Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Okt. 2014 - 6 Sa 202/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:1028.6SA202.14.0A
bei uns veröffentlicht am28.10.2014

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az: 7 Ca 2376/13 - vom 20. Februar 2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine Entschädigung wegen nicht erfolgter Beförderungen und um Schmerzensgeld.

2

Der Kläger ist seit 01. Januar 1977 bei der beklagten Spielbank beschäftigt, zunächst in Teilzeit, seit 01. Januar 1980 als Vollzeitbeschäftigter. Das Arbeitsverhältnis richtet sich zuletzt nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 09. April 1980 (im Folgenden: AV), der in § 6 Abs. 2 folgende Regelung enthält:

3

"2) Lohn-Gehalts und alle etwaigen sonstigen Ansprüche und Forderungen des Angestellten aus diesem Anstellungsverhältnis oder auf Grund desselben erlöschen, wenn und soweit sie nicht spätestens 6 Monate nach ihrem Entstehen schriftlich geltend gemacht worden sind".

4

Seit einer letzten Beförderung 1990 ist der Kläger als Croupier II tätig. Er bezieht zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 40 Anteilen und damit ca. 3.606,31 Euro brutto. Mit Bescheid vom 30. Januar 2003 wurde dem Kläger auf Antrag vom 26. November 2002 ein Grad der Behinderung von 40 zuerkannt.

5

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D Anwendung. §§ 2, 7 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D (im Folgenden: MTV) lauten wie folgt:

6

㤠2 Stellenplan und Mitbestimmung

7

Alle personellen und sozialen Entscheidungen, insbesondere bei Einstellungen, Eingruppierungen, Umstufungen und Entlassungen unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrates.

8

Zwischen der Geschäftsleitung und den jeweiligen Betriebsräten werden durch Betriebsvereinbarungen Stellenpläne vereinbart. Mit diesen Stellenplänen sind die Arbeitsplätze abschließend geregelt.


Geschäftsleitung und Betriebsrat überprüfen gemeinsam jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres den Stellenplan und die Eingruppierung der Arbeitnehmer. Die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung, Umstufung oder Beförderung werden im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt. …“

9

§ 7 Gehaltsregelung und Gehaltszahlung

10

Die Eingruppierung, die Gehaltssätze, sowie die EURO-Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit werden im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt. Die Jahresgrundvergütung besteht aus der Summer der für die einzelne Tätigkeit in der Anlage 1 festgelegten Anteile, ermittelt aus den 12 Monaten. …

11

§ 5 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D vom 29. November 2001 (im Folgenden: TGTV) regelt die Tronc-Verteilung in den Spielbanken N und D § 6 TGTV enthält hinsichtlich der an die einzelnen Arbeitnehmer auszukehrenden Tronc- Anteile und der Garantiegehälter folgende Bestimmung:

12

㤠6 Gehaltsregelung

13

Die Anzahl der monatlichen Tronc-Anteile und die Höhe der Garantiegehälter sind für die spieltechnischen Arbeitnehmer in der Anlage 1 und Anlage 3 geregelt, die Monatsgehälter aller übrigen Arbeitnehmer in der Anlage 2.

14

Die Anlage 1 zum Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer für die Arbeitnehmer der Spielbanken N und D (im Folgenden: Anlage 1 TGTV) bestimmt ua. Folgendes:

15

„§ 1 Tätigkeitsgruppen

16


Tätigkeitsgruppe A Spieltechnische Arbeitnehmer im Lebendspiel

17

Technischer Leiter BN

18

Technischer Leiter BD

19

und 3a) Saalchef

20

Saalchef-Assistent

21

und 5a) Tischchef

22

und 6a) Croupier I

23

Er arbeitet am Zylinder, übt bei Bedarf die Tätigkeit als Tischchef aus und sollte alle in der Bank angebotenen Spiele beherrschen.

24

Croupier II

25

Er arbeitet überwiegend am Zylinder und am Kopf des Spieltisches.

26

Croupier III

27

Er arbeitet sowohl am Kopf als auch am Zylinder des Spieltisches.

28

Croupier IV

29

Er arbeitet überwiegend am Kopf des Spieltisches und gelegentlich am Zylinder und wird zur Ausbildung im Baccara-Spiel eingesetzt, soweit die im Betrieb angeboten wird.

30

bis 13.) Croupier V - VIII

31

Er arbeitet überwiegend am Kopf des Spieltisches und gelegentlich am Zylinder und wird zur Ausbildung im American-Roulette eingesetzt, soweit die im Betrieb angeboten wird.

32

§ 2 Höhergruppierung der spieltechnischen Arbeitnehmer

33

Jede Höhergruppierung und Steigerung setzt neben dem fachlichen Können, der charakterlichen Eignung, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft eine freie Planstelle unter Berücksichtigung des Bedarfs voraus.

34

Sofern die Voraussetzung vorliegt, können die Arbeitnehmer der Tätigkeitsgruppe A von Position 17 bis Position 9 nach einem Jahr Tätigkeit gem. der Anteilstabelle in § 3 aufrücken. Eine versagte Aufrückung kann zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise nachgeholt werden, ohne dass die bis dahin eingetretenen finanziellen Einbußen ausgeglichen werden.

35

Ab Position 9 aufwärts erfolgt eine Beförderung nur im Rahmen des jeweiligen Stellenplans.

36

Für Mitarbeiter, die nach Inkrafttreten dieses Tarifvertrags ihr Arbeitsverhältnis mit der Spielbank begründet haben gilt, dass ab Position 10 eine Beförderung nur im Rahmen des jeweiligen Stellenplans möglich ist.

37

Die Höhergruppierung des Croupier I (Position 6a) setzt voraus, dass er für alle im Haus angebotenen Spiele die entsprechenden Lehrgänge erfolgreich absolviert und seine Einsatzfähigkeit nachgewiesen hat.

38

Mit 42 Anteilen (Position 6a) können nur Mitarbeiter vergütet werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages ihr Arbeitsverhältnis mit der Spielbank begründet hatten.

39

40

§ 3 Vergütungen und Zulagen

41

 Tätigkeitsgruppe A

 Vergütungsanteile gem. § 5 Ziff. 4 Abs. 2 bei Vollzeitbeschäftigung

                 

 Technischer Leiter BN

 62    

 Technischer Leiter BD

 60    

 Saalchef nach 7 Jahren

 50    

 3a. Saalchef

 49    

 Saalchef-Assistent

 45    

 Tischchef nach 7 Jahren

 44    

 5 a.Tischchef

 43    

 Croupier I

 42    

 6 a.Croupier I

 41    

 Croupier II

 40    

 Croupier III

 39    

 Croupier IV

 38    

 Croupier V

 35    

 Croupier VI

 32    

 Croupier VII

 29    

 Croupier VIII

 26    

 Croupier Anfänger I

 23    

 Croupier Anfänger II

 21    

 Croupier Anfänger III

 19    

 Croupier Anfänger IV

 17    

42

43

§ 4 Garantieeinkommen

44

Das Mindestgehalt beträgt 1.125 Euro im Monat. Die Garantie für einen Bruttovergütungsanteil für Arbeitnehmer in den Tätigkeitsgruppen A - D beträgt mindestens:

45

…“

46

Der Kläger hat am 01. Juli 2013 beim Arbeitsgericht Koblenz eine der Beklagten am 04. Juli 2013 zugestellte Klage auf Zahlung einer Entschädigung wegen nicht erfolgter Beförderungen erhoben und Schmerzensgeld verlangt.

47

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte beschäftige neben ihm durchschnittlich ca. 65 Kollegen, auf die verteilt seit 1990 ca. 114 Beförderungen, üblicherweise verbunden mit der Gehaltszahlung von zwei weiteren Anteilen, verteilt worden seien, wobei von der Beklagten vorzulegende sog. Beförderungslisten existierten, aus denen ersichtlich sei, wer wann und wie befördert worden sei und welche Anteile er erhalte. Er sei lediglich in Besitz der Personallisten Stand September 2002 (Bl. 56 ff. d. A.) und April 2008 (Bl. 66 ff. d. A.) hinsichtlich des Klassischen Spiels. Aus diesen Listen gehe hervor, dass er - nach regelmäßigen Beförderungen von 1980 bis 1990 - bei der Beförderung nicht berücksichtigt worden sei. Wegen des Inhalts der Listen im Einzelnen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Im Dezember 2011 hätten ausweislich einer zur Akte gereichten Aufstellung 16 Beförderungen stattgefunden. Da seit 1990 mindestens 74 Beförderungen erfolgt seien, lägen insgesamt 90 vor. Eine Begründung für seine Nichtberücksichtigung kommuniziere die Beklagte nicht, eine öffentliche Bekanntmachung der Beförderungen und Höhergruppierungen erfolge nicht, der gegenteilige Sachvortrag der Beklagten werde mit Nichtwissen bestritten. Er äußere daher den Verdacht, dass er wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt werde, zumindest aber der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei; er habe daher einen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Auswahlentscheidung und einen tarifvertraglichen Anspruch auf Überprüfung der Eingruppierung, die bestritten werde. Die Kriterien, anhand derer die Auswahl der zu befördernden Kollegen erfolge, lege die Beklagte nicht dar, es werde bestritten, dass objektive, nachvollziehbare Kriterien existierten und angewandt würden, die Auswahl erfolge willkürlich. Der Beklagten sei insoweit der Einwand verwehrt, er beherrsche das erst 2007 eingeführte Pokerspiel nicht. Abgesehen davon, dass die entsprechende tarifliche Regelung für einen Croupier I eine bloße Sollvorschrift sei, habe er den Pokerlehrgang aus gesundheitlichen Gründen nicht absolvieren können, was daher unberücksichtigt bleiben müsse. Im Übrigen habe die Beklagte andere Mitarbeiter höhergruppiert, obwohl sie nicht am Pokertisch eingesetzt seien (D, W, S, K) und eine geringere Betriebszugehörigkeit hätten als er. Mit Schreiben vom 06. Mai 2013 sei der ihm entstandene Schaden gegenüber der Beklagten auf 20.592,00 Euro beziffert worden, wobei unterstellt worden sei, dass er als 65. Kollege im Jahr befördert worden und seither zwei Anteile à 66,00 Euro mehr erhalten hätte. Zudem liege eine Demütigung und Verletzung des Persönlichkeitsrechts ohne rechtfertigenden Grund vor, der einen andauernden Verstoß gegen das AGG und § 823 BGB darstelle und die Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung auslöse. Seine Ansprüche seien weder verfallen, noch verjährt. Eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam.

48

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

49

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

50

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

51

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung wegen nicht erfolgter Beförderung bestünden nicht, da sich weder aus dem Tarifvertrag, noch aus dem Arbeitsvertrag ein Anspruch auf Beförderung ableiten lasse. Das Höhergruppierungs- und Beförderungsverfahren gemäß den tariflichen Bestimmungen sehe vor, dass zwischen der Geschäftsleitung und den jeweiligen Betriebsräten Stellenpläne vereinbart würden und diese zweimal jährlich nebst der Eingruppierung der Arbeitnehmer überprüft würden. Tatsächlich seien Höhergruppierungen und Beförderungen bei der Beklagten aufgrund erschwerter wirtschaftlicher Bedingungen im Spielbankensektor in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, was sich bereits daran zeige, dass zwischen März 2008 und Dezember 2011 keinerlei Höhergruppierungen und Beförderungen stattgefunden hätten. Die behaupteten 114 Beförderungen würden bestritten und seien sachlich nicht korrekt, da es sich hierbei auch um standardisierte Höhergruppierungen in den Abteilungen Klassisches Spiel, Automatenspiel, Kasse und Rezeption handele und daher gerade keine Beförderungen vorlägen. Tatsächlich handele es sich ausweislich des Tarifvertrages nur bei den Positionen im Klassischen Spiel ab Croupier III bis zum Saalchef um Beförderungen. Aus welchem Grund der Kläger, der als Croupier II schon eine höhe Position innehabe, bei der naturgemäß Beförderungen nur noch selten zum Tragen kämen, als 65. Kollege hätte befördert werden müssen, sei völlig unklar. Auch erfülle der Kläger die tarifvertragliche Beförderungsvoraussetzung - die Beherrschung aller in der Spielbank angebotenen Spiele - nicht, da er zum Pokerspiel nicht eingesetzt werden könne. Sein Vortrag zum Verstoß gegen das AGG sei unsubstantiiert, ein Kausalzusammenhang zwischen Schwerbehinderung und Nichtbeförderung nicht dargetan. Auch habe der Kläger die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht beachtet, da bei Höhergruppierungen - zuletzt im Januar 2012 - entsprechende Listen ausgehangen würden, so dass der Kläger seither Kenntnis von seiner Nichtbeförderung gehabt habe. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz komme mangels diskriminierenden Verhaltens nicht in Betracht, es zeige sich vielmehr, dass der Kläger ausweislich einer Liste vergleichbarer Arbeitnehmer (Bl. 41 d. A.) deutlich früher in seine bisherige Position befördert worden sei als dies bei anderen der Fall gewesen sei. Höchstvorsorglich werde die Einrede der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist und der Verjährung erhoben.

54

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Februar 2014, hinsichtlich dessen Tatbestandes auf Bl. 80 bis 83 d. A. Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, weder aus dem Arbeitsvertrag, noch aus dem Tarifvertrag lasse sich der Anspruch des Klägers auf Entschädigung herleiten. Er ergebe sich auch nicht aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Dem klägerischen Vortrag sei nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Beförderungen nach abstrakten selbstgesetzten Regelungen im Sinne eines generalisierenden Prinzips vornehme. Hiergegen spreche in Bezug auf Beförderungen auch der Inhalt des Tarifvertrages. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete nicht die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer. Eine willkürliche Schlechterstellung des Klägers gegenüber einzelnen namentlich zu benennenden Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage lasse sich dem Sachvortrag des Klägers nicht entnehmen. Im Übrigen sei die Klage der Höhe nach unschlüssig. Auch bestünden Anhaltspunkte für eine Verletzung des AGG mangels Kausalzusammenhangs nicht, bezüglich dessen auch auf die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG zu achten sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 83 ff. d. A. Bezug genommen.

55

Der Kläger hat gegen das ihm am 20. März 2014 zugestellte Urteil mit am 16. April 2014 bei Gericht eingehendem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am gleichen Tage bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 30. Juni 2014 begründet.

56

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 30. Juni 2014, hinsichtlich deren Inhalt auf Bl. 109 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

57

entgegen der falschen Unterstellung des Arbeitsgerichts sei es nicht unstreitig, dass es bei der Beklagten zwischen März 2008 und ca. 2011 keine Beförderungen und Höhergruppierungen gegeben habe, allein im Jahr 2011 hätten sogar 16 Beförderungen stattgefunden. Laut Tarifvertrag bzw. Betriebsvereinbarung habe der Technische Leiter und der Betriebsrat ein Vorschlagsrecht für die bei Beförderungen zu berücksichtigenden Mitarbeiter, wobei Auswahlkriterien nicht erkennbar seien und bestünden, die Auswahl erfolge willkürlich durch den technischen Leiter. Woran sich die Einschätzung des Vorgesetzten orientiere, sei nicht ersichtlich. Der Mitarbeiter D sei nicht Vertreter des technischen Leiters. Die Argumentation der Beklagten mit dem Pokerlehrgang sei - auch bei den Kollegen W und K - nur vorgeschoben. Die Beklagte verweigere die Vorlage der Listen, aus denen sich ergebe, wer wann welche Anteile erhalten habe. Das Nichtaufstellen von Regeln und der tatsächliche Ausschluss eines einzelnen Arbeitnehmers verstoße erst recht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, zumal die Beklagte Beförderungen auch nicht öffentlich bekannt mache. Die Beteiligung des nicht entscheidungsbefugten Betriebsrates führe nicht automatisch zu einer Gleichbehandlung. Eine wirtschaftlich rückläufige Entwicklung werde bestritten, ändere aber ohnehin nichts daran, dass die tatsächlich stattfindende Anteilsverteilung gerecht sein müsse. Die von der Beklagten angeführte Reduzierung der Croupiers hätte umso früher zu einer Anteilserhöhung führen müssen. Dass andere nichtbeförderte Mitarbeiter nicht schwerbehindert seien, werde bestritten. Der Kläger trägt vor, die Berechnung seiner Forderung sei im Termin nochmals dargelegt worden. Auch der Schmerzensgeldanspruch sei zu Unrecht abgelehnt worden, da er bereits erstinstanzlich dargelegt habe, dass angesichts seiner Schwerbehinderung zu vermuten sei, dass er deshalb nicht befördert werde und die Beklagte das nicht substantiiert bestritten habe. Die Benachteiligung dauere an, weshalb § 15 Abs. 4 AGG nicht greife.

58

Der Kläger beantragt,

59

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. Februar 2014
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.07.2013 zu zahlen,

60

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.07.13 zu zahlen.

61

Die Beklagte beantragt,

62

die Berufung zurückzuweisen.

63

Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe der Schriftsätze vom 12. September 2014 (Bl. 131 ff. d. A.), auf die Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,
ein arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Beförderung habe nicht bestanden. Es sei völlig unklar, wie der Kläger darauf komme, dass er als 65. Kollege 2000 habe befördert werden müssen. Auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergebe sich kein Anspruch, da der Kläger jedenfalls gleich - teilweise sogar durch frühere Beförderung besser - behandelt worden sei als eine Vielzahl von Kollegen. Bei der Beurteilung, welcher Mitarbeiter befördert werde, spiele maßgeblich die Einschätzung der jeweiligen Vorgesetzten eine Rolle. Im Übrigen werde durch die Mitwirkung und Abstimmung des Betriebsrates sichergestellt, dass die Interessen der Arbeitnehmer ausreichend Berücksichtigung fänden. Auch aus der vom Kläger vorgelegten Liste für 2008 ergebe sich, dass ein Großteil der mit dem Kläger vergleichbaren - namentlich benannten - Arbeitnehmer wie dieser nicht befördert worden seien und zum Teil deutlich länger auf eine Beförderung zum Croupier II hätten warten müssen als der Kläger. Keiner dieser Kollegen weise eine Schwerbehinderung auf. Tatsächlich seinen Höhergruppierungen und Beförderungen aufgrund erschwerter wirtschaftlicher Bedingungen im Spielbankensektor in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Während in 1990 noch 99 Croupiers fest angestellt gewesen seien, seien es im Jahr 2014 nur noch 43. Von März 2008 bis Dezember 2011 hätten keinerlei Höhergruppierungen und Beförderungen stattgefunden, erst im Januar 2012, damit vor mehr als zwei Jahren. Vorsorglich weise sie darauf hin, dass der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für eine Beförderung nicht erfülle, insbesondere, weil er das eine wesentliche und entscheidende beruflich Anforderung darstellende Pokerspiel nicht beherrsche, was auch zu berücksichtigen sei (§ 8 AGG). Die vom Kläger benannten Kollegen D, W, S und K seien aus im Einzelnen dargestellten Gründen entweder nicht vergleichbar oder erfüllten die erforderlichen Anforderungen. Auch ein Schmerzensgeldanspruch sei nicht schlüssig vorgetragen und zudem verjährt und verfallen.

64

Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

65

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I.

66

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 20. März 2014 mit am 16. April 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 30. Juni 2014 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO). Der Kläger hält die rechtlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen eines Anspruchs wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dem Grunde und der Höhe nach als auch bezüglich der Anforderungen an die Darlegung eines Schmerzensgeldanspruchs für unzutreffend. Die Berufungskammer geht davon aus, dass der Kläger sich damit noch hinreichend mit den wesentlichen Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung auseinander gesetzt hat.

II.

67

Die Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Auch die Angriffe der Berufung führen nicht zum Erfolg. Die Berufung war zurückzuweisen.

68

1. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die mit dem Antrag zu 1) verfolgte Zahlung von 20.000,00 Euro nebst Zinsen verlangen.

69

1.1. Der Anspruch ergibt sich nicht als Vergütungsanspruch unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag des Klägers iVm. § 6 TGTV, §§ 1, 3 Anlage 1 TGTV. Nach diesen Vorschriften arbeitet ein Croupier I, dem monatlich bei Vollzeitbeschäftigung aus dem Tronc 42 Vergütungsanteile zustehen, am Zylinder, übt bei Bedarf die Tätigkeit des Tischchefs aus und sollte alle in der Bank angebotenen Spiele beherrschen. Der Kläger ist bei der Beklagten unstreitig nicht als Croupier I tätig und erfüllt daher die Voraussetzungen für einen entsprechenden (Brutto-) Vergütungsanspruch im von ihm geltend gemachten Zeitraum nicht. Auf die Frage eines eventuellen Verfalls der Ansprüche oder ähnlicher Einwendungen kommt es nicht entscheidend an.

70

1.2. Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch zu, weil die Beklagte eine ihm aus Tarifvertrag zustehende Beförderung rechtswidrig und schuldhaft unterlassen hätte.

71

a) § 7 Abs. 1 MTV bestimmt, dass die Eingruppierung im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt wird. Nach § 2 Ziff. 5 MTV überprüfen Geschäftsleitung und Betriebsrat gemeinsam jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres den Stellenplan und die Eingruppierung der Arbeitnehmer; die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung, Umstufung oder Beförderung werden im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt. Gemäß § 2 Abs. 1 Anlage 1 TGTV setzt jede Höhergruppierung und Steigerung der spieltechnischen Arbeitnehmer neben dem fachlichen Können, der charakterlichen Eignung, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft eine freie Planstelle unter Berücksichtigung des Bedarfs voraus. Sofern die Voraussetzung vorliegt, können die Arbeitnehmer der Tätigkeitsgruppe A (Spieltechnische Arbeitnehmer im Lebendspiel) von Position 17 bis Position 9 nach einem Jahr Tätigkeit gemäß der Anteilstabelle in § 3 Anlage 1 TGTV aufrücken; ab Position 9 erfolgt eine Beförderung nur im Rahmen des jeweiligen Stellenplans; eine Höhergruppierung des Croupier I (Position 6a) setzt voraus, dass er für alle im Haus angebotenen Spiele die entsprechenden Lehrgänge erfolgreich absolviert und seine Einsatzfähigkeit nachgewiesen hat (§ 2 Abs. 2 Anlage 1 TGTV).

72

b) Die genannten tarifvertraglichen Regelungen sehen einen Anspruch auf die vom Kläger verfolgte Beförderung zum Croupier I nicht vor. § 2 Ziff. 5 MTV regelt lediglich jährliche Beurteilungsgespräche zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat, in denen auch Höhergruppierungen und Steigerungen gemäß § 2 Ziff. 1 Anlage 1 TGTV bei Vorliegen einer freien Planstelle und entsprechendem Bedarf unter Berücksichtigung des fachlichen Könnens, der charakterlichen Eignung, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft überprüft werden. Hieraus ergibt sich ein Beförderungsanspruch nicht; die tarifvertragliche Vorschrift räumt allenfalls dem Arbeitgeber bei Höhergruppierungen und Steigerungen einen zusammen mit dem Betriebsrat auszuschöpfenden Beurteilungsspielraum ein. Selbst wenn man - wofür angesichts der an der ausgeübten Tätigkeit orientierten tariflichen Vergütungsregelungen der §§ 1, 3 und 4 der Anlage 1 zum TGTV wenig spricht - wegen der Relevanz von Höhergruppierungen für den Tronc-Anteil zu Gunsten des Klägers in der Einräumung dieses Spielraums ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für die Beklagte sehen wollte (vgl. zu Beurteilungspunkten nach den Tarifverträgen für die Arbeitnehmer der Westdeutschen Spielbanken: BAG 10. Mai 1989 - 4 AZR 79/89 - Rn. 28; vgl. zum gemischten Punktesystem nach Gehaltstarifvertrag Spielbanken Bayern: BAG 25. Januar 1978 - 4 AZR 509/76 - Rn. 62 ff.; jeweils zitiert nach juris), stellt der Kläger nicht in Abrede, dass die Beklagte bei seiner Beförderung zum Croupier II im Jahr 1990 das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat. Aus welchen Gründen die Beklagte gehalten gewesen sein soll, ihn zwischenzeitlich nach billigem Ermessen unter Beteiligung des Betriebsrates unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Kriterien zu befördern, lässt sich dem Sachvortrag des Klägers in keiner Weise entnehmen. Allein die Berufung auf den Zeitablauf genügt hierzu nicht. Anhaltspunkte für ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der Beklagten, das einen Schadensersatzanspruch des Klägers hätte auslösen können, sind nicht ersichtlich.

73

1.3. Die Beklagte ist nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zur Zahlung des geltend gemachten (Brutto-) Betrages an den Kläger verpflichtet.

74

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42; jeweils zitiert nach juris). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62, zitiert nach juris). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. BAG 03. Juli 2014 - 6 AZR 753/12 - Rn. 51 mwN; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 42; jeweils zitiert nach juris). Im Bereich des Entgelts gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Vergütungen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet allerdings auch im Bereich des Entgelts Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 74, 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 44; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14; jeweils zitiert nach juris).

75

Die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfordert eine sachgerechte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Die Darlegungs- und Beweislast liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Nach den allgemeinen Regeln der Normenbegünstigung hat er die Voraussetzungen des Anspruchs auf Gleichbehandlung darzulegen und daher grundsätzlich vergleichbare Arbeitnehmer zu nennen, die ihm gegenüber vorteilhaft behandelt wurden. Ist dies erfolgt, muss sodann der Arbeitgeber darlegen, wie er den begünstigten Personenkreis abgegrenzt hat und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 37 mwN, zitiert nach juris).

76

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Beklagte nicht nachgekommen.

77

aa) Vorliegend ist bereits aufgrund des Vortrags des Klägers nicht davon auszugehen, dass die Beklagte bei Beförderungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip vorgeht, das die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnen würde. Der Kläger selbst macht ausdrücklich geltend, bei den von der Beklagten vorgenommenen Höhergruppierungen seien keinerlei Auswahlkriterien erkennbar. Fehlt es jedoch an der Gewährung von Leistungen nach einem allgemeinen Prinzip, scheidet ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz entgegen der Auffassung des Klägers, der durch das Nichtaufstellen von Regeln den Gleichheitssatz „erst recht“ verletzt sieht, denknotwendig aus.

78

bb) Auch den weiteren Behauptungen des Klägers ließ sich eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht entnehmen. Der Kläger hat keine Arbeitnehmer benannt, die mit ihm in vergleichbarer Lage waren und von der Beklagten befördert wurden, während dies bei ihm nicht der Fall war.

79

(1) Der lediglich allgemein gehaltene Vortrag des Klägers, nach zuvor regelmäßigen Beförderungen seit 1990 nicht mehr berücksichtigt worden zu sein, während dies seither bei ca. 114 anderen Kollegen - auch mit geringerer Betriebszugehörigkeit - aus nicht nachvollziehbaren Gründen der Fall gewesen sei, genügte nicht, um ein generalisierendes Prinzip der Beklagten außerhalb bloßen Normenvollzuges bei Beförderungen erkennen zu können. Auch wenn sie entsprechend § 2 Abs. 1 Anlage 1 TGTV fachliches Können, die charakterliche Eignung, die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft bei der Besetzung freier Planstellen berücksichtigt haben mag, hat der Kläger keine Kollegen benannt, die bei konkreten Beförderungsentscheidungen mit ihm vergleichbar waren und im Gegensatz zu ihm befördert wurden. Soweit er sich auf die Kollegen D und K beruft, scheidet eine Vergleichbarkeit bereits aus, weil diese für Tätigkeiten im Saal eingesetzt werden, während dies beim Kläger nach seinem eigenen Vortrag nicht der Fall ist; auch wenn daher nicht die genannten Mitarbeiter, sondern entsprechend dem klägerischen Vortrag der Mitarbeiter E B Vertreter des technischen Leiters sein sollte, fehlt es aufgrund der von den Mitarbeitern als Vertreter des Saalchefs im Saal wahrgenommenen administrative Aufgaben an einer vergleichbaren Lage. Auch die Mitarbeiter S und W sind nicht mit dem Kläger vergleichbar. Der Kläger beruft sich insoweit ausschließlich auf seine längere Betriebszugehörigkeit. Die Frage der Betriebszugehörigkeit spielt für die Einschätzung, ob ein Mitarbeiter befördert werden soll gemäß § 2 Abs. 1 Anlage 1 TGTV ersichtlich keine ausschlaggebende Rolle. Ungeachtet dessen wies der Mitarbeiter W bei Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zum Betrieb auch während der Zeit seiner Tätigkeit an der Kasse eine längere Betriebszugehörigkeit als der Kläger auf.

80

(2) Den vom Kläger vorgelegten Personallisten aus den Jahren 2002 und 2008 vermochte die Berufungskammer nicht zu entnehmen, dass die Beklagte nach einem generalisierenden Prinzip - etwa nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit - mit dem Kläger vergleichbare Mitarbeiter befördert hat. Kriterien, nach denen die Beklagte Beförderungen vorgenommen hat, sind angesichts der Listen nicht ersichtlich. Unabhängig davon ist auffallend, dass von insgesamt 16 im Jahr 2002 beschäftigten Croupiers II 7 Mitarbeiter (D, E, H, K, L, P, R) wie der Kläger seit Ende der 1980er Jahre nicht befördert worden waren. Keiner dieser insgesamt 8 Mitarbeiter konnte ausweislich der vom Kläger vorgelegten Liste im Jahr 2008, wo insgesamt nur noch 14 Croupiers II beschäftigt waren, eine Beförderung verzeichnen. Auch vor diesem Hintergrund war für die Berufungskammer ein System der „automatischen“ Beförderung durch Zeitablauf, von dem der Kläger willkürlich ausgenommen worden wäre, nicht erkennbar.

81

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Auskunft über ihre Beförderungspraxis durch Vorlage weiterer Personallisten zu erteilen oder diese im Prozess vorzulegen. Zwar muss nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast der Gegner der primär darlegungs- und beweispflichtigen Partei deren Vortrag positive Gegenangaben gegenüberstellen, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, der Gegner dagegen alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. In diesen Fällen kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 53 mwN, zitiert nach juris). Dieser sekundären Behauptungslast ist die Beklagte nachgekommen, indem sie zu den vom Kläger im Einzelnen namentlich benannten Mitarbeitern substantiiert erwidert hat, aus welchen Gründen diese nicht mit dem Kläger vergleichbar seien und sich im Übrigen auf die Einschätzung des jeweiligen Vorgesetzen berufen hat. Eine Verpflichtung zu weitergehendem Vortrag traf die Beklagte nicht. Darauf, dass den Personallisten eine generalisierende Beförderungspraxis etwa nach Zeitablauf ohnehin nicht zu entnehmen war, kommt es daher nicht mehr an. Die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende - allgemeine Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Dass im Zivilprozess die Wahrheitspflicht wesentliche Bedeutung hat, erlaubt nicht den Schluss, die Parteien seien generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindert den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen prozessuales Obsiegen zu verschaffen (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 56 mwN, aaO).

82

1.4. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht nach § 15 Abs. 1 AGG wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG zu. Hierbei kann dahinstehen, dass bereits zweifelhaft ist, ob die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist (§ 33 AGG), da der Klägers bei Personalentscheidungen teilweise unstreitig auch vor dem 18. August 2006 nicht berücksichtigt worden ist. Selbst wenn man die Anwendbarkeit des AGG unterstellt und von der Wahrung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und der Frist gemäß § 61 b Abs. 1 ArbGG ausgeht, besteht der geltend gemachte Anspruch nicht.

83

a) Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund (hier: wegen einer Behinderung) in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen unzulässig (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (§ 3 Abs. 2 AGG).

84

b) Der Kläger ist nicht wegen seiner Behinderung im dargelegten Sinne benachteiligt worden. Er hat bereits keine Indiztatsachen dargelegt, die seine Benachteiligung bei Beförderungsentscheidungen wegen seiner Behinderung vermuten lassen.

85

aa) Nach § 22 Halbsatz 1 AGG iVm. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien (Richtlinie 2000/78/EG: Tatsachen) vorträgt, die ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Im Hinblick auf diesen Kausalzusammenhang sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 31 mwN, zitiert nach juris). Für die Vermutungswirkung des § 22 Halbsatz 1 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund (oder mehrere) ein „Bestandteil eines Motivbündels“ ist (sind), das die Entscheidung beeinflusst hat(vgl. im Einzelnen: BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 33 ff., aaO). Besteht eine Benachteiligungsvermutung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 -, Rn. 40, aaO).

86

bb) Der Kläger hat vorliegend keine Indizien vorgetragen, dass seine Behinderung Teil eines Motivbündels der Beklagten war, ihn von Beförderungsentscheidungen auszunehmen. Er sich im Rechtsstreit darauf beschränkt, seine Schwerbehinderteneigenschaft mitzuteilen und den Verdacht geäußert, dass er wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt worden sei. Aus welchen Gründen er diesen Verdacht hegt, hat der Kläger schriftsätzlich nicht vorgetragen und zuletzt auch im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer Indiztatsachen nicht näher darlegen zu können. Allein die Tatsache, dass die Beklagte ihm gegenüber nicht kommuniziert haben mag, aus welchen Gründen sie von seiner Beförderung abgesehen hat, lässt keinen Rückschluss darauf zu, der Kläger sei wegen seiner Behinderung nicht berücksichtigt worden. Demgemäß fehlte es der Berufungskammer an jeglichen Anhaltspunkten für Indiztatsachen nach § 22 Halbsatz 1 AGG. Soweit der Kläger darauf verwiesen hat, den von der Beklagten ua. zur Begründung der Nichtbeförderung herangezogenen fehlenden Pokerlehrgang aus gesundheitlichen Gründen nicht absolviert zu haben, vermochte auch dies nicht als Indiz für seine Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung zu dienen. Zum einen behauptet der Kläger selbst, die Beklagte schiebe den fehlenden Pokerlehrgang nur vor. Zum anderen war ein Zusammenhang zwischen Behinderung und nicht absolviertem Pokerlehrgang für die Berufungskammer nicht auszumachen, nachdem der Kläger bis zuletzt von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, weder über die seiner Behinderung zu Grunde liegende Erkrankung, noch über die gesundheitliche Beeinträchtigung Auskunft zu erteilen, die ihn an der Absolvierung des Pokerlehrgangs gehindert hat.

87

2. Dem Kläger steht auch der mit dem Antrag zu 2) verfolgte Schmerzensgeldanspruch nicht zu.

88

2.1. Ein Anspruch auf Entschädigung oder „Schmerzensgeld“ nach § 15 Abs. 2 AGG, weil der Kläger bei den Beförderungsentscheidungen der Beklagten wegen seiner Behinderung benachteiligt worden wäre, besteht nicht.

89

Zwar geht die Berufungskammer in Auslegung des dem Wortlaut nach auf die Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ gerichteten Antrages zu 2) davon aus, dass der Kläger auch eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend macht. § 15 Abs. 2 AGG stellt im Arbeitsrecht eine ausdrückliche materielle Grundlage für die Kompensation immaterieller Schäden dar; eine solche Entschädigung wäre auch von einer dem Wortlaut nach geltend gemachten „Schmerzensgeld“-Forderung umfasst (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 68/12 - Rn. 19, zitiert nach juris). Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG scheitert jedoch daran, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen aus den bereits unter I.1.4. dargelegten Gründen nicht dargetan hat.

