. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen aus diesem Grund nicht an den Seminaren teil.

10

Der Betriebsrat und - ua. - die beiden Antragsteller zu 2. und 3. haben daraufhin am 24. Juli 2009 die Beschlussverfahren - 4 BV 1/10 - und - 4 BV 2/10 - beim Arbeitsgericht eingeleitet.

11

Während der beiden Verfahren beschloss der Betriebsrat am 12. Januar 2010, Betriebsratsmitglieder zu dem Seminar „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ in der Zeit vom 8. März 2010 bis 12. März 2010 zu entsenden. Ersatzweise sollten sie an einem Seminar in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010 teilnehmen. Zum Zeitpunkt der Anhörung der Beteiligten vor dem Arbeitsgericht am 26. Januar 2010 waren die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, die in den Seminaren im März und Mai 2010 behandelt werden sollten, noch nicht bekannt. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen auch an diesen Seminaren nicht teil.

12

Der Betriebsrat fasste in der Folge noch (alternative) Entsendungsbeschlüsse für Seminare vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010 und vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010. Entsandt wurden ua. die Antragsteller zu 2. und 3. Im Rahmen des Seminars „Rechtsprechung aktuell am Bundesarbeitsgericht“ in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010 beispielsweise wurden anhand von 51 Entscheidungen die Themenkomplexe „Arbeitsvertrag“, „Urlaub“, „Befristung“, „Diskriminierungsverbot“, „Betriebsübergang“, „Kündigungsrecht allgemein“, „Verhaltens- und personenbedingte Kündigungsgründe - Kündigung aus wichtigem Grund“, „Sonderkündigungsschutz“, „Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten“, „Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen“, „Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten“ und „Geschäftsführung des Betriebsrats“ behandelt. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen auch an diesen Seminaren nicht teil, weil die Arbeitgeberin es ablehnte, die Kosten zu übernehmen.

13

Der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. haben die Auffassung vertreten, das Seminar „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ vermittle betriebsverfassungsrechtliche Grundkenntnisse. Ein konkreter Schulungsbedarf jedes einzelnen Betriebsratsmitglieds müsse daher nicht dargelegt werden. Das ergebe sich bereits aus der Seminarbeschreibung des Veranstalters. Die Schulungsteilnahme sei auch erforderlich, weil im Rahmen des Seminars Hilfestellungen für die Lösung eigener betrieblicher Fragen und Argumentationshilfen für Verhandlungen über innerbetriebliche Themen gegeben würden. Durch den Wechsel der Arbeitgeberin in eine sog. OT-Mitgliedschaft des Arbeitgeberverbands müsse der Betriebsrat verstärkt seine Informations- und Mitbestimmungsrechte in den Konfliktfeldern der personellen Einzelmaßnahmen - Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen - sowie in den Bereichen der Lohngestaltung und der Verteilung von Provisionen und Prämien einfordern. 16 der in dem Seminar vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009 behandelten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts hätten zB konkreten Bezug zu der Betriebsratsarbeit gehabt. Dem Betriebsrat und seinen Mitgliedern könne nicht zugemutet werden, die Seminar-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten vorzustrecken.

14

Der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. haben - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet war, die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme am Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in Erfurt vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009, alternativ in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010, alternativ in der Zeit vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, alternativ in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010 unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen;

        

2.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme an dem in Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010 unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen;

        

3.    

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Seminarkosten des Seminarveranstalters P-Institut in Höhe von 1.078,10 Euro pro Teilnehmer sowie die Hotelkosten in Höhe von jeweils 133,00 Euro pro Teilnehmer und pro Übernachtung für die Teilnahme der Beteiligten zu 2. und 3. an dem in Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des BAG“ in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, hilfsweise in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, weiter hilfsweise in der Zeit vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010, äußerst hilfsweise in der Zeit vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010 zu bezahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 2. und 3. am Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in Erfurt in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009, alternativ in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010, alternativ in der Zeit vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, alternativ in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, alternativ in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010 „erforderlich“ iSv. § 37 Abs. 6 BetrVG ist;

        

5.    

festzustellen, dass der Betriebsrat berechtigt ist, bei Kostenübernahme durch die Arbeitgeberin die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme an einem in Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des BAG“, veranstaltet vom P-Institut, zu entsenden.

15

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, die Teilnahme an den Seminaren sei im Zeitpunkt der Entsendung schon deswegen nicht erforderlich, weil die konkret besprochenen Entscheidungen erst kurz vor Seminarbeginn bekannt gegeben würden. Die Betriebsratsmitglieder könnten sich im Übrigen durch die zur Verfügung gestellte Fachpresse über die aktuelle Rechtsprechung informieren.

16

Das Arbeitsgericht hat die erstinstanzlich gestellten Anträge durch zwei Beschlüsse in den Sachen - 4 BV 1/10 - und - 4 BV 2/10 - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Anhörung und Entscheidung verbunden und die Beschwerde des Betriebsrats, der Antragsteller zu 2. und 3. sowie des früheren Antragstellers zu 4. zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.

17

B. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Anträge jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Anträge zu 1., 3., 4. und 5. sind unzulässig, der Antrag zu 2. ist unbegründet.

18

I. An dem Verfahren sind neben dem Betriebsrat, den Antragstellern zu 2. und 3. sowie der Arbeitgeberin keine weiteren Personen oder Stellen beteiligt. Hinsichtlich des früheren Antragstellers zu 4. ist das Verfahren nach dessen Ausscheiden aus dem Betriebsrat übereinstimmend für erledigt erklärt und daraufhin eingestellt worden.

19

II. Die Anträge zu 1., 3., 4. und 5. sind unzulässig. Es kann offenbleiben, ob mit diesen Anträgen im Beschwerdeverfahren zumindest teilweise in den Hilfsverhältnissen - für spätere Seminare - die Verfahrensgegenstände ausgewechselt wurden oder lediglich einer der Fälle des § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO anzunehmen ist. Die vier Anträge lassen jedenfalls keine Auslegung zu, die den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 und des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt. Für die Anträge zu 1. und 3. fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Das gilt auch für den Antrag zu 4. Ihm liegt außerdem kein Rechtsverhältnis zugrunde. Der Antrag zu 5. ist nicht hinreichend bestimmt.

20

1. Für die Anträge zu 1. und 3. fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

21

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, wollen die Antragsteller mit den Anträgen zu 1. und 3. festgestellt wissen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet war, die Antragsteller zu 2. und 3. für bestimmte in der Vergangenheit liegende, in Haupt- und Hilfsverhältnisse gestellte Seminare unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen sowie die Antragsteller von den Ansprüchen des Veranstalters und Dritter auf Zahlung der Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten freizustellen.

22

b) Das Feststellungsinteresse ist für den Antrag zu 1. bereits im Beschwerdeverfahren entfallen. Das gilt auch für den Antrag zu 3. im Hinblick auf das Seminar in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, das vom Hauptantragsteil umfasst ist. Hinsichtlich der drei späteren, in die Hilfsverhältnisse aufgenommenen Seminarveranstaltungen ist das Feststellungsinteresse nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz weggefallen.

23

aa) Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist eine in jedem Stadium des Verfahrens - auch im Beschlussverfahren - von Amts wegen zu prüfende Sachentscheidungsvoraussetzung. Maßgebender Zeitpunkt für das Bestehen des Feststellungsinteresses ist der Schluss der mündlichen Verhandlung oder Anhörung vor dem Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht. Wird ein zunächst gegenwärtiges Rechtsverhältnis während des Rechtsstreits oder Verfahrens beendet, bleibt der Feststellungsantrag nur zulässig, wenn sich aus der beantragten Feststellung noch Rechtswirkungen für die Zukunft ergeben können. Die erstrebte Feststellung muss geeignet sein, die zwischen den Parteien oder Beteiligten weiterhin bestehenden Streitfragen abschließend zu klären. Fehlen solche künftigen Rechtswirkungen und trägt der Kläger oder Antragsteller der geänderten Verfahrenssituation nicht durch eine Erledigungserklärung und eine entsprechende Änderung seines Antrags Rechnung, ist der Feststellungsantrag als unzulässig abzuweisen (vgl. für das Urteilsverfahren zB BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 15 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102; siehe auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 22, BAGE 134, 202).

24

bb) Der Sonderfall, dass sich aus einem vergangenen Rechtsverhältnis noch Rechtswirkungen für die Zukunft ergeben können, ist hier nicht gegeben. Aus den Themenplänen der in der Vergangenheit liegenden Seminare lässt sich nicht ableiten, dass die Teilnahme der Antragsteller zu 2. und 3. an künftigen Seminaren dieser Art erforderlich sein wird iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Auffassung der Antragsteller zu Recht angenommen, dass in den Schulungen nach der allgemeinen Konzeption der Seminarreihe kein Grundwissen vermittelt wird, für das bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern kein betriebsbezogener Anlass dargelegt werden muss. Ohne Konkretisierung der Seminarinhalte kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Betriebsrat die Schulung aufgrund seiner Aufgabenstellung im Betrieb nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG für erforderlich halten darf.

25

(1) Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dazu muss ein aktueller oder absehbarer betrieblicher oder betriebsratsbezogener Anlass dargelegt werden, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt. Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden. Der Senat unterscheidet zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (vgl. für die st. Rspr. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 19 mwN, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 - Rn. 24, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 10). Der Schulungsanspruch aus § 37 Abs. 6 BetrVG ist kein individueller Anspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds, sondern ein kollektiver Anspruch des Betriebsrats darauf, dass einem bestimmten Betriebsratsmitglied Kenntnisse vermittelt werden, die für die Arbeit des Gremiums erforderlich sind(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - aaO mwN).

26

(2) Danach kann es erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sein, dass einzelne Betriebsratsmitglieder durch den Besuch entsprechender Schulungsveranstaltungen Kenntnis von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erlangen. Ob das der Fall ist, hängt jedoch von zahlreichen Umständen ab. Dazu gehören insbesondere die konkreten Seminarinhalte, eine mögliche Aufgabenverteilung innerhalb des Betriebsrats und eine thematische Spezialisierung einzelner Betriebsratsmitglieder, die Zahl der entsandten Betriebsratsmitglieder und deren Verhältnis zur Gesamtgröße des Betriebsrats, die letzte Aktualisierung des bereits vorhandenen Wissens sowie betriebliche Entwicklungen, die es besonders dringlich erscheinen lassen, die Kenntnisse der jüngeren Rechtsprechung in bestimmten Fragen zu aktualisieren. Von diesen Umständen muss der Betriebsrat Kenntnis haben, um beurteilen zu können, ob die Schulungsveranstaltung erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist, und seinen Beurteilungsspielraum sachgerecht auszuüben(vgl. zum Beurteilungsspielraum des Betriebsrats zB BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 - Rn. 32, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 10).

27

(a) Sind die Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat so gelagert, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen kann, wenn die Kenntnisse bestimmter Betriebsratsmitglieder durch Teilnahme an einer der hier umstrittenen Seminarveranstaltungen verbessert werden, kann die Entsendung dieser Betriebsratsmitglieder erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sein. Der Betriebsrat hat insoweit einen Beurteilungsspielraum. Das entbindet ihn jedoch nicht von der Obliegenheit, im Streitfall darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse braucht, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (vgl. BAG 24. Mai 1995 - 7 ABR 54/94  - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 109 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 127). Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und damit die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 14/95 - zu B 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130).

28

(b) Auf die Darlegung des betrieblichen Bezugs kann nicht verzichtet werden. Kenntnisse der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören nicht zum unverzichtbaren Grundwissen der einzelnen Betriebsratsmitglieder im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung, dessen Erforderlichkeit der Betriebsrat nicht näher darlegen muss. Sie setzen vielmehr mit Blick auf die Vielfalt der Themen und die vertiefte Beurteilung von Einzelfällen - zumal unter spezifisch revisions- oder rechtsbeschwerderechtlichem Blickwinkel - entsprechende Grundkenntnisse voraus, die sie im Sinn einer Spezialisierung intensivieren. Vielfalt und Breite der Themen unterscheiden den Streitfall auch von der Fallgestaltung, die dem Senatsbeschluss vom 20. Dezember 1995 zugrunde lag (- 7 ABR 14/95 - zu B 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130). Gegenstand der dortigen Schulungsveranstaltung waren personelle Einzelmaßnahmen iSv. § 99 BetrVG im Spiegel der aktuellen BAG-Entscheidungen. Für dieses Kerngebiet der Tätigkeit von Betriebsräten besteht typischerweise ein betrieblicher Bezug für das einzelne Betriebsratsmitglied.

29

(c) Dennoch kann es erforderlich sein, dass sich Betriebsratsmitglieder über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch den Besuch entsprechender Schulungsveranstaltungen informieren.

30

(aa) Der Betriebsrat als Gremium muss sich auch über die Entwicklung der Rechtsprechung in den für seine Arbeit relevanten Bereichen auf dem Laufenden halten, um seine Aufgaben verantwortlich wahrnehmen zu können. Grundkenntnisse, die in möglicherweise viele Jahre zurückliegenden Schulungen erworben wurden, genügen dafür allein nicht immer. Betriebsratsmitglieder haben allerdings die Möglichkeit, das einmal erworbene Grundwissen durch ihnen zur Verfügung gestellte Informationsquellen zu ergänzen und zu aktualisieren. Dazu kann zB das laufende Studium von Fachzeitschriften dienen, bei konkreten Problemen die Lektüre juristischer Kommentare oder eine Recherche im Internet. Der Betriebsrat muss sich darauf aber nicht generell verweisen lassen. Die Information im Rahmen einer Schulungsveranstaltung und die Information durch arbeitsrechtliche Veröffentlichungen schließen sich nicht aus, ergänzen sich vielmehr (vgl. BAG 25. Januar 1995 - 7 ABR 37/94 - zu B 1, 2 und 4 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 46 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 73). Das gilt vor allem dann, wenn in der Schulung nicht nur über aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts informiert wird, sondern den Teilnehmern auch betriebsverfassungsrechtliche und für den konkreten Betriebsrat bedeutsame individualrechtliche Rechtsentwicklungen und Tendenzen anhand ausgewählter Entscheidungen erläutert und für die praktische Betriebsratsarbeit nutzbar gemacht werden sollen. Dadurch soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, den neuesten Stand der Rechtsprechung zur Grundlage seines betrieblichen Handelns zu machen. Mithilfe der ihm überlassenen Literatur kann sich der Betriebsrat zwar einen Überblick über die neueren Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen verschaffen. Das umstrittene Schulungsmodell geht aber über die Informationsebene des Selbststudiums hinaus. Es soll Betriebsratsmitgliedern, die regelmäßig nicht juristisch vorgebildet sind, Zusammenhänge der Rechtsprechungslinien des Bundesarbeitsgerichts aufzeigen und die Teilnehmer dazu anleiten, die Rechtsprechung in der betrieblichen Praxis zu berücksichtigen. Der Besuch einer solchen Schulungsveranstaltung kann erforderlich sein, wenn der Betriebsrat auf die Kenntnisse angewiesen ist, um seine Aufgaben für die Belegschaft und den Betrieb sachgerecht wahrnehmen zu können (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 14/95 - zu B 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130).

31

(bb) Ob die besonderen Kenntnisse, die in einer der hier umstrittenen Schulungsveranstaltungen über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vermittelt werden, erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sind, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Entscheidend ist die konkrete Situation in Betrieb und Betriebsrat. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung sind neben dem konkreten Themenplan zB die Größe des Betriebsrats, die Aufgaben des Betriebsratsmitglieds im Gremium, die Zahl der entsandten Betriebsratsmitglieder und in jüngerer Vergangenheit besuchte Seminare zu berücksichtigen. Besteht der nötige betriebliche Bezug, kann es erforderlich sein, ein Betriebsratsmitglied oder mehrere Betriebsratsmitglieder zu der Schulung zu entsenden, die als Multiplikatoren des erworbenen Wissens für die übrigen Mitglieder des Gremiums dienen. Die Fortbildung aller Betriebsratsmitglieder wird in größeren Betriebsräten dagegen regelmäßig nicht erforderlich sein. Gegen die Erforderlichkeit der Seminarveranstaltung kann zB sprechen, dass das entsandte Betriebsratsmitglied in jüngerer Vergangenheit eine Grundschulung oder ein den hier umstrittenen Schulungen ähnliches Seminar besucht hat, das entsprechende Spezialkenntnisse vermittelt hat.

32

(d) Aus den in der Vergangenheit liegenden Seminaren, zu denen die Antragsteller entsandt wurden und an denen sie nicht teilnahmen, kann der erforderliche betriebliche Bezug für künftige ähnliche Seminare und damit das Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1. und 3. nicht abgeleitet werden. Besonderheit der Seminarreihe ist ihr ständig wechselnder Inhalt durch die zu behandelnden aktuellen Entscheidungen. Ohne Wissen um den jeweiligen Seminarplan kann nicht beurteilt werden, ob das einzelne Betriebsratsmitglied die zu vermittelnden Kenntnisse für seine Betriebsratsarbeit braucht. Aus den vergangenen Seminarinhalten lassen sich keine Rückschlüsse für künftige Veranstaltungen ziehen.

33

(e) Der Senat verkennt nicht, dass es aufgrund des Erfordernisses eines Betriebsratsbeschlusses, der auf eine konkrete, nach Zeitpunkt und Themenplan bestimmte Schulung bezogen ist, schwierig oder fast unmöglich werden kann, vor dem Schulungsbesuch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über seine Erforderlichkeit herbeizuführen. Soweit Rechte von konkreten, sich ändernden Umständen abhängen, kann die Rechts- und Verfahrensordnung aber nicht stets - jedenfalls nicht im Erkenntnisverfahren - sicherstellen, dass der Streit über das Bestehen des Rechts rechtskräftig geklärt ist, bevor das wirkliche oder vermeintliche Recht ausgeübt wird. Es kann vielmehr Sache des tatsächlichen oder vermeintlichen Rechtsinhabers sein, das Recht wahrzunehmen und erforderlichenfalls danach klären zu lassen, ob dies berechtigterweise geschah. Das gilt auch für den eigenverantwortlich handelnden Betriebsrat. Mit seinem Beurteilungsspielraum korrespondiert das Risiko, ihn überschritten zu haben. Dieses Verfahren verlangt keine abschließende Beurteilung, ob der Betriebsrat oder das zu schulende Mitglied jedenfalls für die unmittelbar zu leistenden, ihm finanziell nicht möglichen oder zumutbaren Aufwendungen einen Vorschuss des Arbeitgebers im Weg einstweiligen Rechtsschutzes verlangen können (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11).

34

2. Entsprechendes gilt für den Antrag zu 4., mit dem festgestellt werden soll, dass die Teilnahme der Antragsteller zu 2. und 3. an bestimmten, in Haupt- und gestaffelte Hilfsverhältnisse gestellten Seminaren in der Vergangenheit erforderlich war. Für ihn fehlt das besondere Feststellungsinteresse aus den genannten Gründen. Ihm liegt zudem kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde.

35

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger oder Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden baldigen richterlichen Entscheidung hat. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen(vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08  - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 24. April 2007 -  1 ABR 27/06  - Rn. 15 mwN, BAGE 122, 121 ). Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 76; 20. Mai 2008 -  1 ABR 19/07  - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 81 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 19).

36

b) Die Frage, ob bestimmte Seminarveranstaltungen in der Vergangenheit erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG waren, ist eine solche abstrakte Rechtsfrage. Die Antragsteller erstreben der Sache nach die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage für die Frage der Pflicht der Arbeitgeberin zur Freistellung der Antragsteller von den Ansprüchen des Veranstalters und Dritter auf Zahlung der Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten oder der Verpflichtung zur Erstattung geleisteter Zahlungen in der Zukunft. Für ein solches Rechtsgutachten sind die Arbeitsgerichte nicht zuständig.

37

3. Der Antrag zu 5., mit dem die Antragsteller allgemein festgestellt wissen wollen, dass der Betriebsrat berechtigt ist, die Antragsteller zu 2. und 3. zu einer Veranstaltung der umstrittenen Seminarreihe zu entsenden, wird den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht gerecht. Er nennt weder den konkretisierten Themenplan noch die zeitliche Lage der Schulungsveranstaltung.

38

a) Nach dieser im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären, worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer Sachentscheidung iSv. § 322 Abs. 1 ZPO ist(vgl. etwa BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 14 mwN, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11).

39

b) Diese Angaben sind für die Bestimmtheit des Verfahrensgegenstands unentbehrlich. Würde dem Antrag ohne sie stattgegeben, bliebe unklar, zu welcher konkreten Schulung der Betriebsrat die Antragsteller zu 2. und 3. entsenden darf. Die Entscheidung erginge zu einer (hypothetischen) Seminarveranstaltung zu irgendeinem Zeitpunkt mit im Einzelnen ungewissem Themenplan. Dadurch unterscheidet sich diese Fallgestaltung von denjenigen, in denen das Bundesarbeitsgericht im Rahmen von Feststellungsanträgen über die Erforderlichkeit von in der Vergangenheit liegenden Schulungen entschieden hat (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11 in Abgrenzung zB von 16. März 1976 - 1 ABR 43/74  - zu II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 22 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 46; 6. Mai 1975 -  1 ABR 135/73  - zu II 3 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 65 Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 65 Nr. 5; 10. Juni 1974 -  1 ABR 136/73  - zu 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 15 = EzA ArbGG § 80 Nr. 3; 6. November 1973 -  1 ABR 15/73  - zu II 2 der Gründe, AP ArbGG 1953 § 89 Nr. 8 = EzA ArbGG § 89 Nr. 1).

40

c) Ohne Konkretisierung von Gegenstand und Zeitpunkt der Schulung kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Antrag begründet ist. Themenplan und Zeitpunkt des Seminars sind - wie schon zu den Anträgen zu 1. und 3. ausgeführt - für die Frage von Bedeutung, ob der Betriebsrat die Schulung der Spezialkenntnisse nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG für erforderlich halten darf. Die Erforderlichkeitsprüfung, die der Betriebsrat nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 BetrVG vorzunehmen hat, umfasst neben den Themen ua. auch die zeitliche Lage der Schulungsveranstaltung. Das wird an § 37 Abs. 6 Satz 3 bis Satz 6 BetrVG deutlich. Der Betriebsrat hat nach § 37 Abs. 6 Satz 3 BetrVG bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. § 37 Abs. 6 Satz 4 BetrVG sieht vor, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben hat. Der Arbeitgeber kann nach § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG die Einigungsstelle anrufen, wenn er die betrieblichen Gegebenheiten für nicht ausreichend berücksichtigt hält. Die berechtigten Belange des Arbeitgebers können nur dann hinreichend bedacht werden, wenn auch die Zeit der Schulung feststeht. Daran fehlt es. Die notwendige Einzelfallbetrachtung, die immer wieder eine neue Entscheidung des Betriebsrats erfordert, lässt die verlangte Feststellung nicht zu (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; zu § 40 Abs. 1 BetrVG auch 16. Oktober 1986 - 6 ABR 4/84  - zu IV 2 der Gründe, DB 1987, 1439 ). Im Übrigen gelten die für das fehlende Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1., 3. und 4. angestellten Erwägungen.

41

III. Der Antrag zu 2., mit dem der Arbeitgeberin aufgegeben werden soll, die Antragsteller zu 2. und 3. für die Teilnahme an bestimmten Schulungsveranstaltungen unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen, ist unbegründet. Unabhängig von der Frage, ob die Arbeitgeberin überhaupt berechtigt oder verpflichtet ist, entsandte Betriebsratsmitglieder freizustellen, ist der Antrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet, weil die Seminarveranstaltungen in der Vergangenheit liegen. Die von der Rechtsbeschwerde erstrebte Auslegung oder Umdeutung in das „Minus“ eines Feststellungsantrags brächte für die Antragsteller keinen Vorteil. Für ihn fehlte mit den Überlegungen zu der Unzulässigkeit der Anträge zu 1., 3. und 4. das nötige Feststellungsinteresse. Der Antrag zu 2. deckte sich im Fall der Auslegung oder Umdeutung außerdem zum Teil mit den Anträgen zu 3. und 4.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    R. Gmoser    

        

    Gerschermann    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 30. November 2011 - 16 TaBV 75/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 30. November 2011 - 16 TaBV 75/10 - teilweise aufgehoben.

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 gegenüber dem Beteiligten zu 3. aus dessen Personalakte zu entfernen.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3. zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Berechtigung einer dem Betriebsratsvorsitzenden erteilten Abmahnung sowie in diesem Zusammenhang über Feststellungs- und Unterlassungsansprüche.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt ein psychiatrisches und psychosomatisches Fachkrankenhaus. In diesem ist der zu 1. beteiligte 15-köpfige Betriebsrat gebildet, dessen freigestellter Vorsitzender der Beteiligte zu 3. ist.

3

Am 4. Dezember 2009 informierte die bei der Arbeitgeberin beschäftigte Arbeitnehmerin L die Geschäftsleitung anhand eines Formblatts „Meldung über ein besonderes Vorkommnis“ darüber, dass sie gesehen habe, wie der Hausmeister Herr B am 2. Dezember 2009 einen Heimbewohner beschimpft und den rechten Arm zu einem Schlag erhoben habe, der Heimbewohner aber - da er sich geduckt habe - nicht getroffen worden sei. Wegen dieser Meldung wandte sich Herr B an den Betriebsrat. Am 9. Dezember 2009 führte der Betriebsratsvorsitzende gemeinsam mit einem weiteren Betriebsratsmitglied - dem vormals Beteiligten zu 4., dessen Arbeitsverhältnis mittlerweile beendet und das Verfahren insoweit eingestellt ist - ein Gespräch mit Frau L. Mit Schreiben vom selben Tag teilte Frau L der Geschäftsleitung mit:

„…

ich möchte Sie über den Besuch der Betriebsratsmitglieder Herr V und Herr F berichten und mich gleichzeitig über die Art und Weise des Umgangs mit mir bei Ihnen beschweren.

Um ca. 10.00 Uhr kamen Herr V und Herr F auf Wohnbereich 1, um mit mir ein Gespräch zu führen. Herr V schickte die beiden diensthabenden Pfleger … und … aus dem Dienstzimmer, wodurch alles für mich einen verhörartigen Charakter bekam. Ich das auch sofort gesagt und beschrieben, dass es mir nicht gut geht. Herr V spielte es herunter. Mir wurde ein schlechtes Gewissen eingeredet, ich sollte die Satzstellung und Formulierungen überdenken oder sollte eine Zeichnung mit Datum und Unterschrift anfertigen.

Herr F zeichnete auch etwas vor, das ich unterzeichnen sollte, wenn ich es für richtig hielt. Habe mich geweigert, hatte nach dem Gespräch so ein schuldiges, schlechtes Gefühl.

Herr V versuchte sein Anliegen runterzuspielen Zitat: ‚… A, kann ich mich darauf verlassen, dass es beim Abwehren bleibt, was Du gesehen hast. Ich muss nämlich noch ein Schreiben für … aufsetzen:‘ Das waren seine Worte.

Überlege, es bedarf doch nur der Formulierung. Ich habe auf mein Schreiben vom 4.12.09 verwiesen… Beide sind dann gegangen.

…“

4

Zu dieser Beschwerde äußerten sich der Betriebsratsvorsitzende und das Betriebsratsmitglied mit einem Schreiben an die Geschäftsleitung vom 16. Dezember 2009. Das Schreiben lautet auszugsweise:

„…

die Beschwerde von Frau L vom 09.12.09 hat uns sehr überrascht. Unsere Erinnerung an den Ablauf des Gespräches vom 09.12.09 unterscheidet sich erheblich von der Schilderung der Kollegin L.

Unsere Absicht war es, uns von Frau L den zugrunde liegenden Sachverhalt bezüglich des Vorfalls vom 02.12.09 zwischen Herrn B und dem Bewohner, Herrn …, aus Ihrer Sicht erläutern zu lassen, nachdem Herr B uns seine Sichtweise geschildert hatte.

Das unsere Bemühungen um Sachaufklärung evtl. missverstanden wurden, macht uns betroffen.

…“

5

Mit Schreiben vom 13. Januar 2010 erteilte die Arbeitgeberin dem Betriebsratsvorsitzenden (ebenso wie mit einem weiteren Schreiben dem vormals zu 4. beteiligten Betriebsratsmitglied) eine „Abmahnung“ mit folgendem Wortlaut:

„…

Von unserem Angebot, ein gemeinsames Gespräch zu führen, haben Sie keinen Gebrauch gemacht. Wie bereits angekündigt, mahnen wir Sie hiermit wegen des Vorfalls vom 09.12.2009 - Frau L - ausdrücklich ab.

Nach den glaubhaften Bekundungen von Frau L, denen Sie im Wesentlichen nicht widersprochen haben, haben Sie in unzulässiger Weise versucht, Frau L zu veranlassen, ihre Beobachtungen zu dem Vorfall am 02.12.2009 - B/… - zugunsten des Herrn B zu korrigieren. Auch als BR-Vorsitzender und freigestelltes BR-Mitglied sind Sie an Gesetz und Recht gebunden, darüberhinaus besteht auch die Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen anderer Arbeitnehmer weiter. Nach dem von Frau L bekannt gemachten Gesprächsverlauf besteht für uns der dringende Verdacht, dass Sie auch aus strafrechtlicher Sicht in unzulässiger Weise versucht haben, Druck auf Frau L auszuüben, um diese zu veranlassen, ihre tatsächlichen Wahrnehmungen anders darzustellen, als wie sie sie wahrgenommen hat. Dies ist eine schwerwiegende Verletzung auch Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Sie haben damit auch gegen das Rücksichtnahme- und Übermaßverbot verstoßen.

Wir mahnen Sie deshalb ab und weisen daraufhin, dass wir uns für den Fall einer Wiederholung vorbehalten, das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auch außerordentlich zu kündigen.

…“

6

Der Betriebsrat hat mit dem beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung - die Feststellung begehrt, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 unwirksam sei und eine Behinderung und Störung der Arbeit des Betriebsrats sowie des Betriebsratsvorsitzenden darstelle. Nachdem das Landesarbeitsgericht den Betriebsratsvorsitzenden (ebenso wie das weitere Mitglied des Betriebsrats) am Verfahren beteiligt hat, hat dieser im Beschwerdeverfahren gleichlautende Feststellungen begehrt und darüber hinaus - ebenso wie der Betriebsrat hilfsweise - von der Arbeitgeberin die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte sowie die Verpflichtung verlangt, es künftig zu unterlassen, gegenüber Betriebsratsmitgliedern Abmahnungen für Handlungen zu erteilen, die als Mandatsausübung anzusehen seien. Der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende haben die Auffassung vertreten, ihre Ansprüche seien im Beschlussverfahren zu verfolgen. Die Abmahnung vom 13. Januar 2010 sei betriebsverfassungswidrig. Sie ziele auf eine Störung und Behinderung der Arbeit des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender.

7

Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben - soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse - beantragt

festzustellen, dass

1. die Abmahnung des Beteiligten zu 3. vom 13. Januar 2010 unwirksam ist und

2. sowohl eine Behinderung und Störung der Arbeit des Betriebsrats als auch der Arbeit des Beteiligten zu 3. ist,

sowie beim Landesarbeitsgericht außerdem - der Betriebsrat hilfsweise und der Beteiligte zu 3. unbedingt -,

3. die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 gegenüber dem Beteiligten zu 3. zurückzunehmen und aus dessen Personalakte zu entfernen,

4. die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats individualrechtliche Abmahnungen für Handlungen zu erteilen, die als Betätigung des Betriebsratsmandats anzusehen sind.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen; der Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz hat sie widersprochen. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, es fehle dem Betriebsrat an der Antragsbefugnis. In der berechtigten Abmahnung des Betriebsratsvorsitzenden wegen der Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten liege keine Störung oder Behinderung der Arbeit des Betriebsrats oder seiner Mitglieder.

9

Das Arbeitsgericht hat die - bei ihm allein anhängigen Anträge zu 1. und zu 2. - als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Betriebsrat verfolge diese Anträge in der nicht zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden - auch hinsichtlich der Anträge zu 3. und zu 4. - zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende ihre Anträge weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde und führt in ihrer Rechtsbeschwerdeerwiderung ua. aus: „… ganz unabhängig von der offenen Frage, ob der Antragserweiterung ein entsprechender Beschluss des“ Betriebsrats „überhaupt zu Grunde liegt“.

10

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsratsvorsitzenden hat hinsichtlich des Antrags zu 3. Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

11

I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen den seine Hauptanträge zu 1. und zu 2. abweisenden arbeitsgerichtlichen Beschluss im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Anträge sind bereits unzulässig. Auch die Hilfsanträge zu 3. und zu 4. hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der mit einer zulässigen Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz angebrachte Hilfsantrag zu 3. ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Hilfsantrag zu 4. ist unzulässig.

12

1. Der Betriebsrat verfolgt sämtliche Anträge in der zutreffenden Verfahrensart des Beschlussverfahrens. Anders als das Arbeitsgericht - hinsichtlich der Anträge zu 1. und zu 2. - hat das Landesarbeitsgericht die Frage der Verfahrensart nicht problematisiert. Zu Recht hat es im Beschlussverfahren entschieden. Bei den vier erhobenen Ansprüchen des Betriebsrats handelt es sich um „Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz“ iSv. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, bei denen nach § 2a Abs. 2, § 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet. Der Betriebsrat beruft sich auf seine Rechte als Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Es geht ihm um Feststellungen der Rechtsbeziehungen zwischen den Betriebsparteien und um betriebsverfassungsrechtliche (Leistungs-)Ansprüche. Eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit entfällt nicht schon deshalb, weil es in diesem Zusammenhang um eine dem Betriebsratsvorsitzenden als Arbeitnehmer erteilte Abmahnung geht. Entscheidend ist, ob sich das Verfahren auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis der Betriebspartner bezieht. Das ist hier der Fall. Ein Urteilsverfahren könnte der Betriebsrat mangels Parteifähigkeit gar nicht betreiben. Nur im Beschlussverfahren ist er nach § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG beteiligtenfähig.

13

2. Die (Haupt-)Anträge zu 1. und zu 2. sind unzulässig.

14

a) Allerdings fehlt es dem Betriebsrat für diese Anträge nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG.

15

aa) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG, wenn er eigene Rechte geltend macht. Ebenso wie die Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren dient die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (vgl. BAG 5. März 2013 - 1 ABR 75/11 - Rn. 17; 21. August 2012 - 3 ABR 20/10 - Rn. 26 mwN; 17. Juni 2009 - 7 ABR 96/07 - Rn. 9).

16

bb) Danach ist der Betriebsrat für die Hauptanträge antragsbefugt. Er stützt beide Feststellungsbegehren auf eine (behauptete) Störung und Behinderung seiner Arbeit. Nach seinem Vorbringen in der Antragsbegründung nimmt er Bezug auf die Schutzbestimmung des § 78 Satz 1 BetrVG, der er - jedenfalls auch - eine gremienschutzbezogene Intention beimisst. Damit macht er ein eigenes Recht geltend. Es erscheint nicht „auf der Hand liegend“ ausgeschlossen, die begehrten Feststellungen auf § 78 Satz 1 BetrVG zu stützen.

17

b) Der Feststellungsantrag zu 1. ist aber unzulässig, weil er nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt.

18

aa) Nach dem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat(vgl. zB BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121). Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 35 mwN, BAGE 140, 277). So ist etwa die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage (vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 21 mwN, BAGE 131, 176).

19

bb) Die begehrte Feststellung, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 unwirksam ist, betrifft kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Der Antrag ist auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Erklärung gerichtet. Der Sache nach erstrebt der Betriebsrat mit ihm die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage für einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

20

c) Der Feststellungsantrag zu 2. ist unzulässig, weil er bereits nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist. Zudem liegt auch ihm kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde.

21

aa) Nach der im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären, worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer Sachentscheidung iSv. § 322 Abs. 1 ZPO ist(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 14 mwN).

22

bb) Diesem Erfordernis wird der Antrag zu 2. nicht gerecht. Würde ihm stattgegeben, bliebe unklar, worin genau die „Behinderung“ und „Störung“ der Arbeit des Betriebsrats und seines Vorsitzenden durch die Abmahnung vom 13. Januar 2010 liegt.

23

cc) Außerdem betrifft der Antrag zu 2. kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Er zielt auf die Feststellung, dass eine bestimmte Maßnahme der Arbeitgeberin eine Behinderung und Störung der Arbeit des Betriebsrats und seines Vorsitzenden ist. Damit umfasst er die Dokumentation einer Tatsache und deren rechtliche Bewertung, die allenfalls mögliche Vorfragen oder Elemente von Leistungs- und Unterlassungsansprüchen sein können. Es ist aber nicht Aufgabe der Feststellungsklage oder des Feststellungsantrags, Vorfragen etwa für eine künftige Leistungs- oder Unterlassungsklage zu klären (vgl. dazu zB BAG 5. Oktober 2000 - 1 ABR 52/99 - zu B II 2 der Gründe mwN).

24

3. Der damit zur Entscheidung anfallende Hilfsantrag zu 3. ist zulässig, aber unbegründet.

25

a) Der Betriebsrat hat diesen - echten - Eventualantrag erstmals in der Beschwerdeinstanz angebracht. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt darin keine unzulässige Antragserweiterung.

26

aa) Nach § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG kann ein Antrag im Beschlussverfahren(auch) noch in der Beschwerdeinstanz geändert werden. In der Erweiterung des Streit- oder Verfahrensgegenstands eines anhängigen Verfahrens liegt grundsätzlich eine Antragsänderung. Gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 ArbGG ist eine Änderung des Antrags zulässig, wenn die übrigen Beteiligten zustimmen, die Zustimmung wegen rügeloser Einlassung der Beteiligten als erteilt gilt oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Nach § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG ist die Entscheidung, dass eine Änderung des Antrags nicht vorliegt oder zugelassen wird, unanfechtbar. An eine Nichtzulassung der Antragsänderung durch das Beschwerdegericht wegen einer von diesem nicht angenommenen Sachdienlichkeit ist das Rechtsbeschwerdegericht dagegen nicht gebunden. Im Übrigen ist für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Antragsänderung § 264 ZPO auch im Beschlussverfahren entsprechend anwendbar, selbst wenn dies in § 81 Abs. 3 ArbGG nicht ausdrücklich ausgesprochen ist(so bereits BAG 14. Januar 1983 - 6 ABR 39/82 - zu II 2 der Gründe, BAGE 41, 275; vgl. auch BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 24, BAGE 130, 1; 26. Juli 2005 - 1 ABR 16/04 - zu B II 1 b der Gründe; 29. Juni 2004 - 1 ABR 32/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 111, 191). § 264 Nr. 2 ZPO bestimmt, dass ua. dann keine Klageänderung vorliegt, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird.

27

bb) Danach ist der Hilfsantrag zu 3. selbst dann zulässig, wenn er keine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Antragserweiterung darstellen sollte. Es spricht bereits manches dafür, dass der Betriebsrat aufgrund desselben Tatsachenkomplexes lediglich eine andere Rechtsfolge begehrt (Entfernung der Abmahnung und nicht Feststellung ihrer Unwirksamkeit) und demnach seinen Antrag lediglich iSv. § 264 Nr. 2 ZPO erweitert. Jedenfalls wäre die Antragsänderung sachdienlich iSv. § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Sachdienlichkeit der von ihm angenommenen Antragsänderung mit der Erwägung verneint, in der Abmahnung vom 13. Januar 2010 liege keine Beeinträchtigung iSd. § 78 BetrVG und ohnehin sei der Betriebsrat für einen individualrechtlichen Beseitigungsanspruch nicht antragsbefugt. Damit hat es die Sachdienlichkeit zu Unrecht danach beurteilt, ob der geänderte Antrag Aussicht auf Erfolg hat. Jedenfalls die Frage der Antragsbefugnis und die Begründetheit des mit der Antragserweiterung angebrachten Begehrens sind für dessen Sachdienlichkeit nicht maßgeblich. Vorliegend dient der Antrag zu 3. - so man in ihm eine Antragsänderung iSv. § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG sieht - dazu, den Streitstoff der Beteiligten im Rahmen des anhängigen Verfahrens vollständig auszuräumen und insbesondere zu klären, welche Ansprüche dem Betriebsrat im Zusammenhang mit Abmahnungen zustehen, die Betriebsratsmitgliedern erteilt wurden. Ohne Zulassung der Antragserweiterung würde ein neues Verfahren der Beteiligten herausgefordert. Auch ist mit dem Antrag zu 3. kein völlig neuer Streitstoff zur Beurteilung und Entscheidung gestellt. Vielmehr geht es - wie bereits bei den Hauptanträgen - um die Rechtmäßigkeit der Abmahnung vom 13. Januar 2010 sowie um Fragen der Antragsbefugnis des Betriebsrats.

28

b) Der Zulässigkeit der Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin in ihrer Rechtsbeschwerdeerwiderung eine entsprechende Beschlussfassung des Betriebsrats in Frage gestellt hat. Zur Einlegung eines Rechtsmittels - auch einer Beschwerde, mit der ggf. eine Antragserweiterung und -änderung verfolgt wird - gegen eine den Betriebsrat beschwerende Entscheidung durch einen Verfahrensbevollmächtigten bedarf es prinzipiell keiner gesonderten Beschlussfassung des Betriebsrats. Nach den auch im Beschlussverfahren geltenden Vorschriften des § 81 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG ermächtigt die einmal erteilte Prozessvollmacht im Außenverhältnis in den zeitlichen Grenzen des § 87 ZPO zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln(vgl. BAG 6. Dezember 2006 - 7 ABR 62/05 - Rn. 12 mwN; 16. November 2005 - 7 ABR 12/05 - Rn. 17 mwN, BAGE 116, 192; 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 1 c der Gründe, BAGE 109, 61; 11. September 2001 - 1 ABR 2/01 - zu B I der Gründe). § 81 ZPO ermächtigt damit grundsätzlich ebenso zu einer - nicht selten auf einen rechtlichen Hinweis des Gerichts ohnehin angezeigten - Modifikation oder Änderung der Antragstellung, selbst wenn sie wie vorliegend erst in der Beschwerdeinstanz erfolgt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - mit einer Antragsabwandlung und -erweiterung sachdienliche Anträge gestellt und keine gänzlich anderen, mit dem eingeleiteten Verfahren nicht mehr im Zusammenhang stehende Verfahrensgegenstände eingebracht werden.

29

c) Der Antrag ist zulässig.

30

aa) Er bedarf allerdings der Auslegung. Nach dem Wortlaut des Antrags verlangt der Betriebsrat neben der Entfernung der Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus der Personalakte des Beteiligten zu 3. auch deren „Rücknahme“. Das soll aber ersichtlich lediglich das Entfernungsverlangen unterstreichen und kein eigenständiges Begehren darstellen. Bei einem individualrechtlich erstrebten Abmahnungsentfernungsanspruch wird die mit dem Klageantrag verlangte „Rücknahme und Entfernung“ der Abmahnung regelmäßig als einheitlicher Anspruch auf Beseitigung der durch die Abmahnung erfolgten Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts verstanden. Nur wenn der Klagebegründung entnommen werden kann, der Kläger begehre neben einer Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beispielsweise den Widerruf darin enthaltener Äußerungen, kann ein Antrag auf Rücknahme der Abmahnung in diesem Sinne auszulegen sein (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 15 mwN, BAGE 142, 331). Dies gilt auch für den hier im Beschlussverfahren verfolgten Abmahnungs„rücknahme“antrag. Im vorliegenden Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsrat neben der Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte seines Vorsitzenden einen weitergehenden Anspruch auf Widerruf von Äußerungen verfolgt.

31

bb) Der Betriebsrat ist antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. Er macht den Abmahnungsentfernungsanspruch als - nach seiner Auffassung aus § 78 BetrVG folgendes - eigenes Recht geltend. Es erscheint nicht von vornherein als aussichtslos, den streitbefangenen Anspruch auf diese kollektivrechtliche Schutzbestimmung zu stützen. Ob das vom Betriebsrat verfolgte Recht tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit.

32

d) Der Antrag ist unbegründet. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats kann der geltend gemachte Anspruch nicht auf § 78 Satz 1 BetrVG gestützt werden.

33

aa) Zu Gunsten des Betriebsrats kann unterstellt werden, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 seinem Vorsitzenden zu Unrecht erteilt worden ist und der Betriebsrat - und sein Vorsitzender - damit in der Ausübung ihrer Tätigkeit entgegen § 78 Satz 1 BetrVG gestört oder behindert worden sind. Jedenfalls trägt § 78 Satz 1 BetrVG die vom Betriebsrat erstrebte Rechtsfolge nicht.

34

(1) Allerdings ist der Betriebsrat vom Schutz des § 78 Satz 1 BetrVG erfasst. Zwar dürfen nach dem Wortlaut von § 78 Satz 1 BetrVG die „Mitglieder“ ua. des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. § 78 Satz 1 BetrVG schützt aber(auch) den Betriebsrat als Gremium (vgl. BAG 12. November 1997 - 7 ABR 14/97 - zu B 1 der Gründe). Die Norm bezweckt einen Schutz der Tätigkeit der Betriebsverfassungsorgane und ihrer Mitglieder. Dies folgt deutlich aus der Gesetzesbegründung, wonach der Schutzbereich des § 78 BetrVG gegenüber dem der Vorgängerregelung des § 53 BetrVG 1952 - in der der Betriebsrat genannt war - erweitert und nicht beschränkt werden sollte. In der Gesetzesbegründung heißt es (BT-Drucks. VI/1786 S. 47):

„Die Schutzbestimmung des § 78 entspricht im wesentlichen § 53 des geltenden Rechts. Sie dehnt jedoch ihren Geltungsbereich auf die Mitglieder aller nach dem Betriebsverfassungsgesetz möglichen Institutionen aus, da insoweit eine gleiche Schutzbedürftigkeit besteht.“

35

Dass der Betriebsrat als Gremium geschützt wird, zeigt außerdem ein systematischer Vergleich mit § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, nach dem die Behinderung und Störung der Tätigkeit ua. „des Betriebsrats“ strafbewehrt ist.

36

(2) Auch ist der Begriff der Behinderung in § 78 Satz 1 BetrVG umfassend zu verstehen. Er erfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit. Ein Verschulden oder eine Behinderungsabsicht des Störers ist nicht erforderlich (vgl. BAG 20. Oktober 1999 - 7 ABR 37/98 - zu B I 2 b bb der Gründe mwN).

37

bb) Es muss aber letztlich nicht entschieden werden, ob eine Behinderung der Betriebsratsarbeit in dem Umstand liegen kann, dass der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied unzulässig abmahnt. Jedenfalls folgt aus § 78 Satz 1 BetrVG kein Anspruch des Betriebsrats auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines seiner Mitglieder.

38

(1) Eine Rechtsfolge ist in § 78 Satz 1 BetrVG nicht ausdrücklich geregelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht dem Betriebsrat bei einer Störung oder Behinderung seiner Arbeit durch den Arbeitgeber ein Unterlassungsanspruch zu. Ein solcher Anspruch folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben zu sichern (vgl. BAG 12. November 1997 - 7 ABR 14/97 - zu B 2 der Gründe mwN). Auch kann im Einzelfall etwa eine Zutrittsverweigerung durch die Arbeitgeberin eine unzulässige Behinderung der Amtstätigkeit des Betriebsrats darstellen und einen Anspruch des Betriebsrats nach § 78 Satz 1 BetrVG auf Duldung des Zutritts begründen(vgl. BAG 20. Oktober 1999 - 7 ABR 37/98 - zu B I 2 b bb der Gründe mwN). Im Schrifttum wird ebenso ganz überwiegend angenommen, dass aus § 78 BetrVG Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungsansprüche des Betriebsrats und seiner Mitglieder folgen können(vgl. DKKW-Buschmann 13. Aufl. § 78 Rn. 22 und 39; ErfK/Kania 14. Aufl. § 78 BetrVG Rn. 5; Fitting 26. Aufl. § 78 Rn. 13 und 25; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 78 Rn. 38 f.; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 78 Rn. 16; Schaub/Koch ArbR-HdB 15. Aufl. § 230 Rn. 26; aA Heinze DB 1983 Beilage Nr. 9, 15).

39

(2) Der Betriebsrat hat jedoch keinen aus § 78 Satz 1 BetrVG folgenden Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines Betriebsratsmitglieds. Hierbei handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht des betroffenen Betriebsratsmitglieds. Personalakten - auch von Betriebsratsmitgliedern - sind eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 331). Entsprechend kann der Betriebsrat - wie sich mittelbar aus § 83 BetrVG ergibt - nicht die Vorlage der gesamten Personalakte verlangen(vgl. BAG 20. Dezember 1988 - 1 ABR 63/87 - zu B II 1 b der Gründe, BAGE 60, 311). Würde man dem Betriebsrat ein eigenständiges Recht auf „Bereinigung“ der Personalakte zuerkennen, tangierte dies das durch Art. 1 und Art. 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Betriebsratsmitglieds. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht dient in erster Linie dem Schutz ideeller Interessen, insbesondere dem Schutz des Wert- und Achtungsanspruchs der Persönlichkeit (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 143, 214). Insoweit stehen dem Träger des Persönlichkeitsrechts Ansprüche zu und nicht einem dritten Gremium. Dem Betriebsrat kommt kein - im Wege der Rechtsfortbildung anzunehmendes - kollektivrechtlich begründetes Recht zu, hinter dem die Individualrechte der Betriebsratsmitglieder zurückzutreten hätten. Es besteht schließlich kein unabweisbares Bedürfnis für eine richterliche Rechtsfortbildung zur Begründung eines Abmahnungsentfernungsanspruchs des Betriebsrats. Der Betriebsrat ist im Fall einer Störung oder Behinderung seiner Tätigkeit verfahrensrechtlich nicht rechtlos gestellt. Er kann dem mit Unterlassungsbegehren - ggf. auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes - begegnen.

40

4. Der Hilfsantrag zu 4., mit dem der Betriebsrat die Verpflichtung der Arbeitgeberin zu einem näher bezeichneten Unterlassen begehrt, ist unzulässig. Zwar hat das Landesarbeitsgericht die von ihm hierin gesehene Antragserweiterung und -änderung als sachdienlich und damit zulässig erachtet (§ 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG). Auch ist diese Entscheidung nach § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG unanfechtbar. Die Zulässigkeit des Antrags scheitert ferner nicht am Fehlen der Antragsbefugnis des Betriebsrats iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. Der Betriebsrat stützt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf die Schutzbestimmung des § 78 BetrVG. Damit macht er eine eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition geltend. Hingegen ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

41

a) Ein Unterlassungsantrag muss - bereits aus rechtsstaatlichen Gründen - eindeutig erkennen lassen, was vom Schuldner verlangt wird. Nur wenn die danach gebotenen Verhaltensweisen hinreichend erkennbar sind, kann eine der materiellen Rechtskraft zugängliche Sachentscheidung ergehen. Eine Entscheidung, die eine Unterlassungspflicht ausspricht, muss grundsätzlich zur Zwangsvollstreckung geeignet sein. Die Prüfung, welche Verhaltensweisen der Schuldner unterlassen soll, darf nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen dem entsprechenden gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden. Genügt ein Antrag - ggf. nach einer vom Gericht vorzunehmenden Auslegung - diesen Anforderungen nicht, ist er als unzulässig abzuweisen (vgl. BAG 14. September 2010 - 1 ABR 32/09 - Rn. 14 mwN; 17. März 2010 - 7 ABR 95/08 - Rn. 13 mwN, BAGE 133, 342).

42

b) Danach ist der Hilfsantrag zu 4. nicht hinreichend bestimmt. Er ließe für die Arbeitgeberin als in Anspruch genommene Beteiligte bei einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung nicht eindeutig erkennen, was von ihr verlangt wird. Die Formulierung „Handlungen …, die als Betätigung des Betriebsratsmandats anzusehen sind“ ist vage und interpretationsbedürftig. Sie lässt mangels näherer Beschreibung nicht annähernd erkennen, um welche Sachverhalte es dem Betriebsrat geht. Auch unter Hinzuziehung der Antragsbegründung ergibt sich nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit, was Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner zu unterlassen hat, darf aber grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden.

43

II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsratsvorsitzenden ist teilweise unbegründet. Hinsichtlich der Anträge zu 1., 2. und 4. hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Bezogen auf den Antrag zu 3. ist die Rechtsbeschwerde begründet. Der Betriebsratsvorsitzende hat einen - im Beschlussverfahren zu prüfenden - Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte.

44

1. Der Betriebsratsvorsitzende verfolgt seine Anträge in der zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens.

45

a) Die Anträge zu 1., 2. und 4. beziehen sich auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis der Betriebspartner und betreffen damit eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit iSd. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, in der nach § 2a Abs. 2, § 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet.

46

b) Das gilt ebenso für den Antrag zu 3. Bei diesem Antrag scheidet seine Verfolgung im Beschlussverfahren auch nicht deshalb aus, weil neben der kollektivrechtlichen Rechtsposition des Antragstellers als Betriebsratsvorsitzender seine individualrechtliche Rechtsposition als Arbeitnehmer betroffen ist.

47

aa) Nach § 48 Abs. 1 ArbGG gelten ua. für die Zulässigkeit der Verfahrensart die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes(GVG) - mit bestimmten Maßgaben - entsprechend. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In entsprechender Geltung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG kommt damit den Gerichten für Arbeitssachen ggf. eine verfahrensüberschreitende Sachentscheidungskompetenz zu. Diese setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs ist. Liegt hingegen eine Mehrheit prozessualer Ansprüche vor, ist für jeden dieser Ansprüche die Verfahrensart gesondert zu prüfen (vgl. - zur Rechtswegzuständigkeit - BGH 27. November 2013 - III ZB 59/13 - Rn. 14 mwN).

48

bb) Bei der kollektivrechtlichen und der individualrechtlichen Rechtsposition des mit dem Antrag zu 3. verfolgten Verlangens handelt es sich nicht um zwei Streit- oder Verfahrensgegenstände. Nach dem für den Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess einschließlich des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens geltenden sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den konkret gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt (vgl. zB BAG 8. Dezember 2010 - 7 ABR 69/09 - Rn. 16 mwN). Vorliegend verlangt der Betriebsratsvorsitzende von der Arbeitgeberin, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte zu entfernen. Ausgehend von seinem Tatsachenvortrag kommen als Anspruchsgrundlagen kollektiv- oder individualrechtliche Regelungen in Frage. Es liegt damit eine Anspruchskonkurrenz - und keine objektive Anspruchshäufung - vor.

49

2. Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht den Anträgen zu 1., 2. und 4. nicht stattgegeben. Ungeachtet von Fragen der Antragsbefugnis nach § 81 Abs. 1 ArbGG und der(subjektiven) Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz nach § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG sind die Anträge - wie bereits ausgeführt - unzulässig. Dem Feststellungsantrag zu 1. liegt kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde. Das gilt ebenso für den - ohnehin nicht hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmten - Feststellungsantrag zu 2. Der Unterlassungsantrag zu 4. entspricht nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

50

3. Hingegen ist der zulässige Antrag zu 3. begründet. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

51

a) Der Antrag ist zulässig.

52

aa) Er bedarf aber der Auslegung. Ebenso wie beim antragstellenden Betriebsrat umfasst er (nur) das Verlangen einer Abmahnungsentfernung. Auch beim antragstellenden Betriebsratsvorsitzenden bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er neben der Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte einen weitergehenden Anspruch auf Widerruf von Äußerungen verfolgt. In diesem Verständnis ist der Antrag zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

53

bb) Der Betriebsratsvorsitzende ist antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. Er berühmt sich in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied eines eigenen Rechts, dessen Bestehen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.

54

cc) Die in dem Antrag liegende - subjektive - Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz ist als Antragsänderung sachdienlich und damit trotz Widerspruchs der Arbeitgeberin zulässig, § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG.

55

(1) Beteiligte an einem Beschlussverfahren können - auch erst im Laufe des Verfahrens - grundsätzlich einen eigenen Sachantrag stellen, sofern sie antragsbefugt sind. Die Stellung eines (neuen) Sachantrags ist unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ArbGG als Antragsänderung auch erstmals in der Beschwerdeinstanz zulässig(vgl. BAG 31. Januar 1989 - 1 ABR 60/87 - zu B II 2 b der Gründe).

56

(2) Die Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ArbGG liegen vor. Die Antragsänderung war sachdienlich. Der Streit der Beteiligten kann mit ihr - endgültig - beigelegt und ein weiteres Verfahren vermieden werden, ohne dass ein völlig neuer Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden ist.

57

b) Der Antrag ist begründet. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob der Betriebsratsvorsitzende nach § 78 Satz 1 und Satz 2 BetrVG von der Arbeitgeberin verlangen kann, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte zu entfernen. Der streitbefangene Anspruch folgt jedenfalls aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Prüfung dieses - individualrechtlichen - Anspruchs kann (auch) im vorliegenden Beschlussverfahren erfolgen. Nach § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG ist die Sache in der zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

58

aa) Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 142, 331).

59

bb) Danach kann der Betriebsratsvorsitzende als Arbeitnehmer verlangen, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte entfernt wird. Die Abmahnung ist bereits inhaltlich unbestimmt. Sie erschöpft sich in - von der Arbeitgeberin getroffenen - rechtlichen Wertungen des Verhaltens des Betriebsratsvorsitzenden während des Gesprächs mit der Arbeitnehmerin L am 9. Dezember 2009. Im Text der Abmahnung sind keine konkreten Tatsachen - zum konkreten Gesprächsverlauf oder zu getätigten Äußerungen - angegeben. Für den abgemahnten Betriebsratsvorsitzenden ist damit nicht ersichtlich, auf welche Tatsachen und welchen Sachverhalt die Arbeitgeberin ihre formulierten Vorwürfe stützt, er habe „in unzulässiger Weise versucht, Frau L zu veranlassen, ihre Beobachtungen zu dem Vorfall am 02.12.2009 - B/… - zugunsten des Herrn B zu korrigieren“ und es bestehe „der dringende Verdacht“, er habe „aus strafrechtlicher Sicht in unzulässiger Weise versucht …, Druck auf Frau L auszuüben, um diese zu veranlassen, ihre tatsächlichen Wahrnehmungen anders darzustellen, als wie sie sie wahrgenommen hat“. Bei einer derartigen „Abmahnung“ ist es dem Abgemahnten gar nicht möglich, sein Verhalten einzurichten und zu erkennen, bei welchen Handlungen er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Busch    

        

    Strippelmann    

                 

Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az: 7 Ca 2376/13 - vom 20. Februar 2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine Entschädigung wegen nicht erfolgter Beförderungen und um Schmerzensgeld.

2

Der Kläger ist seit 01. Januar 1977 bei der beklagten Spielbank beschäftigt, zunächst in Teilzeit, seit 01. Januar 1980 als Vollzeitbeschäftigter. Das Arbeitsverhältnis richtet sich zuletzt nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 09. April 1980 (im Folgenden: AV), der in § 6 Abs. 2 folgende Regelung enthält:

3

"2) Lohn-Gehalts und alle etwaigen sonstigen Ansprüche und Forderungen des Angestellten aus diesem Anstellungsverhältnis oder auf Grund desselben erlöschen, wenn und soweit sie nicht spätestens 6 Monate nach ihrem Entstehen schriftlich geltend gemacht worden sind".

4

Seit einer letzten Beförderung 1990 ist der Kläger als Croupier II tätig. Er bezieht zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 40 Anteilen und damit ca. 3.606,31 Euro brutto. Mit Bescheid vom 30. Januar 2003 wurde dem Kläger auf Antrag vom 26. November 2002 ein Grad der Behinderung von 40 zuerkannt.

5

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D Anwendung. §§ 2, 7 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D (im Folgenden: MTV) lauten wie folgt:

6

㤠2 Stellenplan und Mitbestimmung

7

Alle personellen und sozialen Entscheidungen, insbesondere bei Einstellungen, Eingruppierungen, Umstufungen und Entlassungen unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrates.

8

Zwischen der Geschäftsleitung und den jeweiligen Betriebsräten werden durch Betriebsvereinbarungen Stellenpläne vereinbart. Mit diesen Stellenplänen sind die Arbeitsplätze abschließend geregelt.


Geschäftsleitung und Betriebsrat überprüfen gemeinsam jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres den Stellenplan und die Eingruppierung der Arbeitnehmer. Die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung, Umstufung oder Beförderung werden im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt. …“

9

§ 7 Gehaltsregelung und Gehaltszahlung

10

Die Eingruppierung, die Gehaltssätze, sowie die EURO-Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit werden im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt. Die Jahresgrundvergütung besteht aus der Summer der für die einzelne Tätigkeit in der Anlage 1 festgelegten Anteile, ermittelt aus den 12 Monaten. …

11

§ 5 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D vom 29. November 2001 (im Folgenden: TGTV) regelt die Tronc-Verteilung in den Spielbanken N und D § 6 TGTV enthält hinsichtlich der an die einzelnen Arbeitnehmer auszukehrenden Tronc- Anteile und der Garantiegehälter folgende Bestimmung:

12

㤠6 Gehaltsregelung

13

Die Anzahl der monatlichen Tronc-Anteile und die Höhe der Garantiegehälter sind für die spieltechnischen Arbeitnehmer in der Anlage 1 und Anlage 3 geregelt, die Monatsgehälter aller übrigen Arbeitnehmer in der Anlage 2.

14

Die Anlage 1 zum Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D (im Folgenden: Anlage 1 TGTV) bestimmt ua. Folgendes:

15

„§ 1 Tätigkeitsgruppen

16


Tätigkeitsgruppe A Spieltechnische Arbeitnehmer im Lebendspiel

17

Technischer Leiter BN

18

Technischer Leiter BD

19

und 3a) Saalchef

20

Saalchef-Assistent

21

und 5a) Tischchef

22

und 6a) Croupier I

23

Er arbeitet am Zylinder, übt bei Bedarf die Tätigkeit als Tischchef aus und sollte alle in der Bank angebotenen Spiele beherrschen.

24

Croupier II

25

Er arbeitet überwiegend am Zylinder und am Kopf des Spieltisches.

26

Croupier III

27

Er arbeitet sowohl am Kopf als auch am Zylinder des Spieltisches.

28

Croupier IV

29

Er arbeitet überwiegend am Kopf des Spieltisches und gelegentlich am Zylinder und wird zur Ausbildung im Baccara-Spiel eingesetzt, soweit die im Betrieb angeboten wird.

30

bis 13.) Croupier V - VIII

31

Er arbeitet überwiegend am Kopf des Spieltisches und gelegentlich am Zylinder und wird zur Ausbildung im American-Roulette eingesetzt, soweit die im Betrieb angeboten wird.

32

§ 2 Höhergruppierung der spieltechnischen Arbeitnehmer

33

Jede Höhergruppierung und Steigerung setzt neben dem fachlichen Können, der charakterlichen Eignung, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft eine freie Planstelle unter Berücksichtigung des Bedarfs voraus.

34

Sofern die Voraussetzung vorliegt, können die Arbeitnehmer der Tätigkeitsgruppe A von Position 17 bis Position 9 nach einem Jahr Tätigkeit gem. der Anteilstabelle in § 3 aufrücken. Eine versagte Aufrückung kann zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise nachgeholt werden, ohne dass die bis dahin eingetretenen finanziellen Einbußen ausgeglichen werden.

35

Ab Position 9 aufwärts erfolgt eine Beförderung nur im Rahmen des jeweiligen Stellenplans.

36

Für Mitarbeiter, die nach Inkrafttreten dieses Tarifvertrags ihr Arbeitsverhältnis mit der Spielbank begründet haben gilt, dass ab Position 10 eine Beförderung nur im Rahmen des jeweiligen Stellenplans möglich ist.

37

Die Höhergruppierung des Croupier I (Position 6a) setzt voraus, dass er für alle im Haus angebotenen Spiele die entsprechenden Lehrgänge erfolgreich absolviert und seine Einsatzfähigkeit nachgewiesen hat.

38

Mit 42 Anteilen (Position 6a) können nur Mitarbeiter vergütet werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages ihr Arbeitsverhältnis mit der Spielbank begründet hatten.

39

40

§ 3 Vergütungen und Zulagen

41

 Tätigkeitsgruppe A

 Vergütungsanteile gem. § 5 Ziff. 4 Abs. 2 bei Vollzeitbeschäftigung

                 

 Technischer Leiter BN

 62    

 Technischer Leiter BD

 60    

 Saalchef nach 7 Jahren

 50    

 3a. Saalchef

 49    

 Saalchef-Assistent

 45    

 Tischchef nach 7 Jahren

 44    

 5 a.Tischchef

 43    

 Croupier I

 42    

 6 a.Croupier I

 41    

 Croupier II

 40    

 Croupier III

 39    

 Croupier IV

 38    

 Croupier V

 35    

 Croupier VI

 32    

 Croupier VII

 29    

 Croupier VIII

 26    

 Croupier Anfänger I

 23    

 Croupier Anfänger II

 21    

 Croupier Anfänger III

 19    

 Croupier Anfänger IV

 17    

42

43

§ 4 Garantieeinkommen

44

Das Mindestgehalt beträgt 1.125 Euro im Monat. Die Garantie für einen Bruttovergütungsanteil für Arbeitnehmer in den Tätigkeitsgruppen A - D beträgt mindestens:

45

…“

46

Der Kläger hat am 01. Juli 2013 beim Arbeitsgericht Koblenz eine der Beklagten am 04. Juli 2013 zugestellte Klage auf Zahlung einer Entschädigung wegen nicht erfolgter Beförderungen erhoben und Schmerzensgeld verlangt.

47

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte beschäftige neben ihm durchschnittlich ca. 65 Kollegen, auf die verteilt seit 1990 ca. 114 Beförderungen, üblicherweise verbunden mit der Gehaltszahlung von zwei weiteren Anteilen, verteilt worden seien, wobei von der Beklagten vorzulegende sog. Beförderungslisten existierten, aus denen ersichtlich sei, wer wann und wie befördert worden sei und welche Anteile er erhalte. Er sei lediglich in Besitz der Personallisten Stand September 2002 (Bl. 56 ff. d. A.) und April 2008 (Bl. 66 ff. d. A.) hinsichtlich des Klassischen Spiels. Aus diesen Listen gehe hervor, dass er - nach regelmäßigen Beförderungen von 1980 bis 1990 - bei der Beförderung nicht berücksichtigt worden sei. Wegen des Inhalts der Listen im Einzelnen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Im Dezember 2011 hätten ausweislich einer zur Akte gereichten Aufstellung 16 Beförderungen stattgefunden. Da seit 1990 mindestens 74 Beförderungen erfolgt seien, lägen insgesamt 90 vor. Eine Begründung für seine Nichtberücksichtigung kommuniziere die Beklagte nicht, eine öffentliche Bekanntmachung der Beförderungen und Höhergruppierungen erfolge nicht, der gegenteilige Sachvortrag der Beklagten werde mit Nichtwissen bestritten. Er äußere daher den Verdacht, dass er wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt werde, zumindest aber der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei; er habe daher einen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Auswahlentscheidung und einen tarifvertraglichen Anspruch auf Überprüfung der Eingruppierung, die bestritten werde. Die Kriterien, anhand derer die Auswahl der zu befördernden Kollegen erfolge, lege die Beklagte nicht dar, es werde bestritten, dass objektive, nachvollziehbare Kriterien existierten und angewandt würden, die Auswahl erfolge willkürlich. Der Beklagten sei insoweit der Einwand verwehrt, er beherrsche das erst 2007 eingeführte Pokerspiel nicht. Abgesehen davon, dass die entsprechende tarifliche Regelung für einen Croupier I eine bloße Sollvorschrift sei, habe er den Pokerlehrgang aus gesundheitlichen Gründen nicht absolvieren können, was daher unberücksichtigt bleiben müsse. Im Übrigen habe die Beklagte andere Mitarbeiter höhergruppiert, obwohl sie nicht am Pokertisch eingesetzt seien (D, W, S, K) und eine geringere Betriebszugehörigkeit hätten als er. Mit Schreiben vom 06. Mai 2013 sei der ihm entstandene Schaden gegenüber der Beklagten auf 20.592,00 Euro beziffert worden, wobei unterstellt worden sei, dass er als 65. Kollege im Jahr befördert worden und seither zwei Anteile à 66,00 Euro mehr erhalten hätte. Zudem liege eine Demütigung und Verletzung des Persönlichkeitsrechts ohne rechtfertigenden Grund vor, der einen andauernden Verstoß gegen das AGG und § 823 BGB darstelle und die Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung auslöse. Seine Ansprüche seien weder verfallen, noch verjährt. Eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam.

48

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

49

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

50

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

51

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung wegen nicht erfolgter Beförderung bestünden nicht, da sich weder aus dem Tarifvertrag, noch aus dem Arbeitsvertrag ein Anspruch auf Beförderung ableiten lasse. Das Höhergruppierungs- und Beförderungsverfahren gemäß den tariflichen Bestimmungen sehe vor, dass zwischen der Geschäftsleitung und den jeweiligen Betriebsräten Stellenpläne vereinbart würden und diese zweimal jährlich nebst der Eingruppierung der Arbeitnehmer überprüft würden. Tatsächlich seien Höhergruppierungen und Beförderungen bei der Beklagten aufgrund erschwerter wirtschaftlicher Bedingungen im Spielbankensektor in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, was sich bereits daran zeige, dass zwischen März 2008 und Dezember 2011 keinerlei Höhergruppierungen und Beförderungen stattgefunden hätten. Die behaupteten 114 Beförderungen würden bestritten und seien sachlich nicht korrekt, da es sich hierbei auch um standardisierte Höhergruppierungen in den Abteilungen Klassisches Spiel, Automatenspiel, Kasse und Rezeption handele und daher gerade keine Beförderungen vorlägen. Tatsächlich handele es sich ausweislich des Tarifvertrages nur bei den Positionen im Klassischen Spiel ab Croupier III bis zum Saalchef um Beförderungen. Aus welchem Grund der Kläger, der als Croupier II schon eine höhe Position innehabe, bei der naturgemäß Beförderungen nur noch selten zum Tragen kämen, als 65. Kollege hätte befördert werden müssen, sei völlig unklar. Auch erfülle der Kläger die tarifvertragliche Beförderungsvoraussetzung - die Beherrschung aller in der Spielbank angebotenen Spiele - nicht, da er zum Pokerspiel nicht eingesetzt werden könne. Sein Vortrag zum Verstoß gegen das AGG sei unsubstantiiert, ein Kausalzusammenhang zwischen Schwerbehinderung und Nichtbeförderung nicht dargetan. Auch habe der Kläger die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht beachtet, da bei Höhergruppierungen - zuletzt im Januar 2012 - entsprechende Listen ausgehangen würden, so dass der Kläger seither Kenntnis von seiner Nichtbeförderung gehabt habe. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz komme mangels diskriminierenden Verhaltens nicht in Betracht, es zeige sich vielmehr, dass der Kläger ausweislich einer Liste vergleichbarer Arbeitnehmer (Bl. 41 d. A.) deutlich früher in seine bisherige Position befördert worden sei als dies bei anderen der Fall gewesen sei. Höchstvorsorglich werde die Einrede der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist und der Verjährung erhoben.

54

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Februar 2014, hinsichtlich dessen Tatbestandes auf Bl. 80 bis 83 d. A. Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, weder aus dem Arbeitsvertrag, noch aus dem Tarifvertrag lasse sich der Anspruch des Klägers auf Entschädigung herleiten. Er ergebe sich auch nicht aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Dem klägerischen Vortrag sei nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Beförderungen nach abstrakten selbstgesetzten Regelungen im Sinne eines generalisierenden Prinzips vornehme. Hiergegen spreche in Bezug auf Beförderungen auch der Inhalt des Tarifvertrages. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer. Eine willkürliche Schlechterstellung des Klägers gegenüber einzelnen namentlich zu benennenden Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage lasse sich dem Sachvortrag des Klägers nicht entnehmen. Im Übrigen sei die Klage der Höhe nach unschlüssig. Auch bestünden Anhaltspunkte für eine Verletzung des AGG mangels Kausalzusammenhangs nicht, bezüglich dessen auch auf die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG zu achten sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 83 ff. d. A. Bezug genommen.

55

Der Kläger hat gegen das ihm am 20. März 2014 zugestellte Urteil mit am 16. April 2014 bei Gericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am gleichen Tage bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 30. Juni 2014 begründet.

56

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 30. Juni 2014, hinsichtlich deren Inhalt auf Bl. 109 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

57

entgegen der falschen Unterstellung des Arbeitsgerichts sei es nicht unstreitig, dass es bei der Beklagten zwischen März 2008 und ca. 2011 keine Beförderungen und Höhergruppierungen gegeben habe, allein im Jahr 2011 hätten sogar 16 Beförderungen stattgefunden. Laut Tarifvertrag bzw. Betriebsvereinbarung habe der Technische Leiter und der Betriebsrat ein Vorschlagsrecht für die bei Beförderungen zu berücksichtigenden Mitarbeiter, wobei Auswahlkriterien nicht erkennbar seien und bestünden, die Auswahl erfolge willkürlich durch den technischen Leiter. Woran sich die Einschätzung des Vorgesetzten orientiere, sei nicht ersichtlich. Der Mitarbeiter D sei nicht Vertreter des technischen Leiters. Die Argumentation der Beklagten mit dem Pokerlehrgang sei - auch bei den Kollegen W und K - nur vorgeschoben. Die Beklagte verweigere die Vorlage der Listen, aus denen sich ergebe, wer wann welche Anteile erhalten habe. Das Nichtaufstellen von Regeln und der tatsächliche Ausschluss eines einzelnen Arbeitnehmers verstoße erst recht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, zumal die Beklagte Beförderungen auch nicht öffentlich bekannt mache. Die Beteiligung des nicht entscheidungsbefugten Betriebsrates führe nicht automatisch zu einer Gleichbehandlung. Eine wirtschaftlich rückläufige Entwicklung werde bestritten, ändere aber ohnehin nichts daran, dass die tatsächlich stattfindende Anteilsverteilung gerecht sein müsse. Die von der Beklagten angeführte Reduzierung der Croupiers hätte umso früher zu einer Anteilserhöhung führen müssen. Dass andere nichtbeförderte Mitarbeiter nicht schwerbehindert seien, werde bestritten. Der Kläger trägt vor, die Berechnung seiner Forderung sei im Termin nochmals dargelegt worden. Auch der Schmerzensgeldanspruch sei zu Unrecht abgelehnt worden, da er bereits erstinstanzlich dargelegt habe, dass angesichts seiner Schwerbehinderung zu vermuten sei, dass er deshalb nicht befördert werde und die Beklagte das nicht substantiiert bestritten habe. Die Benachteiligung dauere an, weshalb § 15 Abs. 4 AGG nicht greife.

58

Der Kläger beantragt,

59

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. Februar 2014
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.07.2013 zu zahlen,

60

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.07.13 zu zahlen.

61

Die Beklagte beantragt,

62

die Berufung zurückzuweisen.

63

Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe der Schriftsätze vom 12. September 2014 (Bl. 131 ff. d. A.), auf die Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,
ein arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Beförderung habe nicht bestanden. Es sei völlig unklar, wie der Kläger darauf komme, dass er als 65. Kollege 2000 habe befördert werden müssen. Auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergebe sich kein Anspruch, da der Kläger jedenfalls gleich - teilweise sogar durch frühere Beförderung besser - behandelt worden sei als eine Vielzahl von Kollegen. Bei der Beurteilung, welcher Mitarbeiter befördert werde, spiele maßgeblich die Einschätzung der jeweiligen Vorgesetzten eine Rolle. Im Übrigen werde durch die Mitwirkung und Abstimmung des Betriebsrates sichergestellt, dass die Interessen der Arbeitnehmer ausreichend Berücksichtigung fänden. Auch aus der vom Kläger vorgelegten Liste für 2008 ergebe sich, dass ein Großteil der mit dem Kläger vergleichbaren - namentlich benannten - Arbeitnehmer wie dieser nicht befördert worden seien und zum Teil deutlich länger auf eine Beförderung zum Croupier II hätten warten müssen als der Kläger. Keiner dieser Kollegen weise eine Schwerbehinderung auf. Tatsächlich seinen Höhergruppierungen und Beförderungen aufgrund erschwerter wirtschaftlicher Bedingungen im Spielbankensektor in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Während in 1990 noch 99 Croupiers fest angestellt gewesen seien, seien es im Jahr 2014 nur noch 43. Von März 2008 bis Dezember 2011 hätten keinerlei Höhergruppierungen und Beförderungen stattgefunden, erst im Januar 2012, damit vor mehr als zwei Jahren. Vorsorglich weise sie darauf hin, dass der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für eine Beförderung nicht erfülle, insbesondere, weil er das eine wesentliche und entscheidende beruflich Anforderung darstellende Pokerspiel nicht beherrsche, was auch zu berücksichtigen sei (§ 8 AGG). Die vom Kläger benannten Kollegen D, W, S und K seien aus im Einzelnen dargestellten Gründen entweder nicht vergleichbar oder erfüllten die erforderlichen Anforderungen. Auch ein Schmerzensgeldanspruch sei nicht schlüssig vorgetragen und zudem verjährt und verfallen.

64

Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

65

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I.

66

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 20. März 2014 mit am 16. April 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 30. Juni 2014 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO). Der Kläger hält die rechtlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen eines Anspruchs wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dem Grunde und der Höhe nach als auch bezüglich der Anforderungen an die Darlegung eines Schmerzensgeldanspruchs für unzutreffend. Die Berufungskammer geht davon aus, dass der Kläger sich damit noch hinreichend mit den wesentlichen Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung auseinander gesetzt hat.

II.

67

Die Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Auch die Angriffe der Berufung führen nicht zum Erfolg. Die Berufung war zurückzuweisen.

68

1. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die mit dem Antrag zu 1) verfolgte Zahlung von 20.000,00 Euro nebst Zinsen verlangen.

69

1.1. Der Anspruch ergibt sich nicht als Vergütungsanspruch unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag des Klägers iVm. § 6 TGTV, §§ 1, 3 Anlage 1 TGTV. Nach diesen Vorschriften arbeitet ein Croupier I, dem monatlich bei Vollzeitbeschäftigung aus dem Tronc 42 Vergütungsanteile zustehen, am Zylinder, übt bei Bedarf die Tätigkeit des Tischchefs aus und sollte alle in der Bank angebotenen Spiele beherrschen. Der Kläger ist bei der Beklagten unstreitig nicht als Croupier I tätig und erfüllt daher die Voraussetzungen für einen entsprechenden (Brutto-) Vergütungsanspruch im von ihm geltend gemachten Zeitraum nicht. Auf die Frage eines eventuellen Verfalls der Ansprüche oder ähnlicher Einwendungen kommt es nicht entscheidend an.

70

1.2. Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch zu, weil die Beklagte eine ihm aus Tarifvertrag zustehende Beförderung rechtswidrig und schuldhaft unterlassen hätte.

71

a) § 7 Abs. 1 MTV bestimmt, dass die Eingruppierung im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt wird. Nach § 2 Ziff. 5 MTV überprüfen Geschäftsleitung und Betriebsrat gemeinsam jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres den Stellenplan und die Eingruppierung der Arbeitnehmer; die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung, Umstufung oder Beförderung werden im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt. Gemäß § 2 Abs. 1 Anlage 1 TGTV setzt jede Höhergruppierung und Steigerung der spieltechnischen Arbeitnehmer neben dem fachlichen Können, der charakterlichen Eignung, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft eine freie Planstelle unter Berücksichtigung des Bedarfs voraus. Sofern die Voraussetzung vorliegt, können die Arbeitnehmer der Tätigkeitsgruppe A (Spieltechnische Arbeitnehmer im Lebendspiel) von Position 17 bis Position 9 nach einem Jahr Tätigkeit gemäß der Anteilstabelle in § 3 Anlage 1 TGTV aufrücken; ab Position 9 erfolgt eine Beförderung nur im Rahmen des jeweiligen Stellenplans; eine Höhergruppierung des Croupier I (Position 6a) setzt voraus, dass er für alle im Haus angebotenen Spiele die entsprechenden Lehrgänge erfolgreich absolviert und seine Einsatzfähigkeit nachgewiesen hat (§ 2 Abs. 2 Anlage 1 TGTV).

72

b) Die genannten tarifvertraglichen Regelungen sehen einen Anspruch auf die vom Kläger verfolgte Beförderung zum Croupier I nicht vor. § 2 Ziff. 5 MTV regelt lediglich jährliche Beurteilungsgespräche zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat, in denen auch Höhergruppierungen und Steigerungen gemäß § 2 Ziff. 1 Anlage 1 TGTV bei Vorliegen einer freien Planstelle und entsprechendem Bedarf unter Berücksichtigung des fachlichen Könnens, der charakterlichen Eignung, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft überprüft werden. Hieraus ergibt sich ein Beförderungsanspruch nicht; die tarifvertragliche Vorschrift räumt allenfalls dem Arbeitgeber bei Höhergruppierungen und Steigerungen einen zusammen mit dem Betriebsrat auszuschöpfenden Beurteilungsspielraum ein. Selbst wenn man - wofür angesichts der an der ausgeübten Tätigkeit orientierten tariflichen Vergütungsregelungen der §§ 1, 3 und 4 der Anlage 1 zum TGTV wenig spricht - wegen der Relevanz von Höhergruppierungen für den Tronc-Anteil zu Gunsten des Klägers in der Einräumung dieses Spielraums ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für die Beklagte sehen wollte (vgl. zu Beurteilungspunkten nach den Tarifverträgen für die Arbeitnehmer der Westdeutschen Spielbanken: BAG 10. Mai 1989 - 4 AZR 79/89 - Rn. 28; vgl. zum gemischten Punktesystem nach Gehaltstarifvertrag Spielbanken Bayern: BAG 25. Januar 1978 - 4 AZR 509/76 - Rn. 62 ff.; jeweils zitiert nach juris), stellt der Kläger nicht in Abrede, dass die Beklagte bei seiner Beförderung zum Croupier II im Jahr 1990 das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat. Aus welchen Gründen die Beklagte gehalten gewesen sein soll, ihn zwischenzeitlich nach billigem Ermessen unter Beteiligung des Betriebsrates unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Kriterien zu befördern, lässt sich dem Sachvortrag des Klägers in keiner Weise entnehmen. Allein die Berufung auf den Zeitablauf genügt hierzu nicht. Anhaltspunkte für ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der Beklagten, das einen Schadensersatzanspruch des Klägers hätte auslösen können, sind nicht ersichtlich.

73

1.3. Die Beklagte ist nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zur Zahlung des geltend gemachten (Brutto-) Betrages an den Kläger verpflichtet.

74

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42; jeweils zitiert nach juris). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62, zitiert nach juris). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. BAG 03. Juli 2014 - 6 AZR 753/12 - Rn. 51 mwN; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 42; jeweils zitiert nach juris). Im Bereich des Entgelts gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Vergütungen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet allerdings auch im Bereich des Entgelts Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 74, 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 44; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14; jeweils zitiert nach juris).

75

Die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfordert eine sachgerechte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Die Darlegungs- und Beweislast liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Nach den allgemeinen Regeln der Normenbegünstigung hat er die Voraussetzungen des Anspruchs auf Gleichbehandlung darzulegen und daher grundsätzlich vergleichbare Arbeitnehmer zu nennen, die ihm gegenüber vorteilhaft behandelt wurden. Ist dies erfolgt, muss sodann der Arbeitgeber darlegen, wie er den begünstigten Personenkreis abgegrenzt hat und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 37 mwN, zitiert nach juris).

76

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Beklagte nicht nachgekommen.

77

aa) Vorliegend ist bereits aufgrund des Vortrags des Klägers nicht davon auszugehen, dass die Beklagte bei Beförderungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip vorgeht, das die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnen würde. Der Kläger selbst macht ausdrücklich geltend, bei den von der Beklagten vorgenommenen Höhergruppierungen seien keinerlei Auswahlkriterien erkennbar. Fehlt es jedoch an der Gewährung von Leistungen nach einem allgemeinen Prinzip, scheidet ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz entgegen der Auffassung des Klägers, der durch das Nichtaufstellen von Regeln den Gleichheitssatz „erst recht“ verletzt sieht, denknotwendig aus.

78

bb) Auch den weiteren Behauptungen des Klägers ließ sich eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht entnehmen. Der Kläger hat keine Arbeitnehmer benannt, die mit ihm in vergleichbarer Lage waren und von der Beklagten befördert wurden, während dies bei ihm nicht der Fall war.

79

(1) Der lediglich allgemein gehaltene Vortrag des Klägers, nach zuvor regelmäßigen Beförderungen seit 1990 nicht mehr berücksichtigt worden zu sein, während dies seither bei ca. 114 anderen Kollegen - auch mit geringerer Betriebszugehörigkeit - aus nicht nachvollziehbaren Gründen der Fall gewesen sei, genügte nicht, um ein generalisierendes Prinzip der Beklagten außerhalb bloßen Normenvollzuges bei Beförderungen erkennen zu können. Auch wenn sie entsprechend § 2 Abs. 1 Anlage 1 TGTV fachliches Können, die charakterliche Eignung, die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft bei der Besetzung freier Planstellen berücksichtigt haben mag, hat der Kläger keine Kollegen benannt, die bei konkreten Beförderungsentscheidungen mit ihm vergleichbar waren und im Gegensatz zu ihm befördert wurden. Soweit er sich auf die Kollegen D und K beruft, scheidet eine Vergleichbarkeit bereits aus, weil diese für Tätigkeiten im Saal eingesetzt werden, während dies beim Kläger nach seinem eigenen Vortrag nicht der Fall ist; auch wenn daher nicht die genannten Mitarbeiter, sondern entsprechend dem klägerischen Vortrag der Mitarbeiter E B Vertreter des technischen Leiters sein sollte, fehlt es aufgrund der von den Mitarbeitern als Vertreter des Saalchefs im Saal wahrgenommenen administrative Aufgaben an einer vergleichbaren Lage. Auch die Mitarbeiter S und W sind nicht mit dem Kläger vergleichbar. Der Kläger beruft sich insoweit ausschließlich auf seine längere Betriebszugehörigkeit. Die Frage der Betriebszugehörigkeit spielt für die Einschätzung, ob ein Mitarbeiter befördert werden soll gemäß § 2 Abs. 1 Anlage 1 TGTV ersichtlich keine ausschlaggebende Rolle. Ungeachtet dessen wies der Mitarbeiter W bei Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zum Betrieb auch während der Zeit seiner Tätigkeit an der Kasse eine längere Betriebszugehörigkeit als der Kläger auf.

80

(2) Den vom Kläger vorgelegten Personallisten aus den Jahren 2002 und 2008 vermochte die Berufungskammer nicht zu entnehmen, dass die Beklagte nach einem generalisierenden Prinzip - etwa nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit - mit dem Kläger vergleichbare Mitarbeiter befördert hat. Kriterien, nach denen die Beklagte Beförderungen vorgenommen hat, sind angesichts der Listen nicht ersichtlich. Unabhängig davon ist auffallend, dass von insgesamt 16 im Jahr 2002 beschäftigten Croupiers II 7 Mitarbeiter (D, E, H, K, L, P, R) wie der Kläger seit Ende der 1980er Jahre nicht befördert worden waren. Keiner dieser insgesamt 8 Mitarbeiter konnte ausweislich der vom Kläger vorgelegten Liste im Jahr 2008, wo insgesamt nur noch 14 Croupiers II beschäftigt waren, eine Beförderung verzeichnen. Auch vor diesem Hintergrund war für die Berufungskammer ein System der „automatischen“ Beförderung durch Zeitablauf, von dem der Kläger willkürlich ausgenommen worden wäre, nicht erkennbar.

81

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Auskunft über ihre Beförderungspraxis durch Vorlage weiterer Personallisten zu erteilen oder diese im Prozess vorzulegen. Zwar muss nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast der Gegner der primär darlegungs- und beweispflichtigen Partei deren Vortrag positive Gegenangaben gegenüberstellen, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, der Gegner dagegen alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. In diesen Fällen kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 53 mwN, zitiert nach juris). Dieser sekundären Behauptungslast ist die Beklagte nachgekommen, indem sie zu den vom Kläger im Einzelnen namentlich benannten Mitarbeitern substantiiert erwidert hat, aus welchen Gründen diese nicht mit dem Kläger vergleichbar seien und sich im Übrigen auf die Einschätzung des jeweiligen Vorgesetzen berufen hat. Eine Verpflichtung zu weitergehendem Vortrag traf die Beklagte nicht. Darauf, dass den Personallisten eine generalisierende Beförderungspraxis etwa nach Zeitablauf ohnehin nicht zu entnehmen war, kommt es daher nicht mehr an. Die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende - allgemeine Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Dass im Zivilprozess die Wahrheitspflicht wesentliche Bedeutung hat, erlaubt nicht den Schluss, die Parteien seien generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindert den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen prozessuales Obsiegen zu verschaffen (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 56 mwN, aaO).

82

1.4. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht nach § 15 Abs. 1 AGG wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG zu. Hierbei kann dahinstehen, dass bereits zweifelhaft ist, ob die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist (§ 33 AGG), da der Klägers bei Personalentscheidungen teilweise unstreitig auch vor dem 18. August 2006 nicht berücksichtigt worden ist. Selbst wenn man die Anwendbarkeit des AGG unterstellt und von der Wahrung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und der Frist gemäß § 61 b Abs. 1 ArbGG ausgeht, besteht der geltend gemachte Anspruch nicht.

83

a) Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund (hier: wegen einer Behinderung) in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen unzulässig (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (§ 3 Abs. 2 AGG).

84

b) Der Kläger ist nicht wegen seiner Behinderung im dargelegten Sinne benachteiligt worden. Er hat bereits keine Indiztatsachen dargelegt, die seine Benachteiligung bei Beförderungsentscheidungen wegen seiner Behinderung vermuten lassen.

85

aa) Nach § 22 Halbsatz 1 AGG iVm. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien (Richtlinie 2000/78/EG: Tatsachen) vorträgt, die ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Im Hinblick auf diesen Kausalzusammenhang sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 31 mwN, zitiert nach juris). Für die Vermutungswirkung des § 22 Halbsatz 1 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund (oder mehrere) ein „Bestandteil eines Motivbündels“ ist (sind), das die Entscheidung beeinflusst hat(vgl. im Einzelnen: BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 33 ff., aaO). Besteht eine Benachteiligungsvermutung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 -, Rn. 40, aaO).

86

bb) Der Kläger hat vorliegend keine Indizien vorgetragen, dass seine Behinderung Teil eines Motivbündels der Beklagten war, ihn von Beförderungsentscheidungen auszunehmen. Er sich im Rechtsstreit darauf beschränkt, seine Schwerbehinderteneigenschaft mitzuteilen und den Verdacht geäußert, dass er wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt worden sei. Aus welchen Gründen er diesen Verdacht hegt, hat der Kläger schriftsätzlich nicht vorgetragen und zuletzt auch im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer Indiztatsachen nicht näher darlegen zu können. Allein die Tatsache, dass die Beklagte ihm gegenüber nicht kommuniziert haben mag, aus welchen Gründen sie von seiner Beförderung abgesehen hat, lässt keinen Rückschluss darauf zu, der Kläger sei wegen seiner Behinderung nicht berücksichtigt worden. Demgemäß fehlte es der Berufungskammer an jeglichen Anhaltspunkten für Indiztatsachen nach § 22 Halbsatz 1 AGG. Soweit der Kläger darauf verwiesen hat, den von der Beklagten ua. zur Begründung der Nichtbeförderung herangezogenen fehlenden Pokerlehrgang aus gesundheitlichen Gründen nicht absolviert zu haben, vermochte auch dies nicht als Indiz für seine Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung zu dienen. Zum einen behauptet der Kläger selbst, die Beklagte schiebe den fehlenden Pokerlehrgang nur vor. Zum anderen war ein Zusammenhang zwischen Behinderung und nicht absolviertem Pokerlehrgang für die Berufungskammer nicht auszumachen, nachdem der Kläger bis zuletzt von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, weder über die seiner Behinderung zu Grunde liegende Erkrankung, noch über die gesundheitliche Beeinträchtigung Auskunft zu erteilen, die ihn an der Absolvierung des Pokerlehrgangs gehindert hat.

87

2. Dem Kläger steht auch der mit dem Antrag zu 2) verfolgte Schmerzensgeldanspruch nicht zu.

88

2.1. Ein Anspruch auf Entschädigung oder „Schmerzensgeld“ nach § 15 Abs. 2 AGG, weil der Kläger bei den Beförderungsentscheidungen der Beklagten wegen seiner Behinderung benachteiligt worden wäre, besteht nicht.

89

Zwar geht die Berufungskammer in Auslegung des dem Wortlaut nach auf die Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ gerichteten Antrages zu 2) davon aus, dass der Kläger auch eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend macht. § 15 Abs. 2 AGG stellt im Arbeitsrecht eine ausdrückliche materielle Grundlage für die Kompensation immaterieller Schäden dar; eine solche Entschädigung wäre auch von einer dem Wortlaut nach geltend gemachten „Schmerzensgeld“-Forderung umfasst (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 68/12 - Rn. 19, zitiert nach juris). Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG scheitert jedoch daran, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen aus den bereits unter I.1.4. dargelegten Gründen nicht dargetan hat.

90

2.2. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

91

Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. ein schweres Verschulden des Handelnden (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 68/12 - Rn. 34, 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 42, jeweils zitiert nach juris). Geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 42, aaO). Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der der Beklagten zu machen wäre, nicht.

B.

92

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

93

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juni 2011 - 13 Sa 366/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung eines Schmerzensgeldes, weil sich der Kläger bei internen Stellenausschreibungen aufgrund seines befristeten Arbeitsvertrags und seiner Schwerbehinderung benachteiligt sieht.

2

Der Kläger ist Schwerbehinderter mit einem GdB 50. Der Kläger war zunächst ohne Sachgrund vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 beim beklagten Land befristet beschäftigt. Diese Beschäftigung wurde sodann einvernehmlich bis zum 30. September 2009 verlängert. Der Kläger war als Assistent im Dezernat S des Landesamtes für S tätig. Sein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt in der Entgeltgruppe 3 TV-L belief sich auf 1.907,00 Euro.

3

Das beklagte Land vereinbarte mit der Schwerbehindertenvertretung sowie dem Personalrat am 3. März 2009 eine Integrationsvereinbarung. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2. Kapitel - Zielvereinbarungen

        

2.1. Einstellung

        

…       

        

Bei internen wie bei externen Stellenausschreibungen ist schwerbehinderten und gleichgestellten Stellenbewerbern/Stellenbewerberinnen gegenüber anderen bei gleicher fachlicher Eignung der Vorzug zu geben. Schwerbehinderte Frauen sollen besonders berücksichtigt werden.

        

…       

        

Befristete Arbeitsverträge mit schwerbehinderten Menschen werden vor Ablauf der Befristung unter Ausschöpfung aller Förder- und Einsatzmöglichkeiten auf unbefristete Weiterbeschäftigung überprüft. Das Ergebnis der Prüfung ist arbeitgeberseits aktenkundig zu machen.“

4

Mitte 2009 schrieb das beklagte Land eine ab dem 1. August 2009 zu besetzende Stelle einer Assistentin/eines Assistenten im Dezernat S im Landesamt für S aus. Die Ausschreibung richtete sich ausschließlich an Beschäftigte der Landesverwaltung B, die sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befanden. Der mit der ausgeschriebenen Tätigkeit befasste, aber in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehende Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 20. Juni 2009 auf diese Stelle und wies dabei auf seine Schwerbehinderung hin. Ein Bewerbungsgespräch mit ihm fand am 16. Juli 2009 statt. Schließlich entschied sich das beklagte Land für eine Bewerberin, die ebenfalls schwerbehindert ist. Landesweit schrieb das beklagte Land weiter im Intranet fünf Stellen aus, wobei sich die Ausschreibung wiederum ausschließlich an Beschäftigte der Landesverwaltung richtete, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen. Auf diese Stellen bewarb sich der Kläger nicht.

5

Mit Schreiben vom 11. August 2009 wandte sich der Kläger an die Präsidentin seiner Beschäftigungsbehörde und bat zu prüfen, ob er über den 30. September 2009 hinaus weiterbeschäftigt werden könne. Das beklagte Land verwies zunächst auf den Vorrang unbefristet im Landesdienst Beschäftigter und teilte schließlich unter dem 9. September 2009 dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung am 30. September 2009 enden werde. Mit einer an diesem Tag beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses und hilfsweise die Verurteilung des beklagten Landes zur Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Erstmals im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 15. Dezember 2010 hat der Kläger hilfsweise den Antrag gestellt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld wegen Diskriminierung in den Bewerbungsverfahren zu zahlen.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass es unzulässig sei, wenn sich eine landesverwaltungsinterne Stellenausschreibung des beklagten Landes ausschließlich an Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Landesverwaltung richte, die sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinden. Dies stelle einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 TzBfG dar. Wäre er nicht von vornherein von einer Bewerbung ausgeschlossen worden, wäre er für die ausgeschriebenen Stellen geeignet und laut der Verpflichtung des beklagten Landes in der Integrationsvereinbarung als Schwerbehinderter auch bevorzugt zu berücksichtigen gewesen. Unerheblich sei, dass sich der Kläger auf die fünf von ihm in Bezug genommenen Stellenausschreibungen nicht beworben habe. Er sei durch den Ausschreibungstext bereits von einer Bewerbung abgehalten worden. Über das Intranet seien die diskriminierenden Stellenausschreibungen auch einem nur eingeschränkten Personenkreis, ua. ihm selbst, zugegangen. Es sei auch kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung von befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern anzunehmen. Das beklagte Land könne sich insbesondere nicht auf haushaltsrechtliche Erwägungen stützen. Gründe für eine Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG hätten nicht vorgelegen. Das beklagte Land müsse seine Auswahlkriterien an Art. 33 Abs. 2 GG ausrichten und dürfe nicht das Argument, Kosten sparen zu wollen, in den Vordergrund stellen.

7

Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung hat der Kläger zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 1.000,00 Euro liegen sollte, wegen Diskriminierung des Klägers bei den Bewerbungsverfahren des Landes Brandenburg zu zahlen.

8

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages hat das beklagte Land die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Schmerzensgeldanspruch unter keinem Gesichtspunkt zu. Bei der Stelle eines Assistenten Schwerbehindertenrecht, auf die er sich beworben habe, habe er nicht berücksichtigt werden können, weil im Ergebnis eine Bewerberin - ebenfalls schwerbehindert - besser geeignet gewesen sei. Eine Diskriminierung des Klägers bezüglich der übrigen Stellenausschreibungen liege schon deshalb nicht vor, weil sich dieser auf die Stellenausschreibungen nicht beworben habe. Im Übrigen sei der öffentliche Arbeitgeber berechtigt, das Anforderungsprofil einer Stelle zu erstellen und er könne dabei auch den Bewerberkreis auf solche Bewerber beschränken, die bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Im Ergebnis sei der Kläger weder aufgrund seiner Schwerbehinderung noch wegen der Ausschreibung an unbefristet beschäftigte Bewerber diskriminiert worden.

9

Die auf Befristungskontrollklage, hilfsweise auf Beschäftigung und weiter hilfsweise auf Schmerzensgeldzahlung gerichtete Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 7 AZN 1019/11 - die Revision insoweit zugelassen, als die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts über den hilfsweise gestellten Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zurückgewiesen wurde. Mit seiner insoweit beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel einer Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung eines Schmerzensgeldes weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes oder einer Entschädigung aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung oder als befristet Beschäftigter steht dem Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet: Anspruch auf ein Schmerzensgeld habe der Kläger nicht, da er bei den Bewerbungsverfahren nicht diskriminiert worden sei. Soweit der Kläger die Ausschreibung unbefristeter Stellen nur für solche Bewerber, die bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stünden, gerügt habe, liege schon eine Diskriminierung nach § 4 Abs. 2 TzBfG deshalb nicht vor, weil sich der Kläger auf derartige Stellen nicht beworben habe. Eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Benachteiligung löse einen Entschädigungsanspruch nach deutschem Recht nicht aus.

12

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis.

13

I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht deshalb aufzuheben, weil es keinen oder einen nur unzureichenden Tatbestand enthält.

14

1. Ein Berufungsurteil muss grundsätzlich zumindest einen den Anforderungen des § 69 Abs. 3 ArbGG genügenden Tatbestand enthalten. Ohne festgestellten Sachverhalt kann ein Urteil vom Revisionsgericht nicht überprüft werden, weil dann nicht klar ist, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung und Rechtsanwendung zugrunde gelegt hat. Dies gilt auch, wenn die Revision vom Landesarbeitsgericht nicht zugelassen worden ist. Darin liegt kein Fall des § 69 Abs. 2 ArbGG iVm. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG ist ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil nicht „unzweifelhaft“ unzulässig(vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 11, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 66 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 61; 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5). Enthält das Berufungsurteil keinen oder einen nur unzureichenden Tatbestand, ist es vom Revisionsgericht von Amts wegen aufzuheben. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Zweck des Revisionsverfahrens deshalb erreicht werden kann, weil die Entscheidungsgründe hinreichende Anhaltspunkte zum Sach- und Streitstand enthalten und die aufgeworfenen Fragen danach beurteilt werden können (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - aaO; 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - aaO; ErfK/Koch 13. Aufl. § 69 ArbGG Rn. 5).

15

2. Der Tatbestand des Berufungsurteils beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Gründe des Urteils des Arbeitsgerichts, eigene tatsächliche Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Gleichwohl bietet das Urteil des Berufungsgerichts in der Zusammenschau von Tatbestand und Entscheidungsgründen eine ausreichende Grundlage für eine revisionsrechtliche Kontrolle. In die Revisionsinstanz ist aufgrund der beschränkten Zulassung der Revision nur noch der Streitgegenstand gelangt, ob dem Kläger ein Schmerzensgeld zusteht, weil er vom beklagten Land bei Bewerbungsverfahren vor allem wegen seines befristeten Arbeitsverhältnisses, aber auch wegen seiner Schwerbehinderung unberücksichtigt geblieben, also benachteiligt worden ist. Aus der Wiedergabe der Urteilsgründe des Arbeitsgerichts ergibt sich, dass der Kläger zunächst bis zum 30. September 2008 und dann bis zum 30. September 2009 sachgrundlos befristet beschäftigt wurde. Weiter ergeben sich aus den Gründen des Urteils des Arbeitsgerichts, auf die sich das Landesarbeitsgericht bezogen hat, die für den Schmerzensgeldanspruch wesentlichen Tatsachen, die im Kern auch unstreitig sind. Diese ergeben sich zudem aus den im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätzen, die das Berufungsgericht ebenfalls in Bezug genommen hat. Damit sind die für eine revisionsrechtliche Kontrolle des Schmerzensgeldanspruchs des Klägers maßgeblichen Fakten aus dem Berufungsurteil noch ersichtlich.

16

II. Die Klage ist auch zulässig. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Kläger seine Schmerzensgeldforderung nicht beziffert hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn er diejenigen Tatsachen, die dem Gericht eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ermöglichen, darlegt sowie die Größenordnung der geltend gemachten Forderungen angibt(BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

17

III. Die Klage ist jedoch unbegründet.

18

1. Ein Anspruch auf Entschädigung oder „Schmerzensgeld“ nach § 15 Abs. 2 AGG, weil der Kläger bei seiner Bewerbung wegen seiner Behinderung benachteiligt worden wäre, besteht nicht.

19

a) Nach dem Wortlaut seines Antrages begehrt der Kläger zwar ein „Schmerzensgeld“. Der Antrag ist jedoch der Auslegung zugänglich. § 15 Abs. 2 AGG stellt im Arbeitsrecht eine ausdrückliche materielle Grundlage für die Kompensation immaterieller Schäden dar. Eine solche Entschädigung wäre auch von einer dem Wortlaut nach geltend gemachten „Schmerzensgeld“-Forderung umfasst.

20

b) Das Klagebegehren kann jedoch auf diese Anspruchsgrundlage nicht gestützt werden, weil der Anspruch nicht nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht wurde. Die am 30. September 2009 anhängig gemachte Klage war zunächst nur auf Befristungskontrolle, hilfsweise auf Beschäftigung gerichtet. Darin liegt nicht zugleich die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Erstmals im Kammertermin vom 15. Dezember 2010 hat der Kläger durch eine zu Protokoll erklärte Klageerweiterung den Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem beklagten Land geltend gemacht. Dies wahrte die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nicht. Zwar haben weder das Arbeits- noch das Landesarbeitsgericht Feststellungen darüber getroffen, wann dem Kläger mitgeteilt wurde, dass er in dem Bewerbungsverfahren, in dem er sich auf die Stelle eines Assistenten im Schwerbehindertenrecht mit Schreiben vom 20. Juni 2009 beworben hatte, keine Berücksichtigung findet. Jedenfalls wurde dem Kläger aber mit Schreiben vom 9. September 2009 mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. September 2009 fortgesetzt wird. Die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs erst am 15. Dezember 2010 wahrt die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG folglich nicht.

21

c) Soweit der Kläger sich wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft, also als Behinderter, benachteiligt sieht, kommt auch kein Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG in Betracht. Zum einen hat der Kläger insoweit keine anspruchsbegründenden Tatsachen dargelegt, zum anderen ist aus dem unstreitigen Sachverhalt kein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, was die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers anbelangt, gegenüber dem beklagten Land abzuleiten. Zudem hat der Senat selbst für geltend gemachte materielle Schäden wegen der Diskriminierung aufgrund eines im AGG genannten verbotenen Merkmals entschieden, dass insoweit die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist einzuhalten ist(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 32 ff., AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

22

2. Auch soweit sich der Kläger bei seiner Bewerbung deswegen benachteiligt sieht, weil sich die Ausschreibung nur an Bewerber mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land richtete, kommt ein Schmerzensgeldanspruch nicht in Betracht.

23

a) Auf das AGG - wiederum im Sinne eines Entschädigungsanspruchs - kann der Kläger einen solchen Anspruch schon deswegen nicht stützen, weil das Merkmal, dass der Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis steht, nicht von den in § 1 AGG abschließend aufgeführten Merkmalen erfasst wird.

24

b) Auch aus § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG folgt kein Anspruch auf „Schmerzensgeld“.

25

aa) Nach dieser Bestimmung darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. § 4 Abs. 2 TzBfG ist eine spezielle Ausprägung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes(BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu III der Gründe, BAGE 109, 369 = AP TVG § 3 Nr. 31 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 4; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 17; Thüsing in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 4 Rn. 16; APS/Greiner 4. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 3). Eine Diskriminierungsabsicht ist für die Verwirklichung des Diskriminierungsverbots nicht erforderlich (ErfK/Preis 13. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 37).

26

bb) Ob vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm erfüllt sind, kann schon deswegen offen bleiben, weil der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 TzBfG als Rechtsfolge nicht die Zahlung einer immateriellen Entschädigung oder eines Schmerzensgeldes wegen Diskriminierung vorgesehen hat. Als Ausprägung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist der Anspruch auf die Beseitigung einer Ungleichbehandlung gerichtet. Der Arbeitnehmer, der in einem nur befristeten Arbeitsverhältnis steht, kann grundsätzlich das gleiche Entgelt oder andere geldwerte Leistungen beanspruchen wie vergleichbare Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Im Zweifel findet eine „Anpassung nach oben“ statt (vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 518/09 - Rn. 28, BAGE 136, 36 = AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 72 = EzA GG Art. 33 Nr. 39; Sievers TK-TzBfG 4. Aufl. § 4 Rn. 69). Ein solcher Ausgleich materieller Nachteile umfasst keinen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, also einen Anspruch auf Schmerzensgeld- oder Entschädigungszahlung.

27

c) Auch aus einem Verstoß des beklagten Landes gegen vertragliche (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG) oder gesetzliche (§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG) Pflichten, lässt sich vorliegend ein Anspruch des Klägers auf Ersatz seines immateriellen Schadens im Sinne eines Schmerzensgeldanspruchs oder eines Anspruchs auf Entschädigung nicht ableiten.

28

aa) Es kann dahinstehen, ob ein etwaiger Verstoß des Arbeitgebers gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG zugleich einen Verstoß des Arbeitgebers gegen seine vertraglichen Pflichten darstellt, § 241 Abs. 2 BGB. Dagegen spricht, dass der Gesetzgeber im TzBfG keine Regelung vorgesehen hat, wie er sie für die Diskriminierungsverbote des AGG in § 7 Abs. 3 AGG geschaffen hat. Ebenso kann dahinstehen, ob § 4 Abs. 2 TzBfG ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB ist(bejahend für § 2 Abs. 1 BeschFG aF: BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 32/00 - zu B I 1 der Gründe, AP BGB § 823 Schutzgesetz Nr. 27 = EzA BGB § 852 Nr. 1; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 48).

29

bb) Jedenfalls scheiterte sowohl ein vertraglicher als auch ein deliktischer Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld daran, dass § 253 Abs. 1 BGB einen Entschädigungsanspruch bei Verletzung des § 4 Abs. 2 TzBfG ausschließt. Vorliegend macht der Kläger keinen materiellen Schaden geltend. Nach § 253 Abs. 1 BGB können Entschädigungen in Geld wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Außerdem kann immaterieller Schadensersatz verlangt werden, wenn eines der in § 253 Abs. 2 BGB aufgezählten Rechtsgüter verletzt wurde. Dazu gehört die Diskriminierung wegen eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht. Eine billige Entschädigung in Geld kann nur wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung verlangt werden, nicht jedoch aufgrund einer Benachteiligung wegen der Befristung des Arbeitsvertrags.

30

d) § 253 Abs. 2 BGB kann auf den vorliegenden Fall auch nicht analog angewendet werden, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

31

Der Gesetzgeber wollte mit der zum 1. August 2002 in Kraft getretenen Neufassung des Schmerzensgeldanspruchs durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) die Diskrepanz zwischen dem Deliktsrecht und dem Vertragsrecht, nach der gemäß § 847 aF BGB Schmerzensgeld nur im Falle einer deliktischen Haftung geschuldet war, beseitigen(BT-Drucks. 14/7752 S. 14 ff.). Es sollte ein Schmerzensgeld auch im Falle einer vertraglichen Verschuldens- sowie der Gefährdungshaftung in Betracht kommen. § 847 aF BGB wurde zu diesem Zweck weitgehend übernommen, den relevanten Rechtsgutsverletzungen fügte der Gesetzgeber noch das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung hinzu(BT-Drucks. 14/7752 S. 24).

32

Bei § 253 Abs. 2 BGB handelt es sich, wie bereits § 253 Abs. 1 BGB klarstellt, um eine abschließende Aufzählung. § 253 Abs. 1 BGB statuiert ein Analogieverbot(MüKoBGB/Oetker 6. Aufl. § 253 Rn. 7). Sinn und Zweck der Norm ist es, dem Grundsatz Rechnung zu tragen, dass immaterielle Schäden wegen der damit verbundenen Bewertungsprobleme nicht ausgeglichen werden (NK-BGB/Huber 2. Aufl. § 253 Rn. 4; Spindler in BeckOK BGB Stand 1. Februar 2013 § 253 Rn. 7). Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Geschädigte bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 4 Abs. 2 TzBfG eine Entschädigung verlangen könnte, hätte er dies im Gesetz ausdrücklich klarstellen müssen. Die Konfliktlage musste ihm auch bewusst sein. Bei dem Inkrafttreten der Neufassung des § 253 BGB zum 1. August 2002 war § 4 Abs. 2 TzBfG bereits seit 1. Januar 2001 in Kraft (BGBl. I 2000 S. 1966). Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers besteht daher kein Raum (vgl. auch BGH 23. Juli 2010 - V ZR 142/09 - Rn. 9, NJW 2010, 3160 für die Ablehnung eines Schmerzensgeldanspruchs bei einem Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB).

33

e) Soweit er eine Benachteiligung als befristet Beschäftigter geltend macht, kann der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, § 280 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG stützen.

34

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt eine Entschädigungszahlung eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. ein schweres Verschulden des Handelnden voraus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 42, AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 72, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1; vgl. auch BGH 4. November 2004 - III ZR 361/03 - BGHZ 161, 33). Geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO).

35

Wiederum hat aber auch der Kläger insoweit nicht vorgetragen, dass er durch die - unterstellte - unzulässige Benachteiligung wegen seines befristeten Arbeitsvertrags eine schwere Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts habe erdulden müssen.

36

f) Auch eine Auslegung von § 4 Abs. 2 TzBfG unter Beachtung von § 4 Nr. 1 der in die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 inkorporierten Rahmenvereinbarung (Rahmenvereinbarung), deren Umsetzung in das nationale Recht § 4 Abs. 2 TzBfG diente, führt zu keinem anderen Ergebnis.

37

aa) Gemäß § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dürfen befristet beschäftigte Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung besonders wichtige Grundsätze des Sozialrechts der Gemeinschaft und zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts zu zählen (EuGH 22. Dezember 2010 - C-444/09 und C-456/09 - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 41, Slg. 2010, I-14031). § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung ist zudem unbedingt und hinreichend genau, um ab dem Zeitpunkt, zu dem die den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG gesetzte Frist abgelaufen ist, von einem Einzelnen vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Staat in Anspruch genommen werden zu können; der Bestimmung kommt mithin eine unmittelbare Wirkung zu (vgl. EuGH 18. Oktober 2012 - C-302/11 bis C-305/11 - [Valenza] Rn. 70, NZA 2013, 261; 22. Dezember 2010 - C-444/09 und C-456/09 - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 83, aaO). Nach § 4 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung wird es den Mitgliedstaaten überlassen, Anwendungsmodalitäten dieser Bestimmung im nationalen Recht festzulegen. Die Rahmenvereinbarung selbst sieht nicht vor, dass einem wegen seines befristeten Beschäftigungsverhältnisses benachteiligten Arbeitnehmer neben oder anstelle des Anspruchs auf Gleichbehandlung ein Anspruch auf Zahlung einer immateriellen Entschädigung zustehen muss.

38

bb) Auch der unionsrechtliche Grundsatz der Effektivität gebietet nichts anderes. In Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 und Unterabs. 3 EUV in der Fassung von 2008 heißt es, dass die Mitgliedstaaten ua. „alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen [ergreifen], die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben“, und „alle Maßnahmen [unterlassen], die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten“; dazu gehören auch die mit den Richtlinien verfolgten Ziele (EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 41, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 24 = EzA AGG § 22 Nr. 5). Ziel der Rahmenvereinbarung ist es nach deren § 1 Buchst. a, durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern. Dieses Ziel kann effektiv dadurch erreicht werden, dass dem benachteiligten Arbeitnehmer ein Anspruch auf Gleichbehandlung zugestanden wird. Dies ist durch § 4 Abs. 2 TzBfG geschehen. Der Kläger hätte, gestützt auf diese Vorschrift - ggf. im Klageweg - verlangen können, zum Bewerbungsverfahren zugelassen zu werden. Sofern er sich beworben hätte, alle weiteren Kriterien des Anforderungsprofils erfüllte, die Stelle noch nicht besetzt worden sei und er unter Berücksichtigung von Art. 33 Abs. 2 GG der am besten geeignete Bewerber gewesen wäre, hätte er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Einstellung und Zuweisung eines unbefristeten Arbeitsvertrags gehabt(vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 73 = EzA GG Art. 33 Nr. 40). Ist eine Gleichbehandlung nicht mehr möglich, käme allenfalls ein auf § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG gestützter materieller Schadensersatz in Betracht, nicht aber der Ausgleich eines bloß immateriellen Schadens.

39

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, er sei bereits durch die diskriminierende Ausschreibung abgehalten worden, sich zu bewerben. Lässt eine Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber einen Ermessensspielraum, welche Maßnahmen er zur Umsetzung des in der Richtlinie genannten Ziels ergreift (vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV), so sind die Rechte des betroffenen Arbeitnehmers darauf beschränkt, die vom nationalen Gesetzgeber vorgesehenen Rechte wahrzunehmen (vgl. EuGH 10. April 1984 - C-14/83 - [von Colson und Kamann] Rn. 18, Slg. 1984, 1891 = AP BGB § 611a Nr. 2). Dem Arbeitnehmer steht kein Wahlrecht zu zwischen der ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Geltendmachung der Gleichbehandlung und einem nicht geregelten Entschädigungsanspruch.

40

3. Soweit der Kläger sich benachteiligt sieht, weil das beklagte Land ferner fünf weitere Stellen für unbefristet beschäftigte Bewerber ausgeschrieben hat, kann er Ansprüche schon deswegen nicht geltend machen, weil er sich auf diese Stellen nicht beworben hat. Will ein Arbeitnehmer individuelle Rechte aus § 4 Abs. 2 TzBfG herleiten, müssen dessen Voraussetzungen in seiner Person vollständig erfüllt sein. Dies ist hier nicht der Fall. Es fehlt an einer schlechteren Behandlung des Klägers gegenüber vergleichbaren, nicht befristet beschäftigten Arbeitnehmern.

41

a) Wird eine Stelle unter Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot ausgeschrieben, so besteht die benachteiligende Maßnahme bei einer schutzzweckorientierten Auslegung nicht schon in der Veröffentlichung der diskriminierenden Stellenanzeige, sondern in der Ablehnung bzw. Nichtberücksichtigung des Arbeitnehmers im Bewerbungsverfahren (vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - [Eurokauffrau] Rn. 19, BVerfGK 9, 218 = AP BGB § 611a Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 4). Nach hM begründet ein Verstoß gegen die Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben, die Vermutung, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten verbotenen Merkmals erfolgt(BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), die diskriminierende Ausschreibung begründet aber selbst keine Entschädigungsansprüche (ErfK/Schlachter 13. Aufl. § 11 AGG Rn. 2; Suckow in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 11 Rn. 53; Däubler/Bertzbach - Buschmann 2. Aufl. § 11 Rn. 24; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 11 Rn. 8; HWK/Rupp 5. Aufl. § 11 AGG Rn. 2; aA Roloff in BeckOK Arbeitsrecht Stand 1. Dezember 2012 § 11 AGG Rn. 7). Es besteht kein Grund, die zu dem AGG bestehende Rechtslage nicht auch auf Stellenausschreibungen zu übertragen, bei denen die Diskriminierung nur nicht an ein in § 1 AGG genanntes Merkmal anknüpft, sondern an die Befristung eines Arbeitsvertrags(§ 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG).

42

b) Der befristet beschäftigte Arbeitnehmer muss also bei der Benachteiligung, dh. der Nichtberücksichtigung im Stellenbesetzungsverfahren, mit dem erfolgreichen Bewerber, der bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land stand, vergleichbar gewesen sein. In einer Bewerbungssituation bezieht sich die Vergleichbarkeit denknotwendig auf die Erfüllung des Anforderungsprofils und, um überhaupt in den Kreis der Bewerber zu gelangen, auch auf die Bewerbung als solche. Eine solche vergleichbare Situation mit den letztendlich erfolgreichen Bewerbern lag hier nicht vor. Im Gegensatz zu diesen hatte der Kläger keine Bewerbung eingereicht. Schon deswegen konnte er im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Schon für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG hat der Senat erkannt, dass der Anspruch eine Bewerbung des Arbeitnehmers voraussetzt, § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30 ff., AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Beteiligung vermag eine Entschädigung nicht auszulösen. Dies gilt gleichermaßen für das AGG wie für das spezielle Diskriminierungsverbot in § 4 Abs. 2 TzBfG. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 25, Slg. 2008, I-5187). Dem Fall, den der Gerichtshof der Europäischen Union zu beurteilen hatte, lag kein individueller Entschädigungsanspruch eines abgewiesenen Bewerbers zugrunde, sondern die Klage eines Zentrums für Chancengleichheit und für die Bekämpfung von Rassismus (Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2000/43/EG). Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der Rahmenvereinbarung im Rahmen seines durch das Europäische Recht eröffneten Spielraums nicht für eine derartige Verbandsklagemöglichkeit entschieden. Der Europäische Gerichtshof hat einen Entschädigungsanspruch eines von einem diskriminierenden Stellenprofil nur abstrakt betroffenen Arbeitnehmers mit seinem Urteil ebenfalls nicht bejaht.

43

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wankel    

                 

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

1.
die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
2.
die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
3.
den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
4.
die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,
5.
den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
6.
die sozialen Vergünstigungen,
7.
die Bildung,
8.
den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

(2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.

(3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(4) Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 - 15 Sa 517/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in zwei in der Revisionsinstanz verbundenen Verfahren darüber, ob der Klägerin für die Vergangenheit und die Zukunft ein Schadensersatzanspruch wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung und zu dessen künftiger Bezifferung Auskunftsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Darüber hinaus verlangt die Klägerin immateriellen Schadensersatz und stellt einen Feststellungsantrag betreffend Schadensersatz für den Zeitraum ab Dezember 2006.

2

Der Beklagte ist ein rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein. Er gliedert sich in zehn Bezirksdirektionen und zwei Generaldirektionen. Eine Generaldirektion befindet sich in B, die andere in M. Beide haben eigenständige Personalverwaltungen, denen jeweils eine Person vorsteht, die - mit Ausnahme der Klägerin - bis zum 9. Dezember 2006 als Personalleiter/in bezeichnet wurden. Übergeordnet war die Personaldirektion mit dem Personaldirektor. Dieser wird seit dem 10. Dezember 2006 als Personalleiter, die Personaldirektion als Personalabteilung bezeichnet.

3

Die 1961 geborene Klägerin hat 1986 eine Ausbildung zur „staatlich geprüften Betriebswirtin“ erfolgreich beendet. Sie war bei früheren Arbeitgebern ua. in der Personalentwicklungsarbeit tätig. Seit Mitte 2007 ist sie als Schwerbehinderte anerkannt.

4

Die Klägerin war am 1. Januar 1993 bei dem Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. Juli 1995 wurde ihr die Stellvertretung für die Personalverwaltung in B mit 340 Mitarbeitern übertragen. Ab Mai 2001 war die Klägerin in Teilzeit für die Beklagte tätig. Mit Wirkung ab 1. Januar 2006 wurde sie zur Abteilungsleiterin der Abteilung Personalverwaltung in der Personaldirektion B ernannt. Auf Basis einer „Zusatzvereinbarung“ zum Anstellungsvertrag wurde sie ab 1. Oktober 2006 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35,79 Stunden beschäftigt. Im Jahre 2007 erhielt sie eine monatliche Bruttovergütung von 4.647,24 Euro. In Zwischenzeugnissen vom 31. Januar 1999 und 16. Februar 2007 wurde der Klägerin bescheinigt, dass sie „stets“ bzw. „jederzeit“ ihre Aufgaben „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt habe.

5

Mitte der 1990-iger Jahre war Personalleiterin der Generaldirektion B Frau G und der Generaldirektion M Frau S. Beide sind Juristinnen. Hierarchisch stellte der Beklagte die Personalleiter den Abteilungsdirektoren gleich. Frau S ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und war 1990 vom Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. April 1994 übernahm Frau G kommissarisch die Leitung der Personaldirektion und Frau S wurde zu ihrer Stellvertreterin berufen. Frau G schied Ende September 1999 bei dem Beklagten aus. Faktisch leitete die Klägerin im Jahre 1999 die Personalverwaltung der Generaldirektion B für fünf Monate bis Dr. Mü von dem Beklagten als Nachfolger für Frau G eingestellt wurde. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Mit Wirkung vom 1. Januar 2001 wurde ihm die Amtsbezeichnung „Personaldirektor“ verliehen. Wegen Mutterschutzes und Erziehungsurlaubs/Elternzeit war die Personalleiterin der Generaldirektion M S vom 14. August 1999 bis 7. Juli 2005 nicht berufstätig. Seither arbeitet sie in Teilzeit. Ihr obliegt im Wesentlichen die juristische Sachbearbeitung der Personaldirektion (ab Dezember 2006: Personalabteilung). Aufgaben der Personalleitung nimmt sie seither nicht mehr wahr. Wegen ihres absehbaren Ausfalles suchte der Beklagte mit Anzeige von Anfang August 1999 befristet für ca. zwei Jahre eine/n Personalleiter/in für M. In der Anzeige wurde ein Schwerpunkt „konzeptionelle Personalarbeit“ ebenso wenig erwähnt, wie das Erfordernis eines Hochschulabschlusses. Nachdem an einer befristeten Einstellung kein Bewerber Interesse gezeigt hatte, wurde zum 1. Januar 2000 Herr R als Personalleiter der Generaldirektion M unbefristet mit einer 40-Stunden-Woche eingestellt. Der 1960 geborene und an einer Hochschule ausgebildete Diplom-Ökonom mit dem Ausbildungsschwerpunkt Personalwesen, Unternehmensführung und Organisation war bei dem Beklagten von Anfang an der Ebene der Abteilungsdirektoren, dh. mindestens einer Ebene über der Klägerin, zugeordnet. Zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Juli 2008 verdiente Herr R 28.214,66 Euro mehr als die Klägerin. Darin enthalten ist eine variable Vergütung für 2007 in Höhe von 8.291,00 Euro. Bei dieser Differenzberechnung ist die Teilzeittätigkeit der Klägerin entsprechend berücksichtigt.

6

Zum 1. Juli 2001 wurde der Personalleiter der Generaldirektion B und Personaldirektor Dr. Mü mit gleichbleibendem Aufgabenbereich nach M versetzt. Nachdem er zunehmend Justitiariatsaufgaben erfüllte, übernahm die Klägerin spätestens ab Sommer 2003 - nach ihrem Vorbringen ab 2002 - die Aufgaben der Personalverwaltung B. Entsprechend wurde sie in den Jahrbüchern des Beklagten als zuständig für die Personalverwaltung B bezeichnet und zwar ab 2002 als Personalreferentin und ab 2006 als Abteilungsleiterin.

7

Zu ihren Aufgaben im Bereich der Personalentwicklung gehörte ua. im Jahre 1994 die Erstellung eines Anforderungsprofils zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems. 1993/1994 und 1999 entwickelte sie ein Konzept zur Erstellung von Stellen- und Tätigkeitsbeschreibungen. Für den Standort B führte sie konzeptionell und organisatorisch Mitarbeiterbeurteilungsgespräche durch. Nach der Übertragung der Traineeausbildung in den Jahren 1999/2000 auf den Personalbereich entwickelte die Klägerin hierzu ein Konzept. Auch führte sie Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen zur DIDAS-Datenbank durch.

8

Zu den Aufgaben, welche die Klägerin und Herr R jedenfalls bis zum 9. Dezember 2006 beide wahrgenommen hatten, gehörte die Leitung der Personalverwaltung der jeweiligen Generaldirektion. Dazu zählte ua. die Personalbetreuung mit dem Führen von Bewerbungsgesprächen, Abfassen von Abmahnungen, Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen, die Kontroll- und Verantwortungsfunktion für die unterstellten Mitarbeiter sowie Tätigkeiten der eigenen allgemeinen Personalentwicklungsarbeit. Beide waren im selben Umfange zeichnungsberechtigt.

9

Anfang 2006 teilte Dr. Mü der Klägerin mit, dass er wohl die Leitung der neu zu gründenden Rechtsabteilung übernehmen werde. Als sein Nachfolger für die Personaldirektion komme aus seiner Sicht Herr R oder ein Externer in Betracht.

10

Im Dezember 2006 hatte die Personalstruktur beim Beklagten folgende Gestalt:

        

        

Männer

Frauen

Gesamt

        

Vorstand

3       

0       

3       

        

Direktoren

15    

0       

15    

        

Bezirksdirektoren

9       

0       

9       

        

Abteilungsdirektoren

8       

4       

12    

        

Stellv. Bezirksdirektoren

3       

1       

4       

        

Abteilungsleiter

12    

19    

31    

        

Fachreferenten

2       

3       

5       

        

Fachjuristen

6       

1       

7       

        

sonstige AT-Mitarbeiter

34    

24    

58    

        

gesamter AT-Bereich

92    

52    

144     

        

Gesamtbelegschaft

348     

780     

1128   

        

Gesamtbelegschaft in %

31 %   

69 %   

        
11

Zu dieser Zeit waren in den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im außertariflichen Bereich 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte waren Frauen. Der Aufsichtsrat des Beklagten bestand aus 19 Männern und zwei Frauen.

12

Am 9. Dezember 2006 erfuhr die Klägerin von Dr. Mü, dass Herr R sein Nachfolger werden solle. Mit E-Mail vom 10. Dezember 2006 bat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ua. um schriftliche Präzisierung der geplanten Maßnahme und um Mitteilung, wie sich künftig die Stellung der Klägerin in der Betriebshierarchie und ihre Befugnisse darstellen sollten. Mit Aushang vom 10. Dezember 2006 informierte der Beklagte darüber, dass Herr Personalleiter R „mit sofortiger Wirkung zusätzlich zur Personalleitung der GD M die Personalleitung für die GD B und die Bezirksdirektionen“ übernehme.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2006 wies die Klägerin gegenüber dem Vorstandsmitglied Dr. H ua. darauf hin, dass ihr nicht klar sei, wie sich ihre Stellung in der Betriebshierarchie darstelle und mit welchen Verantwortlichkeiten sie ausgestattet bleibe und werde. Darüber hinaus sehe sie eine frauenspezifische Benachteiligung bei der Beförderungsentscheidung. Auch kämen auf der wirklichen Führungsebene Frauen nicht an, obwohl das Unternehmen weiblich dominiert sei.

14

Anlässlich eines Gespräches am 20. Dezember 2006 in B zwischen Herrn R, der Klägerin und den drei weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen der Personalverwaltung erläuterte Herr R, dass es künftig die Begriffe Personaldirektion und Personalverwaltung nicht mehr geben werde. Stattdessen existiere nur noch eine Personalabteilung, die aus der „Personalabteilung M“, die er leite, sowie aus der „Personalabteilung B“, welche die Klägerin leite, bestehe. Die Klägerin bat darum, ihr diese unveränderte hierarchische Einordnung schriftlich zu bestätigen, was Herr R zusagte.

15

Am Nachmittag dieses Tages äußerte Herr R in einem weiteren Gespräch mit der Klägerin, sie solle sich überlegen, wie sie ihre berufliche Zukunft sehe. Über dieses Gespräch hat die Klägerin einen Aktenvermerk gefertigt.

16

Das Mitglied des Vorstandes der Beklagten Dr. H teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. Januar 2007 ua. Folgendes mit:

        

„Der Vorstand hat entschieden, die Personaldirektion in ‚Personalabteilung‘ umzubenennen. ‚Personalabteilung‘ ist ein feststehender Begriff und für die Funktion in zahlreichen Unternehmen gebräuchlich.

        

Die fachliche und disziplinarische Leitung der Personalabteilung übernimmt der Personalleiter, Herr R.

        

Weiterhin hat der Vorstand entschieden, den Begriff ‚Personalverwaltung‘ abzuschaffen. Im Ergebnis gibt es innerhalb der GE eine Personalabteilung, welche zukünftig als Einheit GE-weit als Dienstleister tätig ist. Sie selbst sind innerhalb der Personalabteilung weiterhin als Abteilungsleiterin tätig. In dieser Funktion unterstehen Sie fachlich und disziplinarisch dem Personalleiter.