90

2.2. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

91

Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. ein schweres Verschulden des Handelnden (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 68/12 - Rn. 34, 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 42, jeweils zitiert nach juris). Geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 42, aaO). Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der der Beklagten zu machen wäre, nicht.

B.

92

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

93

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Okt. 2014 - 6 Sa 202/14

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Okt. 2014 - 6 Sa 202/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Okt. 2014 - 6 Sa 202/14 zitiert 19 §§.

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 2 Anwendungsbereich


(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf: 1. die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 8 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen


(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 33 Übergangsbestimmungen


(1) Bei Benachteiligungen nach den §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sexuellen Belästigungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz ist das vor dem 18. August 2006 maßgebliche Recht anzuwenden. (2) Bei Benachteiligungen a

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Okt. 2014 - 6 Sa 202/14 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2013 - 25 Sa 2304/12, 25 Sa 311/13 - wird zurückgewiesen.

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2011 - 6 Sa 1422/11 - wird zurückgewiesen.

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Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Oktober 2011 - 26 Sa 1110/11 - wird zurückgewiesen.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Okt. 2012 - 2 AZR 552/11

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

Tenor Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 -

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Feb. 2010 - 6 AZR 911/08

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. September 2008 - 9 Sa 525/07 - wird zurückgewiesen.
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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Oktober 2011 - 26 Sa 1110/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin.

2

Die Klägerin war vom 1. Oktober 1994 bis 9. April 1999 in der wissenschaftlichen Redaktion des M-Instituts in F als Fremdsprachensekretärin mit Aufgaben im Lektorat, in der Redaktion und im Layout tätig. Sie erhielt zunächst Gehalt der Vergütungsgruppe VIb und danach Vb des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT). Vom 1. Dezember 2000 bis September 2003 war die Klägerin als Aushilfsangestellte (Schreibangestellte) an der A-Universität in F in Vergütungsgruppe VIII BAT beschäftigt. Von 2003 bis 2005 war sie Stipendiatin und bis 2007 Doktorandin der beklagten Universität. Seit 23. September 2004 war die Klägerin daneben aufgrund verschiedener Verträge für die Beklagte tätig, die die Parteien als Dienst- oder Werkverträge bezeichneten. Danach hatte sie interkulturelle Workshops zu entwickeln, zu konzipieren, durchzuführen und zu evaluieren. Bezeichnet waren die Inhalte der Workshops nach den Verträgen als „Interkulturelle Mediation in der Grenzregion“, „International“, „Deutsch-Polnisch“, „Deutsch-polnisches Verhandeln“ und „Interkulturelle Trainerausbildung“. Außerdem führte sie Seminare zum Thema „Interkulturelle Kommunikation“ durch. Für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 schlossen die Parteien einen beispielhaft vorgelegten Vertrag „über eine freie Mitarbeit (Honorarvertrag)“. Er lautet auszugsweise:

        

㤠1

        

Vertragsgegenstand

        

(1)     

Die Auftraggeberin beauftragt die freie Mitarbeiterin mit der Vorbereitung und Durchführung interkultureller Workshops für Studierende und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

        

(2)     

Den erteilten Auftrag führt die freie Mitarbeiterin in eigener Verantwortung aus. Dabei hat sie zugleich die Interessen der Auftraggeberin zu berücksichtigen. Die freie Mitarbeiterin unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Auftraggeberin. Sie hat jedoch fachliche Vorgaben so weit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.

        

§ 2

        

Vertragsbeginn und Vertragsbeendigung

        

(1)     

Das Vertragsverhältnis beginnt am 20. September und endet am 20. Dezember 2007.

        

(2)     

Eine Kündigung ist jederzeit möglich. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.

        

§ 3

        

Keine Höchstpersönlichkeit

        

Die freie Mitarbeiterin ist nicht verpflichtet, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen. Sie kann sich hierzu, soweit der jeweilige Auftrag dies gestattet, auch der Hilfe von Erfüllungsgehilfen bedienen, soweit sie deren fachliche Qualifikation sichergestellt hat.

        

§ 4

        

Ablehnungsrecht der Auftragnehmerin

        

Die freie Mitarbeiterin hat das Recht, einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen.

        

§ 5

        

Verhältnis der Auftragnehmerin zu Dritten

        

Die freie Mitarbeiterin hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu werden. Einer vorherigen Zustimmung der Auftraggeberin bedarf es hierfür nicht.

        

§ 6

        

Tätigkeitsort

        

Die freie Mitarbeiterin wählt den Tätigkeitsort nach ihrem freien Ermessen. Sofern nach der Eigenart der übernommenen Tätigkeit erforderlich, erhält die freie Mitarbeiterin die Möglichkeit, die Einrichtungen der Universität in Absprache mit der Projektverantwortlichen in angemessenem Umfang zu benutzen. Die freie Mitarbeiterin ist dabei an dienstliche Weisungen (z. B. Dienstzeiten, Nachweis der Arbeitsunfähigkeit etc.) nicht gebunden. Ausgenommen hiervon sind jedoch Vorschriften über Sicherheitsvorkehrungen.

        

§ 7

        

Vergütung

        

(1)     

Die freie Mitarbeiterin erhält für ihre nach § 1 des Vertrages erbrachte Tätigkeit ein Honorar in Höhe von 15.000,00 Euro. Damit sind alle Aufwendungen und Nebenkosten abgegolten.

        

(2)     

Dieser Betrag enthält die gesetzliche Mehrwertsteuer, sofern diese zu entrichten ist.

        

(3)     

Gegebenenfalls anfallende Steuern sind von der freien Mitarbeiterin selbst zu entrichten.

        

…       

        
        

…“    

3

Der Klägerin stand ein Büro für Vor- und Nacharbeiten zur Verfügung. 2007 erhielt sie einen Sonderpreis, den „BMW Group Award für Interkulturelles Lernen 2007“ als „Anerkennung für herausragendes persönliches Engagement zum Thema Interkulturelles Lernen im Sinne der Völkerverständigung“. Der Preis stand im Zusammenhang mit der „Interviadrina“, einem „Programm zum interkulturellen Kompetenzerwerb an einer internationalen Universität in der deutsch-polnischen Grenzregion“. Die Deutsche Rentenversicherung Bund beanstandete die Tätigkeit der Klägerin außerhalb eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht.

4

Seit 1. März 2008 ist die Klägerin bei der Beklagten in mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen als Lehrkraft für besondere Aufgaben/akademische Mitarbeiterin mit unterschiedlichen Wochenstundenzahlen beschäftigt. Hintergrund war zunächst eine Zielvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Wissenschaftsministerium. Später war die Klägerin im Rahmen von Drittmittelprojekten des Europäischen Sozialfonds und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes tätig. In den Arbeitsverträgen nahmen die Parteien Bezug auf die Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Ab 1. März 2008 wurde die Klägerin Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet, ab 1. April 2009 Stufe 2 dieser Entgeltgruppe.

5

Bei der Beklagten sind bzw. waren auch die Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W beschäftigt. Frau Dr. G war im Schreibzentrum eingesetzt. Sie war von 2004 bis 31. März 2007 auf sog. Honorarbasis beschäftigt. Am 1. April 2007 stellte die Beklagte sie als Arbeitnehmerin ein. Seit einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2008 ordnete die Beklagte sie Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu. Herr Dr. Gr, der muttersprachlich spanisch spricht, ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Sprachenzentrum der Beklagten. Er war zuvor als Redaktionsassistent, als selbständiger Redakteur und als Lehrbeauftragter tätig. Bei seiner Einstellung wurde er in Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L eingestuft. Frau Dr. W ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der kulturwissenschaftlichen Fakultät. Bei ihrer Einstellung erkannte die Beklagte eine Promotionszeit im Rahmen eines Stipendiums sowie Lehraufträge als Vorbeschäftigungszeiten an und ordnete sie Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu.

6

Mit Schreiben vom 2. Februar 2009 bat die Klägerin darum, ihre Stufenzuordnung zu überprüfen. Der Antrag führte nicht zu einer höheren Zuordnung. Die Klägerin verlangt deshalb festzustellen, dass ihr ab 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 und vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zusteht. Durch § 16 idF von § 40 Nr. 5 TV-L (TV-L Hochschule) ist in der „durchgeschriebenen“ Ursprungsfassung des § 16 TV-L Hochschule vom 12. Oktober 2006 geregelt:

        

㤠16 Stufen der Entgelttabelle

        

…       

        

(2) 1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3.

        

4Werden Beschäftigte in den Entgeltgruppen 13 bis 15 eingestellt, gilt ergänzend: Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden grundsätzlich anerkannt. …

        

6Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

        

Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2:

        

1.    

Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

        

2.    

Ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag über die vorläufige Weitergeltung der Regelungen für die Praktikantinnen/Praktikanten beziehungsweise nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Arbeitsbedingungen der Praktikantinnen/Praktikanten der Länder gilt grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung.

        

3.    

Ein vorheriges Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt; bei Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern ab der Entgeltgruppe 13 verlängert sich der Zeitraum auf längstens zwölf Monate.

        

…       

        

(3) 1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Absatz 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

        

-       

Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

        

-       

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

        

-       

Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

        

…       

        
        

(5) 1Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. …

        

4Dies gilt jedoch nur, wenn

        

a)    

sie aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation besondere projektbezogene Anforderungen erfüllen oder

        

b)    

eine besondere Personalbindung beziehungsweise Personalgewinnung erreicht werden soll.

        

…“    

7

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TV-L vom 1. März 2009, der insoweit am 1. März 2009 in Kraft trat, wurde die „durchgeschriebene“ Fassung des § 16 TV-L Hochschule um Abs. 2a ergänzt:

        

„Der Arbeitgeber kann bei Einstellung von Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Absatz 3 Satz 3 und 4) die beim vorherigen Arbeitgeber nach den Regelungen des TV-L, des TVÜ-Länder oder eines vergleichbaren Tarifvertrages erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigen; Absatz 2 Satz 6 bleibt unberührt.“

8

Die Klägerin hat behauptet, die Tätigkeit, die sie seit 1. März 2008 versehe, habe sich gegenüber der früheren, seit 23. September 2004 ausgeübten Tätigkeit nicht verändert. Sie sei in den Unterrichtsbetrieb mit den geltenden Studien- und Prüfungsordnungen eingebunden gewesen. Auf der Grundlage des letzten sog. Honorarvertrags sei sie durchgehend bis 29. Februar 2008 tätig gewesen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei den sog. Dienst- und Werkverträgen habe es sich in Wahrheit um Arbeitsverträge gehandelt. Ihr habe deswegen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Hochschule bereits seit 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugestanden, seit 1. April 2011 Entgelt nach Stufe 4. Zumindest sei sie zur Deckung des Personalbedarfs eingestellt worden. Das für § 16 Abs. 2 Satz 6 TV-L Hochschule nötige Personalgewinnungsinteresse habe wegen des auf sie zugeschnittenen Drittmittelprojekts und des Sonderpreises bestanden. Es lasse sich auch aus ihrer Vorbefassung mit dem Thema, besonderen Referenzen, ihrer wissenschaftlichen Vita und ihrem perfekten Polnisch ableiten. Dem Förderantrag für die ihr übertragene Tätigkeit habe kein anderer Beschäftigter gerecht werden können. Das gebundene Ermessen der Beklagten sei demnach auf Null reduziert gewesen. Jedenfalls bestehe ein Anspruch auf Neubescheidung. Sollten die Tarifnormen die erstrebte Stufenzuordnung nicht begründen, verstießen sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Stufenzuordnung sei auch unwirksam, weil der Personalrat ihr nicht zugestimmt habe. Im Übrigen sei sie mit den Arbeitnehmern Dr. G, Dr. Gr und Dr. W gleichzubehandeln.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die Zeit ab 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 und ab 1. April 2011 bis 30. September 2011 Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Vergütungsdifferenz zwischen den Stufen 1 und 3 für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. März 2009, zwischen den Stufen 2 und 3 für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis 31. März 2011 und zwischen den Stufen 3 und 4 für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011, jeweils ab dem 1. des Folgemonats.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich dahin eingelassen, dass es sich bei den vor dem 1. März 2008 versehenen Aufgaben um andere Tätigkeiten der Klägerin - die Vermittlung interkultureller Kompetenzen außerhalb curricularer Veranstaltungen - gehandelt habe. Die Workshops und Seminare, die die Klägerin betreut habe, seien Zusatzangebote der Beklagten gewesen. Studierende und Mitarbeiter hätten in diesem Rahmen die Möglichkeit gehabt, bestimmte Schlüsselqualifikationen zu erwerben. Dass die Klägerin über den 20. Dezember 2007 hinaus für die Beklagte tätig gewesen sei, sei darauf zurückzuführen, dass sie den Auftrag bis zu diesem Datum nicht abgearbeitet gehabt habe. Die Beklagte hat gemeint, die Tätigkeiten der Klägerin vor dem 1. März 2008 könnten für die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Hochschule nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt worden seien. Auch im Rahmen von Dienst- und Werkverträgen seien fachliche Vorgaben einzuhalten, soweit das für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung erforderlich sei. Der Klägerin stünden die erhobenen Ansprüche auch aufgrund von § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4, § 16 Abs. 2 Satz 6 und § 16 Abs. 5 TV-L Hochschule nicht zu. Hinsichtlich der Personalratsbeteiligung habe sie den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts genügt. Der wissenschaftliche Personalrat habe sein Mitbestimmungsrecht bei der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 bis 3 TV-L Hochschule ausgeübt. Für die Anerkennung förderlicher Zeiten komme ihm nur ein Informationsrecht zu. Die Klägerin sei auch nicht mit Frau Dr. G gleichzubehandeln. Für deren Einstellung habe ein besonderes Gewinnungsinteresse mit Blick auf den Aufbau und die Leitung des Schreibzentrums bestanden. Frau Dr. G sei durch die Drittmittelgeberin ausdrücklich benannt gewesen. Für die Stelle der Klägerin habe es demgegenüber keine Probleme bei der Personalgewinnung gegeben, zumal die Drittmittelgeberin die Klägerin für das Drittmittelprojekt nicht benannt habe. Auch Herr Dr. Gr und Frau Dr. W seien mit der Klägerin nicht vergleichbar, weil für sie ein besonderes Gewinnungsinteresse bestanden habe. Für Herrn Dr. Gr gelte das, weil er - unstreitig - der einzige Muttersprachler der Sprache Spanisch unter den Bewerbern gewesen sei. Frau Dr. W sei eine Spezialistin auf dem Gebiet der Gebärdensprachlinguistik. Im Übrigen handle es sich um personenbezogene Einzelfallentscheidungen. Die Klägerin habe sich jedenfalls mit dem Arbeitsvertrag vom 1. April 2011 mit der Zuordnung zu Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L einverstanden erklärt. Im Übrigen sei die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L nicht gewahrt.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

13

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Das angestrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Berechnung der Vergütung beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden.

14

I. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter, auf ein höheres Entgelt gerichteter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit gegenwärtige rechtliche Vorteile erstrebt(vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10 - Rn. 13).

15

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Mit dem angestrebten Feststellungsurteil wird die Stufenzuordnung der Klägerin und mit ihr die Berechnung der Vergütung auch zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 350/10 - Rn. 12). Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen ua. prozessökonomische Gründe. Die Klägerin war deswegen nicht gehalten, objektiv gehäufte Leistungsklagen zu erheben.

16

III. Der Feststellungsantrag ist auch zulässig, soweit er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 7 und 10; ausdrücklich 26. März 1997 - 4 AZR 489/95 - zu I der Gründe). Die Zinsforderung ist gegenüber der Hauptforderung akzessorisch. Sie soll in prozessualer Hinsicht das Schicksal der Hauptforderung teilen, wie § 4 Abs. 1 und § 264 Nr. 2 ZPO zeigen(vgl. schon BAG 21. Januar 1970 - 4 AZR 106/69 - BAGE 22, 247, 249).

17

B. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin war in den streitgegenständlichen Zeiträumen den richtigen Stufen der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet. Sie hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die erstrebten Zuordnungen zu Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L ab 1. März 2008 und zu Stufe 4 dieser Entgeltgruppe vom 1. April 2011 bis 30. September 2011. Die Klägerin war für die Zeit ab 1. März 2008 nach § 16 Abs. 2 Satz 1 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L zunächst Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet. Nach dem Ende der Stufenlaufzeit des § 16 Abs. 3 Satz 1 erster Spiegelstrich TV-L ab 1. April 2009 war die Klägerin Stufe 2 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet.

18

I. Ein Anspruch der Klägerin auf die erstrebten Stufenzuordnungen ergibt sich nicht aus dem im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L. Aus dem Vortrag der Klägerin geht nicht hervor, dass sie von der Beklagten in der Zeit vor dem 1. März 2008 in einem Arbeitsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt wurde. Ihre in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

19

1. § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L erfordert nach dem eindeutigen Wortlaut der Tarifregelung eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Begriffsbestimmung ist maßgeblich, welche Bedeutung die Tarifvertragsparteien dem Begriff im jeweiligen Regelungszusammenhang geben wollen (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9). Gebrauchen die Tarifvertragsparteien einen Rechtsbegriff, ist anzunehmen, dass sie ihn in seiner rechtlichen Bedeutung verwenden wollen (st. Rspr., vgl. nur BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 696/11 - Rn. 17; 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 18). Das zieht die Revision auch nicht in Zweifel.

20

2. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass zwischen den Parteien vor der Begründung des Arbeitsverhältnisses, das zum 1. März 2008 aufgenommen wurde, bereits nach dem Vorbringen der Klägerin kein Arbeitsverhältnis bestand. Den früheren Rechtsverhältnissen lagen sog. Werk- oder Dienstverträge zugrunde.

21

a) Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung vom Dienstvertrag kommt es darauf an, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 15; BGH 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330).

22

b) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von den Rechtsverhältnissen eines Werkunternehmers oder selbständig Dienstleistenden entscheidend durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit (vgl. für die Abgrenzung zum Werkvertrag BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16; BGH 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - zu I 2 b aa der Gründe). Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16 mwN; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Ob ein Werkvertrags-, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihr Arbeitsverhältnis anders bezeichnen (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16).

23

c) Welches Rechtsverhältnis begründet wurde, ist anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15).

24

d) Diese Grundsätze gelten auch für Unterrichtstätigkeiten. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (vgl. BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 14; 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 19; 9. Juli 2003 - 5 AZR 595/02 - zu II 2 der Gründe; Reinecke ZTR 2013, 531, 532 ff.). Das gilt selbst dann, wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit zuvor festgelegtem Programm handelt (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe). Jedenfalls im Bereich von Universitäten und Hochschulen ist die Bindung an hochschulrechtliche Vorschriften und Lehrpläne zumindest dann nicht entscheidend, wenn die Lehrtätigkeit nicht durch das Ziel eines förmlichen Hochschulabschlusses oder universitären Abschlusses geprägt wird. Dann liegt der Vergleich mit Lehrkräften an einer Volkshochschule außerhalb schulischer Lehrgänge nahe (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe). Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, sind nur dann Arbeitnehmer, wenn die Vertragsparteien das vereinbart haben oder sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass der für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit erreicht ist (vgl. BAG 29. Mai 2002 - 5 AZR 161/01 - zu II 2 der Gründe). Methodische und didaktische Anweisungen zur Unterrichtsgestaltung können sowohl bei Volkshochschuldozenten als auch im Hochschul- und Universitätsbereich zu fremdbestimmter persönlicher Abhängigkeit führen (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 d aa und bb der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 c aa der Gründe; im Unterschied dazu für Lehrkräfte, die nicht an Universitäten oder Hochschulen und nicht als Volkshochschuldozenten tätig sind, zB BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 14; 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 19; grundlegend 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II der Gründe, BAGE 84, 124; LAG Düsseldorf 18. März 2013 - 9 Sa 1746/12 - zu I 1 a aa der Gründe mwN: nicht individualisierende, sondern typisierende Betrachtung).

25

e) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass zwischen den Parteien auch schon vor dem 1. März 2008 nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist, soweit sie sich auf Tatsachen stützt, nur darauf überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Klägerin nicht auf.

26

aa) Die schriftlichen Vertragsgrundlagen deuten nicht darauf hin, dass die Klägerin vor ihrer Beschäftigung seit 1. März 2008 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stand. Sie können nur anhand des exemplarisch vorgelegten Vertrags „über eine freie Mitarbeit (Honorarvertrag)“ für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 beurteilt werden.

27

(1) Dieser Vertrag ist allerdings nicht als Werkvertrag anzusehen. Nach § 631 Abs. 1 BGB handelt es sich nur dann um einen Werkvertrag, wenn sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werks verpflichtet. Ein „Werk“ setzt ein fassbares Arbeitsergebnis voraus. Die Klägerin schuldete jedoch keinen bestimmten Erfolg, sondern die Vorbereitung und Durchführung interkultureller Workshops und damit die Unterrichtstätigkeit als solche (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu II der Gründe, BAGE 69, 62).

28

(2) Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei dem für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 vorgelegten Vertrag um einen typischen oder einen nur beschränkt revisiblen atypischen Vertrag handelt. Die Auslegung des Vertrags durch das Landesarbeitsgericht, die ihn als (freien) Dienstvertrag einordnet, lässt auch dann keinen Rechtsfehler erkennen, wenn von einem revisionsrechtlich unbeschränkt überprüfbaren Vertrag ausgegangen wird. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die vertraglichen Regelungen gegen eine persönliche Abhängigkeit der Klägerin während der Vertragsdauer sprechen. In § 1 Abs. 2 des Vertrags war bestimmt, dass die Klägerin keinem Weisungsrecht der Beklagten als Auftraggeberin unterworfen war, sondern lediglich die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags sicherzustellen hatte. § 3 des Vertrags sah vor, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen, sondern Erfüllungsgehilfen heranziehen konnte. Sie durfte einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen ablehnen (§ 4 des Vertrags), für andere Auftraggeber tätig werden (§ 5 des Vertrags) und den Tätigkeitsort unter Berücksichtigung der Erfordernisse der übernommenen Aufgaben frei wählen (§ 6 des Vertrags). Dass die Klägerin die räumlichen Einrichtungen der Beklagten nutzen durfte, spricht nicht für ein Arbeitsverhältnis, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat. Im pädagogischen Bereich ist es typisch, dass auch freie Mitarbeiter ihre Tätigkeit nur in den Räumen des Dienstgebers versehen können und aus diesem Grund an einen bestimmten Ort gebunden sind. Diese Bindung begründet keine persönliche Abhängigkeit (vgl. BAG 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 e der Gründe).

29

bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe keine von den schriftlichen Vertragsgrundlagen abweichende Vertragsdurchführung dargelegt. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergeben sich keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sie vor dem 1. März 2008 im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte tätig war.

30

(1) Die Rüge des § 286 ZPO greift nicht durch.

31

(a) Die Rüge ist zulässig.

32

(aa) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Revisionsgericht nur das Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, zu beurteilen. § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestimmt, dass das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gebunden ist, soweit keine zulässige und begründete Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben worden ist. Die Rüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge, das Tatsachengericht habe bei seiner Tatsachenfeststellung einen bestimmten Sachvortrag übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt, muss genau angegeben werden, aufgrund welchen Vortrags das Berufungsgericht zu welchen Tatsachenfeststellungen hätte gelangen müssen. Weiter ist darzulegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, das Berufungsgericht also bei richtigem Verfahren möglicherweise anders entschieden hätte, sofern sich das nicht aus der Art des gerügten Verfahrensfehlers von selbst ergibt (vgl. BAG 28. August 2013 - 10 AZR 323/12 - Rn. 19; 12. Februar 2013 - 3 AZR 636/10 - Rn. 82).

33

(bb) Diesen Anforderungen genügt die auf § 286 ZPO gestützte Rüge der Revision. Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie durchgehend eine gleichartige Tätigkeit ausgeübt habe. Sie habe Workshops und Seminare durchgeführt. Zudem habe sie Übungen und Prüfungen abgehalten. Das sei aufgrund einer Planung der Beklagten für die einzelnen Semester sowie auf der Grundlage feststehender Lehr- und Studienpläne geschehen. Hierfür bezieht sich die Revision auf S. 4 ihres Schriftsatzes vom 26. Mai 2011. Die Klägerin sei danach seit 23. September 2004 durchgehend aufgrund verschiedener Dienst- und Werkverträge für die Beklagte tätig gewesen, die aufgrund ihrer tatsächlichen Durchführung jedoch ein Arbeitsverhältnis begründet hätten. Die Klägerin habe die interkulturellen Workshops, für die sie später eingestellt worden sei, erst entwickelt. Die Tätigkeit seit 1. März 2008 habe sich gegenüber der Tätigkeit seit 23. September 2004 nicht verändert. Das habe die Beklagte auch niemals bestritten. Die Klägerin sei in den Unterrichtsbetrieb eingebunden gewesen. Dessen Inhalte seien durch Studien- und Prüfungsordnungen vorgegeben gewesen. Gleiches gelte für die Unterrichtserteilung und die Vorgabe der Zeit der Seminare und Übungen.

34

(b) Die auf § 286 ZPO gestützte Rüge ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das von der Revision angeführte tatsächliche Vorbringen berücksichtigt, zu Recht aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltenen rechtlichen Schlüsse aus ihm gezogen. So hat es die Behauptung der Klägerin, ihre Tätigkeit habe sich seit 23. September 2004 über den 1. März 2008 hinaus nicht verändert, in den streitigen Teil des Tatbestands des Berufungsurteils aufgenommen. Es hat aufgrund der gebotenen Gesamtwürdigung der Einzelheiten des beiderseitigen Vortrags jedoch zutreffend erkannt, dass die Klägerin vor dem 1. März 2008 nach der tatsächlichen Durchführung der Vertragsverhältnisse nicht persönlich abhängig und nicht hinreichend in den Betrieb der Beklagten eingegliedert war.

35

(aa) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision zu Recht entscheidend darauf abgestellt, die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie vor dem 1. März 2008 konkreten Einzelweisungen unterworfen gewesen sei. Die Entwicklung der interkulturellen Workshops durch die Klägerin besagt darüber nichts. Die curriculare Bindung ist im Unterrichtsbereich von Universitäten und Hochschulen jedenfalls dann nicht entscheidend, wenn - wie hier - nicht das Ziel eines förmlichen Hochschulabschlusses oder universitären Abschlusses verfolgt wird. Methodische und didaktische Anweisungen zur Unterrichtsgestaltung können dagegen auf ein Arbeitsverhältnis hindeuten (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 d aa und bb der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 c aa der Gründe). Bereits aus der fehlenden vertraglichen Weisungsbefugnis und den nicht behaupteten Einzelweisungen in der tatsächlichen Durchführung der Verträge geht hervor, dass der wirkliche Geschäftsinhalt vor und nach dem 1. März 2008 nicht unverändert blieb.

36

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat ferner zutreffend angenommen, die räumliche und ggf. auch zeitliche Einbindung in den Hochschulbetrieb genüge nicht, um auf persönliche Abhängigkeit der Klägerin schließen zu können. Die Klägerin hat schon nicht vorgebracht, dass es ihr abweichend von dem beispielhaft vorgelegten Vertrag nicht möglich gewesen sei, die Kurse auch außeruniversitär durchzuführen, oder die Beklagte sie abweichend vom Vertragsinhalt konkret angewiesen habe, in bestimmten Räumen tätig zu werden. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass sie entgegen dem Vertrag keinen Einfluss auf die konkrete zeitliche Lage der Unterrichtstätigkeit gehabt habe.

37

(cc) Die Klägerin hat schließlich nicht dargelegt, dass die Beklagte sie über den Vertragsinhalt hinaus zu Nebenarbeiten außerhalb der Unterrichtszeit herangezogen habe, zB zu Fortbildungsveranstaltungen oder Dienstbesprechungen (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 c aa der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 b aa der Gründe). Die Prüfungstätigkeit gehört dagegen zu der vertraglich geschuldeten Dienstleistungspflicht der Klägerin, die auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden kann (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 c der Gründe, aaO; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 b der Gründe).

38

(2) Die im Zusammenhang mit der Einordnung der Rechtsverhältnisse der Parteien vor dem 1. März 2008 erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig.

39

(a) Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen und welche weiteren erheblichen Tatsachen der Revisionskläger in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte. Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung für das Urteil möglicherweise ursächlich war (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 55; 19. Juli 2011 - 3 AZR 383/09 - Rn. 45).

40

(b) Diesen Anforderungen wird die Rüge nicht gerecht. Die Revision hat zwar beanstandet, im Hinblick auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit seien weitere Aufklärungen nicht unternommen worden. Sie hat aber nicht ausgeführt, welchen konkreten Hinweis sie erwartet und welchen Vortrag sie daraufhin gehalten hätte.

41

II. Ein Anspruch auf die begehrten Stufenzuordnungen folgt auch nicht aus § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L, weil die Klägerin in den Jahren 1994 bis 1999 vom M-Institut und in den Jahren 2000 bis 2003 von der A-Universität in F beschäftigt wurde.

42

1. Ist einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L in Stufe 2 bzw. - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 mit einer Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. § 16 Abs. 2 Satz 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L bestimmt, dass Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen für Einstellungen von Beschäftigten in den Entgeltgruppen 13 bis 15 TV-L grundsätzlich anerkannt werden.

43

2. Die Tätigkeiten der Klägerin als Fremdsprachensekretärin im M-Institut in Vergütungsgruppe VIb und später Vb BAT und als Schreibangestellte der A-Universität in Vergütungsgruppe VIII BAT vermittelten ihr jedoch keine einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L.

44

a) Einschlägige Berufserfahrung ist nach Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L nur eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

45

b) Das trifft für die Tätigkeiten als Fremdsprachensekretärin und als Schreibangestellte im Hinblick auf die jetzige wissenschaftliche Tätigkeit der Klägerin nicht zu. Dass es sich nicht um entsprechende Tätigkeiten handelt, wird vor allem am unterschiedlichen Aufgabenzuschnitt deutlich, aber auch am sehr viel niedrigeren Vergütungsniveau der Vorbeschäftigungen. Bei der Stufenzuordnung nach einer Neueinstellung ist bereits erworbene Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 TV-L nur zu berücksichtigen, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 23). Folgerichtig beruft sich die Klägerin seit dem Berufungsrechtszug nicht länger auf einen Anspruch aus § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L.

46

III. Die Klägerin hat auch weder einen Vollanspruch auf die erstrebte frühere Zuordnung zu den höheren Stufen der Entgeltgruppe 13 TV-L noch einen Anspruch auf „Neubescheidung“ aus § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung sind nach ihrem Vortrag nicht erfüllt.

47

1. § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L bestimmt, dass der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen kann, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Die Anforderung einer Einstellung, die der Deckung des Personalbedarfs dient, ist nicht schon dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber lediglich freie, im Haushaltsplan ausgewiesene Stellen besetzen will. Vielmehr setzt das Tatbestandsmerkmal voraus, dass der Personalbedarf sonst quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend gedeckt werden kann (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52; 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15; 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29). Mit der Regelung soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen kann (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52 mwN). Solche Schwierigkeiten können allgemein arbeitsmarktbedingt in bestimmten Tätigkeitsbereichen oder Fachrichtungen, aber auch bei örtlich besonders schwieriger Bewerberlage für bestimmte Aufgaben auftreten (vgl. LAG Baden-Württemberg 21. März 2011 - 22 Sa 76/10 - zu II 3 a der Gründe).

48

2. Dem Erfordernis des besonderen Personalgewinnungsinteresses wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Ihre in diesem Zusammenhang erhobene Rüge des § 286 ZPO ist ordnungsgemäß ausgeführt. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

49

a) Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe im Rahmen des Personalgewinnungsinteresses nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie die interkulturellen Workshops selbst entwickelt habe, mit dem Preis der BMW Group ausgezeichnet worden sei, hervorragende Referenzen der früheren Präsidentin der Beklagten Prof. Dr. S vorweisen könne, perfekt polnisch spreche und nach ihrer wissenschaftlichen Vita für die Stelle besonders ausgewiesen sei.

50

b) Diesen Vortrag hat das Landesarbeitsgericht zur Kenntnis genommen, wie sich dem streitigen Tatbestand des Berufungsurteils entnehmen lässt. Es hat daraus aber zu Recht nicht gefolgert, dass der Personalbedarf ohne die Einstellung der Klägerin quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend hätte gedeckt werden können. Soweit die Klägerin rügt, die Entwicklung der Workshops durch sie selbst begründe ein gesteigertes Personalgewinnungsinteresse, heißt das nicht, dass auf dem allgemeinen oder örtlichen Arbeitsmarkt eine besonders schwierige Bewerberlage bestand. Aus dem Vorbringen der Klägerin geht nicht hervor, dass arbeitsmarktbedingt kein anderer Bewerber für die Stelle in Betracht kam, der sie hätte einnehmen können. Die Klägerin macht der Sache nach geltend, sie sei besonders geeignet für die Position und habe keine oder nur eine geringe Einarbeitungszeit gebraucht. Entsprechendes gilt für den BMW Group Award, die Referenzen der früheren Präsidentin der Beklagten, das perfekte Polnisch der Klägerin und ihren wissenschaftlichen Lebenslauf. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob eine Einstellung immer schon dann nicht zur Deckung des Personalbedarfs erfolgt, wenn der eingestellte Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag - wie hier - vorbehaltlos ohne Berücksichtigung der früheren beruflichen Tätigkeit schließt (so LAG Baden-Württemberg 21. März 2011 - 22 Sa 76/10 - zu II 3 a der Gründe, erledigt durch Vergleich im Revisionsverfahren - 6 AZR 254/11 -).

51

3. Da bereits der Tatbestand des § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L nicht erfüllt ist, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob auf der Rechtsfolgeseite billiges Ermessen iSv. § 315 BGB auszuüben ist oder freies ungebundenes Ermessen besteht(offengelassen von BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17).

52

IV. Auch § 16 Abs. 5 Satz 1 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 2 TV-L stützt die erhobenen Ansprüche nicht. Die Klägerin beruft sich ausschließlich auf eine sog. Vorweggewährung zur Deckung des Personalbedarfs. Das Erfordernis des in § 16 Abs. 5 Satz 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 2 TV-L besonders hervorgehobenen gesteigerten Personalgewinnungsinteresses ist aus den soeben genannten Gründen nicht gewahrt.

53

V. Aus denselben Gründen kann der Senat offenlassen, ob die in § 16 Abs. 2 Satz 6 und Abs. 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L geregelten Tatbestände Vorbeschäftigungen in Arbeitsverhältnissen voraussetzen oder für diese Regelungen auch selbständige Tätigkeiten aufgrund freien Dienstvertrags oder Werkvertrags genügen. Die Klägerin hat ein gesteigertes Personalgewinnungsinteresse nicht dargelegt.

54

VI. Soweit die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L getroffenen Bestimmungen schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut an den vorangegangenen Bestand eines Arbeitsverhältnisses anknüpfen, kann dem keine unbeabsichtigte Tariflücke entnommen werden.