        

Die Besetzung der Position des Personalleiters durch Herrn R wurde ausschließlich aus fachlichen Erwägungen heraus getroffen. Gründe für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts sind nicht gegeben. ...

        

Ich fordere Sie daher auf, Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen und im Rahmen Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Weisungen Ihres Vorgesetzten, Herrn Personalleiter R, nachzukommen. Dies bedeutet insbesondere, die durch den Vorstand beschlossene neue Organisationsstruktur des Personalbereichs im Rahmen der mittelfristigen Unternehmensplanung aktiv unternehmensintern und -extern mit umzusetzen.“

17

Diesem Schreiben heftete ein Klebezettel von Herrn R an, wonach er den Inhalt mit Dr. Mü abgesprochen habe und keine arbeitsrechtlichen Bedenken bestünden.

18

Mit Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 6. Februar 2007 lies die Klägerin darauf hinweisen, dass sie als Frau diskriminiert worden sei. So erhalte sie insbesondere ein deutlich geringeres Gehalt als Herr R und sei bei dessen Beförderung diskriminierend übergangen worden. Auch seien ihre Kompetenzen und Befugnisse beschränkt worden. Gleichzeitig machte sie Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens geltend, den sie auch bezifferte. Hierauf antwortete die Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2007 ua., dass sich durch die Umbenennung der Personaldirektion in „Personalabteilung“ an der Position der Klägerin zunächst nichts verändere. Sie sei beauftragt mitzuteilen, dass derzeit unternehmensintern geprüft werde, ob aufgrund der vollzogenen Änderungen weitere Maßnahmen, insbesondere auch auf der Leitungsebene in M und B erforderlich seien. Die im Schreiben des Vorstandes vom 3. Januar 2007 enthaltene Anmahnung zur Einhaltung der vertraglichen Pflichten sei kein Vorwurf der Schlecht- bzw. Minderleistung. Es habe nur bedeutet, dass die Klägerin verpflichtet sei, innerhalb der bestehenden Hierarchie und Organisationsstrukturen ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und den Weisungen ihres direkten Vorgesetzten, Herrn R, nachzukommen.

19

Am 11. April 2007 traf sich in M eine Projektgruppe „Gehaltsbänder“, deren Lenkungsgremium die Klägerin angehörte. Die Einladungen der Teilnehmer waren mittels zweier E-Mails durch Frau Ha erfolgt. In den Adresszeilen waren ua. die Namen der Klägerin und des Herrn R aufgeführt. Auf die Äußerung der Klägerin: „Guten Morgen, Herr R“ erwiderte dieser den Gruß nicht, sondern entgegnete: „Was wollen Sie denn hier? Wer hat Sie denn eingeladen? Ich hätte Sie nicht eingeladen.“ Bei einem Treffen am nächsten Tag in B erläuterte Herr R seine Äußerungen dahingehend, dass die Klägerin an solchen Veranstaltungen künftig per Videokonferenz teilnehmen solle. Dies diene der Kostenersparnis und ihrem effizienteren Einsatz. Als die Klägerin entgegnete, dass sie eine weitere Teilnehmerin aus dem B Haus über die Möglichkeit der Videokonferenz unterrichten wolle, antwortete Herr R, dass dies etwas ganz anderes sei.

20

Nach Einreichung der Klage mit Schriftsatz vom 4. Mai 2007 (Klageeingang am selben Tage) fand am 22. August 2007 in M ein außergerichtliches Vergleichsgespräch statt. In dessen Verlauf äußerte Dr. Mü, die Klägerin solle sich genau überlegen, ob sie einen längeren Rechtsstreit durchstehen könne, weil solche Prozesse für Arbeitnehmer generell sehr belastend seien. Auch solle sie prüfen, ob sie das körperlich und seelisch aushalte. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte hierzu, ein längerer Prozess könne auch für die vom Beklagten benannten Zeugen unangenehm sein. Während dieses Wortwechsels erklärte Dr. Mü auch, seine Ausführungen erfolgten „off records“.

21

Mit Aushang vom 7. Januar 2008 machte der Beklagte bekannt, dass Herr R „Personalleiter der GD B, GD M und der Bezirksdirektionen“ mit Wirkung ab 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal ernannt“ wurde.

22

Bis zur Schließung der Bezirksdirektion Ha am 30. September 1997 war Frau W dort als Bezirksdirektorin beschäftigt. Sodann wurde ihr die Position einer Sachgebietsleiterin (organisatorisch unter dem Bezirksdirektor eingestuft) in der Bezirksdirektion N angeboten, welche sie auch annahm. Drei Monate später wurde dort die Position der Leitung der Bezirksdirektion an Herrn Ba, Direktor der Direktion Außendienst in der Generaldirektion M, ohne Ausschreibung neu vergeben.

23

Mit Anzeige vom 9. April 2005 suchte der Beklagte für den Standort D eine/n Bezirksdirektor/in. Bewerber/Bewerberinnen sollten über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verfügen. Die Bewerbung der Frau Gr, der dortigen stellvertretenden Bezirksdirektorin, fand keine Berücksichtigung, obwohl sie über das gewünschte Studium verfügte. Nachdem zum Bewerbungsgespräch nur männliche Bewerber eingeladen worden waren, wurde ein Bewerber eingestellt, der über kein Hochschulstudium verfügt, sondern staatlich geprüfter Betriebswirt ist.

24

Anlässlich einer Abteilungsvideokonferenz im April 2008 zwischen den Standorten B und M sprach Herr R auf einen Beitrag der Klägerin diese als „Frau C“ an. Nachdem die Klägerin klargestellt hatte, dass sie sich gemeldet hatte, antwortete dieser: „Na dann wird uns Frau K in einem halben Jahr mal über den Stand unterrichten“.

25

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie wegen ihres Geschlechts bei der Besetzung der Leitungsstelle der bundesweit tätigen Personaldirektion (später: Personalabteilung) des Beklagten im Dezember 2006 übergangen worden sei und dass sie vom Beklagten nach Wahrnehmung ihrer Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wiederum diskriminiert, insbesondere eingeschüchtert worden sei und ihr seitens des Beklagten Kompetenzen entzogen würden. Sie meint, Indiz für ihre Diskriminierung sei ua., dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht käme, Herr Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet habe: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr. Der will halt keine Frauen“. Ein weiteres Indiz ergebe sich aus dem zahlenmäßigen Vergleich der Zusammensetzung von Gesamtbelegschaft nach Geschlechtszugehörigkeit einerseits und der der Direktorenstellen andererseits. Unter Verwendung der konkreten Beschäftigungszahlen beim Beklagten und unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze für Wahrscheinlichkeitsrechnungen liege die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung einer Frau bei der Beförderung auf eine der Direktorenstellen zwischen 98,7 und 100 %. Die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung bei dem Beklagten ergebe sich auch aus den von ihr eingereichten Privatgutachten des Diplom-Mathematikers Sch vom 10. Mai 2008 und vom 26. Juli 2008. Weiteres Indiz sei die Nichtberücksichtigung von Frau S bei der Beförderung.

26

Auch sei sie durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 betriebsöffentlich erniedrigt worden. Für ihre Benachteiligung durch den Beklagten sei auch ihre Teilzeittätigkeit und damit mittelbar ihr Geschlecht verantwortlich gewesen. Für ihre Diskriminierung sprächen ferner Vorgänge, an denen sie als Leiterin der Personalverwaltung B - im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten - nicht beteiligt worden sei. Als Reaktion auf die Geltendmachung ihrer Rechte versuche der Beklagte, ihr Kompetenzen zu entziehen. Auch habe Herr R bei dem Gespräch am Nachmittag des 20. Dezember 2006 keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihr gerade wegen ihrer Berufung auf das AGG als nicht mehr möglich ansehe. Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 habe der Beklagte den falschen Eindruck erweckt, sie habe in der Vergangenheit ihre Pflichten nicht erfüllt.

27

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 Euro brutto zu zahlen,

        

3.    

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrages zu 1. und 2., den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft über die Vergütung des Herrn R (Gehalt bis 9. Dezember 2006) gleich dem Herrn R zu zahlen,

        

4.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Entschädigung nach dem Ermessen des Gerichts zu zahlen, mindestens jedoch 60.000,00 Euro,

        

5.    

soweit nicht durch die Anträge zu 2., 3. und 4. bereits ausgeglichen, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr im Zeitraum zwischen Dezember 2006 und Juli 2008 durch das Verhalten des Beklagten entstanden sind oder künftig entstehen werden aufgrund der Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 141 EGV, § 1 AGG) durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten sowie durch die sonstigen Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen, aufgrund der Verletzung der Gesundheit und aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts,

        

6.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr über die Höhe des Herrn R gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr jeweils bis Ablauf des ersten Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31. März 2009, Auskunft zu erteilen.

28

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

29

Er behauptet, Herr R sei Anfang 2000 beim Beklagten eingestellt worden, um die konzeptionelle Personalarbeit voranzutreiben. Er habe sich schon bei seinen früheren Arbeitgebern im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit einen Namen gemacht. Dies ergebe sich auch aus seinen Zeugnissen. Herr R habe ab dem Jahre 2000 für den Beklagten schwerpunktmäßig konzeptionelle Personalarbeit erbracht und ein Personalentwicklungskonzept erarbeitet, welches dem Vorstand mit Schreiben vom 1. September 2000 zugeleitet worden sei, der die Umsetzung befürwortet habe. Die Klägerin habe demgegenüber keine Erfahrungen in der Erarbeitung von strategischen, konzeptionellen Personalprojekten. Die Vorkenntnisse und Erfahrungen des Herrn R seien nicht nur für die ursprüngliche Einstellung, sondern auch für die Beförderung im Dezember 2006 maßgeblich gewesen. Schon von der Ausbildung, der sonstigen Vorbildung und den Kenntnissen her seien er und die Klägerin nicht vergleichbar. Daher sei die Klägerin als Bewerberin bei der Beförderung im Dezember 2006 schon objektiv nicht geeignet gewesen. Zwar habe ein konkretes Anforderungsprofil nicht schriftlich vorgelegen, doch habe bei den Entscheidungsträgern Einverständnis darüber bestanden, dass der neue Personalleiter Berufserfahrung in der strategischen, konzeptionellen Personalarbeit und ein einschlägiges Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen oder ein juristisches Studium aufweisen müsse.

30

Ziel des Aushanges vom 10. Dezember 2006 sei es gewesen, die Umbenennung der Personaldirektion in Personalabteilung und die Übernahme der ehemals von Dr. Mü ausgeführten Arbeiten durch Herrn R mitzuteilen. Die Position der Klägerin als Leiterin der Personalverwaltung B sei hierdurch nicht berührt worden, insbesondere seien ihr keine Kompetenzen entzogen worden. Der Aushang sei insofern allenfalls missverständlich, jedenfalls nicht diskriminierend.

31

Soweit mit dem Schreiben der damaligen Beklagtenvertreterin vom 8. Februar 2007 weitere Maßnahmen angedeutet worden seien, sei dies Ausdruck der unternehmerischen Freiheit. Im Übrigen sei dieses Schreiben dem Beklagten im Sinne des Diskriminierungsrechts nicht zuzurechnen, da die Rechtsanwältin als Dritte gehandelt habe.

32

Die Teilnahme der Klägerin am 11. April 2007 am Treffen der Projektgruppe „Gehaltsbänder“ sei nicht notwendig gewesen. Dies zeige sich schon an ihren geringen Wortmeldungen. Es sei auch darum gegangen, die Notwendigkeit von Dienstreisen genau zu prüfen. Die Nachfrage von Herrn R beruhe darauf, dass er über die Einladung der Klägerin nicht informiert gewesen sei.

33

Bei der Nichtberücksichtigung von Frau Gr bei Bewerbungsverfahren für den Standort D im Jahre 2005 habe der ausgewählte Kandidat in dieser größten Bezirksdirektion Impulse für andere Bezirke geben sollen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse seien intern nicht vorhanden gewesen. Insbesondere habe Frau Gr über keine Erfahrung im externen Bereich verfügt. Das von der Klägerin vorgelegte Zahlenmaterial zum Verhältnis weibliche/männliche Mitarbeiter beim Beklagten allein sei nicht geeignet, den Nachweis einer Diskriminierung zu erbringen. Vorliegend sei schon nicht ersichtlich, wie viele Männer und/oder Frauen sich jeweils zu früheren Zeiten beworben hätten.

34

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zunächst hat das Landesarbeitsgericht mit Teilurteil vom 30. Juli 2008 die Berufung der Klägerin insoweit zurückgewiesen als sie sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung der Differenz zur Vergütung des Herrn R für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 9. Dezember 2006 gerichtet hatte. Einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung der Gehaltsdifferenz unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots hat das Landesarbeitsgericht verneint, weil die Klägerin keine der Tätigkeit des Mitarbeiters R gleichwertige Arbeit geleistet habe. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht gesehen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten durch Schlussurteil zur Zahlung der Differenz zwischen der Vergütung der Klägerin und der des Herrn R vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 in Höhe von insgesamt 28.214,66 Euro brutto und zeitlich unbegrenzt für die Zukunft zur Zahlung von monatlich 1.467,86 Euro brutto verurteilt. Darüber hinaus hat es den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro und zur künftigen Auskunftserteilung über die Höhe des Herrn R jeweils für das vergangene Jahr gezahlten variablen Entgelts verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der teilweise vom Landesarbeitsgericht und teilweise vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Klageabweisung in vollem Umfange. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision und Hilfsanschlussrevision im Wesentlichen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter und beantragt im Übrigen die Zurückweisung der Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

35

Die Revisionen und die Anschlussrevision sind begründet.

36

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei der Klägerin nach § 15 Abs. 1 AGG zum Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 verpflichtet, weil er sie bei der Besetzung einer Beförderungsstelle im Dezember 2006 wegen ihres Geschlechts benachteiligt habe. Die Klägerin habe mit der vorgelegten Statistik über das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Belegschaft des Beklagten einerseits und dem Frauenanteil in oberen Führungspositionen andererseits Indizien dargelegt, welche ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten ließen. Als ausreichendes Indiz iSd. § 22 AGG für die Geschlechterdiskriminierung bei der Beförderung genüge, dass beim Beklagten alle 27 Führungspositionen mit Männern besetzt seien, obwohl Frauen 2/3 der Belegschaft stellten. Dies könne nicht darauf beruhen, dass Familie und Beruf schwer vereinbar seien, weil dies sich nur darauf auswirke, ob eine Frau sich überhaupt für die Berufstätigkeit entscheide, nicht jedoch darauf, welche Hierarchiestufe sie erreiche. Aus signifikanten Zuständen der Vergangenheit, dass nämlich auch Frau G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und dass es seit 1976 keine weitere Direktorin, Bezirksdirektorin oder Vorstandsfrau beim Beklagten gebe, könne auf die Gegenwart geschlossen werden. Demgegenüber sei dem Beklagten nicht der Nachweis gelungen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen habe. Insbesondere sei sein Vortrag, es sei bei den wesentlichen Entscheidungsträgern klar gewesen, dass Voraussetzung für die streitgegenständliche Beförderung ein einschlägiges juristisches oder ein Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen sowie Kenntnisse und Erfahrungen in der Personalentwicklungsarbeit sei, unsubstantiiert. Da der Beklagte seine Auswahlkriterien vorab nicht nach außen dokumentiert habe, könne er sich auch nicht mehr auf diese berufen. Dies gelte auch, soweit er damit die mangelnde objektive Eignung der Klägerin begründen wolle. Von der mangelnden Eignung der Klägerin könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil diese wie Herr R bereits zuvor die Personalverwaltung einer Generaldirektion geleitet habe. Bei diskriminierungsfreier Auswahl wäre die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin gewesen. Die Höhe des materiellen Schadensersatzes entspreche der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Vergütung und der Vergütung, die auf der höherwertigen Stelle gezahlt werde. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe und für ein Mitverschulden der Klägerin lägen nicht vor.

37

Die Klage auf Zahlung der künftigen Gehaltsdifferenzen iHv. monatlich 1.467,86 Euro brutto sei zulässig und begründet, weil die Besorgnis bestehe, dass der Beklagte die Zahlung nicht freiwillig erbringen werde. Dieser Anspruch sei zeitlich unbegrenzt, weil die Rechtsgedanken der § 628 BGB, §§ 9, 10 KSchG hier nicht einschlägig seien. Aus denselben Erwägungen sei auch die Klage auf Auskunft über die Höhe des an Herrn R gezahlten variablen Entgelts begründet.

38

Ferner sei der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 20.000,00 Euro wegen einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts, Art. 1, 2 GG iVm. § 823 BGB, zu zahlen. Sie sei bei der Beförderung wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden, weshalb eine Entschädigung iHv. 4.000,00 Euro gerechtfertigt und angemessen sei. Schließlich werde die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck des Kompetenzentzuges durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 und eine Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung wehre, herabgewürdigt und bewusst unter Druck gesetzt. Dies zeige die Bemerkung des Herrn R vom 20. Dezember 2006, dass die Klägerin über ihre berufliche Zukunft nachdenken solle, und das Schreiben vom 3. Januar 2007, in dem sie aufgefordert wurde, zukünftig ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und der daran befindliche Klebezettel. Dafür spreche auch das Schreiben vom 8. Februar 2007, in dem Überlegungen zu Änderungen auf der Leitungsebene angekündigt wurden, das Verhalten des Herrn R am 11. April 2007 und bei der Videokonferenz im April 2008 sowie der Einschüchterungsversuch des Herrn Dr. Mü beim außergerichtlichen Vergleichsgespräch am 22. August 2007. Die entsprechenden Verhaltensweisen seien auch dem Beklagten zuzurechnen. Für die zeitlich der unterbliebenen Beförderung nachfolgenden Handlungen sei eine Entschädigung von 16.000,00 Euro gerechtfertigt. Der darüber hinausgehende, von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch stehe ihr nicht zu.

39

Der geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten für die der Klägerin bis Juli 2008 entstandenen materiellen und immateriellen Schäden sei in großen Teilen unzulässig, weil nicht ersichtlich sei, welche weiteren materiellen und immateriellen Ansprüche über die bereits geltend gemachten hinaus in Betracht kommen könnten.

40

B. Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

41

I. Die Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen ist zwar zulässig, aber nicht zur Endentscheidung reif.

42

1. Die Klage ist ausreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus den in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 eingereichten Vergütungstabellen, in deren Kontext der Antrag erstmals beziffert worden ist, ergibt sich, dass er sich auf entgangenen Mehrverdienst für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Juli 2008 bezieht und die dem Mitarbeiter R im Jahre 2007 gezahlte variable Vergütung in Höhe von 8.291,00 Euro enthält. Auch der Übergang von der Stufenklage zur bezifferten Zahlungsklage in der zweiten Instanz war zulässig. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es sich hierbei nicht um eine Klageänderung gehandelt hat (vgl. BGH 21. Februar 1991 - III ZR 169/88 - NJW 1991, 1893).

43

2. Den Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen hat das Landesarbeitsgericht mit einer Begründung bejaht, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält.

44

a) Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist. Gem. § 33 AGG ist auf mögliche Benachteiligungen eines Beschäftigten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, welche seit dem 18. August 2006 stattgefunden haben, das AGG anzuwenden. Die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der streitbefangenen Personalentscheidung erfolgte nicht vor dem 9. Dezember 2006 und damit nach dem 17. August 2006.

45

b) Die Klägerin ist Beschäftigte iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, ohne dass es hierfür darauf ankäme, ob sie für die Position der Leiterin der übergeordneten Personalabteilung objektiv geeignet war. Die objektive Eignung eines Bewerbers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG(Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

46

c) Die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und die dreimonatige des § 61b Abs. 1 ArbGG für die schriftliche und die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs sind durch das Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 2007, dem Beklagten spätestens am 8. Februar 2007 zugegangen, und die am 4. Mai 2007 eingegangene Klage gewahrt. Dabei kann offenbleiben, ob § 61b Abs. 1 ArbGG Schadensersatzansprüche gem. § 15 Abs. 1 AGG überhaupt erfasst. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der Klägerin am 9. Dezember 2006 telefonisch mitgeteilt, dass der Mitarbeiter R definitiv Nachfolger des Personaldirektors Dr. Mü werde. Damit begann die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 ArbGG erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen, § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG.

47

d) Ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass der Anspruchsgegner gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verstoßen hat(vgl. Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1 zum Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG).

48

Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, warum die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der Übertragung der Aufgaben des Dr. Mü auf einen Nachfolger eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts (§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG) darstellt, folgt der Senat nicht.

49

aa) Die Klägerin macht geltend, sie sei deshalb nicht Nachfolgerin des Dr. Mü geworden, weil sie eine Frau sei.

50

Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt dann vor, wenn die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpft(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Anknüpfung verdeckt oder offen erfolgt. Eine verdeckte Diskriminierung ist nicht stets eine mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Benachteiligung können offen oder verdeckt erfolgen, je nachdem, ob direkt an ein verbotenes (unmittelbare Diskriminierung) bzw. nur dem Anschein nach neutrales Merkmal (mittelbare Diskriminierung) offen oder verdeckt angeknüpft wird (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 14; Richardi NZA 2006, 881). Die Frage, ob es sich bei verdeckter Diskriminierung in Form von tatsächlich unmittelbar an das Geschlecht anknüpfenden Beförderungsentscheidungen um eine mittelbare oder eine unmittelbare Diskriminierung handelt, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.

51

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nämlich letztlich nicht darauf an, ob eine verdeckte Benachteiligung eine mittelbare oder eine unmittelbare Benachteiligung darstellt, weil die Beweislastregel des § 22 AGG allgemein für Benachteiligungen iSd. AGG und damit entsprechend der Vorgabe des Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) (im Folgenden: RL 2006/54/EG) sowohl für eine unmittelbare als auch für eine mittelbare Diskriminierung gilt.

52

bb) Zutreffend kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ungünstiger behandelt worden ist als der Mitarbeiter R, dem als Nachfolger von Dr. Mü die Leitung der Personalabteilung übertragen worden ist. In dieser Maßnahme des Beklagten lag eine Beförderung, die nach dem anzulegenden objektiven Maßstab vorteilhaft war. Die Übertragung höherwertiger oder verantwortungsvollerer Tätigkeiten stellt grundsätzlich eine günstige Behandlung in Form des beruflichen Aufstiegs dar. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Streitfalle - einem Arbeitnehmer Funktionen eines Mitarbeiters übertragen werden, der auf einer höheren Hierarchiestufe angesiedelt war. Dr. Mü war als Personaldirektor auf der Ebene der Direktoren angesiedelt. Dementsprechend wurde auch der Mitarbeiter R nach Übertragung der von jenem ausgeübten Tätigkeiten zum 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal“ ernannt.

53

Für die Annahme einer Benachteiligung der Klägerin ist es unmaßgeblich, dass sie sich für die Position des Personalleiters nicht beworben hatte. Eine Benachteiligung iSd. § 3 AGG kann auch vorliegen, wenn eine Bewerbung deshalb unterblieben ist, weil der Arbeitgeber - wie im Streitfalle - seine Auswahl ohne eine Ausschreibung der Stelle oder eine Aufforderung zu Bewerbungen getroffen hat.

54

cc) Ebenfalls zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Klägerin sei in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt worden als der Mitarbeiter R.

55

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass die Klägerin objektiv für die Position der Leiterin der Personalabteilung geeignet war, denn vergleichbar(nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (Bestätigung und Fortführung von: Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt.

56

Das Landesarbeitsgericht hat die objektive Eignung der Klägerin mit einer Hauptbegründung und einer Hilfsbegründung bejaht. Zumindest letztere hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

57

So geht das Landesarbeitsgericht in dieser davon aus, dass von der objektiven Eignung der Klägerin für die Leitung der Personalabteilung vor dem Hintergrund ihrer bisherigen Tätigkeit ausgegangen werden müsse. Ob dieses Merkmal, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, nur dann zu verneinen ist, wenn die Eignung offensichtlich fehlt, braucht ebenso wenig entschieden zu werden wie die Anwendbarkeit der Beweislastregel des § 22 AGG in diesem Zusammenhang. Der Beklagte wäre bereits nach den allgemeinen Grundsätzen des § 138 ZPO gehalten gewesen darzulegen, inwiefern die Klägerin objektiv für die Position der übergeordneten Personalleitung nicht geeignet war. Sie war unstreitig seit 1995 stellvertretende Leiterin der Personalverwaltung der Generaldirektion B mit 340 Mitarbeitern, leitete diese Ende der 1990er-Jahre bereits für fünf Monate faktisch, übernahm jedenfalls ab 2003 die Aufgaben der Leitung offiziell und wurde zum 1. Januar 2006 zur Abteilungsleiterin der Generaldirektion B ernannt. Sie war dabei im gleichen Umfange wie ihr Kollege R zeichnungsberechtigt und nahm klassische Aufgaben der Personalleitung, wie etwa die Durchführung von Bewerbungsgesprächen, das Verfassen von Abmahnungen oder die Fertigung von Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen wahr. Sowohl bei früheren Arbeitgebern als auch bei dem Beklagten führte sie Tätigkeiten durch, welche dem Bereich der Personalentwicklung zuzuordnen waren. Bei dieser Sachlage hätte es dem Beklagten oblegen, im Einzelnen darzutun, inwieweit sich die bisher von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten von denen unterscheiden, die ihr Kollege R bislang erledigt hatte, und welche weiteren fachlichen und/oder persönlichen Anforderungen der Mitarbeiter R im Gegensatz zur Klägerin erfüllte. Der Beklagte hat sich aber nur abstrakt darauf berufen, Voraussetzungen für die Leitung der Personalabteilung seien ein einschlägiges Universitätsstudium und Vorkenntnisse im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit gewesen. Hinsichtlich der anfallenden Tätigkeiten führt er nur aus, der Personalleiter agiere als Bindeglied zum Vorstand und berate diesen rechtlich. Weiter obliege ihm die mittelfristige Unternehmensplanung im Hinblick auf die Personalstrategie sowie die alleinige konzeptionelle Verantwortung. Dies ist im Hinblick auf die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und die Kenntnisse des Stelleninhabers nicht aussagekräftig. Auch erläutert der Beklagte nicht eindeutig, was er unter „moderner“ oder „strategisch konzeptioneller“ Personalarbeit versteht, die nach seinem Vortrag vor der Einstellung des Dr. Mü im Jahre 1999 bei ihm nicht stattgefunden hat.

58

dd) Die Eignung der Klägerin ist auch nicht infolge des Teilurteils des Landesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2008 zu verneinen. Mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Februar 2009 (- 5 AZN 1023/08 -) ist das Teilurteil formell rechtskräftig geworden, weil die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde kein Rechtsmittel darstellt und den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft nicht hemmt (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 735/00 - AP ZPO § 322 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 166). Der ausschlaggebende, die Klageabweisung tragende Grund wird Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und ist nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BGH 24. Juni 1993 - III ZR 43/92 - NJW 1993, 3204). Auch wenn insofern die tatsächlichen Feststellungen nicht an der Rechtskraft der gefällten Entscheidung teilhaben, darf diese nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen. Zu den Rechtskraftwirkungen gehört deshalb die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, welche zu einer Abweichung von einer rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen (BGH 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967). Die Feststellung im Teilurteil, die Positionen, auf welche die Klägerin einerseits und der Mitarbeiter R andererseits ursprünglich eingestellt worden seien, seien nicht auf der gleichen Hierarchiestufe angesiedelt gewesen, sagt jedoch über die objektive Eignung der Klägerin für die im Dezember 2006 besetzte Beförderungsstelle nichts aus. Gleiches gilt für die unterschiedliche Qualität der jeweils absolvierten Ausbildungen, von der das Teilurteil ausgeht, und wegen der es ua. auch die Gleichwertigkeit der bisherigen Tätigkeiten der Klägerin und des Mitarbeiters R verneint hat. Es ist nämlich unklar, welche zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten die Beförderungsstelle erfordert.

59

ee) Die Verfahrensrüge des Beklagten gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Eignung der Klägerin greift nicht durch. Auch soweit er die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO für verletzt hält, weil das Landesarbeitsgericht seinen Vortrag als unsubstantiiert angesehen und keinen Beweis erhoben habe, ohne vorher von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen, ist die Verfahrensrüge ebenfalls unbegründet. Von einer Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat insoweit gem. § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG ab.

60

ff) Erfolg hat jedoch die Rüge des Beklagten gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Benachteiligung der Klägerin sei wegen ihres Geschlechts erfolgt.

61

Eine unzulässige Benachteiligung nach § 7 AGG kann bereits dann vorliegen, wenn einer der in § 1 AGG genannten Gründe, zu denen auch das Geschlecht zählt, Bestandteil eines Motivbündels war, das die streitbefangene Entscheidung beeinflusst hat(st. Rspr., vgl. Senat 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

62

Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann eine solche Mitursächlichkeit nicht angenommen werden.

63

Der Beklagte rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe § 286 ZPO durch die Annahme verletzt, bereits das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis in seiner Belegschaft einerseits und die ausschließlich männliche Besetzung von 27 Positionen auf der Ebene des Vorstandes, der Direktoren und der Bezirksdirektoren andererseits sei ein ausreichendes Indiz dafür, dass das Geschlecht der Klägerin(auch) Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei.

64

Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, ob die Klägerin Tatsachen vorgetragen hat, die ihre Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG vermuten lassen(§ 22 AGG), ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei beachtet worden sind (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

65

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

66

Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6). Die Würdigung, ob der Anspruchssteller der durch § 22 AGG modifizierten Darlegungslast genügt hat, unterliegt damit ebenso der freien Überzeugung des Tatsachengerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO wie dies hinsichtlich der Erbringung des „Vollbeweises“ durch die darlegungs- und beweispflichtige Partei der Fall ist(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

67

Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.

68

Zunächst ist dessen Annahme, dass sich auch aus Statistiken grundsätzlich Indizien für eine Geschlechterdiskriminierung ergeben können, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. So weist bereits die Gesetzesbegründung zu § 22 AGG ausdrücklich darauf hin, dass „auch die Ergebnisse von Statistiken … im Rahmen der richterlichen Würdigung des Sachverhalts einen tatsächlichen Anhaltspunkt“ für eine Benachteiligung „darstellen können“(BT-Drucks. 16/1780 S. 47). Eine Begrenzung auf Fälle mittelbarer Diskriminierung ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen und auch nicht geboten. Ausreichend sind nämlich für die Vermutungswirkung des § 22 AGG solche Indizien, die aus einem regelhaft einem Merkmalsträger gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen(mit) motivierte Entscheidung schließen lassen (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Eine Vermutung für ein derartig regelhaftes Verhalten kann sich aus statistischen Daten aber nur dann ergeben, wenn sie sich konkret auf den betreffenden Arbeitgeber beziehen und im Hinblick auf dessen Verhalten aussagekräftig sind. Gegen die Berücksichtigung von Statistiken im Rahmen des § 22 AGG spricht nicht, dass damit möglicherweise von in der Vergangenheit erfolgten Diskriminierungen auf die Gegenwart geschlossen wird. Ein regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübtes Verhalten kann nämlich gerade nur durch die Betrachtung der Vergangenheit ausgemacht werden. Auch in der Literatur wird ganz überwiegend angenommen, dass aussagekräftige Statistiken im Rahmen des § 22 AGG eine Rolle spielen können(Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 25; Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 30; Rühl/Schmid/Viethen AGG S. 169; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 29; Boemke/Dankow AGG im Arbeitsrecht § 10 Rn. 14; Grobys NZA 2006, 898; Windel RdA 2007, 1; Bauer/Evers NZA 2006, 893; Bayreuther NJW 2009, 806; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 11; Dahm BB 2010, 1792).

69

Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2005 (- 3 AZR 506/04 - BAGE 116, 152 = AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 13 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 19). Dort wird die Heranziehung von Statistiken nicht generell abgelehnt, sondern vorgelegtes Datenmaterial für die Vermutung der behaupteten Diskriminierung als nicht hinreichend aussagekräftig bewertet.

70

Die Klägerin macht als unmittelbares Indiz für ihre Benachteiligung eine „gläserne Decke“ zwischen der Hierarchieebene, auf der sie tätig ist (Abteilungsleiterebene), und derjenigen, auf die sie bei benachteiligungsfreier Auswahl nach ihrer Meinung hätte aufsteigen müssen (Direktorenebene), geltend. Damit behauptet sie, dass Frauen regelhaft nicht in bestimmte Hierarchieebenen des Beklagten aufsteigen können. Darüber, ob eine solche Vermutung begründet ist, kann nur die statistische Betrachtung der Beförderungspolitik des Arbeitgebers Aufschluss geben, soweit sie die fraglichen Hierarchieebenen betrifft.

71

Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze berücksichtigt. Es hat aus der Besetzung der Positionen auf der Ebene oberhalb der Abteilungsdirektoren mit Männern und Frauen im Verhältnis zum Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft darauf geschlossen, dass der unstreitig weit unterdurchschnittliche Frauenanteil in den oberen Führungsebenen des Beklagten auf einer „gläsernen Decke“ beruhe. Daraus hat das Berufungsgericht auf eine regelhafte Benachteiligung von Frauen wegen des Geschlechts in der Vergangenheit geschlossen. Allein das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Gesamtbelegschaft und dem in oberen Führungspositionen lässt allerdings einen Rückschluss auf die Ungleichbehandlung von Frauen beim beruflichen Aufstieg in bestimmte Hierarchieebenen eines Unternehmens nicht zu. Der Schluss auf eine regelhafte Nichtberücksichtigung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen macht zwar nicht erforderlich, dass vom Bewerber im Rahmen der Darlegung von Indizien (§ 22 Halbs. 1 AGG) oder vom Arbeitgeber im Rahmen der Vermutungswiderlegung (§ 22 Halbs. 2 AGG) alle konkreten Bewerbersituationen bei den bisherigen Beförderungsentscheidungen dargelegt werden. Eine Benachteiligung kann nämlich auch gerade in der Gestaltung des dem Bewerbungsverfahren zeitlich vorgelagerten Verfahrens liegen (vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276). Um beurteilen zu können, ob signifikant weniger Frauen als Männer die Hierarchiestufe oberhalb einer angenommenen „gläsernen Decke“ erreichen, bedarf es allerdings der Feststellung, wie viele Frauen überhaupt unterhalb dieser angekommen sind. Darüber gibt der Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft keinen Aufschluss.

72

Es ist nicht frei von Denkfehlern, wenn das Landesarbeitsgericht ergänzend zu dem Gesamtanteil an der Belegschaft darauf abstellt, bei dem Beklagten wäre mit einem Frauenanteil von 44 % auf den Ebenen vom Abteilungsdirektor abwärts bis zu den sonstigen AT-Beschäftigen „ein genügend großes Reservoire zur Beförderung auch von Frauen“ vorhanden gewesen. Hierfür müsste nämlich feststehen, welche Positionen auf den Ebenen „Abteilungsdirektor aufwärts“ im Einzelnen existieren und von welchen Positionen darunter liegender Ebenen tatsächlich eine Beförderung dorthin denkbar war und ist. So wird beispielsweise die Personalleiterin einer Generaldirektion üblicherweise nicht auf die Position einer Marketingdirektorin befördert. Auch ansonsten besteht nicht für jeden Inhaber einer Position einer niedereren Ebene objektiv betrachtet eine Beförderungsmöglichkeit auf eine höhere Ebene.

73

Selbst unter der Prämisse, es existiere aufgrund des Frauenanteils beim Beklagten tatsächlich ein Reservoire für Beförderungen von Frauen auf die Führungsebenen oberhalb der behaupteten „gläsernen Decke“, berücksichtigt das Landesarbeitsgericht in seiner Annahme, es bestehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine „gläserne Decke“, nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände. Als mögliche Gründe für die mangelnde Repräsentation von Frauen oberhalb einer bestimmten Ebene geht das Landesarbeitsgericht nämlich im Ergebnis nur von echtem Zufall oder einer diskriminierenden Haltung des Beklagten aus. So wertet es den Einwand des Beklagten, zahlreiche Direktoren hätten Betriebszugehörigkeiten von mehr als 30 Jahren, lediglich als Eingeständnis, in der Vergangenheit sei möglicherweise „eine Politik der Benachteiligung von Frauen“ vorhanden gewesen. Allein die Tatsache, dass bei einem Arbeitgeber in Führungspositionen zahlreiche Männer mit sehr langen Betriebszugehörigkeiten arbeiten, begründet ohne weitere Anhaltspunkte nicht die Vermutung für eine frühere diskriminierende Haltung des Arbeitgebers gegenüber Frauen.

74

Soweit das Landesarbeitsgericht die gesellschaftlichen Verhältnisse bei seiner Würdigung der Geschlechterverteilung nicht berücksichtigen will, hält auch dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht übersieht dabei, dass ein Arbeitgeber gar nicht in der Lage, geschweige denn verpflichtet ist, gesellschaftliche Gegebenheiten, die der Erwerbstätigkeit und/oder dem beruflichen Aufstieg von Frauen entgegenstehen, durch seine Personalpolitik auszugleichen. Insoweit widerspricht es allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Berufungsgericht annimmt, die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne sich nicht auf den Anteil von Männern und Frauen in höheren Hierarchieebenen auswirken, weil damit allenfalls erklärt werde, dass Frauen sich generell nicht im selben Maße wie Männer für eine Berufstätigkeit entscheiden. Es entspricht vielmehr allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein beruflicher Aufstieg häufig eine nicht unerhebliche Flexibilität voraussetzt (zB Bereitschaft zur Leistung von Überstunden, Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen und Tagungen, Durchführung von Dienstreisen und Versetzungsbereitschaft an andere Standorte), welche sich mit der häufig von Frauen ausschließlich oder überwiegend wahrgenommenen Kindererziehung nicht oder nur schlecht vereinbaren lässt, und die auf niedrigeren Hierarchiestufen nicht in gleichem Maße gefordert wird. Auch wirken sich längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit wegen Arbeitsfreistellungen infolge von Schwangerschaft, Mutterschutz und (bislang überwiegend von Frauen in Anspruch genommener) Elternzeit negativ auf die Chancen zum beruflichen Aufstieg aus, obwohl der Arbeitsplatz als solcher während dieser Zeiten der Arbeitnehmerin grundsätzlich garantiert ist. Dabei müssen solche Aufstiegsvoraussetzungen bzw. „-hindernisse“ durchaus nicht ihrerseits immer verbotene Diskriminierungen von Arbeitnehmerinnen darstellen. Häufig könne diese iSd. § 3 Abs. 2 AGG sachlich gerechtfertigt oder in Einzelfällen sogar nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig sein.

75

Dass nicht die genannten Faktoren, sondern eine regelhaft diskriminierende Beförderungspolitik des Beklagten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Grund für die fehlende Repräsentation von Frauen auf den Führungsebenen der Beklagten ist, ist auch nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angeführten Vergleichszahlen anderer Unternehmen zu folgern. Der Vergleich des Anteils von Frauen auf Führungspositionen bei anderen Unternehmen stellt kein Indiz für das Vorliegen einer „gläsernen Decke“ beim Beklagten dar. Es fehlt insoweit an vergleichbarem und damit aussagekräftigem Tatsachenmaterial. Insbesondere soweit das Berufungsgericht zum Vergleich den hohen Anteil von weiblichen Führungskräften bei privaten Banken, im Gesundheits- und Sozialwesen, in der privaten Dienstleistungsbranche und bei obersten Bundesbehörden anführt, ist festzustellen, dass der Beklagte als Verwertungsgesellschaft urheberrechtlicher Nutzungsrechte an Musikwerken grundsätzlich andere Aufgaben wahrnimmt als die vom Landesarbeitsgericht zum Vergleich herangezogenen Unternehmen und es somit an einer Vergleichbarkeit der Branchen fehlt. In der Regel muss nämlich nach Vergleichszahlen in der jeweils vergleichbaren Branche und Berufsgruppe gefragt werden (Bayreuther NJW 2009, 806). Selbst bei Heranziehung von Vergleichszahlen aus derselben Branche zeigen diese nur, welcher Frauenanteil dort üblich ist. Für die Vermutung, dass im hier zu entscheidenden Einzelfalle eine Frauendiskriminierung vorliegt, reicht dies aber nicht aus. Es fehlt sowohl an der Üblichkeit als auch an irgendwelchen rechtlichen Vorgaben dafür, dass auf allen Hierarchieebenen eines Unternehmens eine annähernd gleiche Verteilung der Geschlechter vorliegen muss. Dazu sind die Tätigkeiten in Führungspositionen und solche in unteren Ebenen (zB Produktion, Verwaltung) zu unterschiedlich. Dies gilt vor allem auch hinsichtlich des Anforderungsprofils, das an die Stelleninhaber zu stellen ist.

76

Da das AGG bei der Überprüfung von Beförderungsentscheidungen auf den Einzelfall abstellt, genügt es im Regelfall auch nicht für ein „Indiz“ iSd. § 22 AGG, wenn lediglich „auffällige Ungleichgewichte“ beim Frauenanteil in verschiedenen Hierarchieebenen eines Unternehmens vom Anspruchssteller anhand von Statistiken bewiesen sind(vgl. auch Wendeling-Schröder FS Pfarr S. 158). Für die Annahme einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen bedarf es über die bloße Statistik hinaus weiterer Anhaltspunkte.

77

Zudem ist unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahlenangaben des Landesarbeitsgerichts beziehen und inwieweit der vom Landesarbeitsgericht verwendete Begriff der „Führungsposition“ mit den streitbefangenen „Führungspositionen“ beim Beklagten vergleichbar ist. Gleiches gilt, soweit das Landesarbeitsgericht ganz allgemein auf den Frauenanteil in „Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten“ oder auf „Großunternehmen (mindestens 20 Mio. € Jahresumsatz und/oder über 200 Beschäftigte)“ abstellt.

78

Die Frage, ob eine „gläserne Decke“ die Vermutung für eine Benachteiligung der Klägerin iSd. § 22 AGG begründen kann, oder unter welchen Voraussetzungen auf das Vorliegen einer solchen zu schließen ist, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Fragen sind zwar entscheidungserheblich, betreffen aber nicht die Auslegung von Gemeinschaftsrecht. Vielmehr stellt die Beweiswürdigung iSd. § 22 AGG durch das nationale Gericht ausschließlich die Anwendung nationalen Rechts dar, die durch das Gemeinschaftsrecht gerade keine Regelung erfahren hat und damit dem nationalen Gericht vorbehalten bleibt. Art. 19 Abs. 1 der RL 2006/54/EG bestimmt, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem System ihrer nationalen Gerichtsbarkeit die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, nach denen dann, wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Der Erfüllung dieser europarechtlichen Vorgabe dient § 22 AGG. Wann das nationale Gericht eine glaubhaft gemachte Tatsache als ausreichendes Indiz für die behauptete Diskriminierung anzusehen hat, ist nicht Regelungsgegenstand der RL 2006/54/EG. Dies macht Nr. 30 der Erwägungen zur Richtlinie deutlich. Dort heißt es: „Es ist jedoch klarzustellen, dass die Bewertung der Tatsachen, die das Vorliegen einer mittelbaren oder unmittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, weiterhin der einschlägigen einzelstaatlichen Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten obliegt“.

79

Auch die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt hilfsweise an, die fehlende weibliche Besetzung von Führungspositionen zusammen mit der Tatsache, dass der früheren Mitarbeiterin G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und es seit 1976 keine weitere Direktorin mehr bei dem Beklagten gegeben habe, lasse es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass das Geschlecht der Klägerin Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei. Bei dieser Würdigung lässt das Landesarbeitsgericht wesentliche Umstände außer Betracht. Wie dargelegt kommt allein dem Anteil der Frauen in der Ebene oberhalb der Abteilungsleiter nicht die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutungswirkung zu. Die Tatsache, dass seit 30 Jahren bei dem Beklagten keine Frau Direktorin war, hat ohne Zahlenmaterial darüber, ob und ggf. in welchem Umfange es externe oder interne Bewerbungen von Frauen oder im Betrieb für die Beförderungsstelle geeignete Mitarbeiterinnen gegeben hat, keine Aussagekraft. Es kann nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht vermutet werden, dass in den vergangenen 30 Jahren so viele geeignete Mitarbeiterinnen zur Verfügung gestanden haben, dass die mangelnde Besetzung von Direktorenstellen mit Frauen auf Diskriminierungen beruht hat. Auch insoweit hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht gesellschaftliche Faktoren nicht in seine Würdigung mit einbezogen.

80

Die nur kommissarische Übertragung der Funktion der Personaldirektorin auf die frühere Mitarbeiterin G in den 1990er-Jahren entfaltet keine Vermutungswirkung für eine „gläsernen Decke“. Als Indiz iSd. § 22 AGG für ein generell frauenfeindliches Umfeld ist diese, über zehn Jahre zurückliegende nur kommissarische Übertragung der Direktorenposition auf die Mitarbeiterin G nicht geeignet.

81

3. Die Verletzung des § 22 AGG iVm. § 286 Abs. 1 ZPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils(§ 563 ZPO), weil dieses sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO).

82

a) Das Urteil erweist sich nicht deshalb als zutreffend, weil etwa Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Beförderung des Mitarbeiters R unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung und der dadurch möglicherweise bedingten geringeren Kenntnisse und Erfahrungen in der konzeptionellen Personalarbeit benachteiligt worden ist. Insbesondere kann die Übertragung der Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit auf den Mitarbeiter R statt auf die Klägerin im Januar 2000 nicht darauf beruht haben, dass die Klägerin teilzeitbeschäftigt war. Ihre Arbeitszeitverringerung erfolgte nämlich nach der bindenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts erst ab Mai 2001. Soweit der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, die Klägerin habe wegen ihrer Teilzeittätigkeit aus zeitlichen Gründen ab dem Jahre 2000 nicht die Möglichkeit gehabt, Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit zu erledigen, beruht dieser Sachvortrag ersichtlich auf einem Versehen.

83

b) Der Senat ist nicht in der Lage, im Hinblick auf die weiteren vom Berufungsurteil festgestellten und als Indizien für eine Diskriminierung der Klägerin in Betracht kommenden Umstände in der Sache selbst zu entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO, weil er seine Würdigung der Indizien nach § 286 ZPO nicht an die Stelle der Würdigung durch das Tatsachengericht setzen darf. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine abschließende Aufklärung und Gesamtbetrachtung aller von der Klägerin vorgetragenen Hilfstatsachen vorgenommen. Werden aber von dem Arbeitnehmer, der eine Benachteiligung geltend macht, Hilfstatsachen vorgetragen, die jeweils für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeizuführen, ist vom Tatsachengericht eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, ob diese Hilfstatsachen zur Begründung der Vermutungswirkung geeignet sind(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung, ob die Gesamtbetrachtung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass bei dem Beklagten ein Umfeld gegeben ist, das dem beruflichen Aufstieg von Frauen generell ablehnend gegenüber steht, ua. folgende Umstände mit einzubeziehen haben: die Vergabe der Funktion der Leitung der Bezirksdirektion N an den Mitarbeiter Ba statt an die vormalige Bezirksdirektorin der geschlossenen Bezirksdirektion Ha, W, im Jahre 1997, die unterbliebene Berücksichtigung der stellvertretenden Bezirksdirektorin des Standortes D, Gr, auf die Position der Bezirksdirektorin des Standortes zugunsten eines männlichen Bewerbers, der nicht über das geforderte Hochschulstudium verfügte im Jahre 2005, und die Tatsache, dass nur Männer als Beobachter für das 2007 durchgeführte Entwicklungsaudit für die Ebenen Abteilungsdirektor/Abteilungsleiter fungierten. Des Weiteren könnte es eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG entfalten, wenn es zuträfe, dass Dr. Mü der Klägerin im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Beförderung der Mitarbeiterin Gr bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied mitgeteilt hatte, dass dieser keine Frauen wolle, und wenn Männer bei dem Beklagten stets spätestens nach zwei Jahren bei entsprechender Tätigkeit den Direktorentitel verliehen erhielten. Hinsichtlich der zeitlich nach Klageerhebung liegenden Vorfälle wird das Berufungsgericht insbesondere auch berücksichtigen müssen, inwieweit diese Indizien für die Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts sind oder lediglich - wenn auch möglicherweise das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzende - Reaktionen auf einen bestehenden Konflikt darstellen und als solche mit dem Geschlecht der Klägerin nicht im Zusammenhang stehen.

84

II. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit er sich gegen seine Verurteilung zu einer monatlichen Zahlung von 1.467,86 Euro brutto wendet.

85

Ein entsprechender Anspruch der Klägerin gem. §§ 1, 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1 AGG kann mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht bejaht werden. Dessen Schlussfolgerung, die Klägerin sei wegen ihres Geschlechts nicht befördert und damit unzulässig benachteiligt worden, hält - wie oben dargelegt - einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

86

C. Begründet sind die Revisionen der Klägerin und des Beklagten soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro richten.

87

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

88

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die von ihr begehrte Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Ein solcher Klageantrag ist hier zulässig, weil die Bestimmung der Höhe des Anspruchs von billigem Ermessen abhängt und damit dem Gericht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird. Ist die Höhe des Anspruchs nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen, ist ein unbezifferter Klageantrag zulässig, wenn der Kläger Tatsachen benennt, die das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll, und die Größenordnung der Forderung angibt (vgl. Senat 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - mwN, EzA AGG § 3 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, den das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll und der es grundsätzlich ermöglicht, eine Entschädigung zu bestimmen. Ferner hat die Klägerin Angaben zur Größenordnung der Entschädigung, nämlich mindestens 60.000,00 Euro, gemacht.

89

II. Die Verurteilung des Beklagten durch das Landesarbeitsgericht zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro an die Klägerin hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

90

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht bei der Prüfung der Begründetheit der Entschädigungsklage davon aus, dass sich aus einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein Entschädigungsanspruch ergeben kann. Dabei hat es auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Entschädigungsansprüchen bei „Mobbing“ Bezug genommen. Danach ist „Mobbing“ kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Arbeitskollegen (Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Nicht alles, was als „Mobbing“ bezeichnet wird, ist von rechtlicher, insbesondere arbeitsrechtlicher oder schadensrechtlicher Relevanz. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund „Mobbings“ geltend, muss vielmehr jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsvertragliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. Bei dieser Prüfung gilt es weiter zu beachten, dass es Fälle gibt, in denen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen oder seiner Vorgesetzten bzw. des Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzung darstellen, die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen jedoch zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Eine solche Systematik und Zielrichtung ist dann anzunehmen, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht weitgehend der nunmehr vom Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 AGG(in Kraft seit 18. August 2006) gewählten Definition des Begriffes „Belästigung“. Danach ist eine Belästigung eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Damit hat der Gesetzgeber auch den Begriff des „Mobbings“ umschrieben, jedenfalls soweit dieses an die nach § 1 AGG verpönten Merkmale anknüpft(vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Entsprechend kann für die Fälle des „Mobbings“ eines Arbeitnehmers, gleich aus welchen Gründen, an § 3 Abs. 3 AGG angeknüpft werden. Diese Norm zeigt vor allem, dass es grundsätzlich auf die Zusammenschau der einzelnen „unerwünschten” Verhaltensweisen ankommt, um zu beurteilen, ob „Mobbing” vorliegt. § 3 Abs. 3 AGG stellt nämlich darauf ab, ob ein durch die unerwünschten Handlungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Ein Umfeld wird aber grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen. Damit sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Deshalb dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden. Wesensmerkmal der als „Mobbing” bezeichneten Form der Rechtsverletzung des Arbeitnehmers ist damit die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen/Verhaltensweisen zusammensetzende Verletzung, wobei den einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen für sich allein betrachtet oft keine rechtliche Bedeutung zukommt (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7). Bei dieser Würdigung ist zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen sind. Vielmehr sind die kritischen Verhaltensweisen aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise und ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers zu bewerten. Dies gilt auch im Verhältnis zu Vorgesetzten. Entsprechend stellen Weisungen, die sich im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers bewegen, und denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lassen, in der Regel keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Daneben kann es an der die einzelnen Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn verschiedene Vorgesetzte handeln und nicht zusammenwirken oder wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (vgl. Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

91

2. Ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung und ist damit nur eingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden. Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

92

3. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Festsetzung der Höhe einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro zugunsten der Klägerin zu Unrecht in seine Gesamtschau eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin durch die unterbliebene Beförderung mit einbezogen. Wie oben dargelegt durfte das Landesarbeitsgericht mit der von ihm gegebenen Begründung eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht bejahen. Durch diese unzulässige Miteinbeziehung dieses Sachverhalts erweist sich die gesamte Bewertung der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Persönlichkeitsrechtsverletzung als rechtsfehlerhaft.

93

Insbesondere verstößt das Landesarbeitsgericht dadurch gegen das Erfordernis einer Gesamtschau, dass es für den Fall, dass in der unterbliebenen Beförderung der Klägerin keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen sein sollte, für die nachfolgenden Handlungen des Beklagten „zumindest eine Entschädigung in Höhe von 16.000,00 Euro“ als „gerechtfertigt“ ansieht.

94

Eine solche getrennte Beurteilung ist nicht zulässig, weil die von der Klägerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht eindeutig in solche aufgespaltet werden können, die im Zusammenhang mit der streitbefangenen Nichtbeförderung der Klägerin stehen, und in solche die möglicherweise mit der unterbliebenen Beförderung nichts zu tun haben. Alle von der Klägerin vorgetragenen Verletzungen stehen in einem Zusammenhang und wären deshalb - soweit das Landesarbeitsgericht in ihnen Bestandteile einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin sieht - im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau zu berücksichtigen gewesen. Von einem solchen Zusammenhang der von der Klägerin zur Stützung ihres Vorwurfs der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Beklagten herangezogenen Vorfälle ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. So nimmt es beispielsweise an, dass der Beklagte mit dem Aushang vom 10. Dezember 2006 den Eindruck eines „Kompetenzentzuges“ im Zusammenhang mit der getroffenen Personalentscheidung zugunsten des Mitarbeiters R erweckt hat und dieser trotz der Schreiben vom 3. Januar 2007 und 8. Februar 2007 an die Klägerin nach außen hin „weiter aufrechterhalten“ worden ist. Des Weiteren nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck „des Kompetenzentzuges“ und einer Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung gewehrt hatte, einer Behandlung ausgesetzt worden ist, die „sie herabwürdigt und bewusst unter Druck“ gesetzt hat. Damit stellt das Landesarbeitsgericht alle nach der streitbefangenen Beförderungsentscheidung seitens des Beklagten der Klägerin gegenüber getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen in einen Zusammenhang mit der als Persönlichkeitsverletzung gewerteten Nichtbeförderung der Klägerin. Auch bei der Beurteilung der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, dass „ein Großteil des Verhaltens des Beklagten als Reaktion auf die Wahrnehmung vermeintlicher Rechte durch die Klägerin nach dem AGG angesehen werden kann“.

95

4. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat verwehrt, weil das Landesarbeitsgericht weder eine zutreffende Gesamtbetrachtung der vorgetragenen Tatsachen/Geschehnisse vorgenommen noch alle anderen von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, die als einzelne Handlungen oder in der Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben könnten, berücksichtigt hat.

96

So fehlen bereits Ausführungen dazu, ob das Landesarbeitsgericht aufgrund einer einzelnen Handlung oder erst auf der Basis einer Gesamtschau mehrerer Handlungen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen hat und insbesondere, ob es insgesamt ein systematisches Verhalten sieht, durch welches ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen worden ist. Die Würdigung, ob insgesamt ein systematisches Verhalten vorliegt, ist gerade deshalb nötig, weil hier mehrere Personen gehandelt haben, so dass grundsätzlich geklärt werden muss, ob diese zusammengewirkt haben. Auch dazu fehlen weitgehend Ausführungen im angefochtenen Urteil. Lediglich bezüglich des Schreibens vom 3. Januar 2007 nimmt das Landesarbeitsgericht ein Zusammenwirken zwischen Dr. Mü, Dr. H und Herrn R an. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht auch einige von der Klägerin vorgetragene Tatsachen nicht berücksichtigt. So ist es deren Behauptung nicht nachgegangen, dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht komme, Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet haben soll: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr, der will halt keine Frauen“. Sollte diese Äußerung gefallen sein, könnte dies nicht nur auf eine beim Beklagten nicht unübliche Frauendiskriminierung, sondern möglicherweise in der Gesamtschau mit den Verhaltensweisen ab Dezember 2006 auch auf ein „frauenfeindliches Umfeld“ beim Beklagten hindeuten. Ferner hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, obwohl die Personalbetreuung nebst Abfassen von Abmahnungen zu ihren Aufgaben gehört, bei dem Gespräch des Herrn R im Februar 2008 mit dem Mitarbeiter C. in B über die Aufhebung dessen Arbeitsvertrages nicht beteiligt war und die von ihr im Januar 2008 für A K. formulierte Ermahnung Frau S zur Prüfung vorgelegt wurde. Auch dies könnte in der Gesamtschau auf eine Persönlichkeitsverletzung hindeuten.

97

III. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung über das dem Arbeitnehmer R gezahlte variable Entgelt richtet.

98

1. Die Klage auf Auskunft ist zulässig.

99

a) Der Klageantrag wurde zwar in dieser Form erstmals in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 gestellt. Ob es sich dabei um eine nachträgliche Klageänderung gehandelt hat, kann dahinstehen. Auch eine solche wäre nämlich nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig gewesen, weil der Beklagte sich hierauf widerspruchslos eingelassen hat und deshalb nach § 267 ZPO seine Einwilligung zur Klageänderung anzunehmen ist. Ob der Antrag auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte, kann ebenfalls offen bleiben. Ob und inwiefern die Berücksichtigung neuer Tatsachen im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren zulässig ist, richtet sich nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO, sondern nach der Spezialregelung in § 67 ArbGG(BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Hat das Berufungsgericht - wie hier - Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Sachvorbringen zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 60 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 37).

100

b) Der Antrag ist als Klage auf zukünftige Leistung nach § 258 ZPO zulässig. Er dient dem Ziel, den Klageantrag zu 2) um den Betrag der zukünftigen variablen Vergütung des Mitarbeiters R zu ergänzen.

101

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Auskunftsanspruch jedoch mit einer nicht tragenden Begründung bejaht. Auch insoweit wirkt sich die unzutreffende Würdigung des Berufungsgerichts im Rahmen der angenommen Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts aus.

102

IV. Auf die Revision der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Klage auf Feststellung abgewiesen hat, dass der Beklagte zum Ersatz der durch sein Verhalten bis Juli 2008 der Klägerin entstandenen und entstehen werdenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet ist.

103

1. Der Feststellungsantrag ist nicht bereits „in großen Teilen unzulässig“, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

104

a) So besteht für den Feststellungsantrag in der in der Revisionsinstanz gestellten (beschränkten) Fassung insbesondere das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

105

Die Annahme eines Feststellungsinteresses setzt voraus, dass dem betroffenen Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht. Dies wird bei der Feststellung einer Schadensersatzpflicht angenommen, wenn zukünftige, noch nicht bezifferbare Schäden möglich sind. Dies gilt auch, wenn ihre Art, ihr Umfang und ihr Eintritt noch ungewiss sind. Allerdings muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen. Dafür genügt die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Ersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer oder voraussehbarer Leiden (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Solches erscheint bezogen auf die Formulierung im Feststellungsantrag „durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten“ für die Zeit ab Dezember 2006 als möglich.

106

b) Gleiches gilt für „sonstige Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen“.

107

c) Darüber hinaus ist der Antrag hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

108

Der Klageantrag muss den erhobenen Anspruch nach Inhalt und Umfang konkret bezeichnen und die Klageart ergeben. Insoweit ist bei Feststellungsanträgen erforderlich, dass sich für den Fall der Klagestattgabe der objektive Umfang der Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung hinreichend feststellen lässt (BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 557/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 4). Dabei muss der Streitgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Ausreichend ist allerdings, wenn der Antrag in einer dem Bestimmtheitserfordernis genügenden Weise ausgelegt werden kann. Das Gericht ist daher gehalten, eine entsprechende Auslegung des Antrages vorzunehmen, wenn hierdurch eine vom Kläger erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Dabei darf es sich jedoch nicht über einen eindeutigen Antrag hinwegsetzen (vgl. BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Darüber hinaus gilt es bei der Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit zu beachten, dass ein Feststellungsantrag einerseits der Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB dient und andererseits den Grund des klägerischen Schadensersatzanspruchs klärt, so dass im Falle späterer Folgeschäden nur noch der Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis und die Schadenshöhe nachzuweisen sind. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrages festzusetzen. Soll ein späterer Rechtsstreit über den Grund des Schadensersatzanspruchs vermieden werden, muss dieser klar aus dem Feststellungsantrag hervorgehen. Insofern war der ursprüngliche Feststellungsantrag - wie von der Klägerin in der Revisionsinstanz klargestellt - so auszulegen, wie es sich aus dem Tatbestand (Ziff. 5 der Anträge) ergibt.

109

2. Ob das von der Klägerin geltend gemachte schadensersatzbegründende Verhalten des Beklagten tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage und kann durch den Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.

110

D. Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin
Morsch ist wegen Ausscheiden
aus dem Amt an der
Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    N. Schuster    

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2013 - 25 Sa 2304/12, 25 Sa 311/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG.

2

Der Kläger ist nach erfolgreichem Universitätsstudium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation Diplom-Kommunikationswirt. Zudem hat er an der Universität Island Business Administration studiert. Studienbegleitend war er als universitärer Tutor tätig und beriet Studierende über Studieninhalte. Im Jahr 2006 leitete er das Projekt „B“ des B, mit dem ein Studierendenwettbewerb für Sozialmarketing durchgeführt wurde. Seit Januar 2009 ist er als freiberuflicher Kommunikationsberater tätig. Wegen einer Gehbehinderung ist er schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100.

3

Ende Oktober 2011 schrieb die beklagte Universität, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, für ihre Abteilung Gründungsservice die jeweils für die Dauer von zwei Jahren befristeten Stellen als Communitymanager/in und Gründungsberater/in aus. Voraussetzung war in beiden Fällen ein erfolgreich abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium oder das Vorhandensein gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen, betriebswirtschaftliches Verständnis oder Projektmanagementerfahrung, praktische Erfahrungen in den jeweiligen Aufgabenschwerpunkten sowie Begeisterung für die Förderung von Unternehmertum und Technologietransfer in der Universität. Beide Stellenausschreibungen enthielten den Hinweis „Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt“. Es war jeweils eine Vergütung nach der EG 13 des Tarifvertrags zur Übernahme des TV-L für die Hochschulen im Land Berlin angegeben (mit einem Grundentgelt der ersten Stufe von monatlich jeweils 2.882,00 Euro brutto).

4

Die Beklagte veröffentlichte die Stellenausschreibungen auf ihrer Webseite und im Onlinemarkt der Wochenzeitung „D“. Sie nahm im Zusammenhang der beiden Stellenausschreibungen keine Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf und prüfte nicht die Möglichkeit der Besetzung der Stellen mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen (Prüf- und Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX). Der frei werdende und neu zu besetzende Arbeitsplatz wurde der Agentur für Arbeit entgegen § 82 Satz 1 SGB IX nicht gemeldet.

5

Mit Schreiben vom 7. November 2011 bewarb sich der Kläger auf beide Ausschreibungen. In seinem Schreiben hieß es ua.:

        

„Meine berufspraktischen Erfahrungen sowie der erfolgreiche Abschluss meines Studiums habe ich mit einer Schwerbehinderung erreicht, die weder meine geistige noch meine soziale Kompetenz beeinflusst. Dabei bin ich weder auf fremde Hilfe noch auf andere Hilfsmittel angewiesen.“

6

Nach einer Vorauswahl anhand der eingegangenen Bewerbungsunterlagen lud die Beklagte den Kläger als einen von acht Kandidat/inn/en für die Stelle als Communitymanager/in und als einen von neun für die Stelle als Gründungsberater/in zu zwei Gesprächsterminen am 25. und 30. November 2011 ein. Im jeweiligen Termin war zunächst ein 25-minütiger schriftlicher Test mit praktischen Fragen zum Aufgabenschwerpunkt zu absolvieren. Zudem fand im Verlauf der ca. 30-minütigen Gespräche je ein kurzes Rollenspiel zur Kommunikationsfähigkeit statt. An den Gesprächen - wie auch an der abschließenden Auswahl - nahmen neben der Leiterin der Abteilung Gründungsservice - Frau M - ua. ein Mitglied der bei der Beklagten gebildeten Schwerbehindertenvertretung teil. Im ersten Termin des Klägers wurde angesprochen, dass der Umzug der Abteilung Gründungsservice in ein Gebäude ohne Fahrstuhl mit Arbeitsräumen im ersten und zweiten Obergeschoss geplant sei.

7

Der Kläger erfuhr von dem für ihn erfolglosen Ausgang des Bewerbungsverfahrens durch eigene Nachfrage im Dezember 2011 (in der 50. Kalenderwoche). Die Stelle als Communitymanager/in erhielt eine Mitbewerberin; für die Tätigkeit als Gründungsberater/in wurden zwei Mitbewerberinnen in Teilzeitarbeit eingestellt, darunter eine mit einer Behinderung (GdB von 30). Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten, die mit Schreiben vom 23. Januar 2012 antwortete, erfolglos Entschädigungsansprüche iHv. insgesamt 17.292,00 Euro (pro Stelle drei Bruttomonatsentgelte) geltend. Am 14. Februar 2012 reichte er seine Klage beim Arbeitsgericht ein.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung ergebe sich bereits aus der Verletzung der Prüf- und Meldepflicht des § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX. Folglich gehe nach § 22 AGG die Beweislast auf die Beklagte über, die die von ihm vorgebrachten Indizien nicht widerlegt habe. Zudem seien durch Ablauf, Wortwahl und die Art und Weise des Gesprächs im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug der Abteilung Gründungsservice in Obergeschosse eines Gebäudes ohne Fahrstuhl ausreichend Hilfstatsachen vorhanden, die zur Annahme einer Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung führten. Die Abteilungsleiterin habe ihn am Gesprächsende nach der Art seiner in den Bewerbungsunterlagen angegebenen Schwerbehinderung und der damit verbundenen Einschränkung gefragt. Er habe erwidert, dass es sich um eine Gehbehinderung handele, die ihn nicht einschränke. Nur beim Treppensteigen habe er Schwierigkeiten. Daraufhin sei eine ihn verunsichernde „Totenstille“ eingetreten und er habe ergänzt, dass ein Aufzug für ihn hilfreich sei. Die Abteilungsleiterin habe sodann gefragt, wie er die im Haus des Bewerbungsgesprächs befindlichen Stufen „gepackt“ habe. Er habe geantwortet, dass er Treppen steigen könne, wenn ein Geländer vorhanden sei. Nachdem daraufhin die Abteilungsleiterin gemeint habe, er brauche dann wohl keinen Aufzug, habe er sich erkundigt, ob seine Gehbehinderung ein Problem darstelle. Erst dann sei der anstehende Umzug der Abteilung einschließlich der zukünftigen Notwendigkeit des Treppensteigens erklärt worden.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag iHv. 17.292,00 Euro nicht unterschreiten sollte.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Behinderung des Klägers habe keine Rolle im Bewerbungsverfahren gespielt und der Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX sei nicht kausal für die Nichteinstellung des Klägers, der durch die Einladung zum und Teilnahme am Bewerbungsgespräch die gebotene Chance erhalten habe. Auf beide Stellen seien Personen eingestellt worden, die sich durch mehr Erfahrungen, Kompetenzen, konkrete Ideen in der Umsetzung und durch eine sehr gute Kommunikationsfähigkeit ausgewiesen hätten.

11

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung iHv. 5.764,00 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im Umfang ihres Unterliegens hat die Beklagte dagegen Berufung eingelegt; der Kläger hat mit seiner Anschlussberufung seine Forderung im Hinblick auf weitere 11.528,00 Euro nebst Zinsen verfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten hin die Klage insgesamt ab- und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe keine ausreichenden Indizien für eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorgetragen. Weder bei einer Einzel- noch bei einer Gesamtbetrachtung ergebe sich die vom Kläger behauptete Vermutungswirkung iSd. § 22 AGG.

14

Zwar sei die Verletzung der Prüf- und Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX grundsätzlich als Vermutungstatsache für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung geeignet. Jedoch liege im Streitfall keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme vor, die Beklagte als Arbeitgeberin sei an einer Bewerbung schwerbehinderter Menschen nicht interessiert gewesen und habe möglichen Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen wollen. Dies zeige sich daran, dass der Kläger, dessen Schwerbehinderung aus dem Bewerbungsschreiben bekannt gewesen sei, mit den Einladungen zu beiden Vorstellungsgesprächen die Möglichkeit erhalten habe, die Beklagte von seiner persönlichen Eignung und Befähigung zu überzeugen. Die Beklagte habe zudem bei den im Internet der Öffentlichkeit zugänglichen Stellenausschreibungen ausdrücklich den Hinweis auf bei gleicher Eignung bevorzugte Einstellung schwerbehinderter Menschen gegeben und die Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen einbezogen.

15

Auch der vom Kläger behauptete Ablauf des ersten Bewerbungsgesprächs - der zu seinen Gunsten als wahr unterstellt werden könne -, insbesondere die von der Beklagten bestrittene Frage nach der Art seiner Schwerbehinderung, begründe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass die Behinderung des Klägers in dem Motivbündel der Auswahlentscheidung eine Rolle gespielt habe. Diese Frage sei vor dem Hintergrund des bevorstehenden Umzugs in ein Gebäude ohne Fahrstuhl offensichtlich auf die Klärung bezogen gewesen, ob und inwieweit seine körperliche Beeinträchtigung einem etwaigen Einsatz als Communitymanager entgegenstehen könne. Die abschließende Feststellung der Abteilungsleiterin, er brauche dann wohl keinen Aufzug, zeige, dass auch aus Sicht der Beklagten die Gehbehinderung des Klägers seinem Einsatz auf den ausgeschriebenen Stellen nicht entgegenstehe.

16

B. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist.

17

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber Beschäftigter (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG) und die Beklagte Arbeitgeberin (§ 6 Abs. 2 Satz 1 AGG)iSd. AGG (vgl. ua. BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 17).

18

II. Die zweimonatige Geltendmachungs- und die im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch maßgebende dreimonatige Klagefrist (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG) sind eingehalten worden.

19

1. Dahinstehen kann dabei, ob dem Kläger bereits bei seiner eigenen Nachfrage im Dezember 2011 eine „Ablehnung“ iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG zugegangen ist.

20

a) Seinen Vortrag, er habe auf Nachfrage erfahren, eine für ihn negative Entscheidung sei getroffen worden, müsse jedoch noch „durch den Personalrat gehen“, haben die Vorinstanzen nicht weiter aufgeklärt oder gewürdigt. Es wurden auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob dem Kläger - wie er ausgeführt hat - tatsächlich keine letztliche Absage zugegangen ist.

21

b) Unterstellt, die Antwort auf seine telefonische Nachfrage in der 50. Kalenderwoche des Jahres 2011 (also von Montag dem 12. Dezember bis vermutlich Freitag dem 16. Dezember 2011), sei als Ablehnung iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG aufzufassen, so wahrt seine per Telefax und einfacher Post erfolgte schriftliche Geltendmachung vom 10. Januar 2012 die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG. Die am 14. Februar 2012 eingereichte Klage, der Beklagten am 23. Februar 2012 „demnächst“ iSd. § 167 ZPO zugegangen, wahrt die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG.

22

2. Spätestens das Schreiben der Beklagten vom 23. Januar 2012 als Antwort auf seine Geltendmachung vom 10. Januar 2012 ist als Ablehnung iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG zu verstehen. Jedenfalls die am 14. Februar 2012 eingereichte Klage wahrt sowohl die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG als auch die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG.

23

III. Das Landesarbeitsgericht hat den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ohne Rechtsfehler verneint. Die weniger günstige Behandlung des Klägers ist nicht wegen seiner Behinderung erfolgt.

24

1. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG(zur Bezugnahme auf die Voraussetzungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG - ohne die des Verschuldens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG - vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 25; BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135). Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund (hier: wegen einer Behinderung) in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Auswahlkriterien und der Einstellungsbedingungen, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und von der beruflichen Position unzulässig(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

25

Bei einer Behinderung iSd. § 1 AGG(zum Begriffsverständnis ausführlich: BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 57 ff. mwN) kommt es auf einen bestimmten GdB nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 32 mwN). Voraussetzung ist also nicht, wie beim Kläger jedoch gegeben, eine Schwerbehinderung iSv. § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB IX.

26

2. Der Nachteil des Klägers iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 7 AGG beim Zugang zu einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG) besteht in der Nichteinstellung.

27

3. Der Kläger hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer „vergleichbaren Situation“ (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Diese Voraussetzung - deren Erfüllung das Landesarbeitsgericht letztlich dahinstehen gelassen hatte - liegt vor.

28

a) Die Feststellung einer unmittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG setzt voraus, dass die gegeneinander abzuwägenden Situationen vergleichbar sind. Dabei müssen die Situationen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt, sondern muss spezifisch und konkret erfolgen (zur Auslegung der übereinstimmenden Maßgabe in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG ua. EuGH 12. Dezember 2013 - C-267/12 - [Hay] Rn. 32 f. mwN; 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41 ff., Slg. 2011, I-3591; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 67 ff., Slg. 2008, I-1757; ebenfalls BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 34/10 - Rn. 29, BAGE 138, 107). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist fallbezogen im Zusammenhang der jeweils streitgegenständlichen Benachteiligung zu bestimmen: Bezugspunkt kann das Ziel einer eine Ungleichbehandlung festsetzenden Regelung (EuGH 12. September 2013 - C-614/11 - [Kuso] Rn. 45 mwN), einer Leistung (EuGH 12. Dezember 2013 - C-267/12 - [Hay] Rn. 33 mwN) oder einer sonstigen Maßnahme (EuGH 30. September 2010 - C-104/09 - [Roca Álvarez] Rn. 24 f., Slg. 2010, I-8661) sein. In jedem Fall darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte (hier bezogen auf die Richtlinie 2000/78/EG) nicht durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert (Grundsatz der Effektivität) werden (ua. EuGH 16. Januar 2014 - C-429/12 - [Pohl] Rn. 23).

29

b) Vorliegend ist es nicht erforderlich, die Voraussetzungen der „vergleichbaren Situation“ bezogen auf Bewerbungsverfahren und Auswahlentscheidungen im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG näher zu benennen. Nach Wortlaut, Eigenart und Ziel dieses Entschädigungsanspruchs werden auch Personen erfasst, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären. Für den Fall, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, wird nicht der Anspruch ausgeschlossen, sondern lediglich die Entschädigungshöhe begrenzt (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Es muss nicht entschieden werden, wie weit oder eng damit die Anforderung einer vergleichbaren Situation im Zusammenhang des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG zu verstehen ist. Selbst bei einem auf Erfüllung einzelner Anforderungen der Stellenausschreibung bezogenem Verständnis der Maßgabe der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt diese hier vor. Die Beklagte hat den Kläger in die engere Wahl einbezogen und ihn zu beiden Bewerbungsgesprächsrunden eingeladen. Damit ist sie davon ausgegangen, dass er die in den beiden veröffentlichten Stellenausschreibungen formulierten Anforderungen (jedenfalls iSv. § 82 Satz 3 SGB IX) erfüllt.

30

4. Der Kläger ist nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden.

31

a) Nach § 22 Halbs. 1 AGG iVm. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien (Richtlinie 2000/78/EG: Tatsachen) vorträgt, die ihre - hier unmittelbare - Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen(ua. BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 26; gleichbedeutend ua. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 37). Im Hinblick auf diesen Kausalzusammenhang (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 25 mwN) sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 44).

32

b) Innerhalb der damit vorzunehmenden Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts kommt es nach der Rechtsprechung des Senats auf Vorgaben des nationalen Verfassungsrechts zum „Bestandteil eines Motivbündels“ an. Die Beweiswürdigung ist nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung des Beweismaßes des § 22 AGG vorzunehmen.

33

aa) Für die Vermutungswirkung des § 22 Halbs. 1 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund (oder mehrere) ein „Bestandteil eines Motivbündels“ ist (sind), das die Entscheidung beeinflusst hat.

34

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG genannten „Merkmale“ (ua. Geschlecht, Rasse, Behinderung) - bzw. in der Begrifflichkeit von § 1 AGG „Gründe“ - nicht als Anknüpfungspunkt für eine (benachteiligende) rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende „Grund“ das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 25).

35

So darf bei einer Entscheidung über eine Stellenbesetzung kein in § 1 AGG genannter Grund zu Lasten des Bewerbers/der Bewerberin berücksichtigt werden. Eine unzulässige Berücksichtigung wäre bereits dann gegeben, wenn in dem Motivbündel, das die Entscheidung des (potentiellen) Arbeitgebers beeinflusst hat, ein in § 1 AGG genannter Grund als negatives oder (sein Fehlen) als positives Kriterium enthalten ist(vgl. zu Art. 3 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3 GG bzw. dem früheren § 611a Abs. 1 BGB: BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - zu II 1 a der Gründe, BVerfGK 9, 218; 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 d der Gründe, BVerfGE 89, 276; BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, BAGE 142, 158; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 109, 265; BGH 23. April 2012 - II ZR 163/10 - Rn. 37, BGHZ 193, 110).

36

(2) Der von Verfassungs wegen zu beachtende Maßstab zum „Bestandteil eines Motivbündels“ ist auch unionsrechtskonform.

37

(a) Nach den betroffenen Richtlinien des Unionsrechts (25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43/EG, 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/EG, 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54/EG; vgl. auch Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54/EG) steht es den Mitgliedstaaten frei, abweichend von den jeweiligen Richtlinienvorgaben für die klagende Partei günstigere (Beweislast-)Vorschriften (wozu auch eine günstigere Auslegung von § 22 AGG gehört) einzuführen oder beizubehalten. Zudem ist teilweise eine Absenkung des in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden Schutzniveaus ausdrücklich untersagt (25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43/EG, 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/EG). Weiterhin sind die Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten zu bewerten (15. Erwägungsgrund der Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG sowie 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 37; 21. Juli 2011 - C-104/10 - [Kelly] Rn. 31, Slg. 2011, I-6813).

38

(b) Die Rechtsprechung zum „Bestandteil eines Motivbündels“ ist für die klagende Partei mindestens gleich im Schutzniveau wie die genannten Vorgaben des Unionsrechts. Demgegenüber enthält das Unionsrecht kaum nähere Vorgaben zum „wie“ der vorzunehmenden Gesamtwürdigung. In älterer Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wurde für den Kausalzusammenhang auf einen „wesentlichen Grund“ (EuGH 5. Mai 1994 - C-421/92 - [Habermann-Beltermann] Rn. 14, Slg. 1994, I-1657; 8. November 1990 - C-177/88 - [Dekker] Rn. 10 und 17, Slg. 1990, I-3941) abgestellt. Zudem kommt es auf ein „stichhaltiges Indiz“ (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] - Rn. 51) an.

39

bb) Nach dem 15. Erwägungsgrund der hier maßgebenden Richtlinie 2000/78/EG sind bei der Beurteilung von Tatbeständen, die ua. auf eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung schließen lassen, die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten maßgebend. Die Beweiskraft der vorgelegten Beweismittel ist nach den Regeln des innerstaatlichen Rechts zu beurteilen (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 und C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 79, 82, Slg. 2011, I - 6919; vgl. auch EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 42 mwN). Maßgebend für die Beweiswürdigung ist daher die freie Überzeugung des Tatsachengerichts gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung des abgesenkten Beweismaßes des § 22 AGG. Es reicht aus, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lässt(vgl. ua. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 63; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 19). Dabei haben die Gerichte darüber zu wachen, dass im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, die Verwirklichung des mit der Richtlinie 2000/78/EG verfolgten Ziels nicht beeinträchtigt wird (EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42).

40

c) Besteht eine Benachteiligungsvermutung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Auch dafür gilt § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO, allerdings mit dem Beweismaß des sog. Vollbeweises.

41

Die dafür von Verfassungs wegen zu beachtende Rechtsprechung zum „Motivbündel“ (vgl. oben Rn. 34 f.) ist für die klagende Partei nicht ungünstiger als die des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den einschlägigen Richtlinien. Nach Letzterer kann der (potentielle) Arbeitgeber im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung den Anschein einer Diskriminierung grundsätzlich mit einem Bündel übereinstimmender Indizien widerlegen (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 58). Gemäß der Rechtsprechung zum „Motivbündel“ sind Tatsachen und Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als ua. die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (grundlegend zu Art. 3 Abs. 2 GG und dem früheren § 611a Abs. 1 BGB bereits: BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 e der Gründe, BVerfGE 89, 276). In dem Motivbündel des (potentiellen) Arbeitgebers darf der betreffende Grund - hier die Behinderung - weder als negatives noch - die fehlende Behinderung - als positives Kriterium enthalten gewesen sein (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 41; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 58).

42

d) Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene tatrichterliche Überzeugung ist nur beschränkt revisibel. Sie kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sich das Landesarbeitsgericht entsprechend diesem gesetzlichen Gebot mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. ua. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28).

43

e) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts stand. Die Würdigung, dass der Kläger die ihm obliegende erste Stufe der Darlegungs- und Beweislastverteilung des § 22 AGG nicht erfüllt hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.

44

aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht nicht bereits allein wegen der Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX eine Benachteiligung wegen des in § 1 AGG genannten Grundes der Behinderung vermutet hat.

45

(1) Grundsätzlich kann aus der Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des SGB IX die Vermutungswirkung des § 22 Halbs. 1 AGG abgeleitet werden (ua. BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 29; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 37 ff., BAGE 144, 275; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 45; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 35). Diese Pflichtverletzung ist geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein und sogar möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 47; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262).

46

(2) Allerdings sind entgegen der Auffassung des Klägers bei der Klärung der Frage, ob (genügend) Indizien vorliegen, um eine Benachteiligung iSd. AGG vermuten zu lassen, alle und nicht nur einzelne Umstände zu berücksichtigen. Für eine Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX gilt diesbezüglich keine Ausnahme im Sinne eines „Automatismus“. Das schließt nicht aus, dass bei anders gelagerten Gesamtumständen deren Würdigung dazu führen kann, dass allein eine solche Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des SGB IX zu einem Entschädigungsanspruch iSv. § 15 Abs. 2 AGG führen kann.

47

bb) Unzutreffend ist die Auffassung des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe die Beweislastregelung des § 22 AGG nicht richtig angewandt, weil es eine „Kompensation“ bzw. „positive Überlagerung“ des Pflichtverstoßes (Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des SGB IX) angenommen habe. Die erforderliche und vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts darf nicht mit einer - nicht möglichen - nachträglichen „Heilung“ oder „Beseitigung“ eines Verstoßes beispielsweise gegen § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 53 zu einer „Nacheinladung“ nach bereits zuvor erfolgter Absage) verwechselt werden.

48

cc) Ebenfalls hält die weitere Würdigung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Auch in der Gesamtbetrachtung aller Umstände - der Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX und des zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellten Gesprächsverlaufs im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug der Abteilung Gründungsservice in Obergeschosse eines Gebäudes ohne Fahrstuhl - konnte es die erste Stufe der Darlegungs- und Beweislastverteilung des § 22 AGG als nicht erfüllt ansehen.

49

(1) Das trifft für die Würdigung zu, dass aus der erfolgten Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX in diesem Fall unter Einbeziehung aller Umstände nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden könne, die Beklagte wolle Bewerbungen von arbeitssuchenden (schwer)behinderten Menschen aus dem Wege gehen.

50

(a) Aus dem Text der Stellenanzeigen, der Einladung des nach den selbst eingereichten Bewerbungsunterlagen offensichtlich behinderten Klägers für beide Bewerbungsrunden und der Einbindung der Schwerbehindertenvertretung durfte das Landesarbeitsgericht ohne Weiteres den Schluss ziehen, dass eine Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht ausreichend dargelegt ist.

51

(b) Soweit der Kläger meint, das Landesarbeitsgericht sei unzutreffend von einer „Einbeziehung“ der Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen ausgegangen, während die Beklagte selbst nur eine Auswahlentscheidung „im Beisein“ der Schwerbehindertenvertretung vorgetragen habe, ergibt sich nichts anderes. Das Landesarbeitsgericht hat zur „Einbeziehung“ der Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen zwar verschiedene Begriffe benutzt („im Beisein“, „anwesend war“ und „mit einbezogen“), diese jedoch erkennbar gleichbedeutend verstanden und verwendet: Es ging immer um den Gegensatz zu „nicht erst … nachträglich“.

52

(2) Auch das Gespräch zum Umzug in ein Gebäude ohne Fahrstuhl einschließlich des zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellten Gesprächsverlaufs mit Nachfragen zu seiner Gehbehinderung zwang nicht zu einer anderen Bewertung.

53

(a) In der Bewerbungssituation nachzufragen, welche Einschränkungen sich aus einer in den Bewerbungsunterlagen angegebenen Behinderung ergeben, ist unter der Voraussetzung unbedenklich, dass damit die Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen [UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK]; zur mangelnden ausdrücklichen Umsetzung im AGG, zur Einbeziehung in § 8 Abs. 1 AGG und in der unionsrechtskonformen Auslegung von § 241 Abs. 2 BGB vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53) zum Tragen kommt. Eine solche, besonderen Umständen geschuldete Nachfrage im Bewerbungsgespräch bezogen auf eine vom Bewerber selbst angeführte Schwerbehinderung ist nicht zu verwechseln mit der „Frage nach der (Schwer)behinderung“ (dazu BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 11 ff., BAGE 141, 1) oder der Anerkennung als Schwerbehinderte(r) (dazu BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - Rn. 17).

54

(aa) Die Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ ist im Zusammenhang der Richtlinie 2000/78/EG auf die Beseitigung der verschiedenen Barrieren gerichtet, die die volle und wirksame Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, behindern. Diese Verpflichtung wird dadurch begrenzt, dass keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung des (potentiellen) Arbeitgebers verlangt wird (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 und C-337/11 - [HK Danmark, auch genannt „Ring, Skouboe Werge“] Rn. 49 ff., 66, 68; 11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacón Navas] Rn. 50, Slg. 2006, I-6467; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 50 ff.). Dabei können im Rahmen des AGG auch Verpflichtungen aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX(zu einer Frage im Bewerbungsgespräch bezogen darauf vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 54, BAGE 144, 275) und zur Gleichstellung und Barrierefreiheit nach dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) von Bedeutung sein.

55

(bb) Bei der Beurteilung einer solchen Nachfrage im Zusammenhang mit einer Behinderung ist sicherzustellen, dass die Verwirklichung des mit der Richtlinie 2000/78/EG verfolgten Ziels nicht beeinträchtigt wird (insoweit übertragbar ua. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 40). Die Frage muss deshalb einen objektiven - und wünschenswerterweise zu Beginn der Nachfrage darzulegenden - Anlass haben. Beispielsweise kann es um die Klärung gehen, ob ergänzende Maßnahmen der Herstellung von Barrierefreiheit dienen können, um die tatsächliche Arbeitsaufnahme zu ermöglichen, etwa der Einbau von weiteren Handläufen im Treppenhaus oder die Bereitstellung eines ebenerdigen Arbeitsraums außerhalb der Abteilung. Dabei ist es von der Würdigung der Umstände im Einzelfall abhängig, ob eine Frage im Hinblick auf einen Bedarf an Hilfsmitteln oder baulichen Maßnahmen ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung darstellt (vgl. zu einer vergleichbaren Frage im Zusammenhang von § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX ebenso BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 54, BAGE 144, 275).

56

(cc) Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt kein Verschulden oder gar eine Benachteiligungsabsicht voraus(ua. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 37 mwN). Deshalb kann bereits ein lediglich „unglücklicher“ Gesprächsverlauf einen Anspruch auf Entschädigung begründen.

57

(b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht in der Nachfrage zu der Gehbehinderung des Klägers - den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt - kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung gesehen hat. Dabei hat das Gericht den gesamten Vortrag des Klägers berücksichtigt und umfassend und widerspruchsfrei gewürdigt.

58

(aa) Zwar entspricht die vom Landesarbeitsgericht der Beklagten unterstellte „Fragerichtung“ (ob und inwieweit die körperliche Beeinträchtigung einem etwaigen Einsatz als Communitymanager entgegenstehe) nicht den oben genannten Vorgaben von Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 UN-BRK und auch nicht den ähnlich gelagerten Vorgaben von § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX. Danach steht „ermöglichen“ im Fokus, nicht „entgegenstehen“. Es ist gleichwohl nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht unter Zugrundelegung des gesamten vom Kläger geschilderten Gesprächsverlaufs kein Indiz gesehen hat, das eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermuten lässt. Es hat dabei besonders bedacht, dass am Schluss des Gesprächs eine abschließende Feststellung der Abteilungsleiterin erfolgt sein soll, dass der Kläger „trotz seiner Gehbehinderung wohl keinen Aufzug benötige“, um in die im Obergeschoss gelegenen Büroräume zu gelangen. Das Landesarbeitsgericht hat dies dahin gehend gewertet, dass „auch aus Sicht der Beklagten die Gehbehinderung des Klägers seinem Einsatz auf den ausgeschriebenen Stellen nicht entgegenstand“. Diese Bewertung ist vertretbar und somit im Rahmen von § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu beanstanden.

59

(bb) Soweit der Kläger meint, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sei verletzt (vgl. zu den Anforderungen der Darlegung: BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 26), weil das Landesarbeitsgericht seinen Sachvortrag zu Nachfragen zu seiner Schwerbehinderung übergangen habe, ist dies unbegründet. Dabei kann zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass sich seine Rügen nicht gegen tatbestandliche Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, sondern gegen den Weg richten, auf dem dieses seine Überzeugung gewonnen hat. Der Kläger übersieht bereits, dass das Landesarbeitsgericht ihm gestellte Fragen des zu seinen Gunsten unterstellten Gesprächsverlaufs nicht übergangen hat. So ist die Frage „was haben Sie genau?“ in der Frage „nach der Art seiner Schwerbehinderung“ enthalten. Auch die Nachfrage, wie er die Stufen „gepackt“ habe, hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich wiedergegeben, nur mit dem Wort „bewältigt“. Tatsächlich setzt der Kläger lediglich seine eigene Würdigung der Situation an die Stelle derer des Landesarbeitsgerichts, ohne Verstöße gegen Erfahrungs- und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung darzulegen. Das reicht nicht aus (vgl. auch BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 31; 13. Februar 2003 - 8 AZR 654/01 - zu II 5 der Gründe, BAGE 104, 358).

60

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Winter    

        

    Kiel    

        

        

        

    v. Schuckmann    

        

    Volz    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. April 2011 - 10 Sa 930/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung der künftigen Bankrente des Klägers sowie über die Rückzahlung von Mehraufwendungen für die Sonderausstattung eines Dienstwagens.

2

Der im Februar 1963 geborene Kläger stand vom 1. April 1990 bis zum 31. Dezember 2008 mit der Beklagten, einer Leasinggesellschaft und Spezialbank für Objektfinanzierung, und ihrer Rechtsvorgängerin - der D AG - in einem Arbeitsverhältnis. Nach Ziff. 4 seines Arbeitsvertrags vom 29. März/5. April 1990 sind ua. die Versorgungsordnung und die Betriebsvereinbarungen der Bank in ihren jeweils geltenden Fassungen Bestandteile dieses Vertrags.

3

Bei der D AG galt seit dem 1. Januar 1989 eine im Januar 1990 geschlossene Betriebsvereinbarung über die Einführung einer Versorgungsordnung (BV Versorgung). In dieser war ua. Folgendes geregelt:

        

1.1   

Geltungsbereich

        

1.1.1 

Die D AG gibt ihren Betriebsangehörigen sowie deren Hinterbliebenen Versorgungszusagen gemäß den Bestimmungen dieser Versorgungsordnung.

        

…       

        
        

1.3     

Leistungsvoraussetzungen

        

1.3.1 

Die/der Betriebszugehörige erhält mit Versetzung in den Ruhestand eine Bankrente; …

        

…       

        
                          
        

1.4     

Pensionsfähiges Jahresgehalt

        

1.4.1 

Grundlage für die Berechnung der Bankrenten ist das 12-fache des durchschnittlich in den letzten 12 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogenen tariflichen oder außertariflichen Bruttomonatsgehaltes einschließlich Funktions- und übertariflicher Zulagen, nachstehend pensionsfähiges Jahresgehalt genannt. Kinderzulagen und sonstige Zulagen/Vergütungen bleiben unberücksichtigt.

        

…       

        
        

1.7.   

Limitierung und Mindestbankrente

        

1.7.1 

Bankrenten … werden nur insoweit gewährt, als die Bruttogesamtversorgung bei Eintritt des Versorgungsfalles bei 10 anrechnungsfähigen Dienstjahren 85 % des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens nicht übersteigt. Dieser Satz erhöht sich mit jedem weiteren anrechnungsfähigen Dienstjahr um 0,5 % auf maximal 100 %.

        

…       

        
        

1.7.3 

Die Bruttogesamtversorgung setzt sich zusammen aus nachstehenden jährlichen Ansprüchen aus eigenen Anwartschaften:

                 

a)    

Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. …

                 

b)    

Versorgungsleistungen des BVV aus der Pflichtversicherung.

                 

…       

        
                 

e)    

Bankrente nach dieser Versorgungsordnung.

        

…       

                 
        

1.7.7 

Für die Berechnung des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens wird das pensionsfähige Jahresgehalt gemäß Ziffer 1.4 sowie die zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogene tarifliche Sonderzahlung (bei Tarifgehältern) bzw. die von der Bank garantierte Abschluß- und Weihnachtsgratifikation (bei außertariflichen Gehältern) zugrunde gelegt.

        

…“    

        
4

Der Kläger wurde ab dem Jahr 1995 von der D AG außertariflich vergütet. Er erhielt - wie sämtliche Vertriebsmitarbeiter - jährlich eine Abschluss- und eine Weihnachtsgratifikation. Die Abschlussgratifikation bestand aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehalts und einer zusätzlichen Vergütung, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wurde. Die Weihnachtsgratifikation betrug ein Monatsgehalt.

5

Die D AG schloss am 30. Oktober 1998 mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über ein neues Vergütungssystem für die Mitarbeiter im Vertrieb (BV Vergütung). In dieser heißt es auszugsweise:

        

Persönlicher/räumlicher Geltungsbereich

        

Das neue Vergütungssystem findet ab 01. Januar 1998 Anwendung auf die Mitarbeiter im Vertrieb (Betreuer und Filialleiter), …

        

1.    

Funktionen und Zielgrößen

        

1.1     

Für Mitarbeiter im Vertrieb mit gleichem Anforderungsprofil werden Zielgehälter gebildet. …

        

1.2     

Das Zielgehalt setzt sich aus einem fixen und einem variablen Bestandteil zusammen. Das fixe Grundgehalt beträgt 80 % des Zielgehalts, der variable Zielbonus (Bonus bei Erreichen der Zielvereinbarung …) 20 % des Zielgehalts.

        

…       

        
        

7.    

Berichtswesen und Auszahlungsmodus

        

…       

        
        

7.3     

Ein nach dem neuen System entlohnter Mitarbeiter erhält das Grundgehalt in 12 Teilbeträgen. Zusätzlich zum Grundgehalt werden im gleichen Auszahlungsmodus 50 % des Zielbonus über das Jahr verteilt als monatliche Abschlagszahlung geleistet. …

        

7.4     

Die Endabrechnung erfolgt einmal jährlich im April des Folgejahres.“

6

Der Kläger schloss mit der D AG am 26. März/29. April 2008 einen neuen Arbeitsvertrag sowie eine Vereinbarung „Incentive 2008“. Der Arbeitsvertrag hat ua. folgenden Inhalt:

        

1.    

Vertragsbeginn/Tätigkeit

                 

Der Mitarbeiter wird mit Wirkung vom 1. Januar 2008 als Filialleiter weiterbeschäftigt.

                 

…       

        

2.    

Bezüge

                 

a.)     

Gehalt

                 

Der Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Bruttojahresgrundgehalt in Höhe von

                 

75.000,00 Euro.

                 

Darüber hinaus wird dem Mitarbeiter derzeit ein Zuschlag für die jeweils gültige Filialstruktur gezahlt (Anlage A). …

                 

Das Bruttojahresgrundgehalt zzgl. Zuschlag wird in zwölf gleichen monatlichen Zahlungen jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt.

                 

…       

                 

b.)     

Variable Vergütung

                 

Der Mitarbeiter nimmt darüber hinaus am variablen Vergütungssystem teil. …

                 

c.)     

Vermögensbildende Leistung

                 

Eine vermögensbildende Leistung, die in ihrer Höhe den vermögenswirksamen Leistungen des für das private Bankgewerbe geltenden Tarifvertrages entspricht.“

7

In der Vereinbarung „Incentive 2008“ ist ua. Folgendes bestimmt:

        

2.    

Senior 3 Incentive 2008

                 

Um die Einführung der neuen Karrierestufe Senior 3 zu unterstützen, wird dem Filialleiter in 2008 ein Zuschlag in Höhe von 4.000,00 € Brutto p.a. pro Senior 3 gezahlt.

                 

Der Zuschlag ist ein Bruttozuschlag und wird in zwölf gleichen monatlichen Zahlungen jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt. Der Zuschlag wird spätestens im März des Geschäftsjahres in dem der Incentive gültig ist errechnet und rückwirkend zum 1. Januar des Geschäftsjahres umgesetzt.“

8

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin stellte Mitarbeitern in Führungspositionen oder solchen Mitarbeitern, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit ein Fahrzeug benötigten, auf der Grundlage einer „Autoordnung“ einen Dienstwagen zur Verfügung, den sie auch privat nutzen durften. Die Leasingkosten für den Dienstwagen wurden bis zur Höhe einer festgelegten Referenzrate von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin übernommen. Überstiegen die monatlichen Leasingraten aufgrund der zusätzlichen Sonderausstattung des von den Mitarbeitern bestellten Wagens die festgelegte Referenzrate, hatten die Mitarbeiter die sich ergebende Kostendifferenz durch Zahlung eines Einmalbetrags zu Beginn der Überlassung zu tragen.

9

Dem Kläger stand ab Januar 2008 ein - auch privat nutzbarer - Dienstwagen zur Verfügung. Der Leasingvertrag für den vom Kläger bestellten Dienstwagen hatte eine Laufzeit von drei Jahren und sah die Zahlung von insgesamt 36 Monatsraten vor. Aufgrund der zusätzlichen Sonderausstattung des Wagens überstiegen die monatlichen Leasingraten die festgelegte Referenzrate. Der Kläger zahlte der D AG am 1. Februar 2008 die sich ergebende Gesamtdifferenz zwischen den monatlichen Leasingraten und den Referenzraten iHv. 5.591,05 Euro.

10

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19. Mai 2008 zum 31. Dezember 2008. Mit Schreiben vom 27. August 2008 kündigte die D AG das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich. Im Rahmen der hiergegen vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage schlossen der Kläger und die D AG einen Vergleich, der durch Beschluss des Arbeitsgerichts nach § 278 Abs. 6 ZPO am 10. Februar 2009 festgestellt wurde. Der Vergleich lautet auszugsweise:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat am 31.12.2008 (‚Rechtlicher Beendigungszeitpunkt‘) aufgrund arbeitnehmerseitiger Kündigung geendet. ...

        

2.    

Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis vorbehaltlich abweichender Regelungen in diesem Vergleich, soweit noch nicht geschehen, bis zum 17.11.2008, 24:00 Uhr (‚Tatsächlicher Beendigungszeitpunkt‘), ab. Weitere Vergütungsansprüche bestehen mit Ausnahme des in Ziffer 4 dieses Vergleiches geregelten Anspruchs auf variable Vergütung nicht.

                 

...     

        

3.    

Der Kläger hat für die Nutzung eines Dienstwagens entsprechend der einschlägigen Dienstwagenregelung der Beklagten und zur Abgeltung eines durch die Nutzung über seine vertraglichen Rechte hinaus entstandenen Mehraufwandes eine Einmalzahlung an die Beklagte in Höhe von 5.591,05 EUR (…) geleistet. Der Kläger hat den Dienstwagen am 17.11.2008 zurückgegeben. Die Beklagte erstattet an den Kläger den anteiligen seitens des Klägers gezahlten Mehrbetrag für den Zeitraum zwischen tatsächlicher Rückgabe des Dienstwagens und dem Rechtlichen Beendigungszeitpunkt.

        

...     

        
        

5.    

Für die Zwecke der betrieblichen Altersversorgung ist der Rechtliche Beendigungszeitpunkt maßgeblich.

        

…“    

        
11

Das Arbeitsverhältnis des Klägers war aufgrund eines Betriebsübergangs zum 31. August 2008 auf die Beklagte übergegangen. Diese zahlte auf der Grundlage von Nr. 3 Satz 3 des Vergleichs an den Kläger 698,88 Euro.

12

Der Kläger erhielt von der Beklagten neben seinem Grundgehalt zuletzt monatlich einen Abschlag auf den Zielbonus nach der BV Vergütung iHv. 830,00 Euro brutto, einen Zuschlag für die gültige Filialstruktur 2008 iHv. 1.250,00 Euro brutto, einen Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ iHv. 1.000,00 Euro brutto sowie vermögenswirksame Leistungen iHv. 39,88 Euro. Für die Versteuerung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung des Dienstwagens setzte die Beklagte monatlich 915,20 Euro brutto an. Darüber hinaus gewährte die Beklagte dem Kläger für das Kalenderjahr 2008 - zuzüglich zu den schon erfolgten Abschlagszahlungen - einen Zielbonus iHv. 73.758,88 Euro.

13

Im März 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich seine Bankrente bei einem Rentenbeginn mit Vollendung des 65. Lebensjahres auf 438,00 Euro belaufe. Der Berechnung legte die Beklagte lediglich das Bruttojahresgrundgehalt des Klägers iHv. 75.000,00 Euro zugrunde.

14

Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass bei dem für die Berechnung seiner künftigen Bankrente maßgeblichen pensionsfähigen Jahresgehalt weitere Vergütungsbestandteile sowie Sachbezüge zu berücksichtigen sind. Zudem hat er von der Beklagten eine weitergehende Rückzahlung des vom ihm getragenen Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens verlangt.

15

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zu dem pensionsfähigen Jahresgehalt zählten nicht nur sein Grundgehalt, sondern auch der Zuschlag für die gültige Filialstruktur, die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der Zielbonus, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“, der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens sowie die vermögenswirksamen Leistungen. Der Begriff „Bruttomonatsgehalt“ iSd. BV Versorgung erfasse alle innerhalb des letzten Jahres vor dem Ausscheiden bezogenen Entgeltbestandteile. Nach einer Auskunft des ehemaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden G seien bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das als garantierter Teil der Abschlussgratifikation gezahlte 13. Monatsgehalt und das als Weihnachtsgratifikation geleistete 14. Monatsgehalt sowie die Sachbezüge und die vermögenswirksamen Leistungen von der Beklagten stets berücksichtigt worden. Durch die vorbehaltlose Auszahlung des Abschlags auf den Zielbonus seit der Einführung des neuen Vergütungssystems im Jahr 1998 sei für ihn ein Anspruch auf diesen Vergütungsbestandteil aus betrieblicher Übung entstanden. Bereits deshalb zähle dieser zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung. Bei dem Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ und dem geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstwagens handle es sich um Funktionszulagen iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Ein Anspruch auf Berücksichtigung aller Vergütungsbestandteile ergebe sich zudem aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte berücksichtige bei der Berechnung der Betriebsrenten der ehemaligen Arbeitnehmer T und G auch die variablen Vergütungsbestandteile und die Sachbezüge. Es bestehe kein sachlicher Grund, in seinem Fall eine andere Berechnung vorzunehmen. Die Beklagte habe nicht in ausreichendem Maße dargelegt, dass mit den Arbeitnehmern T und G individuelle Sondervereinbarungen getroffen wurden.

16

Die Beklagte sei verpflichtet, den von ihm geleisteten Mehraufwand für die Sonderausstattung seines Dienstwagens für die gesamte Laufzeit des Leasingvertrags, in der er den Dienstwagen nicht habe nutzen können, zurückzuzahlen. Die Beklagte sei insoweit ungerechtfertigt bereichert. Der Vergleich vom 10. Februar 2009 stehe dem nicht entgegen. Dieser beziehe sich nur auf die Zeit bis zu seinem Ausscheiden am 31. Dezember 2008.

17

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das entsprechend Ziff. 1.4.1 der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung für die Betriebsangehörigen der D AG in der Fassung von Januar 1990 (rückwirkend in Kraft getreten am 1. Januar 1989) als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „pensionsfähige Jahresgehalt“ insgesamt 197.179,84 Euro beträgt und neben dem „Grundgehalt“ in Höhe von 75.000,00 Euro auch den Zuschlag für die Einordnung seiner Filiale in die Filialstufe Premiumfiliale in Höhe von 15.000,00 Euro, den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens in Höhe von 10.982,40 Euro, vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 478,56 Euro, Abschlagszahlungen auf den Zielbonus in Höhe von 9.960,00 Euro, den variablen Bonus im Sinne der Betriebsvereinbarung „Vergütungssystem des Vertriebs der D“ vom 30. Oktober 1998 in Höhe von 73.758,88 Euro sowie die vom Kläger erhaltene „Senior 3 Incentive Zulage“ in Höhe von 12.000,00 Euro einschließt,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.183,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. April 2009 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

19

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „pensionsfähige Jahresgehalt“ neben dem „Grundgehalt“ den Zuschlag für die Einordnung seiner Filiale in die Filialstufe „Premiumfiliale“ einschließt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht haben die Parteien am 11. Februar 2011 folgenden Teilvergleich geschlossen:

        

I.    

        

Die Parteien sind sich einig, dass in das entsprechend Ziffer 1.4.1 der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung für die Betriebsangehörigen der D AG in der Fassung von Januar 1990 (rückwirkend in Kraft getreten am 01.01.1989) als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende ‚pensionsfähige Jahresgehalt‘ das ‚Grundgehalt‘ mit € 75.000,-- (…) und der Zuschlag für die Einordnung der Filiale des Klägers in die Filialstufe ‚Premiumfiliale‘ mit einem Betrag von € 13.125,-- (...) einfließt.

        

…“    

20

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage - soweit sie in die Revision gelangt ist - zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Berechnung der künftigen Bankrente des Klägers ein pensionsfähiges Jahresgehalt von mehr als 88.125,00 Euro zugrunde zu legen. Der Kläger kann von der Beklagten auch keine weitere Rückzahlung des von ihm geleisteten Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro verlangen.

22

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag.

23

1. Der Feststellungsantrag bedarf allerdings der Auslegung. Diese ergibt, dass der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, bei der Berechnung der Höhe seiner Bankrente nicht lediglich ein pensionsfähiges Jahresgehalt iHv. 88.125,00 Euro, sondern in Höhe weiterer 109.054,84 Euro, mithin insgesamt 197.179,84 Euro zugrunde zu legen. Die Parteien haben in dem am 11. Februar 2011 vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Teilvergleich Einigkeit erzielt, dass jedenfalls das Grundgehalt des Klägers iHv. 75.000,00 Euro und der Zuschlag für die Filialstruktur 2008 iHv. 13.125,00 Euro in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts einfließen. Damit steht zwischen den Parteien außer Streit, dass das für die Berechnung der Höhe der Bankrente des Klägers maßgebliche pensionsfähige Jahresgehalt zumindest 88.125,00 Euro beträgt. Der Antrag zu 1. zielt daher ersichtlich nur noch auf die Feststellung ab, dass als pensionsfähiges Jahresgehalt des Klägers nicht lediglich ein Betrag iHv. 88.125,00 Euro, sondern ein weiterer Betrag iHv. 109.054,84 Euro, mithin insgesamt ein Betrag iHv. 197.179,84 Euro zugrunde zu legen ist.

24

2. Der so verstandene Feststellungsantrag ist zulässig.

25

a) Der Antrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 17; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 19). Dies ist vorliegend gegeben. Der Feststellungsantrag betrifft die Berechnung der Bankrente des Klägers. Damit geht es um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten.

26

b) An der Feststellung besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Es ist unerheblich, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Da die Beklagte die vom Kläger geltend gemachte Berechnungsgrundlage für die Bankrente bestreitet, ist das betriebsrentenrechtliche Rechtsverhältnis durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, erst nach Eintritt des Versorgungsfalls einen Rechtsstreit gegen seinen Arbeitgeber über Inhalt und Umfang seiner Versorgungsrechte zu führen. Die Parteien haben ein rechtliches Interesse daran, Meinungsverschiedenheiten über den Bestand und die Ausgestaltung der Versorgungsrechte möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalls klären zu lassen (vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 18).

27

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner Bankrente nicht lediglich ein pensionsfähiges Jahresgehalt iHv. 88.125,00 Euro, sondern in Höhe weiterer 109.054,84 Euro, mithin insgesamt 197.179,84 Euro zugrunde legt. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, an den Kläger eine weitere Rückzahlung des von ihm getragenen Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro zu leisten.

28

1. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner künftigen Bankrente ein pensionsfähiges Jahresgehalt von mehr als 88.125,00 Euro zugrunde legt. Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung fließen der variable Bonus - Zielbonus - iSd. BV Vergütung, die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ sowie die vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens nicht in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts ein. Die Beklagte ist auch nicht gehalten, den Zuschlag Filialstruktur 2008 bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts mit einem über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag hinausgehenden Wert zu berücksichtigen.

29

a) Die Auslegung von Nr. 1.4.1 BV Versorgung ergibt, dass der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“, die vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts außer Ansatz bleiben.

30

aa) Die BV Versorgung ist als Betriebsvereinbarung nach den für Gesetze und für Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21; 14. Dezember 2010 - 3 AZR 939/08 - Rn. 18 mwN).

31

bb) Bereits der Wortlaut von Nr. 1.4.1 BV Versorgung spricht dafür, dass nicht alle innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden vom Kläger bezogenen Vergütungsbestandteile in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts einfließen.

32

Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung dient als Grundlage für die Berechnung der Bankrente das Zwölffache des durchschnittlich in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogenen tariflichen oder außertariflichen Bruttomonatsgehalts einschließlich etwaiger Funktions- und übertariflicher Zulagen. Die BV Versorgung definiert nicht ausdrücklich, was unter dem „Bruttomonatsgehalt“ zu verstehen ist. Sie bestimmt lediglich, dass zum Bruttomonatsgehalt Funktions- und übertarifliche Zulagen gehören, während Kinderzulagen sowie „sonstige Zulagen/Vergütungen“ nicht zu berücksichtigen sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst das Bruttomonatsgehalt nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile und Sachleistungen (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22; 14. August 1990 - 3 AZR 321/89 - zu 5 a der Gründe). Auch aus dem Wortbestandteil „Brutto“ folgt nicht, dass alle zu versteuernden Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind. Damit wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass beim ruhegeldfähigen Monatsgehalt die Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgezogen werden (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22 mwN). Die Verknüpfung des Wortbestandteils „Brutto“ mit dem weiteren Wortbestandteil „Monatsgehalt“ lässt zudem den Schluss darauf zu, dass mit Bruttomonatsgehalt nicht alle Einnahmen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Der Begriff Bruttomonatsgehalt bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 23; 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 1 der Gründe). Zwar ist für die Berechnung der Bankrente nicht das zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogene Monatsgehalt maßgeblich; vielmehr kommt es nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung auf das durchschnittlich in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls erzielte Bruttomonatsgehalt einschließlich bestimmter Zulagen an. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich aus der erforderlichen Durchschnittsberechnung allerdings nicht ableiten, dass damit auch alle im Referenzzeitraum gezahlten sonstigen Entgeltbestandteile vom Begriff des Bruttomonatsgehalts erfasst werden. Hätte dies geregelt werden sollen, hätte es nahegelegen, nicht auf den zwölffachen Betrag des durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts in den letzten zwölf Monaten abzustellen, sondern auf das in den letzten zwölf Monaten erzielte Entgelt. Mit der Anknüpfung an das Bruttomonatsgehalt haben die Betriebspartner daher zum Ausdruck gebracht, dass lediglich die monatsbezogenen Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind.

33

cc) Auch aus dem Regelungszusammenhang und der Systematik der Versorgungsbestimmungen ergibt sich, dass das „Bruttomonatsgehalt“ nicht dasjenige Arbeitsentgelt meint, das dem Mitarbeiter im Durchschnitt monatlich im Referenzzeitraum gezahlt wurde. Vielmehr muss es sich um Arbeitsentgelt handeln, das der Mitarbeiter für einen Monat und damit bezogen auf den Abrechnungszeitraum eines Monats erhalten hat.

34

(1) Die Betriebsparteien haben in der BV Versorgung zwischen dem pensionsfähigen Jahresgehalt (Nr. 1.4.1) und dem fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommen (Nr. 1.7.1) unterschieden. Aus dem fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommen leitet sich die Versorgungsobergrenze ab. Für die Berechnung des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens sind nach Nr. 1.7.7 BV Versorgung das pensionsfähige Jahresgehalt gemäß Nr. 1.4 und die zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogene tarifliche Sonderzahlung (bei Tarifgehältern) bzw. die von der Bank garantierte Abschluss- und Weihnachtsgratifikation (bei außertariflichen Gehältern) zugrunde zu legen. Hieraus folgt, dass die Vergütungsbestandteile Sonderzahlung sowie garantierte Abschluss- und Weihnachtsgratifikation nicht zum pensionsfähigen Jahresgehalt und damit auch nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung gehören. Bei der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor Inkrafttreten der BV Vergütung gezahlten Abschluss- und Weihnachtsgratifikation handelte es sich um Einmalzahlungen, die nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen waren. Gleiches galt für die tarifliche Sonderzahlung. Nach § 10 Abs. 1 des bei Abschluss der BV Versorgung geltenden Manteltarifvertrags für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken vom 24. August 1978 (idF des am 15. November 1989 in Kraft getretenen Änderungstarifvertrags vom 15. November 1989) hatten die Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass die betrieblichen Sonderzahlungen in einem Kalenderjahr 100 % des monatlichen Tarifgehalts zuzüglich aller tariflichen Zulagen und Wechselschichtzulagen nicht unterschreiten. Auch diese Vorgaben bezogen sich damit auf das gesamte Jahr und nicht auf den Monat. Nach der Regelungssystematik der BV Versorgung sind die Betriebsparteien daher ersichtlich davon ausgegangen, dass diese jahresbezogenen Vergütungsbestandteile nicht unter den Begriff des Bruttomonatsgehalts iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung fallen, sondern dass es sich beim Bruttomonatsgehalt nur um solche Zahlungen handelt, die der Arbeitnehmer bezogen auf den Abrechnungszeitraum eines Monats erhält. Die BV Versorgung geht damit nicht von einem Jahresgesamtverdienst aus, um einen Durchschnittsverdienst im Monat zu berechnen. Dadurch unterscheidet sich die vorliegende Versorgungsordnung von den Versorgungsbestimmungen, die den vom Kläger angezogenen Entscheidungen des Senats vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 6/09 -) und vom 21. August 2001 (- 3 AZR 746/00 -) zugrunde lagen. Dort stellten die Versorgungsregelungen für die Berechnung der Betriebsrenten auf das im Durchschnitt innerhalb eines festgelegten Referenzzeitraums monatlich verdiente Entgelt ab. Deshalb waren alle in den Referenzzeitraum fallenden Entgeltbestandteile zu berücksichtigen.

35

(2) Auch die Regelung in Nr. 1.4.1 Satz 2 BV Versorgung zeigt, dass nicht alle Vergütungsbestandteile zum pensionsfähigen Jahresgehalt zählen. Nach dieser Bestimmung bleiben mit Ausnahme der Funktionszulagen und der übertariflichen Zulagen „sonstige Zulagen/Vergütungen“ bei der Bemessung des pensionsfähigen Jahresgehalts unberücksichtigt. Die mit dem weiten Begriff der „sonstigen Vergütungen“ zum Ausdruck gebrachte ausdrückliche Herausnahme aller nicht in Nr. 1.4.1 Satz 1 BV Versorgung aufgeführten Entgeltbestandteile verdeutlicht, dass trotz des Abstellens auf einen Referenzzeitraum nach den Vorstellungen der Betriebsparteien gerade nicht alle während dieses Zeitraums anfallenden variablen oder einmalig gezahlten Vergütungsbestandteile unter den Begriff des „Bruttomonatsgehalts“ fallen.

36

dd) Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt auch der Zweck der mit der BV Versorgung zugesagten betrieblichen Altersversorgung kein weitergehendes Verständnis des „Bruttomonatsgehalts“. Die Frage, inwieweit eine Versorgungszusage den bisherigen Lebensstandard sichern will, hängt vor allem davon ab, welche Vergütungsbestandteile nach der konkreten Versorgungsordnung als versorgungsfähig bezeichnet werden. Das Versorgungsziel ist keine vorgegebene Größe, sondern ergibt sich erst durch Auslegung, bei der Wortlaut und Systematik im Vordergrund stehen (BAG 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 3 a der Gründe).

37

b) Danach bleiben der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge sowie der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ außer Ansatz. Auch die monatlichen vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens zählen nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung.

38

aa) Der variable Zielbonus nach Nr. 1.2 BV Vergütung ist kein monatlich zu zahlender Gehaltsbestandteil. Er wird vielmehr auf das Jahr bezogen ermittelt (vgl. Nr. 7.4 BV Vergütung). Entgegen der Auffassung des Klägers ist wegen des Inkrafttretens der BV Vergütung keine andere Beurteilung geboten. Auch die früher von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährten Gratifikationen, die durch den Zielbonus ersetzt wurden, waren - wie Nr. 1.7.7 BV Versorgung zeigt - nicht Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung, da sie nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen waren (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 27).

39

bb) Die auf den Zielbonus gewährte monatliche Abschlagszahlung ist ebenfalls nicht Teil des Bruttomonatsgehalts. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte berechtigt ist, ggf. zu viel geleistete Abschlagszahlungen zurückzufordern. Die Abschlagszahlungen erfolgen zwar monatlich. Es handelt sich aber um Abschläge auf den Zielbonus, der jahresbezogen gewährt wird. Damit sind auch die Abschlagszahlungen Teil einer jahresbezogenen Leistung (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 27). Die Zahlung der Abschläge auf den Zielbonus wurde auch durch die wiederholte monatliche Gewährung nicht im Wege der betrieblichen Übung zum Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung. Die Zahlung der Abschläge erfolgte auf der Grundlage von Nr. 7.3 Satz 2 BV Vergütung. Dies steht der Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung entgegen. Eine betriebliche Übung scheidet als Anspruchsgrundlage aus, wenn für den Anspruch eine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage besteht (vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29).

40

cc) Der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ bleibt gleichfalls außer Ansatz. Nach Nr. 2 der Vereinbarung „Incentive 2008“ wird der Zuschlag auf das Jahr bezogen ermittelt. Damit zählt er nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Dass der Zuschlag in zwölf gleichen monatlichen Beträgen gezahlt wird, ist unerheblich. Der Zuschlag ist damit kein monatlich zu zahlender Gehaltsbestandteil. Es handelt sich lediglich um Teilbeträge, die auf den jahresbezogen gewährten Zuschlag geleistet werden.

41

Der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ ist entgegen der Ansicht des Klägers auch keine Funktionszulage iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Eine Funktionszulage ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Arbeitsentgelt für die Verrichtung einer Arbeit in einer bestimmten Funktion (BAG 17. April 1996 - 10 AZR 617/95 - zu II 1 der Gründe; 18. März 2009 - 10 AZR 338/08 - Rn. 15 für die tarifliche Funktionszulage). Der Zuschlag knüpft nicht an die Funktion des Klägers, sondern an den Umstand an, dass in seiner Filiale Mitarbeiter der Hierarchiestufe Senior 3 beschäftigt waren. Nach Nr. 2 der Vereinbarung „Incentive 2008“ sollte die Beschäftigung solcher Mitarbeiter gefördert werden. Dies zeigt auch das englische Wort „Incentive“ (deutsch: Anreiz, Ansporn, vgl. Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik 6. Aufl. Teil I S. 391). Der Zuschlag sollte daher einen Anreiz dafür bieten, Mitarbeiter der Hierarchiestufe Senior 3 in der Filiale zu beschäftigen.

42

dd) Auch die „vermögensbildenden Leistungen“ nach Nr. 2 Buchst. c des Arbeitsvertrags vom 26. März/29. April 2008 zählen nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich gewährt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, der durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 28), insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz).

43

ee) Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens bleibt bei der Berechnung der Bankrente ebenfalls außer Ansatz. Der geldwerte Vorteil ist nicht Bestandteil des Bruttomonatsgehalts iSd. BV Versorgung. Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur Privatnutzung ist ein Sachbezug und wird deshalb nicht vom Begriff des Bruttomonatsgehalts umfasst (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 29 mwN).

44

Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung ist auch keine Funktionszulage iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter einer Zulage eine Geldzahlung verstanden, die zweckgebunden zum Ausgleich besonderer Belastungen oder Leistungen dient (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 30). Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung fällt hierunter nicht.

45

c) Die Beklagte ist auch nicht aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag iHv. 88.125,00 Euro hinaus weitere Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der künftigen Bankrente zu berücksichtigen. Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht hinreichend dargetan; er hätte dazu eine diese Vergütungsbestandteile einbeziehende Handhabung konkret darlegen müssen. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, zur Behauptung des Klägers, es habe eine entsprechende betriebliche Übung gegeben, wonach auch jährlich gezahlte Vergütungsbestandteile sowie Sachbezüge und vermögenswirksame Leistungen bei der Berechnung der Bankrente berücksichtigt wurden, Beweis zu erheben. Die insoweit von der Revision erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch.

46

aa) Eine Verfahrensrüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO im Einzelnen die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss bestimmt angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, in welchem Schriftsatz das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 32 mwN). Der angeblich übergangene Beweisantritt muss zudem zulässig sein. Wird ein Beweis angeboten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt, und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO). Gegenüber einem vom Landesarbeitsgericht als unschlüssig oder als nicht hinreichend konkretisiert gewerteten Sachvortrag kann nicht schlicht gerügt werden, es habe einen angebotenen Beweis für diesen nicht erhoben. Ein Beweisantritt kann nicht den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO). Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

47

bb) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers nicht ausreichend konkretisiert sind. Der Kläger hat keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen nach Ort, Zeit und Gesprächsinhalten vorgetragen, zu denen der von ihm benannte Zeuge G hätte befragt werden können. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Tatsachen zu erforschen, sondern die von der Partei behaupteten Tatsachen durch eine Beweisaufnahme zu überprüfen. Die Behauptung des Klägers, der Zeuge G könne bezeugen, dass bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das - als garantierter Teil der Abschlussgratifikation gezahlte - 13. Monatsgehalt und das als Weihnachtsgratifikation geleistete 14. Monatsgehalt sowie die Sachbezüge und die vermögenswirksamen Leistungen stets zur Berechnung der Betriebsrente herangezogen wurden, stellt keinen substantiierten Tatsachenvortrag dar. Der Kläger hätte vielmehr darlegen müssen, bei welchem namentlich bezeichneten Versorgungsempfänger so verfahren worden sein soll. Daran fehlt es. Eine unsubstantiierte, nicht durch Einzeltatsachen belegte allgemeine Behauptung einer Verfahrensweise wird nicht durch einen Beweisantritt zu einem schlüssigen Vortrag (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 33).

48

Soweit der Kläger vorträgt, der Betriebsrat sei - ohne es jedoch besser zu wissen - davon ausgegangen, dass auch nach der Umstellung des Vergütungssystems im Jahre 1998 die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus sowie sämtliche Sachbezüge und vermögenswirksamen Leistungen bei der Berechnung der Betriebsrenten berücksichtigt werden würden, ergibt sich aus dieser Behauptung nicht, dass die Beklagte tatsächlich so verfahren ist, sondern nur, dass der Betriebsrat hiervon ausgegangen ist, ohne von dieser Vorgehensweise genaue Kenntnis zu haben. Eine Spekulation des Betriebsrats ist nicht geeignet, die Entstehung einer betrieblichen Übung unter Beweis zu stellen. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auch insoweit von einer Beweisaufnahme abgesehen.

49

d) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den ehemaligen Arbeitnehmern G und T.

50

aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 36 mwN). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

51

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 37 mwN). Stellt der Arbeitgeber hingegen nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

52

bb) Danach liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor. Die Beklagte hat lediglich hinsichtlich der Mitarbeiter G und T eine von der BV Versorgung abweichende Berechnung der Ruhestandsbezüge vorgenommen. Nach der Darstellung der Beklagten beruht dies auf individuellen Vereinbarungen, die anlässlich des Ausscheidens mit diesen Arbeitnehmern getroffen wurden. Danach hat die Beklagte lediglich zwei einzelne Arbeitnehmer besser gestellt als die Versorgungsordnung dies vorsieht. Der Kläger hat die Darstellung der Beklagten zwar bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme abgesehen. Der Kläger hat einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht hinreichend dargelegt. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgt die Berechnung der Bankrente für nahezu 250 Arbeitnehmer, die entweder aktiv beschäftigt oder mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden sind oder sich bereits im Ruhestand befinden, auf der Grundlage des Grundgehalts und etwaig gewährter Funktions- und übertariflicher Zulagen. Der Kläger hat aus dieser Gesamtgruppe von Arbeitnehmern lediglich zwei Personen benannt, mit denen andere Regelungen getroffen wurden. Dabei hat der Kläger bereits keinen Vortrag dazu gehalten, dass die Beklagte eine selbst gegebene Regel umgesetzt hat. Er hat letztlich nur darauf abgestellt, dass bei zwei Mitarbeitern eine abweichende Berechnungsweise vorgenommen wurde. Ein abstraktes Differenzierungsmerkmal ist damit nicht erkennbar (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 38 mwN).

53

e) Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, den Zuschlag Filialstruktur 2008 über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag von 13.125,00 Euro hinaus iHv. weiteren 1.875,00 Euro bei der Bemessung des pensionsfähigen Jahresgehalts zu berücksichtigen. Aufgrund der materiellrechtlichen Folgen des Vergleichs iSv. § 779 BGB ist es dem Kläger verwehrt, eine über den vereinbarten Betrag hinausgehende Einbeziehung des Zuschlags bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts von der Beklagten zu verlangen. Bedenken an der Wirksamkeit des Teilvergleichs vom 11. Februar 2011 sind weder ersichtlich noch von der Revision geltend gemacht. Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung ist für die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts auf das in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls „bezogene“ Bruttomonatsgehalt einschließlich der Funktions- und übertariflichen Zulagen abzustellen. Angesichts der Regelungen in Nr. 2 Satz 2 und Nr. 5 des Vergleichs vom 10. Februar 2009, wonach Vergütungsansprüche des Klägers trotz des bis zum 31. Dezember 2008 fortbestehenden Arbeitsverhältnisses lediglich bis zum 17. November 2008 bestanden, haben die Parteien damit in zulässiger Weise den Streit über die Frage, in welcher Höhe der Zuschlag bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts in Ansatz zu bringen ist, beigelegt. Ob der Zuschlag Filialstruktur 2008 eine Funktionszulage iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung ist, kann daher dahinstehen.

54

2. Die Beklagte schuldet dem Kläger auch nicht die weitere Rückzahlung des vom ihm geleisteten Mehraufwands für die Sonderausstattung des ihm überlassenen Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro. Nach Nr. 3 Satz 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 war die Rechtsvorgängerin der Beklagten verpflichtet, dem Kläger den anteilig gezahlten Mehrbetrag für den Zeitraum zwischen der Rückgabe seines Dienstwagens am 17. November 2008 und dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2008 zu erstatten. Diesen Anspruch hat die Beklagte durch die Zahlung von 698,88 Euro an den Kläger unstreitig erfüllt. Ein weitergehender Rückzahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Das Landesarbeitsgericht hat Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten in Satz 3 der Regelung etwaige sich aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 ergebende Rückzahlungsansprüche des Klägers wegen des Mehraufwands für die Sonderausstattung des Dienstwagens abschließend geregelt haben. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit seinen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen ist, gilt diese Regelung auch zugunsten der Beklagten.

55

a) Dem Vergleich vom 10. Februar 2009 liegen atypische, individuelle Willenserklärungen zugrunde, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 23; 22. Juli 2010 - 8 AZR 144/09 - Rn. 18; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 14; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 112/07 - Rn. 18). Das gilt auch für die Auslegung des materiellrechtlichen Inhalts eines als Prozessvergleich geschlossenen Vergleichs (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50).

56

b) Danach ist die Auslegung von Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

57

aa) Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 22; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 15; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 112/07 - Rn. 19).

58

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, in Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 sei der Komplex „Einmalzahlung des Klägers für Sonderausstattungen“ vollständig und abschließend geregelt. Dies ergebe sich eindeutig daraus, dass Nr. 3 des Vergleichs ausdrücklich die volle Summe des seinerzeit vom Kläger wegen der von ihm gewünschten Sonderausstattung geleisteten Betrags von 5.591,05 Euro nenne und für diesen Betrag eine in sich abschließende Erstattungsregelung treffe, so dass kein Raum für weitergehende Erstattungsansprüche des Klägers bleibe.

59

cc) Diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle stand. Es ist weder ersichtlich noch macht die Revision geltend, dass das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Das Landesarbeitsgericht hat auch keine wesentlichen Tatsachen unberücksichtigt gelassen. Soweit der Kläger eingewendet hat, der Vergleich beinhalte keinen Verzicht auf die Rückerstattung weitergehender Beträge, liegt dieser rechtlichen Schlussfolgerung kein Tatsachenvortrag zugrunde, den das Landesarbeitsgericht hätte berücksichtigen können. Das Landesarbeitsgericht war deshalb nicht verpflichtet, hierüber Beweis zu erheben. Die insoweit von der Revision erhobene Verfahrensrüge greift daher nicht durch.

60

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Schultz    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2010 - 10 Sa 273/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der künftigen Ruhestandsbezüge des Klägers zu berücksichtigen sind.

2

Der 1959 geborene Kläger begründete am 1. September 1974 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Arbeitsverhältnis. Zum 31. August 2008 ging das Arbeitsverhältnis durch einen Betriebsübergang auf die Beklagte, eine Leasinggesellschaft und Spezialbank für Objektfinanzierung, über.

3

Dem Arbeitsverhältnis des Klägers lag der Arbeitsvertrag vom 26./29. Oktober 1987 zugrunde, der auszugsweise lautet:

        

„2.     

Bezüge

                 

Der Mitarbeiter erhält folgende Bezüge, durch die zugleich eventuelle Ansprüche auf Sozialzulagen und Mehrarbeitsvergütungen abgegolten sind:

                 

a)    

Gehalt

                          

Ein Bruttomonatsgehalt von DM 5.000,-- (in Worten: Deutsche Mark Fünftausend)

                          

Es wird jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt.