55

1. Das abgeschlossene, sehr differenzierte System der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 bis 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L zeigt den abschließenden Charakter der Regelungen. Mit § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L wollten die Tarifvertragsparteien Vorbeschäftigungen in persönlicher Abhängigkeit bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber durch (Voll-)Ansprüche auf vollständige oder teilweise Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten privilegieren. Dem liegt ersichtlich die Überlegung zugrunde, dass Vorbeschäftigungszeiten in persönlicher Abhängigkeit dem Charakter des später begründeten, durch das Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO) gekennzeichneten Arbeitsverhältnisses weiter gehend entsprechen, als dies bei selbständigen Tätigkeiten der Fall ist. Die Tarifvertragsparteien waren sich des Problems möglicher anderer Rechtsverhältnisse außerhalb von Arbeitsverhältnissen bewusst. Das zeigt sich insbesondere an der in Protokollerklärung Nr. 2 zu § 16 Abs. 2 TV-L für Praktikanten getroffenen Regelung.

56

2. Dieser Regelungswille steht einer unbeabsichtigten Tariflücke entgegen. Die Arbeitsgerichte dürfen nicht gegen den - hier erkennbar geäußerten - Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen „schaffen“ oder die schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei durch Vertragshilfe ausgleichen. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 31).

57

VII. Die Tarifvertragsparteien überschritten mit dem Konzept der Unterscheidung von Arbeitsverhältnissen und anderen Rechtsverhältnissen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L nicht die Grenzen ihrer Regelungsmacht. Die Differenzierung durch den Begünstigungsausschluss selbständig Tätiger verletzt entgegen der Auffassung der Revision nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Frühere selbständige Tätigkeit ist kein mit der Vorbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis vergleichbarer Sachverhalt.

58

1. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dennoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Unterscheidungen führen und daher Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 15; 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12, BAGE 135, 313). Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 34).

59

2. Art. 3 GG untersagt zwar auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird(vgl. BVerfG 10. Juli 2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 1 BvL 3/10, 1 BvL 1 BvL 4/10, 1 BvL 1 BvL 3/11 - Rn. 21, BVerfGE 132, 72; 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 78, BVerfGE 126, 400; BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16; 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Verfassungsrechtlich erheblich ist jedoch nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 34; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16).

60

3. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 79, BVerfGE 126, 400; BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 20).

61

4. Gemessen daran ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses von den zu (Voll-)Ansprüchen ausgestalteten Anrechnungstatbeständen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L ausnahmen (krit. Kossens jurisPR-ArbR 15/2012 Anm. 5).

62

a) Für die Anrechnungstatbestände in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L wird nur die Berufserfahrung berücksichtigt, die dem Arbeitnehmer und damit seinem Arbeitgeber auch in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt (vgl. 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 19). Typisierend gingen die Tarifvertragsparteien bei abhängiger Beschäftigung nach selbständiger Tätigkeit angesichts der anderen Strukturen der Rechtsverhältnisse davon aus, dass eine frühere selbständige Tätigkeit dem Arbeitgeber in einem späteren Arbeitsverhältnis nicht zugutekommt. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist aus dieser Sicht eine Zäsur, die den Übergang in völlig andere rechtliche Beziehungen markiert. Das gilt im Fall des § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L selbst dann, wenn es sich um dieselben Vertragspartner handelt. Die Tätigkeit ist nun fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit zu versehen und vom Direktionsrecht des Arbeitgebers aus § 106 Satz 1 GewO geprägt. Im Gegenzug erlangt der Eingestellte weiter gehende Schutzrechte, als sie ihm außerhalb des Arbeitsverhältnisses zukamen. Die rechtliche Situation eines zuvor selbständig Tätigen verändert sich demnach mit Blick auf Rechte und Pflichten erheblich. Damit wechselt auch der Charakter der Berufserfahrung, die er in den unterschiedlichen Rechtsverhältnissen sammelt. Das wird im Streitfall besonders deutlich. Die Klägerin war auf der Grundlage des für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 geschlossenen Dienstvertrags nicht weisungsgebunden. Sie durfte sogar - über die Zweifelsregelung des § 613 Satz 1 BGB hinaus - Erfüllungsgehilfen einsetzen und ihnen Weisungen erteilen. In dem jetzigen Arbeitsverhältnis ist sie dagegen unmittelbar weisungsgebunden.

63

b) Das Konzept der Tarifvertragsparteien, selbständige Tätigkeiten von einer Anrechnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L auszunehmen, ist deswegen von ihrer typisierenden Einschätzungsprärogative gedeckt. Es ist nicht sachfremd, nach dem typischen Charakter der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zu differenzieren (vgl. BVerfG 28. November 1997 - 1 BvR 8/96 - zu II der Gründe). Ob den Tarifvertragsparteien mit der unterbleibenden Anrechnung von Zeiten selbständiger Tätigkeit eine zweckmäßige und überzeugende Regelung gelungen ist, hat der Senat nicht zu beurteilen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26 mwN).

64

c) Diese Lösung entspricht der bisherigen Rechtsprechungslinie.

65

aa) So hat der Senat die unterschiedlich ausgestalteten Anrechnungstatbestände bei demselben und einem anderen Arbeitgeber in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L als nicht gleichheitswidrig akzeptiert(vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 15 ff., BAGE 135, 313).

66

bb) Der Senat hat es auch für vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, dass Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung nicht ebenso berücksichtigt werden wie Zeiten einschlägiger Berufserfahrung bei ununterbrochenem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit diesem Arbeitgeber (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9; 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26). Das gilt allerdings nicht für vorangegangene befristete Arbeitsverhältnisse. Befristet und unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer sind hinsichtlich ihrer Berufserfahrung vergleichbar, wenn es sich um identische oder zumindest gleichwertige Tätigkeiten handelt. In diesem Fall besteht gewissermaßen ein einheitliches, fortgesetztes Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 28; 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 30). Von dem Fall der vorangegangenen Befristung abgesehen liegt es grundsätzlich innerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, ob und ggf. in welchem Umfang sie vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeübte Tätigkeiten auf die Stufenlaufzeit anrechnen. Die Tarifvertragsparteien dürfen daher Arbeitnehmer, die die einschlägige Berufserfahrung in einem ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnis erworben haben, bei der Stufenzuordnung gegenüber Arbeitnehmern begünstigen, die nach der Beendigung ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen sind. Das gilt grundsätzlich auch im Fall der Wiedereinstellung im unmittelbaren Anschluss an das vorherige unbefristete Arbeitsverhältnis. Diesen Sonderfall mussten die Tarifvertragsparteien nicht der Beschäftigung in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis gleichstellen. Sie durften annehmen, dass ein Arbeitnehmer nach dem Ende eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses typischerweise nicht sofort wieder von demselben Arbeitgeber eingestellt wird (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26 mwN). Daran wird deutlich, dass Tarifvertragsparteien Lebenssachverhalte, die in wesentlichen Elementen gleichgeartet sind, bei der Gruppenbildung normativ zusammenfassen dürfen und dabei Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen dürfen, soweit sie sich am Regelfall orientieren. Sie sind nicht gehalten, allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen, sofern die vorgenommenen Verallgemeinerungen tragfähig sind und die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sind (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 26).

67

VIII. Die geltend gemachten Ansprüche lassen sich auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

68

1. Der Senat hat diese Anspruchsgrundlage zu untersuchen. Die Auffassung der Beklagten, nur die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tariflichen Anspruchsgrundlagen seien zu überprüfen, trifft nicht zu.

69

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Revision unbeschränkt hinsichtlich sämtlicher prozessualer Streitgegenstände zugelassen. Die Klägerin hat auch mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz Rügen geführt. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob es sich wegen des abweichenden zugrunde liegenden Sachverhalts um einen anderen prozessualen Streitgegenstand iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO als die tarifliche Stufenzuordnung und damit um eine objektive Klagegrundhäufung handelt.

70

b) Wäre der Streitgegenstand demgegenüber prozessual identisch, wäre der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO selbst ohne den - hier geführten - Revisionsangriff nicht an die geltend gemachten Revisionsgründe gebunden(vgl. BGH 29. Juni 2010 - X ZR 193/03 - Rn. 7, BGHZ 186, 90). Die Klägerin hat im Zusammenhang mit der Frage der tarifgerechten Stufenzuordnung zulässige Verfahrens- und Sachrügen erhoben. Das eröffnete im Fall eines identischen prozessualen Streitgegenstands den gesamten Prüfungsstoff des Falls. In diesem Rahmen wären alle materiellen Anspruchsgrundlagen zu bedenken.

71

2. Die Beklagte wandte die Stufenzuordnungsregeln des § 16 Abs. 2 und 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht bewusst übertariflich auf die drei Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W an.

72

a) Wendet ein Arbeitgeber das mit einer Gewerkschaft ausgehandelte Regelwerk für den erfassten Personenkreis gelöst von den tariflichen Voraussetzungen an, macht er es zu seinem eigenen, von ihm selbst gesetzten Ordnungsgefüge. Er muss dieses Verhalten am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes messen lassen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 44). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62).

73

b) Danach kann die Klägerin die erstrebten früheren Zuordnungen zu höheren Entgeltstufen auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht beanspruchen.

74

aa) Der Senat kann zugunsten der Klägerin annehmen, dass es sich bei den früheren Zuordnungen der Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W zu höheren Stufen nicht nur um Einzelfälle handelte und der Gleichbehandlungsgrundsatz daher zu beachten ist. Im Bereich des Entgelts gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Vergütungen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet allerdings auch im Bereich des Entgelts Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 44; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

75

bb) Das Landesarbeitsgericht hat gleichwohl rechtsfehlerfrei angenommen, die Klägerin habe keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Abweichung von dem regelmäßig gewollten Normvollzug dargelegt.

76

(1) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo der Arbeitgeber durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung schafft, nicht jedoch bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 46; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14 mwN). Darin liegt keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche Entscheidung trifft der Arbeitgeber erst, wenn er in Kenntnis einer fehlenden Rechtsgrundlage Leistungen erbringt (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17).

77

(2) Eine derartige bewusste Entscheidung hat die Klägerin nicht ausreichend dargelegt. Das Landesarbeitsgericht hat aus ihrem Vorbringen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht die Überzeugung gewonnen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die Beklagte habe die drei Arbeitnehmer bewusst und nicht nur rechtsirrig früher höheren Entgeltstufen zugeordnet. Die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht sei ihrem Vortrag nicht nachgegangen, den Arbeitnehmern Dr. G, Dr. Gr und Dr. W seien übertarifliche Leistungen gewährt worden, greift nicht durch.

78

(a) Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen außer Acht gelassen, für die drei Arbeitnehmer habe kein besonderes Personalgewinnungsinteresse bestanden. Sie habe zudem bestritten, dass Frau Dr. G im Drittmittelantrag der Drittmittelgeberin benannt gewesen sei. Auch die Klägerin beherrsche die polnische Sprache perfekt, obwohl der Arbeitnehmer Dr. Gr nach den Ausführungen der Beklagten der einzige Muttersprachler unter den Bewerbern gewesen sei.

79

(b) Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag im streitigen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich behandelt. Es hat ihn für seine rechtliche Würdigung aber für unbeachtlich gehalten, weil es angenommen hat, auch nach dem streitigen Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Arbeitnehmern abweichend von den tariflichen Regelungen übertarifliche Leistungen habe gewähren wollen. Die Beklagte habe ersichtlich keine von den tariflichen Bestimmungen abweichende eigene Ordnung schaffen wollen, nach der jedenfalls einem Teil der neu eingestellten Arbeitnehmer unabhängig von den tariflichen Regelungen höhere Stufen hätten gewährt werden sollen. Es komme deswegen im Ergebnis nicht darauf an, ob die Beklagte in Einzelfällen von geringeren Anforderungen des Tatbestandsmerkmals „zur Deckung des Personalbedarfs“ ausgegangen sei, als das bei zutreffender Auslegung richtig gewesen wäre.

80

(c) Diese Überzeugungsbildung ist nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu beanstanden und lässt keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin beruft sich auch mit ihrer Verfahrensrüge auf keinen Vortrag, der Anhaltspunkte dafür erkennen ließe, dass die Beklagte die drei Arbeitnehmer bewusst und nicht rechtsirrig früher höheren Entgeltstufen zuordnete. Aus den Darlegungen der Klägerin geht der Ausnahmetatbestand einer bewussten verteilenden Entscheidung über den bloßen vermeintlichen Normvollzug hinaus demnach nicht hervor. Die Klägerin wurde nicht nach sachfremden Kriterien ausgegrenzt.

81

(d) Soweit die Klägerin wegen ihrer polnischen Sprachkenntnisse ein ebenso großes Personalgewinnungsinteresse für sich wie für den Arbeitnehmer Dr. Gr reklamiert, lässt sie ferner unberücksichtigt, dass die Beklagte unbestritten einen spanischsprachigen Muttersprachler gewinnen wollte.

82

IX. Die Klägerin hat selbst dann nicht Anspruch auf die früheren Zuordnungen zu den höheren Entgeltstufen, wenn die Beklagte das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt haben sollte.

83

1. Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob ein solches Mitbestimmungsrecht bestand und ob es nach dem festgestellten Sachverhalt verletzt wurde. Wird beides zugunsten der Klägerin unterstellt, stützt das die erhobenen Ansprüche dennoch nicht.

84

2. Die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts kann nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung auch im Personalvertretungsrecht dazu führen, dass Entscheidungen des Arbeitgebers unwirksam sind (vgl. BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 29). Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmervertretung führt jedoch nicht zu individualrechtlichen Ansprüchen der betroffenen Arbeitnehmer, die zuvor nicht bestanden. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers. Benachteiligend sind nur solche Maßnahmen, die bereits bestehende Rechtspositionen des Arbeitnehmers schmälern (vgl. BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 42, BAGE 135, 13). Der Arbeitnehmer erlangt dagegen auch durch eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts keinen Anspruch auf Leistungen, die der Arbeitgeber nicht schuldet (vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - Rn. 43; s. auch 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 40). Die von der Klägerin aus einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts abgeleitete gesteigerte Darlegungslast der Beklagten für die tarifgerechte Stufenzuordnung besteht deshalb nicht.

85

X. Da die erhobenen Ansprüche auf die erstrebten Stufenzuordnungen nicht entstanden sind, kommt es auf die Frage, ob und welche Ansprüche auf Einzelleistungen nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen wären, nicht an(vgl. dazu BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 47 mwN).

86

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    M. Geyer    

        

    Steinbrück    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 2011 - 16 Sa 439/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht eine Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 (TV UmBw) in den Fassungen der Änderungstarifverträge Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und Nr. 3 vom 10. Dezember 2010.

2

Die Beklagte beschäftigte den Kläger seit 1986 als Wachmann und Diensthundeführer im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung, zuletzt als Wachleiter in der Wache der Munitionsanlage „G“. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich laut § 2 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes(MTB II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung.

3

Bis zum Inkrafttreten des Änderungstarifvertrags Nr. 3 zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich des Bundes (TVöD [Bund]) vom 12. September 2008 (Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD [Bund]) betrug die Arbeitszeit des Klägers idR 65 Wochenstunden. Auf sie entfiel regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst. § 46 TVöD-BT-V (Bund) lautet seit seiner Neufassung durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) auszugsweise:

        

„Sonderregelungen für Beschäftigte im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung.

        

Kapitel I.

Beschäftigte im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung

        

Zu Abschnitt I. Allgemeine Vorschriften

        

Nr. 1: Zu § 1 - Geltungsbereich -

        

Die Regelungen dieses Abschnitts gelten für die Beschäftigten des Bundesministeriums der Verteidigung, soweit sie nicht unter Kapitel II oder die Sonderregelung für ins Ausland entsandte Beschäftigte (§ 45) fallen.

        

…       

        

Zu Abschnitt II. Arbeitszeit

        

…       

        

Nr. 4:

Zu §§ 7, 8 - Sonderformen der Arbeit und Ausgleich für Sonderformen der Arbeit -

        

(1) Die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit wird bei der Bemessung des Entgelts mit 50 v.H. als Arbeitszeit gewertet.

        

…       

        

(3) 1Die Arbeitszeitdauer des Feuerwehrpersonals und des Wachpersonals beträgt, wenn in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst vorliegt, 24 Stunden je Schicht, sofern der Gesundheitsschutz der Beschäftigten durch Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten in unmittelbarem Anschluss an die verlängerten Arbeitszeiten gewährleistet wird. …

        

…       

        

(3b) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit des Wachpersonals, sofern in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt, auf bis zu 65 Stunden im Siebentageszeitraum ohne Ausgleich verlängert werden, wenn dienstliche Gründe bestehen und der oder die Beschäftigte schriftlich eingewilligt hat.

                 

Protokollerklärung zu den Absätzen 3a und 3b:

                 

Bei den Stundenzahlen handelt es sich um Durchschnittswerte, bezogen auf einen Ausgleichszeitraum von einem Jahr.

        

(3c) 1Beschäftigten, die die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklären oder die Einwilligung widerrufen, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. …

        

…“    

4

Die Beklagte gab ihren Arbeitnehmern mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. November 2008 den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) bekannt. Dort heißt es:

        

„…    

        

Die Opt-out-Regelungen für das Feuerwehr- und Wachpersonal treten rückwirkend zum 1. September 2008 in Kraft.

        

…       

        

Die Opt-out-Regelung für das Wachpersonal ist befristet bis zum 30. November 2010. Mit dieser Übergangsregelung soll den Organisatoren und Dienststellenleitern die Möglichkeit eröffnet werden, die Verlagerung der Aufgaben des Wachdienstes von den militärischen Dienststellen zur territorialen Wehrverwaltung und die Umorganisation des Wachdienstes zur Verringerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf höchstens 48 Stunden unter Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen zu erreichen. Wurde die Arbeitszeit im Wachdienst bereits auf durchschnittlich höchstens 48 Stunden wöchentlich reduziert, ist von der Inanspruchnahme der Opt-out-Regelung Abstand zu nehmen.

        

Die Inanspruchnahme der Opt-out-Regelung setzt - neben der Einwilligung des Beschäftigten - voraus, dass in die Arbeitszeit regelmäßig in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt. Der Bereitschaftsdienst hat einen erheblichen Umfang, wenn er mindestens ein Drittel der Arbeitszeit des Beschäftigten umfasst.

        

…       

        

Die Verlagerung des Wachdienstes in die territoriale Wehrverwaltung und die Umgestaltung des Wachdienstes zur Einhaltung der Höchstgrenze von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche ohne Erhöhung des Personalbestandes sind Umstrukturierungsmaßnahmen i.S.d. TV UmBw. Somit kommt bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen u.a. eine Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt A TV UmBw in Betracht.

        

Soweit eine Umorganisation des Wachdienstes zur Einhaltung der höchstmöglichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche bereits erfolgt ist, bin ich damit einverstanden, dass die Einkommenssicherung rückwirkend gewährt wird, längstens jedoch für sechs Monate vor Bekanntgabe dieses Erlasses.

        

…“    

5

Der Kläger nahm das Angebot der Beklagten, die Arbeitszeit nach § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) auf bis zu 65 Stunden im Siebentageszeitraum zu verlängern, ebenso wie ein weiterer Wachmann des „G“ nicht an. Alle anderen 16 Wachleute dieser Einheit machten von der Opt-out-Regelung Gebrauch.

6

Für Juli 2009 leistete die Beklagte an den Kläger das Tabellenentgelt und - neben weiteren Entgeltbestandteilen - eine Pauschale für dienstplanmäßige Überstunden von 826,25 Euro sowie einen pauschalen Zeitzuschlag für 62,30 Stunden von 236,88 Euro. Im August 2009 galt sie Überstunden iHv. 264,40 Euro pauschal ab und leistete einen Zeitzuschlag von 75,80 Euro.

7

Seit August 2009 belief sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers auf 48 Stunden. Er erhielt ein entsprechendes Tabellenentgelt nach Entgeltgruppe 5 Stufe 4 TVöD (Bund).

8

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 7. September 2009, ihm eine Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschnitt A TV UmBw zu gewähren. Er errechnete den monatlichen Sicherungsbetrag aus der Differenz der für sog. Überstunden geleisteten Beträge in den Monaten Juli und August 2009 mit 722,93 Euro (826,25 Euro zuzüglich 236,88 Euro = 1.063,13 Euro abzüglich 340,20 Euro [264,40 Euro zuzüglich 75,80 Euro]). Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Schreiben vom 16. September 2009 ab. Sie begründete ihre Ablehnung im Wesentlichen damit, ein Anspruch auf Einkommenssicherung setze voraus, dass die Wache als Ganzes mit dem Ziel umorganisiert werde, künftig alle dort Beschäftigten mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von höchstens 48 Stunden einzusetzen. Eine solche Organisationsmaßnahme habe es für die Wache der Munitionsniederlage „G“ nicht gegeben. Der Kläger habe vielmehr selbst die Entscheidung getroffen, nicht mehr über die in § 3 Satz 1 ArbZG festgelegte Höchstarbeitsgrenze von 48 Stunden im Wochendurchschnitt hinaus arbeiten zu wollen.

9

§ 1 TV UmBw vom 18. Juli 2001 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 lautet in Auszügen:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Beschäftigte), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen.

        

…“    

                 
10

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TV UmBw vom 10. Dezember 2010, der am 1. Januar 2011 in Kraft trat, wurde die in § 1 Abs. 1 TV UmBw genannte Frist bis 31. Dezember 2017 verlängert.

11

§ 7 TV UmBw idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und wortgleich idF des Änderungstarifvertrags Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 gehört zu Abschnitt I TV UmBw. Dort ist wörtlich geregelt:

        

„§ 7   

        

Ergänzung der Einkommenssicherung

        

A.    

Beschäftigte im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten

        

(1)     

Beschäftigte, die bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit (§ 3) mindestens ein Jahr ununterbrochen im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten beschäftigt und Entgelt nach

                 

-       

§ 46 TVöD-BT-V (Bund),

                 

…       

        
                 

erhalten haben und deren Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird, erhalten - ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 - eine Zulage in Höhe des auf die weggefallene, über die regelmäßige Arbeitszeit i.S.d. § 6 Abs. 1 TVöD hinaus gegangene Arbeitszeit, entfallende anteilige Tabellenentgelt i.S.d. Protokollerklärung zu § 8 Absatz 1 Satz 1 TVöD.

        

…“    

        
12

Die Bewachung des Lagers „G“ durch Bundesbedienstete wurde am 15. Dezember 2010 eingestellt. Seitdem wird das Lager durch ein privates Bewachungsunternehmen bewacht. Seit 1. Dezember 2010 erhielt der Kläger eine persönliche Zulage nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw iHv. 402,34 Euro monatlich.

13

Mit seiner Klage verlangt der Kläger Differenzbeträge von 722,93 Euro brutto nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw für die Monate August bis Oktober 2009 in voller Höhe. Fortlaufend ab November 2009 beansprucht er diese monatlichen Beträge mit der Maßgabe, dass die Zulage entsprechend der tariflichen Bestimmung bei jeder künftigen allgemeinen Entgelterhöhung um 25 % abgeschmolzen werde, wobei ein Sockelbetrag iHv. 30 % der Zulage garantiert bleibe.

14

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verringerung der Arbeitszeit sei eine Maßnahme iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw. Die fehlende Neuorganisation des Wachdienstes sei durch die Optionsregelung ersetzt worden, die organisatorisch wirksam sei. Durch die Einwilligung der übrigen Wachleute sei eine Umorganisation des Wachdienstes entbehrlich gewesen. Hätten die Wachleute nicht optiert, wäre eine Umorganisation erforderlich gewesen. Die Verringerung seiner Arbeitszeit beruhe nicht auf seiner eigenen Entscheidung, sondern auf den arbeitszeitrechtlichen Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Ohne diese Vorgaben hätte er seine Arbeitszeit nicht verringern dürfen. Auf die Regelung des § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) könne sich die Beklagte nicht berufen, weil diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2a ArbZG und Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und b der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG unwirksam sei. Der Tarifvertrag enthalte entgegen der gesetzlichen Vorschrift und der Richtlinienvorgabe keine Regelungen, die sicherstellten, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer durch die Arbeitszeiterhöhung nicht gefährdet werde. Der Kläger sei deshalb nicht berechtigt gewesen, von der Option Gebrauch zu machen. Seine Ansprüche bestünden jedenfalls aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Es gebe keinen sachlichen Grund, ihn von der Zahlung der Zulage auszunehmen. Sie werde im Bereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums Leer an Arbeitnehmer, die in die Verlängerung der Arbeitszeit eingewilligt hätten, entsprechend den Regelungen des § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw gezahlt. Die Beklagte habe die Zulage an diese Wachleute - ua. an die Arbeitnehmer K, O und L - unter Verrechnung der tatsächlich erbrachten Überstunden geleistet. Der Einwand, diese Wachleute hätten von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht, trage nicht. Ein solches Vorgehen führe zu einer Maßregelung iSv. § 612a BGB.

15

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate August, September und Oktober 2009 jeweils 722,93 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 4 % über dem Basiszins seit 17. Oktober 2009 auf die jeweiligen Rückstände als Zulage zu seinen Bezügen zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Zulage zu den übrigen Bezügen ab November 2009 jeweils monatlich 722,93 Euro brutto zu zahlen, abzüglich 25 % bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung, mindestens jedoch 216,88 Euro, abzüglich ab Dezember 2010 monatlich gezahlter Zulage von 402,34 Euro brutto.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, ein Anspruch aus § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw setze voraus, dass ein Beschäftigter aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich der damit verbundenen Umgliederung oder Verlegung aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr seinen Arbeitsplatz verliere. Von einem solchen Arbeitsplatzverlust sei der Kläger nicht betroffen. Seine Arbeitszeit habe sich nicht aufgrund einer Umorganisation geändert, sondern aufgrund des Änderungstarifvertrags Nr. 3 zum TVöD (Bund), der unionsrechtlichen Arbeitszeitvorgaben Rechnung getragen habe. Für eine Arbeitszeit von 65 Wochenstunden hätten dienstliche Gründe bestanden. Der Kläger sei mit ihr aber nicht einverstanden gewesen. Er sei auch nicht mit anderen Arbeitnehmern gleichzubehandeln. Soweit in dem Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. November 2008 die Rede davon sei, die Umgestaltung des Wachdienstes durch Reduzierung der Arbeitszeit ohne Erhöhung des Personalbestands sei eine Umstrukturierungsmaßnahme, sei damit der Abbau von Personalüberhängen durch Arbeitszeitverkürzung aufgrund der Änderung von Wachkonzepten an verschiedenen Standorten gemeint. Das Wachkonzept bei der Bewachung des Standorts „G“ sei demgegenüber nicht verändert worden. Wenn von der Opt-out-Regelung kein Gebrauch gemacht worden sei, habe die Beklagte keinen Sicherungsbetrag anstelle der Vergütung für die über die Regelarbeitszeit hinaus erbrachte Arbeitszeit an andere Arbeitnehmer geleistet. Soweit solche Fälle aufgetreten seien, werde die Beklagte aufgrund der fehlerhaften Sachbehandlung Rückforderungsansprüche geltend machen. Eine Verwaltungspraxis, nach der die Beklagte Entgelteinbußen ohne Rücksicht auf die tariflichen Voraussetzungen sichere, gebe es nicht.

17

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

19

A. Die Klage ist auch hinsichtlich des Antrags zu 2. zulässig.

20

I. Der Antrag zu 2. ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger macht geltend, dass ihm aufgrund der Änderung seiner Arbeitszeit auch über die Zeit von August bis Oktober 2009 hinaus seit November 2009 fortlaufend Ansprüche auf die Einkommenssicherungszulage zustehen. Die verfolgten Klageziele lassen sich errechnen. Die abzuschmelzenden Beträge ergeben sich aus den seitdem aufgetretenen allgemeinen Entgelterhöhungen.

21

II. Soweit der Antrag zu 2. Ansprüche erfasst, die auf künftige Zeiträume entfallen, handelt es sich um eine zulässige objektive Klagehäufung, die auf künftige Leistungen gerichtet ist (§§ 258, 260 ZPO). Die erhobenen Ansprüche auf künftige Sicherungsbeträge sind unabhängig vom Umfang der vom Kläger erbrachten Arbeitsleistungen.

22

B. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann seit August 2009 über die seit Dezember 2010 geleisteten Sicherungsbeträge hinaus keine Einkommenssicherungszulage beanspruchen. Seine Forderungen lassen sich weder auf § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw noch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder § 612a BGB stützen.

23

I. Ansprüche des Klägers auf die Einkommenssicherungszulage ergeben sich nicht aus dem durch § 2 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen TV UmBw. Die Voraussetzungen der § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw sind nicht erfüllt. Der sachliche Geltungsbereich des TV UmBw ist nicht eröffnet. Die Änderung der Arbeitszeit des Klägers, die durch § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V (Bund) idF des Änderungstarifvertrags Nr. 3 zum TVöD (Bund) eintrat, ist keine Maßnahme iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw. § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V (Bund) ist aufgrund der Tarifsukzessionsklausel in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden.

24

1. § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw begründet in den Fassungen der Änderungstarifverträge Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 - ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 TV UmBw - den Anspruch auf eine Einkommenssicherungszulage. Der Anspruch besteht ua. für Beschäftigte, die bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit iSv. § 3 TV UmBw mindestens ein Jahr ununterbrochen im Wachdienst beschäftigt waren, Entgelt nach § 46 TVöD-BT-V (Bund) erhielten und deren Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird.

25

2. Nach § 1 TV UmBw ist der Geltungsbereich des TV UmBw für Arbeitnehmer eröffnet, deren Arbeitsplätze aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen(Abs. 1) oder zu einem Dritten verlagert werden (Abs. 2). Zwischen dem Wegfall des Arbeitsplatzes und einer Maßnahme der Neuausrichtung der Bundeswehr muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 213/06 - Rn. 14; 27. Oktober 2005 - 6 AZR 116/05 - Rn. 22; 24. Juni 2004 - 6 AZR 298/03 - zu 3 der Gründe).

26

a) Durch den in § 1 Abs. 1 TV UmBw vorgegebenen Geltungsbereich soll sichergestellt werden, dass die begünstigenden Regelungen des TV UmBw nur auf die Arbeitnehmer angewandt werden, deren Arbeitsplätze durch die Umstrukturierung aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr betroffen sind(vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 213/06 - Rn. 14). Ein Arbeitsplatz fällt iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw zB dann weg, wenn der Arbeitnehmer nach einer durchgeführten Organisationsmaßnahme mit derselben Art der Tätigkeit vertragsgemäß an einem anderen Ort oder in einer anderen betrieblichen Einheit weiterbeschäftigt wird. Ein Arbeitsplatz kann im Tarifsinn aber auch wegfallen, wenn die Arbeitsorganisation geändert wird (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 6 AZR 116/05 - Rn. 18). Die Begriffe des Arbeitsplatzes in § 1 Abs. 1 TV UmBw und der Beschäftigung in § 1 des Tarifvertrags über den Rationalisierungsschutz für Arbeiter des Bundes und der Länder vom 9. Januar 1987 (TV RatArb) sind identisch (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 6 AZR 116/05 - Rn. 21). Die Beschäftigung oder der Arbeitsplatz fallen demnach weg, wenn der Arbeitnehmer nur zu wesentlich veränderten Bedingungen an seinem bisherigen oder einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Entscheidend ist, ob dem Arbeitnehmer eine neue, andere Tätigkeit übertragen wurde (vgl. BAG 29. März 2001 - 6 AZR 652/99 - zu B I 2 a dd der Gründe). Diese Voraussetzung hat der Senat zB bei entfallenden Führungs- und Koordinationstätigkeiten eines Vorhandwerkers bejaht (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 6 AZR 298/03 - zu 3 der Gründe). Er hat sie auch in einem Fall für erfüllt gehalten, in dem der Streifen- und Schichtdienst eines Wachmanns entfallen war (vgl. BAG 29. März 2001 - 6 AZR 652/99 - zu B I 2 der Gründe).

27

b) Das für den Wegfall des Arbeitsplatzes iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw begründete Erfordernis der wesentlich veränderten Bedingungen der Weiterbeschäftigung ist im Fall der von der Beklagten angestrebten Fortdauer einer wöchentlichen Arbeitszeit von regelmäßig 65 Stunden nicht gewahrt.

28

aa) Die Tätigkeit des Klägers sollte sich nicht ändern. Arbeitsablauf, Arbeitsort, Eingliederung des Klägers und Arbeitszeit sollten unverändert bleiben. Die Änderung der tariflichen Arbeitszeitregelung in § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V (Bund) durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) berührte die wesentlichen Bedingungen der Weiterbeschäftigung nicht aufgrund einer erforderlichen Organisationsmaßnahme. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die Änderung der tariflichen Arbeitszeitregelung sei Normsetzung der Tarifvertragsparteien. Hinzu kommen müsse eine Organisationsentscheidung der Beklagten iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw. Eine solche Organisationsentscheidung wurde nicht getroffen. Die Beklagte wollte umgekehrt die bisherige Arbeitszeitorganisation einer 65-Stunden-Woche aufrechterhalten. Dafür war sie nun allerdings wegen der geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen in § 7 Abs. 2a ArbZG auf das sog. Opt-out der Wachleute nach § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) angewiesen. Ihre Arbeitszeitorganisationsentscheidung änderte sich aber nicht. Sie traf gerade nicht die Entscheidung, im Wachdienst des „G“ mit einer geringeren Arbeitszeit als regelmäßig 65 Stunden im Siebentageszeitraum weiterzuarbeiten.

29

bb) In der für den Wechsel der Beschäftigung iSv. § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw in den Fassungen der Änderungstarifverträge Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 nötigen Organisationsentscheidung kommt der Tarifzweck einer Besitzstandsregelung zum Ausdruck. Die Einkommenssicherungszulage soll den Lebensstandard der Arbeitnehmer erhalten, die von Verdiensteinbußen aufgrund von Organisationsmaßnahmen betroffen sind. Im Fall einer Verringerung der Arbeitszeit, die durch das Einverständnis des Arbeitnehmers mit einer fortdauernden längeren Arbeitszeit vermieden werden könnte, nimmt der Arbeitnehmer dagegen bewusst und selbstbestimmt Einkommenseinbußen in Kauf. Sie sind vom Arbeitgeber, der keine für sie kausale Organisationsentscheidung getroffen hat, nicht auszugleichen (vgl. zu § 6 TV UmBw LAG Baden-Württemberg 15. September 2010 - 12 Sa 56/09 - zu II 1 d bb (2) der Gründe, durch Rücknahme der Revision in der Sache - 6 AZR 571/10 - rechtskräftig geworden).

30

cc) Die vorzunehmende Auslegung von § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck lässt unzweifelhaft erkennen, dass die Tarifvertragsparteien die Einkommenssicherungszulage an eine - im Streitfall nicht getroffene - Organisationsentscheidung gebunden haben, die zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes hätte geführt haben müssen.

31

(1) Dieser Regelungswille steht einer unbeabsichtigten Tariflücke entgegen. Die Arbeitsgerichte dürfen nicht gegen den - hier erkennbar geäußerten - Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen „schaffen“ oder die schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei durch Vertragshilfe ausgleichen. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. nur BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 31 mwN).

32

(2) Die Tarifvertragsparteien überschritten mit § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw und der darin enthaltenen Bindung der Einkommenssicherungszulage an eine Organisationsentscheidung der Beklagten nicht die Grenzen ihrer Regelungsmacht.

33

(a) Die getroffene Regelung verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

34

(aa) Tarifvertragsparteien kommt für ihre Regelungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie haben hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob jeweils die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde (st. Rspr., vgl. zB BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 42 mwN). Die Tarifvertragsparteien sind prinzipiell frei darin, die Voraussetzungen und die Höhe des Entgelts sowie die Höhe des zu sichernden Einkommens festzulegen (vgl. BAG 24. Juni 2010 - 6 AZR 18/09 - Rn. 25).

35

(bb) Die Tarifvertragsparteien wahrten hier die Grenzen ihrer Regelungsmacht, indem sie die Einkommenssicherungszulage von einer Organisationsentscheidung der Beklagten abhängig machten. Diese Verengung der Voraussetzungen der Zulage entspricht dem tariflichen Regelungsziel, den Lebensstandard der Arbeitnehmer zu erhalten, die von Verdiensteinbußen aufgrund von Organisationsmaßnahmen betroffen sind, ohne die Entgeltminderung selbst abwenden zu können. Die Unterscheidung dieser Arbeitnehmer von Arbeitnehmern, die nicht von einer solchen Organisationsmaßnahme berührt sind, ist sachgerecht und mit Blick auf den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien hinzunehmen.

36

(b) Die Tarifvertragsparteien des TV UmBw hätten hinsichtlich der Einkommenssicherungszulage selbst dann nicht ihre Regelungsmacht überschritten, wenn die Opt-out-Regelung in § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) gegen § 7 Abs. 2a ArbZG verstieße oder § 7 Abs. 2a ArbZG der Richtlinienvorgabe in Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und b der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG nicht gerecht würde. Ein Anspruch auf die Einkommenssicherungszulage lässt sich insbesondere nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu der arbeitszeitrechtlichen Behandlung von Bereitschaftsdienstzeiten herleiten.

37

(aa) Danach handelt es sich zwar auch bei Bereitschaftsdienst, den ein Arbeitnehmer durch persönliche Anwesenheit im Betrieb des Arbeitgebers leistet, um Arbeitszeit iSv. Art. 2 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG(vgl. für die st. Rspr. EuGH 25. November 2010 - C-429/09 - [Fuß] Rn. 55, Slg. 2010, I-12167; 9. September 2003 - C-151/02 - [Jaeger] Rn. 48 ff., Slg. 2003, I-8389; 3. Oktober 2000 - C-303/98 - [Simap] Rn. 46 ff., Slg. 2000, I-7963; dem folgend zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 208/10 - Rn. 12; 23. Februar 2011 - 10 AZR 579/09 - Rn. 15, BAGE 137, 157; 23. Juni 2010 - 10 AZR 543/09 - Rn. 21, BAGE 135, 34 ).

38

(bb) Der Kläger hat jedoch zum einen nicht von der Opt-out-Regelung in § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) Gebrauch gemacht, sondern arbeitet seit August 2009 regelmäßig höchstens 48 Wochenstunden. Zum anderen ergibt sich aus der arbeitszeitrechtlichen Behandlung nichts für die Höhe der zu zahlenden Vergütung (vgl. zB BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 23; 28. Januar 2004 - 5 AZR 530/02 - zu III und IV der Gründe, BAGE 109, 254). Ob die mithilfe des Opt-outs der Mehrzahl der Wachleute im „G“ auf der Grundlage von § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) ermöglichte Dienstplangestaltung der Beklagten das Arbeitszeitgesetz und die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG verletzt, ist deshalb für die Ansprüche des Klägers auf die Einkommenssicherungszulage unerheblich. Das Arbeitszeitrecht sieht bei Verstößen gegen seine Regelungen keine finanziellen (Primär-)Ansprüche vor. Es betrifft nur den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz, der durch Ausgleichsruhezeiten gewährleistet wird (vgl. BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 24 mwN).

39

II. Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche auf die Einkommenssicherungszulage aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu.

40

1. Soweit sich der Kläger auf das Schreiben des Bundesverteidigungsministeriums vom 14. November 2008 bezieht, mit dem den Arbeitnehmern dieses Geschäftsbereichs der Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) vom 12. September 2008 bekannt gegeben wurde, macht er keine bewusst übertarifliche Anwendung des § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw gelöst von den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 TV UmBw geltend. Das Schreiben des Bundesverteidigungsministeriums vom 14. November 2008 setzt die Umorganisation des Wachdienstes zur Verringerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf höchstens 48 Stunden voraus. Eine solche Organisationsentscheidung wurde für das „G“ nicht getroffen.

41

2. Die Beklagte wandte den TV UmBw hinsichtlich der Einkommenssicherungszulage nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht bewusst übertariflich auf Arbeitnehmer im Bundeswehrdienstleistungszentrum Leer an, die anders als der Kläger von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht hatten und daher länger als er arbeiteten.

42

a) Wendet ein Arbeitgeber das von ihm mit einer Gewerkschaft ausgehandelte Regelwerk für den erfassten Personenkreis gelöst von den tariflichen Voraussetzungen an, macht er es zu seinem eigenen, von ihm selbst gesetzten Ordnungsgefüge. Er muss dieses Verhalten am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes messen lassen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 44; 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 18 mwN). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62).

43

b) Danach kann der Kläger auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Einkommenssicherungszulage für die streitgegenständlichen Zeiträume beanspruchen.

44

aa) Der Senat kann zugunsten des Klägers annehmen, dass es sich bei den Zahlungen an die Arbeitnehmer K, O und L nicht nur um Einzelfälle handelte und der Gleichbehandlungsgrundsatz deshalb zu beachten ist. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Vergütungen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet aber auch im Bereich der Entgeltzahlung Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (vgl. BAG 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

45

bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Abweichung von dem regelmäßig gewollten Normvollzug dargelegt.

46

(1) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo der Arbeitgeber durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung schafft, nicht aber bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug (vgl. nur BAG 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14 mwN). Darin liegt keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche Entscheidung trifft der Arbeitgeber erst, wenn er in Kenntnis einer fehlenden Rechtsgrundlage Leistungen (weiterhin) erbringt (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17).

47

(2) Eine derartige bewusste Entscheidung hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt. Das gilt trotz der vorgelegten Festsetzungen für die Arbeitnehmer K, O und L, die eine Einkommenssicherungszulage ausweisen und den Vortrag des Klägers auch hinsichtlich der Zahlung der Zulage an die anderen Wachleute stützen sollen. Dem steht ferner nicht entgegen, dass die Vorinstanzen nicht aufgeklärt haben, ob die Beklagte mit der sog. Zulage in Wirklichkeit geleistete Mehrarbeit pauschal abgelten wollte. Das Landesarbeitsgericht hat aus dem Vorbringen des Klägers und den vorgelegten Festsetzungen der Beklagten in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht die Überzeugung gewonnen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die Beklagte habe die Zulagen bewusst und nicht rechtsirrig festgesetzt.

48

(a) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag hinsichtlich des Arbeitnehmers L übergangen, mit dem der Kläger geltend gemacht habe, diesem Arbeitnehmer gegenüber sei noch im Dezember 2010 eine Einkommenssicherungszulage festgesetzt worden, greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen ausdrücklich behandelt, indem es auf die vorgelegte Festsetzung verwiesen hat. Es hat aus diesem Umstand aber dennoch nicht auf eine übertarifliche Handhabung im Sinn einer bewussten freiwilligen Leistung geschlossen.

49

(b) Diese Überzeugungsbildung ist nicht zu beanstanden.

50

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aus den vorgelegten Festsetzungsschreiben ergebe sich, dass die Beklagte gegenüber den dort bezeichneten Arbeitnehmern ausdrücklich eine Zulage nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw habe festsetzen, also einen Tarifanspruch habe erfüllen wollen. Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes wollten grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung gewähren, sondern das, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zustehe.

51

(bb) Diese Ausführungen lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen und halten sich im tatrichterlichen Beurteilungsspielraum des Landesarbeitsgerichts. Aus den Festsetzungen geht der Ausnahmetatbestand einer bewussten verteilenden Entscheidung über den bloßen vermeintlichen Normvollzug hinaus nicht hervor. Der Kläger wurde nicht nach sachfremden Kriterien ausgegrenzt. Das gilt nicht zuletzt deswegen, weil die Arbeitnehmer K, O und L nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts - ebenso wie die ganz überwiegende Mehrzahl der Wachleute im „G“ - von der Opt-out-Regelung des § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) Gebrauch gemacht hatten und wöchentlich länger als der Kläger arbeiteten.

52

III. Ansprüche auf die Einkommenssicherungszulage folgen auch nicht aus § 612a BGB. Die Beklagte hat das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob es sich bei § 612a BGB überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt oder die Bestimmung nur im Zusammenspiel mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz anspruchsbegründend wirkt.

53

1. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung ist nicht nur anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, wenn sie Rechte nicht ausüben (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 10 AZR 174/11 - Rn. 18). Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann auch in einem Unterlassen bestehen (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 34). Die Tatbestandsvoraussetzung „Benachteiligung“ ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen wählen konnte. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, handelt es sich um keine Benachteiligung des Arbeitnehmers. Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine ihm nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der Nachteile verpflichtet, die dem Arbeitnehmer entstehen. Dementsprechend ist der (vermeintliche) Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB(vgl. nur BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 23 mwN).

54

2. Nach diesen Grundsätzen verstößt es nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, wenn die Beklagte keine Einkommenssicherungszulage an den Kläger leistet. Die vom Kläger als benachteiligend empfundene Maßnahme hat ihren Grund nicht darin, dass der Kläger in zulässiger Weise nicht die Opt-out-Regelung in § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) nutzte. Sie beruht vielmehr darauf, dass die Beklagte keine Organisationsentscheidung zur Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit im „G“ traf. Soweit die Beklagte Mehrarbeitsvergütung an die Arbeitnehmer leistete, die von dem Opt-out Gebrauch gemacht hatten, erfüllte sie ihre tariflichen und arbeitsvertraglichen Pflichten ihnen gegenüber.

55

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lauth    

        

    M. Jostes    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. Mai 2011 - 16 Sa 113/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Der 1971 geborene Kläger war seit Mai 1992 als Kraftfahrzeugmechaniker bei der Rhine Area Labour Support Unit (RALSU) - Royal Logistic Corps (RLC) - der Streitkräfte des Vereinigten Königreichs beschäftigt. Er bezog zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.500,00 Euro.

3

Der schriftliche Arbeitsvertrag nahm den Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) in Bezug. Ob die Anwendbarkeit des Tarifvertrags vom 2. Juli 1997 über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) einzelvertraglich vereinbart war, ist nicht festgestellt.

4

Bei den britischen Streitkräften trifft eine Abteilung der obersten Dienstbehörde „LEC Support Service“ die Entscheidung, welche Betriebsstätte zu einer Dienststelle bestimmt wird. Diese Dienststellen werden in ein entsprechendes Verzeichnis eingetragen.

5

In einem „Berichtigungs- und Nachtragsbogen zum Arbeitsvertrag“ vom 20. August/13. September 2001 änderten die Arbeitsvertragsparteien die Beschäftigungsdienststelle des Klägers mit Wirkung vom 1. April 2002 von „RALSU“ in „RALSU RLC N“ und den Beschäftigungsort von „Mö“ in „N“. Der Kläger arbeitete seit April 2002 überwiegend in der Kfz-Werkstatt in N, war zeitweise aber auch in Mö eingesetzt.

6

Die Betriebsstätte N wurde wie die Dienststelle Mö von Major J. P. M geleitet. Zwischen den Werkstattbereichen Mö und N fand bei Bedarf ein wechselseitiger Personaleinsatz statt. Die arbeitsrechtlichen Weisungen erfolgten von Mö aus. Die Personalverwaltung für beide Betriebsstätten war personen- und funktionsidentisch. In dem zur Dienststelle Mö gehörenden Werkstattbereich waren acht Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt, die über deutlich geringere Beschäftigungszeiten als der Kläger verfügten. In diesem Bereich waren zwischenzeitlich zudem drei vakante Stellen ausgeschrieben. Die britischen Streitkräfte zogen die Ausschreibungen wieder zurück, weil die Positionen vorerst unbesetzt bleiben sollten. Sie sollten ggf. zu einem späteren Zeitpunkt Mitgliedern der Betriebsvertretung als neue Arbeitsplätze angeboten werden können.

7

Im Rahmen eines „Borona“ genannten Programms entschieden die britischen Streitkräfte, die Kasernen in Mö, Mü und E sukzessive aufzugeben und im Zuge dessen die Kfz-Werkstatt in Niederkrüchten-Elmpt zum 30. September 2011 zu schließen. Die Schließung der Werkstatt erfolgte spätestens im Mai 2011. Reparaturen und Wartungen der in N vorhandenen Fahrzeuge wurden seitdem in der Werkstatt in Mö durchgeführt.

8

Die oberste Dienstbehörde der britischen Streitkräfte in Deutschland - Delegated Military Representative (DMR) - leitete mit Schreiben vom 9. Juli 2010 das Mitwirkungsverfahren bei der Hauptbetriebsvertretung ein. Diese bat die DMR sicherzustellen, dass bei allen Betroffenen eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten eingehalten würde. Mit Schreiben vom 4. August 2010 erwiderte die DMR, sie werde, wann immer möglich, versuchen, diese Frist zu gewähren, eine Garantie hierfür könne sie jedoch nicht geben.

9

Mit Schreiben vom 28. September 2010 kündigte die RALSU das Arbeitsverhältnis des Klägers zunächst außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. September 2011. Nachdem sie erklärt hatte, aus der außerordentlichen Kündigung keine Rechte mehr herzuleiten, nahm der Kläger die hiergegen gerichtete Klage zurück.

10

Ebenfalls im September 2010 kündigte die RALSU auch die Arbeitsverhältnisse der übrigen in N beschäftigten Kfz-Mechaniker zum 30. September 2011. Ausgenommen waren die Arbeitsverhältnisse von Mitgliedern der Betriebsvertretung. Auch ein Teil der in N beschäftigten Kfz-Inspektoren erhielt keine Kündigung. Anders als die Kfz-Mechaniker, die die eigentlichen Reparaturarbeiten durchführten, waren die Kfz-Inspektoren dafür zuständig, den Fahrzeugpark zu überprüfen, reparaturbedürftige Fahrzeuge auszusondern, in die Werkstatt zu verbringen, die reparierten Fahrzeuge zu überprüfen und wieder in den Fahrzeugpark einzugliedern. Außerdem oblag ihnen die TÜV-Abnahme der in Großbritannien zugelassenen Privatfahrzeuge von Beschäftigten der Dienststelle.

11

Nach Anhörung der Betriebsvertretung N kündigte die RALSU das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 25. November 2010 erneut, diesmal ordentlich zum 30. September 2011.

12

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat der Kläger vorgebracht, die Entscheidung der Streitkräfte, die Kfz-Werkstatt in N zu schließen, sei nur unvollständig umgesetzt worden. Zudem könne er auf einem der freien Arbeitsplätze im Werkstattbereich in Mö weiterbeschäftigt werden. Dort seien außerdem eine Stelle als Store-Keeper und Stellen für Wachleute frei gewesen. § 4 Nr. 2d SchutzTV erweitere die Verpflichtung der Streitkräfte, ihn auf einem Arbeitsplatz bei derselben oder einer anderen Beschäftigungsdienststelle zu beschäftigen. Die Streitkräfte müssten deshalb im Kündigungsschutzprozess von sich aus umfassend zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vortragen. Auch die Sozialauswahl sei fehlerhaft. Er sei mit den weniger schutzwürdigen Kfz-Mechanikern der Werkstatt Mö vergleichbar und diesen vorzuziehen. Bei den Betriebsstätten in N und Mö handele es sich um eine einheitliche Dienststelle. Im Übrigen sei die Kündigungsfrist nicht gewahrt. Er werde gegenüber allen anderen Mitarbeitern, die eine Kündigung mit Jahresfrist erhalten hätten, benachteiligt. Der Kläger hat ferner geltend gemacht, die Betriebsvertretung sei unzureichend angehört worden. Der Unterbringungsanspruch nach § 4 SchutzTV sei nicht Gegenstand der Anhörung gewesen.

13

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 25. November 2010 zum 30. September 2011 sein Ende finden wird.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigung vom 25. November 2010 für wirksam gehalten. Die dieser zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung sei umgesetzt worden. Die ungekündigten Mitglieder der Betriebsvertretung würden im Rahmen der stufenweisen Schließung der Dienststelle zunächst im Arbeitsbereich des Quartiermeisters weiter eingesetzt. Für den Kläger sei kein freier Arbeitsplatz in Mö oder einer anderen Dienststelle vorhanden gewesen. Bei der Betriebsstätte N handele es sich um eine eigenständige Dienststelle. Eine Sozialauswahl habe deshalb nur zwischen den dort Beschäftigten stattfinden können. Die britischen Streitkräfte seien nicht zur Einhaltung einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist verpflichtet gewesen. Die zuständige Betriebsvertretung sei ordnungsgemäß angehört worden.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigung vom 25. November 2010 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2011 aufgelöst.

17

A. Die Klage ist zulässig. Die auch noch in der Revisionsinstanz zu überprüfende Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist gem. Art. 56 Abs. 8 Satz 1 ZA-NTS(BGBl. II 1961, S. 1218, 1278) gegeben. Der Kläger war ziviler Bediensteter bei den Streitkräften des Vereinigten Königreichs. Die Klage richtet sich gem. Art. 56 Abs. 8 Satz 2 ZA-NTS zu Recht gegen die Bundesrepublik Deutschland, die in Prozessstandschaft für den Entsendestaat - hier das Vereinigte Königreich - auftritt(vgl. BAG 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - unter II 1 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 53 = EzA BGB § 615 Nr. 78).

18

B. Die Klage ist unbegründet.

19

I. Die ordentliche Kündigung war nicht gem. § 8 Nr. 1 SchutzTV ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob der SchutzTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fand, waren die Voraussetzungen für den besonderen Kündigungsschutz nach § 8 Nr. 1 SchutzTV nicht erfüllt. Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet.

20

II. Die Kündigung vom 25. November 2010 ist nicht gem. § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam.

21

1. Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung.

22

a) Nach Art. 56 Abs. 1a ZA-NTS gelten für die Beschäftigungsverhältnisse der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge alle für die zivilen Arbeitnehmer der Bundeswehr maßgeblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

23

b) Danach ist das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit den britischen Streitkräften anzuwenden (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 11; 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148).

24

2. Die Kündigung vom 25. November 2010 ist sozial gerechtfertigt. Sie ist durch betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

25

a) Aufgrund der Schließung der Kfz-Werkstatt in N ist der bisherige Arbeitsplatz des Klägers spätestens zum Kündigungstermin weggefallen.

26

aa) Die Schließung der Werkstatt beruhte auf einer rechtlich zulässigen Organisationsentscheidung der Streitkräfte. Es gehört zum Kern der unternehmerischen Freiheit, die betriebliche Organisation zu gestalten und festzulegen, an welchem Standort welche arbeitstechnischen Zwecke und Ziele verfolgt werden sollen. Der gesetzliche Kündigungsschutz verpflichtet den Arbeitgeber nicht, eine bestimmte betriebliche Organisationsstruktur oder einen konkreten Standort beizubehalten (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 18; 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 146 = EzA KSchG § 2 Nr. 78). Solche Organisationsentscheidungen können von den Gerichten inhaltlich nicht nachgeprüft werden. Sie sind grundsätzlich als gegeben hinzunehmen und unterliegen lediglich einer Missbrauchskontrolle (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - aaO; 10. Mai 2007 - 2 AZR 263/06 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 155). Für eine beschlossene und durchgeführte Organisationsentscheidung spricht grundsätzlich die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist. Daher muss der Arbeitnehmer Umstände darlegen, aus denen sich ergeben soll, dass die erfolgte Strukturänderung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 19; 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

27

bb) Im Streitfall ist die Kfz-Werkstatt in N im Zuge der Umsetzung des Programms „Borona“ aufgelöst worden. Die Schließung der Werkstatt war bereits Monate vor dem Kündigungstermin Ende September 2011 tatsächlich umgesetzt. Der Umstand, dass bisher am Standort als Kfz-Mechaniker beschäftigte Mitglieder der Betriebsvertretung anderweitig weiterbeschäftigt wurden, spricht nicht dagegen, dass die Werkstatt in N vollständig aufgelöst worden ist. Soweit einige Kfz-Inspektoren keine Kündigung erhielten, waren deren Arbeitsplätze - anders als die der Kfz-Mechaniker - durch die Schließung der Werkstatt nicht entfallen. Die ihnen obliegenden Aufgaben fielen weiterhin an. Für eine willkürliche oder offensichtlich unzulässige Organisationsentscheidung hat der Kläger keine Anhaltspunkte dargelegt.

28

b) Der Kläger konnte nicht auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden.

29

aa) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann. Auf diese Weise wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Kündigungsrecht normativ konkretisiert (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 146 = EzA KSchG § 2 Nr. 78; 6. Februar 1997 - 2 AZR 50/96 - zu II 2 der Gründe; 15. Dezember 1994 - 2 AZR 320/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 79, 66). Eine Kündigung ist nur dann durch „dringende“ betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG anderweitig zu beschäftigen (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - aaO; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 361). Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein. Dies setzt voraus, dass ein Arbeitsplatz zu vergleichbaren (gleichwertigen) oder zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist. Als „frei” sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 154 ). Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - aaO ; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - zu II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144).

30

bb) Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm, darzulegen, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich war (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 154; 15. August 2002 - 2 AZR 195/01 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 102, 197 ).

31

cc) Diese gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast erfährt durch § 4 SchutzTV im Grundsatz keine Änderung(vgl. APS/Dörner/Linck 4. Aufl. § 1 ZA-NTS Rn. 14). Insbesondere müssen die Stationierungsstreitkräfte, die sich darauf berufen, ein anderer geeigneter Arbeitsplatz sei nicht verfügbar gewesen, nicht unabhängig vom Vorbringen des Arbeitnehmers alle denkbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im maßgeblichen Einzugsbereich ausschließen (offen gelassen in BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148; a.A. für Anhang O zum TV AL II wohl LAG Rheinland-Pfalz 12. Dezember 1997 - 10 Sa 613/97 - , zu II 1 der Gründe; für eine gewisse Erweiterung der Darlegungslast des Arbeitgebers auch Hessisches LAG 28. Juni 2004 - 17 Sa 1257/03 - zu III 2 b cc der Gründe). Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung.

32

(1) Aus dem Wortlaut von § 4 SchutzTV und der Systematik des Tarifvertrags lässt sich nicht entnehmen, in seinem Geltungsbereich solle für das Bestehen einer geeigneten Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Kündigungsschutzprozess eine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Verteilung der Darlegungslast gelten. § 4 SchutzTV regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise einem vom Verlust des Arbeitsplatzes betroffenen Arbeitnehmer andere geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten sind. Mit der Verteilung der prozessualen Darlegungs- und Beweislast dafür, ob eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit tatsächlich bestanden hat, befasst sich die Bestimmung nicht. Regelungen zum Kündigungsschutz enthält allein § 8 SchutzTV.

33

(2) Aus Sinn und Zweck von § 4 SchutzTV ergibt sich nichts anderes. Die Bestimmung regelt zwar im Einzelnen, wie die Eignung des Arbeitnehmers für verfügbare Arbeitsplätze festzustellen ist (§ 4 Nr. 1 Satz 2 SchutzTV), welche Arbeitsplätze dem betroffenen Arbeitnehmer in welcher Reihenfolge anzubieten sind und welche Folgen es hat, wenn der Arbeitnehmer die Angebote ablehnt (§ 4 Nr. 2 und 3 SchutzTV). Auch die Verfahren zur Ermittlung von Gleichwertigkeit und Zumutbarkeit eines Arbeitsplatzes (§ 4 Nr. 4 SchutzTV) sowie die Voraussetzungen für die Gewährung einer Einarbeitungszeit und deren Dauer (§ 4 Nr. 6 SchutzTV) sind näher bestimmt (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 21, BAGE 131, 325). Dass dem Arbeitnehmer gem. § 4 Nr. 1 Satz 1 SchutzTV ein verfügbarer oder bis zum Ablauf seiner Kündigungsfrist verfügbar werdender Arbeitsplatz angeboten werden muss, wenn er für ihn geeignet ist, entspricht aber der ohnehin bestehenden Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG. Für den Streit über deren Einhaltung gelten die dargestellten allgemeinen Grundsätze zur Verteilung der Darlegungslast. Für den Streit über die Erfüllung des in § 4 SchutzTV geregelten, insoweit inhaltsgleichen Unterbringungsanspruchs des Arbeitnehmers bedarf es damit keiner von diesen Grundsätzen abweichenden Verteilung der Darlegungslast. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass § 4 SchutzTV einen im Vergleich zum allgemeinen Verständnis des Begriffs „Einzugsgebiet“ in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG größeren Umkreis vorsieht, innerhalb dessen verfügbare geeignete Arbeitsplätze anzubieten sind (gem. § 4 Nr. 2d iVm. § 4 Nr. 4d SchutzTV 60 km). Damit ist nicht gesagt, wie im Kündigungsschutzprozess die Darlegungslast abzustufen ist, wenn Streit darüber besteht, ob ein geeigneter Arbeitsplatz - auch im erweiterten Einzugsbereich - tatsächlich verfügbar war.

34

dd) Danach war im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass für den Kläger keine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestand.

35

(1) Die Beklagte hat geltend gemacht, es sei weder in Mö noch in einer anderen Dienststelle ein freier Arbeitsplatz für den Kläger vorhanden gewesen.

36

(2) Soweit sich der Kläger auf die drei ausgeschriebenen Stellen in der Kfz-Werkstatt in Mö berufen hat, waren diese nicht „frei“. Die britischen Streitkräfte hatten sich bereits vor Ausspruch der Kündigung entschlossen, sie in näherer Zukunft nicht zu besetzen, und die Ausschreibung zurückgezogen. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dieses Vorgehen sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Die Streitkräfte haben dadurch nicht den Eintritt einer für den Kläger positiven Bedingung iSv. § 162 BGB treuwidrig vereitelt.

37

(a) Ein treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers liegt vor, wenn er eine freie Stelle anderweitig besetzt, obwohl schon zu diesem Zeitpunkt ein Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den später gekündigten Arbeitnehmer absehbar ist (vgl. BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 43 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 51).

38

(b) Damit ist die Entscheidung der britischen Streitkräfte, die fraglichen Stellen vorerst nicht zu besetzen, nicht vergleichbar. In diesem Entschluss lag keine rechtsmissbräuchliche Vereitelung einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger. Die britischen Streitkräfte waren in der Entscheidung, welche Stellen akut besetzt werden sollten, grundsätzlich frei. Nach Art. 56 Abs. 7a Satz 1 ZA-NTS bestimmen allein sie die Zahl und Art der benötigten Arbeitsplätze. Mit Blick auf den besonderen Kündigungsschutz der Mitglieder der Betriebsvertretung nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG erscheint die Entscheidung, für diese eine entsprechende Anzahl von Arbeitsplätzen frei zu halten, auch nicht willkürlich.

39

(3) Das Vorbringen des Klägers, er habe in Mö auf einem freien Arbeitsplatz als Store-Keeper oder als Wachmann weiterbeschäftigt werden können, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nach § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG als verspätet zurückgewiesen.

40

(a) Neue Tatsachen sind nach § 67 Abs. 4 Satz 1 ZPO grundsätzlich in der Berufungsbegründung vorzutragen. Späteres Vorbringen ist nach § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG nur zuzulassen, wenn es entweder nach der Berufungsbegründung entstandene Tatsachen betrifft oder nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder die Verspätung nicht auf Verschulden der Partei beruht(BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04 - Rn. 16, AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12).

41

(b) Ein solcher Ausnahmefall hat hier nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht vorgelegen. Danach waren die betreffenden Tatsachen weder erst nach der Berufungsbegründung entstanden, noch war der Kläger unverschuldet an einem rechtzeitigen Vortrag gehindert.

42

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe nicht geltend gemacht, erst im Anschluss an die Berufungsbegründung Kenntnis von den nach seinem Vorbringen bereits im Kündigungszeitpunkt freien Stellen erlangt zu haben. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Zulässige Verfahrensrügen hat der Kläger insoweit nicht erhoben.

43

(bb) Die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags hätte zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt. Dieser hätte nicht im unmittelbaren Anschluss an die mündliche Verhandlung beendet werden können. Es hätte aufgeklärt werden müssen, ob in den entsprechenden Bereichen tatsächlich freie Arbeitsplätze vorhanden waren und für den Kläger in Betracht kamen.

44

(c) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass das Landesarbeitsgericht, wie der Kläger rügt, keinen Hinweis dahin erteilt habe, es wolle von der vermeintlich „herrschenden Meinung“ abweichen und mit Blick auf den Unterbringungsanspruch nach § 4 SchutzTV keine andere Verteilung der Darlegungslast für das Bestehen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit annehmen. Einen solchen Hinweis musste das Gericht nicht erteilen. Der Kläger musste auch ohne ihn damit rechnen, dass es diese Auffassung vertreten könnte. So hatte schon das Arbeitsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung desselben Landesarbeitsgerichts zu Anhang O zum TV AL II (vgl. LAG Düsseldorf 13. Dezember 1994 - 3 (17) Sa 1307/94 -) angenommen, die Darlegungslast für Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten werde durch § 4 SchutzTV nicht geändert.

45

(4) Der Kläger hat sich nicht darauf berufen, er habe auf einer der Positionen weiterbeschäftigt werden können, die den nicht gekündigten Kfz-Mechanikern, die Mitglieder der Betriebsvertretung N waren, übertragen wurden. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die britischen Streitkräfte die Mitglieder der Betriebsvertretung mit Blick auf ihren Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG insoweit vorrangig berücksichtigen durften oder ob die fraglichen Beschäftigungsmöglichkeiten nur nach einer Sozialauswahl mit den ebenfalls vom Wegfall ihrer Arbeitsplätze betroffenen Arbeitnehmern hätten vergeben werden dürfen(vgl. zum Erfordernis einer Auswahl entsprechend den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG, wenn zugleich mehrere Arbeitnehmer um eine geringere Anzahl von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten konkurrieren BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79). Auf die Frage, ob die fraglichen Beschäftigungsmöglichkeiten in derselben oder in einer anderen Dienststelle bestanden und ob der Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG ggf. auch die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung in einer anderen Dienststelle umfasst (vgl. zum Streitstand KR/Etzel 10. Aufl. § 15 KSchG Rn. 93) kommt es damit nicht an. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob der Kläger für den Fall, dass eine Auswahl nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG erforderlich gewesen wäre, sozial schutzwürdiger gewesen wäre.

46

c) Die Kündigung vom 25. November 2010 ist nicht deshalb sozial ungerechtfertigt, weil die im Werkstattbereich in Mö beschäftigten Kfz-Mechaniker in die Sozialauswahl hätten einbezogen werden müssen.

47

aa) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. Abs. 2 sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse sowie nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 19, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 85; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 41, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).

48

bb) In die Sozialauswahl sind nur die Arbeitnehmer einzubeziehen, die derselben Dienststelle angehören (vgl. BAG 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 b der Gründe, ZTR 2001, 89).

49

(1) Das Kündigungsschutzgesetz ist grundsätzlich auf den Betrieb bezogen, die Sozialauswahl daher auf den Beschäftigungsbetrieb beschränkt (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 158/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 82; 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 b der Gründe, ZTR 2001, 89). Dem „Betrieb“ im Bereich der privaten Wirtschaft entspricht in der Regel die „Dienststelle“ im Bereich des öffentlichen Dienstes (vgl. BAG 22. September 2005 - 2 AZR 544/04 - zu B II 6 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141; 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - aaO; Linck in v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1 Rn. 709 und § 23 Rn. 12). Dafür spricht ein Vergleich von § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG mit der Formulierung in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG. Die organisatorische Einheit des Betriebs findet danach im Rahmen von § 1 KSchG ihre Entsprechung in der Dienststelle.

50

(2) Maßgeblich im Rahmen von § 1 KSchG ist grundsätzlich der personalvertretungsrechtliche Dienststellenbegriff(BAG 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 b der Gründe, ZTR 2001, 89; 23. April 1998 - 2 AZR 489/97 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 88, 287; 25. September 1956 - 3 AZR 102/54 - BAGE 3, 155, 157). Dafür spricht, dass mit dem Bundespersonalvertretungsgesetz 1974 die Regelung zur Weiterbeschäftigungspflicht wortgleich mit § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BPersVG in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG eingefügt worden ist. Da sich aus den Gesetzesmaterialien nichts anderes ergibt, ist davon auszugehen, dass der Begriff der „Dienststelle“ in beiden Regelungsbereichen die gleiche Bedeutung hat (vgl. KR/Bader 10. Aufl. § 23 KSchG Rn. 29).

51

(3) Gem. Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS iVm. Abs. 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS(zuletzt geändert durch Änderungsabkommen vom 23. November 1994, BGBl. II S. 3710, 3712) sind bei den Stationierungsstreitkräften Dienststellen iSd. Personalvertretungsgesetzes die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe und eines zivilen Gefolges nach näherer Bestimmung durch die betreffende Truppe selbst. Das Unterzeichnungsprotokoll zum ZA-NTS hat Gesetzesqualität. Für seinen Geltungsbereich ist es lex specialis. Auf die den Dienststellenbegriff nach § 6 BPersVG im Allgemeinen kennzeichnenden Merkmale kommt es demnach im Bereich der Stationierungsstreitkräfte nicht an. Dafür spricht auch, dass eine Bestimmung der Dienststellen nach den allgemeinen Maßstäben des § 6 BPersVG wegen der im militärischen Bereich zahlreichen Befehlsebenen nur bedingt möglich wäre. Der von § 6 BPersVG vorausgesetzte Dienststellenaufbau lässt sich auf die Entscheidungsbefugnisse im militärischen Bereich nicht ohne Weiteres übertragen(vgl. BAG 20. Januar 2000 - 2 ABR 19/99 - zu B II 5 c aa der Gründe, ZTR 2001, 89).

52

(4) Auf die organisatorische Einheit der von der Truppe bestimmten Dienststelle ist auch im Rahmen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG abzustellen. Die autonome Bestimmung der Dienststellen durch die Entsendestaaten mit Wirkung für das Personalvertretungsrecht ist völkerrechtlich vorgegeben. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass etwa deshalb kündigungsschutzrechtlich im Bereich der Stationierungsstreitkräfte ein vom personalvertretungsrechtlichen abweichender Dienststellenbegriff maßgeblich sein sollte.

53

cc) Danach war die Sozialauswahl nicht auf die im Werkstattbereich in Mö beschäftigten Kfz-Mechaniker zu erstrecken. Dieser Bereich gehörte nach dem Vorbringen der Beklagten nicht zu derselben Dienststelle wie die Kfz-Werkstatt in N. Eine abweichende Bestimmung der Dienststellen durch die britischen Streitkräfte hat der Kläger entgegen § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht dargelegt. Darauf, ob beide Dienststellen denselben Leiter hatten, kommt es ebenso wenig an wie darauf, von wo die arbeitsrechtlichen Weisungen erteilt und in welchem Ausmaß Beschäftigte wechselseitig eingesetzt wurden. Anhaltspunkte für eine willkürliche, etwa zwecks Umgehung der Sozialauswahl beliebig wechselnde Bestimmung der Dienststellen durch die britischen Streitkräfte hat der Kläger nicht vorgetragen.