                                   
                 

b)    

Gratifikation

                          

Eine jährliche Abschlußgratifikation, die aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehaltes (Basis Dezember) und einer zusätzlichen Vergütung besteht, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wird. Die Abrechnung erfolgt am Tage der ordentlichen Hauptversammlung der Bank.

                          

Eine Weihnachtsgratifikation, die Ende November ausgezahlt wird, sofern der Mitarbeiter im Zeitpunkt der Zahlung in ungekündigtem Vertragsverhältnis steht. Sie beträgt zur Zeit ein Monatsgehalt.

                          

Bei einer Tätigkeitsdauer auf der Grundlage dieses Vertrages von weniger als 12 Monaten in einem Kalenderjahr werden die Gratifikationen zeitanteilig vergütet.

                 

c)    

Vermögensbildende Leistung

                          

Eine vermögensbildende Leistung, die in ihrer Höhe den vermögenswirksamen Leistungen des für das private Bankgewerbe geltenden Tarifvertrages entspricht.

        

3.    

Sozialversicherung/Zusatzversicherung

                 

Die Sozialversicherungsbeiträge sind nach den gesetzlichen Bestimmungen zu tragen.

                 

Die Bank versichert den Mitarbeiter während seiner Betriebszugehörigkeit aufgrund einer Verpflichtung aus ihrer Mitgliedschaft bei dem Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes V.a.G. (BVV) gemäß dessen Satzung und Versicherungsbedingungen; von den Beiträgen trägt der Mitarbeiter 1/3 und die Bank 2/3.

        

4.    

Sonstige Vertragsbestandteile

                 

Die Betriebsordnung, die Versorgungsordnung und die Urlaubsordnung der Bank in ihren jeweils geltenden Fassungen sind Bestandteile dieses Vertrages. Ferner finden die Bestimmungen der Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken über Arbeitszeit, Urlaub und Fortzahlung des Gehaltes im Krankheitsfalle entsprechende Anwendung.

        

…“    

                 
4

Der Arbeitsvertrag wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorformuliert und entspricht dem zum damaligen Zeitpunkt im Unternehmen üblichen Vertragsmuster. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Herbst 1987 galt bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versorgungsordnung der Dresdner Bank AG. Diese lautet in Punkt B 7:

        

        

„Als Grundlage für die Berechnung der Ruhestandsbezüge dienen:

                 

a) das Zwölffache des zuletzt bezogenen vertraglichen oder tariflichen Bruttomonatsgehaltes einschließlich etwaiger Haushalts-, Funktions- und übertariflicher Zulagen, nachstehend Jahresgehalt genannt. Kinderzulagen und alle anderen Zulagen bleiben unberücksichtigt,

                 

b) die bei der Bank zurückgelegten vollen Dienstjahre,

                 

und zwar jeweils nach dem Stand bei Eintritt des Versorgungsfalles.

                 

Soweit bei der Berechnung die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen ist, gilt die des Kalenderjahres, das dem Jahre vorangeht, in welchem der Versorgungsfall eintritt, nachstehend Beitragsbemessungsgrenze genannt.“

5

In der Folgezeit veröffentlichte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versorgungsordnung Stand Januar 1988. In dieser Versorgungsordnung, die auch die Beklagte anwendet, heißt es auszugsweise:

        

        

„A    

                 

Allgemeines

        

1.    

Die D und K AG gewährt ihren Betriebsangehörigen sowie deren Hinterbliebenen

                 

Versorgungsbezüge

                 

gemäß den Bestimmungen dieser Versorgungsordnung.

        

2.    

Die Versorgungsleistungen - Ruhestands- bzw. Hinterbliebenenbezüge - werden zusätzlich zu den Renten der Versicherungsträger, nämlich

                 

der gesetzlichen Rentenversicherung

                 

und des Beamtenversicherungsvereins des Deutschen Bank- und Bankiersgewerbes - BVV -

                 

oder anderer Versorgungseinrichtungen

                 

gewährt.

        

…       

        
                 

B       

                 

Ruhestandsbezüge

        

…       

        
        

7.    

Als Grundlage für die Berechnung der Ruhestandsbezüge dienen:

                 

a)    

das Zwölffache des zuletzt bezogenen vertraglichen oder tariflichen Bruttomonatsgehaltes einschließlich etwaiger funktions- und übertariflicher Zulagen, nachstehend Jahresgehalt genannt. Kinderzulagen und alle anderen Zulagen bleiben unberücksichtigt,

                 

b)    

die bei der Bank zurückgelegten vollen Dienstjahre,

                          

und zwar jeweils nach dem Stand bei Eintritt des Versorgungsfalles.

                          

…       

        

8.    

a)    

Die jährliche Bankrente beträgt 0,3 v.H. des Jahresgehaltes für jedes Dienstjahr.

                          

Für die Mitarbeiter, die mit Wirkung vom 1.7.1972 bzw. 1.1.1980 ihren Beitritt zum Beamtenversicherungsverein erklärt haben, gilt für den Zeitraum bis zum Beitritt ein Bankrentensatz von 0,6 v.H. des Jahresgehaltes für jedes Dienstjahr.

                 

b)    

Sofern das Jahresgehalt die Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, werden für jedes Dienstjahr jeweils weitere 1,5 v.H., höchstens insgesamt 60 v.H. des die Beitragsbemessungsgrenze übersteigenden Betrages, gewährt.

        

…“    

6

Im Jahr 1997 führte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ein neues Vergütungssystem zunächst durch individuelle Änderungsvereinbarungen mit einzelnen Mitarbeitern ein. Dem Kläger wurde unter dem 21. März 1997 ein entsprechendes Informationsschreiben übersandt. Danach betrug das „alte Fixgehalt“ des Klägers jährlich 125.459,00 DM. Im Mai 1997 übersandte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ein weiteres Schreiben, das der Kläger am 16. Juni 1997 gegenzeichnete. Dort heißt es ua.:

        

        

„Gleichzeitig werden wir Ihre Bezüge rückwirkend ab 01. Januar 1997 auf Basis Filialleiter ‚Kleine Filiale’ wie folgt neu regeln:

                 

Grundgehalt (80%)

=       

DM 104.000,00 brutto p.a.

                 

Zielbonus (20%)

=       

DM   26.000,00 brutto p.a.

                 

Zieleinkommen (100%)

=       

DM 130.000,00 brutto p.a.

                 

Das Zieleinkommen von 100% setzt die Erreichung der in Ziffer 1.2 der Vergütungsregelung für Filialleiter genannten Zieldeckungsbeiträge voraus.

                 

Das Grundgehalt wird in monatlichen Teilbeträgen à DM 8.667,00 brutto 12 mal vergütet. Hinzu kommt eine monatliche Abschlagszahlung auf den Zielbonus in Höhe von 50%, die gleichfalls in 12 Monatsraten gezahlt wird.

                 

Ihre monatlichen Bruttobezüge regeln sich demnach ab 01. Januar 1997 wie folgt:

                 

Grundgehalt

=       

DM 8.667,00 brutto p. M.

                 

Abschlag (50%)

=       

DM 1.084,00 brutto p. M.

                                   

DM 9.751,00 brutto p. M.

                 

Diese neue Vergütungsregelung auf Basis der jeweiligen Betriebsvereinbarung ersetzt die Regelungen in den Ziffern 2a und 2b Ihres Anstellungsvertrages vom 26.10.1987/29.10.1987. Alle übrigen Bestandteile bleiben unverändert.

        

…“    

        
7

Dieses neue Vergütungssystem wurde später in der Betriebsvereinbarung zur Vergütung der Mitarbeiter im Vertrieb vom 8. Oktober 1998 zwischen dem Vorstand der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Betriebsrat vereinbart. Unmittelbar vor der Umstellung des Vergütungssystems betrug das „Monatsgehalt“ des Klägers 9.006,00 DM brutto.

8

Die Beklagte stellt dem Kläger einen Dienstwagen zur Verfügung, den er auch privat nutzen darf. Grundlage hierfür ist eine sog. „Autoordnung“ der Beklagten. Diese lautet in ihrer Fassung vom 30. März 2009 auszugsweise:

        

„1.2   

Umfang

        

1.2.1 

Die D stellt Mitarbeitern in Führungspositionen oder solchen Mitarbeitern, die zur Ausübung der Tätigkeit ein Fahrzeug benötigen, auf Basis entsprechender Regelungen im Anstellungsvertrag einen Firmenwagen zur Verfügung. Alternativ kann in Ausnahmefällen ein finanzieller Ausgleich als Bruttozahlung (Car Allowance) gewählt werden.

        

1.2.2 

Der Anspruch auf einen Firmenwagen oder einer Car Allowance basiert auf dem Business Band, der Position und der Aufgabe. Insbesondere für SPB B besteht ein Anspruch nur dann, wenn er im Arbeitsvertrag vereinbart ist.

        

…“    

        
9

Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 10. Oktober 2008 eine Probeabrechnung seiner gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft auf Altersrente für ein fiktives Austrittsdatum 31. August 2008. Danach erhielte der Kläger bei einem Ausscheiden zum genannten Datum eine monatliche Bankrente ab Rentenbeginn iHv. 523,00 Euro. Bei dieser Berechnung legte die Beklagte lediglich das Grundgehalt zugrunde, nicht jedoch die übrigen Vergütungsbestandteile.

10

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass bei der Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge über das Bruttomonatsgehalt hinaus der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens, die vermögenswirksamen Leistungen, der variable Bonus sowie die Abschlagszahlungen auf den Bonus und die Nachgeschäftsprämie zu berücksichtigen sind.

11

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung sei nicht nur das Grundgehalt, sondern schließe auch variable Vergütungsbestandteile, Sachbezüge und andere Vergütungen mit ein. In den Verdienstabrechnungen werde unter Position „Gesamtbrutto“ durch die Beklagte stets ein Betrag ausgewiesen, der diese Vergütungsbestandteile sämtlich umfasse. Diese Position stelle ein Synonym des Begriffs „Bruttomonatsgehalt“ dar. Nach einer Auskunft des ehemaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden G seien bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das 13. und 14. Monatsgehalt sowie Sachbezüge von der Beklagten stets berücksichtigt worden. Durch die vorbehaltlose Auszahlung des Abschlags auf den Zielbonus seit Einführung des neuen Vergütungssystems im Jahr 1998 sei für den Kläger ein Anspruch auf diesen Vergütungsbestandteil aus betrieblicher Übung entstanden. Bereits deshalb sei dieser zum Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung zu zählen. Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens stelle ebenfalls einen Teil des „Bruttomonatsgehalts“ dar. Es handele sich insoweit um eine Funktionszulage iSv. Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung. Darüber hinaus ergebe sich ein Anspruch auf Berücksichtigung aller Vergütungsbestandteile aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte berücksichtige bei der Berechnung der Betriebsrente der ehemaligen Arbeitnehmer T und G auch die variablen Vergütungsbestandteile und die Sachbezüge. Es bestehe kein sachlicher Grund, in seinem Fall eine andere Berechnung vorzunehmen. Die Beklagte habe nicht in ausreichendem Maße nachweisen können, dass mit den Arbeitnehmern T und G individuelle Sondervereinbarungen getroffen wurden.

12

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das entsprechend Punkt B 7. a) der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung der D und K AG in der Fassung von Januar 1988 als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „Bruttomonatsgehalt“ neben dem „Grundgehalt“ auch den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens, vermögenswirksame Leistungen, Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, den variablen Bonus im Sinne der Betriebsvereinbarung vom 30. Oktober 1998 und sogenannte Nachgeschäftsprämien einschließt.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung sei lediglich das monatliche Grundgehalt. Der Kläger könne auch keine Ansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ableiten. Die Berechnung der Bankrente erfolge bei der Beklagten einheitlich für nahezu 250 aktive oder mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedene Arbeitnehmer auf der Grundlage des Grundgehalts. Lediglich mit den Arbeitnehmern T und G seien anlässlich deren Ausscheidens als Folge individueller Verhandlungen abweichende Regelungen getroffen worden.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Berücksichtigung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung des Dienstwagens stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die im Klageantrag aufgeführten Vergütungsbestandteile bei der Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge berücksichtigt werden.

16

I. Die Klage ist zulässig.

17

1. Der Klageantrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 19; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 29, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9). Der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag betrifft ein Rechtsverhältnis, nämlich die Höhe der Betriebsrente des Klägers und die dieser zugrunde liegenden Berechnungen. Damit geht es um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten.

18

2. An der begehrten Feststellung besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Es ist unerheblich, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Da die Beklagte die vom Kläger geltend gemachte Berechnung der Ruhestandsbezüge bestreitet, ist das betriebsrentenrechtliche Rechtsverhältnis durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, erst nach Eintritt des Versorgungsfalles einen Rechtsstreit gegen seinen Arbeitgeber über Inhalt und Umfang seiner Versorgungsrechte zu führen. Die Parteien haben ein rechtliches Interesse daran, Meinungsverschiedenheiten über den Bestand und die Ausgestaltung der Versorgungsrechte möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalles klären zu lassen.

19

II. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass in die Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge neben dem Grundgehalt auch der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens, vermögenswirksame Leistungen, Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der variable Bonus iSd. Betriebsvereinbarung vom 30. Oktober 1998 und sog. Nachgeschäftsprämien einfließen. Die Versorgungsordnung schränkt die berücksichtigungsfähigen Vergütungsbestandteile auf das Grundgehalt und einzelne - vom Kläger nicht bezogene - Zulagen ein. Dies ergibt die Auslegung der Versorgungsordnung.

20

1. Die Versorgungsordnung enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Landesarbeitsgericht ist vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 17. April 2012 - 3 AZR 380/10 - Rn. 20 ff.; 19. Januar 2011 - 3 AZR 83/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 374).

21

2. Danach ist nur das Grundgehalt des Klägers der Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge zugrunde zu legen.

22

a) Dafür spricht bereits der Wortlaut der Versorgungsordnung. Nach Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung dient als Grundlage für die Berechnung der Ruhestandsbezüge das Zwölffache des zuletzt bezogenen vertraglichen oder tariflichen Bruttomonatsgehalts einschließlich etwaiger Funktions- und übertariflicher Zulagen. Die Versorgungsordnung definiert nicht ausdrücklich, was unter dem „Bruttomonatsgehalt“ zu verstehen ist. Sie bestimmt lediglich, dass zum Bruttomonatsgehalt Funktions- und übertarifliche Zulagen gehören. Welche weiteren Vergütungsbestandteile zum Bruttomonatsgehalt zählen, besagt die Versorgungsordnung nicht ausdrücklich. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst das Bruttomonatsgehalt nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile und Sachleistungen (BAG 14. August 1990 - 3 AZR 321/89 - zu 5 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 12 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 58). Auch aus dem Wortbestandteil „Brutto“ folgt nicht, dass alle zu versteuernden Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind. Damit wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass beim ruhegeldfähigen Monatsgehalt die Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgezogen werden (BAG 19. August 2008 - 3 AZR 1101/06 - Rn. 14, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 43; 21. August 2001 - 3 AZR 746/00 - zu II 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 78).

23

Aus der Verknüpfung des Wortbestandteils „Brutto“ mit dem weiteren Wortbestandteil „Monatsgehalt“ lässt sich allerdings entnehmen, dass mit Bruttomonatsgehalt nicht alle Einnahmen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Der Begriff Bruttomonatsgehalt bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (vgl. BAG 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 84). Für die Berechnung der Ruhestandsbezüge ist nach Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung das zuletzt bezogene Monatsgehalt maßgeblich. Das ist im Regelfall das im letzten Beschäftigungsmonat bezogene Gehalt. Dies schließt grundsätzlich die Berücksichtigung schwankender Bezüge aus. Hätten variable Bezüge einbezogen werden sollen, so hätte es zur Vermeidung von Zufallsergebnissen einer Durchschnittsberechnung über einen repräsentativen Referenzzeitraum bedurft (BAG 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 2 c der Gründe, aaO). Die Versorgungsordnung stellt aber nicht auf einen längeren Referenzzeitraum ab, aus dem sie einen Durchschnitt herleitet, sondern auf das zuletzt vor Eintritt in den Ruhestand bezogene Bruttomonatsgehalt. Dieses wird verzwölffacht und der Berechnung der Betriebsrente zugrunde gelegt, um zu dem für die Berechnung der Ruhestandsbezüge maßgeblichen Jahreswert zu gelangen. Die Versorgungsordnung geht damit nicht von einem Jahresgesamtverdienst aus, um einen Durchschnittsverdienst im Monat zu berechnen. Daraus ergibt sich, dass sowohl schwankende als auch auf das Jahr bezogene Vergütungsbestandteile für die Berechnung der Betriebsrente unbeachtlich sein sollen. Dadurch unterscheidet sich die vorliegende Versorgungsordnung von den Versorgungsbestimmungen, die den vom Kläger angezogenen Entscheidungen des Senats vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 6/09 -) und vom 21. August 2001 (- 3 AZR 746/00 - AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 78) zugrunde lagen. Dort stellten die Versorgungsregelungen für die Berechnung der Betriebsrenten auf den Durchschnitt des Monatsverdienstes der letzten 36 Monate bzw. den Bruttomonatsverdienst der letzten 12 Monate ab. Deshalb waren alle in den Referenzzeitraum fallenden Entgeltbestandteile zu berücksichtigen. Demgegenüber kommt es nach der vorliegenden Versorgungsordnung nicht auf einen monatlichen Durchschnittsverdienst an, sondern auf das Zwölffache des letzten Bruttomonatsgehalts.

24

Auch aus Sinn und Zweck der Regelung in Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung folgt, dass nur das Grundgehalt und die ausdrücklich genannten Haushalts-, Funktions- und übertariflichen Zulagen bei der Berechnung der Ruhestandsbezüge zu berücksichtigen sind. Mit der Begrenzung auf die festen monatlichen Bezüge soll erreicht werden, dass nur die stetigen Einkünfte, welche die Einkommenssituation dauerhaft prägen, in die Berechnung der Betriebsrente einfließen.

25

b) Demnach bleiben der variable Bonus, die Nachgeschäftsprämie sowie der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge außer Ansatz. Auch die monatlichen vermögensbildenden Leistungen und der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens zählen danach nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung.

26

aa) Boni und Nachgeschäftsprämien sind keine monatlich zu zahlenden Gehaltsbestandteile, sie werden vielmehr auf das Jahr bezogen ermittelt und bleiben deshalb bei der Berechnung der Ruhestandsbezüge außer Betracht. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht wegen der Änderung des Vergütungssystems eine andere Betrachtung geboten. Auch die früher gewährten Gratifikationen (13. und 14. Monatsgehalt), die durch die Bonusregelung ersetzt wurden, waren nicht Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung, denn auch diese Vergütungsbestandteile waren nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen.

27

bb) Auch die auf den Zielbonus gewährte monatliche Abschlagszahlung ist nicht Teil des Bruttomonatsgehalts. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte berechtigt ist, ggf. zu viel geleistete Abschlagszahlungen zurückzufordern. Die Abschlagszahlungen erfolgen zwar monatlich. Es handelt sich aber um Abschläge auf den Zielbonus, der jahresbezogen gewährt wird. Damit sind auch die Abschlagszahlungen Teil einer jahresbezogenen Leistung. Die Zahlung der Abschläge auf den Zielbonus wurde auch durch die wiederholte monatliche Gewährung nicht im Wege der betrieblichen Übung zum Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung. Die Zahlung der Abschläge erfolgte auf der Grundlage der am 16. Juni 1997 getroffenen vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Dies steht der Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung entgegen. Eine betriebliche Übung scheidet als Anspruchsgrundlage aus, wenn für den Anspruch eine andere kollektiv- oder individual-rechtliche Anspruchsgrundlage besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, NZA 2012, 1279; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29).

28

cc) Die „vermögensbildenden Leistungen“ nach Nr. 2 Buchst. c des Arbeitsvertrags vom Oktober 1987 zählen ebenfalls nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich ausgezahlt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, der durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt, insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz).

29

dd) Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens ist ebenfalls nicht Bestandteil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung. Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur Privatnutzung ist ein Sachbezug und wird deshalb nicht vom Begriff des Bruttomonatsgehalts umfasst (BAG 14. August 1990 - 3 AZR 321/89 - zu 5 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 12 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 58).

30

Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung ist auch keine Zulage iSv. Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter einer Zulage eine Geldzahlung verstanden, die zweckgebunden zum Ausgleich besonderer Belastungen oder Leistungen dient. Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung fällt hierunter nicht.

31

3. Die Beklagte ist auch nicht aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, neben dem Grundgehalt weitere Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der künftigen Ruhestandsbezüge zu berücksichtigen. Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht hinreichend dargetan; er hätte dazu eine diese Vergütungsbestandteile einbeziehende Handhabung konkret darlegen müssen. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, zur Behauptung des Klägers, es habe eine entsprechende betriebliche Übung gegeben, wonach auch variable Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der Betriebsrente berücksichtigt wurden, Beweis zu erheben. Die insoweit erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch.

32

a) Eine Verfahrensrüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO im Einzelnen die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Zudem ist darzulegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, also bei richtigem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte, sofern sich dies nicht aus der Art des gerügten Verfahrensfehlers von selbst ergibt (BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 18). Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss bestimmt angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, in welchem Schriftsatz das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - aaO; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d aa der Gründe, BAGE 109, 145). Der angeblich übergangene Beweisantritt muss zudem zulässig sein. Wird ein Beweis angeboten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt, und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 722/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 168 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 6). Gegenüber einem vom Landesarbeitsgericht als unschlüssig oder als nicht hinreichend konkretisiert gewerteten Sachvortrag kann nicht schlicht gerügt werden, es habe einen angebotenen Beweis für diesen nicht erhoben. Ein Beweisantritt kann nicht den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen (BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 464/10 - Rn. 21 f.). Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 722/05 - aaO).

33

b) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers nicht ausreichend konkretisiert sind. Der Kläger hat keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen nach Ort, Zeit und Gesprächsinhalten vorgetragen, zu denen der von ihm benannte Zeuge G hätte befragt werden können. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Tatsachen zu erforschen, sondern die von der Partei behaupteten Tatsachen durch eine Beweisaufnahme zu überprüfen. Die Behauptung des Klägers, der Zeuge G könne bezeugen, dass das 13. und 14. Monatsgehalt sowie Sachbezüge stets zur Berechnung der Betriebsrente herangezogen wurden, stellt keinen substantiierten Tatsachenvortrag dar. Der Kläger hätte vielmehr darlegen müssen, bei welchem namentlich bezeichneten Versorgungsempfänger so verfahren worden sein soll. Daran fehlt es. Eine unsubstantiierte, nicht durch Einzeltatsachen belegte allgemeine Behauptung einer Verfahrensweise wird nicht durch einen Beweisantritt zu einem schlüssigen Vortrag.

34

Soweit der Kläger vorträgt, der Betriebsrat sei - ohne es jedoch besser zu wissen - davon ausgegangen, dass auch nach der Umstellung des Vergütungssystems im Jahre 1998 die Abschlagszahlung auf den Zielbonus sowie sämtliche Sachbezüge und vermögenswirksamen Leistungen bei der Berechnung der Betriebsrenten berücksichtigt werden würden, ergibt sich aus dieser Behauptung nicht, dass die Beklagte tatsächlich so verfahren ist, sondern nur, dass der Betriebsrat hiervon ausgegangen ist, ohne von dieser Vorgehensweise genaue Kenntnis zu haben. Eine Spekulation des Betriebsrats ist nicht geeignet, die Entstehung einer betrieblichen Übung unter Beweis zu stellen. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auch insoweit von einer Beweisaufnahme abgesehen.

35

4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den ehemaligen Arbeitnehmern G und T.

36

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 56, BAGE 133, 158; 10. Dezember 2002 - 3 AZR 3/02 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 104, 205). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG 21. August 2007 - 3 AZR 269/06 - Rn. 21, BAGE 124, 22).

37

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 184 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 87; 21. Juni 2000 - 5 AZR 806/98 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 612 Nr. 60 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 83). Stellt der Arbeitgeber hingegen nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 39, AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11; 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - aaO).

38

b) Danach liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor. Die Beklagte hat lediglich hinsichtlich der Mitarbeiter G und T eine von der üblichen Handhabung abweichende Berechnung der Ruhestandsbezüge vorgenommen. Nach der Darstellung der Beklagten beruht dies auf individuellen Vereinbarungen, die anlässlich des Ausscheidens mit diesen Arbeitnehmern getroffen wurden. Danach hat die Beklagte lediglich zwei einzelne Arbeitnehmer besser gestellt als die Versorgungsordnung dies vorsieht. Der Kläger hat die Darstellung der Beklagten zwar bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme abgesehen. Der Kläger hat einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht hinreichend dargelegt. Die Versorgungsordnung der Beklagten findet auf 250 Arbeitnehmer Anwendung, die entweder aktiv beschäftigt oder mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden sind oder sich bereits im Ruhestand befinden. Der Kläger hat aus dieser Gesamtgruppe von Arbeitnehmern lediglich zwei Personen benannt, mit denen andere Regelungen getroffen wurden. Dabei hat der Kläger bereits keinen Vortrag dazu gehalten, dass die Beklagte eine selbst gegebene Regel umgesetzt hat. Er hat letztlich nur darauf abgestellt, dass bei zwei Mitarbeitern eine abweichende Berechnungsweise vorgenommen wurde. Ein abstraktes Differenzierungsmerkmal ist damit nicht erkennbar.

39

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser     

        

    Becker     

                 

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. Juli 2013 - 4 Sa 112/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet ist, die monatliche Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2011 an den Kaufkraftverlust anzupassen.

2

Der Kläger war bis zum 31. Juli 2008 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er bezieht seit dem 1. August 2008 eine Betriebsrente, die sich aus Leistungen der A Unterstützungskasse e. V. sowie Leistungen der Beklagten zusammensetzt. Für die von der Unterstützungskasse zu gewährenden Leistungen besteht eine Rückdeckungsversicherung. Die aus dieser Versicherung anfallenden Überschussanteile werden zur Erhöhung der Unterstützungskassenleistungen verwendet. Die monatliche Betriebsrente des Klägers, die sich bei Rentenbeginn auf insgesamt 2.465,45 Euro brutto belief, erhöhte sich infolge der Überschussbeteiligung zum 1. Januar 2011 auf 2.481,95 Euro brutto und zum 1. August 2011 auf 2.485,97 Euro brutto.

3

Die Beklagte, die in den A-Konzern eingebunden ist, erbringt Telekommunikationsleistungen und damit verbundene Tätigkeiten. Gesellschafter der Beklagten sind die A G N Holdings LLC, D/USA (im Folgenden AGNH) zu 98 % und die A G N Partners Inc., D/USA (im Folgenden AGNP) zu 2 %. Oberstes Mutterunternehmen ist die A Inc., D/USA.

4

Die Beklagte erbringt Leistungen sowohl für externe Dritte als auch für andere Konzerngesellschaften des A-Konzerns. Für die konzernangehörigen Unternehmen erbringt sie Netzinfrastruktur- sowie Verkaufs- und Marketingleistungen. Zudem nimmt sie Verwaltungsaufgaben für die AGNH wahr. Grundlage der konzerninternen Leistungen ist das zwischen der Beklagten und - wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben - ihrer Schwestergesellschaft, der A G N Services Niederlande (im Folgenden AGNS Niederlande), am 29. Dezember 2003 mit Wirkung zum 1. Januar 2004 abgeschlossene „Intercompany Trading Agreement“ (im Folgenden AGITA), das eine konzerninterne Verrechnungspreisabrede enthält. Danach erhält die Beklagte für die konzernintern erbrachten Dienstleistungen von der AGNS Niederlande eine sog. „International Network Services Fee“ (im Folgenden AGITA-Gebühr). Für die Höhe der AGITA-Gebühr sind ua. die als sog. Mehrwertkosten definierten Aufwendungen („Value Added Cost“) einschließlich einer Marge („Mark up“) und sog. Nicht-Mehrwertkosten („Non Value Added Cost“) ohne Marge maßgeblich. Der Zuschlag auf die Mehrwertkosten belief sich bis zum Ende des Jahres 2009 auf 6,5 % und konnte in Abhängigkeit von den externen Umsatzerlösen auf bis zu maximal 10,5 % ansteigen. Zum 1. Januar 2010 wurde das AGITA geändert. Seitdem beträgt der Zuschlag auf die Mehrwertkosten mindestens 3 %. Je nach Höhe der externen Umsatzerlöse kann er auf bis zu maximal 6 % ansteigen. Zudem gehören ab dem 1. Januar 2010 Instandhaltungskosten sowie Kosten für Kundenausstattung nicht mehr zu den zuschlagsfähigen Kosten.

5

Ausweislich der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P AG geprüften und testierten Jahresabschlüsse erwirtschaftete die Beklagte in den Geschäftsjahren 2008 bis 2010 Jahresüberschüsse. Ihre Umsatzerlöse stiegen von ca. 111,1 Mio. Euro im Jahr 2008 auf ca. 135,1 Mio. Euro im Jahr 2010. Das Eigenkapital der Beklagten erhöhte sich vom 31. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2012 von etwa 84,8 Mio. Euro auf etwa 106,8 Mio. Euro. In den Geschäftsjahren 2010 bis 2012 hatte die Beklagte außerordentliche Aufwendungen iHv. ca. 2,8 Mio. Euro im Jahr 2010, ca. 3,7 Mio. Euro im Jahr 2011 und ca. 2,7 Mio. Euro im Jahr 2012. Diese sind darauf zurückzuführen, dass die Beklagte aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts - Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz - (im Folgenden BilMoG) vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102) die Pensionsverpflichtungen neu zu bewerten hatte. Danach waren die Pensionsrückstellungen um (gerundet) 24,6 Mio. Euro auf 57,1 Mio. Euro zu erhöhen. Am 31. Dezember 2010 betrug die Unterdeckung bei den Pensionsrückstellungen noch ca. 21,9 Mio. Euro, am 31. Dezember 2011 noch ca. 18,1 Mio. Euro und am 31. Dezember 2012 noch ca. 15,4 Mio. Euro.

6

Die Beklagte, die die Anpassungsprüfungen gebündelt zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres vornimmt, lehnte eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2011 unter Hinweis auf ihre schlechte wirtschaftliche Lage ab.

7

Mit seiner Klage hat der Kläger - gestützt auf § 16 Abs. 1 BetrAVG - eine Erhöhung seiner Betriebsrente zum 1. Januar 2011 um den in der Zeit seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust, den er mit 1,8 % beziffert hat, begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die wirtschaftliche Lage der Beklagten stehe einer Anpassung seiner Betriebsrente nicht entgegen. Dies zeige bereits der Umstand, dass die Beklagte die Gehälter ihrer Mitarbeiter in der Vergangenheit - mit Ausnahme des Jahres 2009 - regelmäßig erhöht habe. Auch die steigenden Umsatzerlöse der Beklagten in den Jahren 2008 bis 2010 und ihre Jahresüberschüsse ließen nur den Schluss zu, dass die Beklagte zu einer Anpassung der Betriebsrenten in der Lage sei.

8

Jedenfalls müsse sich die Beklagte die günstige wirtschaftliche Lage ihrer beiden Muttergesellschaften im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen. Zwischen der Beklagten und den Muttergesellschaften bestehe eine verdichtete Konzernbeziehung, auch habe sich eine konzernspezifische Gefahr verwirklicht. Da die Beklagte nach dem AGITA nur eine Servicegebühr erhalte, in der freien Wirtschaft jedoch deutlich höhere Gewinne erzielen könne, führe das AGITA dazu, dass auf die Belange der Beklagten keine angemessene Rücksicht genommen werde. Zudem stelle das AGITA einen Beherrschungs- bzw. Ergebnisabführungsvertrag dar, da es Regelungen zur Gewinnabführung und zur Übernahme der Personalkosten enthalte. Darüber hinaus enthalte es eine harte Patronatserklärung. Die Beklagte werde infolge der im AGITA getroffenen Vereinbarungen durch eine Betriebsrentenanpassung auch nicht belastet. Vielmehr würden ihr die Personalkosten einschließlich der Kosten der laufenden Betriebsrenten und der Betriebsrentenanpassungen erstattet. Jedenfalls bewirkten die im AGITA getroffenen Absprachen, dass die Beklagte stets Betriebsergebnisse erziele, die eine Betriebsrentenanpassung nicht zuließen. Da sich der Umsatz für die konzernintern erbrachten Leistungen der Beklagten nach der Formel „Interne Umsatzerlöse = externe Umsatzerlöse abzüglich der Kosten ohne Aufschlag sowie abzüglich der Kosten mit Aufschlag“ berechne, könne sich stets nur ein Gewinn iHv. 3 % auf die Mehrwertkosten ergeben. Damit verhindere die - aus steuerlichen Gründen - im AGITA vereinbarte Verrechnungspreisabrede Betriebsrentenanpassungen auf unabsehbare Zeit.

9

Der Kläger hat zuletzt - sinngemäß - beantragt

        

die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an ihn ab dem 1. Oktober 2012 über die gezahlte Betriebsrente iHv. monatlich 2.485,97 Euro brutto hinaus monatlich weitere 23,86 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Folgetag des Tages, an dem die Entscheidung rechtskräftig wird, zu zahlen,

        

2.    

an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. September 2012 iHv. insgesamt 529,20 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Folgetag des Tages, an dem die Entscheidung rechtskräftig wird, zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre wirtschaftliche Lage lasse eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zum 1. Januar 2011 nicht zu. Ihre wirtschaftliche Lage in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 sei für ihre zukünftige Ertragslage nicht repräsentativ. Die zum 1. Januar 2010 vorgenommene Neubewertung der Pensionsverpflichtungen habe zu einem weiteren Rückstellungsbedarf geführt. Die danach erforderlichen Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen würden bis 2024 jährlich zu mindestens 1/15 vorgenommen. Außerdem seien die in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Ergebnisse um einen sog. „Substanzerhaltungsaufwand“ in Form eines Aufschlags iHv. 15 % der bilanziellen Abschreibungen auf das Anlagevermögen zu korrigieren.

11

Eine Anpassung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Berechnungsdurchgriffs geschuldet. Zwischen der Beklagten und ihren Gesellschafterinnen bestehe kein Beherrschungs- oder Ergebnisabführungsvertrag. Die Muttergesellschaften hätten auch keine Patronatserklärung zugunsten der Beklagten abgegeben. Aus dem AGITA folge nichts anderes. Dieser Vertrag sehe keine Verpflichtung zur Gewinnabführung vor, sondern enthalte lediglich eine Verrechnungspreisabrede, mit der die Vergütung für die konzernintern erbrachten Leistungen geregelt werde. Die zum 1. Januar 2010 auf 3 % abgesenkte Marge halte einem Fremdvergleich mit Leistungen vergleichbarer Unternehmen stand. Das AGITA stelle sicher, dass die Beklagte stets einen Gewinn auf die sog. Mehrwertkosten erwirtschafte. Der bloße Umstand, dass aufgrund des AGITA die Kosten einer Betriebsrentenanpassung als Teil der Personalkosten - nebst einem Zuschlag von 3 % - von einer anderen Konzerngesellschaft ausgeglichen würden, rechtfertige noch keinen Berechnungsdurchgriff.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Betriebsrente des Klägers nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2011 an den seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen.

14

I. Die Beklagte hatte gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG zum 1. Januar 2011 zu prüfen, ob eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zu erfolgen hatte.

15

1. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Das bedeutet, dass er in zeitlichen Abständen von jeweils drei Jahren nach dem individuellen Leistungsbeginn die Anpassungsprüfung vorzunehmen hat. Dies wäre - ausgehend vom Rentenbeginn des Klägers am 1. August 2008 - der 1. August 2011 gewesen.

16

2. Allerdings hat die Beklagte alle bei ihr anfallenden Prüfungstermine zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres gebündelt. Damit ergab sich für den Kläger der 1. Januar 2011 als Prüfungstermin.

17

a) Der gesetzlich vorgegebene Drei-Jahres-Rhythmus zwingt nicht zu starren, individuellen Prüfungsterminen; die Bündelung aller in einem Unternehmen anfallenden Prüfungstermine zu einem einheitlichen Jahrestermin ist zulässig. Sie vermeidet unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand und beeinträchtigt die Interessen der Betriebsrentner nur geringfügig. Für diese verzögert sich allenfalls die erste Anpassungsprüfung. Die den Versorgungsempfängern daraus entstehenden Nachteile werden regelmäßig dadurch abgemildert, dass ein entsprechend angewachsener höherer Teuerungsausgleich zu berücksichtigen ist. In der Folgezeit muss der Drei-Jahres-Rhythmus allerdings eingehalten sein. Zudem darf sich durch den gemeinsamen Anpassungsstichtag die erste Anpassungsprüfung um nicht mehr als sechs Monate verzögern (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 464/11 - Rn. 18, BAGE 142, 116; 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 49 mwN).

18

b) Der Kläger bezieht seit dem 1. August 2008 eine Betriebsrente. Durch den gemeinsamen Anpassungsstichtag 1. Januar 2011 verzögerte sich die erste Anpassungsprüfung nicht, sondern fand sieben Monate vor dem individuellen Anpassungsstichtag statt.

19

II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten einer Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zum 1. Januar 2011 entgegenstand.

20

1. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber bei seiner Anpassungsentscheidung die Belange der Versorgungsempfänger und seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Lässt seine wirtschaftliche Lage eine Anpassung der Betriebsrente nicht zu, ist er zur Anpassung nicht verpflichtet.

21

a) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ist eine zukunftsbezogene Größe. Sie umschreibt die künftige Belastbarkeit des Arbeitgebers und setzt eine Prognose voraus. Beurteilungsgrundlage für die insoweit langfristig zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose ist grundsätzlich die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können. Für eine zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren ausgewertet werden. Entscheidend ist dabei die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers, nicht eine fiktive, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären (vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 22 mwN).

22

Zwar ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Anpassungsstichtag. Allerdings kann sich auch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken. Die wirtschaftlichen Daten nach dem Anpassungsstichtag bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz können die frühere Prognose bestätigen oder entkräften. Voraussetzung für die Berücksichtigung einer späteren Entwicklung ist allerdings, dass die Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens zum Anpassungsstichtag bereits vorhersehbar waren. Spätere unerwartete Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens können erst bei der nächsten Anpassungsprüfung berücksichtigt werden (vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 23 mwN).

23

b) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, als das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Die Wettbewerbsfähigkeit wird gefährdet, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird oder wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus, um die Anpassungen finanzieren zu können. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muss verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden, bevor dem Unternehmen die Anpassung von Betriebsrenten zugemutet werden kann. Demnach rechtfertigt die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung nur insoweit, als dieser annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Demzufolge kommt es auf die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens an (vgl. etwa BAG 20. August 2013 - 3 AZR 750/11 - Rn. 30).

24

Dies gilt entgegen der Ansicht der Revision auch für die Beklagte. Die Prüfung, ob die wirtschaftliche Lage einer Anpassung der Betriebsrenten entgegensteht, hat grundsätzlich nach einem für alle Arbeitgeber einheitlich geltenden Maßstab zu erfolgen. Für die Beklagte ergeben sich daher in dieser Hinsicht weder aus ihrer Einbindung in den A-Konzern noch aufgrund der im AGITA getroffenen Verrechnungspreisabrede Besonderheiten. Vielmehr sind auch der Beklagten eine hinreichende Eigenkapitalausstattung und eine angemessene Eigenkapitalverzinsung zuzubilligen.

25

c) Da für die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers maßgeblich ist, kommt es auf die Verhältnisse im Unternehmen an, welches als Arbeitgeber die entsprechende Versorgungszusage erteilt oder - wie die Beklagte - im Wege der Rechtsnachfolge übernommen hat. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in einen Konzern eingebunden ist. Die Konzernverbindung allein ändert weder etwas an der Selbständigkeit des Versorgungsschuldners und seiner Verpflichtung zur Anpassungsprüfung und -entscheidung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG noch an der Trennung der jeweiligen Vermögensmassen(BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 46 mwN).

26

d) Die einem Unternehmen zuzubilligende angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht grundsätzlich aus einem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das in dem Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist. Der Basiszins entspricht der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt 2 % (vgl. etwa BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 27 mwN).

27

aa) Für die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung ist einerseits auf die Höhe des Eigenkapitals, andererseits auf das erzielte Betriebsergebnis abzustellen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 28 mwN). Beide Berechnungsfaktoren sind auf der Grundlage der nach den handelsrechtlichen Rechnungslegungsregeln erstellten Jahresabschlüsse zu bestimmen (vgl. BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 615/10 - Rn. 42 mwN).

28

Allerdings sind bei dem in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Betriebsergebnis die betriebswirtschaftlich gebotenen Korrekturen vorzunehmen. Dies gilt nicht nur für Scheingewinne, sondern beispielsweise auch für betriebswirtschaftlich überhöhte Abschreibungen. Außerordentliche Erträge sind zwar keine Scheingewinne. Ihr Ausnahmecharakter kann jedoch bei der Beurteilung der künftigen Ertragsentwicklung nicht außer Acht gelassen werden. In der Regel sind außerordentliche Erträge und außerordentliche Verluste aus den der Prognose zugrunde gelegten früheren Jahresabschlüssen herauszurechnen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn außerordentliche Erträge oder Verluste auch der Höhe nach eine ausreichende Kontinuität aufweisen (BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 29; 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 56). Darüber hinaus sind wirtschaftliche Daten, die auf Entwicklungen oder Umständen beruhen, die nicht fortwirken und sich voraussichtlich nicht wiederholen werden, in der Regel nicht repräsentativ für die weitere Ertragslage und deshalb bei der Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung regelmäßig nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG 15. April 2014 - 3 AZR 51/12 - Rn. 27).

29

bb) Für die Frage, ob der Arbeitgeber eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt hat, kommt es auf das in den Bilanzen ausgewiesene Eigenkapital an. Dazu zählen nach § 266 Abs. 3 Buchst. A HGB nicht nur das gezeichnete Kapital (Stammkapital) und die Kapitalrücklage, sondern auch Gewinnrücklagen, Gewinn-/Verlustvorträge und Jahresüberschüsse/Jahresfehlbeträge (vgl. BAG 15. April 2014 - 3 AZR 85/12 - Rn. 24 mwN; 11. Dezember 2012 - 3 AZR 615/10 - Rn. 46). Da sich das Eigenkapital während eines Geschäftsjahres ständig verändert, kann weder das zu Beginn des Geschäftsjahres vorhandene noch das am Ende des Geschäftsjahres erreichte Eigenkapital zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist von einem Durchschnittswert auszugehen. Das Eigenkapital zu Beginn und zum Ende des Geschäftsjahres sind zu addieren und anschließend zu halbieren (BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 527/09 - Rn. 37 mwN, BAGE 139, 252).

30

cc) Das Eigenkapital kann nicht uneingeschränkt mit dem Betriebsergebnis nach Steuern verglichen werden.

31

Zwar sind Betriebssteuern (sonstige Steuern) Aufwendungen des Unternehmens und schmälern die verwendungsfähigen Mittel, sodass sie beim erzielten Betriebsergebnis zu berücksichtigen sind. Anders verhält es sich hingegen bei den Steuern vom Einkommen und vom Ertrag; diese sind beim erzielten Betriebsergebnis nicht zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. August 2012 - 3 ABR 20/10 - Rn. 44 mwN). Dasselbe gilt für Steuererstattungen für Vorjahre, soweit sie in der Gewinn- und Verlustrechnung ebenfalls unter den Steuern vom Einkommen und vom Ertrag erfasst werden. Auch diese Erträge bleiben bei der Ermittlung des erzielten Betriebsergebnisses außer Betracht (vgl. BAG 21. August 2012 - 3 ABR 20/10 - Rn. 45 mwN).

32

e) Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass seine Anpassungsentscheidung billigem Ermessen entspricht und sich in den Grenzen des § 16 BetrAVG hält. Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auf alle die Anpassungsentscheidung beeinflussenden Umstände (vgl. etwa BAG 31. Juli 2007 - 3 AZR 810/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 123, 319).

33

Für die Feststellung sowohl der erzielten Betriebsergebnisse als auch des vorhandenen Eigenkapitals bieten die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse den geeigneten Einstieg (vgl. BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 615/10 - Rn. 42; 18. Februar 2003 - 3 AZR 172/02 - zu A II 2 c der Gründe, BAGE 105, 72). Betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen können aber dann vorgenommen werden, wenn der Sachvortrag der Parteien ausreichende Anhaltspunkte dafür enthält, dass derartige Korrekturen notwendig sind (vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 33).

34

2. Danach durfte die Beklagte am Anpassungsstichtag 1. Januar 2011 annehmen, dass sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag am 1. Januar 2014 keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erreichen und ihr damit die für eine Betriebsrentenanpassung erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehlen würde. Dabei kann offenbleiben, ob die von der Beklagten ausweislich der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P AG geprüften und testierten Jahresabschlüsse für die Jahre 2008 bis 2010 erzielten Betriebsergebnisse um einen sog. Substanzerhaltungsaufwand zu reduzieren sind. Selbst wenn dieser Aufwand nicht ertragsmindernd zu berücksichtigen wäre, würde dies nicht zu einer anderen Bewertung führen. Zwar hat die Beklagte - ohne Berücksichtigung eines sog. Substanzerhaltungsaufwands - in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 eine hinreichende Eigenkapitalverzinsung erzielt. Allerdings hat sie im Geschäftsjahr 2010 keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet. Dies rechtfertigte die Prognose, dass sie in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag den Teuerungsausgleich nicht aus ihren Unternehmenserträgen würde finanzieren können.

35

a) Die Beklagte hat im Geschäftsjahr 2008 - ohne Abzug des von ihr geltend gemachten sog. Substanzerhaltungsaufwands iHv. 1.556.000,00 Euro - eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt. Ihr im testierten Jahresabschluss ausgewiesenes Betriebsergebnis - vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag iHv. (minus) 20.087,00 Euro - betrug 6.846.938,00 Euro. Ihr durchschnittliches Eigenkapital belief sich bei einem Eigenkapital zum Ende des Geschäftsjahres 2007 iHv. 84.805.000,00 Euro und einem Eigenkapital zum Ende des Geschäftsjahres 2008 iHv. 91.631.881,00 Euro auf 88.218.440,50 Euro. Hieraus errechnet sich eine Eigenkapitalverzinsung von 7,76 %. Diese lag über der angemessenen Eigenkapitalverzinsung. Die öffentlichen Anleihen erzielten im Jahr 2008 eine Umlaufrendite von 4 %. Zuzüglich des Risikozuschlags von 2 % betrug die angemessene Eigenkapitalverzinsung demnach 6 %.

36

b) Im Geschäftsjahr 2009 hat die Beklagte - ohne Berücksichtigung eines Substanzerhaltungsaufwands iHv. 1.699.000,00 Euro - ebenfalls eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt. Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung betrug das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Beklagten in diesem Geschäftsjahr 7.645.845,00 Euro. Bei einem Eigenkapital zum 31. Dezember 2009 iHv. 99.140.746,00 Euro und damit einem durchschnittlichen Eigenkapital im Jahr 2009 iHv. 95.386.313,50 Euro betrug ihre Eigenkapitalverzinsung 8,02 %. Diese lag oberhalb der angemessenen Eigenkapitalverzinsung. Die öffentlichen Anleihen erzielten im Jahr 2009 eine Umlaufrendite von 3,1 %. Zuzüglich des Risikozuschlags von 2 % betrug die angemessene Eigenkapitalverzinsung mithin 5,1 %.

37

c) Im Geschäftsjahr 2010 hat die Beklagte - auch ohne Berücksichtigung eines Substanzerhaltungsaufwands - keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet.

38

aa) Nach dem testierten Jahresabschluss hat die Beklagte in diesem Jahr ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit iHv. 5.519.102,00 Euro erzielt. Abzüglich der außerordentlichen Aufwendungen iHv. (minus) 2.795.023,00 Euro ergab sich - vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag iHv. 35.621,00 Euro - ein Betriebsergebnis iHv. 2.724.079,00 Euro. Das durchschnittliche Eigenkapital der Beklagten belief sich - bei einem Eigenkapital zum Ende des Geschäftsjahres 2010 iHv. 101.900.446,00 Euro - auf 100.520.596,00 Euro. Damit hat die Beklagte im Geschäftsjahr 2010 eine Eigenkapitalverzinsung iHv. 2,71 % erzielt. Diese lag unter der angemessenen Eigenkapitalverzinsung. Die öffentlichen Anleihen erzielten im Jahr 2010 eine Umlaufrendite von 2,4 %. Zuzüglich des Risikozuschlags von 2 % betrug die angemessene Eigenkapitalverzinsung 4,4 %.

39

bb) Das im Geschäftsjahr 2010 erzielte Betriebsergebnis der Beklagten ist nicht um die außerordentlichen Aufwendungen iHv. 2.795.023,00 Euro ergebnissteigernd zu bereinigen.

40

Zwar sind nach der Rechtsprechung des Senats außerordentliche Aufwendungen wegen ihres Ausnahmecharakters bei der Beurteilung der künftigen Ertragsentwicklung regelmäßig außer Acht zu lassen. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn die außerordentlichen Aufwendungen auch der Höhe nach eine ausreichende Kontinuität aufweisen (vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 29; 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 56). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die im Jahresabschluss 2010 ausgewiesenen außerordentlichen Aufwendungen der Beklagten werden auch in den Jahren bis zum nächsten Anpassungsstichtag in vergleichbarer Höhe anfallen. Die außerordentlichen Aufwendungen sind darauf zurückzuführen, dass die Beklagte die laufenden Pensionsverpflichtungen und Pensionsanwartschaften erstmals ab dem Geschäftsjahr 2010 nach dem durch das BilMoG geänderten § 253 HGB zu bewerten hatte, Art. 66 Abs. 3 Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch vom 25. Mai 2009 (im Folgenden EGHGB). Hieraus resultierte ein Zuführungsbetrag zu den Pensionsrückstellungen iHv. (gerundet) 24.638.000,00 Euro. Nach Art. 67 EGHGB ist dieser Betrag bis spätestens zum 31. Dezember 2024 in jedem Geschäftsjahr zu mindestens 1/15 anzusammeln. Die sich danach ergebenden jährlichen Zuführungen zu den Rückstellungen sind nach Art. 67 Abs. 7 EGHGB in der Gewinn- und Verlustrechnung unter dem Posten „außerordentliche Aufwendungen“ gesondert anzugeben. Entsprechend verfährt die Beklagte. Damit werden bei der Beklagten durch die erforderliche Zuführung zu den Pensionsrückstellungen auch in der Zeit bis zum 1. Januar 2014 jährlich außerordentliche Aufwendungen anfallen, die den im Jahr 2010 getätigten außerordentlichen Aufwendungen der Höhe nach entsprechen.

41

d) Obgleich die Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt hatte, durfte sie zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2011 davon ausgehen, dass ihre wirtschaftliche Lage in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag 1. Januar 2014 eine Betriebsrentenanpassung nicht zuließ. Die Eigenkapitalverzinsung der Beklagten war im Geschäftsjahr 2010 auf 2,71 % gefallen. Maßgeblich hierfür waren vor allem die außerordentlichen Aufwendungen, die der Beklagten infolge der erforderlichen Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen entstanden waren. Ohne diese hätte die Beklagte ein Betriebsergebnis - vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag - iHv. 5.519.102,00 Euro und damit eine hinreichende Eigenkapitalverzinsung iHv. 5,5 % erzielt. Angesichts ihrer Verpflichtung, die erforderliche Erhöhung der Pensionsrückstellungen iHv. insgesamt 24.638.000,00 Euro bis spätestens zum 31. Dezember 2024 in jedem Geschäftsjahr zu mindestens 1/15 anzusammeln, durfte die Beklagte daher annehmen, auch in den Jahren bis zum nächsten Anpassungsstichtag keine angemessene Eigenkapitalverzinsung zu erzielen.

42

e) Die negative Prognose der Beklagten wurde durch die Entwicklung in den Geschäftsjahren 2011 und 2012 bestätigt. In beiden Geschäftsjahren hat die Beklagte ausweislich ihrer geprüften und testierten Jahresabschlüsse keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt.

43

aa) Im Geschäftsjahr 2011 erwirtschaftete die Beklagte - vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag iHv. (minus) 38.663,00 Euro und nach Abzug der außerordentlichen Aufwendungen für die Zuführung zu den Pensionsrückstellungen iHv. (minus) 3.742.566,00 Euro - ein Betriebsergebnis iHv. 2.685.918,00 Euro. Ihr durchschnittliches Eigenkapital im Jahr 2011 belief sich bei einem Eigenkapital zum 31. Dezember 2011 iHv. 104.547.700,00 Euro auf 103.224.073,00 Euro. Demgemäß betrug ihre Eigenkapitalverzinsung 2,6 % und lag damit unter der angemessenen Eigenkapitalverzinsung. Die öffentlichen Anleihen erzielten im Jahr 2011 eine Umlaufrendite von 2,4 %. Zuzüglich des Risikozuschlags von 2 % betrug die angemessene Eigenkapitalverzinsung 4,4 %.

44

bb) Im Geschäftsjahr 2012 erzielte die Beklagte nach dem testierten Jahresabschluss ein Betriebsergebnis - vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag iHv. (minus) 665,00 Euro und nach Abzug der außerordentlichen Aufwendungen für die Zuführung zu den Pensionsrückstellungen iHv. (minus) 2.742.566,00 Euro - iHv. 2.245.004,00 Euro. Bei einem Eigenkapital zum 31. Dezember 2012 iHv. 106.792.039,00 Euro und damit einem durchschnittlichen Eigenkapital im Jahr 2012 iHv. 105.669.869,50 Euro errechnet sich eine Eigenkapitalverzinsung der Beklagten von 2,1 %. Diese lag ebenfalls unter der angemessenen Eigenkapitalverzinsung. Die öffentlichen Anleihen erzielten im Jahr 2012 eine Umlaufrendite von 1,3 %. Zuzüglich des Risikozuschlags von 2 % betrug die angemessene Eigenkapitalverzinsung 3,3 %.

45

f) Soweit der Kläger behauptet, aufgrund der Verrechnungspreisabrede komme es zu einer konzerninternen Vorteilsverlagerung von der Beklagten auf andere Konzerngesellschaften, weil die Beklagte für ihre Leistungen, wenn sie sie nicht konzernintern, sondern konzernextern erbracht hätte bzw. erbringen würde, höhere Umsatzerlöse hätte erzielen können oder erzielen könnte, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Für die Frage, ob die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners einer Anpassung der Betriebsrenten an den Kaufkraftverlust nach § 16 Abs. 1 BetrAVG entgegensteht, ist seine tatsächliche wirtschaftliche Lage und nicht eine fiktive Lage entscheidend, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären(vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 22 mwN). Deshalb ist es für die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen aus § 16 BetrAVG herzuleitenden Anspruch auf Anpassung der Betriebsrente vorliegen, unerheblich, dass die Beklagte höhere Umsatzerlöse erzielt hätte, wenn eine für sie günstigere Verrechnungspreisabrede getroffen worden wäre. Entgegen der Auffassung der Revision kann damit auch keine tatsächliche Vermutung dahin bestehen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten besser ist, als es unter Geltung der im AGITA getroffenen Verrechnungspreisabrede der Fall ist.

46

III. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers muss sich die Beklagte weder eine etwaig günstige wirtschaftliche Lage ihrer Muttergesellschaften noch die einer anderen Konzerngesellschaft, insbesondere die ihrer Schwestergesellschaft, der AGNS Niederlande, im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

47

1. Die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG trifft dasjenige Unternehmen, welches als Arbeitgeber die entsprechende Versorgungszusage erteilt oder im Wege der Rechtsnachfolge übernommen hat; auf seine wirtschaftliche Lage kommt es an. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in einen Konzern eingebunden ist (vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 46 mwN). Etwas anderes gilt, wenn dem Versorgungsschuldner im Wege des Berechnungsdurchgriffs die günstige wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens zuzurechnen ist. Der Berechnungsdurchgriff führt dazu, dass ein Unternehmen, das selbst wirtschaftlich nicht zur Anpassung der Betriebsrenten in der Lage ist, gleichwohl eine Anpassung des Ruhegeldes vornehmen muss, wenn die wirtschaftliche Lage des anderen Konzernunternehmens dies zulässt. Der Berechnungsdurchgriff setzt deshalb grundsätzlich einen Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung voraus (vgl. BAG 29. September 2010 - 3 AZR 427/08 - Rn. 32, BAGE 135, 344). Dadurch wird sichergestellt, dass die Betriebsrentenanpassungen grundsätzlich nicht - entgegen § 16 BetrAVG - aus der Vermögenssubstanz erbracht werden müssen. Der Berechnungsdurchgriff ändert aber nichts an der Schuldnerstellung. Schuldner der Anpassungsprüfung und -entscheidung nach § 16 BetrAVG bleibt auch beim Berechnungsdurchgriff der Versorgungsschuldner(BAG 18. März 2014 - 3 AZR 899/11 - Rn. 46).

48

2. Die Voraussetzungen eines Berechnungsdurchgriffs liegen nicht vor.

49

a) Ein Berechnungsdurchgriff unter dem Gesichtspunkt des Bestehens eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrags kommt nicht in Betracht.

50

aa) Ein Berechnungsdurchgriff wegen des Bestehens eines Beherrschungsvertrags scheidet von vorneherein aus. Der Kläger hat seine Behauptung, bei dem AGITA handele es sich um einen Beherrschungsvertrag, in der Revision nicht aufrechterhalten, sondern - im Gegenteil - ausdrücklich vorgetragen, das AGITA sei kein Beherrschungsvertrag.

51

bb) Ob ein isolierter Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrag einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens überhaupt rechtfertigen kann (vgl. zu den Bedenken BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 298/13 - Rn. 79 ff.), kann dahinstehen. Der Kläger macht in der Revision nicht mehr geltend, das AGITA sei ein Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrag. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers entfaltet das AGITA auch keine einem Gewinnabführungsvertrag vergleichbaren Wirkungen.

52

(1) Der (Teil-)Gewinnabführungsvertrag ist ein Vertrag, durch den sich eine Gesellschaft verpflichtet, ihren Gewinn teilweise oder in vollem Umfang an eine andere Gesellschaft abzuführen. Dabei ist mit dem Gewinn der Jahresüberschuss iSv. § 275 Abs. 2 Nr. 20 und Abs. 3 Nr. 19 HGB gemeint, der ohne die Verpflichtung zur Gewinnabführung entstehen würde(vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 6. Aufl. § 291 Rn. 64; Grigoleit/Servatius AktG § 291 Rn. 64).

53

Da aufgrund der Verpflichtung zur Gewinnabführung keine oder nur geringere Gewinne verbleiben, über deren Verwendung die zur Gewinnabführung verpflichtete Gesellschaft entscheiden kann (MünchKommAktG/Altmeppen 3. Aufl. § 291 Rn. 143), werden sowohl die Gewinnverwendungskompetenz der Gesellschaft als auch das Gewinnbezugsrecht der Anteilseigner insoweit gegenstandslos (Langenbucher in K. Schmidt/Lutter AktG § 291 Rn. 59; vgl. MünchKommAktG/Altmeppen aaO). Hingegen hat der andere Vertragsteil bei Bestehen eines isolierten Gewinnabführungsvertrags - sofern also nicht zusätzlich ein Beherrschungsvertrag besteht - auf das Zustandekommen eines Gewinns und die Ergebnisfeststellung keinen Einfluss (Grigoleit/Servatius aaO Rn. 63). Der isolierte Gewinnabführungsvertrag führt demnach nicht dazu, dass das andere Unternehmen die Höhe der Gewinne des zur Gewinnabführung verpflichteten Unternehmens beeinflussen könnte.

54

(2) Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich der im AGITA vereinbarte Verrechnungspreis für die konzerninternen Leistungen der Beklagten nach der vom Kläger angegebenen Formel „Interne Umsatzerlöse = externe Umsatzerlöse abzüglich der Kosten ohne Aufschlag sowie abzüglich der Kosten mit Aufschlag“ errechnet. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde das AGITA keine einem Gewinnabführungsvertrag vergleichbaren Wirkungen entfalten.

55

Durch die AGITA-Abrede verliert die Beklagte nicht ihr Recht, über die Verwendung ihrer Gewinne zu entscheiden; die im AGITA getroffene Verrechnungspreisabrede wirkt sich vielmehr bereits bei der Gewinnentstehung aus. Die Verrechnungspreisabrede dient dazu, die Umsatzerlöse zu bestimmen, die die Beklagte aus den konzernintern erbrachten Leistungen erzielt. Zwar kann das AGITA - wie die Beklagte in der Revision eingeräumt hat - nicht nur dazu führen, dass die Beklagte von ihrem Vertragspartner eine AGITA-Gebühr erhält, sondern umgekehrt auch dazu, dass die Beklagte ihrerseits Zahlungen an den Vertragspartner des AGITA leisten muss. Dies ändert aber nichts daran, dass mit dem AGITA nicht die Gewinnverwendung, sondern die Gewinnentstehung in der Weise gesteuert wird, dass die Beklagte grundsätzlich nur einen Gewinn iHv. 3 % der Kosten mit Mehrwert erzielt. Dieser Gewinn verbleibt ihr und ist nicht abzuführen.

56

b) Die Beklagte muss sich eine etwaige günstige wirtschaftliche Lage ihrer Muttergesellschaften oder ihrer Schwestergesellschaft, der AGNS Niederlande, auch weder unter dem Gesichtspunkt eines Berechnungsdurchgriffs im qualifiziert faktischen Konzern noch unter dem Gesichtspunkt eines existenzvernichtenden Eingriffs zurechnen lassen. Daher kann vorliegend offenbleiben, ob sich durch die im AGITA getroffene Verrechnungspreisabrede eine konzernspezifische Gefahr verwirklicht hat, weil - so der Vortrag des Klägers - dadurch stets Betriebsergebnisse erzielt werden, die eine Anpassung der Betriebsrenten nicht zulassen, sodass „systembedingt“ Betriebsrentenanpassungen verhindert werden.

57

aa) Soweit die Revision geltend macht, das AGITA verhindere „systembedingt“ Betriebsrentenanpassungen, weil sich aufgrund der Berechnungsformel für die AGITA-Gebühr immer nur ein Gewinn iHv. 3 % auf die Mehrwertkosten ergebe, ist schon zweifelhaft, ob diese Behauptungen überhaupt zutreffen. Seit dem 1. Januar 2010 beträgt der Zuschlag auf die Mehrwertkosten nach dem AGITA zwar grundsätzlich nur noch 3 %. Die nicht hinreichende Eigenkapitalverzinsung der Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 beruht allerdings nicht darauf, dass die Beklagte nur noch eine geringere Marge auf die „Value Added Cost“ erhält. Vielmehr ist dies darauf zurückzuführen, dass die Beklagte aufgrund der in Art. 66 Abs. 3, Art. 67 Abs. 1 EGHGB getroffenen Bestimmungen ab dem Jahr 2010 jährlich Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen in erheblicher Höhe vornehmen muss. Ohne Berücksichtigung dieser Zuführungen hätte die Beklagte im Jahr 2010 eine Eigenkapitalverzinsung von 5,5 %, im Jahr 2011 von 6,2 % und im Jahr 2012 von 4,7 % und damit in diesen Jahren eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt.

58

bb) Dies kann jedoch dahinstehen. Jedenfalls scheidet ein Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen Konzern nach der Änderung der Senatsrechtsprechung (BAG 15. Januar 2013 - 3 AZR 638/10 - BAGE 144, 180) aus.

59

Zwar galten für einen Berechnungsdurchgriff im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG nach der Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 28. April 1992 (- 3 AZR 244/91 - zu III 2 der Gründe, BAGE 70, 158; vgl. auch 14. Dezember 1993 - 3 AZR 519/93 - zu III 2 der Gründe) ua. die Grundsätze entsprechend, die der Bundesgerichtshof zur Haftung des herrschenden Unternehmens für Verbindlichkeiten des beherrschten Unternehmens aufgestellt hatte (vgl. etwa BGH 13. Dezember 1993 - II ZR 89/93 -; 29. März 1993 - II ZR 265/91 - [TBB] BGHZ 122, 123; 23. September 1991 - II ZR 135/90 - [Video] BGHZ 115, 187; 20. Februar 1989 - II ZR 167/88 - [Tiefbau] BGHZ 107, 7; 16. September 1985 - II ZR 275/84 - [Autokran] BGHZ 95, 330). Zwischen der konzernmäßigen Durchgriffshaftung und der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers bei der Anpassung von Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG bestand ein Zusammenhang. Haftete beim qualifiziert faktischen Konzern die Konzernobergesellschaft, dann musste diese mit ihrer wirtschaftlichen Lage der Tochtergesellschaft gegenüber auch für deren Anpassungsschulden einstehen.

60

Nachdem der Bundesgerichtshof jedoch in seiner Grundsatzentscheidung vom 16. Juli 2007 (- II ZR 3/04 - [TRIHOTEL] BGHZ 173, 246) das von ihm im Wege der Rechtsfortbildung entwickelte Haftungskonzept aufgegeben hat, lassen sich die vom Senat aufgestellten Grundsätze zum Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen Konzern nicht mehr aufrechterhalten. Dies hat der Senat bereits mit Urteil vom 15. Januar 2013 (- 3 AZR 638/10 - Rn. 35 ff., BAGE 144, 180; vgl. auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 899/11 - Rn. 49) entschieden und ausführlich begründet. Hieran hält der Senat fest.

61

cc) Ein Berechnungsdurchgriff auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum existenzvernichtenden Eingriff kommt ebenfalls nicht in Betracht. Danach setzt die Verhaltenshaftung des Gesellschafters nach § 826 BGB ua. den Entzug von Vermögenswerten, die fehlende Kompensation oder Rechtfertigung des Vermögensentzugs und die dadurch hervorgerufene Insolvenz der Gesellschaft bzw. deren Vertiefung voraus (BGH 16. Juli 2007 - II ZR 3/04 - [TRIHOTEL] BGHZ 173, 246). Die Beklagte war zu keinem Zeitpunkt von einer Insolvenz bedroht, sodass jedenfalls deshalb ein an diesen Grundsätzen orientierter Berechnungsdurchgriff ausscheidet.

62

c) Der Kläger kann seinen Anspruch auf Betriebsrentenanpassung auch nicht mit Erfolg darauf stützen, die Beklagte müsse sich die wirtschaftliche Lage ihrer Muttergesellschaften bzw. der AGNS Niederlande im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen, da das AGITA eine „harte“ Patronatserklärung gegenüber der Beklagten enthalte.

63

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats eine harte konzerninterne Patronatserklärung geeignet sein, einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der Patronin/nen zu rechtfertigen (vgl. dazu BAG 21. Oktober 2014 - 3 AZR 1027/12 - Rn. 59; 29. September 2010 - 3 AZR 427/08 - Rn. 43, BAGE 135, 344). Ein Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der Patronin/nen kommt in diesem Fall aber nur in Betracht, wenn sich die Patronatserklärung auch auf künftige Betriebsrentenanpassungen erstreckt. Hierzu hat der Kläger indes nicht schlüssig vorgetragen. Das Landesarbeitsgericht ist deshalb im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, das Vorbringen des Klägers zum Vorliegen einer Patronatserklärung sei als Grundlage für einen Berechnungsdurchgriff nicht hinreichend substantiiert.

64

aa) Eine konzerninterne harte Patronatserklärung, die auch als Verlustdeckungszusage oder Verlustübernahmeerklärung bezeichnet wird (MüKo-BGB/Habersack 6. Aufl. Vor § 765 Rn. 49; BGH 8. Mai 2006 - II ZR 94/05 - Rn. 10), sichert im Zweifel allein das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des begünstigten konzernangehörigen Unternehmens ab. Zudem setzt die Verpflichtung der Patronin zur Ausstattung des begünstigten Unternehmens den Bestand einer gesicherten Hauptforderung voraus. Da § 16 Abs. 1 BetrAVG keine unbedingte Anpassungspflicht regelt, mithin keine Anpassungsgarantie enthält, sondern nur einen Anspruch auf eine Anpassungsprüfung einräumt, die auch die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners berücksichtigt(vgl. etwa BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 298/13 - Rn. 43), müsste aus der Patronatserklärung deutlich hervorgehen, dass diese sich auch auf künftige Betriebsrentenanpassungen bezieht.

65

bb) Dies hat der Kläger nicht schlüssig dargetan. Seine Behauptung, die Vertragspartner des AGITA schuldeten der Beklagten aufgrund des AGITA eine Erstattung der Kosten mit Mehrwert, wobei zu diesen Kosten auch die Aufwendungen für die Betriebsrentenanpassungen gehörten, reicht hierfür nicht.

66

Die im AGITA vereinbarte Verrechnungspreisabrede ist lediglich ein Mittel zur Bestimmung der Höhe der konzerninternen Umsatzerlöse. Die Personalkosten sind dabei nur ein Teil des Berechnungsfaktors „Kosten mit Aufschlag“. Zudem übersieht der Kläger, dass die von ihm behauptete Ausgestaltung der Verrechnungspreisabrede dazu führen kann, dass die Beklagte, wenn ihre externen Umsatzerlöse sämtliche Kosten mit Mehrwert zuzüglich der Marge sowie sämtliche Kosten ohne Mehrwert übersteigen, „negative“ interne Umsatzerlöse erzielt mit der Folge, dass sie insoweit zur Zahlung an den Vertragspartner des AGITA verpflichtet ist. Die im AGITA getroffene Verrechnungspreisabrede soll - wovon auch der Kläger selbst ausgeht - außerdem sicherstellen, dass bei der Beklagten Gewinne verbleiben, die von dieser nach deutschem Steuerrecht zu versteuern sind. Dass eine etwaige harte konzerninterne Patronatserklärung auch künftige Betriebsrentenanpassungen umfasst, ist nach diesem Zweck der Verrechnungspreisabrede fernliegend.

67

d) Der Kläger kann einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der Muttergesellschaften oder der AGNS Niederlande auch nicht mit Erfolg auf einen entsprechenden Vertrauenstatbestand stützen (zu den Voraussetzungen vgl. BAG 29. September 2010 - 3 AZR 427/08  - Rn. 47 mwN, BAGE 135, 344 ). Er hat nicht behauptet, die Muttergesellschaften der Beklagten oder die AGNS Niederlande hätten Erklärungen abgegeben oder Verhaltensweisen gezeigt, die ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Anpassung der Betriebsrente ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten begründen. Die im AGITA getroffene Verrechnungspreisabrede reicht hierfür nicht aus.

68

e) Die Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch.

69

aa) Die Revision rügt zu Unrecht, dass das Landesarbeitsgericht dem Beweisantritt des Klägers nach § 421 ZPO nicht nachgekommen ist und der Beklagten nicht aufgegeben hat, das AGITA vorzulegen. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Beweisantritt des Klägers zutreffend als unzulässigen Ausforschungsbeweis gewertet.

70

Wird ein Beweis angeboten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt, und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt als Ausforschungsbeweis unzulässig und damit unbeachtlich (vgl. BAG 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 46). So verhält es sich hier. Der Kläger wollte sich durch die Einsichtnahme in das AGITA, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, erst die Kenntnis verschaffen, ob das AGITA über die Verrechnungspreisabrede hinaus ggf. andere - für einen Berechnungsdurchgriff relevante - Abreden enthält. Die Behauptung des Klägers, das AGITA enthalte eine harte Patronatserklärung gegenüber der Beklagten, ist - soweit es sich nicht ohnehin nur um eine rechtliche Bewertung der von ihm vorgetragenen AGITA-Formel handelt - deshalb erkennbar „ins Blaue“ hinein erfolgt.

71

bb) Auf die übrigen vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen kommt es nach alledem nicht mehr an. Sein als übergangen gerügtes Vorbringen - zu seinen Gunsten unterstellt - rechtfertigt, wie dargelegt, keine andere Entscheidung, § 561 ZPO.

72

IV. Da der Kläger seine Ansprüche auf Zahlung einer höheren Betriebsrente ausschließlich auf § 16 Abs. 1 BetrAVG stützt, hatte der Senat nicht zu prüfen, ob sich ein Anspruch des Klägers ggf. unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes ergibt. Etwaige Schadensersatzansprüche waren nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für die Entscheidung nicht erheblich war deshalb, ob durch die konkrete Ausgestaltung der im AGITA getroffenen Verrechnungspreisabrede die wirtschaftliche Lage der Beklagten in rechtlich zu beanstandender Weise so gestaltet wurde, dass eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers nach § 16 BetrAVG ausgeschlossen wurde und dem Kläger dadurch Erfüllungsansprüche genommen wurden.

73

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Busch    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. April 2011 - 10 Sa 930/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung der künftigen Bankrente des Klägers sowie über die Rückzahlung von Mehraufwendungen für die Sonderausstattung eines Dienstwagens.

2

Der im Februar 1963 geborene Kläger stand vom 1. April 1990 bis zum 31. Dezember 2008 mit der Beklagten, einer Leasinggesellschaft und Spezialbank für Objektfinanzierung, und ihrer Rechtsvorgängerin - der D AG - in einem Arbeitsverhältnis. Nach Ziff. 4 seines Arbeitsvertrags vom 29. März/5. April 1990 sind ua. die Versorgungsordnung und die Betriebsvereinbarungen der Bank in ihren jeweils geltenden Fassungen Bestandteile dieses Vertrags.

3

Bei der D AG galt seit dem 1. Januar 1989 eine im Januar 1990 geschlossene Betriebsvereinbarung über die Einführung einer Versorgungsordnung (BV Versorgung). In dieser war ua. Folgendes geregelt:

        

1.1   

Geltungsbereich

        

1.1.1 

Die D AG gibt ihren Betriebsangehörigen sowie deren Hinterbliebenen Versorgungszusagen gemäß den Bestimmungen dieser Versorgungsordnung.

        

…       

        
        

1.3     

Leistungsvoraussetzungen

        

1.3.1 

Die/der Betriebszugehörige erhält mit Versetzung in den Ruhestand eine Bankrente; …

        

…       

        
                          
        

1.4     

Pensionsfähiges Jahresgehalt

        

1.4.1 

Grundlage für die Berechnung der Bankrenten ist das 12-fache des durchschnittlich in den letzten 12 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogenen tariflichen oder außertariflichen Bruttomonatsgehaltes einschließlich Funktions- und übertariflicher Zulagen, nachstehend pensionsfähiges Jahresgehalt genannt. Kinderzulagen und sonstige Zulagen/Vergütungen bleiben unberücksichtigt.

        

…       

        
        

1.7.   

Limitierung und Mindestbankrente

        

1.7.1 

Bankrenten … werden nur insoweit gewährt, als die Bruttogesamtversorgung bei Eintritt des Versorgungsfalles bei 10 anrechnungsfähigen Dienstjahren 85 % des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens nicht übersteigt. Dieser Satz erhöht sich mit jedem weiteren anrechnungsfähigen Dienstjahr um 0,5 % auf maximal 100 %.

        

…       

        
        

1.7.3 

Die Bruttogesamtversorgung setzt sich zusammen aus nachstehenden jährlichen Ansprüchen aus eigenen Anwartschaften:

                 

a)    

Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. …

                 

b)    

Versorgungsleistungen des BVV aus der Pflichtversicherung.

                 

…       

        
                 

e)    

Bankrente nach dieser Versorgungsordnung.

        

…       

                 
        

1.7.7 

Für die Berechnung des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens wird das pensionsfähige Jahresgehalt gemäß Ziffer 1.4 sowie die zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogene tarifliche Sonderzahlung (bei Tarifgehältern) bzw. die von der Bank garantierte Abschluß- und Weihnachtsgratifikation (bei außertariflichen Gehältern) zugrunde gelegt.

        

…“    

        
4

Der Kläger wurde ab dem Jahr 1995 von der D AG außertariflich vergütet. Er erhielt - wie sämtliche Vertriebsmitarbeiter - jährlich eine Abschluss- und eine Weihnachtsgratifikation. Die Abschlussgratifikation bestand aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehalts und einer zusätzlichen Vergütung, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wurde. Die Weihnachtsgratifikation betrug ein Monatsgehalt.

5

Die D AG schloss am 30. Oktober 1998 mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über ein neues Vergütungssystem für die Mitarbeiter im Vertrieb (BV Vergütung). In dieser heißt es auszugsweise:

        

Persönlicher/räumlicher Geltungsbereich

        

Das neue Vergütungssystem findet ab 01. Januar 1998 Anwendung auf die Mitarbeiter im Vertrieb (Betreuer und Filialleiter), …

        

1.    

Funktionen und Zielgrößen

        

1.1     

Für Mitarbeiter im Vertrieb mit gleichem Anforderungsprofil werden Zielgehälter gebildet. …

        

1.2     

Das Zielgehalt setzt sich aus einem fixen und einem variablen Bestandteil zusammen. Das fixe Grundgehalt beträgt 80 % des Zielgehalts, der variable Zielbonus (Bonus bei Erreichen der Zielvereinbarung …) 20 % des Zielgehalts.

        

…       

        
        

7.    

Berichtswesen und Auszahlungsmodus

        

…       

        
        

7.3     

Ein nach dem neuen System entlohnter Mitarbeiter erhält das Grundgehalt in 12 Teilbeträgen. Zusätzlich zum Grundgehalt werden im gleichen Auszahlungsmodus 50 % des Zielbonus über das Jahr verteilt als monatliche Abschlagszahlung geleistet. …

        

7.4     

Die Endabrechnung erfolgt einmal jährlich im April des Folgejahres.“

6

Der Kläger schloss mit der D AG am 26. März/29. April 2008 einen neuen Arbeitsvertrag sowie eine Vereinbarung „Incentive 2008“. Der Arbeitsvertrag hat ua. folgenden Inhalt:

        

1.    

Vertragsbeginn/Tätigkeit

                 

Der Mitarbeiter wird mit Wirkung vom 1. Januar 2008 als Filialleiter weiterbeschäftigt.

                 

…       

        

2.    

Bezüge

                 

a.)     

Gehalt

                 

Der Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Bruttojahresgrundgehalt in Höhe von

                 

75.000,00 Euro.

                 

Darüber hinaus wird dem Mitarbeiter derzeit ein Zuschlag für die jeweils gültige Filialstruktur gezahlt (Anlage A). …

                 

Das Bruttojahresgrundgehalt zzgl. Zuschlag wird in zwölf gleichen monatlichen Zahlungen jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt.

                 

…       

                 

b.)     

Variable Vergütung

                 

Der Mitarbeiter nimmt darüber hinaus am variablen Vergütungssystem teil. …

                 

c.)     

Vermögensbildende Leistung

                 

Eine vermögensbildende Leistung, die in ihrer Höhe den vermögenswirksamen Leistungen des für das private Bankgewerbe geltenden Tarifvertrages entspricht.“

7

In der Vereinbarung „Incentive 2008“ ist ua. Folgendes bestimmt:

        

2.    

Senior 3 Incentive 2008

                 

Um die Einführung der neuen Karrierestufe Senior 3 zu unterstützen, wird dem Filialleiter in 2008 ein Zuschlag in Höhe von 4.000,00 € Brutto p.a. pro Senior 3 gezahlt.

                 

Der Zuschlag ist ein Bruttozuschlag und wird in zwölf gleichen monatlichen Zahlungen jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt. Der Zuschlag wird spätestens im März des Geschäftsjahres in dem der Incentive gültig ist errechnet und rückwirkend zum 1. Januar des Geschäftsjahres umgesetzt.“

8

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin stellte Mitarbeitern in Führungspositionen oder solchen Mitarbeitern, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit ein Fahrzeug benötigten, auf der Grundlage einer „Autoordnung“ einen Dienstwagen zur Verfügung, den sie auch privat nutzen durften. Die Leasingkosten für den Dienstwagen wurden bis zur Höhe einer festgelegten Referenzrate von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin übernommen. Überstiegen die monatlichen Leasingraten aufgrund der zusätzlichen Sonderausstattung des von den Mitarbeitern bestellten Wagens die festgelegte Referenzrate, hatten die Mitarbeiter die sich ergebende Kostendifferenz durch Zahlung eines Einmalbetrags zu Beginn der Überlassung zu tragen.

9

Dem Kläger stand ab Januar 2008 ein - auch privat nutzbarer - Dienstwagen zur Verfügung. Der Leasingvertrag für den vom Kläger bestellten Dienstwagen hatte eine Laufzeit von drei Jahren und sah die Zahlung von insgesamt 36 Monatsraten vor. Aufgrund der zusätzlichen Sonderausstattung des Wagens überstiegen die monatlichen Leasingraten die festgelegte Referenzrate. Der Kläger zahlte der D AG am 1. Februar 2008 die sich ergebende Gesamtdifferenz zwischen den monatlichen Leasingraten und den Referenzraten iHv. 5.591,05 Euro.

10

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19. Mai 2008 zum 31. Dezember 2008. Mit Schreiben vom 27. August 2008 kündigte die D AG das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich. Im Rahmen der hiergegen vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage schlossen der Kläger und die D AG einen Vergleich, der durch Beschluss des Arbeitsgerichts nach § 278 Abs. 6 ZPO am 10. Februar 2009 festgestellt wurde. Der Vergleich lautet auszugsweise:

        

„1.     

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat am 31.12.2008 (‚Rechtlicher Beendigungszeitpunkt‘) aufgrund arbeitnehmerseitiger Kündigung geendet. ...

        

2.    

Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis vorbehaltlich abweichender Regelungen in diesem Vergleich, soweit noch nicht geschehen, bis zum 17.11.2008, 24:00 Uhr (‚Tatsächlicher Beendigungszeitpunkt‘), ab. Weitere Vergütungsansprüche bestehen mit Ausnahme des in Ziffer 4 dieses Vergleiches geregelten Anspruchs auf variable Vergütung nicht.

                 

...     

        

3.    

Der Kläger hat für die Nutzung eines Dienstwagens entsprechend der einschlägigen Dienstwagenregelung der Beklagten und zur Abgeltung eines durch die Nutzung über seine vertraglichen Rechte hinaus entstandenen Mehraufwandes eine Einmalzahlung an die Beklagte in Höhe von 5.591,05 EUR (…) geleistet. Der Kläger hat den Dienstwagen am 17.11.2008 zurückgegeben. Die Beklagte erstattet an den Kläger den anteiligen seitens des Klägers gezahlten Mehrbetrag für den Zeitraum zwischen tatsächlicher Rückgabe des Dienstwagens und dem Rechtlichen Beendigungszeitpunkt.

        

...     

        
        

5.    

Für die Zwecke der betrieblichen Altersversorgung ist der Rechtliche Beendigungszeitpunkt maßgeblich.

        

…“    

        
11

Das Arbeitsverhältnis des Klägers war aufgrund eines Betriebsübergangs zum 31. August 2008 auf die Beklagte übergegangen. Diese zahlte auf der Grundlage von Nr. 3 Satz 3 des Vergleichs an den Kläger 698,88 Euro.

12

Der Kläger erhielt von der Beklagten neben seinem Grundgehalt zuletzt monatlich einen Abschlag auf den Zielbonus nach der BV Vergütung iHv. 830,00 Euro brutto, einen Zuschlag für die gültige Filialstruktur 2008 iHv. 1.250,00 Euro brutto, einen Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ iHv. 1.000,00 Euro brutto sowie vermögenswirksame Leistungen iHv. 39,88 Euro. Für die Versteuerung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung des Dienstwagens setzte die Beklagte monatlich 915,20 Euro brutto an. Darüber hinaus gewährte die Beklagte dem Kläger für das Kalenderjahr 2008 - zuzüglich zu den schon erfolgten Abschlagszahlungen - einen Zielbonus iHv. 73.758,88 Euro.

13

Im März 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich seine Bankrente bei einem Rentenbeginn mit Vollendung des 65. Lebensjahres auf 438,00 Euro belaufe. Der Berechnung legte die Beklagte lediglich das Bruttojahresgrundgehalt des Klägers iHv. 75.000,00 Euro zugrunde.

14

Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass bei dem für die Berechnung seiner künftigen Bankrente maßgeblichen pensionsfähigen Jahresgehalt weitere Vergütungsbestandteile sowie Sachbezüge zu berücksichtigen sind. Zudem hat er von der Beklagten eine weitergehende Rückzahlung des vom ihm getragenen Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens verlangt.

15

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zu dem pensionsfähigen Jahresgehalt zählten nicht nur sein Grundgehalt, sondern auch der Zuschlag für die gültige Filialstruktur, die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der Zielbonus, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“, der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens sowie die vermögenswirksamen Leistungen. Der Begriff „Bruttomonatsgehalt“ iSd. BV Versorgung erfasse alle innerhalb des letzten Jahres vor dem Ausscheiden bezogenen Entgeltbestandteile. Nach einer Auskunft des ehemaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden G seien bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das als garantierter Teil der Abschlussgratifikation gezahlte 13. Monatsgehalt und das als Weihnachtsgratifikation geleistete 14. Monatsgehalt sowie die Sachbezüge und die vermögenswirksamen Leistungen von der Beklagten stets berücksichtigt worden. Durch die vorbehaltlose Auszahlung des Abschlags auf den Zielbonus seit der Einführung des neuen Vergütungssystems im Jahr 1998 sei für ihn ein Anspruch auf diesen Vergütungsbestandteil aus betrieblicher Übung entstanden. Bereits deshalb zähle dieser zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung. Bei dem Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ und dem geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstwagens handle es sich um Funktionszulagen iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Ein Anspruch auf Berücksichtigung aller Vergütungsbestandteile ergebe sich zudem aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte berücksichtige bei der Berechnung der Betriebsrenten der ehemaligen Arbeitnehmer T und G auch die variablen Vergütungsbestandteile und die Sachbezüge. Es bestehe kein sachlicher Grund, in seinem Fall eine andere Berechnung vorzunehmen. Die Beklagte habe nicht in ausreichendem Maße dargelegt, dass mit den Arbeitnehmern T und G individuelle Sondervereinbarungen getroffen wurden.

16

Die Beklagte sei verpflichtet, den von ihm geleisteten Mehraufwand für die Sonderausstattung seines Dienstwagens für die gesamte Laufzeit des Leasingvertrags, in der er den Dienstwagen nicht habe nutzen können, zurückzuzahlen. Die Beklagte sei insoweit ungerechtfertigt bereichert. Der Vergleich vom 10. Februar 2009 stehe dem nicht entgegen. Dieser beziehe sich nur auf die Zeit bis zu seinem Ausscheiden am 31. Dezember 2008.

17

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das entsprechend Ziff. 1.4.1 der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung für die Betriebsangehörigen der D AG in der Fassung von Januar 1990 (rückwirkend in Kraft getreten am 1. Januar 1989) als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „pensionsfähige Jahresgehalt“ insgesamt 197.179,84 Euro beträgt und neben dem „Grundgehalt“ in Höhe von 75.000,00 Euro auch den Zuschlag für die Einordnung seiner Filiale in die Filialstufe Premiumfiliale in Höhe von 15.000,00 Euro, den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens in Höhe von 10.982,40 Euro, vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 478,56 Euro, Abschlagszahlungen auf den Zielbonus in Höhe von 9.960,00 Euro, den variablen Bonus im Sinne der Betriebsvereinbarung „Vergütungssystem des Vertriebs der D“ vom 30. Oktober 1998 in Höhe von 73.758,88 Euro sowie die vom Kläger erhaltene „Senior 3 Incentive Zulage“ in Höhe von 12.000,00 Euro einschließt,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.183,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. April 2009 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

19

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „pensionsfähige Jahresgehalt“ neben dem „Grundgehalt“ den Zuschlag für die Einordnung seiner Filiale in die Filialstufe „Premiumfiliale“ einschließt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht haben die Parteien am 11. Februar 2011 folgenden Teilvergleich geschlossen:

        

I.    

        

Die Parteien sind sich einig, dass in das entsprechend Ziffer 1.4.1 der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung für die Betriebsangehörigen der D AG in der Fassung von Januar 1990 (rückwirkend in Kraft getreten am 01.01.1989) als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende ‚pensionsfähige Jahresgehalt‘ das ‚Grundgehalt‘ mit € 75.000,-- (…) und der Zuschlag für die Einordnung der Filiale des Klägers in die Filialstufe ‚Premiumfiliale‘ mit einem Betrag von € 13.125,-- (...) einfließt.

        

…“    

20

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage - soweit sie in die Revision gelangt ist - zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Berechnung der künftigen Bankrente des Klägers ein pensionsfähiges Jahresgehalt von mehr als 88.125,00 Euro zugrunde zu legen. Der Kläger kann von der Beklagten auch keine weitere Rückzahlung des von ihm geleisteten Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro verlangen.

22

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag.

23

1. Der Feststellungsantrag bedarf allerdings der Auslegung. Diese ergibt, dass der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, bei der Berechnung der Höhe seiner Bankrente nicht lediglich ein pensionsfähiges Jahresgehalt iHv. 88.125,00 Euro, sondern in Höhe weiterer 109.054,84 Euro, mithin insgesamt 197.179,84 Euro zugrunde zu legen. Die Parteien haben in dem am 11. Februar 2011 vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Teilvergleich Einigkeit erzielt, dass jedenfalls das Grundgehalt des Klägers iHv. 75.000,00 Euro und der Zuschlag für die Filialstruktur 2008 iHv. 13.125,00 Euro in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts einfließen. Damit steht zwischen den Parteien außer Streit, dass das für die Berechnung der Höhe der Bankrente des Klägers maßgebliche pensionsfähige Jahresgehalt zumindest 88.125,00 Euro beträgt. Der Antrag zu 1. zielt daher ersichtlich nur noch auf die Feststellung ab, dass als pensionsfähiges Jahresgehalt des Klägers nicht lediglich ein Betrag iHv. 88.125,00 Euro, sondern ein weiterer Betrag iHv. 109.054,84 Euro, mithin insgesamt ein Betrag iHv. 197.179,84 Euro zugrunde zu legen ist.

24

2. Der so verstandene Feststellungsantrag ist zulässig.

25

a) Der Antrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 17; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 19). Dies ist vorliegend gegeben. Der Feststellungsantrag betrifft die Berechnung der Bankrente des Klägers. Damit geht es um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten.

26

b) An der Feststellung besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Es ist unerheblich, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Da die Beklagte die vom Kläger geltend gemachte Berechnungsgrundlage für die Bankrente bestreitet, ist das betriebsrentenrechtliche Rechtsverhältnis durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, erst nach Eintritt des Versorgungsfalls einen Rechtsstreit gegen seinen Arbeitgeber über Inhalt und Umfang seiner Versorgungsrechte zu führen. Die Parteien haben ein rechtliches Interesse daran, Meinungsverschiedenheiten über den Bestand und die Ausgestaltung der Versorgungsrechte möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalls klären zu lassen (vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 18).

27

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner Bankrente nicht lediglich ein pensionsfähiges Jahresgehalt iHv. 88.125,00 Euro, sondern in Höhe weiterer 109.054,84 Euro, mithin insgesamt 197.179,84 Euro zugrunde legt. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, an den Kläger eine weitere Rückzahlung des von ihm getragenen Mehraufwands für die Sonderausstattung seines Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro zu leisten.

28

1. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner künftigen Bankrente ein pensionsfähiges Jahresgehalt von mehr als 88.125,00 Euro zugrunde legt. Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung fließen der variable Bonus - Zielbonus - iSd. BV Vergütung, die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ sowie die vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens nicht in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts ein. Die Beklagte ist auch nicht gehalten, den Zuschlag Filialstruktur 2008 bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts mit einem über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag hinausgehenden Wert zu berücksichtigen.

29

a) Die Auslegung von Nr. 1.4.1 BV Versorgung ergibt, dass der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge, der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“, die vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts außer Ansatz bleiben.

30

aa) Die BV Versorgung ist als Betriebsvereinbarung nach den für Gesetze und für Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21; 14. Dezember 2010 - 3 AZR 939/08 - Rn. 18 mwN).

31

bb) Bereits der Wortlaut von Nr. 1.4.1 BV Versorgung spricht dafür, dass nicht alle innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden vom Kläger bezogenen Vergütungsbestandteile in die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts einfließen.

32

Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung dient als Grundlage für die Berechnung der Bankrente das Zwölffache des durchschnittlich in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogenen tariflichen oder außertariflichen Bruttomonatsgehalts einschließlich etwaiger Funktions- und übertariflicher Zulagen. Die BV Versorgung definiert nicht ausdrücklich, was unter dem „Bruttomonatsgehalt“ zu verstehen ist. Sie bestimmt lediglich, dass zum Bruttomonatsgehalt Funktions- und übertarifliche Zulagen gehören, während Kinderzulagen sowie „sonstige Zulagen/Vergütungen“ nicht zu berücksichtigen sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst das Bruttomonatsgehalt nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile und Sachleistungen (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22; 14. August 1990 - 3 AZR 321/89 - zu 5 a der Gründe). Auch aus dem Wortbestandteil „Brutto“ folgt nicht, dass alle zu versteuernden Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind. Damit wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass beim ruhegeldfähigen Monatsgehalt die Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgezogen werden (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 22 mwN). Die Verknüpfung des Wortbestandteils „Brutto“ mit dem weiteren Wortbestandteil „Monatsgehalt“ lässt zudem den Schluss darauf zu, dass mit Bruttomonatsgehalt nicht alle Einnahmen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Der Begriff Bruttomonatsgehalt bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 23; 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 1 der Gründe). Zwar ist für die Berechnung der Bankrente nicht das zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogene Monatsgehalt maßgeblich; vielmehr kommt es nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung auf das durchschnittlich in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls erzielte Bruttomonatsgehalt einschließlich bestimmter Zulagen an. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich aus der erforderlichen Durchschnittsberechnung allerdings nicht ableiten, dass damit auch alle im Referenzzeitraum gezahlten sonstigen Entgeltbestandteile vom Begriff des Bruttomonatsgehalts erfasst werden. Hätte dies geregelt werden sollen, hätte es nahegelegen, nicht auf den zwölffachen Betrag des durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts in den letzten zwölf Monaten abzustellen, sondern auf das in den letzten zwölf Monaten erzielte Entgelt. Mit der Anknüpfung an das Bruttomonatsgehalt haben die Betriebspartner daher zum Ausdruck gebracht, dass lediglich die monatsbezogenen Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind.

33

cc) Auch aus dem Regelungszusammenhang und der Systematik der Versorgungsbestimmungen ergibt sich, dass das „Bruttomonatsgehalt“ nicht dasjenige Arbeitsentgelt meint, das dem Mitarbeiter im Durchschnitt monatlich im Referenzzeitraum gezahlt wurde. Vielmehr muss es sich um Arbeitsentgelt handeln, das der Mitarbeiter für einen Monat und damit bezogen auf den Abrechnungszeitraum eines Monats erhalten hat.

34

(1) Die Betriebsparteien haben in der BV Versorgung zwischen dem pensionsfähigen Jahresgehalt (Nr. 1.4.1) und dem fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommen (Nr. 1.7.1) unterschieden. Aus dem fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommen leitet sich die Versorgungsobergrenze ab. Für die Berechnung des fiktiven jährlichen Nettoarbeitseinkommens sind nach Nr. 1.7.7 BV Versorgung das pensionsfähige Jahresgehalt gemäß Nr. 1.4 und die zuletzt vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogene tarifliche Sonderzahlung (bei Tarifgehältern) bzw. die von der Bank garantierte Abschluss- und Weihnachtsgratifikation (bei außertariflichen Gehältern) zugrunde zu legen. Hieraus folgt, dass die Vergütungsbestandteile Sonderzahlung sowie garantierte Abschluss- und Weihnachtsgratifikation nicht zum pensionsfähigen Jahresgehalt und damit auch nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung gehören. Bei der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor Inkrafttreten der BV Vergütung gezahlten Abschluss- und Weihnachtsgratifikation handelte es sich um Einmalzahlungen, die nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen waren. Gleiches galt für die tarifliche Sonderzahlung. Nach § 10 Abs. 1 des bei Abschluss der BV Versorgung geltenden Manteltarifvertrags für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken vom 24. August 1978 (idF des am 15. November 1989 in Kraft getretenen Änderungstarifvertrags vom 15. November 1989) hatten die Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass die betrieblichen Sonderzahlungen in einem Kalenderjahr 100 % des monatlichen Tarifgehalts zuzüglich aller tariflichen Zulagen und Wechselschichtzulagen nicht unterschreiten. Auch diese Vorgaben bezogen sich damit auf das gesamte Jahr und nicht auf den Monat. Nach der Regelungssystematik der BV Versorgung sind die Betriebsparteien daher ersichtlich davon ausgegangen, dass diese jahresbezogenen Vergütungsbestandteile nicht unter den Begriff des Bruttomonatsgehalts iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung fallen, sondern dass es sich beim Bruttomonatsgehalt nur um solche Zahlungen handelt, die der Arbeitnehmer bezogen auf den Abrechnungszeitraum eines Monats erhält. Die BV Versorgung geht damit nicht von einem Jahresgesamtverdienst aus, um einen Durchschnittsverdienst im Monat zu berechnen. Dadurch unterscheidet sich die vorliegende Versorgungsordnung von den Versorgungsbestimmungen, die den vom Kläger angezogenen Entscheidungen des Senats vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 6/09 -) und vom 21. August 2001 (- 3 AZR 746/00 -) zugrunde lagen. Dort stellten die Versorgungsregelungen für die Berechnung der Betriebsrenten auf das im Durchschnitt innerhalb eines festgelegten Referenzzeitraums monatlich verdiente Entgelt ab. Deshalb waren alle in den Referenzzeitraum fallenden Entgeltbestandteile zu berücksichtigen.

35

(2) Auch die Regelung in Nr. 1.4.1 Satz 2 BV Versorgung zeigt, dass nicht alle Vergütungsbestandteile zum pensionsfähigen Jahresgehalt zählen. Nach dieser Bestimmung bleiben mit Ausnahme der Funktionszulagen und der übertariflichen Zulagen „sonstige Zulagen/Vergütungen“ bei der Bemessung des pensionsfähigen Jahresgehalts unberücksichtigt. Die mit dem weiten Begriff der „sonstigen Vergütungen“ zum Ausdruck gebrachte ausdrückliche Herausnahme aller nicht in Nr. 1.4.1 Satz 1 BV Versorgung aufgeführten Entgeltbestandteile verdeutlicht, dass trotz des Abstellens auf einen Referenzzeitraum nach den Vorstellungen der Betriebsparteien gerade nicht alle während dieses Zeitraums anfallenden variablen oder einmalig gezahlten Vergütungsbestandteile unter den Begriff des „Bruttomonatsgehalts“ fallen.

36

dd) Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt auch der Zweck der mit der BV Versorgung zugesagten betrieblichen Altersversorgung kein weitergehendes Verständnis des „Bruttomonatsgehalts“. Die Frage, inwieweit eine Versorgungszusage den bisherigen Lebensstandard sichern will, hängt vor allem davon ab, welche Vergütungsbestandteile nach der konkreten Versorgungsordnung als versorgungsfähig bezeichnet werden. Das Versorgungsziel ist keine vorgegebene Größe, sondern ergibt sich erst durch Auslegung, bei der Wortlaut und Systematik im Vordergrund stehen (BAG 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 3 a der Gründe).

37

b) Danach bleiben der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge sowie der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ außer Ansatz. Auch die monatlichen vermögenswirksamen Leistungen und der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens zählen nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung.

38

aa) Der variable Zielbonus nach Nr. 1.2 BV Vergütung ist kein monatlich zu zahlender Gehaltsbestandteil. Er wird vielmehr auf das Jahr bezogen ermittelt (vgl. Nr. 7.4 BV Vergütung). Entgegen der Auffassung des Klägers ist wegen des Inkrafttretens der BV Vergütung keine andere Beurteilung geboten. Auch die früher von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährten Gratifikationen, die durch den Zielbonus ersetzt wurden, waren - wie Nr. 1.7.7 BV Versorgung zeigt - nicht Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung, da sie nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen waren (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 27).

39

bb) Die auf den Zielbonus gewährte monatliche Abschlagszahlung ist ebenfalls nicht Teil des Bruttomonatsgehalts. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte berechtigt ist, ggf. zu viel geleistete Abschlagszahlungen zurückzufordern. Die Abschlagszahlungen erfolgen zwar monatlich. Es handelt sich aber um Abschläge auf den Zielbonus, der jahresbezogen gewährt wird. Damit sind auch die Abschlagszahlungen Teil einer jahresbezogenen Leistung (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 27). Die Zahlung der Abschläge auf den Zielbonus wurde auch durch die wiederholte monatliche Gewährung nicht im Wege der betrieblichen Übung zum Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung. Die Zahlung der Abschläge erfolgte auf der Grundlage von Nr. 7.3 Satz 2 BV Vergütung. Dies steht der Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung entgegen. Eine betriebliche Übung scheidet als Anspruchsgrundlage aus, wenn für den Anspruch eine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage besteht (vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29).

40

cc) Der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ bleibt gleichfalls außer Ansatz. Nach Nr. 2 der Vereinbarung „Incentive 2008“ wird der Zuschlag auf das Jahr bezogen ermittelt. Damit zählt er nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Dass der Zuschlag in zwölf gleichen monatlichen Beträgen gezahlt wird, ist unerheblich. Der Zuschlag ist damit kein monatlich zu zahlender Gehaltsbestandteil. Es handelt sich lediglich um Teilbeträge, die auf den jahresbezogen gewährten Zuschlag geleistet werden.

41

Der Zuschlag „Senior 3 Incentive 2008“ ist entgegen der Ansicht des Klägers auch keine Funktionszulage iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Eine Funktionszulage ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Arbeitsentgelt für die Verrichtung einer Arbeit in einer bestimmten Funktion (BAG 17. April 1996 - 10 AZR 617/95 - zu II 1 der Gründe; 18. März 2009 - 10 AZR 338/08 - Rn. 15 für die tarifliche Funktionszulage). Der Zuschlag knüpft nicht an die Funktion des Klägers, sondern an den Umstand an, dass in seiner Filiale Mitarbeiter der Hierarchiestufe Senior 3 beschäftigt waren. Nach Nr. 2 der Vereinbarung „Incentive 2008“ sollte die Beschäftigung solcher Mitarbeiter gefördert werden. Dies zeigt auch das englische Wort „Incentive“ (deutsch: Anreiz, Ansporn, vgl. Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik 6. Aufl. Teil I S. 391). Der Zuschlag sollte daher einen Anreiz dafür bieten, Mitarbeiter der Hierarchiestufe Senior 3 in der Filiale zu beschäftigen.

42

dd) Auch die „vermögensbildenden Leistungen“ nach Nr. 2 Buchst. c des Arbeitsvertrags vom 26. März/29. April 2008 zählen nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. BV Versorgung. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich gewährt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, der durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 28), insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz).

43

ee) Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens bleibt bei der Berechnung der Bankrente ebenfalls außer Ansatz. Der geldwerte Vorteil ist nicht Bestandteil des Bruttomonatsgehalts iSd. BV Versorgung. Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur Privatnutzung ist ein Sachbezug und wird deshalb nicht vom Begriff des Bruttomonatsgehalts umfasst (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 29 mwN).

44

Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung ist auch keine Funktionszulage iSv. Nr. 1.4.1 BV Versorgung. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter einer Zulage eine Geldzahlung verstanden, die zweckgebunden zum Ausgleich besonderer Belastungen oder Leistungen dient (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 30). Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung fällt hierunter nicht.

45

c) Die Beklagte ist auch nicht aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag iHv. 88.125,00 Euro hinaus weitere Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der künftigen Bankrente zu berücksichtigen. Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht hinreichend dargetan; er hätte dazu eine diese Vergütungsbestandteile einbeziehende Handhabung konkret darlegen müssen. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, zur Behauptung des Klägers, es habe eine entsprechende betriebliche Übung gegeben, wonach auch jährlich gezahlte Vergütungsbestandteile sowie Sachbezüge und vermögenswirksame Leistungen bei der Berechnung der Bankrente berücksichtigt wurden, Beweis zu erheben. Die insoweit von der Revision erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch.

46

aa) Eine Verfahrensrüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO im Einzelnen die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss bestimmt angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, in welchem Schriftsatz das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 32 mwN). Der angeblich übergangene Beweisantritt muss zudem zulässig sein. Wird ein Beweis angeboten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt, und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO). Gegenüber einem vom Landesarbeitsgericht als unschlüssig oder als nicht hinreichend konkretisiert gewerteten Sachvortrag kann nicht schlicht gerügt werden, es habe einen angebotenen Beweis für diesen nicht erhoben. Ein Beweisantritt kann nicht den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO). Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

47

bb) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers nicht ausreichend konkretisiert sind. Der Kläger hat keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen nach Ort, Zeit und Gesprächsinhalten vorgetragen, zu denen der von ihm benannte Zeuge G hätte befragt werden können. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Tatsachen zu erforschen, sondern die von der Partei behaupteten Tatsachen durch eine Beweisaufnahme zu überprüfen. Die Behauptung des Klägers, der Zeuge G könne bezeugen, dass bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das - als garantierter Teil der Abschlussgratifikation gezahlte - 13. Monatsgehalt und das als Weihnachtsgratifikation geleistete 14. Monatsgehalt sowie die Sachbezüge und die vermögenswirksamen Leistungen stets zur Berechnung der Betriebsrente herangezogen wurden, stellt keinen substantiierten Tatsachenvortrag dar. Der Kläger hätte vielmehr darlegen müssen, bei welchem namentlich bezeichneten Versorgungsempfänger so verfahren worden sein soll. Daran fehlt es. Eine unsubstantiierte, nicht durch Einzeltatsachen belegte allgemeine Behauptung einer Verfahrensweise wird nicht durch einen Beweisantritt zu einem schlüssigen Vortrag (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 33).

48

Soweit der Kläger vorträgt, der Betriebsrat sei - ohne es jedoch besser zu wissen - davon ausgegangen, dass auch nach der Umstellung des Vergütungssystems im Jahre 1998 die Abschlagszahlungen auf den Zielbonus sowie sämtliche Sachbezüge und vermögenswirksamen Leistungen bei der Berechnung der Betriebsrenten berücksichtigt werden würden, ergibt sich aus dieser Behauptung nicht, dass die Beklagte tatsächlich so verfahren ist, sondern nur, dass der Betriebsrat hiervon ausgegangen ist, ohne von dieser Vorgehensweise genaue Kenntnis zu haben. Eine Spekulation des Betriebsrats ist nicht geeignet, die Entstehung einer betrieblichen Übung unter Beweis zu stellen. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auch insoweit von einer Beweisaufnahme abgesehen.

49

d) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den ehemaligen Arbeitnehmern G und T.

50

aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 36 mwN). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

51

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 37 mwN). Stellt der Arbeitgeber hingegen nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - aaO).

52

bb) Danach liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor. Die Beklagte hat lediglich hinsichtlich der Mitarbeiter G und T eine von der BV Versorgung abweichende Berechnung der Ruhestandsbezüge vorgenommen. Nach der Darstellung der Beklagten beruht dies auf individuellen Vereinbarungen, die anlässlich des Ausscheidens mit diesen Arbeitnehmern getroffen wurden. Danach hat die Beklagte lediglich zwei einzelne Arbeitnehmer besser gestellt als die Versorgungsordnung dies vorsieht. Der Kläger hat die Darstellung der Beklagten zwar bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme abgesehen. Der Kläger hat einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht hinreichend dargelegt. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgt die Berechnung der Bankrente für nahezu 250 Arbeitnehmer, die entweder aktiv beschäftigt oder mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden sind oder sich bereits im Ruhestand befinden, auf der Grundlage des Grundgehalts und etwaig gewährter Funktions- und übertariflicher Zulagen. Der Kläger hat aus dieser Gesamtgruppe von Arbeitnehmern lediglich zwei Personen benannt, mit denen andere Regelungen getroffen wurden. Dabei hat der Kläger bereits keinen Vortrag dazu gehalten, dass die Beklagte eine selbst gegebene Regel umgesetzt hat. Er hat letztlich nur darauf abgestellt, dass bei zwei Mitarbeitern eine abweichende Berechnungsweise vorgenommen wurde. Ein abstraktes Differenzierungsmerkmal ist damit nicht erkennbar (vgl. BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 38 mwN).

53

e) Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, den Zuschlag Filialstruktur 2008 über den im Teilvergleich vom 11. Februar 2011 vereinbarten Betrag von 13.125,00 Euro hinaus iHv. weiteren 1.875,00 Euro bei der Bemessung des pensionsfähigen Jahresgehalts zu berücksichtigen. Aufgrund der materiellrechtlichen Folgen des Vergleichs iSv. § 779 BGB ist es dem Kläger verwehrt, eine über den vereinbarten Betrag hinausgehende Einbeziehung des Zuschlags bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts von der Beklagten zu verlangen. Bedenken an der Wirksamkeit des Teilvergleichs vom 11. Februar 2011 sind weder ersichtlich noch von der Revision geltend gemacht. Nach Nr. 1.4.1 BV Versorgung ist für die Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts auf das in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalls „bezogene“ Bruttomonatsgehalt einschließlich der Funktions- und übertariflichen Zulagen abzustellen. Angesichts der Regelungen in Nr. 2 Satz 2 und Nr. 5 des Vergleichs vom 10. Februar 2009, wonach Vergütungsansprüche des Klägers trotz des bis zum 31. Dezember 2008 fortbestehenden Arbeitsverhältnisses lediglich bis zum 17. November 2008 bestanden, haben die Parteien damit in zulässiger Weise den Streit über die Frage, in welcher Höhe der Zuschlag bei der Berechnung des pensionsfähigen Jahresgehalts in Ansatz zu bringen ist, beigelegt. Ob der Zuschlag Filialstruktur 2008 eine Funktionszulage iSd. Nr. 1.4.1 BV Versorgung ist, kann daher dahinstehen.

54

2. Die Beklagte schuldet dem Kläger auch nicht die weitere Rückzahlung des vom ihm geleisteten Mehraufwands für die Sonderausstattung des ihm überlassenen Dienstwagens iHv. 3.183,89 Euro. Nach Nr. 3 Satz 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 war die Rechtsvorgängerin der Beklagten verpflichtet, dem Kläger den anteilig gezahlten Mehrbetrag für den Zeitraum zwischen der Rückgabe seines Dienstwagens am 17. November 2008 und dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2008 zu erstatten. Diesen Anspruch hat die Beklagte durch die Zahlung von 698,88 Euro an den Kläger unstreitig erfüllt. Ein weitergehender Rückzahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Das Landesarbeitsgericht hat Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten in Satz 3 der Regelung etwaige sich aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 ergebende Rückzahlungsansprüche des Klägers wegen des Mehraufwands für die Sonderausstattung des Dienstwagens abschließend geregelt haben. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit seinen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen ist, gilt diese Regelung auch zugunsten der Beklagten.

55

a) Dem Vergleich vom 10. Februar 2009 liegen atypische, individuelle Willenserklärungen zugrunde, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 23; 22. Juli 2010 - 8 AZR 144/09 - Rn. 18; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 14; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 112/07 - Rn. 18). Das gilt auch für die Auslegung des materiellrechtlichen Inhalts eines als Prozessvergleich geschlossenen Vergleichs (vgl. BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50).

56

b) Danach ist die Auslegung von Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

57

aa) Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 22; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 15; 9. Dezember 2008 - 3 AZR 112/07 - Rn. 19).

58

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, in Nr. 3 des Vergleichs vom 10. Februar 2009 sei der Komplex „Einmalzahlung des Klägers für Sonderausstattungen“ vollständig und abschließend geregelt. Dies ergebe sich eindeutig daraus, dass Nr. 3 des Vergleichs ausdrücklich die volle Summe des seinerzeit vom Kläger wegen der von ihm gewünschten Sonderausstattung geleisteten Betrags von 5.591,05 Euro nenne und für diesen Betrag eine in sich abschließende Erstattungsregelung treffe, so dass kein Raum für weitergehende Erstattungsansprüche des Klägers bleibe.

59

cc) Diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle stand. Es ist weder ersichtlich noch macht die Revision geltend, dass das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Das Landesarbeitsgericht hat auch keine wesentlichen Tatsachen unberücksichtigt gelassen. Soweit der Kläger eingewendet hat, der Vergleich beinhalte keinen Verzicht auf die Rückerstattung weitergehender Beträge, liegt dieser rechtlichen Schlussfolgerung kein Tatsachenvortrag zugrunde, den das Landesarbeitsgericht hätte berücksichtigen können. Das Landesarbeitsgericht war deshalb nicht verpflichtet, hierüber Beweis zu erheben. Die insoweit von der Revision erhobene Verfahrensrüge greift daher nicht durch.

60

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Schultz    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2010 - 10 Sa 273/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der künftigen Ruhestandsbezüge des Klägers zu berücksichtigen sind.

2

Der 1959 geborene Kläger begründete am 1. September 1974 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Arbeitsverhältnis. Zum 31. August 2008 ging das Arbeitsverhältnis durch einen Betriebsübergang auf die Beklagte, eine Leasinggesellschaft und Spezialbank für Objektfinanzierung, über.

3

Dem Arbeitsverhältnis des Klägers lag der Arbeitsvertrag vom 26./29. Oktober 1987 zugrunde, der auszugsweise lautet:

        

„2.     

Bezüge

                 

Der Mitarbeiter erhält folgende Bezüge, durch die zugleich eventuelle Ansprüche auf Sozialzulagen und Mehrarbeitsvergütungen abgegolten sind:

                 

a)    

Gehalt

                          

Ein Bruttomonatsgehalt von DM 5.000,-- (in Worten: Deutsche Mark Fünftausend)

                          

Es wird jeweils zum 15. eines Monats bargeldlos gezahlt.

                                   
                 

b)    

Gratifikation

                          

Eine jährliche Abschlußgratifikation, die aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehaltes (Basis Dezember) und einer zusätzlichen Vergütung besteht, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wird. Die Abrechnung erfolgt am Tage der ordentlichen Hauptversammlung der Bank.

                          

Eine Weihnachtsgratifikation, die Ende November ausgezahlt wird, sofern der Mitarbeiter im Zeitpunkt der Zahlung in ungekündigtem Vertragsverhältnis steht. Sie beträgt zur Zeit ein Monatsgehalt.

                          

Bei einer Tätigkeitsdauer auf der Grundlage dieses Vertrages von weniger als 12 Monaten in einem Kalenderjahr werden die Gratifikationen zeitanteilig vergütet.

                 

c)    

Vermögensbildende Leistung

                          

Eine vermögensbildende Leistung, die in ihrer Höhe den vermögenswirksamen Leistungen des für das private Bankgewerbe geltenden Tarifvertrages entspricht.

        

3.    

Sozialversicherung/Zusatzversicherung

                 

Die Sozialversicherungsbeiträge sind nach den gesetzlichen Bestimmungen zu tragen.

                 

Die Bank versichert den Mitarbeiter während seiner Betriebszugehörigkeit aufgrund einer Verpflichtung aus ihrer Mitgliedschaft bei dem Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes V.a.G. (BVV) gemäß dessen Satzung und Versicherungsbedingungen; von den Beiträgen trägt der Mitarbeiter 1/3 und die Bank 2/3.

        

4.    

Sonstige Vertragsbestandteile

                 

Die Betriebsordnung, die Versorgungsordnung und die Urlaubsordnung der Bank in ihren jeweils geltenden Fassungen sind Bestandteile dieses Vertrages. Ferner finden die Bestimmungen der Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken über Arbeitszeit, Urlaub und Fortzahlung des Gehaltes im Krankheitsfalle entsprechende Anwendung.

        

…“    

                 
4

Der Arbeitsvertrag wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorformuliert und entspricht dem zum damaligen Zeitpunkt im Unternehmen üblichen Vertragsmuster. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Herbst 1987 galt bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versorgungsordnung der Dresdner Bank AG. Diese lautet in Punkt B 7:

        

        

„Als Grundlage für die Berechnung der Ruhestandsbezüge dienen:

                 

a) das Zwölffache des zuletzt bezogenen vertraglichen oder tariflichen Bruttomonatsgehaltes einschließlich etwaiger Haushalts-, Funktions- und übertariflicher Zulagen, nachstehend Jahresgehalt genannt. Kinderzulagen und alle anderen Zulagen bleiben unberücksichtigt,

                 

b) die bei der Bank zurückgelegten vollen Dienstjahre,

                 

und zwar jeweils nach dem Stand bei Eintritt des Versorgungsfalles.

                 

Soweit bei der Berechnung die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen ist, gilt die des Kalenderjahres, das dem Jahre vorangeht, in welchem der Versorgungsfall eintritt, nachstehend Beitragsbemessungsgrenze genannt.“

5

In der Folgezeit veröffentlichte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Versorgungsordnung Stand Januar 1988. In dieser Versorgungsordnung, die auch die Beklagte anwendet, heißt es auszugsweise:

        

        

„A    

                 

Allgemeines

        

1.    

Die D und K AG gewährt ihren Betriebsangehörigen sowie deren Hinterbliebenen

                 

Versorgungsbezüge

                 

gemäß den Bestimmungen dieser Versorgungsordnung.

        

2.    

Die Versorgungsleistungen - Ruhestands- bzw. Hinterbliebenenbezüge - werden zusätzlich zu den Renten der Versicherungsträger, nämlich

                 

der gesetzlichen Rentenversicherung

                 

und des Beamtenversicherungsvereins des Deutschen Bank- und Bankiersgewerbes - BVV -

                 

oder anderer Versorgungseinrichtungen

                 

gewährt.

        

…       

        
                 

B       

                 

Ruhestandsbezüge

        

…       

        
        

7.    

Als Grundlage für die Berechnung der Ruhestandsbezüge dienen:

                 

a)    

das Zwölffache des zuletzt bezogenen vertraglichen oder tariflichen Bruttomonatsgehaltes einschließlich etwaiger funktions- und übertariflicher Zulagen, nachstehend Jahresgehalt genannt. Kinderzulagen und alle anderen Zulagen bleiben unberücksichtigt,

                 

b)    

die bei der Bank zurückgelegten vollen Dienstjahre,

                          

und zwar jeweils nach dem Stand bei Eintritt des Versorgungsfalles.

                          

…       

        

8.    

a)    

Die jährliche Bankrente beträgt 0,3 v.H. des Jahresgehaltes für jedes Dienstjahr.

                          

Für die Mitarbeiter, die mit Wirkung vom 1.7.1972 bzw. 1.1.1980 ihren Beitritt zum Beamtenversicherungsverein erklärt haben, gilt für den Zeitraum bis zum Beitritt ein Bankrentensatz von 0,6 v.H. des Jahresgehaltes für jedes Dienstjahr.

                 

b)    

Sofern das Jahresgehalt die Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, werden für jedes Dienstjahr jeweils weitere 1,5 v.H., höchstens insgesamt 60 v.H. des die Beitragsbemessungsgrenze übersteigenden Betrages, gewährt.

        

…“    

6

Im Jahr 1997 führte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ein neues Vergütungssystem zunächst durch individuelle Änderungsvereinbarungen mit einzelnen Mitarbeitern ein. Dem Kläger wurde unter dem 21. März 1997 ein entsprechendes Informationsschreiben übersandt. Danach betrug das „alte Fixgehalt“ des Klägers jährlich 125.459,00 DM. Im Mai 1997 übersandte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ein weiteres Schreiben, das der Kläger am 16. Juni 1997 gegenzeichnete. Dort heißt es ua.:

        

        

„Gleichzeitig werden wir Ihre Bezüge rückwirkend ab 01. Januar 1997 auf Basis Filialleiter ‚Kleine Filiale’ wie folgt neu regeln:

                 

Grundgehalt (80%)

=       

DM 104.000,00 brutto p.a.

                 

Zielbonus (20%)

=       

DM   26.000,00 brutto p.a.

                 

Zieleinkommen (100%)

=       

DM 130.000,00 brutto p.a.

                 

Das Zieleinkommen von 100% setzt die Erreichung der in Ziffer 1.2 der Vergütungsregelung für Filialleiter genannten Zieldeckungsbeiträge voraus.

                 

Das Grundgehalt wird in monatlichen Teilbeträgen à DM 8.667,00 brutto 12 mal vergütet. Hinzu kommt eine monatliche Abschlagszahlung auf den Zielbonus in Höhe von 50%, die gleichfalls in 12 Monatsraten gezahlt wird.

                 

Ihre monatlichen Bruttobezüge regeln sich demnach ab 01. Januar 1997 wie folgt:

                 

Grundgehalt

=       

DM 8.667,00 brutto p. M.

                 

Abschlag (50%)

=       

DM 1.084,00 brutto p. M.

                                   

DM 9.751,00 brutto p. M.

                 

Diese neue Vergütungsregelung auf Basis der jeweiligen Betriebsvereinbarung ersetzt die Regelungen in den Ziffern 2a und 2b Ihres Anstellungsvertrages vom 26.10.1987/29.10.1987. Alle übrigen Bestandteile bleiben unverändert.

        

…“    

        
7

Dieses neue Vergütungssystem wurde später in der Betriebsvereinbarung zur Vergütung der Mitarbeiter im Vertrieb vom 8. Oktober 1998 zwischen dem Vorstand der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Betriebsrat vereinbart. Unmittelbar vor der Umstellung des Vergütungssystems betrug das „Monatsgehalt“ des Klägers 9.006,00 DM brutto.

8

Die Beklagte stellt dem Kläger einen Dienstwagen zur Verfügung, den er auch privat nutzen darf. Grundlage hierfür ist eine sog. „Autoordnung“ der Beklagten. Diese lautet in ihrer Fassung vom 30. März 2009 auszugsweise:

        

„1.2   

Umfang

        

1.2.1 

Die D stellt Mitarbeitern in Führungspositionen oder solchen Mitarbeitern, die zur Ausübung der Tätigkeit ein Fahrzeug benötigen, auf Basis entsprechender Regelungen im Anstellungsvertrag einen Firmenwagen zur Verfügung. Alternativ kann in Ausnahmefällen ein finanzieller Ausgleich als Bruttozahlung (Car Allowance) gewählt werden.

        

1.2.2 

Der Anspruch auf einen Firmenwagen oder einer Car Allowance basiert auf dem Business Band, der Position und der Aufgabe. Insbesondere für SPB B besteht ein Anspruch nur dann, wenn er im Arbeitsvertrag vereinbart ist.

        

…“    

        
9

Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 10. Oktober 2008 eine Probeabrechnung seiner gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft auf Altersrente für ein fiktives Austrittsdatum 31. August 2008. Danach erhielte der Kläger bei einem Ausscheiden zum genannten Datum eine monatliche Bankrente ab Rentenbeginn iHv. 523,00 Euro. Bei dieser Berechnung legte die Beklagte lediglich das Grundgehalt zugrunde, nicht jedoch die übrigen Vergütungsbestandteile.

10

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass bei der Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge über das Bruttomonatsgehalt hinaus der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens, die vermögenswirksamen Leistungen, der variable Bonus sowie die Abschlagszahlungen auf den Bonus und die Nachgeschäftsprämie zu berücksichtigen sind.

11

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung sei nicht nur das Grundgehalt, sondern schließe auch variable Vergütungsbestandteile, Sachbezüge und andere Vergütungen mit ein. In den Verdienstabrechnungen werde unter Position „Gesamtbrutto“ durch die Beklagte stets ein Betrag ausgewiesen, der diese Vergütungsbestandteile sämtlich umfasse. Diese Position stelle ein Synonym des Begriffs „Bruttomonatsgehalt“ dar. Nach einer Auskunft des ehemaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden G seien bis zur Einführung des neuen Vergütungssystems bei der Berechnung der Betriebsrenten das 13. und 14. Monatsgehalt sowie Sachbezüge von der Beklagten stets berücksichtigt worden. Durch die vorbehaltlose Auszahlung des Abschlags auf den Zielbonus seit Einführung des neuen Vergütungssystems im Jahr 1998 sei für den Kläger ein Anspruch auf diesen Vergütungsbestandteil aus betrieblicher Übung entstanden. Bereits deshalb sei dieser zum Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung zu zählen. Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens stelle ebenfalls einen Teil des „Bruttomonatsgehalts“ dar. Es handele sich insoweit um eine Funktionszulage iSv. Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung. Darüber hinaus ergebe sich ein Anspruch auf Berücksichtigung aller Vergütungsbestandteile aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte berücksichtige bei der Berechnung der Betriebsrente der ehemaligen Arbeitnehmer T und G auch die variablen Vergütungsbestandteile und die Sachbezüge. Es bestehe kein sachlicher Grund, in seinem Fall eine andere Berechnung vorzunehmen. Die Beklagte habe nicht in ausreichendem Maße nachweisen können, dass mit den Arbeitnehmern T und G individuelle Sondervereinbarungen getroffen wurden.

12

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das entsprechend Punkt B 7. a) der bei der Beklagten geltenden Versorgungsordnung der D und K AG in der Fassung von Januar 1988 als Grundlage für die Berechnung der Bankrente des Klägers dienende „Bruttomonatsgehalt“ neben dem „Grundgehalt“ auch den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens, vermögenswirksame Leistungen, Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, den variablen Bonus im Sinne der Betriebsvereinbarung vom 30. Oktober 1998 und sogenannte Nachgeschäftsprämien einschließt.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung sei lediglich das monatliche Grundgehalt. Der Kläger könne auch keine Ansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ableiten. Die Berechnung der Bankrente erfolge bei der Beklagten einheitlich für nahezu 250 aktive oder mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedene Arbeitnehmer auf der Grundlage des Grundgehalts. Lediglich mit den Arbeitnehmern T und G seien anlässlich deren Ausscheidens als Folge individueller Verhandlungen abweichende Regelungen getroffen worden.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Berücksichtigung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung des Dienstwagens stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die im Klageantrag aufgeführten Vergütungsbestandteile bei der Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge berücksichtigt werden.

16

I. Die Klage ist zulässig.

17

1. Der Klageantrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 19; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 29, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9). Der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag betrifft ein Rechtsverhältnis, nämlich die Höhe der Betriebsrente des Klägers und die dieser zugrunde liegenden Berechnungen. Damit geht es um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten.

18

2. An der begehrten Feststellung besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Es ist unerheblich, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Da die Beklagte die vom Kläger geltend gemachte Berechnung der Ruhestandsbezüge bestreitet, ist das betriebsrentenrechtliche Rechtsverhältnis durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, erst nach Eintritt des Versorgungsfalles einen Rechtsstreit gegen seinen Arbeitgeber über Inhalt und Umfang seiner Versorgungsrechte zu führen. Die Parteien haben ein rechtliches Interesse daran, Meinungsverschiedenheiten über den Bestand und die Ausgestaltung der Versorgungsrechte möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalles klären zu lassen.

19

II. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass in die Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge neben dem Grundgehalt auch der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens, vermögenswirksame Leistungen, Abschlagszahlungen auf den Zielbonus, der variable Bonus iSd. Betriebsvereinbarung vom 30. Oktober 1998 und sog. Nachgeschäftsprämien einfließen. Die Versorgungsordnung schränkt die berücksichtigungsfähigen Vergütungsbestandteile auf das Grundgehalt und einzelne - vom Kläger nicht bezogene - Zulagen ein. Dies ergibt die Auslegung der Versorgungsordnung.

20

1. Die Versorgungsordnung enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Parteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Landesarbeitsgericht ist vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 17. April 2012 - 3 AZR 380/10 - Rn. 20 ff.; 19. Januar 2011 - 3 AZR 83/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 374).

21

2. Danach ist nur das Grundgehalt des Klägers der Berechnung seiner künftigen Ruhestandsbezüge zugrunde zu legen.

22

a) Dafür spricht bereits der Wortlaut der Versorgungsordnung. Nach Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung dient als Grundlage für die Berechnung der Ruhestandsbezüge das Zwölffache des zuletzt bezogenen vertraglichen oder tariflichen Bruttomonatsgehalts einschließlich etwaiger Funktions- und übertariflicher Zulagen. Die Versorgungsordnung definiert nicht ausdrücklich, was unter dem „Bruttomonatsgehalt“ zu verstehen ist. Sie bestimmt lediglich, dass zum Bruttomonatsgehalt Funktions- und übertarifliche Zulagen gehören. Welche weiteren Vergütungsbestandteile zum Bruttomonatsgehalt zählen, besagt die Versorgungsordnung nicht ausdrücklich. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst das Bruttomonatsgehalt nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile und Sachleistungen (BAG 14. August 1990 - 3 AZR 321/89 - zu 5 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 12 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 58). Auch aus dem Wortbestandteil „Brutto“ folgt nicht, dass alle zu versteuernden Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind. Damit wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass beim ruhegeldfähigen Monatsgehalt die Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgezogen werden (BAG 19. August 2008 - 3 AZR 1101/06 - Rn. 14, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 43; 21. August 2001 - 3 AZR 746/00 - zu II 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 78).

23

Aus der Verknüpfung des Wortbestandteils „Brutto“ mit dem weiteren Wortbestandteil „Monatsgehalt“ lässt sich allerdings entnehmen, dass mit Bruttomonatsgehalt nicht alle Einnahmen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Der Begriff Bruttomonatsgehalt bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (vgl. BAG 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 84). Für die Berechnung der Ruhestandsbezüge ist nach Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung das zuletzt bezogene Monatsgehalt maßgeblich. Das ist im Regelfall das im letzten Beschäftigungsmonat bezogene Gehalt. Dies schließt grundsätzlich die Berücksichtigung schwankender Bezüge aus. Hätten variable Bezüge einbezogen werden sollen, so hätte es zur Vermeidung von Zufallsergebnissen einer Durchschnittsberechnung über einen repräsentativen Referenzzeitraum bedurft (BAG 19. November 2002 - 3 AZR 561/01 - zu I 2 c der Gründe, aaO). Die Versorgungsordnung stellt aber nicht auf einen längeren Referenzzeitraum ab, aus dem sie einen Durchschnitt herleitet, sondern auf das zuletzt vor Eintritt in den Ruhestand bezogene Bruttomonatsgehalt. Dieses wird verzwölffacht und der Berechnung der Betriebsrente zugrunde gelegt, um zu dem für die Berechnung der Ruhestandsbezüge maßgeblichen Jahreswert zu gelangen. Die Versorgungsordnung geht damit nicht von einem Jahresgesamtverdienst aus, um einen Durchschnittsverdienst im Monat zu berechnen. Daraus ergibt sich, dass sowohl schwankende als auch auf das Jahr bezogene Vergütungsbestandteile für die Berechnung der Betriebsrente unbeachtlich sein sollen. Dadurch unterscheidet sich die vorliegende Versorgungsordnung von den Versorgungsbestimmungen, die den vom Kläger angezogenen Entscheidungen des Senats vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 6/09 -) und vom 21. August 2001 (- 3 AZR 746/00 - AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 78) zugrunde lagen. Dort stellten die Versorgungsregelungen für die Berechnung der Betriebsrenten auf den Durchschnitt des Monatsverdienstes der letzten 36 Monate bzw. den Bruttomonatsverdienst der letzten 12 Monate ab. Deshalb waren alle in den Referenzzeitraum fallenden Entgeltbestandteile zu berücksichtigen. Demgegenüber kommt es nach der vorliegenden Versorgungsordnung nicht auf einen monatlichen Durchschnittsverdienst an, sondern auf das Zwölffache des letzten Bruttomonatsgehalts.