54

III. Die Kündigung ist nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung der Betriebsvertretung unwirksam.

55

1. Im Bereich des durch das ZA-NTS modifizierten Mitwirkungsverfahrens nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz gelten die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats iSd. § 102 BetrVG entsprechend(BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 51, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148). In Bezug auf anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten reicht es damit aus, dass der Betriebsvertretung mitgeteilt wird, dass solche Möglichkeiten für den Arbeitnehmer nicht bestünden (vgl. BAG 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B IV 2 c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107).

56

2. Danach ist die örtliche Betriebsvertretung mit Schreiben der Dienststellenleitung vom 8. November 2010 in entsprechender Anwendung von § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ordnungsgemäß angehört worden. Der Leiter der Dienststelle hat die Betriebsvertretung über die persönlichen Daten des Klägers, die Art der beabsichtigten Kündigung und den Kündigungsgrund informiert. Vom Eintrittsdatum des Klägers hatte die Betriebsvertretung bereits Kenntnis. Eine Mitteilung über die Unterhaltspflichten des Klägers war entbehrlich, weil aus Sicht der britischen Streitkräfte eine Sozialauswahl nicht erforderlich war. Durch die Angabe des Termins, zu dem die Kündigung wirksam werden sollte, war für die Betriebsvertretung ersichtlich, dass selbst die längste tarifvertragliche Kündigungsfrist gewahrt würde. Es bedurfte entgegen der Auffassung des Klägers auch keiner besonderen Hinweise zum Unterbringungsanspruch nach § 4 SchutzTV. Unabhängig davon, ob der SchutzTV auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung fand, ergaben sich mit Blick auf diesen keine Besonderheiten, die über den gesetzlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG hinausgingen.

57

IV. Die Kündigung vom 25. November 2010 hat das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2011 beendet.

58

1. Die Kündigungsfrist des im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen § 44 Ziff. 1 b TV AL II von sechs Monaten zum Monatsende ist gewahrt.

59

2. Eine längere Kündigungsfrist war nicht vereinbart.

60

a) Eine solche Vereinbarung ergibt sich nicht aus dem Schreiben der obersten Dienstbehörde der britischen Stationierungsstreitkräfte an die Hauptbetriebsvertretung vom 4. August 2010. Darin haben die Streitkräfte lediglich versichert, sie würden versuchen, eine zwölfmonatige Kündigungsfrist einzuhalten. Eine Garantie könnten sie nicht geben.

61

b) Die Streitkräfte waren nicht aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zur Wahrung einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist verpflichtet.

62

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet er eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise als willkürlich anzusehen ist (BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 148; 21. Oktober 2009 - 10 AZR 664/08 - Rn. 24, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 21).

63

bb) Der Kläger wurde in Bezug auf den Beendigungstermin nicht anders als die übrigen Arbeitnehmer behandelt. Auch deren Arbeitsverhältnisse kündigten die britischen Streitkräfte zum 30. September 2011. Dies entsprach dem Termin, zu dem die Schließung der Werkstatt erfolgen sollte und damit die Arbeitsplätze der dort beschäftigten Kfz-Mechaniker wegfielen. Soweit die Zeitspannen zwischen Kündigungszugang und Beendigungstermin am 30. September 2011 verschieden lang waren, ist diese Ungleichbehandlung durch den allen Kündigungen gleichermaßen zugrunde liegenden Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt die Schließung der Werkstatt in N geplant war, sachlich gerechtfertigt.

64

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    F. Löllgen    

        

    Bartz    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Juli 2012 - 2 Sa 340/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach einer Herabgruppierung bei vorheriger Vergütung aus einer individuellen Endstufe.

2

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land langjährig als Lehrerin an einer Förderschule beschäftigt. Ausweislich § 2 des Arbeitsvertrags in der Fassung vom 8. Juli/1. August 1992 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechtes - manteltarifrechtliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Nach § 3 dieses Vertrags richtete sich die Eingruppierung nach Abschnitt E der Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfassten Angestellten vom 24. Juni 1991. Demnach war die Klägerin in die Vergütungsgruppe IVa BAT-O eingruppiert.

3

Mit Änderungsvertrag vom 1. August 1997 wurde der Klägerin die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters einer Förderschule auf Dauer übertragen. § 1 dieses Änderungsvertrags lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Die Eingruppierung bestimmt sich nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 08.05.1991 in Verbindung mit den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter und erfolgt mit Wirkung vom 01.08.1997 nach Vergütungsgruppe Ib BAT-O.

        

Die Eingruppierung erfolgt nach Maßgabe der für die entsprechende besoldungsrechtliche Einstufung zu beachtenden Schülerzahl. Soweit diese Schülerzahl nach Maßgabe der jährlich amtlichen Schulstatistik unterschritten wird, besteht Einvernehmen, daß die Eingruppierung unter Beachtung der sonst für eine ordentliche Änderungskündigung zu beachtenden Frist entsprechend der dann besoldungsrechtlich vorgesehenen Einstufung angepaßt wird.“

4

Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006. Entsprechend der Anlage 2 Teil B zu § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder erfolgte eine Überleitung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Entgeltgruppe 14 TV-L. Ausgehend von dem nach § 5 TVÜ-Länder zu bildenden Vergleichsentgelt wurde gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder eine Zuordnung der Klägerin zu einer individuellen Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L vorgenommen. Im November 2006 führte dies zu einer Differenz von 264,98 Euro brutto gegenüber der Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L.

5

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 teilte das Staatliche Schulamt der Klägerin mit, dass sich ausweislich der amtlichen Schulstatistik die Schülerzahl an der Schule der Klägerin auf 162 verringert habe. Entsprechend der besoldungsrechtlichen Vorgaben erhalte sie deshalb mit Wirkung vom 1. Juli 2010 Vergütung nach „Entgeltgruppe 13 gD TV-L“. Mit Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 vereinbarten die Parteien unter § 1 auszugsweise Folgendes:

        

„Für die Eingruppierung gelten die Abschnitte A und B der Richtlinie der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte-Ost (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in der jeweiligen Fassung in Verbindung mit Anlage 2 Teil B/Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder und den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter.

        

Die Eingruppierung erfolgt in die Entgeltgruppe E 13 gD TV-L mit Wirkung vom 01.07.2010.“

6

Bis Juli 2010 erhielt die Klägerin zuletzt 5.131,93 Euro brutto. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Entgelt nach Entgeltgruppe 14 TV-L in der Stufe 5 iHv. 4.718,19 Euro brutto monatlich. Hinzu kamen für ein Kind der „Besitzstand Ortszuschlag“ iHv. 97,15 Euro brutto sowie als sog. Zulage die auf 316,59 Euro angestiegene individuelle Endstufe. Im Juli 2010 bezog die Klägerin ein Entgelt nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L iHv. 4.428,29 Euro brutto sowie unverändert einen „Besitzstand Ortszuschlag“ für ein Kind iHv. 97,15 Euro brutto. Es ergab sich ein Betrag von 4.525,44 Euro brutto. Irrtümlich leistete das beklagte Land im Monat Juli 2010 zudem noch die bisherige Zulage iHv. 316,59 Euro, korrigierte dies jedoch durch Aufrechnung in den Folgemonaten. Bezogen auf die bisherige Vergütung von 5.131,93 Euro brutto hatte die Klägerin daher für den Juli 2010 letztlich eine Verminderung iHv. 606,49 Euro brutto zu verzeichnen.

7

Mit ihrer am 3. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Reduzierung ihrer Vergütung gewandt. Die individuelle Endstufe sei auch nach der Herabgruppierung beizubehalten. Sie stehe in keinem Zusammenhang mit gesunkenen Schülerzahlen, sondern sei eine Besitzstandssicherung im Rahmen der Überleitung in den TV-L. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 habe nur die Eingruppierung zum Gegenstand. Da der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 erstmals die Auffassung vertreten habe, dass sie (die Klägerin) mit Abschluss dieses Änderungsvertrags unabhängig von einer Tarifautomatik einzelvertraglich in den Wegfall der individuellen Endstufe eingewilligt habe, habe sie noch in dieser Verhandlung - und damit unverzüglich - ihr Einverständnis zum Abschluss dieses Änderungsvertrags wegen Erklärungsirrtums angefochten. Sie sei lediglich mit einer Neueingruppierung einverstanden gewesen.

8

Erstinstanzlich hat die Klägerin deshalb mit vier bezifferten Leistungsanträgen die unveränderte Fortzahlung der bisherigen Vergütung verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht hat die Klägerin die bisherigen Anträge zurückgenommen und ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung verlangt, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

9

Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich dies aus § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L, wonach bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe die oder der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen ist. Für den Fall der Überleitung in eine Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe müsse bei einer späteren Herabgruppierung wiederum eine individuelle Zwischen- oder Endstufe gebildet werden. Die „erreichte Stufe“ iSd. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sei die individuelle Endstufe. Anderenfalls sei eine stufengleiche Zuordnung nicht möglich und es liege eine Tariflücke vor. Im Fall einer bewussten Regelungslücke hätten die Tarifvertragsparteien gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wenn die Herabgruppierung bei einer individuellen Endstufe eine Reduzierung des Einkommens zur Folge hätte. Dies zeige sich durch den Vergleich mit der Vergütung einer Kollegin, welche nicht als ständige Vertreterin des Schulleiters fungiert. Bei einer Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L mit einer individuellen Endstufe behalte diese Kollegin die Endstufe. Eine Herabgruppierung wegen sinkender Schülerzahlen finde nicht statt. Demgegenüber führe die Herabgruppierung für sie (die Klägerin) zu einem Verlust der individuellen Endstufe mit der Folge eines im Verhältnis zu ihrer Kollegin um 126,67 Euro brutto monatlich niedrigeren Einkommens. Hierfür habe sie zusätzlich die Belastung als Mitglied der Schulleitung zu tragen. Für diese Schlechterstellung bestehe kein ausreichendes Differenzierungskriterium.

10

Im Fall einer unbewussten Regelungslücke sei diese durch die entsprechende Anwendung der für Herabgruppierungen bis zum 1. November 2008 geltenden Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zu schließen. Danach werden Beschäftigte bei Herabgruppierungen in der niedrigeren Entgeltgruppe derjenigen individuellen Zwischenstufe zugeordnet, die sich bei einer Herabgruppierung im Oktober 2006 ergeben hätte. In entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder sei in ihrem Fall die individuelle Zwischen- oder Endstufe maßgeblich, die sich bei einer fiktiven Herabgruppierung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Vergütungsgruppe IIa BAT-O im Oktober 2006 und der daraus folgenden Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L ergeben würde.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung zu zahlen, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O am 1. November 2006 in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

12

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Die wegen reduzierter Schülerzahlen erfolgte Herabgruppierung führe nach den tariflichen Vorgaben zum Verlust der individuellen Endstufe. § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder gelte nach seinem eindeutigen Wortlaut nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008. Die vorliegend im Jahr 2010 erfolgte Herabgruppierung führe folglich zu einer Stufenzuordnung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Danach sei die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe nicht mehr vorgesehen. Die Zahlung der individuellen Endstufe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder gelte nur für die Dauer des Verbleibs in dieser Entgeltgruppe.

13

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Der zuletzt gestellte Antrag setzt eine wirksame Herabgruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und hinsichtlich der Stufenzuordnung eine Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder voraus. Die Parteien haben mit dem Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 zwar eine solche Herabgruppierung wirksam vereinbart. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

15

I. Die Parteien vereinbarten in § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 wirksam eine Herabgruppierung von der Entgeltgruppe 14 TV-L in die Entgeltgruppe 13 TV-L. Hiervon geht nach Änderung des Klageantrags nunmehr auch die Klägerin aus.

16

1. Wegen der vereinbarten Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Regelungen bedurfte es zur Wirksamkeit einer Herabgruppierung einer Vertragsänderung.

17

a) Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 sind die angestellten Lehrkräfte in diejenige Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Auf diese Tarifvorschrift nehmen die Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in Abschnitt A Nr. 1 Bezug (zu deren Fortgeltung ab dem 1. Januar 2012 vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 TVÜ-Länder).

18

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt bei Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der übertragenen Stelle entsprechende Vergütung (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21). Dies entspricht der Gleichstellung mit den beamteten Lehrkräften. Im Grundsatz ist daher auch bei einem Absinken der Schülerzahlen unter den für die Eingruppierung maßgeblichen Schwellenwert die mit der ursprünglich übertragenen Funktion verbundene Vergütung fortzuzahlen. Eine Herabgruppierung erfordert eine Änderungsvereinbarung oder eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem für die beamteten Lehrkräfte maßgeblichen Beamtenrecht eine Tarifautomatik fremd ist (vgl. BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).

19

c) Der Klägerin wurde mit dem Änderungsvertrag vom 1. August 1997 formell die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters auf Dauer übertragen. Zudem wurde in diesem Vertrag § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in Bezug genommen und die Eingruppierung der Klägerin an beamtenrechtliche Regelungen gekoppelt. Folglich bedurfte es für eine wirksame Herabgruppierung wegen gesunkener Schülerzahlen einer Änderungsvereinbarung oder einer sozial gerechtfertigten Änderungskündigung.

20

2. In § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 haben die Parteien mit Wirkung ab dem 1. Juli 2010 ausdrücklich eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und damit ausgehend von der Entgeltgruppe 14 TV-L eine Herabgruppierung vereinbart. Auch die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag den Änderungsvertrag dahingehend verstanden, dass ab dem 1. Juli 2010 eine Änderung der Eingruppierung erfolgen soll.

21

3. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 ist nicht aufgrund der Anfechtung der Klägerin als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB). Die auf § 119 Abs. 1 BGB gestützte Anfechtungserklärung erfolgte erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 und damit nicht mehr unverzüglich iSd. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB.

22

a) Nach dieser Vorschrift muss die Anfechtung unverzüglich - dh. ohne schuldhaftes Zögern - vorgenommen werden, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Sie ist innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist zu erklären (vgl. BVerwG 10. März 2010 - 6 C 15.09 - Rn. 21; BGH 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - zu II 1 a der Gründe).

23

b) Das war hier nicht der Fall. Die Klägerin erlangte von dem Wegfall der individuellen Endstufe in Folge der neuen Eingruppierung spätestens mit Erhalt der Lohnabrechnung für den Monat August 2010 Kenntnis. Nach der aus Sicht des beklagten Landes versehentlichen Weiterzahlung der individuellen Endstufe im Juli 2010 erfolgte im August 2010 nicht nur die Reduzierung um die individuelle Endstufe, sondern auch der erste Teil der Aufrechnung wegen der Überzahlung im Vormonat. Die Klägerin konnte dies anhand der Höhe der bezahlten Beträge feststellen. Soweit sie die Anfechtung darauf gestützt hat, dass der Vertreter des beklagten Landes erstmals in der mündlichen Verhandlung am 24. März 2011 von einem vertraglich vereinbarten Wegfall der individuellen Endstufe ausging, stellt dies nicht die Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund dar. Das beklagte Land hatte bereits mit der Klageerwiderung vom 8. Februar 2011 deutlich gemacht, dass es den Wegfall der individuellen Endstufe auf die vertraglich vereinbarte Herabgruppierung mit der Folge einer Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L zurückführt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Entfall der individuellen Endstufe unmittelbar auf die vertragliche Vereinbarung oder auf die vertraglich festgelegte Herabgruppierung in Verbindung mit den tariflichen Vorgaben zur Stufenzuordnung zurückzuführen ist. Die Grundlage ist in beiden Fällen der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010. Dies ist klar erkennbar, weshalb eine entschuldbare Verzögerung der Anfechtung wegen Rechtsirrtums nicht in Betracht kommt.

24

c) Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Wirkung ihrer Anfechtungserklärung durch einen konkludent erklärten Widerruf im Rahmen der Antragsänderung beseitigen konnte oder ob die Anfechtungserklärung wegen ihrer gemäß § 142 Abs. 1 BGB rechtsgestaltenden Wirkung grundsätzlich unwiderruflich ist(vgl. MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 143 Rn. 5; BeckOK BGB/Wendtland Stand 1. Mai 2014 BGB § 143 Rn. 2; Palandt/Ellenberger BGB 73. Aufl. § 143 Rn. 2, Überbl. vor § 104 Rn. 17; zur Unwiderruflichkeit einer Gestaltungserklärung vgl. BAG 21. März 2013 - 6 AZR 618/11 - Rn. 15).

25

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

26

1. Ein solcher Anspruch lässt sich den einzelvertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht entnehmen. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 enthält ebenso wie die im Übrigen weitergeltenden Regelungen der Verträge vom 1. August 1997 und 8. Juli/1. August 1992 keine Regelungen zur Stufenzuordnung. Eine sonstige individuelle Zusage bezüglich einer (übertariflichen) Stufenzuordnung ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

27

2. Auch die durch Bezugnahme zum Vertragsinhalt gewordenen LehrerRichtlinien-O der TdL enthalten bezüglich der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L keine Regelungen zur Stufenzuordnung.

28

3. Die Stufenzuordnung richtet sich daher nach den Vorgaben der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Regelungen des TVÜ-Länder und des TV-L. Der geltend gemachte Anspruch kann aber nicht auf tarifliche Normen gestützt werden.

29

a) Der gestellte Antrag entspricht einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Diese Tarifnorm gilt ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts jedoch nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008, so dass ihre direkte Anwendung auf die zum 1. Juli 2010 erfolgte Herabgruppierung der Klägerin nicht in Betracht kommt. Davon geht auch die Revision aus.

30

b) Entgegen der Revision kann die begehrte fiktive Überleitung entsprechend § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder nicht auf § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L gestützt werden.

31

aa) Diese Regelung gilt für Herabgruppierungen nach dem 1. November 2008 (Sponer/Steinherr TV-L Stand Januar 2007 § 6 TVÜ-L zu 6.6). In einem solchen Fall ist der oder die Beschäftigte der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen.

32

bb) Für Herabgruppierungen aus einer individuellen Endstufe enthält § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L keine Regelung(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand November 2013 Teil II § 17 Rn. 63 iVm. Rn. 205a zu TVÜ-Länder Stand Dezember 2009 Teil IV/3 6.8; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 69). Der Begriff der „Stufe“ in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L kann nicht als individuelle Endstufe verstanden werden mit der Folge, dass der Beschäftigte in der niedrigeren Entgeltgruppe unverändert seiner individuellen Endstufe zugeordnet bliebe. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L und seinem systematischen Zusammenhang. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sichert die Beibehaltung der „erreichten“ Stufe. Die Verwendung dieses Begriffes entspricht § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L und macht deutlich, dass § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L die Stufenzuordnung innerhalb des Systems des TV-L regelt. Die individuelle Endstufe ist demgegenüber ein „Instrument des Überleitungstarifrechts zur Sicherung des materiellen Besitzstands von Beschäftigten“ (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61a). Sie wurde nicht nach § 16 Abs. 3 TV-L erreicht, sondern im Rahmen der Überleitung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 iVm. § 5 TVÜ-Länder gebildet. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L stellt keinen Bezug zu Überleitungsvorschriften des TVÜ-Länder her, sondern nimmt eine stufengleiche Zuordnung nach den Stufen der Entgelttabelle gemäß § 16 Abs. 3 TV-L vor.

33

cc) Dies hat zur Konsequenz, dass nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L der oder die Beschäftigte auch im Fall der Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe höchstens der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen ist(so auch Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 17 Rn. 28). Folglich kann - wie im Fall der Klägerin - eine Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe in eine niedrigere Entgeltgruppe bei einer Vergütung nach deren höchster regulärer Stufe zu einem durch die neue Stufenzuordnung verstärkten Einkommensverlust führen.

34

dd) Dem steht die von der Revision angeführte Entscheidung des Senats vom 14. April 2011 - 6 AZR 726/09 - nicht entgegen. Sie befasst sich bezogen auf den Fall einer Herabgruppierung nur mit dem Anspruch auf Strukturausgleich gemäß § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005 und dabei insbesondere mit der Stichtagsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund.

35

ee) Zur wortgleichen Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 5 TVöD-AT hat das Bundesministerium des Innern mit Rundschreiben vom 22. Juli 2010 (Az. - D 5 - 220 210 - 2/17 -) unter 3.1 festgestellt, dass Beschäftigte in einer individuellen Endstufe nach Herabgruppierung der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zugeordnet werden. Bei Herabgruppierung im Einvernehmen mit dem Beschäftigten aus einer individuellen Endstufe werde aber übertariflich eine persönliche, abbaubare Besitzstandszulage in Höhe der Differenz zwischen der individuellen Endstufe der bisherigen Entgeltgruppe und der regulären Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe gewährt. Damit wurde für die betroffenen Beschäftigten des Bundes ein übertariflicher Ausgleich geschaffen. Das beklagte Land hat eine solche Zusage nicht gegeben.

36

c) Eine ergänzende Auslegung des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L im Sinne der Revision durch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder ist dem Senat nicht möglich.

37

aa) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29 mwN; vgl. auch BVerfG 29. März 2010 - 1 BvR 1373/08 - Rn. 29, BVerfGK 17, 203 ).

38

bb) Es ist schon nicht erkennbar, ob bezüglich der Stufenzuordnung bei einer Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe eine unbewusste Regelungslücke besteht.

39

(1) In der Literatur wird angenommen, dass eine solche Lücke vorliege, weil in allen tariflichen Überleitungsregeln des TVÜ-Länder mindestens der bisherige finanzielle Besitzstand eines aus dem alten Tarifrecht übergeleiteten Beschäftigten abgesichert werde (vgl. §§ 8, 9, 11 TVÜ-Länder). Ein sachlicher Grund, warum gerade die Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe nicht mit einer Besitzstandsregelung tariflich geregelt worden ist, sei bei der Fülle der tariflichen Besitzstandsregelungen nicht zu erkennen. Die unbewusste Regelungslücke sei durch die Zahlung einer nicht dynamischen Besitzstandszulage zu schließen (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61d, 61g).

40

(2) Der Blick auf die ausgeprägte Besitzstandssicherung durch den TVÜ-Länder ist kein zwingendes Argument für die Annahme einer unbewussten Regelungslücke in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Ebenso denkbar wäre, dass die Tarifvertragsparteien des TV-L gerade keine Besitzstandssicherung vornehmen wollten. Nach dem Auslaufen der Übergangsvorschriften ist der spezifische Zweck der Absicherung der Beschäftigten anlässlich der Überleitung in den TV-L entfallen. Die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe im System des TV-L kann auch als Zäsur verstanden werden, welche bewusst zu einem Wegfall der individuellen Endstufe führen soll. § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder begründet den Anspruch auf Vergütung nach einer individuellen Endstufe nur, solange sich die Eingruppierung nicht ändert(vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Juni 2013 Teil B 3 § 6 TVÜ-Länder Rn. 28).

41

cc) Sollten die Tarifvertragsparteien für den Fall einer Herabgruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L bewusst keine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe getroffen haben, würde dies nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

42

(1) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 43; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 58). Verfassungsrechtlich erheblich ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 28). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 45; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).

43

(2) Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die Klägerin nach dem Verlust der individuellen Endstufe nunmehr im Ergebnis weniger verdient als eine Lehrerin, welche nicht als Stellvertreterin des Schulleiters fungiert und ohne Herabgruppierung unverändert nach einer individuellen Endstufe in der Entgeltgruppe 13 TV-L vergütet wird. Dies begründet aber keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Wegen der Herabgruppierung sind unterschiedliche Sachverhalte gegeben. Die Herabgruppierung stellt einen vergütungsrechtlichen Einschnitt dar, welcher das Erfordernis einer erneuten Stufenzuordnung mit sich bringt. In diesem Zusammenhang ist es grundsätzlich Aufgabe der Tarifvertragsparteien darüber zu befinden, ob der mit einer Herabgruppierung zwangsläufig zu verzeichnende Einkommensverlust durch die Stufenzuordnung teilweise kompensiert oder verstärkt wird. Durch die mit § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L vorgenommene stufengleiche Zuordnung haben sich die Tarifvertragsparteien für eine beschränkte Besitzstandswahrung bzgl. der „erreichten“ Stufe entschieden.Die finanziellen Folgen der Herabgruppierung sollen damit abgemildert werden (vgl. BVerwG 13. Oktober 2009 - 6 P 15.08 - Rn. 55). Es wäre nicht zu beanstanden, wenn die Tarifvertragsparteien keine weitere Besitzstandswahrung bezüglich einer individuellen Endstufe vornehmen wollten. Dies würde der in § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zum Ausdruck kommenden zeitlichen Begrenzung des Schutzes einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung entsprechen.

44

(3) Der Gleichheitssatz ist auch nicht verletzt, weil bei einer Höhergruppierung die Stufenzuordnung nicht stufengleich erfolgt, sondern sich gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 TV-L an der Höhe des bisherigen Entgelts orientiert(vgl. zu § 17 Abs. 4 TVöD-AT BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 18). Die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe stellt einen anderen Sachverhalt dar als die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe. Die Entgeltsicherung bei der Höhergruppierung soll den Verlust der in der niedrigeren Entgeltgruppe erreichten Stufenzuordnung und Stufenlaufzeit ausgleichen. Bei einem Einkommensverlust wäre anderenfalls die Bereitschaft geeigneter Beschäftigter, eine höher eingruppierte Tätigkeit zu übernehmen, beeinträchtigt. Die Situation ist nicht vergleichbar mit der einer ohnehin mit einer Vergütungsabsenkung behafteten Herabgruppierung.

45

dd) Der Verlust einer individuellen Endstufe würde auch unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Die individuelle Endstufe ist - wie dargelegt - ein Element der Besitzstandswahrung des Überleitungsrechts. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die vergleichbaren Überleitungsregelungen in den TVöD als angemessen und erforderlich angesehen, weil es sich dabei um Regelungen mit Übergangscharakter handelt und die Fortwirkung der wegen der Vergütung nach Lebensaltersstufen im BAT/BAT-O gegebenen Altersdiskriminierung schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung der Angestellten verschwinden werde (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 25, BAGE 140, 83; 19. Februar 2013 - 6 AZN 2338/12 - Rn. 3; EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 96, 99, Slg. 2011, I-7965; zum Besoldungsrecht EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 53 f.). Der Verlust der individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung nach dem 1. November 2008 entspricht diesem Ansatz.

46

ee) Sollte § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L eine unbewusste Regelungslücke im Hinblick auf das Schicksal einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung enthalten, könnte diese nicht - wie von der Revision angenommen - durch die analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder geschlossen werden. Eine tarifliche Regelung wäre vielmehr wegen mehrerer Möglichkeiten der Lückenschließung den Tarifvertragsparteien vorbehalten.

47

(1) Die Tarifvertragsparteien könnten den durch die Kombination von Herabgruppierung und Wegfall der individuellen Endstufe verstärkten Einkommensverlust durch die Gewährung einer Besitzstandszulage ausgleichen. In diesem Fall hätten sie darüber zu entscheiden, ob die Zulage zeitlich begrenzt werden soll. Hinsichtlich der Höhe der Zulage wäre ferner zu bedenken, ob eine Dynamisierung oder ein Abschmelzen durch Anrechnung auf Tariferhöhungen stattfinden soll.

48

(2) Denkbar wäre auch der von der Revision vorgeschlagene Weg der entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Bezogen auf den hier vorliegenden Fall der Herabgruppierung eines Mitglieds der Schulleitung wegen gesunkener Schülerzahlen läge kein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung wegen ungerechtfertigter Fortführung der Vergütungsregelungen, welche auf die diskriminierenden Lebensaltersstufen des BAT/BAT-O zurückzuführen sind, vor (vgl. zu dieser Problematik Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 70). Es würde sich um eine eigenständige Form der Besitzstandswahrung im TV-L handeln, die in keinem Zusammenhang mit dem Lebensalter steht. Maßgeblich für die Herabgruppierung als Anlass der neuen Stufenzuordnung ist letztlich die mit der Schülerzahl gesunkene dienstliche Belastung.

49

(3) Schließlich könnten sich die Tarifvertragsparteien auch erstmals bewusst gegen eine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe entscheiden. Bezüglich der Vereinbarkeit einer solchen Entscheidung mit höherrangigem Recht wird auf die vorstehenden Ausführungen Rn. 41 bis 45 verwiesen.

50

4. Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangt werden.

51

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber (vgl. nur BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 42; ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 606; Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 112 Rn. 31).

52

b) Die Klägerin hat keine Arbeitnehmer benannt, die in vergleichbarer Lage, dh. bei einer Herabgruppierung, eine Vergütung entsprechend der im Antrag vorgesehenen fiktiven Überleitung erhalten. Sie vergleicht sich vielmehr mit einer Kollegin, die keine Einkommenseinbußen in Folge einer Herabgruppierung zu verzeichnen hat und deren Vergütung seit der Überleitung hinsichtlich Eingruppierung und Stufenzuordnung unverändert blieb. Soweit die Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, dass Beschäftigte, die einer Herabgruppierung nicht zugestimmt haben, unverändert vergütet werden, hat das Landesarbeitsgericht dies nicht festgestellt. Hiergegen gerichtete Verfahrensrügen sind nicht erhoben. Dessen ungeachtet könnte dieser Vortrag keine gleichheitswidrige Benachteiligung begründen, denn solche Arbeitnehmer wären mangels Vereinbarung einer Herabgruppierung nicht in einer vergleichbaren Lage.

53

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Lorenz    

        

    M. Geyer     

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2011 - 6 Sa 1422/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines Kaufkraftausgleichs für die Jahre 2007 bis 2010.

2

Der Kläger, der deutscher Staatsangehöriger ist, trat am 1. Mai 1988 als Wächter beim Generalkonsulat Rio de Janeiro in die Dienste der beklagten Bundesrepublik Deutschland. Er ist eine sog. nicht entsandte Ortskraft. Nach Nr. 1 Abs. 2 seines Arbeitsvertrags gilt der jeweils für das Auswärtige Amt maßgebende Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei den Auslandsvertretungen beschäftigten deutschen nicht entsandten Arbeiter. Das Entgelt wird in Euro geleistet. Der Kläger erhält neben dem Tabellenentgelt des § 15 TVöD-AT einen Auslandszuschlag, einen Kaufkraftausgleich und Zuschüsse zur Krankenversicherung und privaten Altersvorsorge.

3

Aus Anlass der Kündigung der Tarifverträge Angestellte/Arbeiter Ausland zum 31. März 2000 konnten die betroffenen Arbeitnehmer ihre Arbeitsverträge auf das jeweilige Ortsrecht umstellen lassen. Der darüber informierte Kläger machte davon keinen Gebrauch. Seit November 2006 wird sein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten deutschen nicht entsandten Beschäftigten vom 1. November 2006 (TV Beschäftigte Ausland) durchgeführt. Der TV Beschäftigte Ausland lautet in Art. 1 auszugsweise:

        

§ 2   

        

Geltung des Bundestarifrechts

        

(1)     

Für die in § 1 genannten Beschäftigten gelten die für unter den Geltungsbereich des § 45 (Bund) des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Besonderer Teil Verwaltung - (BT-V) fallende Beschäftigte des Bundes jeweils geltenden Tarifvorschriften mit Ausnahme der Nr. 2 dieser Sonderregelungen entsprechend, soweit nicht in diesem Tarifvertrag etwas Abweichendes bestimmt ist.

        

…       

        
        

§ 4     

        

Entgelt

        

Anstelle des § 45 Nr. 8 TVöD-BT-V (Bund) gilt Folgendes:

        

…       

        
        

(3)     

§ 55 des Bundesbesoldungsgesetzes gilt entsprechend.

        

…“    

4

Nach der bis 30. Juni 2010 anzuwendenden Fassung des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland galten §§ 7 und 54 BBesG entsprechend. Aufgrund dieser Verweisung richtete sich die Berechnung des Kaufkraftausgleichs für den Kläger in den streitgegenständlichen Zeiträumen zunächst nach den früheren Fassungen des § 7 BBesG vom 6. August 2002 und 19. Juni 2009 sowie des § 54 BBesG vom 10. September 2003 und 19. Juni 2009 (für alle diese Altfassungen der beiden Bestimmungen im Folgenden einheitlich: aF). Der Kaufkraftausgleich wurde auf der Grundlage der Auslandsdienstbezüge iSv. § 52 BBesG errechnet. Seit dem 1. Juli 2010 richtet sich die Berechnung des Kaufkraftausgleichs nach § 55 BBesG zunächst idF vom 5. Februar 2009, seit dem 22. März 2012 idF vom 15. März 2012 und seit dem 1. August 2013 idF vom 11. Juni 2013. § 55 BBesG in seinen drei letzten Fassungen fasst im Wesentlichen die Regelungen der §§ 7, 54 BBesG aF zusammen. § 55 BBesG idF vom 11. Juni 2013 lautet:

        

„(1)   

Entspricht bei einer allgemeinen Verwendung im Ausland die Kaufkraft der Besoldung am ausländischen Dienstort nicht der Kaufkraft der Besoldung am Sitz der Bundesregierung, ist der Unterschied durch Zu- oder Abschläge auszugleichen (Kaufkraftausgleich). …

        

(2)     

Das Statistische Bundesamt ermittelt für den einzelnen Dienstort nach einer wissenschaftlichen Berechnungsmethode auf Grund eines Preisvergleichs und des Wechselkurses zwischen den Währungen den Prozentsatz, um den die Lebenshaltungskosten am ausländischen Dienstort höher oder niedriger sind als am Sitz der Bundesregierung (Teuerungsziffer). Die Teuerungsziffern sind vom Statistischen Bundesamt bekannt zu machen.

        

(3)     

Der Kaufkraftausgleich wird anhand der Teuerungsziffer festgesetzt. Die Berechnungsgrundlage beträgt 60 Prozent des Grundgehaltes, der Anwärterbezüge, des Familienzuschlags, des Auslandszuschlags …

        

(4)     

Die Einzelheiten zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs regelt das Auswärtige Amt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Finanzen … durch allgemeine Verwaltungsvorschrift.“

5

Die beiden vorangegangenen Fassungen des aktuellen § 55 BBesG waren in den zitierten Passagen bis auf zwei Abweichungen wortgleich mit § 55 BBesG idF vom 11. Juni 2013. In den beiden älteren Fassungen der Norm vom 5. Februar 2009 und 15. März 2012 hieß es ohne inhaltlichen Unterschied in Abs. 2 Satz 1 „Vomhundertsatz“ anstelle „Prozentsatz“ und in Abs. 3 Satz 2 „60 vom Hundert“ anstatt „60 Prozent“ (für alle drei jüngsten Fassungen des § 55 BBesG im Folgenden einheitlich: nF).

6

Die Beklagte hatte den Beschäftigten aller Auslandsvertretungen die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs nach dem Bundesbesoldungsgesetz vom 24. September 2002 und die Verfahrensregelung zur Ermittlung der Teuerungsziffern für den Kaufkraftausgleich vom 19. Januar 2005 als Anlagen des Runderlasses 131-31 des Auswärtigen Amts vom 11. Oktober 2006 bekannt gemacht.