24

Auch aus Sinn und Zweck der Regelung in Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung folgt, dass nur das Grundgehalt und die ausdrücklich genannten Haushalts-, Funktions- und übertariflichen Zulagen bei der Berechnung der Ruhestandsbezüge zu berücksichtigen sind. Mit der Begrenzung auf die festen monatlichen Bezüge soll erreicht werden, dass nur die stetigen Einkünfte, welche die Einkommenssituation dauerhaft prägen, in die Berechnung der Betriebsrente einfließen.

25

b) Demnach bleiben der variable Bonus, die Nachgeschäftsprämie sowie der Zielbonus einschließlich der darauf geleisteten Abschläge außer Ansatz. Auch die monatlichen vermögensbildenden Leistungen und der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens zählen danach nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung.

26

aa) Boni und Nachgeschäftsprämien sind keine monatlich zu zahlenden Gehaltsbestandteile, sie werden vielmehr auf das Jahr bezogen ermittelt und bleiben deshalb bei der Berechnung der Ruhestandsbezüge außer Betracht. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht wegen der Änderung des Vergütungssystems eine andere Betrachtung geboten. Auch die früher gewährten Gratifikationen (13. und 14. Monatsgehalt), die durch die Bonusregelung ersetzt wurden, waren nicht Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung, denn auch diese Vergütungsbestandteile waren nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen.

27

bb) Auch die auf den Zielbonus gewährte monatliche Abschlagszahlung ist nicht Teil des Bruttomonatsgehalts. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte berechtigt ist, ggf. zu viel geleistete Abschlagszahlungen zurückzufordern. Die Abschlagszahlungen erfolgen zwar monatlich. Es handelt sich aber um Abschläge auf den Zielbonus, der jahresbezogen gewährt wird. Damit sind auch die Abschlagszahlungen Teil einer jahresbezogenen Leistung. Die Zahlung der Abschläge auf den Zielbonus wurde auch durch die wiederholte monatliche Gewährung nicht im Wege der betrieblichen Übung zum Teil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung. Die Zahlung der Abschläge erfolgte auf der Grundlage der am 16. Juni 1997 getroffenen vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Dies steht der Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung entgegen. Eine betriebliche Übung scheidet als Anspruchsgrundlage aus, wenn für den Anspruch eine andere kollektiv- oder individual-rechtliche Anspruchsgrundlage besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, NZA 2012, 1279; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29).

28

cc) Die „vermögensbildenden Leistungen“ nach Nr. 2 Buchst. c des Arbeitsvertrags vom Oktober 1987 zählen ebenfalls nicht zum Bruttomonatsgehalt iSd. Versorgungsordnung. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich ausgezahlt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, der durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt, insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz).

29

dd) Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens ist ebenfalls nicht Bestandteil des Bruttomonatsgehalts iSd. Versorgungsordnung. Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur Privatnutzung ist ein Sachbezug und wird deshalb nicht vom Begriff des Bruttomonatsgehalts umfasst (BAG 14. August 1990 - 3 AZR 321/89 - zu 5 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 12 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 58).

30

Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung ist auch keine Zulage iSv. Punkt B 7 Buchst. a der Versorgungsordnung. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter einer Zulage eine Geldzahlung verstanden, die zweckgebunden zum Ausgleich besonderer Belastungen oder Leistungen dient. Die Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung fällt hierunter nicht.

31

3. Die Beklagte ist auch nicht aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, neben dem Grundgehalt weitere Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der künftigen Ruhestandsbezüge zu berücksichtigen. Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht hinreichend dargetan; er hätte dazu eine diese Vergütungsbestandteile einbeziehende Handhabung konkret darlegen müssen. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, zur Behauptung des Klägers, es habe eine entsprechende betriebliche Übung gegeben, wonach auch variable Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der Betriebsrente berücksichtigt wurden, Beweis zu erheben. Die insoweit erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch.

32

a) Eine Verfahrensrüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO im Einzelnen die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Zudem ist darzulegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, also bei richtigem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte, sofern sich dies nicht aus der Art des gerügten Verfahrensfehlers von selbst ergibt (BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 18). Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muss bestimmt angegeben werden, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, in welchem Schriftsatz das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - aaO; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d aa der Gründe, BAGE 109, 145). Der angeblich übergangene Beweisantritt muss zudem zulässig sein. Wird ein Beweis angeboten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt, und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 722/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 168 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 6). Gegenüber einem vom Landesarbeitsgericht als unschlüssig oder als nicht hinreichend konkretisiert gewerteten Sachvortrag kann nicht schlicht gerügt werden, es habe einen angebotenen Beweis für diesen nicht erhoben. Ein Beweisantritt kann nicht den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen (BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 464/10 - Rn. 21 f.). Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 722/05 - aaO).

33

b) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers nicht ausreichend konkretisiert sind. Der Kläger hat keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen nach Ort, Zeit und Gesprächsinhalten vorgetragen, zu denen der von ihm benannte Zeuge G hätte befragt werden können. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Tatsachen zu erforschen, sondern die von der Partei behaupteten Tatsachen durch eine Beweisaufnahme zu überprüfen. Die Behauptung des Klägers, der Zeuge G könne bezeugen, dass das 13. und 14. Monatsgehalt sowie Sachbezüge stets zur Berechnung der Betriebsrente herangezogen wurden, stellt keinen substantiierten Tatsachenvortrag dar. Der Kläger hätte vielmehr darlegen müssen, bei welchem namentlich bezeichneten Versorgungsempfänger so verfahren worden sein soll. Daran fehlt es. Eine unsubstantiierte, nicht durch Einzeltatsachen belegte allgemeine Behauptung einer Verfahrensweise wird nicht durch einen Beweisantritt zu einem schlüssigen Vortrag.

34

Soweit der Kläger vorträgt, der Betriebsrat sei - ohne es jedoch besser zu wissen - davon ausgegangen, dass auch nach der Umstellung des Vergütungssystems im Jahre 1998 die Abschlagszahlung auf den Zielbonus sowie sämtliche Sachbezüge und vermögenswirksamen Leistungen bei der Berechnung der Betriebsrenten berücksichtigt werden würden, ergibt sich aus dieser Behauptung nicht, dass die Beklagte tatsächlich so verfahren ist, sondern nur, dass der Betriebsrat hiervon ausgegangen ist, ohne von dieser Vorgehensweise genaue Kenntnis zu haben. Eine Spekulation des Betriebsrats ist nicht geeignet, die Entstehung einer betrieblichen Übung unter Beweis zu stellen. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht zu Recht auch insoweit von einer Beweisaufnahme abgesehen.

35

4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den ehemaligen Arbeitnehmern G und T.

36

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 56, BAGE 133, 158; 10. Dezember 2002 - 3 AZR 3/02 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 104, 205). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG 21. August 2007 - 3 AZR 269/06 - Rn. 21, BAGE 124, 22).

37

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 184 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 87; 21. Juni 2000 - 5 AZR 806/98 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 612 Nr. 60 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 83). Stellt der Arbeitgeber hingegen nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 39, AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11; 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - aaO).

38

b) Danach liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor. Die Beklagte hat lediglich hinsichtlich der Mitarbeiter G und T eine von der üblichen Handhabung abweichende Berechnung der Ruhestandsbezüge vorgenommen. Nach der Darstellung der Beklagten beruht dies auf individuellen Vereinbarungen, die anlässlich des Ausscheidens mit diesen Arbeitnehmern getroffen wurden. Danach hat die Beklagte lediglich zwei einzelne Arbeitnehmer besser gestellt als die Versorgungsordnung dies vorsieht. Der Kläger hat die Darstellung der Beklagten zwar bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme abgesehen. Der Kläger hat einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht hinreichend dargelegt. Die Versorgungsordnung der Beklagten findet auf 250 Arbeitnehmer Anwendung, die entweder aktiv beschäftigt oder mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden sind oder sich bereits im Ruhestand befinden. Der Kläger hat aus dieser Gesamtgruppe von Arbeitnehmern lediglich zwei Personen benannt, mit denen andere Regelungen getroffen wurden. Dabei hat der Kläger bereits keinen Vortrag dazu gehalten, dass die Beklagte eine selbst gegebene Regel umgesetzt hat. Er hat letztlich nur darauf abgestellt, dass bei zwei Mitarbeitern eine abweichende Berechnungsweise vorgenommen wurde. Ein abstraktes Differenzierungsmerkmal ist damit nicht erkennbar.

39

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser     

        

    Becker     

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Az.: 2 Ca 234/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Schmerzensgeld und auf Schadensersatz wegen Mobbing zustehen.

2

Der Kläger war vom 15.12.2013 befristet bis zum 14.12.2014 bei der Beklagten in der von ihr betriebenen "M. Werkstatt" als Gruppenleiter beschäftigt. Ab dem 04.11.2014 war der Kläger durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf der Befristung wurde das Arbeitsverhältnis nicht verlängert. Mit Schreiben vom 26.01.2015 hat sich der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte an die Beklagte gewandt und den Vorwurf des Mobbings erhoben. Am 17.02.2015 ist die hier streitgegenständliche Klage beim Arbeitsgericht eingegangen.

3

Der Kläger hat vorgetragen,

4

er sei nicht als Gruppenleiter beschäftigt worden und habe lediglich Verpackungen und Kabelbinder kontrollieren müssen. Weiterhin habe er den anderen Beschäftigten Pflege- und Toilettenhilfe leisten müssen und die Kollegen hätten ihn deutlich spüren lassen, dass er nicht erwünscht sei. Dies folge insgesamt und insbesondere aus seinem Mobbingtagebuch für den Zeitraum vom 16.01.2014 bis zum 04.11.2014.

5

Der Kläger hat beantragt:

6
1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;
7
2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, mithin 8.245,59 EUR, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2015 zu zahlen;
8
3. die Beklagte trägt die aufgrund des Mobbings angefallenen Behandlungskosten des Klägers, die die Krankenkasse nicht erstattet, mithin mindestens 2.000,-- EUR
9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte hat vorgetragen, tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass ihr Mobbingvorwürfe zu machen seien, bestünden nicht.

12

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage darauf hin durch Urteil vom 14.07.2015 - 2 Ca 234/15 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 98 - 100 d. A. Bezug genommen.

13

Gegen das ihm am 20.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 20.08.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 18.09.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

14

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, er sei weder in seine neue Arbeit eingearbeitet worden, so wie das zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses üblich und notwendig sei, noch seien ihm die Aufgaben zugewiesen worden, für die er laut Arbeitsvertrag eingestellt worden sei. Seine Qualifikation sei von der Beklagten nie in Abrede gestellt worden, gleichwohl seien ihm durchgängig viel zu geringwertige Tätigkeiten zugewiesen worden. So habe er z. B. über mehrere Wochen hinweg nur Kabelbinder kontrolliert, Materialkisten befüllt, Material eingeschweißt und sei mit der Pflege der dort betreuten Bewohner betraut worden, insbesondere bei Toilettengängen. All diese Aufgaben gehörten nicht zu den Aufgaben eines Gruppenleiters. Die Berufsausbildung des Klägers umfasse in erster Linie die Verbesserung der Aus- und Fortbildungsbedingungen behinderter Menschen zwecks Integration in den Arbeitsmarkt. Zur Erreichung dieses Ziels sei es unabdingbar, mit den Mitarbeitern in ständiger Kommunikation zu bleiben, bzw. Einzelgespräche zu führen, diese in Berichten zu dokumentieren und die erforderlichen Maßnahmen beim Arbeitgeber anzuregen. Der Kläger habe statt dessen nicht nur nicht die Gelegenheit erhalten, seiner eigentlichen Arbeitsaufgaben nachzugehen, sondern er sei der einzige Mitarbeiter des Unternehmens gewesen, der lange Zeit über keinen eigenen Schreibtisch, geschweige denn einen Computer oder Intranet- sowie Internetzugang verfügt habe. Allein die permanente Anweisung geringwertiger Tätigkeiten sei als Mobbinghandlung anzusehen. Vorliegend sei eher ein Dauerzustand gegeben gewesen, denn ein einmaliges Versehen. Denn die Arbeitsanweisungen zu den zuvor genannten Tätigkeiten seien systematisch vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses an bis zum 04.11.2014 in abwechselnder Reihenfolge erfolgt.

15

Zur weiteren Darstellung des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 16.09.2015 (Bl. 128 - 133 d. A.) Bezug genommen.

16

Der Kläger beantragt,

17

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Aktenzeichen 2 Ca 234/15 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen, mit der Maßgabe, dass der Klageantrag Ziffer 3 hinsichtlich der Behandlungskosten zurückgenommen wird.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, bereits die klägerseits gestellten Anträge seien nicht nachvollziehbar. So sei nicht erkennbar, welcher Schaden dem Kläger entstanden sei. Ausführungen erhalte die Klageschrift zwar zu einem Schmerzensgeld. Warum dies geschuldet sei, sei aber nicht erkennbar. Im Übrigen habe der Kläger einen "Mobbingvorwurf" nicht schlüssig dargelegt. Im Wesentlichen beschränke er sich darauf, fortwährend zu behaupten, er sei "gemobbt" worden. Etwas anderes folge auch nicht aus dem sogenannten "Mobbing"-Tagebuch, denn dort seien lediglich Angaben zu 35 Tagen, das seien etwas mehr als 10 Prozent der Kalendertage des Arbeitsverhältnisses enthalten, im Übrigen handele es sich wohl um ein nachträglich konstruiertes "Tagebuch", denn drei Einträge beträfen - unstreitig - Tage, an denen der Kläger im Betrieb der Beklagten gar nicht anwesend gewesen sei. Die Einträge zum 12.05.2014 kämen zudem - unstreitig - auf den Seiten 8 und 9 doppelt mit unterschiedlichem Text vor. Im Übrigen seien die Ausführungen des Klägers insgesamt aus sich heraus nicht verständlich. Die in Form eines Besinnungsaufsatzes gefassten Aufzeichnungen ließen sich weder konkret einordnen noch bewerten.

21

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 12.11.2015 (Bl. 163 - 186 d. A.) Bezug genommen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

23

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 30.11.2015.

Entscheidungsgründe

24

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

25

II. Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

26

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegenüber der Beklagten nicht zustehen.

27

Die tatsächlichen Voraussetzungen entsprechender Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach Maßgabe der §§ 823 ff. BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG lassen sich nach dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers auch im Ansatz nicht feststellen.

28

Insoweit gilt Folgendes:

29

Gem. § 823 Abs. I BGB hat der Einzelne, also auch der Arbeitnehmer, gegenüber jedermann das Recht auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit. Zwar ist dieses Recht nicht mit dem Persönlichkeitsgrundrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG identisch; es entfaltet aber vielfach eine gleichartige Wirkung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. 10.2010 - 8AZR 546/09. NZA-RR 2011.378; s. Jansen/Hartmann NJW 2012. 1540: Straining).

30

Es handelt sich in erster Linie um ein Abwehrrecht gegenüber rechtswidrigen Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre, das Rechtsgrundlage für Unterlassungspflichten des Arbeitgebers sein kann (vgl. Wiese ZfA 1971.297 f.; s. LAG SchlH 23. 1.2008 - 3 Sa 305/07, EzA-SD 8/2008 S.8 LS).

31

Inhaltlich bezieht sich der Schutz auf die Achtung der Menschenwürde des Arbeitnehmers (Persönlichkeitssphäre) und auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Freiheitssphäre).

32

Der Arbeitgeber ist insgesamt verpflichtet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht selbst durch Eingriffe in deren Persönlichkeits- oder Freiheitssphäre zu verletzen, diese vor Belästigungen durch Mitarbeiter oder Dritte, auf die er einen Einfluss hat, zu schützen, einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern {Thür., LAG 10.4. 2001 NZA-RR 2001,347). Der Arbeitgeber hat danach z. B. die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch Vorgesetzte. Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS); vgl.Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, Kapitel 3 Rdnr. 2856 ff.).

33

Zu berücksichtigen ist insoweit insbes., dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung zu gelten, und es daher gilt, sog. folgenloses oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d. h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (LAG RhPf 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS). Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen i. d. R. hingenommen werden, und zwar auch dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbes. das berufliche Wirken des Einzelnen (LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS).

34

Insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) ist auch in diesem Zusammenhang jedoch nicht schrankenlos. Es wird durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG) beschränkt und muss in ein ausgeglichenes Verhältnis zu diesen gebracht werden. Dies gilt insbes., wenn beiderseits verfassungsrechtlich geschätzte Positionen in Betracht kommen, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) oder das Recht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Es bedarf einer Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern. in deren Interesse das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll, und zwar unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Voraussetzung jeder Abwägung ist dabei, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird (LAG RhPfl. 7.9. 2012 NZA RR 2013, 192 LS).

35

Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht umfasst der Begriff »Mobbing« eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz zwischen Arbeitnehmern oder zwischen ihnen und den Vorgesetzten, bei der jemand systematisch und oft über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel oder dem Ergebnis des Ausstoßes aus der Gemeinschaft direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Die zahlreichen in Betracht kommenden Handlungen können darin bestehen, dass der Betroffene tätlich angegriffen oder auch nur geringschätzig behandelt, von der Kommunikation ausgeschlossen, beleidigt oder diskriminiert wird. Für den Arbeitgeber besteht die Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, das Opfer derartiger Belästigungen und Attacken zu schützen und allgemein für ein ausgeglichenes Betriebsklima zu sorgen (LAG RhPf 19. 2. 2004 NZA-RR 2004,232; s. Sasse BB 2008. 1450 ff. Jansen/Hartmann NJW 2012, 1540ff. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß a.a.O., Kap. 3 Rn. 2889 ff.).).

36

Bei dem Begriff Mobbing handelt es sich nicht um einen eigenständigen juristischen Tatbestand (LAG Bln. 15 7 2004 - 16 Sa 2280/03. NZA-RR 2005, 13; LAG RhPfl. 7.9. 2012 NZA-RR 2013, 192 LS); Mobbing ist weder ein Rechtsbegriff noch eine Anspruchsgrundlage (BAG 16. 5. 2007 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6) und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbstständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen (BAG 28. 10. 2010-8 AZR 546/09, NZA-RR 2011,378; LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013,192 LS). Die rechtliche Einordnung der unter diesen Begriff zusammenzufassenden Verhaltensweisen beurteilt sich ausschließlich danach, ob diese die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift erfüllen, aus der sich die gewünschte Rechtsfolge herleiten lässt (vgl. LAG Bln.1.11.2002 NZA-RR 2003,232; LAG Bln. 6. 3.2003 LAGE Art. 2GG Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

37

Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss also jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i.S.d. § 823 Abs. 1BGB, ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs.2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen. Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen. Jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zu Grunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbes. dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffs »Belästigung«, die eine Benachteiligung i.S.d. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grds. nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 28. 10. 2010 - 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011, 378;s. Jansen/Hartmann NJW 2012.1540ff.).

38

Die juristische Bedeutung der durch den Begriff Mobbing gekennzeichneten Sachverhalte besteht so gesehen darin, der Rechtsanwendung Verhaltensweisen zugänglich zu machen, die bei Isolierter Betrachtung der einzelnen Handlungen die tatbestandlichen Voraussetzungen von Anspruchs-, Gestaltungs- und Abwehrechten nicht oder nicht in einem der Tragweite des Falles angemessenem Umfang erfüllen können. Ob ein Fall von Mobbing vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem im gesellschaftlichen Umgang im Allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Denn nicht jede Meinungsverschiedenheit oder Auseinandersetzung zwischen Kollegen und/oder Vorgesetzten und Untergebenen kann den Begriff »Mobbing« erfüllen, weil es dem Zusammenarbeiten mit anderen Menschen Immanent ist, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese Ausdruck des Ziels sind, den Anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen (LAG SchlH 19.3.2002 NZA-RR 2002,457; LAG Hamm 25. 6. 2002 NZA-RR 2003, 8; LAG Nds. 9. 3. 2009 - 9 Sa 378/08, AuR 2009,435 LS; s. Jansen/Hartmann NJW 2012, 1540 ff.).

39

Mobbing kann folglich nur angenommen werden, wenn systematische und zielgerichtete Anfeindungen gegen den Arbeitnehmer vorliegen (s. BAG 28.10.2010- 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011,378). Daran fehlt es, wenn es in der Entwicklung einer im Wesentlichen psychisch bedingten Konfliktsituation zu einer Eskalation kommt, auf die der Arbeitgeber mit einem - im Einzelfall - nicht mehr sozial-adäquaten Exzess reagiert, z. B. einer unberechtigten Suspendierung von der Arbeitsleistung und nachfolgenden rechtswidrigen Versetzung (LAG Thüringen 10.6.2004 ZTR 2004,596). Diese wechselseitige Betroffenheit berechtigter Vertragsinteressen der Parteien des Arbeitsverhältnisses wird völlig verkannt, wenn zur »Mobbingbekämpfung... ein auf das Prinzip der >Nulltoleranz< gegründeter und als verhaltensstrukturelles Steuerungsmittel wirksamer Mobbingrechtsschutz gefordert« wird (unzutr. daher LAG Thüringen 28. 6. 2005 AuR 2006,31; vgl. Hohmann NZA 2006, 530 IT.).

40

Arbeitsrechtlich erfasst der Begriff Mobbing mithin allerdings nur fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Ein vorgefasster Plan ist nicht erforderlich {BAG 28.10.2010 -8AZR 546/09, NZA-RR 2011,378; 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; LAG Thüringen 10.4. 2001 NZA-RR 2001, 347; 10. 6. 2004 ZTR 2004,596; LAG Hamm 25.6. 2002 NZA-RR 2003, 8; LAG Bln. 6. 3.2003 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Der Begriff lässt sich auch als eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen beschreiben, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während einer längeren Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßens aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Es ist einerseits erforderlich, dass sich das Verhalten gegen eine oder mehrere bestimmte Personen richtet und andererseits, dass das Verhalten systematisch erfolgt. Es muss sich folglich aus einer Kette von Vorfällen ein System erkennen lassen (LAG SchlH 19. 3. 2002 NZA-RR 2002,457; Benecke NZA-RR 2003,225 ff.). Handelt es sich bei den vom Arbeitnehmer für das Vorliegen von Mobbing vorgetragenen Handlungen des Arbeitgebers überwiegend um die Auseinandersetzung um unterschiedliche Rechtsansichten, z. B. über den Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers oder Rechte anlässlich der Ausübung des Betriebsratsamtes, ergibt sich aus der Menge der Auseinandersetzungen allein noch keine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers. Vielmehr handelt es sich bei derartigen rechtlichen Auseinandersetzungen um im Arbeitsleben normale Konflikte, die unter Zuhilfenahme der Arbeitsgerichte geklärt werden. Es entspricht insoweit einer typischen arbeitsrechtlichen Konfliktsituation, dass ein engagierter Betriebsratsvorsitzender weit mehr im Angriffsfeld des Arbeitgebers steht, als ein Arbeitskollege ohne Funktion, ohne dass diese Angriffssituation automatisch als systematische Anfeindung einzuordnen ist. Selbst wenn Sachstreitigkeiten schließlich vom Arbeitgeber aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur und seines Rollenverständnisses in unangemessener, teils intoleranter Form ausgetragen werden, ergibt sich aus der Art und Weise der Konfliktführung noch nicht per se eine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers, die automatisch als Mobbing einzuordnen ist (UG ScMH 1.4. 2004 NZA-RR 2005, 15). Gleiches gilt bei kritischen Äußerungen des Arbeitgebers über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und das Androhen von Sanktionen bei Fehlleistungen (s. dazu LAG Nhg. 5.9. 2006 - 6Sa 537/04 - EzA-SD 25/06 S. 8LS); insoweit kann es an der für das Mobbing typischen, verschiedene einzelne Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzten, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinanderfolgen, kritisiert oder schlecht beurteilt wird (BAG 16. 5. 2007 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; s.a. LAG Hamm 11.2.2008 NZA-RR 2009,7). Verhaltensweisen von Arbeitgebern oder Vorgesetzten (§ 278 BGB), die der vermeintlich gemobbte Arbeitnehmer provoziert hat. sind nicht in die Prüfung eines Mobbingverhaltens einzubeziehen; an der erforderlichen Systematik kann es auch dann fehlen, wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (BAG 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6-NZA 2007, 1154; s.a. LAG Hamm 11.2. 2008 NZA-RR 2009, 7). Auch eine gesundheitliche Prädisposition eines Opfers von Mobbing kann gegen die Ursächlichkeit des Mobbing-Verhaltens für eine Erkrankung sprechen (Sachs. LAG 17. 2.2005 AuR 2006, 131 LS).

41

Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbes. auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011, 378).

42

Ansprüche auf Schadensersatz (und Schmerzensgeld) wegen Arbeitsunfähigkeit, die der Arbeitnehmer auf Mobbing zurückfuhrt, können folglich nur begründet sein, wenn der Arbeitnehmer zumindest Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder ihm nach §§ 278, 831 BGB zurechenbarer Arbeitskollegen belegen kann (vgl. ArbG Dresden 1.7. 2003 5Ca 5954/02, AuR 2004, 76 LS: Anspruch in erheblicher Höhe; a.A. Sächs. LAG 17. 2. 2005 -2 Sa 751/03, EzA-SD 12/05. S. 12 LS). Ein Arbeitnehmer ist also für das Vorliegen von Mobbinghandlungen, aus denen er Entschädigungs- und/oder Schadensersatzansprüche herleitet, darlegungs- und beweispflichtig (BAG 14.11.2013 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014,564). Fehlerhafte Weisungen des/der Vorgesetzten, wie die Arbeitsleistung zu erbringen ist, stellen keine Pflichtwidrigkeiten dar. Der Arbeitgeber ist auch nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer gehalten, die sachliche Richtigkeit der Weisungen des Vorgesetzten zu überprüfen. Nimmt der Arbeitnehmer sich die fehlerhafte Weisung so zu Herzen, dass er davon arbeitsunfähig wird, bestehen keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber (LAG Nbg. 2. 7. 2002 NZA-RR 2003, 121). Behauptet folglich eine Arbeitnehmerin, sie sei durch fortgesetzte Herabsetzungen und Schikanen ihres Arbeitgebers seelisch krank geworden, muss sie im Prozess um Schadensersatz und Schmerzensgeld die beanstandeten Verhaltensweisen so konkret darlegen und beweisen, das in jedem Einzelfall beurteilt werden kann, ob diese Verhaltensweisen jedenfalls einerseits rechtswidrige und schuldhafte Überschreitungen des Direktionsrechts gewesen sind und andererseits zudem der Handelnde damit zu rechnen hatte, dass sein Verhalten eine Erkrankung der Arbeitnehmerin verursachen könnte (LAG Bln. 15.7.2004 NZA-RR 2005, 13; Sachs. LAG 17. 2.2005 - 2Sa 751/03, EzA-SD 12/05, S. 12 LS; s. Federhoff-Rink FA 2005, 330 ff.).

43

Bei dem festzustellenden Verschulden des Arbeitgebers ist auch zu beachten, dass der Arbeitnehmer grds. die Möglichkeit hat, sich gegen unrechtmäßige Arbeitsanweisungen tatsächlich und rechtlich zur Wehr zu setzen. Es ist deshalb auch zu prüfen, ob es dem Arbeitnehmer zumutbar war, sich beim Arbeitgeber über Mobbing-Handlungen zu beschweren und entsprechende Abhilfe zu fordern. Das gebietet letztlich auch die Schadensminderungspflicht (LAG SchlH 28.3.2006 NZA-RR 2006,402).

44

Voraussetzung für alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen sind Handlungen, die der Arbeitnehmer bei Bestreiten des Arbeitgebers konkret darlegen und beweisen muss (BAG 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014. 564; LAG SchlH 15. 10. 2008 - 3 Sa 196/08 - EzA-SD 4/2009 S. 12 LS), dadurch kausal verursachte Verletzungen der Rechtsgüter des Arbeitnehmers (BAG 16. 5.2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 NZA 2007, 1154), ein zurechenbarer Schaden und ein Verschulden des Arbeitgebers, der insbes. bei psychischen Gesundheitsverletzungen des Arbeitnehmers diese voraussehen können muss (LAG Bln. 1.11.2002 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

45

In einem Prozess auf Schmerzensgeld wegen »Mobbing« gegen den direkten Vorgesetzten und den Arbeitgeber trägt der Arbeitnehmer bspw. die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgutsverletzung und den eingetretenen Schaden. Der Arbeitnehmer muss die klagebegründenden Tatsachen bzgl. aller anspruchsbegründender Tatsachen so vortragen, dass es der Beklagten möglich ist, zu erkennen, auf welche konkreten - nach Zeit und Ort identifizierbaren - Tatsachen sich die Anspruchsstellung bezieht (ArbG München 25.9. 2001 NZA-RR 2002. 123).

46

Die Beweisführung kann u. U. den Regeln des prima-facie-Beweises folgen, wenn es sich um einen typischen Geschehensablauf handelt. Ein solcher liegt nicht vor. wenn für einen Zeitraum von 3 Jahren neun Vorfälle behauptet werden, weil damit nicht schlüssig der Tatbestand der dauernden Rechtsgutsverletzung, der »fortgesetzten aufeinander aufbauenden und ineinander übergreifenden, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienenden Verhaltensweisen von Kollegen oder Vorgesetzten« dargelegt ist (LAG Brem. 17. 10.2002 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 5). Auch insbes. pauschaler und wertender Vortrag mit Worten wie z. B. »gängeln«, »beschimpft«, oder »verbalen Übergriffen, Beleidigungen und massiven Drohungen« ist nicht ausreichend (LAG SchlH 15.10. 2008 - 3Sa 196/08. EzA-SD 4/2009 S. 12 LS).

47

Befindet sich der Arbeitnehmer zudem bereits im Stadium der Arbeitsunfähigkeit, so bedarf es besonderer Darlegungen dafür, dass weitere behauptete Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten kausal für das Weiterbestehen der (psychischen und psychosomatischen) Erkrankungen des Arbeitnehmers (als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch) gegeben sind (LAG Nbg. 2. 7.2002 LAGE Art. 2GG Persönlichkeitsrecht Nr. 4).

48

Eine Parteivernehmung der beweispflichtigen Partei von Amts wegen nach § 448 ZPO setzt voraus, dass für die zu beweisenden Tatsachen aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BAG 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014,564). Lehnt das Berufungsgericht eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO deshalb ab, weil es die gewisse Wahrscheinlichkeit der Beweistatsache verneint, so müssen seine diesbezüglichen Feststellungen in einer § 286 ZPO genügenden Weise getroffen sein (BAG 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014, 564).

49

In Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass die maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht ersichtlich sind.

50

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das vom Kläger vorgelegte sogenannte "Mobbing-Tagebuch" schon deshalb nicht wirklich als authentische Erkenntnisquelle vorliegend herangezogen werden kann, weil es offensichtlich im Nachhinein - retrospektiv - zu Prozesszwecken gefertigt worden ist, also keine authentische Darstellung des täglichen Arbeitsgeschehens enthält. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass Tage aufgeführt sind, an denen der Kläger - unstreitig - gar nicht am Arbeitsplatz anwesend war und zum anderen daraus, dass z. B. ein Arbeitstag mit unterschiedlichen Eintragungen doppelt enthalten ist. Des Weiteren ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Eintragungen sich lediglich auf einen Prozentsatz von knapp über 10 Prozent der fraglichen Tage beziehen, so dass sich auch deshalb der Aussagewert sehr stark in Grenzen hält. Hinzukommt, dass die Eintragungen als solche kaum ein nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertes Tatsachensubstrat aufweisen, vielmehr handelt es sich durchgängig um Bewertungen, Werturteile, Einschätzungen, die sich auf die subjektive Befindlichkeit des Klägers beziehen, der Kammer aber - ebenso wenig wie der Beklagten - die Möglichkeit geben, sich inhaltlich im Hinblick auf die zuvor dargestellten maßgeblichen Kriterien - z. B. eine entsprechende Überempfindlichkeit des Klägers - überhaupt auseinander zu setzen. Letztlich fehlt auch auf der Grundlage dieses ungenügenden tatsächlichen Substrats eine nachvollziehbare Darlegung des Klägers, warum die zuvor als wesentlich dargestellten Grenzen durch das Verhalten maßgeblicher Mitarbeiter der Beklagten überschritten worden sein sollen. Insoweit hätte es, davon ist das Arbeitsgericht bereits im erstinstanzlichen Rechtszug zutreffend ausgegangen, substantiierten tatsächlichen Vorbringens des Klägers nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen bedurft, das überhaupt erst einem entsprechend substantiiertem Erwidern der Beklagten zugänglich gewesen wäre. Daran fehlt es vollständig. Insoweit wird vom Kläger auch nichts Unmögliches verlangt, denn eine entsprechende Darlegungslast sehen §§ 138, 139 ZPO auch in verfassungskonformer Auslegung dann vor, wenn insoweit nichts Unmögliches verlangt wird (vgl. BAG 26.06.2008, 23.10.2008 EzA § 23 KSchG Nr. 32, 33 zu § 23 Abs. 1 KSchG). Unmögliches wird vom Kläger insofern schon deshalb nicht verlangt, weil er selbst - Prinzip der Sachnähe - an all den Vorfällen, auf die er sich meint beziehen zu sollen, unmittelbar persönlich beteiligt war. Inhaltlich substantiierter und wahrheitsgemäßer Tatsachenvortrag ist ihm also keinesfalls unmöglich.

51

Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

52

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten; gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht insgesamt lediglich deutlich, dass der Kläger - wenn auch aus seiner Sicht heraus verständlich - mit der tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer letztlich folgt, nicht einverstanden ist. Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

53

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

55

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2010 - 5 Sa 3/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche geltend, da sie von ihr bei einer Bewerbung wegen ihres Alters diskriminiert wurde.

2

Die Beklagte suchte mit einer am 15. November 2007 veröffentlichten Stellenanzeige Mitarbeiter für das von ihr betriebene Callcenter. Die Anzeige lautete auszugsweise:

        

„CALL CENTER AGENTS

        

Wir suchen für unser junges Team in der City motivierte Mitarbeiter/innen.

        

Du telefonierst gerne?

        

Dann bist Du genau richtig bei uns. Wir geben Dir die Möglichkeit sogar damit Geld zu verdienen.

        

Du bist zwischen 18 - 35 Jahre alt und verfügst über gute Deutschkenntnisse und suchst eine Vollzeitaufgabe?

        

Wir bieten Dir gute Verdienstmöglichkeiten und ein sehr nettes Arbeitsklima.“

3

Auf die Anzeige bewarb sich die damals 41-jährige, arbeitssuchende Klägerin. Ihrer Bewerbung fügte sie einen vollständigen tabellarischen Lebenslauf bei. Die Beklagte stellte zwei andere Bewerberinnen der Geburtsjahrgänge 1985 und 1987 zum 19. November 2007 ein. Am gleichen Tag sagte sie der Klägerin telefonisch ab, wobei der genaue Gesprächsinhalt streitig ist. Mit Poststempel vom 21. November 2007 schickte sie der Klägerin ihre Bewerbungsunterlagen zurück. Sie fügte eine handschriftliche Notiz bei, der zufolge „alle Plätze belegt“ seien. Weitere, ähnliche Stellenanzeigen schaltete die Beklagte am 22. November 2007 und am 9. April 2008.

4

Ohne vorherige schriftliche Geltendmachung reichte die Klägerin beim Arbeitsgericht Hamburg am 29. Januar 2008 die vorliegende Klage ein, die der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellt wurde.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei wegen ihres Alters bei der Stellenbesetzung benachteiligt worden. Schon der Inhalt der Stellenanzeige weise auf eine solche Diskriminierung hin. Im Telefonat vom 19. November 2007 sei ihr zudem mitgeteilt worden, sie entspreche nicht dem Bewerberprofil der Beklagten. Neben einer Entschädigung iHv. drei Monatsgehältern sei ihr daher die Beklagte auch zum Ersatz der materiellen Schäden verpflichtet, wozu neben den Bewerbungskosten iHv. 1,59 Euro (Porto, Papier) die Anwaltskosten der ersten Instanz iHv. 1.139,43 Euro gehörten. Die Klägerin hat die Meinung vertreten, die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstoße gegen die unionsrechtlichen Gebote der Gleichwertigkeit und der Effektivität. Letzteres gelte auch für § 12a ArbGG, da die erstinstanzlich zu tragenden Anwaltskosten eine nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG begrenzte Entschädigung immer teilweise aufzehrten.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. 1,59 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Entschädigung von 5.709,00 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie entstandene Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verfahren erster Instanz iHv. 1.139,43 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte hat behauptet, die Bewerbung der Klägerin sei am 19. November 2007 bei ihr eingegangen, als die beiden offenen Stellen schon besetzt gewesen seien. Dies habe man der Klägerin im Telefongespräch vom 19. November 2007 mitgeteilt. Sie beschäftige auch ältere Arbeitnehmer. Jedenfalls habe die Klägerin die wirksame Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht eingehalten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat das Landesarbeitsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

        

„Verstößt eine nationale Gesetzgebung, nach der (außerhalb von kollektivrechtlichen Regelungen) zur schriftlichen Geltendmachung eines Schadens- und/oder Entschädigungsanspruches wegen Diskriminierung bei der Einstellung eine Frist von zwei Monaten nach Empfang der Ablehnung - oder im Wege der Auslegung: nach Kenntnis der Diskriminierung - gilt, gegen Primärrecht der EG (Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes) und/oder das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000, wenn für gleichwertige Ansprüche nach nationalem Recht dreijährige Verjährungsfristen gelten und/oder das Verschlechterungsverbot gemäß Art. 8 der Richtlinie 2000/78/EG, wenn eine frühere nationale Vorschrift bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts eine längere Ausschlussfrist vorsah?“

9

Mit Urteil vom 8. Juli 2010 (- C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8) hat der Gerichtshof der Europäischen Union für Recht erkannt:

        

„1.     

Das Primärrecht der Union und Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegenstehen, wonach derjenige, der bei der Einstellung wegen des Alters diskriminiert worden ist, seine Ansprüche auf Ersatz des Vermögens- und Nichtvermögensschadens gegenüber demjenigen, von dem diese Diskriminierung ausgeht, innerhalb von zwei Monaten geltend machen muss, sofern

                 

-       

zum einen diese Frist nicht weniger günstig ist als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts,

                 

-       

zum anderen die Festlegung des Zeitpunkts, mit dem der Lauf dieser Frist beginnt, die Ausübung der von der Richtlinie verliehenen Rechte nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

                 

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese beiden Bedingungen erfüllt sind.

        

2.    

Art. 8 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegensteht, in deren Folge eine frühere Regelung geändert worden ist, die eine Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs bei geschlechtsbezogener Diskriminierung vorsah.“

10

Sodann hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 27. Oktober 2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ein ihr möglicherweise zustehender Entschädigungsanspruch ist wie ein etwa bestehender Schadensersatzanspruch verfallen.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar habe die Klägerin mit der von der Beklagten verfassten, gegen § 11 AGG verstoßenden Stellenanzeige ein Indiz iSd. § 22 AGG vorgetragen. Auch seien die Bewerbungsverfahren nicht abgeschlossen gewesen, da am 22. November 2007 die nächste diskriminierende Stellenausschreibung erschienen sei. Jedoch habe die Klägerin die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt. Um dem Effektivitätsgebot zu genügen, müsse § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG europarechtskonform dahin ausgelegt werden, dass die Frist erst mit Kenntniserlangung von der Diskriminierung beginne. In Anbetracht des diskriminierenden Inhalts der Stellenanzeige habe eine solche Kenntnis der Klägerin schon mit der Absage am 19. oder 21. November 2007 bestanden. Die Klageeinreichung am 29. Januar 2008 wahre daher die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht. Die Frist sei auch nicht weniger günstig als vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts. Der deutsche Gesetzgeber habe selbst für das bestehende Arbeitsverhältnis eine Reihe von deutlich unter zwei Monaten liegenden Fristen normiert, die die Arbeitnehmer einzuhalten hätten, um ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber nicht zu verlieren.

13

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

I. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 15 Abs. 2 AGG ist wegen verspäteter Geltendmachung verfallen(§ 15 Abs. 4 AGG).

15

1. Der von der Klägerin gestellte bezifferte Zahlungsantrag ist hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Die Klägerin hat die von ihr nach § 15 Abs. 2 AGG begehrte angemessene Entschädigung beziffert und Tatsachen benannt, die den geltend gemachten Entschädigungsbetrag rechtfertigen sollen.

16

2. Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet auf den Streitfall Anwendung.

17

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Die Klägerin ist als Bewerberin „Beschäftigte“ iSd. AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Bewerbung der Klägerin sei bei ihr erst nach der Besetzungsentscheidung über zwei Stellen eingegangen. Jedenfalls hat die Beklagte noch weitere Bewerber gesucht, wie sich ihrer Anzeige vom 22. November 2007 entnehmen lässt.

18

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passivlegitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

19

3. Die Klägerin hat die nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG einzuhaltende Frist von zwei Monaten nicht gewahrt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 91; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 101; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 99; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 50; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 66), deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist (vgl. GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b Rn. 10; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 33).

20

a) Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen Europarecht.

21

aa) Ausdrücklich lassen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt.

22

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8).

23

cc) § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit(Äquivalenz). Nach deutschem Recht besteht keine, einer Klage auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, nach ihren Verfahrensmodalitäten günstigere Klageart. Dies hat der Senat bereits mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 (- 8 AZR 37/11 - Rn. 32 - 48, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 30 - 46) mit ausführlicher Begründung entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

24

dd) Ebenso wenig verstößt § 15 Abs. 4 AGG gegen den Effektivitätsgrundsatz, wie der Senat gleichfalls mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 erkannt hat (- 8 AZR 37/11 - Rn. 49 - 53, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 47 - 51). Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines angestrebten beruflichen Aufstiegs unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt. Hierüber gibt die bloße Ablehnung der Bewerbung durch den Arbeitgeber nicht in jedem Fall zwingend Auskunft (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 54 - 59, aaO).

25

b) Mit der Ablehnung im Telefongespräch vom 19. November 2007 hatte die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Durch das Telefonat wusste sie, dass ihre Bewerbung keine Berücksichtigung für das Auswahlverfahren gefunden hat oder finden wird. Ein Nachteil im Sinne einer unmittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt im Falle einer Auswahlentscheidung bereits dann vor, wenn die Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Da im Zeitpunkt der Absage die Klägerin Kenntnis vom Inhalt der Stellenanzeige hatte, die die Beklagte am 15. November 2007 veröffentlichen ließ und die gegen § 11 AGG verstieß, war sie seit dem 19. November 2007 in der Lage, Entschädigungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Nach dem eigenen, von der Beklagten jedoch bestrittenen Vortrag, ist die Klägerin zudem in dem Telefongespräch direkt auf die unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Diskriminierungsmerkmals „Alter“ verwiesen worden, da sie „dem Bewerberprofil nicht entspreche“.

26

Mit ihrer Ausschreibung suchte die Beklagte Bewerber im Alter „zwischen 18 - 35 Jahre“ und differenzierte damit nach dem verpönten Merkmal des Alters. Die Ausschreibung verstieß gegen § 7 Abs. 1 AGG, was nach der Rechtsprechung des Senats die Vermutung begründet, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten Merkmals erfolgt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Rn. 63, BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3 zu § 611b BGB aF; 14. März 1989 - 8 AZR 447/87 - BAGE 61, 209 = AP BGB § 611a Nr. 5 = EzA BGB § 611a Nr. 4 zu § 611a BGB aF).

27

c) Die Zweimonatsfrist begann danach am 20. November 2007 (§ 187 Abs. 1 BGB) und endete am 21. Januar 2008 (§ 188 Abs. 2, § 193 BGB), nachdem der 19. Januar 2008 auf einen Sonnabend fiel. Zwar wird die von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geforderte Schriftform auch durch eine gerichtliche Klage gewahrt(vgl. BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 96, 352 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 154 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 135; 24. Juni 1960 - 1 AZR 29/58 - zu 1 der Gründe, BAGE 9, 296 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 5 zu tariflichen Ausschlussfristen; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 110; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 73), allerdings setzt dies voraus, dass die Klage rechtzeitig zugestellt wird; § 167 ZPO findet keine Anwendung(vgl. BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Die am 29. Januar 2008 bei Gericht eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte die am 21. Januar 2008 abgelaufene Frist nicht.

28

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

29

1. Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.

30

Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen(BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65 ff. mwN, NZA 2012, 910).

31

2. Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den Behauptungen der Klägerin ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der der Beklagten zu machen wäre. Auch wenn diese unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1, § 11 AGG Arbeitsplätze altersdiskriminierend ausgeschrieben hat, genügt das nicht, um eine Entschädigungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auszulösen, wie es bei einer „Herabwürdigung“(BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3) gegebenenfalls anzunehmen wäre. Eine „Herabwürdigung“ ergibt sich nicht aus Form und Inhalt der Ablehnungen, und zwar weder aus dem Inhalt des Telefonats vom 19. November 2007, selbst wenn man dessen Inhalt mit der Darstellung der Klägerin unterstellt, noch aus der handschriftlichen Ablehnungsnotiz vom 21. November 2007.

32

III. Den Ersatz der von ihr geltend gemachten materiellen Schäden - Bewerbungskosten und Kosten der Rechtsverfolgung - kann die Klägerin schon deswegen nicht von der Beklagten nach § 15 Abs. 1 AGG verlangen, da sie auch insoweit die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist nicht eingehalten hat.

33

1. Auch und soweit die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG materielle Schadensersatzansprüche erfasst, verstößt sie nicht gegen den primärrechtlichen Grundsatz der Gleichwertigkeit. Nach nationalem Recht bestand kein dem Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG vergleichbarer Anspruch eines erfolglosen Stellenbewerbers bei Verletzung des Inklusionsinteresses oder in Bezug auf andere, vergleichbare Merkmale. Es gilt insoweit grundsätzlich das für die Gleichwertigkeit des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG Ausgeführte.

34

a) Durch die Verabschiedung des AGG hat der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie 2000/43/EG, der Richtlinie 2000/78/EG, der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuvor schon bestehende einzelne Diskriminierungsverbote erstmals zu einem umfassenden Diskriminierungsschutz in Deutschland ausgebaut. Zur effektiven Durchsetzung dient dabei in besonderer Weise die in § 22 AGG getroffene Beweislastverteilung. Die vom Grundsatz der Privatautonomie geprägte deutsche Rechtsordnung unterscheidet sich grundlegend vom europäischen Antidiskriminierungsrecht. Aufgaben, die in anderen Rechtsordnungen dem Diskriminierungsschutz zukamen und zukommen, übernahmen in der Vergangenheit in der deutschen Rechtsordnung für bestehende Arbeitsverhältnisse teilweise als funktionelle Äquivalente der allgemeine Kündigungsschutz oder bei der Gewährung von Leistungen der Gleichbehandlungsgrundsatz. An diesen ist jedoch der Arbeitgeber bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen nicht gebunden (vgl. BAG 20. August 1986 - 4 AZR 272/85 - BAGE 52, 380 = AP TVG § 1 Tarifverträge - Seniorität Nr. 6 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 44; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 311, 578; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 287). Für die Nichteinstellung schuldet der Arbeitgeber nach deutschem Recht grundsätzlich keinerlei Rechtfertigung (vgl. ErfK/Preis aaO Rn. 311; Buchner NZA 1991, 577, 579). Zur Richtlinienumsetzung durch das AGG konnte der deutsche Gesetzgeber daher nicht an einen bereits im nationalen Recht bestehenden Diskriminierungsschutz anknüpfen (vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 68; Jacobs RdA 2009, 193, 200 f.; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092). Keinen Vergleichsmaßstab können die Diskriminierungsverbote des § 611a BGB aF und § 81 Abs. 2 SGB IX aF bilden, da diese ihrerseits der Richtlinienumsetzung dienten(vgl. Jacobs RdA 2009, 193, 201).

35

Damit unterscheiden sich Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB von solchen aus § 15 Abs. 1 AGG hinsichtlich ihres Rechtsgrundes und ihrer wesentlichen Merkmale, sodass der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert war, für Ansprüche nach § 15 Abs. 1 AGG eine besondere Ausschlussfrist vorzusehen.

36

b) Der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG ist auch nicht dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG vergleichbar.

37

Beide Ansprüche unterscheiden sich bereits hinsichtlich des Gegenstands. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewährt bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung. Der Ersatz materieller Schäden ist bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur für vermögenswerte Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (bspw. der unerlaubten Verwertung des Bildes, des Namens, der Stimme oder anderer Persönlichkeitsmerkmale zu kommerziellen Zwecken) anerkannt (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214; Palandt/Sprau 71. Aufl. § 823 BGB Rn. 125; MünchKommBGB/Wagner 5. Aufl. § 823 Rn. 180). Aufwendungen und Schäden des erfolglosen Stellenbewerbers, wie bspw. der entgangene Gewinn, fallen demgegenüber nicht in den Schutzbereich von § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG(vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 114, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Demgegenüber gewährt § 15 Abs. 1 AGG Anspruch auf Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens.

38

2. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt ausdrücklich, dass neben einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG auch der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend zu machen ist(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 85, 87; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 15; Jacobs RdA 2009, 193, 199). Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die Tarifvertragsparteien dies vereinbart haben, § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AGG. Hinsichtlich des Fristbeginns differenziert § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nicht zwischen Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG und solchen nach § 15 Abs. 2 AGG, sondern bestimmt für beide Ansprüche, dass die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist auch im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs erst zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Aus dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 AGG ergibt sich somit, dass es für den Fristbeginn zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG nicht auf die Entstehung des Schadens oder dessen Fälligkeit ankommt.

39

Die am 29. Januar 2008 eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte daher die Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch hinsichtlich eines materiellen Schadensersatzanspruchs aus § 15 Abs. 1 AGG nicht.

40

IV. Ein Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 3 AGG. Soweit diese Anspruchsgrundlage allein mit einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründet wird, kommt sie neben dem Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG nicht in Betracht.

41

1. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, im Übrigen unberührt. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt sich, dass der Gesetzgeber insbesondere an Ansprüche auf Unterlassung nach § 1004 BGB oder auf Ersatz des materiellen Schadens nach den §§ 252, 823 BGB dachte(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Eine abschließende und klare Regelung des Konkurrenzverhältnisses zu anderen möglichen Ansprüchen auf Schadensersatz und Entschädigung ergibt sich hieraus nicht. Insbesondere ist unklar, inwieweit der Beschäftigte Schadensersatzansprüche bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auf § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB stützen kann, nachdem § 7 Abs. 3 AGG bestimmt, dass eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch den Arbeitgeber oder Beschäftigte eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt.

42

2. In der Rechtslehre ist die Frage umstritten. Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass Ansprüche aus § 280 BGB, die auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt werden, neben Ansprüchen aus § 15 AGG bestehen, ohne dass die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG Geltung erlangt(vgl. v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69, 112; Bücker in Rust/Falke AGG § 15 Rn. 57; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 3 AGG Rn. 10 u. § 15 AGG Rn. 10; Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 535; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 8). Weiter wird auch vertreten, § 280 BGB finde zwar neben § 15 Abs. 1 AGG Anwendung, jedoch sei auch die Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG bei diesem Anspruch zu beachten(vgl. Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 65, 67; Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 70; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 102). Der überwiegende Teil der Literatur nimmt an, dass § 15 Abs. 1 AGG als speziellere Norm mögliche Ansprüche aus § 280 BGB verdrängt(vgl. Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 24, 126; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 66; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 96; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 88; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 137; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 18; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 60; Richardi NZA 2006, 881, 886; HWK/Rupp 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 14; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 270; Stoffels RdA 2009, 204, 214; Staudinger/Annuß [2005] § 611a Rn. 80 zu § 611a BGB aF; Walker NZA 2009, 5, 10 f. für Entschädigungsansprüche).

43

3. Der überwiegenden Auffassung der Literatur ist der Vorzug zu geben. Für die Annahme einer spezielleren Regelung durch § 15 Abs. 1 AGG spricht sowohl der gesetzliche Regelungszusammenhang als auch der Wortlaut von § 15 Abs. 1 und Abs. 5 AGG.

44

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG bestimmt weiter, dass eine Ersatzpflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht eintritt, wenn der Arbeitgeber die „Pflichtverletzung“ nicht zu vertreten hat. Damit übernimmt § 15 Abs. 1 AGG das Regelungskonzept des § 280 Abs. 1 BGB, bezieht dies aber auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. § 7 Abs. 3 AGG enthält dazu die Klarstellung, dass die vom Arbeitgeber oder Beschäftigten begangenen Benachteiligungen Vertragsverletzungen darstellen. Durch die Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG werden gleichzeitig die §§ 276 bis 278 BGB für den Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG anwendbar(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). § 15 Abs. 1 AGG normiert daher einen vertraglichen Schadensersatzanspruch, der sich allein gegen den Arbeitgeber richtet und hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Rechtsfolgen besonderen Regelungen unterliegt. So hat der Beschäftigte nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nur hinsichtlich eines Anspruchs nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eine Ausschlussfrist einzuhalten. Auf der Rechtsfolgenseite stellt § 15 Abs. 6 AGG klar, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungs- oder Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg begründet, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Damit wird eine Naturalrestitution ausgeschlossen. Hieran zeigt sich, dass der Gesetzgeber den materiellen Schadensersatz, der sich bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ergeben kann, innerhalb vertraglicher Beziehungen speziell ausgestaltet hat. Dies spricht dafür, den allgemeinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB als verdrängt zu betrachten, soweit dieser allein auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt wird(§ 7 Abs. 1, Abs. 3 AGG). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die besonderen Voraussetzungen die der Gesetzgeber an einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG knüpft(insb. Ausschlussfrist), nicht durch Gewährung eines Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB umgangen werden.

45

b) Ebenso spricht der Wortlaut von § 15 Abs. 5 AGG für die Annahme, § 15 Abs. 1 AGG stelle in seinem Anwendungsbereich eine § 280 Abs. 1 BGB verdrängende Norm dar. § 15 Abs. 5 AGG bestimmt, dass „im Übrigen“ Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Die vom Gesetzgeber verwendete Formulierung spricht maßgeblich dafür, dass die allgemeinen Regelungen nur insoweit zur Anwendung kommen sollen, als § 15 AGG keine eigene Regelung trifft. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz materieller Schäden auf (vor-)vertraglicher Grundlage ist dies aber in § 15 Abs. 1 AGG geschehen.

46

V. Den von ihr begehrten Ersatz ihres materiellen Schadens kann die Klägerin von der Beklagten vorliegend schließlich nicht nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG verlangen.

47

1. Grundsätzlich werden Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nicht durch § 15 Abs. 1 AGG verdrängt. Insoweit regelt das AGG nur einen (vor-)vertraglichen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots, „im Übrigen“ werden aber nach § 15 Abs. 5 AGG Ansprüche gegen den Arbeitgeber aus anderen Rechtsvorschriften nicht berührt. Der Gesetzgeber hat zum Ausdruck gebracht, dass es insoweit bei der echten Anspruchskonkurrenz zwischen Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten und solchen aus unerlaubter Handlung bleiben soll (BT-Drucks. 16/1780 S. 38).

48

2. Ob § 11 AGG oder, näherliegend, § 7 Abs. 1 AGG „Schutzgesetze“ iSd. § 823 Abs. 2 BGB sind, also zumindest auch Individualschutz wegen eines der vom Gesetzgeber mit einer Norm verfolgten Anliegens gewähren wollen, ist in der Rechtslehre umstritten, kann aber vorliegend dahinstehen. Denn wenn die Beklagte mit ihrem Vorgehen vorliegend § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG als „Schutzgesetz“ iSv. § 823 Abs. 2 BGB verletzt hätte, wäre ein daraus resultierender Anspruch der Klägerin aufgrund der auch insoweit anzuwendenden Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG untergegangen.

49

a) Zwar gilt als Grundregel, dass vertragliche und deliktische Ansprüche nach ihren jeweiligen Voraussetzungen, ihrem Inhalt und ihrer Durchsetzung selbständig zu beurteilen sind und den jeweils eigenen Regeln folgen. Ausnahmen kommen aber dann in Betracht, wenn einer gesetzlichen Einschränkung der Vertragshaftung zu entnehmen ist, dass die Möglichkeit des Geschädigten, nach einem Ausschluss mit seinem vertraglichen Schadensersatzanspruch auf den aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch auszuweichen, jedenfalls den Zweck einer für den vertraglichen Schadensersatzanspruch geltenden gesetzlichen Vorschrift vereiteln und diese gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würde (vgl. BGH 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03 - zu 2 der Gründe mwN, NJW-RR 2005, 172; Palandt/Sprau 71. Aufl. Einf. v. § 823 Rn. 5). Deshalb sind die für Ansprüche aus Vertragsverletzung geltenden kurzen Verjährungsfristen auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Lebenssachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch eine Zweckvereitelung der kurzen Verjährungsvorschrift zur Folge hätte (vgl. BGH 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 162, 306; 11. Dezember 1991 - XII ZR 269/90 - zu 1 a der Gründe, BGHZ 116, 293). Auch wendet das Bundesarbeitsgericht eine Ausschlussfrist, die „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ erfasst, nicht nur auf vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung an, wenn diese auf einem einheitlichen Lebensvorgang beruhen (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 26 mwN, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 41, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6), da andernfalls die angestrebte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht erreicht werden kann.

50

b) Danach fallen deliktische Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt wie Ansprüche aus § 15 Abs. 1 AGG gestützt werden, unter die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG.

51

3. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt, dass ein Anspruch „nach Absatz 1 oder 2“ innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden muss, es sei denn, die Tarifvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG besteht jedoch darin, angesichts der für das AGG durch § 22 geregelten Beweislastverteilung die Arbeitgeber nicht zu zwingen, Argumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen(BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Für Ansprüche aus dem AGG soll binnen kürzerer Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eintreten. Dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht es, die Ausschlussfrist auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, die auf denselben Sachverhalt gestützt werden, also auf eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Da der Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG verschuldensabhängig ausgestaltet ist, tritt bei einer Verwirklichung des Haftungstatbestandes nach § 15 Abs. 1 AGG regelmäßig auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB ein, sofern einzelnen Bestimmungen des AGG, etwa § 7 Abs. 1 AGG, Schutzgesetzcharakter zuzusprechen wäre. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG, innerhalb einer kurzen Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in Bezug auf solche Ansprüche herbeizuführen, würde jedoch vereitelt, wollte man § 15 Abs. 4 AGG nicht auf alle Ansprüche erstrecken, die auf den besonderen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung gegründet werden.

52

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Pauli    

                 

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2010 - 5 Sa 3/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche geltend, da sie von ihr bei einer Bewerbung wegen ihres Alters diskriminiert wurde.

2

Die Beklagte suchte mit einer am 15. November 2007 veröffentlichten Stellenanzeige Mitarbeiter für das von ihr betriebene Callcenter. Die Anzeige lautete auszugsweise:

        

„CALL CENTER AGENTS

        

Wir suchen für unser junges Team in der City motivierte Mitarbeiter/innen.

        

Du telefonierst gerne?

        

Dann bist Du genau richtig bei uns. Wir geben Dir die Möglichkeit sogar damit Geld zu verdienen.

        

Du bist zwischen 18 - 35 Jahre alt und verfügst über gute Deutschkenntnisse und suchst eine Vollzeitaufgabe?

        

Wir bieten Dir gute Verdienstmöglichkeiten und ein sehr nettes Arbeitsklima.“

3

Auf die Anzeige bewarb sich die damals 41-jährige, arbeitssuchende Klägerin. Ihrer Bewerbung fügte sie einen vollständigen tabellarischen Lebenslauf bei. Die Beklagte stellte zwei andere Bewerberinnen der Geburtsjahrgänge 1985 und 1987 zum 19. November 2007 ein. Am gleichen Tag sagte sie der Klägerin telefonisch ab, wobei der genaue Gesprächsinhalt streitig ist. Mit Poststempel vom 21. November 2007 schickte sie der Klägerin ihre Bewerbungsunterlagen zurück. Sie fügte eine handschriftliche Notiz bei, der zufolge „alle Plätze belegt“ seien. Weitere, ähnliche Stellenanzeigen schaltete die Beklagte am 22. November 2007 und am 9. April 2008.

4

Ohne vorherige schriftliche Geltendmachung reichte die Klägerin beim Arbeitsgericht Hamburg am 29. Januar 2008 die vorliegende Klage ein, die der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellt wurde.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei wegen ihres Alters bei der Stellenbesetzung benachteiligt worden. Schon der Inhalt der Stellenanzeige weise auf eine solche Diskriminierung hin. Im Telefonat vom 19. November 2007 sei ihr zudem mitgeteilt worden, sie entspreche nicht dem Bewerberprofil der Beklagten. Neben einer Entschädigung iHv. drei Monatsgehältern sei ihr daher die Beklagte auch zum Ersatz der materiellen Schäden verpflichtet, wozu neben den Bewerbungskosten iHv. 1,59 Euro (Porto, Papier) die Anwaltskosten der ersten Instanz iHv. 1.139,43 Euro gehörten. Die Klägerin hat die Meinung vertreten, die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstoße gegen die unionsrechtlichen Gebote der Gleichwertigkeit und der Effektivität. Letzteres gelte auch für § 12a ArbGG, da die erstinstanzlich zu tragenden Anwaltskosten eine nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG begrenzte Entschädigung immer teilweise aufzehrten.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. 1,59 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Entschädigung von 5.709,00 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie entstandene Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verfahren erster Instanz iHv. 1.139,43 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte hat behauptet, die Bewerbung der Klägerin sei am 19. November 2007 bei ihr eingegangen, als die beiden offenen Stellen schon besetzt gewesen seien. Dies habe man der Klägerin im Telefongespräch vom 19. November 2007 mitgeteilt. Sie beschäftige auch ältere Arbeitnehmer. Jedenfalls habe die Klägerin die wirksame Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht eingehalten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat das Landesarbeitsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

        

„Verstößt eine nationale Gesetzgebung, nach der (außerhalb von kollektivrechtlichen Regelungen) zur schriftlichen Geltendmachung eines Schadens- und/oder Entschädigungsanspruches wegen Diskriminierung bei der Einstellung eine Frist von zwei Monaten nach Empfang der Ablehnung - oder im Wege der Auslegung: nach Kenntnis der Diskriminierung - gilt, gegen Primärrecht der EG (Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes) und/oder das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000, wenn für gleichwertige Ansprüche nach nationalem Recht dreijährige Verjährungsfristen gelten und/oder das Verschlechterungsverbot gemäß Art. 8 der Richtlinie 2000/78/EG, wenn eine frühere nationale Vorschrift bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts eine längere Ausschlussfrist vorsah?“

9

Mit Urteil vom 8. Juli 2010 (- C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8) hat der Gerichtshof der Europäischen Union für Recht erkannt:

        

„1.     

Das Primärrecht der Union und Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegenstehen, wonach derjenige, der bei der Einstellung wegen des Alters diskriminiert worden ist, seine Ansprüche auf Ersatz des Vermögens- und Nichtvermögensschadens gegenüber demjenigen, von dem diese Diskriminierung ausgeht, innerhalb von zwei Monaten geltend machen muss, sofern

                 

-       

zum einen diese Frist nicht weniger günstig ist als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts,

                 

-       

zum anderen die Festlegung des Zeitpunkts, mit dem der Lauf dieser Frist beginnt, die Ausübung der von der Richtlinie verliehenen Rechte nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

                 

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese beiden Bedingungen erfüllt sind.

        

2.    

Art. 8 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegensteht, in deren Folge eine frühere Regelung geändert worden ist, die eine Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs bei geschlechtsbezogener Diskriminierung vorsah.“

10

Sodann hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 27. Oktober 2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ein ihr möglicherweise zustehender Entschädigungsanspruch ist wie ein etwa bestehender Schadensersatzanspruch verfallen.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar habe die Klägerin mit der von der Beklagten verfassten, gegen § 11 AGG verstoßenden Stellenanzeige ein Indiz iSd. § 22 AGG vorgetragen. Auch seien die Bewerbungsverfahren nicht abgeschlossen gewesen, da am 22. November 2007 die nächste diskriminierende Stellenausschreibung erschienen sei. Jedoch habe die Klägerin die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt. Um dem Effektivitätsgebot zu genügen, müsse § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG europarechtskonform dahin ausgelegt werden, dass die Frist erst mit Kenntniserlangung von der Diskriminierung beginne. In Anbetracht des diskriminierenden Inhalts der Stellenanzeige habe eine solche Kenntnis der Klägerin schon mit der Absage am 19. oder 21. November 2007 bestanden. Die Klageeinreichung am 29. Januar 2008 wahre daher die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht. Die Frist sei auch nicht weniger günstig als vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts. Der deutsche Gesetzgeber habe selbst für das bestehende Arbeitsverhältnis eine Reihe von deutlich unter zwei Monaten liegenden Fristen normiert, die die Arbeitnehmer einzuhalten hätten, um ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber nicht zu verlieren.

13

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

I. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 15 Abs. 2 AGG ist wegen verspäteter Geltendmachung verfallen(§ 15 Abs. 4 AGG).

15

1. Der von der Klägerin gestellte bezifferte Zahlungsantrag ist hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Die Klägerin hat die von ihr nach § 15 Abs. 2 AGG begehrte angemessene Entschädigung beziffert und Tatsachen benannt, die den geltend gemachten Entschädigungsbetrag rechtfertigen sollen.

16

2. Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet auf den Streitfall Anwendung.

17

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Die Klägerin ist als Bewerberin „Beschäftigte“ iSd. AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Bewerbung der Klägerin sei bei ihr erst nach der Besetzungsentscheidung über zwei Stellen eingegangen. Jedenfalls hat die Beklagte noch weitere Bewerber gesucht, wie sich ihrer Anzeige vom 22. November 2007 entnehmen lässt.

18

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passivlegitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

19

3. Die Klägerin hat die nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG einzuhaltende Frist von zwei Monaten nicht gewahrt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 91; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 101; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 99; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 50; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 66), deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist (vgl. GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b Rn. 10; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 33).

20

a) Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen Europarecht.

21

aa) Ausdrücklich lassen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt.

22

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8).

23

cc) § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit(Äquivalenz). Nach deutschem Recht besteht keine, einer Klage auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, nach ihren Verfahrensmodalitäten günstigere Klageart. Dies hat der Senat bereits mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 (- 8 AZR 37/11 - Rn. 32 - 48, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 30 - 46) mit ausführlicher Begründung entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

24

dd) Ebenso wenig verstößt § 15 Abs. 4 AGG gegen den Effektivitätsgrundsatz, wie der Senat gleichfalls mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 erkannt hat (- 8 AZR 37/11 - Rn. 49 - 53, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 47 - 51). Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines angestrebten beruflichen Aufstiegs unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt. Hierüber gibt die bloße Ablehnung der Bewerbung durch den Arbeitgeber nicht in jedem Fall zwingend Auskunft (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 54 - 59, aaO).

25

b) Mit der Ablehnung im Telefongespräch vom 19. November 2007 hatte die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Durch das Telefonat wusste sie, dass ihre Bewerbung keine Berücksichtigung für das Auswahlverfahren gefunden hat oder finden wird. Ein Nachteil im Sinne einer unmittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt im Falle einer Auswahlentscheidung bereits dann vor, wenn die Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Da im Zeitpunkt der Absage die Klägerin Kenntnis vom Inhalt der Stellenanzeige hatte, die die Beklagte am 15. November 2007 veröffentlichen ließ und die gegen § 11 AGG verstieß, war sie seit dem 19. November 2007 in der Lage, Entschädigungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Nach dem eigenen, von der Beklagten jedoch bestrittenen Vortrag, ist die Klägerin zudem in dem Telefongespräch direkt auf die unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Diskriminierungsmerkmals „Alter“ verwiesen worden, da sie „dem Bewerberprofil nicht entspreche“.

26

Mit ihrer Ausschreibung suchte die Beklagte Bewerber im Alter „zwischen 18 - 35 Jahre“ und differenzierte damit nach dem verpönten Merkmal des Alters. Die Ausschreibung verstieß gegen § 7 Abs. 1 AGG, was nach der Rechtsprechung des Senats die Vermutung begründet, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten Merkmals erfolgt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Rn. 63, BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3 zu § 611b BGB aF; 14. März 1989 - 8 AZR 447/87 - BAGE 61, 209 = AP BGB § 611a Nr. 5 = EzA BGB § 611a Nr. 4 zu § 611a BGB aF).

27

c) Die Zweimonatsfrist begann danach am 20. November 2007 (§ 187 Abs. 1 BGB) und endete am 21. Januar 2008 (§ 188 Abs. 2, § 193 BGB), nachdem der 19. Januar 2008 auf einen Sonnabend fiel. Zwar wird die von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geforderte Schriftform auch durch eine gerichtliche Klage gewahrt(vgl. BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 96, 352 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 154 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 135; 24. Juni 1960 - 1 AZR 29/58 - zu 1 der Gründe, BAGE 9, 296 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 5 zu tariflichen Ausschlussfristen; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 110; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 73), allerdings setzt dies voraus, dass die Klage rechtzeitig zugestellt wird; § 167 ZPO findet keine Anwendung(vgl. BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Die am 29. Januar 2008 bei Gericht eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte die am 21. Januar 2008 abgelaufene Frist nicht.

28

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

29

1. Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.

30

Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen(BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65 ff. mwN, NZA 2012, 910).

31

2. Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den Behauptungen der Klägerin ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der der Beklagten zu machen wäre. Auch wenn diese unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1, § 11 AGG Arbeitsplätze altersdiskriminierend ausgeschrieben hat, genügt das nicht, um eine Entschädigungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auszulösen, wie es bei einer „Herabwürdigung“(BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3) gegebenenfalls anzunehmen wäre. Eine „Herabwürdigung“ ergibt sich nicht aus Form und Inhalt der Ablehnungen, und zwar weder aus dem Inhalt des Telefonats vom 19. November 2007, selbst wenn man dessen Inhalt mit der Darstellung der Klägerin unterstellt, noch aus der handschriftlichen Ablehnungsnotiz vom 21. November 2007.

32

III. Den Ersatz der von ihr geltend gemachten materiellen Schäden - Bewerbungskosten und Kosten der Rechtsverfolgung - kann die Klägerin schon deswegen nicht von der Beklagten nach § 15 Abs. 1 AGG verlangen, da sie auch insoweit die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist nicht eingehalten hat.

33

1. Auch und soweit die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG materielle Schadensersatzansprüche erfasst, verstößt sie nicht gegen den primärrechtlichen Grundsatz der Gleichwertigkeit. Nach nationalem Recht bestand kein dem Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG vergleichbarer Anspruch eines erfolglosen Stellenbewerbers bei Verletzung des Inklusionsinteresses oder in Bezug auf andere, vergleichbare Merkmale. Es gilt insoweit grundsätzlich das für die Gleichwertigkeit des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG Ausgeführte.

34

a) Durch die Verabschiedung des AGG hat der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie 2000/43/EG, der Richtlinie 2000/78/EG, der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuvor schon bestehende einzelne Diskriminierungsverbote erstmals zu einem umfassenden Diskriminierungsschutz in Deutschland ausgebaut. Zur effektiven Durchsetzung dient dabei in besonderer Weise die in § 22 AGG getroffene Beweislastverteilung. Die vom Grundsatz der Privatautonomie geprägte deutsche Rechtsordnung unterscheidet sich grundlegend vom europäischen Antidiskriminierungsrecht. Aufgaben, die in anderen Rechtsordnungen dem Diskriminierungsschutz zukamen und zukommen, übernahmen in der Vergangenheit in der deutschen Rechtsordnung für bestehende Arbeitsverhältnisse teilweise als funktionelle Äquivalente der allgemeine Kündigungsschutz oder bei der Gewährung von Leistungen der Gleichbehandlungsgrundsatz. An diesen ist jedoch der Arbeitgeber bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen nicht gebunden (vgl. BAG 20. August 1986 - 4 AZR 272/85 - BAGE 52, 380 = AP TVG § 1 Tarifverträge - Seniorität Nr. 6 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 44; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 311, 578; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 287). Für die Nichteinstellung schuldet der Arbeitgeber nach deutschem Recht grundsätzlich keinerlei Rechtfertigung (vgl. ErfK/Preis aaO Rn. 311; Buchner NZA 1991, 577, 579). Zur Richtlinienumsetzung durch das AGG konnte der deutsche Gesetzgeber daher nicht an einen bereits im nationalen Recht bestehenden Diskriminierungsschutz anknüpfen (vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 68; Jacobs RdA 2009, 193, 200 f.; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092). Keinen Vergleichsmaßstab können die Diskriminierungsverbote des § 611a BGB aF und § 81 Abs. 2 SGB IX aF bilden, da diese ihrerseits der Richtlinienumsetzung dienten(vgl. Jacobs RdA 2009, 193, 201).

35

Damit unterscheiden sich Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB von solchen aus § 15 Abs. 1 AGG hinsichtlich ihres Rechtsgrundes und ihrer wesentlichen Merkmale, sodass der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert war, für Ansprüche nach § 15 Abs. 1 AGG eine besondere Ausschlussfrist vorzusehen.

36

b) Der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG ist auch nicht dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG vergleichbar.

37

Beide Ansprüche unterscheiden sich bereits hinsichtlich des Gegenstands. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewährt bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung. Der Ersatz materieller Schäden ist bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur für vermögenswerte Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (bspw. der unerlaubten Verwertung des Bildes, des Namens, der Stimme oder anderer Persönlichkeitsmerkmale zu kommerziellen Zwecken) anerkannt (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214; Palandt/Sprau 71. Aufl. § 823 BGB Rn. 125; MünchKommBGB/Wagner 5. Aufl. § 823 Rn. 180). Aufwendungen und Schäden des erfolglosen Stellenbewerbers, wie bspw. der entgangene Gewinn, fallen demgegenüber nicht in den Schutzbereich von § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG(vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 114, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Demgegenüber gewährt § 15 Abs. 1 AGG Anspruch auf Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens.

38

2. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt ausdrücklich, dass neben einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG auch der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend zu machen ist(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 85, 87; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 15; Jacobs RdA 2009, 193, 199). Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die Tarifvertragsparteien dies vereinbart haben, § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AGG. Hinsichtlich des Fristbeginns differenziert § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nicht zwischen Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG und solchen nach § 15 Abs. 2 AGG, sondern bestimmt für beide Ansprüche, dass die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist auch im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs erst zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Aus dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 AGG ergibt sich somit, dass es für den Fristbeginn zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG nicht auf die Entstehung des Schadens oder dessen Fälligkeit ankommt.

39

Die am 29. Januar 2008 eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte daher die Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch hinsichtlich eines materiellen Schadensersatzanspruchs aus § 15 Abs. 1 AGG nicht.

40

IV. Ein Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 3 AGG. Soweit diese Anspruchsgrundlage allein mit einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründet wird, kommt sie neben dem Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG nicht in Betracht.

41

1. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, im Übrigen unberührt. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt sich, dass der Gesetzgeber insbesondere an Ansprüche auf Unterlassung nach § 1004 BGB oder auf Ersatz des materiellen Schadens nach den §§ 252, 823 BGB dachte(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Eine abschließende und klare Regelung des Konkurrenzverhältnisses zu anderen möglichen Ansprüchen auf Schadensersatz und Entschädigung ergibt sich hieraus nicht. Insbesondere ist unklar, inwieweit der Beschäftigte Schadensersatzansprüche bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auf § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB stützen kann, nachdem § 7 Abs. 3 AGG bestimmt, dass eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch den Arbeitgeber oder Beschäftigte eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt.

42

2. In der Rechtslehre ist die Frage umstritten. Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass Ansprüche aus § 280 BGB, die auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt werden, neben Ansprüchen aus § 15 AGG bestehen, ohne dass die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG Geltung erlangt(vgl. v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69, 112; Bücker in Rust/Falke AGG § 15 Rn. 57; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 3 AGG Rn. 10 u. § 15 AGG Rn. 10; Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 535; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 8). Weiter wird auch vertreten, § 280 BGB finde zwar neben § 15 Abs. 1 AGG Anwendung, jedoch sei auch die Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG bei diesem Anspruch zu beachten(vgl. Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 65, 67; Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 70; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 102). Der überwiegende Teil der Literatur nimmt an, dass § 15 Abs. 1 AGG als speziellere Norm mögliche Ansprüche aus § 280 BGB verdrängt(vgl. Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 24, 126; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 66; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 96; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 88; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 137; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 18; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 60; Richardi NZA 2006, 881, 886; HWK/Rupp 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 14; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 270; Stoffels RdA 2009, 204, 214; Staudinger/Annuß [2005] § 611a Rn. 80 zu § 611a BGB aF; Walker NZA 2009, 5, 10 f. für Entschädigungsansprüche).

43

3. Der überwiegenden Auffassung der Literatur ist der Vorzug zu geben. Für die Annahme einer spezielleren Regelung durch § 15 Abs. 1 AGG spricht sowohl der gesetzliche Regelungszusammenhang als auch der Wortlaut von § 15 Abs. 1 und Abs. 5 AGG.

44

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG bestimmt weiter, dass eine Ersatzpflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht eintritt, wenn der Arbeitgeber die „Pflichtverletzung“ nicht zu vertreten hat. Damit übernimmt § 15 Abs. 1 AGG das Regelungskonzept des § 280 Abs. 1 BGB, bezieht dies aber auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. § 7 Abs. 3 AGG enthält dazu die Klarstellung, dass die vom Arbeitgeber oder Beschäftigten begangenen Benachteiligungen Vertragsverletzungen darstellen. Durch die Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG werden gleichzeitig die §§ 276 bis 278 BGB für den Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG anwendbar(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). § 15 Abs. 1 AGG normiert daher einen vertraglichen Schadensersatzanspruch, der sich allein gegen den Arbeitgeber richtet und hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Rechtsfolgen besonderen Regelungen unterliegt. So hat der Beschäftigte nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nur hinsichtlich eines Anspruchs nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eine Ausschlussfrist einzuhalten. Auf der Rechtsfolgenseite stellt § 15 Abs. 6 AGG klar, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungs- oder Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg begründet, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Damit wird eine Naturalrestitution ausgeschlossen. Hieran zeigt sich, dass der Gesetzgeber den materiellen Schadensersatz, der sich bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ergeben kann, innerhalb vertraglicher Beziehungen speziell ausgestaltet hat. Dies spricht dafür, den allgemeinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB als verdrängt zu betrachten, soweit dieser allein auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt wird(§ 7 Abs. 1, Abs. 3 AGG). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die besonderen Voraussetzungen die der Gesetzgeber an einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG knüpft(insb. Ausschlussfrist), nicht durch Gewährung eines Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB umgangen werden.

45

b) Ebenso spricht der Wortlaut von § 15 Abs. 5 AGG für die Annahme, § 15 Abs. 1 AGG stelle in seinem Anwendungsbereich eine § 280 Abs. 1 BGB verdrängende Norm dar. § 15 Abs. 5 AGG bestimmt, dass „im Übrigen“ Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Die vom Gesetzgeber verwendete Formulierung spricht maßgeblich dafür, dass die allgemeinen Regelungen nur insoweit zur Anwendung kommen sollen, als § 15 AGG keine eigene Regelung trifft. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz materieller Schäden auf (vor-)vertraglicher Grundlage ist dies aber in § 15 Abs. 1 AGG geschehen.

46

V. Den von ihr begehrten Ersatz ihres materiellen Schadens kann die Klägerin von der Beklagten vorliegend schließlich nicht nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG verlangen.

47

1. Grundsätzlich werden Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nicht durch § 15 Abs. 1 AGG verdrängt. Insoweit regelt das AGG nur einen (vor-)vertraglichen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots, „im Übrigen“ werden aber nach § 15 Abs. 5 AGG Ansprüche gegen den Arbeitgeber aus anderen Rechtsvorschriften nicht berührt. Der Gesetzgeber hat zum Ausdruck gebracht, dass es insoweit bei der echten Anspruchskonkurrenz zwischen Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten und solchen aus unerlaubter Handlung bleiben soll (BT-Drucks. 16/1780 S. 38).

48

2. Ob § 11 AGG oder, näherliegend, § 7 Abs. 1 AGG „Schutzgesetze“ iSd. § 823 Abs. 2 BGB sind, also zumindest auch Individualschutz wegen eines der vom Gesetzgeber mit einer Norm verfolgten Anliegens gewähren wollen, ist in der Rechtslehre umstritten, kann aber vorliegend dahinstehen. Denn wenn die Beklagte mit ihrem Vorgehen vorliegend § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG als „Schutzgesetz“ iSv. § 823 Abs. 2 BGB verletzt hätte, wäre ein daraus resultierender Anspruch der Klägerin aufgrund der auch insoweit anzuwendenden Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG untergegangen.

49

a) Zwar gilt als Grundregel, dass vertragliche und deliktische Ansprüche nach ihren jeweiligen Voraussetzungen, ihrem Inhalt und ihrer Durchsetzung selbständig zu beurteilen sind und den jeweils eigenen Regeln folgen. Ausnahmen kommen aber dann in Betracht, wenn einer gesetzlichen Einschränkung der Vertragshaftung zu entnehmen ist, dass die Möglichkeit des Geschädigten, nach einem Ausschluss mit seinem vertraglichen Schadensersatzanspruch auf den aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch auszuweichen, jedenfalls den Zweck einer für den vertraglichen Schadensersatzanspruch geltenden gesetzlichen Vorschrift vereiteln und diese gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würde (vgl. BGH 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03 - zu 2 der Gründe mwN, NJW-RR 2005, 172; Palandt/Sprau 71. Aufl. Einf. v. § 823 Rn. 5). Deshalb sind die für Ansprüche aus Vertragsverletzung geltenden kurzen Verjährungsfristen auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Lebenssachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch eine Zweckvereitelung der kurzen Verjährungsvorschrift zur Folge hätte (vgl. BGH 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 162, 306; 11. Dezember 1991 - XII ZR 269/90 - zu 1 a der Gründe, BGHZ 116, 293). Auch wendet das Bundesarbeitsgericht eine Ausschlussfrist, die „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ erfasst, nicht nur auf vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung an, wenn diese auf einem einheitlichen Lebensvorgang beruhen (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 26 mwN, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 41, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6), da andernfalls die angestrebte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht erreicht werden kann.

50

b) Danach fallen deliktische Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt wie Ansprüche aus § 15 Abs. 1 AGG gestützt werden, unter die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG.

51

3. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt, dass ein Anspruch „nach Absatz 1 oder 2“ innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden muss, es sei denn, die Tarifvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG besteht jedoch darin, angesichts der für das AGG durch § 22 geregelten Beweislastverteilung die Arbeitgeber nicht zu zwingen, Argumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen(BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Für Ansprüche aus dem AGG soll binnen kürzerer Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eintreten. Dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht es, die Ausschlussfrist auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, die auf denselben Sachverhalt gestützt werden, also auf eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Da der Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG verschuldensabhängig ausgestaltet ist, tritt bei einer Verwirklichung des Haftungstatbestandes nach § 15 Abs. 1 AGG regelmäßig auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB ein, sofern einzelnen Bestimmungen des AGG, etwa § 7 Abs. 1 AGG, Schutzgesetzcharakter zuzusprechen wäre. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG, innerhalb einer kurzen Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in Bezug auf solche Ansprüche herbeizuführen, würde jedoch vereitelt, wollte man § 15 Abs. 4 AGG nicht auf alle Ansprüche erstrecken, die auf den besonderen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung gegründet werden.

52

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Pauli    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Oktober 2010 - 7 Sa 916/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers aufgrund eines Verstoßes des beklagten Landes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung.

2

Der 1950 geborene Kläger ist schwerbehindert. Er verfügt über Ausbildungen zum Lehrer für Grund- und Hauptschulen sowie zum Dipl.-Pädagogen. Der Kläger ist Mitglied der GEW.

3

Das beklagte Land ließ im Juni 2008 über die Bundesagentur für Arbeit eine Stelle als „Lehrer/in an der Justizvollzugsanstalt R (Lehrer/in - Hauptschulen (Sekundarstufe I))“ ausschreiben. In dieser Ausschreibung heißt es ua.:

        

„WIR BIETEN

        

Tätigkeit

        

Arbeitsplatz: Lehrer/in an der Justizvollzugsanstalt R (Lehrer/in - Hauptschulen (Sekundarstufe I)) (alternativ: Lehrer/in - Gymnasien (Sekundarstufe I und II), Lehrer/in - Grundschulen (Primarstufe)); ein offenes von ursprünglich einem gemeldeten Angebot; Nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

        

Stellenbeschreibung

        

A. Stellenbeschreibung

        

I. Funktionsbezeichnung

        

Lehrerin oder Lehrer an der Justizvollzugsanstalt R als Vollzeitkraft mit 41 Wochenstunden und Präsenzpflicht nach Maßgabe der institutionellen Regelungen. Die Beschäftigung erfolgt bei Vorliegen der laufbahn- und beamtenrechtlichen Voraussetzungen im Beamtenverhältnis (Besoldungsgruppe A 13 - gehobener Dienst - Bundesbesoldungsordnung).

        

...     

        

B. Aufgaben

        

Die Lehrerin oder der Lehrer an der Justizvollzugsanstalt R

        

- erteilt erwachsenen Strafgefangenen Unterricht in den Fächern Mathematik, Deutsch und Nebenfächern verschiedener Art entsprechend den auch gegenwärtigen fachwissenschaftlichen Erkenntnissen der Pädagogik,

        

…       

        

C. Anforderungsprofil

        

I. Fachkompetenz

        

Die Lehrerin oder der Lehrer an der Justizvollzugsanstalt R

        

- hat die Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen für die Primarstufe oder für die Sekundarstufe I oder für das Lehramt für Sonderpädagogik oder für die Sekundarstufe II,

        

…       

        

II. Persönliche Anforderungen, soziale Kompetenz

        

Die Lehrerin oder der Lehrer an der Justizvollzugsanstalt R

        

- besitzt Team-, Kommunikations-, Konflikt- und Vermittlungsfähigkeit,

        

- verfügt über Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Erwachsenenbildung,

        

…       

        

WIR SUCHEN

        

Bildungsabschluss

        

Wissenschaftliche Hochschule/Universität

        

Mobilität

        

Reisebereitschaft: nicht erforderlich

        

Frühester Eintrittstermin

        

01.07.2008

        

Berufs- /Ausbildungsbezeichnung

        

Lehrer/in - Grundschulen (Primarstufe); Lehrer/in - Gymnasien (Sekundarstufe I und II); Lehrer/in - Hauptschulen (Sekundarstufe I)

        

Kenntnisse und Fertigkeiten

        

Bildungsberatung: vorhanden

Deutsch (Unterrichtsfach): vorhanden

        

Erziehungswissenschaft,

        
        

Pädagogik: vorhanden

Mathematik: vorhanden“

4

Der Kläger, der noch nie Mathematik unterrichtet hatte, bewarb sich mit Schreiben vom 15. Juni 2008 und - nachdem ihm dieses zurückgesandt worden war - nochmals mit Schreiben vom 26. Juli 2008 um diese Stelle. Sein zweites Bewerbungsschreiben enthielt folgenden Hinweis:

        

„Ich bin zwar schwerbehindert (60 %), dies beeinträchtigt meine Leistungsfähigkeit aber nicht.“

5

Unter dem 12. September 2008 teilte die Leiterin der Justizvollzugsanstalt R dem Kläger schriftlich mit:

        

„Bewerbung um eine Stelle für eine Lehrerin oder einen Lehrer an der Justizvollzugsanstalt R

        

Anlage

        

Bewerbungsunterlagen

        

Sehr geehrter Herr G,

        

die Stelle für eine Lehrerin oder einen Lehrer an der Justizvollzugsanstalt R wurde zwischenzeitlich an eine Mitbewerberin vergeben.

        

Zu meiner Entlastung sende ich die von ihnen eingereichten Bewerbungsunterlagen an Sie zurück.

        

Ich bedanke mich für Ihr Interesse an einer Tätigkeit an der Justizvollzugsanstalt R.“

6

Das Schreiben ging dem Kläger am 17. September 2008 zu. Dieser verlangte mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 Auskunft über die Höhe eines Monatsgehalts für die ausgeschriebene Stelle und meldete Schadensersatz-/Entschädigungsansprüche an.

7

Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt R schrieb ihm daraufhin am 15. Dezember 2008:

        

„Stellenausschreibung

        

Ihr Schreiben vom 05.12.2008

        

Sehr geehrter Herr G,

        

den Inhalt Ihres Schreibens vom 05.12.2008 habe ich zur Kenntnis genommen.

        

Aus Ihrem Vorbringen vermag ich keine Schadensersatzpflicht der hiesigen Behörde abzuleiten.“

8

Der Kläger meint, das beklagte Land habe ihn unter Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Auch habe es ihm keine Gründe für die Ablehnung seiner Bewerbung mitgeteilt und seine weiteren Verpflichtungen aus § 81 und § 82 SGB IX nicht erfüllt. Daraus und aus anderen Gesichtspunkten ergebe sich die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei. Da nach dem für die in Aussicht genommene Stelle geltenden Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TV-L) für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine sechsmonatige Ausschlussfrist gelte (§ 37 TV-L) und weil die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG gegen Europarecht verstoße, habe er seine Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht.

9

Die Entschädigung müsse mindestens 6.800,00 Euro betragen.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land wird verurteilt, dem Kläger Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

12

Es beruft sich zunächst darauf, ein etwaiger Anspruch des Klägers sei nicht innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG schriftlich geltend gemacht worden. Die längeren Ausschlussfristen im TVöD beträfen lediglich Ansprüche aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Außerdem sei der Kläger auch nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden. Eine Berücksichtigung seiner Bewerbung sei bereits deshalb nicht in Frage gekommen, weil ein Lehrer für die Fächer Deutsch und Mathematik gesucht worden sei und der Kläger keine Befähigungsnachweise für das Unterrichtsfach Mathematik vorgelegt habe.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während das beklagte Land die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ein ihm möglicherweise zustehender Entschädigungsanspruch ist verfallen.

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein etwaiger Entschädigungsanspruch des Klägers wäre nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen, weil er diesen erst mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 und damit nicht innerhalb von zwei Monaten nach Kenntniserlangung von seiner Benachteiligung schriftlich geltend gemacht habe. Die Ausschlussfrist habe mit dem Zugang der Ablehnung begonnen. Es könne dabei dahinstehen, ob die vom Kläger angeführten Vermutungstatbestände, nämlich die Nichtbenachrichtigung der Arbeitsagentur über eine freie Stelle oder die Nichtinformation der Schwerbehindertenvertretung über seine Bewerbung, erfüllt seien und ob der Kläger davon Kenntnis besessen habe. Ihm sei nämlich mit Zugang des Ablehnungsschreibens zwangsläufig bekannt geworden, dass das beklagte Land ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Diese Tatsache sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung zu begründen. Damit habe eine ausreichende Kenntnis iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beim Kläger mit Zugang des Ablehnungsschreibens vorgelegen. Es sei nicht erforderlich, dass er sämtliche in Betracht kommenden Tatsachen, welche die Vermutung einer Benachteiligung begründen könnten, kenne. Im Übrigen verstoße die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

17

Ein etwaiger Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 2 AGG wäre wegen verspäteter Geltendmachung verfallen(§ 15 Abs. 4 AGG).

18

I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG), nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger in seinem Revisionsantrag das Wort „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere verlangt der Kläger ausdrücklich eine der Höhe nach ins Ermessen des Gerichts gestellte „Entschädigung“ und keinen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum.

19

II. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 6.800,00 Euro beziffert.

20

III. Die Klage ist unbegründet. Ein dem Kläger aus § 15 Abs. 2 AGG oder aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG eventuell zustehender Anspruch auf Entschädigung wäre verfallen.

21

1. Der Kläger hat nach § 81 Abs. 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG allein deshalb keinen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld, weil er den von ihm behaupteten Anspruch nicht innerhalb der in § 15 Abs. 4 AGG bestimmten Frist geltend gemacht hat.

22

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Für den Bewerberbegriff kommt es dabei weder auf die objektive Eignung (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12) noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an. Deren Fehlen kann allenfalls einen Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB begründen, für den der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 -).

23

b) Das beklagte Land ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

24

c) Der Kläger hat die nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG einzuhaltende Frist von zwei Monaten nicht gewahrt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 91; v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 101; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 99; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 50; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 66), deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist (vgl. GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 61b Rn. 10; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 33).

25

d) Anstelle der nach § 15 Abs. 4 AGG geltenden zweimonatigen Frist ist nicht die längere Frist des § 37 TV-L einschlägig. § 37 Abs. 1 TV-L sieht für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vor. Diese tarifliche Ausschlussfrist ist aber nicht auf einen Entschädigungsanspruch eines Stellenbewerbers nach § 15 Abs. 2 AGG anzuwenden.

26

Im Falle eines behaupteten Entschädigungsanspruchs eines erfolglosen Bewerbers kommt es für die Ausschlussfrist nicht auf die für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im angestrebten Arbeitsverhältnis, dh. auf die Frist für Schadensersatzansprüche bei unterstelltem Vertragsabschluss, an. § 611a Abs. 4 Satz 2 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis 17. August 2006 geltenden Fassung sah vor, dass sich die Länge der Frist nach einer für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im angestrebten Arbeitsverhältnis vorgesehenen Ausschlussfrist bemisst, mindestens aber zwei Monate beträgt. Diese Regelung hat der Gesetzgeber nicht in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG übernommen. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der Regelung des § 611a Abs. 4 Satz 2 BGB idF vom 2. Januar 2002 trotz abweichenden Wortlauts des § 15 Abs. 4 AGG an der Rechtslage nichts ändern wollte(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 15 Abs. 4 AGG weder die Regelungen in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX in der bis 17. August 2006 geltenden Fassung (keine Bezugnahme auf Ausschlussfristen, die für das angestrebte Arbeitsverhältnis gelten) noch eine der früheren Fassungen des § 611a BGB bezüglich der Ausschlussfrist übernommen. Dies spricht dafür, dass mit § 15 Abs. 4 AGG eine inhaltliche Änderung bzgl. der Ausschlussfrist beabsichtigt war.

27

Voraussetzung dafür, dass nach der in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zugelassenen abweichenden Regelung eines Tarifvertrags die tarifvertragliche Ausschlussfrist zur Anwendung kommt, ist, dass der Tarifvertrag durch beiderseitige Tarifgebundenheit Geltung entfaltet und die tarifvertragliche Ausschlussfrist den Anspruch erfasst. Die normative und zwingende Wirkung eines Tarifvertrags erfordert nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG neben der Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien, dass das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt.

28

In § 1 TV-L haben die Tarifvertragsparteien den persönlichen Geltungsbereich des TV-L geregelt. Danach gilt der TV-L für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) oder eines Mitgliedverbandes der TdL ist. Damit haben die Tarifvertragsparteien den persönlichen Geltungsbereich auf bestehende Arbeitsverhältnisse festgelegt. Kommt es mangels Vertragsabschlusses nicht zu einem Arbeitsverhältnis, findet der TV-L keine Anwendung.

29

e) Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen Europarecht.

30

aa) Ausdrücklich lassen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt.

31

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8).

32

cc) § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit(Äquivalenz). Nach deutschem Recht besteht keine, einer Klage auf Entschädigung infolge einer Diskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, nach ihren Verfahrensmodalitäten günstigere Klageart(vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 68; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092; Jacobs RdA 2009, 193, 200; im Ergebnis auch: Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 102; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 51; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 101; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 46; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 101a; aA Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 189 f.; Fischinger NZA 2010, 1048, 1051; v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 104a; ders. jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 56).

33

Die Wahrung des Grundsatzes der Äquivalenz setzt voraus, dass die streitige Regelung in gleicher Weise für Klagen gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Daraus folgt aber nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, dass der nationale Gesetzgeber verpflichtet wäre, die günstigste innerstaatliche Regelung auf alle Klagen zu erstrecken, die im Bereich des Arbeitsrechts erhoben werden (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] aaO). Das nationale Gericht hat vielmehr objektiv und abstrakt unter Berücksichtigung der Stellung der Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen, ob eine nach Gegenstand, Rechtsgrund und den wesentlichen Merkmalen vergleichbare, nach den Verfahrensmodalitäten günstigere Klage besteht (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] aaO).

34

Nach diesen Maßstäben ist die Klage eines erfolglosen Stellenbewerbers auf eine angemessene Entschädigung, dh. auf Ersatz eines Nichtvermögensschadens, infolge einer Diskriminierung weder vergleichbar mit Bestandsschutzklagen nach dem Kündigungsschutzgesetz oder dem Teilzeit- und Befristungsgesetz noch mit Klagen nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen oder mit Klagen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auf eine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Nach nationalem Recht bestand kein dem Entschädigungsanspruch des AGG vergleichbarer Anspruch eines erfolglosen Stellenbewerbers bei Verletzung des Inklusionsinteresses in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG oder vergleichbare Merkmale. Daher war der deutsche Gesetzgeber nicht nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit daran gehindert, vom Verjährungsrecht abweichende Ausschlussfristen einzuführen.

35

Bereits mit Urteil vom 24. September 2009 (- 8 AZR 705/08 - AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1) hat der Senat die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 4 AGG für Entschädigungsansprüche aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis mit dem Grundsatz der Gleichwertigkeit bestätigt und zum Vergleich die § 4 Satz 1, § 12 Satz 1 KSchG, § 17 Satz 1 TzBfG, § 626 Abs. 2 BGB, § 22 Abs. 4 BBiG und § 9 Abs. 1 MuSchG herangezogen. Besteht mangels Vertragsabschlusses jedoch kein Arbeitsverhältnis, sind die zur Verwirklichung des Bestandsschutzes vorgesehenen Feststellungsklagen des deutschen Arbeitsrechts (§§ 4, 9 KSchG, § 17 TzBfG, § 256 ZPO) mit einer Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 2 AGG zum Ausgleich des Nichtvermögensschadens wegen einer Diskriminierung im Stellenbesetzungsverfahren nicht vergleichbar(vgl. Fischinger NZA 2010, 1048, 1050; Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 190; v. Roetteken jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1).

36

Soweit in der Literatur Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, welche regelmäßig in drei Jahren verjähren(§ 195 BGB), als mit § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, günstigere Ansprüche betrachtet werden(vgl. Gotthardt ZTR 2000, 448, 450 zu § 611a Abs. 4 BGB aF; Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 190), ist dem nicht zu folgen.

37

Bei der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen handelt es sich um keinen typisch arbeitsrechtlichen Anspruch, sondern um die Ausprägung eines allgemeinen Rechtsgedankens. Mit § 311 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung die culpa-in-contrahendo-Haftung normiert, die als Haftung für in Anspruch genommenes, enttäuschtes Vertrauen seit Langem anerkannt war. Die Fallgruppen der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB sind im Hinblick auf eine Vielzahl von Schutzpflichten sehr vielgestaltig und reichen bspw. von dem Abbruch von Vertragsverhandlungen (vgl. BGH 29. März 1996 - V ZR 332/94 - NJW 1996, 1884), der Verletzung von Aufklärungspflichten, wie bspw. der unrichtigen Information über wertbildende Merkmale beim Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen (vgl. BGH 4. April 2001 - VIII ZR 32/00 - NJW 2001, 2163) oder der unterlassenen Aufklärung in Arbeitsvertragsverhandlungen über einen konkret ins Auge gefassten bevorstehenden Personalabbau (vgl. BAG 14. Juli 2005 - 8 AZR 300/04 - AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 242 Nr. 1), bis hin zur Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (vgl. MüKoBGB/Emmerich 6. Aufl. § 311 BGB Rn. 63 ff.). Im Hinblick auf den in § 311 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken und die vielfältigen Fallgestaltungen der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB fehlt auch eine von der allgemeinen Verjährungsvorschrift abweichende Regelung; es gilt im Grundsatz die Regelverjährung des § 195 BGB(vgl. Palandt/Ellenberger 71. Aufl. § 195 BGB Rn. 4).

38

§ 15 Abs. 2 AGG vermittelt dem erfolglosen Stellenbewerber demgegenüber einen Entschädigungsanspruch, wenn der Arbeitgeber im Stellenbesetzungsverfahren gegen das Benachteiligungsverbot(§ 7 Abs. 1 AGG) verstoßen hat. Nach § 7 Abs. 3 AGG ist eine Benachteiligung nach § 7 Abs. 1 AGG durch Arbeitgeber oder Beschäftigte eine Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten. Hiermit am ehesten vergleichbar ist eine culpa-in-contrahendo-Haftung des Arbeitgebers (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) bei Abbruch der Vertragsverhandlungen, da beide Ansprüche an Pflichtverletzungen im Vorfeld der Begründung eines Arbeitsverhältnisses anknüpfen (hierauf abstellend: Gotthardt ZTR 2000, 448, 450) und es zu keinem Vertragsabschluss kommt. Insoweit besteht ein vergleichbarer Rechtsgrund der Ansprüche.

39

Allerdings sind Ansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB und solche aus § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 1 AGG schon hinsichtlich ihres Gegenstandes nicht vergleichbar.

40

Bei der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ist nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB der Geschädigte grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätte. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen, § 251 Abs. 1 BGB. Dem bei Vertragsverhandlungen Geschädigten steht ein Anspruch auf materiellen Schadensersatz zu. In der Fallgruppe des Abbruchs von Vertragsverhandlungen umfasst dieser grundsätzlich nur das negative Interesse, nicht aber das positive Interesse, da dies auf einen Kontrahierungszwang aus culpa-in-contrahendo hinausliefe (vgl. BGH 18. Juli 2001 - XII ZR 183/98 - NJW-RR 2001, 1524; MüKoBGB/Emmerich 5. Aufl. § 311 BGB Rn. 225; Bamberger/Roth/Unberath BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 280 Rn. 60). Der Schaden besteht daher in den nutzlosen Aufwendungen (vgl. Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 311 BGB Rn. 55), wie sie der BGH bspw. in Um- und Rückbaukosten erkannt hat (vgl. BGH 22. Februar 2006 - XII ZR 48/03 - NJW 2006, 1963). Nur bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung kann wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden, § 253 Abs. 2 BGB. § 253 Abs. 2 BGB gewährt keinen Ausgleichsanspruch bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 14/7752 S. 24, 25; MüKoBGB/Oetker 6. Aufl. § 253 BGB Rn. 27). Ein Anspruch bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann sich daher nur aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG ergeben(vgl. Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 253 BGB Rn. 10).

41

Nach § 15 Abs. 2 AGG hat der Arbeitgeber dem Bewerber immaterielle Schäden zu ersetzten, wenn er diesen im Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt. Die Entschädigung wird ausschließlich für immaterielle Schäden gewährt, die regelmäßig bei einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus den in § 1 AGG genannten Gründen vorliegen, wobei § 15 Abs. 2 AGG die im Verhältnis zu § 253 Abs. 1 BGB speziellere Norm ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38; BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Darauf, dass das Persönlichkeitsrecht verletzt ist, kommt es für die Ausgleichspflicht nicht an. Vielmehr ordnet der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 AGG stets einen Ausgleich bei Beeinträchtigung des Inklusionsinteresses in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG an(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 33). Das Vorhandensein eines immateriellen Schadens wird bei einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermutet(vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 7). Mit der Regelung in § 15 Abs. 2 AGG hat sich der Gesetzgeber für Ersatzleistungen an das Diskriminierungsopfer als Rechtsfolge entschieden und verfolgt das Ziel, mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des EuGH(vgl. insb. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Slg. 1997, I-2195 = AP BGB § 611a Nr. 13 = EzA BGB § 611a Nr. 12), eine wirksame und verschuldensunabhängige Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber vorzusehen (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, zu denen Art und Schwere der Benachteiligung, die Dauer und ihre Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalls gehören. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Die Entschädigung muss geeignet sein, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und muss in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - mwN, aaO).

42

Danach unterscheidet sich der Gegenstand einer Klage zur Erlangung eines materiellen Schadensersatzanspruchs nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, der bei Abbruch von Vertragsverhandlungen auf das negative Interesse begrenzt ist, und der in § 15 Abs. 2 AGG vorgesehene Entschädigungsanspruch grundlegend.

43

Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zur Verwirklichung des Diskriminierungsschutzes ist qualitativ etwas anderes als ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB. Ein mit dem AGG vergleichbarer, umfassender Diskriminierungsschutz bestand vor Schaffung des Gesetzes bzw. in Bezug auf die Merkmale Geschlecht bzw. Behinderung vor Schaffung von § 611a BGB aF bzw. § 81 Abs. 2 SGB IX im deutschen Recht nicht. Vielmehr ist das nationale Arbeitsrecht in Deutschland vom Grundsatz der Privatautonomie geprägt, von dem sich das europäische Antidiskriminierungsrecht fundamental unterscheidet (vgl. Richardi NZA 2006, 881 f.; Reichold/Hahn/Heinrich NZA 2005, 1270, 1272; Thüsing NZA 2001, 1061). Aufgaben, die in anderen Rechtsordnungen dem Diskriminierungsschutz zukommen, übernahm in der Vergangenheit in der deutschen Rechtsordnung für bestehende Arbeitsverhältnisse zum Teil der allgemeine Kündigungsschutz als funktionelles Äquivalent (vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. Einl. AGG Rn. 7; ders. NZA 2001, 1061), vor allem im Rahmen der Interessenabwägung (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 472/01 - BAGE 103, 111 = AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 44 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 58). Bei der Gewährung von Leistungen durch den Arbeitgeber übernahm dies der Gleichbehandlungsgrundsatz.

44

Zur Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG, 2002/73/EG und 2004/113/EG durch das AGG konnte der deutsche Gesetzgeber daher nicht an einen bereits im nationalen Recht bestehenden allgemeinen Diskriminierungsschutz wegen der Merkmale des § 1 AGG anknüpfen(vgl. Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092; Kolbe EuZA 2011, 65, 68), sondern nur an die Diskriminierungsverbote des § 611a BGB aF und § 81 Abs. 2 SGB IX aF, die ihrerseits der Richtlinienumsetzung dienten und deshalb keine taugliche Vergleichsgrundlage für die Einhaltung der Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität bilden. Der Gesetzgeber hat sich zur Normierung des Entschädigungsanspruchs in § 15 Abs. 2 AGG ausdrücklich darauf berufen, dass der aus § 611a BGB aF bekannte Grundgedanke in § 15 Abs. 2 AGG auf alle Tatbestände(des § 1 AGG) einer Benachteiligung übertragen werden solle (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Mit dem Inkrafttreten des AGG besteht erstmals ein umfassender Diskriminierungsschutz in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG. Dabei hat sich der Gesetzgeber für zivilrechtliche Sanktionen entschieden, die er aber bezüglich der Fristen für die Rechtsverfolgung nicht ebenso wie Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB ausgestalten musste.

45

Auch Klagen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zur Erlangung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts sind nicht mit Entschädigungsklagen nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbar(aA v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 104a ff.; ders. jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1; Fischinger NZA 2010, 1048, 1050). Der Gesetzgeber hat mit § 15 Abs. 4 AGG keine(ausschließlich) zulasten der Diskriminierungsopfer wirkende Sonderregelung getroffen (so aber v. Roetteken aaO Rn. 106a). Denn mit der Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 2 AGG wurde erstmals ein umfassender Diskriminierungsschutz zugunsten Beschäftigter geschaffen, der in seinen Merkmalen vom bisherigen nationalen Recht wesentlich abweicht.

46

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist in der Rechtsprechung als ein durch Art. 1 und Art. 2 GG verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht und zugleich zivilrechtlich nach § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht” anerkannt(vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewähren im deutschen Recht einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies gilt auch im Arbeitsrecht. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - aaO). Ein Anspruch kommt nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht. Nach allgemeinen Regeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BAG 14. November 1991 - 8 AZR 145/91 -).

47

Demgegenüber hat das AGG erstmals einen umfassenden Diskriminierungsschutz geschaffen, für dessen Entschädigungsanspruch es nicht auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts ankommt. Eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Weise einer „Herabwürdigung“ des Beschäftigten voraus, soweit nicht das entsprechende Merkmal in § 3 Abs. 3 oder Abs. 4 AGG zur Anwendung kommen soll, noch bedarf es neben der Feststellung eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot jeweils einer gesonderten Feststellung eines immateriellen Schadens(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7). § 15 Abs. 2 AGG gewährt vielmehr bereits dann einen Entschädigungsanspruch, wenn gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, also das Inklusionsinteresse des Bewerbers beeinträchtigt ist(vgl. Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 33). Richtig ist zwar, dass die Rechtsprechung besonders bei geschlechtsspezifischen Benachteiligungen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und einen Entschädigungsanspruch angenommen hat (vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 447/87 - BAGE 61, 209 = AP BGB § 611a Nr. 5 = EzA BGB § 611a Nr. 4; 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - BAGE 61, 219 = AP BGB § 611a Nr. 6 = EzA BGB § 611a Nr. 5). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass § 611a BGB in der damaligen Fassung nur einen materiellen Schadensersatz begrenzt auf das negative Interesse vorsah und der Senat sich zur Begründung eines Entschädigungsanspruchs auf die Richtlinie 76/207/EWG und eine richtlinienkonforme Auslegung zur Gewährleistung einer ausreichenden Sanktion, die in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden steht und über einen rein symbolischen Schadensersatz hinausgeht, gestützt hat(vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 447/97 - aaO; 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - zu B 3 b der Gründe, aaO). Damit hat der Senat die Grundlage für einen Entschädigungsanspruch des Stellenbewerbers bei einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung schon damals nicht allein im nationalen Recht, sondern auch im Gemeinschaftsrecht erkannt. Ein Entschädigungsanspruch eines Stellenbewerbers scheiterte auch nach dieser Rechtsprechung dann, wenn es am Verschulden fehlte (vgl. BAG 5. März 1996 - 1 AZR 590/92 - BAGE 82, 211 = AP GG Art. 3 Nr. 226 = EzA GG Art. 3 Nr. 52), oder das Verschulden geringfügig war (vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - aaO).

48

Mit Inkrafttreten des AGG kommt es für den Entschädigungsanspruch allein auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot und grundsätzlich nicht auf ein Verschulden an (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Insbesondere erweitert das AGG den Schutz auch insoweit in ganz erheblicher Weise, als eine Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG auch bei einer mittelbaren Benachteiligung vorliegt. Bei solchen mittelbaren Benachteiligungen wird es regelmäßig an einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts als Voraussetzung für die Gewährung eines Entschädigungsanspruchs nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG fehlen. § 15 Abs. 2 AGG gewährleistet auch einen umfassenden Schutz des Inklusionsinteresses im vorvertraglichen Bereich in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG. Vor allem ist auch im Vergleich mit Ansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu beachten, dass § 22 AGG mit seiner Beweislastverteilung eine wesentliche Vorschrift enthält, die bei einem Vergleich der verschiedenen Klagen nicht unberücksichtigt bleiben darf. Mit dem AGG hat der Gesetzgeber erstmals ein umfassendes Antidiskriminierungsrecht geschaffen, welches in seinen wesentlichen Merkmalen nicht mit Ansprüchen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG vergleichbar ist.

49

dd) § 15 Abs. 4 AGG verstößt auch nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz.

50

Was den Effektivitätsgrundsatz betrifft, sind nach der Rechtsprechung des EuGH alle Fälle, in denen sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Ausübung der den Bürgern durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie zB der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Slg. 2009, I-10467 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 10 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 92/85 Nr. 4).

51

Unter Berücksichtigung dessen sind nach der Rechtsprechung des EuGH angemessene Ausschlussfristen grundsätzlich mit dem Erfordernis der Effektivität vereinbar, weil die Normierung solcher Ausschlussfristen einen Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit darstellt (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Angemessene Ausschlussfristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, für nationale Regelungen, die in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, Fristen festzulegen, die insbesondere der Bedeutung der zu treffenden Entscheidung für den Betroffenen, der Komplexität der Verfahren und der anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Zahl der potenziell Betroffenen und den anderen zu berücksichtigenden öffentlichen oder privaten Belangen entsprechen (vgl. EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Slg. 2009, I-10467 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 10 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 92/85 Nr. 4).

52

Nach § 15 Abs. 4 AGG sind Entschädigungsansprüche binnen einer Frist von zwei Monaten gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend zu machen. Dem Arbeitgeber soll angesichts der Regelung in § 22 AGG nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Der Arbeitgeber wird sich im Hinblick auf die in § 22 AGG getroffene Beweislastverteilung in der Regel nur dann entlasten können, wenn er die Kriterien und Grundlagen der Einstellungsentscheidung dokumentiert hat. Der Arbeitgeber soll sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf solche Ansprüche nicht mehr gegen ihn erhoben werden (vgl. BAG 19. Februar 2002 - 1 AZR 342/01 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 149). Damit dient die Ausschlussfrist der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob das Ziel der Schaffung von Rechtssicherheit umfassend erreicht wird, weil § 15 Abs. 2 AGG Ansprüche, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt lässt(§ 15 Abs. 5 AGG). Entscheidend ist allein, dass der Gesetzgeber mit Hilfe der Ausschlussfrist die Schaffung von Rechtsfrieden bezüglich einzelner Ansprüche (hier der Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) beabsichtigt. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, dass Ausschlussfristen nur bestimmte Ansprüche erfassen.

53

So hat auch der EuGH entschieden (EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8), es sei nicht ersichtlich, dass die Frist des § 15 Abs. 4 AGG die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich macht oder übermäßig erschweren könnte. Insbesondere auch unter Berücksichtigung der niedrigschwelligen Anforderungen an die Geltendmachung (Schriftform) begegnet die Länge der Frist des § 15 Abs. 4 AGG keinen Bedenken(vgl. KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 51; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 102; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 101a; Jacobs RdA 2009, 193, 200; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1093).

54

ee) Schließlich verstößt auch der in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG geregelte Fristbeginn im Falle einer Bewerbung oder beruflichen Aufstiegs nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz.

55

Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung mit dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Ein bloßes Abstellen auf den Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung könnte die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, da der Beschäftigte mit der Ablehnung nicht notwendigerweise auch Kenntnis von einer Benachteiligung und dem Bestehen eines Anspruchs nach dem AGG hat (vgl. KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 58; Walker NZA 2009, 5, 10; Kamanabrou RdA 2006, 321, 338).

56

Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt voraus, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist. Hierüber gibt die Ablehnung des Arbeitgebers nicht zwingend Auskunft. Allerdings kann § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG unionsrechtskonform dahin gehend ausgelegt werden, dass die Frist nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 46; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 53; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 74; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 102; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 60; Kock NJW 2010, 2713, 2716; Kolbe EuZA 2011, 65, 70; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Jacobs RdA 2009, 193, 201; Walker NZA 2009, 5, 10; Kamanabrou RdA 2006, 321, 338).

57

Eine solche unionsrechtskonforme Auslegung scheitert nicht am Wortlaut und dem Willen des nationalen Gesetzgebers (aA Roloff in BeckOK AGG § 15 Rn. 13).

58

Eine unionsrechtskonforme Auslegung ist dann nicht zulässig, wenn sie mit dem eindeutigen Wortlaut und dem klaren Willen des nationalen Gesetzgebers nicht mehr vereinbar wäre, also contra legem erfolgen würde (vgl. EuGH 15. April 2008 - C-268/06 - [Impact] mwN, Slg. 2008, I-2483; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler] Slg. 2006, I-6057 = AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 99/70 Nr. 1). Der Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG steht einer Auslegung nicht entgegen, die im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs neben dem Zugang der Ablehnung zusätzlich auf die Kenntniserlangung von der Benachteiligung abstellt. Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, bei einer Bewerbung oder einem beruflichen Aufstieg komme es auf die Kenntnis von der Benachteiligung nicht an. Der Wortlaut legt nahe, dass der Gesetzgeber die Kenntnis von der Benachteiligung mit dem Zugang der Ablehnung unterstellt hat. Tatsächlich hat auch der Gesetzgeber angenommen, dass die Ausschlussfrist erst mit der Kenntnis von der Benachteiligung zu laufen beginnt. Im Gesetzesentwurf heißt es nämlich: „Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der oder die Benachteiligte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs ist das der Zeitpunkt der Ablehnung durch den Arbeitgeber“ (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf gehen hiervon aus. Dort heißt es, dass die Verkürzung der Frist auf zwei Monate für Arbeitnehmer hinnehmbar sei, weil die Frist ohnehin erst mit der Kenntnis von dem Verstoß beginne (vgl. BT-Drucks. 16/2022 S. 12). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber für den Fristbeginn auf die Kenntnis von der Benachteiligung abstellen wollte. Ein der unionsrechtskonformen Auslegung entgegenstehender gesetzgeberischer Wille lässt sich somit nicht feststellen (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 102; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Walker NZA 2009, 5, 10).

59

Damit ist für den Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs § 15 Abs. 4 AGG dahin auszulegen, dass die Ausschlussfrist mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem dem Beschäftigten die Ablehnung zugegangen ist und er zusätzlich Kenntnis von der Benachteiligung erlangt hat. Der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung stellt damit den frühestmöglichen Zeitpunkt des Fristbeginns dar (vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 70; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Jacobs RdA 2009, 193, 201).

60

2. Die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG durch den Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 hat die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt.

61

a) Das Ablehnungsschreiben vom 12. September 2008 war dem Kläger am 17. September 2008 zugegangen. Zwar beginnt in unionsrechtskonformer Auslegung die Frist des § 15 Abs. 4 AGG erst mit der Kenntniserlangung von der Benachteiligung, frühestens mit dem Zugang der Ablehnung. Vorliegend hatte der Kläger mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens auch die Kenntnis von der geltend gemachten Benachteiligung. Deshalb begann die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG am 18. September 2008 (§ 187 Abs. 1 BGB)und endete am 18. November 2008 (§ 188 Abs. 2, § 193 BGB). Das Geltendmachungsschreiben des Klägers vom 5. Dezember 2008 wahrte deshalb nicht die Frist des § 15 Abs. 4 AGG.

62

b) Hinsichtlich der Frage, wann Kenntniserlangung von der Benachteiligung vorliegt, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 75; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 111; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 51; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 57; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 107; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 59; Jacobs RdA 2009, 193, 201; aA MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 47). Kenntnis von der Benachteiligung hat der Beschäftigte daher dann, wenn er Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

63

c) Für Schadensersatzansprüche ist anerkannt, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist darauf ankommt, ob der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage - sei es auch nur in der Form einer Feststellungsklage - erheben kann, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen soviel Aussicht auf Erfolg bietet, dass sie für ihn zumutbar ist (BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 32/00 - AP BGB § 823 Schutzgesetz Nr. 27 = EzA BGB § 852 Nr. 1). Diese Grundsätze können im Wesentlichen auf den Fristbeginn nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG bzgl. eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG übertragen werden.

64

Der Entschädigungsanspruch ist auf den Ersatz des Nichtvermögensschadens gerichtet und muss nicht beziffert werden. Neben der Kenntnis des Anspruchsgegners, dh. des Arbeitgebers, ist Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs, dass der Benachteiligte auch Kenntnis von der Benachteiligung hat. Ein Entschädigungsanspruch besteht aber nur dann, wenn die Benachteiligung wegen eines Grundes im Sinne von § 1 AGG erfolgt ist, § 7 Abs. 1 AGG. Ob das Motiv für die Benachteiligung von der Kenntnis umfasst sein muss, hat der Senat bislang offengelassen (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1).

65

Grundsätzlich setzt der Beginn der Ausschlussfrist nicht voraus, dass der Beschäftigte von den Motiven des Benachteiligenden positive Kenntnis haben muss. Der Gesetzgeber hat zugunsten des Arbeitnehmers in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die es genügen lässt, dass der Beschäftigte Tatsachen(Indizien) vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist. Hinsichtlich dieser Vermutungstatsachen sind die Anforderungen an das Beweismaß abgesenkt. Ausreichend ist es, dass Tatsachen dargelegt und ggf. bewiesen werden, die eine Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG vermuten lassen(vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14). Zwar kann der Beschäftigte auch den Vollbeweis führen und nachweisen, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist, jedoch wird ihm dies nach § 22 AGG zur Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs nicht abverlangt.

66

Kennt der Beschäftigte solche Indizien, die zur Beweislastumkehr führen, kann er initiativ werden. Er kennt dann die Tatsachen, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen, was den Fristbeginn nach § 15 Abs. 4 AGG auslöst(vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 112; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 59; Roloff in BeckOK AGG § 15 Rn. 13; Kolbe EuZA 2011, 65, 71; Kock NJW 2010, 2713, 2716). Auch der Bundesgerichtshof geht bei Ansprüchen, die das Vorliegen bestimmter innerer Tatsachen voraussetzen, davon aus, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Kenntnis der äußeren Umstände ankommt, aus denen auf die innere Tatsache geschlossen werden kann (vgl. BGH 27. November 1963 - Ib ZR 49/62 - NJW 1964, 493). Dem entspricht es, bei Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG für den Fristbeginn auf die Kenntnis des Beschäftigten von Hilfstatsachen abzustellen, die auf eine anspruchsauslösende Motivlage des Arbeitgebers schließen lassen. Dadurch wird dem Beschäftigten auch nicht unzumutbar das Risiko eines Anspruchsverlustes aufgebürdet, wenn er nicht erkannt hat, dass die Tatsachen bereits für eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals sprechen (so aber: Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 75), denn entscheidend ist die Tatsachenkenntnis, nicht aber eine juristisch zutreffende Bewertung dahin gehend, dass die Tatsache taugliches Indiz im Sinne von § 22 AGG ist(vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 105). Dies entspricht der Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn bei Schadensersatzansprüchen (vgl. BGH 3. März 2005 - III ZR 353/04 - NJW-RR 2005, 1148). Daraus folgt aber auch, dass die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht beginnen kann, bevor dem Beschäftigten Tatsachen positiv bekannt geworden sind, die tatsächlich geeignet sind, die Beweislastumkehr nach § 22 AGG zu bewirken. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass der Beschäftigte aufgrund seiner Tatsachenkenntnis eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose (nicht notwendig zu beziffernde) Entschädigungsklage erheben kann. Deshalb beginnt die Frist mit der Kenntniserlangung von solchen Hilfstatsachen, die einen Prozess hinreichend aussichtsreich erscheinen lassen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der jeweilige Umstand oder Verfahrensmangel für sich allein die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer merkmalsbedingten Benachteiligung begründet. Bei Verstößen gegen Normen, die der besonderen verfahrensmäßigen Absicherung vor Diskriminierungen wegen verpönter Merkmale dienen, wird dies regelmäßig der Fall sein. Liegt demgegenüber eine Situation vor, bei der Einzeltatsachen keinen Rückschluss auf das Bestehen einer verpönten Motivlage zulassen, jedoch eine Gesamtschau mehrerer Einzeltatsachen die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Kausalbeziehung zu dem verpönten Merkmal begründet, so beginnt die Frist erst mit Kenntniserlangung der letzten, die Gesamtschau iSv. § 22 AGG ermöglichenden Einzeltatsachen.

67

Im Übrigen kann der Beschäftigte auch noch weitere Indizien, die ihm später bekannt geworden sind, in den Prozess einführen, insbesondere kann er sich auch auf Indizien berufen, die ein weiteres Merkmal im Sinne von § 1 AGG betreffen. Auch dann, wenn die Benachteiligung auf einem Bündel unterschiedlicher Motive iSd. § 1 AGG beruht, liegt nur eine Benachteiligung im Sinne von § 3 AGG vor. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 4 AGG, der von einer unterschiedlichen Behandlung wegen mehrerer in § 1 AGG genannter Gründe spricht(vgl. HWK/Rupp 5. Aufl. § 4 AGG Rn. 1; AnwK-ArbR/v. Steinau-Steinrück/Schneider 2. Aufl. § 4 AGG Rn. 4; aA v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 59a).

68

d) Mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens am 17. September 2008 hatte der Kläger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen.

69

Er wusste, dass das Auswahlverfahren abgeschlossen war, ohne dass er Berücksichtigung im Auswahlverfahren gefunden hatte. Ein Nachteil im Sinne einer unmittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt im Falle einer Auswahlentscheidung bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Damit lag im Streitfalle die benachteiligende Handlung in der im Vorfeld der eigentlichen Besetzungsentscheidung stattfindenden Verfahrenshandlung, dem Ausscheiden aus dem Bewerbungsverfahren bzw. in der Versagung einer Chance, nicht aber in jedem einzelnen vom Kläger vorgetragenen Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift. Deshalb lief auch nicht für jeden einzelnen Verstoß gesondert eine Frist nach § 15 Abs. 4 AGG und war auch nicht jeder Verstoß gesondert zu entschädigen. Die einzelnen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen in konkreten Stellenbesetzungsverfahren geschaffen wurden, bilden vielmehr Indizien im Sinne von § 22 AGG(vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO) und gewinnen bei der Bemessung der Entschädigungshöhe Bedeutung (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

70

Nach § 82 Satz 2 SGB IX hat der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese Pflicht besteht nach § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

71

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1). Unterstellt man zugunsten des Klägers, dass das beklagte Land verpflichtet gewesen wäre, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so hätte er mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens am 17. September 2008 Kenntnis von den Tatsachen gehabt, die ein Indiz im Sinne von § 22 AGG begründen. Durch die Mitteilung des Abschlusses des Auswahlverfahrens und die damit verbundene Rücksendung der Bewerbungsunterlagen wusste der Kläger, dass er zu einem Vorstellungsgespräch nicht eingeladen worden und das Besetzungsverfahren abgeschlossen war.

72

Für eine hinreichend aussichtsreiche Entschädigungsklage und damit den Fristbeginn war es nicht notwendig, dass der Kläger Kenntnis weiterer Einzelheiten bzw. Hilfstatsachen hatte. Er musste nicht zusätzlich zu der ihm bereits bekannten Tatsache der unterlassenen Einladung zum Vorstellungsgespräch wissen, dass das beklagte Land möglicherweise gegen die Pflicht verstoßen hatte, der Agentur für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden (§ 82 Satz 1 SGB IX).

73

§ 15 Abs. 4 AGG senkt das in der Bundesrepublik Deutschland bereits garantierte Schutzniveau in Bezug auf Diskriminierungen wegen einer Behinderung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG nicht ab. Ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie liegt deshalb nicht vor. Vor Inkrafttreten des § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX aF, der seinerseits der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG diente(vgl. BT-Drucks. 14/5074 S. 113), gab es kein Benachteiligungsverbot zur Bekämpfung der Diskriminierung behinderter Menschen. In Übereinstimmung mit § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX aF sieht § 15 Abs. 4 AGG eine Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen von zwei Monaten vor.

74

3. Der Kläger hat gegen das beklagte Land auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

75

a) Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein etwaiger Anspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts schon deshalb scheitern muss, weil er ebenso wie der Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen ist. Die umstrittene Frage, ob § 15 Abs. 4 AGG auch Ansprüche aus § 823 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG erfasst(dafür: Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 67; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 135; Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 70; dagegen: Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 63; HWK/Rupp 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 14; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 97; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 18; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 52; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; Jacobs RdA 2009, 193, 195), ist nicht entscheidungserheblich, da der Kläger einen Anspruch aus § 823 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG nicht schlüssig dargelegt hat.

76

b) Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.

77

Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen(vgl. Windel RdA 2011, 193, 198; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 22 AGG Rn. 11; aA Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 22 Rn. 22e; vgl. zum Streitstand: Grobys NZA 2006, 898, 899).

78

Soweit es in § 22 AGG heißt, „…im Streitfall…“, ist der Wortlaut für die Frage unergiebig, auf welche Streitigkeiten sich die Norm bezieht. Allerdings ergibt sich aus dem Wortlaut weiter, dass „im Streitfall“ iSv. § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür trägt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, wenn Indizien bewiesen werden, die eine Benachteiligung „wegen eines in § 1 genannten Grundes“ vermuten lassen. Folglich bezieht sich § 22 AGG schon seinem Wortlaut nach(nur) auf solche Streitigkeiten, in denen das Vorliegen einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes streitig ist(vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 22 Rn. 22a; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 6; KR-Treber 9. Aufl. § 22 AGG Rn. 5).

79

Die Beweislastregel des § 22 AGG gilt deshalb zunächst für die spezifischen, sich aus dem AGG ergebenden Ansprüche, also insbesondere für Prozesse um Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben hingegen Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt. Insoweit kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht, weil dieser nicht an eine Benachteiligung wegen eines Grundes iSd. § 1 AGG anknüpft. Für einen solchen Anspruch gilt § 22 AGG nicht, da dieser zwar parallel zu einem spezifischen Anspruch des AGG gegeben sein kann, nicht aber von einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot abhängt. Hierfür spricht auch, dass § 16 Abs. 3 AGG die Geltung der Beweislastverteilung des § 22 AGG ausdrücklich für den Verstoß gegen das Maßregelungsverbot wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach dem AGG für anwendbar erklärt. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn § 22 AGG auch auf Ansprüche Anwendung fände, die keine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes voraussetzen(vgl. Grobys NZA 2006, 898).

80

§ 22 AGG ist auch nicht entsprechend auf Ansprüche aus § 823 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzuwenden. Es fehlt schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 5 AGG und § 32 AGG ausdrücklich angeordnet, dass es bei den allgemeinen Bestimmungen verbleibt, soweit das AGG nichts Abweichendes bestimmt.

81

Auch erfordern es Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG nicht, die Beweisregelungen auf Ansprüche zu erstrecken, die keine Benachteiligung aufgrund eines in der jeweiligen Richtlinie geregelten Merkmals zur Voraussetzung haben. Dies folgt bereits aus Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG, aus denen sich jeweils ergibt, dass sich die sicherzustellenden Rechtsschutzmöglichkeiten und damit auch die Beweisregelung nur jeweils auf die Ansprüche aus der Richtlinie bezieht(vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 22 AGG Rn. 11).

82

c) Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den Behauptungen des Klägers ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der dem beklagten Land zu machen wäre. Auch wenn dieses gegen Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen (§ 81 Abs. 1, § 82 SGB IX)verstoßen haben sollte, genügte das nicht, um eine Entschädigungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auszulösen, wie es bei einer „Herabwürdigung“(vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3) ggf. anzunehmen wäre. Insbesondere ergibt sich eine Herabwürdigung nicht aus Form oder Inhalt des Ablehnungsschreibens vom 12. September 2008. Auch der Kläger behauptet nichts Gegenteiliges.

83

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schulz    

        

    Andreas Henniger    

        

        

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.