7

Mit Schreiben vom 15. September 2010 verlangte der Kläger, den Kaufkraftausgleich auf einer dem tatsächlichen Konsumverhalten einer Ortskraft annähernd entsprechenden Basis neu zu berechnen.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland stehe ihm ein am realen Konsumverhalten von Ortskräften orientierter Kaufkraftausgleich zu. Die Beklagte habe den Kaufkraftausgleich zwar zutreffend nach den in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Regelungen zunächst der §§ 7, 54 BBesG aF, später des § 55 BBesG nF festgesetzt. Die beamtenrechtlichen Regelungen seien jedoch auf entsandte Beschäftigte zugeschnitten. Der Kaufkraftausgleich werde anhand der Teuerungsziffer festgesetzt, die sich aus einem Preisvergleich bestimmter Waren und Dienstleistungen (Warenkorb) ergebe. Für 40 % dieses Warenkorbs werde kein Preisvergleich angestellt, weil von der Beschaffung dieser Güter in der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werde. Dabei handle es sich zB um Möbel, elektronische Geräte oder Autos. Außerdem werde der Kaufkraftausgleich nur auf der Grundlage von 60 % des Grundentgelts berechnet, weil entsandte Mitarbeiter aufgrund ihrer begrenzten Aufenthaltsdauer im Gastland einen nicht unerheblichen Teil ihrer laufenden Zahlungsverpflichtungen (Lohn- und Einkommensteuer, Sozialversicherung oder Wohnkosten) im Inland abwickelten. Diese Art der Berechnung des Kaufkraftausgleichs benachteilige Ortskräfte, die dauerhaft im Ausland lebten und dort ihren Lebensunterhalt zu nahezu 100 % bestritten. Der Kläger hat behauptet, der reale Kaufkraftverlust liege seit Ende 2004 wegen der Verschlechterung des Wechselkurses und der brasilianischen Inflation bei 75 % bis 80 %. Der tatsächlich geleistete Kaufkraftausgleich decke demgegenüber nur 6 % bis 9 % der realen Verluste. Diese Umstände habe die Beklagte bei der Festsetzung des Kaufkraftausgleichs bislang ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt. Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland sehe lediglich die entsprechende Anwendung der beamtenrechtlichen Regelungen zum Kaufkraftausgleich vor und räume der Beklagten damit einen Ermessensspielraum bei der Rechtsanwendung ein. In Ausübung dieses Ermessens habe die Beklagte sich bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs am tatsächlichen Konsumverhalten der Ortskräfte zu orientieren. Für den gesamten Warenkorb sei daher eine Teuerungsziffer anzusetzen. Der Kaufkraftausgleich müsse ferner auf der Grundlage der gesamten Grundvergütung und nicht nur anteilig auf der Basis von 60 % des Grundentgelts errechnet werden. Seine höheren monatlichen Ansprüche folgten zudem aus Art. 3 Abs. 1 GG und dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Gleichbehandlung von Ortskräften und entsandten Beschäftigten bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs sei nicht gerechtfertigt. Die Ansprüche seien nicht nach § 45 Nr. 15 TVöD-BT-V (Bund) iVm. § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen. Der Beklagten sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die neunmonatige Ausschlussfrist zu berufen, weil sie den Kaufkraftausgleich trotz Aufforderung weder gesondert errechnet noch die jeweiligen Festsetzungen begründet habe.

9

Der Kläger hat für die Jahre 2007 bis 2010 deshalb die Nachzahlung eines Kaufkraftausgleichs von insgesamt 48.111,60 Euro geltend gemacht. Bei der Berechnung hat er den realen Kaufkraftverlust ermittelt und davon den tatsächlich erhaltenen Kaufkraftausgleich abgezogen. Er hat die verbleibenden Differenzbeträge um die monatlichen Unterschiedsbeträge, die 50 % der Grundvergütung überstiegen, gekürzt. Dieser „Sicherheitsabschlag“ sei geboten, weil der Beklagten ein Ermessensspielraum zustehe.

10

Hilfsweise hat der Kläger die Anpassung seines Arbeitsvertrags verlangt und sich angesichts der realen nicht ausgeglichenen Kaufkraftverluste zunächst darauf berufen, die Geschäftsgrundlage sei entfallen iSv. § 313 BGB. In der Berufungsinstanz hat er ausgeführt, der nicht ausgeglichene Kaufkraftverlust habe mittlerweile zu einer so erheblichen Äquivalenzstörung geführt, dass die tarifliche Regelung des Kaufkraftausgleichs nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig geworden sei. Daraus ergäben sich Ansprüche auf die übliche Vergütung aus § 612 Abs. 2 BGB. Jedenfalls könne er verlangen, dass der Vertrag durch Umdeutung angepasst werde (§§ 140, 612 Abs. 2 BGB).

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 48.111,60 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen aufgeführter, gestaffelter Höhe zu zahlen;

        

die Beklagte hilfsweise zu verurteilen, der Aufnahme einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Inhalt der Gewährung eines Kaufkraftausgleichs in seinen Arbeitsvertrag rückwirkend zum 1. Januar 2007 zuzustimmen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, dem Kläger stünden keine weiteren Ansprüche auf Kaufkraftausgleich zu. Die tarifliche Regelung lege bindend fest, dass der Kaufkraftausgleich auch für Ortskräfte nach der zu §§ 7, 54 BBesG aF und § 55 BBesG nF erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs nach dem Bundesbesoldungsgesetz vom 24. September 2002 zu berechnen sei. Ein Ermessensspielraum, der es ihr erlaube, Besonderheiten des Kaufverhaltens von Ortskräften zu berücksichtigen, bestehe nicht. Die tarifliche Regelung zum Kaufkraftverlust verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifvertragsparteien hätten sich im Interesse der Vereinfachung bewusst für eine pauschale Verweisung auf die beamtenrechtlichen Regelungen und gegen eine Sonderregelung für Ortskräfte entschieden. Das sei sachgerecht und von der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien gedeckt. Der Kläger könne sich auch nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Ein Kaufkraftverlust sei allenfalls eine objektive Geschäftsgrundlage. Eine erhebliche Äquivalenzstörung sei jedoch nicht feststellbar. Die Höhe des vom Kläger für die letzten Jahre behaupteten Kaufkraftverlusts sei nicht nachvollziehbar. Die vom Statistischen Bundesamt anhand von Preisanstiegen und Wechselkursänderungen regelmäßig errechneten Teuerungsziffern für Brasilien lägen bei 5 % bis 11 %. Im Übrigen vernachlässige der Kläger, dass er immer noch ein um 20 % bis 30 % höheres Entgelt erziele, als es in Brasilien üblich sei.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich des Hauptantrags für unbegründet und bezüglich des Hilfsantrags für unzulässig gehalten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist mit Blick auf den Hauptantrag unbegründet. Hinsichtlich des Hilfsantrags ist sie unzulässig.

15

A. Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sich der Kaufkraftausgleich am tatsächlichen Konsumverhalten einer Ortskraft orientiert. Die ihm zustehenden Ansprüche sind durch die erbrachten Leistungen erfüllt. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

16

I. Die erhobenen Ansprüche beurteilen sich nach deutschem materiellen Arbeitsrecht.

17

1. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wird vollständig in Brasilien durchgeführt. Es handelt sich deshalb um einen Sachverhalt mit Bezug zu ausländischem Recht (Art. 3 EGBGB in der bis 16. Dezember 2009 geltenden Fassung [EGBGB]). Das anzuwendende Arbeitsvertragsstatut bestimmt sich nach Art. 27 EGBGB. Diese Vorschrift gilt noch für alle Arbeitsverhältnisse, die bis zum 16. Dezember 2009 begründet wurden (vgl. BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 267/92 - zu II 1 der Gründe, BAGE 71, 297). Erst für Arbeitsverträge, die seit dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden, ist die sog. ROM I-Verordnung anzuwenden (Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht; vgl. ErfK/Schlachter 14. Aufl. Rom I-VO Rn. 1 mwN).

18

2. Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich erfolgen. Sie kann sich aus den Bestimmungen des Vertrags oder den Umständen des Einzelfalls ergeben. Es gibt keinen abschließenden Katalog von Indizien. Für Schuldverhältnisse sind jedoch typische Hinweise auf eine konkludente Rechtswahl aus der Vereinbarung eines Gerichtsstands oder Schiedsverfahrens, einer vertraglichen Bezugnahme auf ein bestimmtes Recht und der Vereinbarung eines gemeinsamen Erfüllungsorts für beide Parteien zu entnehmen. Die vertragliche Verweisung auf Tarifverträge und sonstige Regelungen am Sitz des Arbeitgebers ist ein gewichtiges Indiz für eine konkludente Rechtswahl (vgl. BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 28; 13. November 2007 - 9 AZR 134/07  - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 24).

19

3. Nach diesen Grundsätzen haben sich die Parteien hier für die Geltung deutschen Rechts entschieden. Das folgt neben der Vertragssprache und der Vergütung in deutscher Währung vor allem aus der Verweisung auf den für das Auswärtige Amt jeweils maßgebenden Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei den Auslandsvertretungen beschäftigten deutschen nicht entsandten Arbeiter.

20

II. Ansprüche des Klägers auf zusätzlichen Kaufkraftausgleich ergeben sich nicht aus der vertraglich in Bezug genommenen Regelung des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland.

21

1. Nach Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland hat der Kläger Anspruch auf Kaufkraftausgleich nach §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF. Die Verweisung auf die beamtenrechtlichen Regelungen des Kaufkraftausgleichs ist wirksam.

22

a) Tarifvertragsparteien können die ihnen verliehene Rechtsetzungsbefugnis zwar nicht an Dritte delegieren. Die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG übertragene Aufgabe, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder sinnvoll zu ordnen, umfasst aber die Befugnis, in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes auf die für Beamte geltenden gesetzlichen Vorschriften zu verweisen. Das setzt voraus, dass diese Bestimmungen eindeutig sind und mit der tariflichen Regelung in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 22 mwN). Bei solchen Verweisungen ist sichergestellt, dass der anzustrebenden sachgerechten tariflichen Regelung durch einen angemessenen Interessenausgleich Rechnung getragen wird. Die Tarifvertragsparteien können die Verweisung auf die gesetzlichen Bestimmungen jederzeit aufheben oder ändern (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 22; 15. Dezember 2005 -  6 AZR 227/05  - Rn. 17, BAGE 116, 346 ).

23

b) Das in Bezug genommene Besoldungsrecht weist den erforderlichen Sachzusammenhang mit der tariflichen Regelung in Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland auf. Der Kaufkraftausgleich nach dem Bundesbesoldungsgesetz passt die Dienstbezüge zur Erhaltung der Kaufkraft den durch das Währungs- und Preisgefälle bedingten veränderten Verhältnissen im Ausland an. Damit soll sichergestellt werden, dass der mit der Besoldung verfolgte Zweck, dem Beamten die dem jeweiligen Amt und seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Besoldung zu gewähren, auch bei einem dienstlichen Wohnsitz außerhalb des deutschen Währungsgebiets erhalten bleibt (vgl. BAG 21. November 1996 - 6 AZR 222/96 - zu II 2 der Gründe; BVerwG 26. Mai 1971 - VI C 39.68  - BVerwGE 38, 139, 143  f.). Die Problematik eines unterschiedlichen Währungs- und Preisgefälles betrifft die im Ausland tätigen und in deutscher Währung vergüteten nicht entsandten Ortskräfte ebenso wie die entsandten Beamten.

24

c) Die für den Tarifvertrag vorgeschriebene Schriftform des § 1 Abs. 2 TVG ist durch die Verkündung als Gesetz und die Veröffentlichung im Bundesanzeiger gewahrt(vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 24 mwN).

25

2. Auf der Grundlage der wirksamen tariflichen Verweisung auf das Gesetzesrecht steht dem Kläger ein monatlicher Kaufkraftausgleich nach §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF zu. Diese Ansprüche hat die Beklagte erfüllt. Der Kläger rügt keine fehlerhafte Berechnung des Kaufkraftausgleichs nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen. Er beanstandet vielmehr, dass die Beklagte in fehlerfreier Ausübung ihres Ermessens von den beamtenrechtlichen Regelungen hätte abweichen müssen, um einer Benachteiligung der Ortskräfte bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs entgegenzuwirken. Diese Rüge greift nicht durch. Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland räumt der Beklagten keinen Ermessensspielraum bei der Anwendung von §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF auf Arbeitsverhältnisse nicht entsandter Ortskräfte ein.

26

a) Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland ist nach den für Tarifnormen geltenden Maßstäben auszulegen und auf seine Rechtswirksamkeit zu überprüfen. Die Bezugnahme auf §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF wirkt wie eine wörtliche Übernahme dieser Regelungen in den Tarifvertrag. Die gesetzlichen Bestimmungen über den Kaufkraftausgleich gelten aufgrund der Verweisung als Tarifnormen (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 25; 11. September 2003 -  6 AZR 323/02  - zu I 3 der Gründe, BAGE 107, 272 ).

27

b) Der Beklagten kommt kein Ermessen darin zu, ob die beamtenrechtlichen Regelungen anzuwenden sind.

28

aa) Nach dem Wortlaut des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland gelten §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF entsprechend. Ein Wille, nach pflichtgemäßem Ermessen auch abweichende Regelungen des Kaufkraftausgleichs zuzulassen, ist und war im Wortlaut des Tarifvertrags nicht ausgedrückt.

29

bb) Die Tarifsystematik bestätigt dieses Ergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben in Art. 1 § 2 Abs. 1 TV Beschäftigte Ausland grundsätzlich auf die Regelungen des § 45 TVöD-BT-V (Bund) verwiesen. Sie haben in der Folge jedoch zahlreiche Ausnahmen von der Geltung des § 45 TVöD-BT-V (Bund) aufgenommen. Zum Teil haben die Tarifvertragsparteien auf Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes oder der Heimaturlaubsverordnung verwiesen. Teilweise haben sie selbst den von § 45 TVöD-BT-V (Bund) abweichenden Regelungsgehalt niedergelegt. Der TV Beschäftigte Ausland enthält damit ein in sich geschlossenes System, das sich einerseits aus Verweisungen auf den TVöD-BT-V oder andere öffentlich-rechtliche Normen und andererseits aus eigenständigen Regelungen zusammensetzt. Abweichungen davon durchbrechen das System und stellen damit zugleich die inhaltliche Ausgewogenheit der tariflichen Regelungsstruktur infrage.

30

cc) Sinn und Zweck der Tarifnorm stehen mit diesem Auslegungsergebnis in Einklang. Verweist ein Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes - wie hier Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland - auf die für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen, soll den Arbeitnehmern dieselbe Rechtsstellung wie den Beamten eingeräumt werden(vgl. BAG 11. September 2003 -  6 AZR 323/02  - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 107, 272 ; 13. Februar 2003 - 6 AZR 411/01  - zu 1 der Gründe, BAGE 104, 342). Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland dient dazu, Ansprüche auf Kaufkraftausgleich zu vereinheitlichen. Die Übernahme der für Beamte der Bundesrepublik Deutschland geltenden Bestimmungen soll gewährleisten, dass Arbeitnehmer hinsichtlich der Voraussetzungen, des Umfangs und der Dauer der zu gewährenden Leistungen nicht schlechter-, aber auch nicht bessergestellt werden als vergleichbare Beamte. Die tarifliche Verweisung will zudem die Zahlung des Kaufkraftausgleichs vereinfachen. Der Arbeitgeber soll in den Stand versetzt werden, seine in verschiedenen Dienststellen zusammenarbeitenden Beschäftigten nach denselben Rechtsnormen zu behandeln (vgl. BAG 11. September 2003 -  6 AZR 323/02  - zu II 2 b cc der Gründe mwN, aaO).

31

c) Es besteht auch kein Ermessen der Beklagten in der Frage, wie die beamtenrechtlichen Regelungen anzuwenden sind.

32

aa) Mit Blick auf den Zweck der tariflichen Verweisung, die Vereinheitlichung der Rechtsstellungen von Beamten und Arbeitnehmern, sind die für die Beamten geltenden Gesetze, Verordnungen und Durchführungserlasse auch für die Arbeitnehmer maßgebend. Steht es nach den für die Beamten geltenden Vorschriften im Ermessen des Dienstherrn, die Leistung zu gewähren, gelten deswegen auch für die Arbeitnehmer die für das Verwaltungsermessen entwickelten Grundsätze (vgl. BAG 21. November 1996 -  6 AZR 222/96  - zu II 1 der Gründe mwN).

33

bb) §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF gewähren der Beklagten jedoch auch im Verhältnis zu ihren Beamten kein Durchführungsermessen. Nach §§ 7, 54 BBesG aF bzw. § 55 BBesG nF wird die Höhe des Kaufkraftausgleichs durch das Auswärtige Amt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Finanzen geregelt. Damit ist es ministerieller Bestimmung überlassen, die Höhe des jeweiligen Kaufkraftausgleichs festzulegen. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. BAG 21. November 1996 -  6 AZR 222/96  - zu II 2 der Gründe; BVerwG 26. Oktober 1995 - 2 C 24.94 - BVerwGE 99, 355 , 357).

34

cc) Von dieser Ermächtigung hat der Bundesminister des Auswärtigen zuletzt durch Erlass der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Festsetzung des Kaufkraftausgleichs nach dem Bundesbesoldungsgesetz vom 24. September 2002 Gebrauch gemacht. Diese Verwaltungsvorschrift gibt der Beklagten die Art und Weise der Berechnung des Kaufkraftausgleichs bindend vor, ohne ihr Ermessen einzuräumen.

35

3. Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifnorm sieht keine sachwidrige Gleichbehandlung der nicht entsandten Ortskräfte mit den entsandten Beamten vor.

36

a) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dennoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Unterscheidungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 43; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 58).

37

b) Verfassungsrechtlich erheblich ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 44; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 59). Bei einer personenbezogenen Gleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normdressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten gleichbehandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine gleiche Behandlung nicht rechtfertigen (vgl. für den umgekehrten Fall der sachwidrigen Ungleichbehandlung BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 45; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).

38

c) Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien die nicht entsandten Ortskräfte mit den entsandten Beamten bei der Berechnung des Kaufkraftausgleichs nach Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland gleichbehandelt haben.

39

aa) Dem liegt der Wille zugrunde, die nicht entsandten Ortskräfte hinsichtlich des Kaufkraftausgleichs weder besser- noch schlechterzustellen als die entsandten Beamten und zugleich die Zahlung des Kaufkraftausgleichs zu vereinfachen.

40

bb) Diese Gleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt. Die Gemeinsamkeiten der Lebensverhältnisse beider Personengruppen überwiegen die Unterschiede. Beide Personengruppen sind durch ihre deutsche Staatsangehörigkeit und ihr Arbeits- oder Beamtenverhältnis, das sich nach deutschem Recht richtet, mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden. Aufgrund ihrer Tätigkeit im Ausland bei gleichzeitiger Vergütung in deutscher Währung sind sie einem Währungs- und Preisgefälle ausgesetzt. Anders als entsandte Beamte leben Ortskräfte zwar dauerhaft an ihrem ausländischen Arbeitsort. Sie kehren nicht regelmäßig durch Rotation in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Das geht bei typisierender Betrachtung entgegen der Annahme der Revision aber nicht zwingend mit einem erheblich abweichenden Konsumverhalten beider Personengruppen einher. Ortskräfte sind nicht gezwungen, auf den Import deutscher Waren oder eine Alters-, Gesundheits- oder Vermögensvorsorge nach deutschem Recht zu verzichten. Auch entsandte Beamte halten sich häufig über mehrere Monate hinweg ohne Unterbrechung am Dienstort auf. Es ist ihnen nicht ohne Weiteres möglich, stets bei Bedarf nach Deutschland zu reisen und den Kauf von Konsumgütern wie Kleidung, Schuhen oder elektronischen Geräten am ausländischen Dienstort zu vermeiden. Die Tarifvertragsparteien haben ihre Einschätzungsprärogative daher nicht überschritten, indem sie die Lebensverhältnisse von nicht entsandten Ortskräften und entsandten Beamten im Hinblick auf das regelmäßige Konsumverhalten am Dienstort für weitgehend vergleichbar gehalten und eine für beide Personengruppen einheitliche Berechnung des Kaufkraftausgleichs vorgesehen haben.

41

III. Der Kläger kann zusätzlichen Kaufkraftausgleich auch nicht aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen.

42

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 606; Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 112 Rn. 31).

43

2. Der Kläger ist jedoch nicht von einer Begünstigung ausgenommen. Er fühlt sich vielmehr zu Unrecht gleichbehandelt und erstrebt eine Besserstellung gegenüber der Vergleichsgruppe der entsandten Beamten. Eine solche Rechtsfolge begründet der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.

44

IV. Die mit dem Hauptantrag geltend gemachten Ansprüche lassen sich schließlich nicht auf § 612 Abs. 2 BGB stützen.

45

1. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist immer dann die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Im Streitfall ist die Vergütungshöhe aber durch die vertragliche Bezugnahme auf den TV Beschäftigte Ausland bestimmt.

46

2. Die Vergütungsvereinbarung ist nicht nach § 138 Abs. 1 BGB infolge unzureichenden Kaufkraftausgleichs nichtig.

47

a) Die Frage, ob Tarifverträge am Maßstab des § 138 BGB überprüft werden können, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden(offengelassen von BAG 30. November 1983 - 4 AZR 353/81 - BAGE 44, 268, 278 ). In § 138 Abs. 1 BGB kommen elementare Gerechtigkeitsanforderungen, die der gesamten Rechtsordnung zugrunde liegen, zum Ausdruck. Sie sind Ausfluss der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit und des Sozialstaatsprinzips in Art. 20 Abs. 1 GG. Daran sind auch Tarifabschlüsse zu messen (vgl. BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 a bb der Gründe, BAGE 110, 79).

48

b) Sittenwidrigkeit des Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland käme allerdings nur in Betracht, wenn die Höhe des Arbeitsentgelts für die geschuldete Arbeitsleistung aufgrund des unzureichenden Kaufkraftausgleichs dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspräche. Davon kann nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ausgegangen werden. Ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnungen erreicht die monatlich gezahlte Grundvergütung nebst Auslandszuschlag sowie Zuschüssen zur Krankenversicherung und zur privaten Altersvorsorge bei Weitem nicht die Grenze eines sittenwidrigen „Hungerlohns“.

49

V. Da alle vom Kläger mit dem Hauptantrag erhobenen Ansprüche auf zusätzlichen Kaufkraftausgleich für die Zeit von Januar 2007 bis Dezember 2010 schon nicht entstanden sind, kann offenbleiben, ob die Ansprüche für die Monate Januar 2007 bis März 2010 zudem aufgrund der neunmonatigen Ausschlussfrist des Art. 1 § 2 Abs. 1 TV Beschäftigte Ausland iVm. § 45 Nr. 15 TVöD-BT-V (Bund), § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen wären.

50

B. Die gegen die Verwerfung der Berufung hinsichtlich des Hilfsantrags gerichtete Revision ist unzulässig. Sie gibt die Revisionsgründe nicht ausreichend an iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO.

51

I. Bei Verfahrensrügen iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO muss der Mangel, den die Revision geltend macht, genau bezeichnet werden. Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. nur BAG 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 12). Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden Streitgegenstand eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 691/09 - Rn. 17). Vertretbar oder auch nur einleuchtend braucht die Rüge nicht zu sein. Die Revision muss sich jedoch mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese Erwägungen bekämpfen will. Das erfordert, dass in der Revisionsbegründung konkret darlegt wird, aus welchen Gründen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers die Berufungsentscheidung mit Blick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage durchdenkt (vgl. zB BAG 11. Juni 2013 - 9 AZR 855/11 - Rn. 10).

52

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung für den Hilfsantrag nicht gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen die Abweisung des Hilfsantrags für unzulässig gehalten. Das hat der Kläger in der Revisionsbegründung als nicht nachvollziehbar angesehen und in der Folge seine materiell-rechtliche Begründung des Hilfsantrags unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit von Art. 1 § 4 Abs. 3 TV Beschäftigte Ausland wiederholt. Darin liegt keine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils. Hat das Landesarbeitsgericht ein Prozessurteil erlassen, genügt eine Auseinandersetzung ausschließlich mit materiell-rechtlichen Fragen nicht (vgl. GK-ArbGG/Mikosch Stand Juli 2011 § 74 Rn. 56). Die Revisionsbegründung muss in einem solchen Fall vielmehr erkennen lassen, aus welchen Gründen es fehlerhaft war, die Berufung gerade als unzulässig zu verwerfen. Der prozessuale Mangel der Revisionsbegründung bestand am Ende der Revisionsverhandlung fort. Der Kläger hat erst mit Schriftsatz vom 21. November 2013 und damit erheblich nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist zu der Frage der Zulässigkeit der Berufung gegen die Abweisung des Hilfsantrags Stellung genommen.

53

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Koch    

        

    Hoffmann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Oktober 2011 - 26 Sa 1110/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin.

2

Die Klägerin war vom 1. Oktober 1994 bis 9. April 1999 in der wissenschaftlichen Redaktion des M-Instituts in F als Fremdsprachensekretärin mit Aufgaben im Lektorat, in der Redaktion und im Layout tätig. Sie erhielt zunächst Gehalt der Vergütungsgruppe VIb und danach Vb des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT). Vom 1. Dezember 2000 bis September 2003 war die Klägerin als Aushilfsangestellte (Schreibangestellte) an der A-Universität in F in Vergütungsgruppe VIII BAT beschäftigt. Von 2003 bis 2005 war sie Stipendiatin und bis 2007 Doktorandin der beklagten Universität. Seit 23. September 2004 war die Klägerin daneben aufgrund verschiedener Verträge für die Beklagte tätig, die die Parteien als Dienst- oder Werkverträge bezeichneten. Danach hatte sie interkulturelle Workshops zu entwickeln, zu konzipieren, durchzuführen und zu evaluieren. Bezeichnet waren die Inhalte der Workshops nach den Verträgen als „Interkulturelle Mediation in der Grenzregion“, „International“, „Deutsch-Polnisch“, „Deutsch-polnisches Verhandeln“ und „Interkulturelle Trainerausbildung“. Außerdem führte sie Seminare zum Thema „Interkulturelle Kommunikation“ durch. Für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 schlossen die Parteien einen beispielhaft vorgelegten Vertrag „über eine freie Mitarbeit (Honorarvertrag)“. Er lautet auszugsweise:

        

㤠1

        

Vertragsgegenstand

        

(1)     

Die Auftraggeberin beauftragt die freie Mitarbeiterin mit der Vorbereitung und Durchführung interkultureller Workshops für Studierende und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

        

(2)     

Den erteilten Auftrag führt die freie Mitarbeiterin in eigener Verantwortung aus. Dabei hat sie zugleich die Interessen der Auftraggeberin zu berücksichtigen. Die freie Mitarbeiterin unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Auftraggeberin. Sie hat jedoch fachliche Vorgaben so weit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.

        

§ 2

        

Vertragsbeginn und Vertragsbeendigung

        

(1)     

Das Vertragsverhältnis beginnt am 20. September und endet am 20. Dezember 2007.

        

(2)     

Eine Kündigung ist jederzeit möglich. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.

        

§ 3

        

Keine Höchstpersönlichkeit

        

Die freie Mitarbeiterin ist nicht verpflichtet, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen. Sie kann sich hierzu, soweit der jeweilige Auftrag dies gestattet, auch der Hilfe von Erfüllungsgehilfen bedienen, soweit sie deren fachliche Qualifikation sichergestellt hat.

        

§ 4

        

Ablehnungsrecht der Auftragnehmerin

        

Die freie Mitarbeiterin hat das Recht, einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen.

        

§ 5

        

Verhältnis der Auftragnehmerin zu Dritten

        

Die freie Mitarbeiterin hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu werden. Einer vorherigen Zustimmung der Auftraggeberin bedarf es hierfür nicht.

        

§ 6

        

Tätigkeitsort

        

Die freie Mitarbeiterin wählt den Tätigkeitsort nach ihrem freien Ermessen. Sofern nach der Eigenart der übernommenen Tätigkeit erforderlich, erhält die freie Mitarbeiterin die Möglichkeit, die Einrichtungen der Universität in Absprache mit der Projektverantwortlichen in angemessenem Umfang zu benutzen. Die freie Mitarbeiterin ist dabei an dienstliche Weisungen (z. B. Dienstzeiten, Nachweis der Arbeitsunfähigkeit etc.) nicht gebunden. Ausgenommen hiervon sind jedoch Vorschriften über Sicherheitsvorkehrungen.

        

§ 7

        

Vergütung

        

(1)     

Die freie Mitarbeiterin erhält für ihre nach § 1 des Vertrages erbrachte Tätigkeit ein Honorar in Höhe von 15.000,00 Euro. Damit sind alle Aufwendungen und Nebenkosten abgegolten.

        

(2)     

Dieser Betrag enthält die gesetzliche Mehrwertsteuer, sofern diese zu entrichten ist.

        

(3)     

Gegebenenfalls anfallende Steuern sind von der freien Mitarbeiterin selbst zu entrichten.

        

…       

        
        

…“    

3

Der Klägerin stand ein Büro für Vor- und Nacharbeiten zur Verfügung. 2007 erhielt sie einen Sonderpreis, den „BMW Group Award für Interkulturelles Lernen 2007“ als „Anerkennung für herausragendes persönliches Engagement zum Thema Interkulturelles Lernen im Sinne der Völkerverständigung“. Der Preis stand im Zusammenhang mit der „Interviadrina“, einem „Programm zum interkulturellen Kompetenzerwerb an einer internationalen Universität in der deutsch-polnischen Grenzregion“. Die Deutsche Rentenversicherung Bund beanstandete die Tätigkeit der Klägerin außerhalb eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht.

4

Seit 1. März 2008 ist die Klägerin bei der Beklagten in mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen als Lehrkraft für besondere Aufgaben/akademische Mitarbeiterin mit unterschiedlichen Wochenstundenzahlen beschäftigt. Hintergrund war zunächst eine Zielvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Wissenschaftsministerium. Später war die Klägerin im Rahmen von Drittmittelprojekten des Europäischen Sozialfonds und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes tätig. In den Arbeitsverträgen nahmen die Parteien Bezug auf die Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Ab 1. März 2008 wurde die Klägerin Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet, ab 1. April 2009 Stufe 2 dieser Entgeltgruppe.

5

Bei der Beklagten sind bzw. waren auch die Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W beschäftigt. Frau Dr. G war im Schreibzentrum eingesetzt. Sie war von 2004 bis 31. März 2007 auf sog. Honorarbasis beschäftigt. Am 1. April 2007 stellte die Beklagte sie als Arbeitnehmerin ein. Seit einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2008 ordnete die Beklagte sie Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu. Herr Dr. Gr, der muttersprachlich spanisch spricht, ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Sprachenzentrum der Beklagten. Er war zuvor als Redaktionsassistent, als selbständiger Redakteur und als Lehrbeauftragter tätig. Bei seiner Einstellung wurde er in Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L eingestuft. Frau Dr. W ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der kulturwissenschaftlichen Fakultät. Bei ihrer Einstellung erkannte die Beklagte eine Promotionszeit im Rahmen eines Stipendiums sowie Lehraufträge als Vorbeschäftigungszeiten an und ordnete sie Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu.

6

Mit Schreiben vom 2. Februar 2009 bat die Klägerin darum, ihre Stufenzuordnung zu überprüfen. Der Antrag führte nicht zu einer höheren Zuordnung. Die Klägerin verlangt deshalb festzustellen, dass ihr ab 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 und vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zusteht. Durch § 16 idF von § 40 Nr. 5 TV-L (TV-L Hochschule) ist in der „durchgeschriebenen“ Ursprungsfassung des § 16 TV-L Hochschule vom 12. Oktober 2006 geregelt:

        

㤠16 Stufen der Entgelttabelle

        

…       

        

(2) 1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3.

        

4Werden Beschäftigte in den Entgeltgruppen 13 bis 15 eingestellt, gilt ergänzend: Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden grundsätzlich anerkannt. …

        

6Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

        

Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2:

        

1.    

Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

        

2.    

Ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag über die vorläufige Weitergeltung der Regelungen für die Praktikantinnen/Praktikanten beziehungsweise nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Arbeitsbedingungen der Praktikantinnen/Praktikanten der Länder gilt grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung.

        

3.    

Ein vorheriges Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt; bei Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern ab der Entgeltgruppe 13 verlängert sich der Zeitraum auf längstens zwölf Monate.

        

…       

        

(3) 1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Absatz 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

        

-       

Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

        

-       

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

        

-       

Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

        

…       

        
        

(5) 1Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. …

        

4Dies gilt jedoch nur, wenn

        

a)    

sie aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation besondere projektbezogene Anforderungen erfüllen oder

        

b)    

eine besondere Personalbindung beziehungsweise Personalgewinnung erreicht werden soll.

        

…“    

7

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TV-L vom 1. März 2009, der insoweit am 1. März 2009 in Kraft trat, wurde die „durchgeschriebene“ Fassung des § 16 TV-L Hochschule um Abs. 2a ergänzt:

        

„Der Arbeitgeber kann bei Einstellung von Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Absatz 3 Satz 3 und 4) die beim vorherigen Arbeitgeber nach den Regelungen des TV-L, des TVÜ-Länder oder eines vergleichbaren Tarifvertrages erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigen; Absatz 2 Satz 6 bleibt unberührt.“

8

Die Klägerin hat behauptet, die Tätigkeit, die sie seit 1. März 2008 versehe, habe sich gegenüber der früheren, seit 23. September 2004 ausgeübten Tätigkeit nicht verändert. Sie sei in den Unterrichtsbetrieb mit den geltenden Studien- und Prüfungsordnungen eingebunden gewesen. Auf der Grundlage des letzten sog. Honorarvertrags sei sie durchgehend bis 29. Februar 2008 tätig gewesen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei den sog. Dienst- und Werkverträgen habe es sich in Wahrheit um Arbeitsverträge gehandelt. Ihr habe deswegen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Hochschule bereits seit 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugestanden, seit 1. April 2011 Entgelt nach Stufe 4. Zumindest sei sie zur Deckung des Personalbedarfs eingestellt worden. Das für § 16 Abs. 2 Satz 6 TV-L Hochschule nötige Personalgewinnungsinteresse habe wegen des auf sie zugeschnittenen Drittmittelprojekts und des Sonderpreises bestanden. Es lasse sich auch aus ihrer Vorbefassung mit dem Thema, besonderen Referenzen, ihrer wissenschaftlichen Vita und ihrem perfekten Polnisch ableiten. Dem Förderantrag für die ihr übertragene Tätigkeit habe kein anderer Beschäftigter gerecht werden können. Das gebundene Ermessen der Beklagten sei demnach auf Null reduziert gewesen. Jedenfalls bestehe ein Anspruch auf Neubescheidung. Sollten die Tarifnormen die erstrebte Stufenzuordnung nicht begründen, verstießen sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Stufenzuordnung sei auch unwirksam, weil der Personalrat ihr nicht zugestimmt habe. Im Übrigen sei sie mit den Arbeitnehmern Dr. G, Dr. Gr und Dr. W gleichzubehandeln.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die Zeit ab 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 und ab 1. April 2011 bis 30. September 2011 Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Vergütungsdifferenz zwischen den Stufen 1 und 3 für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. März 2009, zwischen den Stufen 2 und 3 für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis 31. März 2011 und zwischen den Stufen 3 und 4 für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011, jeweils ab dem 1. des Folgemonats.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich dahin eingelassen, dass es sich bei den vor dem 1. März 2008 versehenen Aufgaben um andere Tätigkeiten der Klägerin - die Vermittlung interkultureller Kompetenzen außerhalb curricularer Veranstaltungen - gehandelt habe. Die Workshops und Seminare, die die Klägerin betreut habe, seien Zusatzangebote der Beklagten gewesen. Studierende und Mitarbeiter hätten in diesem Rahmen die Möglichkeit gehabt, bestimmte Schlüsselqualifikationen zu erwerben. Dass die Klägerin über den 20. Dezember 2007 hinaus für die Beklagte tätig gewesen sei, sei darauf zurückzuführen, dass sie den Auftrag bis zu diesem Datum nicht abgearbeitet gehabt habe. Die Beklagte hat gemeint, die Tätigkeiten der Klägerin vor dem 1. März 2008 könnten für die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Hochschule nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt worden seien. Auch im Rahmen von Dienst- und Werkverträgen seien fachliche Vorgaben einzuhalten, soweit das für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung erforderlich sei. Der Klägerin stünden die erhobenen Ansprüche auch aufgrund von § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4, § 16 Abs. 2 Satz 6 und § 16 Abs. 5 TV-L Hochschule nicht zu. Hinsichtlich der Personalratsbeteiligung habe sie den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts genügt. Der wissenschaftliche Personalrat habe sein Mitbestimmungsrecht bei der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 bis 3 TV-L Hochschule ausgeübt. Für die Anerkennung förderlicher Zeiten komme ihm nur ein Informationsrecht zu. Die Klägerin sei auch nicht mit Frau Dr. G gleichzubehandeln. Für deren Einstellung habe ein besonderes Gewinnungsinteresse mit Blick auf den Aufbau und die Leitung des Schreibzentrums bestanden. Frau Dr. G sei durch die Drittmittelgeberin ausdrücklich benannt gewesen. Für die Stelle der Klägerin habe es demgegenüber keine Probleme bei der Personalgewinnung gegeben, zumal die Drittmittelgeberin die Klägerin für das Drittmittelprojekt nicht benannt habe. Auch Herr Dr. Gr und Frau Dr. W seien mit der Klägerin nicht vergleichbar, weil für sie ein besonderes Gewinnungsinteresse bestanden habe. Für Herrn Dr. Gr gelte das, weil er - unstreitig - der einzige Muttersprachler der Sprache Spanisch unter den Bewerbern gewesen sei. Frau Dr. W sei eine Spezialistin auf dem Gebiet der Gebärdensprachlinguistik. Im Übrigen handle es sich um personenbezogene Einzelfallentscheidungen. Die Klägerin habe sich jedenfalls mit dem Arbeitsvertrag vom 1. April 2011 mit der Zuordnung zu Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L einverstanden erklärt. Im Übrigen sei die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L nicht gewahrt.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

13

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Das angestrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Berechnung der Vergütung beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden.

14

I. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter, auf ein höheres Entgelt gerichteter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit gegenwärtige rechtliche Vorteile erstrebt(vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10 - Rn. 13).

15

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Mit dem angestrebten Feststellungsurteil wird die Stufenzuordnung der Klägerin und mit ihr die Berechnung der Vergütung auch zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 350/10 - Rn. 12). Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen ua. prozessökonomische Gründe. Die Klägerin war deswegen nicht gehalten, objektiv gehäufte Leistungsklagen zu erheben.

16

III. Der Feststellungsantrag ist auch zulässig, soweit er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 7 und 10; ausdrücklich 26. März 1997 - 4 AZR 489/95 - zu I der Gründe). Die Zinsforderung ist gegenüber der Hauptforderung akzessorisch. Sie soll in prozessualer Hinsicht das Schicksal der Hauptforderung teilen, wie § 4 Abs. 1 und § 264 Nr. 2 ZPO zeigen(vgl. schon BAG 21. Januar 1970 - 4 AZR 106/69 - BAGE 22, 247, 249).

17

B. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin war in den streitgegenständlichen Zeiträumen den richtigen Stufen der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet. Sie hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die erstrebten Zuordnungen zu Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L ab 1. März 2008 und zu Stufe 4 dieser Entgeltgruppe vom 1. April 2011 bis 30. September 2011. Die Klägerin war für die Zeit ab 1. März 2008 nach § 16 Abs. 2 Satz 1 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L zunächst Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet. Nach dem Ende der Stufenlaufzeit des § 16 Abs. 3 Satz 1 erster Spiegelstrich TV-L ab 1. April 2009 war die Klägerin Stufe 2 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet.

18

I. Ein Anspruch der Klägerin auf die erstrebten Stufenzuordnungen ergibt sich nicht aus dem im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L. Aus dem Vortrag der Klägerin geht nicht hervor, dass sie von der Beklagten in der Zeit vor dem 1. März 2008 in einem Arbeitsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt wurde. Ihre in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

19

1. § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L erfordert nach dem eindeutigen Wortlaut der Tarifregelung eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Begriffsbestimmung ist maßgeblich, welche Bedeutung die Tarifvertragsparteien dem Begriff im jeweiligen Regelungszusammenhang geben wollen (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9). Gebrauchen die Tarifvertragsparteien einen Rechtsbegriff, ist anzunehmen, dass sie ihn in seiner rechtlichen Bedeutung verwenden wollen (st. Rspr., vgl. nur BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 696/11 - Rn. 17; 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 18). Das zieht die Revision auch nicht in Zweifel.

20

2. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass zwischen den Parteien vor der Begründung des Arbeitsverhältnisses, das zum 1. März 2008 aufgenommen wurde, bereits nach dem Vorbringen der Klägerin kein Arbeitsverhältnis bestand. Den früheren Rechtsverhältnissen lagen sog. Werk- oder Dienstverträge zugrunde.

21

a) Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung vom Dienstvertrag kommt es darauf an, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 15; BGH 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330).

22

b) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von den Rechtsverhältnissen eines Werkunternehmers oder selbständig Dienstleistenden entscheidend durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit (vgl. für die Abgrenzung zum Werkvertrag BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16; BGH 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - zu I 2 b aa der Gründe). Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16 mwN; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Ob ein Werkvertrags-, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihr Arbeitsverhältnis anders bezeichnen (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16).

23

c) Welches Rechtsverhältnis begründet wurde, ist anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15).

24

d) Diese Grundsätze gelten auch für Unterrichtstätigkeiten. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (vgl. BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 14; 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 19; 9. Juli 2003 - 5 AZR 595/02 - zu II 2 der Gründe; Reinecke ZTR 2013, 531, 532 ff.). Das gilt selbst dann, wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit zuvor festgelegtem Programm handelt (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe). Jedenfalls im Bereich von Universitäten und Hochschulen ist die Bindung an hochschulrechtliche Vorschriften und Lehrpläne zumindest dann nicht entscheidend, wenn die Lehrtätigkeit nicht durch das Ziel eines förmlichen Hochschulabschlusses oder universitären Abschlusses geprägt wird. Dann liegt der Vergleich mit Lehrkräften an einer Volkshochschule außerhalb schulischer Lehrgänge nahe (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe). Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, sind nur dann Arbeitnehmer, wenn die Vertragsparteien das vereinbart haben oder sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass der für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit erreicht ist (vgl. BAG 29. Mai 2002 - 5 AZR 161/01 - zu II 2 der Gründe). Methodische und didaktische Anweisungen zur Unterrichtsgestaltung können sowohl bei Volkshochschuldozenten als auch im Hochschul- und Universitätsbereich zu fremdbestimmter persönlicher Abhängigkeit führen (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 d aa und bb der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 c aa der Gründe; im Unterschied dazu für Lehrkräfte, die nicht an Universitäten oder Hochschulen und nicht als Volkshochschuldozenten tätig sind, zB BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 14; 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 19; grundlegend 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II der Gründe, BAGE 84, 124; LAG Düsseldorf 18. März 2013 - 9 Sa 1746/12 - zu I 1 a aa der Gründe mwN: nicht individualisierende, sondern typisierende Betrachtung).

25

e) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass zwischen den Parteien auch schon vor dem 1. März 2008 nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist, soweit sie sich auf Tatsachen stützt, nur darauf überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Klägerin nicht auf.

26

aa) Die schriftlichen Vertragsgrundlagen deuten nicht darauf hin, dass die Klägerin vor ihrer Beschäftigung seit 1. März 2008 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stand. Sie können nur anhand des exemplarisch vorgelegten Vertrags „über eine freie Mitarbeit (Honorarvertrag)“ für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 beurteilt werden.

27

(1) Dieser Vertrag ist allerdings nicht als Werkvertrag anzusehen. Nach § 631 Abs. 1 BGB handelt es sich nur dann um einen Werkvertrag, wenn sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werks verpflichtet. Ein „Werk“ setzt ein fassbares Arbeitsergebnis voraus. Die Klägerin schuldete jedoch keinen bestimmten Erfolg, sondern die Vorbereitung und Durchführung interkultureller Workshops und damit die Unterrichtstätigkeit als solche (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu II der Gründe, BAGE 69, 62).

28

(2) Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei dem für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 vorgelegten Vertrag um einen typischen oder einen nur beschränkt revisiblen atypischen Vertrag handelt. Die Auslegung des Vertrags durch das Landesarbeitsgericht, die ihn als (freien) Dienstvertrag einordnet, lässt auch dann keinen Rechtsfehler erkennen, wenn von einem revisionsrechtlich unbeschränkt überprüfbaren Vertrag ausgegangen wird. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die vertraglichen Regelungen gegen eine persönliche Abhängigkeit der Klägerin während der Vertragsdauer sprechen. In § 1 Abs. 2 des Vertrags war bestimmt, dass die Klägerin keinem Weisungsrecht der Beklagten als Auftraggeberin unterworfen war, sondern lediglich die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags sicherzustellen hatte. § 3 des Vertrags sah vor, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen, sondern Erfüllungsgehilfen heranziehen konnte. Sie durfte einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen ablehnen (§ 4 des Vertrags), für andere Auftraggeber tätig werden (§ 5 des Vertrags) und den Tätigkeitsort unter Berücksichtigung der Erfordernisse der übernommenen Aufgaben frei wählen (§ 6 des Vertrags). Dass die Klägerin die räumlichen Einrichtungen der Beklagten nutzen durfte, spricht nicht für ein Arbeitsverhältnis, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat. Im pädagogischen Bereich ist es typisch, dass auch freie Mitarbeiter ihre Tätigkeit nur in den Räumen des Dienstgebers versehen können und aus diesem Grund an einen bestimmten Ort gebunden sind. Diese Bindung begründet keine persönliche Abhängigkeit (vgl. BAG 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 e der Gründe).

29

bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe keine von den schriftlichen Vertragsgrundlagen abweichende Vertragsdurchführung dargelegt. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergeben sich keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sie vor dem 1. März 2008 im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte tätig war.

30

(1) Die Rüge des § 286 ZPO greift nicht durch.

31

(a) Die Rüge ist zulässig.

32

(aa) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Revisionsgericht nur das Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, zu beurteilen. § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestimmt, dass das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gebunden ist, soweit keine zulässige und begründete Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben worden ist. Die Rüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge, das Tatsachengericht habe bei seiner Tatsachenfeststellung einen bestimmten Sachvortrag übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt, muss genau angegeben werden, aufgrund welchen Vortrags das Berufungsgericht zu welchen Tatsachenfeststellungen hätte gelangen müssen. Weiter ist darzulegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, das Berufungsgericht also bei richtigem Verfahren möglicherweise anders entschieden hätte, sofern sich das nicht aus der Art des gerügten Verfahrensfehlers von selbst ergibt (vgl. BAG 28. August 2013 - 10 AZR 323/12 - Rn. 19; 12. Februar 2013 - 3 AZR 636/10 - Rn. 82).

33

(bb) Diesen Anforderungen genügt die auf § 286 ZPO gestützte Rüge der Revision. Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie durchgehend eine gleichartige Tätigkeit ausgeübt habe. Sie habe Workshops und Seminare durchgeführt. Zudem habe sie Übungen und Prüfungen abgehalten. Das sei aufgrund einer Planung der Beklagten für die einzelnen Semester sowie auf der Grundlage feststehender Lehr- und Studienpläne geschehen. Hierfür bezieht sich die Revision auf S. 4 ihres Schriftsatzes vom 26. Mai 2011. Die Klägerin sei danach seit 23. September 2004 durchgehend aufgrund verschiedener Dienst- und Werkverträge für die Beklagte tätig gewesen, die aufgrund ihrer tatsächlichen Durchführung jedoch ein Arbeitsverhältnis begründet hätten. Die Klägerin habe die interkulturellen Workshops, für die sie später eingestellt worden sei, erst entwickelt. Die Tätigkeit seit 1. März 2008 habe sich gegenüber der Tätigkeit seit 23. September 2004 nicht verändert. Das habe die Beklagte auch niemals bestritten. Die Klägerin sei in den Unterrichtsbetrieb eingebunden gewesen. Dessen Inhalte seien durch Studien- und Prüfungsordnungen vorgegeben gewesen. Gleiches gelte für die Unterrichtserteilung und die Vorgabe der Zeit der Seminare und Übungen.

34

(b) Die auf § 286 ZPO gestützte Rüge ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das von der Revision angeführte tatsächliche Vorbringen berücksichtigt, zu Recht aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltenen rechtlichen Schlüsse aus ihm gezogen. So hat es die Behauptung der Klägerin, ihre Tätigkeit habe sich seit 23. September 2004 über den 1. März 2008 hinaus nicht verändert, in den streitigen Teil des Tatbestands des Berufungsurteils aufgenommen. Es hat aufgrund der gebotenen Gesamtwürdigung der Einzelheiten des beiderseitigen Vortrags jedoch zutreffend erkannt, dass die Klägerin vor dem 1. März 2008 nach der tatsächlichen Durchführung der Vertragsverhältnisse nicht persönlich abhängig und nicht hinreichend in den Betrieb der Beklagten eingegliedert war.

35

(aa) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision zu Recht entscheidend darauf abgestellt, die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie vor dem 1. März 2008 konkreten Einzelweisungen unterworfen gewesen sei. Die Entwicklung der interkulturellen Workshops durch die Klägerin besagt darüber nichts. Die curriculare Bindung ist im Unterrichtsbereich von Universitäten und Hochschulen jedenfalls dann nicht entscheidend, wenn - wie hier - nicht das Ziel eines förmlichen Hochschulabschlusses oder universitären Abschlusses verfolgt wird. Methodische und didaktische Anweisungen zur Unterrichtsgestaltung können dagegen auf ein Arbeitsverhältnis hindeuten (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 d aa und bb der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 c aa der Gründe). Bereits aus der fehlenden vertraglichen Weisungsbefugnis und den nicht behaupteten Einzelweisungen in der tatsächlichen Durchführung der Verträge geht hervor, dass der wirkliche Geschäftsinhalt vor und nach dem 1. März 2008 nicht unverändert blieb.

36

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat ferner zutreffend angenommen, die räumliche und ggf. auch zeitliche Einbindung in den Hochschulbetrieb genüge nicht, um auf persönliche Abhängigkeit der Klägerin schließen zu können. Die Klägerin hat schon nicht vorgebracht, dass es ihr abweichend von dem beispielhaft vorgelegten Vertrag nicht möglich gewesen sei, die Kurse auch außeruniversitär durchzuführen, oder die Beklagte sie abweichend vom Vertragsinhalt konkret angewiesen habe, in bestimmten Räumen tätig zu werden. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass sie entgegen dem Vertrag keinen Einfluss auf die konkrete zeitliche Lage der Unterrichtstätigkeit gehabt habe.

37

(cc) Die Klägerin hat schließlich nicht dargelegt, dass die Beklagte sie über den Vertragsinhalt hinaus zu Nebenarbeiten außerhalb der Unterrichtszeit herangezogen habe, zB zu Fortbildungsveranstaltungen oder Dienstbesprechungen (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 c aa der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 b aa der Gründe). Die Prüfungstätigkeit gehört dagegen zu der vertraglich geschuldeten Dienstleistungspflicht der Klägerin, die auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden kann (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 c der Gründe, aaO; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 b der Gründe).

38

(2) Die im Zusammenhang mit der Einordnung der Rechtsverhältnisse der Parteien vor dem 1. März 2008 erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig.

39

(a) Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen und welche weiteren erheblichen Tatsachen der Revisionskläger in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte. Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung für das Urteil möglicherweise ursächlich war (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 55; 19. Juli 2011 - 3 AZR 383/09 - Rn. 45).

40

(b) Diesen Anforderungen wird die Rüge nicht gerecht. Die Revision hat zwar beanstandet, im Hinblick auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit seien weitere Aufklärungen nicht unternommen worden. Sie hat aber nicht ausgeführt, welchen konkreten Hinweis sie erwartet und welchen Vortrag sie daraufhin gehalten hätte.

41

II. Ein Anspruch auf die begehrten Stufenzuordnungen folgt auch nicht aus § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L, weil die Klägerin in den Jahren 1994 bis 1999 vom M-Institut und in den Jahren 2000 bis 2003 von der A-Universität in F beschäftigt wurde.

42

1. Ist einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L in Stufe 2 bzw. - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 mit einer Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. § 16 Abs. 2 Satz 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L bestimmt, dass Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen für Einstellungen von Beschäftigten in den Entgeltgruppen 13 bis 15 TV-L grundsätzlich anerkannt werden.

43

2. Die Tätigkeiten der Klägerin als Fremdsprachensekretärin im M-Institut in Vergütungsgruppe VIb und später Vb BAT und als Schreibangestellte der A-Universität in Vergütungsgruppe VIII BAT vermittelten ihr jedoch keine einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L.

44

a) Einschlägige Berufserfahrung ist nach Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L nur eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

45

b) Das trifft für die Tätigkeiten als Fremdsprachensekretärin und als Schreibangestellte im Hinblick auf die jetzige wissenschaftliche Tätigkeit der Klägerin nicht zu. Dass es sich nicht um entsprechende Tätigkeiten handelt, wird vor allem am unterschiedlichen Aufgabenzuschnitt deutlich, aber auch am sehr viel niedrigeren Vergütungsniveau der Vorbeschäftigungen. Bei der Stufenzuordnung nach einer Neueinstellung ist bereits erworbene Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 TV-L nur zu berücksichtigen, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 23). Folgerichtig beruft sich die Klägerin seit dem Berufungsrechtszug nicht länger auf einen Anspruch aus § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L.

46

III. Die Klägerin hat auch weder einen Vollanspruch auf die erstrebte frühere Zuordnung zu den höheren Stufen der Entgeltgruppe 13 TV-L noch einen Anspruch auf „Neubescheidung“ aus § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung sind nach ihrem Vortrag nicht erfüllt.

47

1. § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L bestimmt, dass der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen kann, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Die Anforderung einer Einstellung, die der Deckung des Personalbedarfs dient, ist nicht schon dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber lediglich freie, im Haushaltsplan ausgewiesene Stellen besetzen will. Vielmehr setzt das Tatbestandsmerkmal voraus, dass der Personalbedarf sonst quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend gedeckt werden kann (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52; 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15; 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29). Mit der Regelung soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen kann (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52 mwN). Solche Schwierigkeiten können allgemein arbeitsmarktbedingt in bestimmten Tätigkeitsbereichen oder Fachrichtungen, aber auch bei örtlich besonders schwieriger Bewerberlage für bestimmte Aufgaben auftreten (vgl. LAG Baden-Württemberg 21. März 2011 - 22 Sa 76/10 - zu II 3 a der Gründe).

48

2. Dem Erfordernis des besonderen Personalgewinnungsinteresses wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Ihre in diesem Zusammenhang erhobene Rüge des § 286 ZPO ist ordnungsgemäß ausgeführt. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

49

a) Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe im Rahmen des Personalgewinnungsinteresses nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie die interkulturellen Workshops selbst entwickelt habe, mit dem Preis der BMW Group ausgezeichnet worden sei, hervorragende Referenzen der früheren Präsidentin der Beklagten Prof. Dr. S vorweisen könne, perfekt polnisch spreche und nach ihrer wissenschaftlichen Vita für die Stelle besonders ausgewiesen sei.

50

b) Diesen Vortrag hat das Landesarbeitsgericht zur Kenntnis genommen, wie sich dem streitigen Tatbestand des Berufungsurteils entnehmen lässt. Es hat daraus aber zu Recht nicht gefolgert, dass der Personalbedarf ohne die Einstellung der Klägerin quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend hätte gedeckt werden können. Soweit die Klägerin rügt, die Entwicklung der Workshops durch sie selbst begründe ein gesteigertes Personalgewinnungsinteresse, heißt das nicht, dass auf dem allgemeinen oder örtlichen Arbeitsmarkt eine besonders schwierige Bewerberlage bestand. Aus dem Vorbringen der Klägerin geht nicht hervor, dass arbeitsmarktbedingt kein anderer Bewerber für die Stelle in Betracht kam, der sie hätte einnehmen können. Die Klägerin macht der Sache nach geltend, sie sei besonders geeignet für die Position und habe keine oder nur eine geringe Einarbeitungszeit gebraucht. Entsprechendes gilt für den BMW Group Award, die Referenzen der früheren Präsidentin der Beklagten, das perfekte Polnisch der Klägerin und ihren wissenschaftlichen Lebenslauf. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob eine Einstellung immer schon dann nicht zur Deckung des Personalbedarfs erfolgt, wenn der eingestellte Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag - wie hier - vorbehaltlos ohne Berücksichtigung der früheren beruflichen Tätigkeit schließt (so LAG Baden-Württemberg 21. März 2011 - 22 Sa 76/10 - zu II 3 a der Gründe, erledigt durch Vergleich im Revisionsverfahren - 6 AZR 254/11 -).

51

3. Da bereits der Tatbestand des § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L nicht erfüllt ist, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob auf der Rechtsfolgeseite billiges Ermessen iSv. § 315 BGB auszuüben ist oder freies ungebundenes Ermessen besteht(offengelassen von BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17).

52

IV. Auch § 16 Abs. 5 Satz 1 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 2 TV-L stützt die erhobenen Ansprüche nicht. Die Klägerin beruft sich ausschließlich auf eine sog. Vorweggewährung zur Deckung des Personalbedarfs. Das Erfordernis des in § 16 Abs. 5 Satz 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 2 TV-L besonders hervorgehobenen gesteigerten Personalgewinnungsinteresses ist aus den soeben genannten Gründen nicht gewahrt.

53

V. Aus denselben Gründen kann der Senat offenlassen, ob die in § 16 Abs. 2 Satz 6 und Abs. 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L geregelten Tatbestände Vorbeschäftigungen in Arbeitsverhältnissen voraussetzen oder für diese Regelungen auch selbständige Tätigkeiten aufgrund freien Dienstvertrags oder Werkvertrags genügen. Die Klägerin hat ein gesteigertes Personalgewinnungsinteresse nicht dargelegt.

54

VI. Soweit die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L getroffenen Bestimmungen schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut an den vorangegangenen Bestand eines Arbeitsverhältnisses anknüpfen, kann dem keine unbeabsichtigte Tariflücke entnommen werden.

55

1. Das abgeschlossene, sehr differenzierte System der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 bis 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L zeigt den abschließenden Charakter der Regelungen. Mit § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L wollten die Tarifvertragsparteien Vorbeschäftigungen in persönlicher Abhängigkeit bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber durch (Voll-)Ansprüche auf vollständige oder teilweise Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten privilegieren. Dem liegt ersichtlich die Überlegung zugrunde, dass Vorbeschäftigungszeiten in persönlicher Abhängigkeit dem Charakter des später begründeten, durch das Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO) gekennzeichneten Arbeitsverhältnisses weiter gehend entsprechen, als dies bei selbständigen Tätigkeiten der Fall ist. Die Tarifvertragsparteien waren sich des Problems möglicher anderer Rechtsverhältnisse außerhalb von Arbeitsverhältnissen bewusst. Das zeigt sich insbesondere an der in Protokollerklärung Nr. 2 zu § 16 Abs. 2 TV-L für Praktikanten getroffenen Regelung.

56

2. Dieser Regelungswille steht einer unbeabsichtigten Tariflücke entgegen. Die Arbeitsgerichte dürfen nicht gegen den - hier erkennbar geäußerten - Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen „schaffen“ oder die schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei durch Vertragshilfe ausgleichen. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 31).

57

VII. Die Tarifvertragsparteien überschritten mit dem Konzept der Unterscheidung von Arbeitsverhältnissen und anderen Rechtsverhältnissen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L nicht die Grenzen ihrer Regelungsmacht. Die Differenzierung durch den Begünstigungsausschluss selbständig Tätiger verletzt entgegen der Auffassung der Revision nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Frühere selbständige Tätigkeit ist kein mit der Vorbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis vergleichbarer Sachverhalt.

58

1. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dennoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Unterscheidungen führen und daher Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 15; 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12, BAGE 135, 313). Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 34).

59

2. Art. 3 GG untersagt zwar auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird(vgl. BVerfG 10. Juli 2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 1 BvL 3/10, 1 BvL 1 BvL 4/10, 1 BvL 1 BvL 3/11 - Rn. 21, BVerfGE 132, 72; 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 78, BVerfGE 126, 400; BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16; 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Verfassungsrechtlich erheblich ist jedoch nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 34; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16).

60

3. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 79, BVerfGE 126, 400; BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 20).

61

4. Gemessen daran ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses von den zu (Voll-)Ansprüchen ausgestalteten Anrechnungstatbeständen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L ausnahmen (krit. Kossens jurisPR-ArbR 15/2012 Anm. 5).

62

a) Für die Anrechnungstatbestände in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L wird nur die Berufserfahrung berücksichtigt, die dem Arbeitnehmer und damit seinem Arbeitgeber auch in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt (vgl. 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 19). Typisierend gingen die Tarifvertragsparteien bei abhängiger Beschäftigung nach selbständiger Tätigkeit angesichts der anderen Strukturen der Rechtsverhältnisse davon aus, dass eine frühere selbständige Tätigkeit dem Arbeitgeber in einem späteren Arbeitsverhältnis nicht zugutekommt. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist aus dieser Sicht eine Zäsur, die den Übergang in völlig andere rechtliche Beziehungen markiert. Das gilt im Fall des § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L selbst dann, wenn es sich um dieselben Vertragspartner handelt. Die Tätigkeit ist nun fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit zu versehen und vom Direktionsrecht des Arbeitgebers aus § 106 Satz 1 GewO geprägt. Im Gegenzug erlangt der Eingestellte weiter gehende Schutzrechte, als sie ihm außerhalb des Arbeitsverhältnisses zukamen. Die rechtliche Situation eines zuvor selbständig Tätigen verändert sich demnach mit Blick auf Rechte und Pflichten erheblich. Damit wechselt auch der Charakter der Berufserfahrung, die er in den unterschiedlichen Rechtsverhältnissen sammelt. Das wird im Streitfall besonders deutlich. Die Klägerin war auf der Grundlage des für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 geschlossenen Dienstvertrags nicht weisungsgebunden. Sie durfte sogar - über die Zweifelsregelung des § 613 Satz 1 BGB hinaus - Erfüllungsgehilfen einsetzen und ihnen Weisungen erteilen. In dem jetzigen Arbeitsverhältnis ist sie dagegen unmittelbar weisungsgebunden.

63

b) Das Konzept der Tarifvertragsparteien, selbständige Tätigkeiten von einer Anrechnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L auszunehmen, ist deswegen von ihrer typisierenden Einschätzungsprärogative gedeckt. Es ist nicht sachfremd, nach dem typischen Charakter der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zu differenzieren (vgl. BVerfG 28. November 1997 - 1 BvR 8/96 - zu II der Gründe). Ob den Tarifvertragsparteien mit der unterbleibenden Anrechnung von Zeiten selbständiger Tätigkeit eine zweckmäßige und überzeugende Regelung gelungen ist, hat der Senat nicht zu beurteilen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26 mwN).

64

c) Diese Lösung entspricht der bisherigen Rechtsprechungslinie.

65

aa) So hat der Senat die unterschiedlich ausgestalteten Anrechnungstatbestände bei demselben und einem anderen Arbeitgeber in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L als nicht gleichheitswidrig akzeptiert(vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 15 ff., BAGE 135, 313).

66

bb) Der Senat hat es auch für vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, dass Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung nicht ebenso berücksichtigt werden wie Zeiten einschlägiger Berufserfahrung bei ununterbrochenem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit diesem Arbeitgeber (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9; 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26). Das gilt allerdings nicht für vorangegangene befristete Arbeitsverhältnisse. Befristet und unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer sind hinsichtlich ihrer Berufserfahrung vergleichbar, wenn es sich um identische oder zumindest gleichwertige Tätigkeiten handelt. In diesem Fall besteht gewissermaßen ein einheitliches, fortgesetztes Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 28; 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 30). Von dem Fall der vorangegangenen Befristung abgesehen liegt es grundsätzlich innerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, ob und ggf. in welchem Umfang sie vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeübte Tätigkeiten auf die Stufenlaufzeit anrechnen. Die Tarifvertragsparteien dürfen daher Arbeitnehmer, die die einschlägige Berufserfahrung in einem ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnis erworben haben, bei der Stufenzuordnung gegenüber Arbeitnehmern begünstigen, die nach der Beendigung ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen sind. Das gilt grundsätzlich auch im Fall der Wiedereinstellung im unmittelbaren Anschluss an das vorherige unbefristete Arbeitsverhältnis. Diesen Sonderfall mussten die Tarifvertragsparteien nicht der Beschäftigung in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis gleichstellen. Sie durften annehmen, dass ein Arbeitnehmer nach dem Ende eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses typischerweise nicht sofort wieder von demselben Arbeitgeber eingestellt wird (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26 mwN). Daran wird deutlich, dass Tarifvertragsparteien Lebenssachverhalte, die in wesentlichen Elementen gleichgeartet sind, bei der Gruppenbildung normativ zusammenfassen dürfen und dabei Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen dürfen, soweit sie sich am Regelfall orientieren. Sie sind nicht gehalten, allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen, sofern die vorgenommenen Verallgemeinerungen tragfähig sind und die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sind (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 26).

67

VIII. Die geltend gemachten Ansprüche lassen sich auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

68

1. Der Senat hat diese Anspruchsgrundlage zu untersuchen. Die Auffassung der Beklagten, nur die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tariflichen Anspruchsgrundlagen seien zu überprüfen, trifft nicht zu.

69

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Revision unbeschränkt hinsichtlich sämtlicher prozessualer Streitgegenstände zugelassen. Die Klägerin hat auch mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz Rügen geführt. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob es sich wegen des abweichenden zugrunde liegenden Sachverhalts um einen anderen prozessualen Streitgegenstand iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO als die tarifliche Stufenzuordnung und damit um eine objektive Klagegrundhäufung handelt.

70

b) Wäre der Streitgegenstand demgegenüber prozessual identisch, wäre der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO selbst ohne den - hier geführten - Revisionsangriff nicht an die geltend gemachten Revisionsgründe gebunden(vgl. BGH 29. Juni 2010 - X ZR 193/03 - Rn. 7, BGHZ 186, 90). Die Klägerin hat im Zusammenhang mit der Frage der tarifgerechten Stufenzuordnung zulässige Verfahrens- und Sachrügen erhoben. Das eröffnete im Fall eines identischen prozessualen Streitgegenstands den gesamten Prüfungsstoff des Falls. In diesem Rahmen wären alle materiellen Anspruchsgrundlagen zu bedenken.

71

2. Die Beklagte wandte die Stufenzuordnungsregeln des § 16 Abs. 2 und 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht bewusst übertariflich auf die drei Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W an.

72

a) Wendet ein Arbeitgeber das mit einer Gewerkschaft ausgehandelte Regelwerk für den erfassten Personenkreis gelöst von den tariflichen Voraussetzungen an, macht er es zu seinem eigenen, von ihm selbst gesetzten Ordnungsgefüge. Er muss dieses Verhalten am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes messen lassen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 44). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62).

73

b) Danach kann die Klägerin die erstrebten früheren Zuordnungen zu höheren Entgeltstufen auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht beanspruchen.

74

aa) Der Senat kann zugunsten der Klägerin annehmen, dass es sich bei den früheren Zuordnungen der Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W zu höheren Stufen nicht nur um Einzelfälle handelte und der Gleichbehandlungsgrundsatz daher zu beachten ist. Im Bereich des Entgelts gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Vergütungen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet allerdings auch im Bereich des Entgelts Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 44; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

75

bb) Das Landesarbeitsgericht hat gleichwohl rechtsfehlerfrei angenommen, die Klägerin habe keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Abweichung von dem regelmäßig gewollten Normvollzug dargelegt.

76

(1) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo der Arbeitgeber durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung schafft, nicht jedoch bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 46; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14 mwN). Darin liegt keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche Entscheidung trifft der Arbeitgeber erst, wenn er in Kenntnis einer fehlenden Rechtsgrundlage Leistungen erbringt (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17).

77

(2) Eine derartige bewusste Entscheidung hat die Klägerin nicht ausreichend dargelegt. Das Landesarbeitsgericht hat aus ihrem Vorbringen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht die Überzeugung gewonnen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die Beklagte habe die drei Arbeitnehmer bewusst und nicht nur rechtsirrig früher höheren Entgeltstufen zugeordnet. Die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht sei ihrem Vortrag nicht nachgegangen, den Arbeitnehmern Dr. G, Dr. Gr und Dr. W seien übertarifliche Leistungen gewährt worden, greift nicht durch.

78

(a) Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen außer Acht gelassen, für die drei Arbeitnehmer habe kein besonderes Personalgewinnungsinteresse bestanden. Sie habe zudem bestritten, dass Frau Dr. G im Drittmittelantrag der Drittmittelgeberin benannt gewesen sei. Auch die Klägerin beherrsche die polnische Sprache perfekt, obwohl der Arbeitnehmer Dr. Gr nach den Ausführungen der Beklagten der einzige Muttersprachler unter den Bewerbern gewesen sei.

79

(b) Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag im streitigen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich behandelt. Es hat ihn für seine rechtliche Würdigung aber für unbeachtlich gehalten, weil es angenommen hat, auch nach dem streitigen Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Arbeitnehmern abweichend von den tariflichen Regelungen übertarifliche Leistungen habe gewähren wollen. Die Beklagte habe ersichtlich keine von den tariflichen Bestimmungen abweichende eigene Ordnung schaffen wollen, nach der jedenfalls einem Teil der neu eingestellten Arbeitnehmer unabhängig von den tariflichen Regelungen höhere Stufen hätten gewährt werden sollen. Es komme deswegen im Ergebnis nicht darauf an, ob die Beklagte in Einzelfällen von geringeren Anforderungen des Tatbestandsmerkmals „zur Deckung des Personalbedarfs“ ausgegangen sei, als das bei zutreffender Auslegung richtig gewesen wäre.

80

(c) Diese Überzeugungsbildung ist nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu beanstanden und lässt keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin beruft sich auch mit ihrer Verfahrensrüge auf keinen Vortrag, der Anhaltspunkte dafür erkennen ließe, dass die Beklagte die drei Arbeitnehmer bewusst und nicht rechtsirrig früher höheren Entgeltstufen zuordnete. Aus den Darlegungen der Klägerin geht der Ausnahmetatbestand einer bewussten verteilenden Entscheidung über den bloßen vermeintlichen Normvollzug hinaus demnach nicht hervor. Die Klägerin wurde nicht nach sachfremden Kriterien ausgegrenzt.

81

(d) Soweit die Klägerin wegen ihrer polnischen Sprachkenntnisse ein ebenso großes Personalgewinnungsinteresse für sich wie für den Arbeitnehmer Dr. Gr reklamiert, lässt sie ferner unberücksichtigt, dass die Beklagte unbestritten einen spanischsprachigen Muttersprachler gewinnen wollte.

82

IX. Die Klägerin hat selbst dann nicht Anspruch auf die früheren Zuordnungen zu den höheren Entgeltstufen, wenn die Beklagte das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt haben sollte.

83

1. Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob ein solches Mitbestimmungsrecht bestand und ob es nach dem festgestellten Sachverhalt verletzt wurde. Wird beides zugunsten der Klägerin unterstellt, stützt das die erhobenen Ansprüche dennoch nicht.

84

2. Die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts kann nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung auch im Personalvertretungsrecht dazu führen, dass Entscheidungen des Arbeitgebers unwirksam sind (vgl. BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 29). Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmervertretung führt jedoch nicht zu individualrechtlichen Ansprüchen der betroffenen Arbeitnehmer, die zuvor nicht bestanden. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers. Benachteiligend sind nur solche Maßnahmen, die bereits bestehende Rechtspositionen des Arbeitnehmers schmälern (vgl. BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 42, BAGE 135, 13). Der Arbeitnehmer erlangt dagegen auch durch eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts keinen Anspruch auf Leistungen, die der Arbeitgeber nicht schuldet (vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - Rn. 43; s. auch 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 40). Die von der Klägerin aus einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts abgeleitete gesteigerte Darlegungslast der Beklagten für die tarifgerechte Stufenzuordnung besteht deshalb nicht.

85

X. Da die erhobenen Ansprüche auf die erstrebten Stufenzuordnungen nicht entstanden sind, kommt es auf die Frage, ob und welche Ansprüche auf Einzelleistungen nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen wären, nicht an(vgl. dazu BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 47 mwN).

86

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    M. Geyer    

        

    Steinbrück    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 2011 - 16 Sa 439/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht eine Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 (TV UmBw) in den Fassungen der Änderungstarifverträge Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und Nr. 3 vom 10. Dezember 2010.

2

Die Beklagte beschäftigte den Kläger seit 1986 als Wachmann und Diensthundeführer im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung, zuletzt als Wachleiter in der Wache der Munitionsanlage „G“. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich laut § 2 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes(MTB II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung.

3

Bis zum Inkrafttreten des Änderungstarifvertrags Nr. 3 zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich des Bundes (TVöD [Bund]) vom 12. September 2008 (Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD [Bund]) betrug die Arbeitszeit des Klägers idR 65 Wochenstunden. Auf sie entfiel regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst. § 46 TVöD-BT-V (Bund) lautet seit seiner Neufassung durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) auszugsweise:

        

„Sonderregelungen für Beschäftigte im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung.

        

Kapitel I.

Beschäftigte im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung

        

Zu Abschnitt I. Allgemeine Vorschriften

        

Nr. 1: Zu § 1 - Geltungsbereich -

        

Die Regelungen dieses Abschnitts gelten für die Beschäftigten des Bundesministeriums der Verteidigung, soweit sie nicht unter Kapitel II oder die Sonderregelung für ins Ausland entsandte Beschäftigte (§ 45) fallen.

        

…       

        

Zu Abschnitt II. Arbeitszeit

        

…       

        

Nr. 4:

Zu §§ 7, 8 - Sonderformen der Arbeit und Ausgleich für Sonderformen der Arbeit -

        

(1) Die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit wird bei der Bemessung des Entgelts mit 50 v.H. als Arbeitszeit gewertet.

        

…       

        

(3) 1Die Arbeitszeitdauer des Feuerwehrpersonals und des Wachpersonals beträgt, wenn in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst vorliegt, 24 Stunden je Schicht, sofern der Gesundheitsschutz der Beschäftigten durch Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten in unmittelbarem Anschluss an die verlängerten Arbeitszeiten gewährleistet wird. …

        

…       

        

(3b) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit des Wachpersonals, sofern in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt, auf bis zu 65 Stunden im Siebentageszeitraum ohne Ausgleich verlängert werden, wenn dienstliche Gründe bestehen und der oder die Beschäftigte schriftlich eingewilligt hat.

                 

Protokollerklärung zu den Absätzen 3a und 3b:

                 

Bei den Stundenzahlen handelt es sich um Durchschnittswerte, bezogen auf einen Ausgleichszeitraum von einem Jahr.

        

(3c) 1Beschäftigten, die die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklären oder die Einwilligung widerrufen, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. …

        

…“    

4

Die Beklagte gab ihren Arbeitnehmern mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. November 2008 den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) bekannt. Dort heißt es:

        

„…    

        

Die Opt-out-Regelungen für das Feuerwehr- und Wachpersonal treten rückwirkend zum 1. September 2008 in Kraft.

        

…       

        

Die Opt-out-Regelung für das Wachpersonal ist befristet bis zum 30. November 2010. Mit dieser Übergangsregelung soll den Organisatoren und Dienststellenleitern die Möglichkeit eröffnet werden, die Verlagerung der Aufgaben des Wachdienstes von den militärischen Dienststellen zur territorialen Wehrverwaltung und die Umorganisation des Wachdienstes zur Verringerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf höchstens 48 Stunden unter Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen zu erreichen. Wurde die Arbeitszeit im Wachdienst bereits auf durchschnittlich höchstens 48 Stunden wöchentlich reduziert, ist von der Inanspruchnahme der Opt-out-Regelung Abstand zu nehmen.

        

Die Inanspruchnahme der Opt-out-Regelung setzt - neben der Einwilligung des Beschäftigten - voraus, dass in die Arbeitszeit regelmäßig in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt. Der Bereitschaftsdienst hat einen erheblichen Umfang, wenn er mindestens ein Drittel der Arbeitszeit des Beschäftigten umfasst.

        

…       

        

Die Verlagerung des Wachdienstes in die territoriale Wehrverwaltung und die Umgestaltung des Wachdienstes zur Einhaltung der Höchstgrenze von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche ohne Erhöhung des Personalbestandes sind Umstrukturierungsmaßnahmen i.S.d. TV UmBw. Somit kommt bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen u.a. eine Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt A TV UmBw in Betracht.

        

Soweit eine Umorganisation des Wachdienstes zur Einhaltung der höchstmöglichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche bereits erfolgt ist, bin ich damit einverstanden, dass die Einkommenssicherung rückwirkend gewährt wird, längstens jedoch für sechs Monate vor Bekanntgabe dieses Erlasses.

        

…“    

5

Der Kläger nahm das Angebot der Beklagten, die Arbeitszeit nach § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) auf bis zu 65 Stunden im Siebentageszeitraum zu verlängern, ebenso wie ein weiterer Wachmann des „G“ nicht an. Alle anderen 16 Wachleute dieser Einheit machten von der Opt-out-Regelung Gebrauch.

6

Für Juli 2009 leistete die Beklagte an den Kläger das Tabellenentgelt und - neben weiteren Entgeltbestandteilen - eine Pauschale für dienstplanmäßige Überstunden von 826,25 Euro sowie einen pauschalen Zeitzuschlag für 62,30 Stunden von 236,88 Euro. Im August 2009 galt sie Überstunden iHv. 264,40 Euro pauschal ab und leistete einen Zeitzuschlag von 75,80 Euro.

7

Seit August 2009 belief sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers auf 48 Stunden. Er erhielt ein entsprechendes Tabellenentgelt nach Entgeltgruppe 5 Stufe 4 TVöD (Bund).

8

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 7. September 2009, ihm eine Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschnitt A TV UmBw zu gewähren. Er errechnete den monatlichen Sicherungsbetrag aus der Differenz der für sog. Überstunden geleisteten Beträge in den Monaten Juli und August 2009 mit 722,93 Euro (826,25 Euro zuzüglich 236,88 Euro = 1.063,13 Euro abzüglich 340,20 Euro [264,40 Euro zuzüglich 75,80 Euro]). Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Schreiben vom 16. September 2009 ab. Sie begründete ihre Ablehnung im Wesentlichen damit, ein Anspruch auf Einkommenssicherung setze voraus, dass die Wache als Ganzes mit dem Ziel umorganisiert werde, künftig alle dort Beschäftigten mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von höchstens 48 Stunden einzusetzen. Eine solche Organisationsmaßnahme habe es für die Wache der Munitionsniederlage „G“ nicht gegeben. Der Kläger habe vielmehr selbst die Entscheidung getroffen, nicht mehr über die in § 3 Satz 1 ArbZG festgelegte Höchstarbeitsgrenze von 48 Stunden im Wochendurchschnitt hinaus arbeiten zu wollen.

9

§ 1 TV UmBw vom 18. Juli 2001 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 lautet in Auszügen:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Beschäftigte), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen.

        

…“    

                 
10

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TV UmBw vom 10. Dezember 2010, der am 1. Januar 2011 in Kraft trat, wurde die in § 1 Abs. 1 TV UmBw genannte Frist bis 31. Dezember 2017 verlängert.

11

§ 7 TV UmBw idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und wortgleich idF des Änderungstarifvertrags Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 gehört zu Abschnitt I TV UmBw. Dort ist wörtlich geregelt:

        

„§ 7   

        

Ergänzung der Einkommenssicherung

        

A.    

Beschäftigte im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten

        

(1)     

Beschäftigte, die bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit (§ 3) mindestens ein Jahr ununterbrochen im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten beschäftigt und Entgelt nach

                 

-       

§ 46 TVöD-BT-V (Bund),

                 

…       

        
                 

erhalten haben und deren Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird, erhalten - ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 - eine Zulage in Höhe des auf die weggefallene, über die regelmäßige Arbeitszeit i.S.d. § 6 Abs. 1 TVöD hinaus gegangene Arbeitszeit, entfallende anteilige Tabellenentgelt i.S.d. Protokollerklärung zu § 8 Absatz 1 Satz 1 TVöD.

        

…“    

        
12

Die Bewachung des Lagers „G“ durch Bundesbedienstete wurde am 15. Dezember 2010 eingestellt. Seitdem wird das Lager durch ein privates Bewachungsunternehmen bewacht. Seit 1. Dezember 2010 erhielt der Kläger eine persönliche Zulage nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw iHv. 402,34 Euro monatlich.

13

Mit seiner Klage verlangt der Kläger Differenzbeträge von 722,93 Euro brutto nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw für die Monate August bis Oktober 2009 in voller Höhe. Fortlaufend ab November 2009 beansprucht er diese monatlichen Beträge mit der Maßgabe, dass die Zulage entsprechend der tariflichen Bestimmung bei jeder künftigen allgemeinen Entgelterhöhung um 25 % abgeschmolzen werde, wobei ein Sockelbetrag iHv. 30 % der Zulage garantiert bleibe.

14

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verringerung der Arbeitszeit sei eine Maßnahme iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw. Die fehlende Neuorganisation des Wachdienstes sei durch die Optionsregelung ersetzt worden, die organisatorisch wirksam sei. Durch die Einwilligung der übrigen Wachleute sei eine Umorganisation des Wachdienstes entbehrlich gewesen. Hätten die Wachleute nicht optiert, wäre eine Umorganisation erforderlich gewesen. Die Verringerung seiner Arbeitszeit beruhe nicht auf seiner eigenen Entscheidung, sondern auf den arbeitszeitrechtlichen Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Ohne diese Vorgaben hätte er seine Arbeitszeit nicht verringern dürfen. Auf die Regelung des § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) könne sich die Beklagte nicht berufen, weil diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2a ArbZG und Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und b der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG unwirksam sei. Der Tarifvertrag enthalte entgegen der gesetzlichen Vorschrift und der Richtlinienvorgabe keine Regelungen, die sicherstellten, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer durch die Arbeitszeiterhöhung nicht gefährdet werde. Der Kläger sei deshalb nicht berechtigt gewesen, von der Option Gebrauch zu machen. Seine Ansprüche bestünden jedenfalls aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Es gebe keinen sachlichen Grund, ihn von der Zahlung der Zulage auszunehmen. Sie werde im Bereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums Leer an Arbeitnehmer, die in die Verlängerung der Arbeitszeit eingewilligt hätten, entsprechend den Regelungen des § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw gezahlt. Die Beklagte habe die Zulage an diese Wachleute - ua. an die Arbeitnehmer K, O und L - unter Verrechnung der tatsächlich erbrachten Überstunden geleistet. Der Einwand, diese Wachleute hätten von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht, trage nicht. Ein solches Vorgehen führe zu einer Maßregelung iSv. § 612a BGB.

15

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate August, September und Oktober 2009 jeweils 722,93 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 4 % über dem Basiszins seit 17. Oktober 2009 auf die jeweiligen Rückstände als Zulage zu seinen Bezügen zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Zulage zu den übrigen Bezügen ab November 2009 jeweils monatlich 722,93 Euro brutto zu zahlen, abzüglich 25 % bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung, mindestens jedoch 216,88 Euro, abzüglich ab Dezember 2010 monatlich gezahlter Zulage von 402,34 Euro brutto.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, ein Anspruch aus § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw setze voraus, dass ein Beschäftigter aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich der damit verbundenen Umgliederung oder Verlegung aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr seinen Arbeitsplatz verliere. Von einem solchen Arbeitsplatzverlust sei der Kläger nicht betroffen. Seine Arbeitszeit habe sich nicht aufgrund einer Umorganisation geändert, sondern aufgrund des Änderungstarifvertrags Nr. 3 zum TVöD (Bund), der unionsrechtlichen Arbeitszeitvorgaben Rechnung getragen habe. Für eine Arbeitszeit von 65 Wochenstunden hätten dienstliche Gründe bestanden. Der Kläger sei mit ihr aber nicht einverstanden gewesen. Er sei auch nicht mit anderen Arbeitnehmern gleichzubehandeln. Soweit in dem Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. November 2008 die Rede davon sei, die Umgestaltung des Wachdienstes durch Reduzierung der Arbeitszeit ohne Erhöhung des Personalbestands sei eine Umstrukturierungsmaßnahme, sei damit der Abbau von Personalüberhängen durch Arbeitszeitverkürzung aufgrund der Änderung von Wachkonzepten an verschiedenen Standorten gemeint. Das Wachkonzept bei der Bewachung des Standorts „G“ sei demgegenüber nicht verändert worden. Wenn von der Opt-out-Regelung kein Gebrauch gemacht worden sei, habe die Beklagte keinen Sicherungsbetrag anstelle der Vergütung für die über die Regelarbeitszeit hinaus erbrachte Arbeitszeit an andere Arbeitnehmer geleistet. Soweit solche Fälle aufgetreten seien, werde die Beklagte aufgrund der fehlerhaften Sachbehandlung Rückforderungsansprüche geltend machen. Eine Verwaltungspraxis, nach der die Beklagte Entgelteinbußen ohne Rücksicht auf die tariflichen Voraussetzungen sichere, gebe es nicht.

17

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

19

A. Die Klage ist auch hinsichtlich des Antrags zu 2. zulässig.

20

I. Der Antrag zu 2. ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger macht geltend, dass ihm aufgrund der Änderung seiner Arbeitszeit auch über die Zeit von August bis Oktober 2009 hinaus seit November 2009 fortlaufend Ansprüche auf die Einkommenssicherungszulage zustehen. Die verfolgten Klageziele lassen sich errechnen. Die abzuschmelzenden Beträge ergeben sich aus den seitdem aufgetretenen allgemeinen Entgelterhöhungen.

21

II. Soweit der Antrag zu 2. Ansprüche erfasst, die auf künftige Zeiträume entfallen, handelt es sich um eine zulässige objektive Klagehäufung, die auf künftige Leistungen gerichtet ist (§§ 258, 260 ZPO). Die erhobenen Ansprüche auf künftige Sicherungsbeträge sind unabhängig vom Umfang der vom Kläger erbrachten Arbeitsleistungen.

22

B. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann seit August 2009 über die seit Dezember 2010 geleisteten Sicherungsbeträge hinaus keine Einkommenssicherungszulage beanspruchen. Seine Forderungen lassen sich weder auf § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw noch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder § 612a BGB stützen.

23

I. Ansprüche des Klägers auf die Einkommenssicherungszulage ergeben sich nicht aus dem durch § 2 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen TV UmBw. Die Voraussetzungen der § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw sind nicht erfüllt. Der sachliche Geltungsbereich des TV UmBw ist nicht eröffnet. Die Änderung der Arbeitszeit des Klägers, die durch § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V (Bund) idF des Änderungstarifvertrags Nr. 3 zum TVöD (Bund) eintrat, ist keine Maßnahme iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw. § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V (Bund) ist aufgrund der Tarifsukzessionsklausel in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden.

24

1. § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw begründet in den Fassungen der Änderungstarifverträge Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 - ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 TV UmBw - den Anspruch auf eine Einkommenssicherungszulage. Der Anspruch besteht ua. für Beschäftigte, die bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit iSv. § 3 TV UmBw mindestens ein Jahr ununterbrochen im Wachdienst beschäftigt waren, Entgelt nach § 46 TVöD-BT-V (Bund) erhielten und deren Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird.

25

2. Nach § 1 TV UmBw ist der Geltungsbereich des TV UmBw für Arbeitnehmer eröffnet, deren Arbeitsplätze aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen(Abs. 1) oder zu einem Dritten verlagert werden (Abs. 2). Zwischen dem Wegfall des Arbeitsplatzes und einer Maßnahme der Neuausrichtung der Bundeswehr muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 213/06 - Rn. 14; 27. Oktober 2005 - 6 AZR 116/05 - Rn. 22; 24. Juni 2004 - 6 AZR 298/03 - zu 3 der Gründe).

26

a) Durch den in § 1 Abs. 1 TV UmBw vorgegebenen Geltungsbereich soll sichergestellt werden, dass die begünstigenden Regelungen des TV UmBw nur auf die Arbeitnehmer angewandt werden, deren Arbeitsplätze durch die Umstrukturierung aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr betroffen sind(vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 213/06 - Rn. 14). Ein Arbeitsplatz fällt iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw zB dann weg, wenn der Arbeitnehmer nach einer durchgeführten Organisationsmaßnahme mit derselben Art der Tätigkeit vertragsgemäß an einem anderen Ort oder in einer anderen betrieblichen Einheit weiterbeschäftigt wird. Ein Arbeitsplatz kann im Tarifsinn aber auch wegfallen, wenn die Arbeitsorganisation geändert wird (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 6 AZR 116/05 - Rn. 18). Die Begriffe des Arbeitsplatzes in § 1 Abs. 1 TV UmBw und der Beschäftigung in § 1 des Tarifvertrags über den Rationalisierungsschutz für Arbeiter des Bundes und der Länder vom 9. Januar 1987 (TV RatArb) sind identisch (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 6 AZR 116/05 - Rn. 21). Die Beschäftigung oder der Arbeitsplatz fallen demnach weg, wenn der Arbeitnehmer nur zu wesentlich veränderten Bedingungen an seinem bisherigen oder einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Entscheidend ist, ob dem Arbeitnehmer eine neue, andere Tätigkeit übertragen wurde (vgl. BAG 29. März 2001 - 6 AZR 652/99 - zu B I 2 a dd der Gründe). Diese Voraussetzung hat der Senat zB bei entfallenden Führungs- und Koordinationstätigkeiten eines Vorhandwerkers bejaht (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 6 AZR 298/03 - zu 3 der Gründe). Er hat sie auch in einem Fall für erfüllt gehalten, in dem der Streifen- und Schichtdienst eines Wachmanns entfallen war (vgl. BAG 29. März 2001 - 6 AZR 652/99 - zu B I 2 der Gründe).

27

b) Das für den Wegfall des Arbeitsplatzes iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw begründete Erfordernis der wesentlich veränderten Bedingungen der Weiterbeschäftigung ist im Fall der von der Beklagten angestrebten Fortdauer einer wöchentlichen Arbeitszeit von regelmäßig 65 Stunden nicht gewahrt.

28

aa) Die Tätigkeit des Klägers sollte sich nicht ändern. Arbeitsablauf, Arbeitsort, Eingliederung des Klägers und Arbeitszeit sollten unverändert bleiben. Die Änderung der tariflichen Arbeitszeitregelung in § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V (Bund) durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) berührte die wesentlichen Bedingungen der Weiterbeschäftigung nicht aufgrund einer erforderlichen Organisationsmaßnahme. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die Änderung der tariflichen Arbeitszeitregelung sei Normsetzung der Tarifvertragsparteien. Hinzu kommen müsse eine Organisationsentscheidung der Beklagten iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw. Eine solche Organisationsentscheidung wurde nicht getroffen. Die Beklagte wollte umgekehrt die bisherige Arbeitszeitorganisation einer 65-Stunden-Woche aufrechterhalten. Dafür war sie nun allerdings wegen der geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen in § 7 Abs. 2a ArbZG auf das sog. Opt-out der Wachleute nach § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) angewiesen. Ihre Arbeitszeitorganisationsentscheidung änderte sich aber nicht. Sie traf gerade nicht die Entscheidung, im Wachdienst des „G“ mit einer geringeren Arbeitszeit als regelmäßig 65 Stunden im Siebentageszeitraum weiterzuarbeiten.

29

bb) In der für den Wechsel der Beschäftigung iSv. § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw in den Fassungen der Änderungstarifverträge Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 und Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 nötigen Organisationsentscheidung kommt der Tarifzweck einer Besitzstandsregelung zum Ausdruck. Die Einkommenssicherungszulage soll den Lebensstandard der Arbeitnehmer erhalten, die von Verdiensteinbußen aufgrund von Organisationsmaßnahmen betroffen sind. Im Fall einer Verringerung der Arbeitszeit, die durch das Einverständnis des Arbeitnehmers mit einer fortdauernden längeren Arbeitszeit vermieden werden könnte, nimmt der Arbeitnehmer dagegen bewusst und selbstbestimmt Einkommenseinbußen in Kauf. Sie sind vom Arbeitgeber, der keine für sie kausale Organisationsentscheidung getroffen hat, nicht auszugleichen (vgl. zu § 6 TV UmBw LAG Baden-Württemberg 15. September 2010 - 12 Sa 56/09 - zu II 1 d bb (2) der Gründe, durch Rücknahme der Revision in der Sache - 6 AZR 571/10 - rechtskräftig geworden).

30

cc) Die vorzunehmende Auslegung von § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck lässt unzweifelhaft erkennen, dass die Tarifvertragsparteien die Einkommenssicherungszulage an eine - im Streitfall nicht getroffene - Organisationsentscheidung gebunden haben, die zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes hätte geführt haben müssen.

31

(1) Dieser Regelungswille steht einer unbeabsichtigten Tariflücke entgegen. Die Arbeitsgerichte dürfen nicht gegen den - hier erkennbar geäußerten - Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen „schaffen“ oder die schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei durch Vertragshilfe ausgleichen. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. nur BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 31 mwN).

32

(2) Die Tarifvertragsparteien überschritten mit § 1 Abs. 1, § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw und der darin enthaltenen Bindung der Einkommenssicherungszulage an eine Organisationsentscheidung der Beklagten nicht die Grenzen ihrer Regelungsmacht.

33

(a) Die getroffene Regelung verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

34

(aa) Tarifvertragsparteien kommt für ihre Regelungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie haben hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob jeweils die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde (st. Rspr., vgl. zB BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 42 mwN). Die Tarifvertragsparteien sind prinzipiell frei darin, die Voraussetzungen und die Höhe des Entgelts sowie die Höhe des zu sichernden Einkommens festzulegen (vgl. BAG 24. Juni 2010 - 6 AZR 18/09 - Rn. 25).

35

(bb) Die Tarifvertragsparteien wahrten hier die Grenzen ihrer Regelungsmacht, indem sie die Einkommenssicherungszulage von einer Organisationsentscheidung der Beklagten abhängig machten. Diese Verengung der Voraussetzungen der Zulage entspricht dem tariflichen Regelungsziel, den Lebensstandard der Arbeitnehmer zu erhalten, die von Verdiensteinbußen aufgrund von Organisationsmaßnahmen betroffen sind, ohne die Entgeltminderung selbst abwenden zu können. Die Unterscheidung dieser Arbeitnehmer von Arbeitnehmern, die nicht von einer solchen Organisationsmaßnahme berührt sind, ist sachgerecht und mit Blick auf den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien hinzunehmen.

36

(b) Die Tarifvertragsparteien des TV UmBw hätten hinsichtlich der Einkommenssicherungszulage selbst dann nicht ihre Regelungsmacht überschritten, wenn die Opt-out-Regelung in § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) gegen § 7 Abs. 2a ArbZG verstieße oder § 7 Abs. 2a ArbZG der Richtlinienvorgabe in Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und b der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG nicht gerecht würde. Ein Anspruch auf die Einkommenssicherungszulage lässt sich insbesondere nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu der arbeitszeitrechtlichen Behandlung von Bereitschaftsdienstzeiten herleiten.

37

(aa) Danach handelt es sich zwar auch bei Bereitschaftsdienst, den ein Arbeitnehmer durch persönliche Anwesenheit im Betrieb des Arbeitgebers leistet, um Arbeitszeit iSv. Art. 2 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG(vgl. für die st. Rspr. EuGH 25. November 2010 - C-429/09 - [Fuß] Rn. 55, Slg. 2010, I-12167; 9. September 2003 - C-151/02 - [Jaeger] Rn. 48 ff., Slg. 2003, I-8389; 3. Oktober 2000 - C-303/98 - [Simap] Rn. 46 ff., Slg. 2000, I-7963; dem folgend zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 208/10 - Rn. 12; 23. Februar 2011 - 10 AZR 579/09 - Rn. 15, BAGE 137, 157; 23. Juni 2010 - 10 AZR 543/09 - Rn. 21, BAGE 135, 34 ).

38

(bb) Der Kläger hat jedoch zum einen nicht von der Opt-out-Regelung in § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) Gebrauch gemacht, sondern arbeitet seit August 2009 regelmäßig höchstens 48 Wochenstunden. Zum anderen ergibt sich aus der arbeitszeitrechtlichen Behandlung nichts für die Höhe der zu zahlenden Vergütung (vgl. zB BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 23; 28. Januar 2004 - 5 AZR 530/02 - zu III und IV der Gründe, BAGE 109, 254). Ob die mithilfe des Opt-outs der Mehrzahl der Wachleute im „G“ auf der Grundlage von § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) ermöglichte Dienstplangestaltung der Beklagten das Arbeitszeitgesetz und die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG verletzt, ist deshalb für die Ansprüche des Klägers auf die Einkommenssicherungszulage unerheblich. Das Arbeitszeitrecht sieht bei Verstößen gegen seine Regelungen keine finanziellen (Primär-)Ansprüche vor. Es betrifft nur den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz, der durch Ausgleichsruhezeiten gewährleistet wird (vgl. BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 24 mwN).

39

II. Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche auf die Einkommenssicherungszulage aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu.

40

1. Soweit sich der Kläger auf das Schreiben des Bundesverteidigungsministeriums vom 14. November 2008 bezieht, mit dem den Arbeitnehmern dieses Geschäftsbereichs der Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TVöD (Bund) vom 12. September 2008 bekannt gegeben wurde, macht er keine bewusst übertarifliche Anwendung des § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw gelöst von den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 TV UmBw geltend. Das Schreiben des Bundesverteidigungsministeriums vom 14. November 2008 setzt die Umorganisation des Wachdienstes zur Verringerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf höchstens 48 Stunden voraus. Eine solche Organisationsentscheidung wurde für das „G“ nicht getroffen.

41

2. Die Beklagte wandte den TV UmBw hinsichtlich der Einkommenssicherungszulage nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht bewusst übertariflich auf Arbeitnehmer im Bundeswehrdienstleistungszentrum Leer an, die anders als der Kläger von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht hatten und daher länger als er arbeiteten.

42

a) Wendet ein Arbeitgeber das von ihm mit einer Gewerkschaft ausgehandelte Regelwerk für den erfassten Personenkreis gelöst von den tariflichen Voraussetzungen an, macht er es zu seinem eigenen, von ihm selbst gesetzten Ordnungsgefüge. Er muss dieses Verhalten am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes messen lassen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 44; 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 18 mwN). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62).

43

b) Danach kann der Kläger auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Einkommenssicherungszulage für die streitgegenständlichen Zeiträume beanspruchen.

44

aa) Der Senat kann zugunsten des Klägers annehmen, dass es sich bei den Zahlungen an die Arbeitnehmer K, O und L nicht nur um Einzelfälle handelte und der Gleichbehandlungsgrundsatz deshalb zu beachten ist. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Vergütungen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet aber auch im Bereich der Entgeltzahlung Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (vgl. BAG 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

45

bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Abweichung von dem regelmäßig gewollten Normvollzug dargelegt.

46

(1) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo der Arbeitgeber durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung schafft, nicht aber bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug (vgl. nur BAG 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14 mwN). Darin liegt keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche Entscheidung trifft der Arbeitgeber erst, wenn er in Kenntnis einer fehlenden Rechtsgrundlage Leistungen (weiterhin) erbringt (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17).

47

(2) Eine derartige bewusste Entscheidung hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt. Das gilt trotz der vorgelegten Festsetzungen für die Arbeitnehmer K, O und L, die eine Einkommenssicherungszulage ausweisen und den Vortrag des Klägers auch hinsichtlich der Zahlung der Zulage an die anderen Wachleute stützen sollen. Dem steht ferner nicht entgegen, dass die Vorinstanzen nicht aufgeklärt haben, ob die Beklagte mit der sog. Zulage in Wirklichkeit geleistete Mehrarbeit pauschal abgelten wollte. Das Landesarbeitsgericht hat aus dem Vorbringen des Klägers und den vorgelegten Festsetzungen der Beklagten in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht die Überzeugung gewonnen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die Beklagte habe die Zulagen bewusst und nicht rechtsirrig festgesetzt.

48

(a) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag hinsichtlich des Arbeitnehmers L übergangen, mit dem der Kläger geltend gemacht habe, diesem Arbeitnehmer gegenüber sei noch im Dezember 2010 eine Einkommenssicherungszulage festgesetzt worden, greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen ausdrücklich behandelt, indem es auf die vorgelegte Festsetzung verwiesen hat. Es hat aus diesem Umstand aber dennoch nicht auf eine übertarifliche Handhabung im Sinn einer bewussten freiwilligen Leistung geschlossen.

49

(b) Diese Überzeugungsbildung ist nicht zu beanstanden.

50

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aus den vorgelegten Festsetzungsschreiben ergebe sich, dass die Beklagte gegenüber den dort bezeichneten Arbeitnehmern ausdrücklich eine Zulage nach § 7 Abschnitt A Abs. 1 TV UmBw habe festsetzen, also einen Tarifanspruch habe erfüllen wollen. Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes wollten grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung gewähren, sondern das, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zustehe.

51

(bb) Diese Ausführungen lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen und halten sich im tatrichterlichen Beurteilungsspielraum des Landesarbeitsgerichts. Aus den Festsetzungen geht der Ausnahmetatbestand einer bewussten verteilenden Entscheidung über den bloßen vermeintlichen Normvollzug hinaus nicht hervor. Der Kläger wurde nicht nach sachfremden Kriterien ausgegrenzt. Das gilt nicht zuletzt deswegen, weil die Arbeitnehmer K, O und L nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts - ebenso wie die ganz überwiegende Mehrzahl der Wachleute im „G“ - von der Opt-out-Regelung des § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) Gebrauch gemacht hatten und wöchentlich länger als der Kläger arbeiteten.

52

III. Ansprüche auf die Einkommenssicherungszulage folgen auch nicht aus § 612a BGB. Die Beklagte hat das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht verletzt. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob es sich bei § 612a BGB überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt oder die Bestimmung nur im Zusammenspiel mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz anspruchsbegründend wirkt.

53

1. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung ist nicht nur anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, wenn sie Rechte nicht ausüben (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 10 AZR 174/11 - Rn. 18). Eine Maßnahme rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art kann auch in einem Unterlassen bestehen (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 34). Die Tatbestandsvoraussetzung „Benachteiligung“ ist jedoch nur erfüllt, wenn der Arbeitgeber zwischen verschiedenen Maßnahmen wählen konnte. Hat er sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, handelt es sich um keine Benachteiligung des Arbeitnehmers. Knüpft eine Regelung an das (erlaubte) Verhalten des Arbeitnehmers eine ihm nachteilige Rechtsfolge, ist der Arbeitgeber nicht zum Ausgleich der Nachteile verpflichtet, die dem Arbeitnehmer entstehen. Dementsprechend ist der (vermeintliche) Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung oder einer vertraglichen Vereinbarung keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB(vgl. nur BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 23 mwN).

54

2. Nach diesen Grundsätzen verstößt es nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, wenn die Beklagte keine Einkommenssicherungszulage an den Kläger leistet. Die vom Kläger als benachteiligend empfundene Maßnahme hat ihren Grund nicht darin, dass der Kläger in zulässiger Weise nicht die Opt-out-Regelung in § 46 Nr. 4 Abs. 3b TVöD-BT-V (Bund) nutzte. Sie beruht vielmehr darauf, dass die Beklagte keine Organisationsentscheidung zur Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit im „G“ traf. Soweit die Beklagte Mehrarbeitsvergütung an die Arbeitnehmer leistete, die von dem Opt-out Gebrauch gemacht hatten, erfüllte sie ihre tariflichen und arbeitsvertraglichen Pflichten ihnen gegenüber.

55

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lauth    

        

    M. Jostes    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. September 2008 - 9 Sa 525/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung oder wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags gegen Abfindung verpflichtet ist.

2

Der 1949 geborene Kläger ist seit 1971 bei der Beklagten beschäftigt. Im Juni 2006 legte die Beklagte, bei der betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu diesem Zeitpunkt tariflich noch bis mindestens 31. Dezember 2011 ausgeschlossen waren, für die bei ihr und bei bestimmten konzernangehörigen Gesellschaften Beschäftigen ein Abfindungsmodell für Arbeitnehmer auf, die bis zum 30. Juni 2007 freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden. Für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zwischen dem 1. Juni und dem 30. September 2006 aufgrund entsprechender Aufhebungsverträge endeten, war eine zusätzliche „Turbo-Prämie“ von 54.000,00 Euro brutto vorgesehen. Dieses Modell richtete sich ausdrücklich lediglich an Mitarbeiter der Jahrgänge 1952 und jünger. Es stand unter einem doppelten Freiwilligkeitsvorbehalt: Kein Arbeitnehmer musste zu den dargelegten Bedingungen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden; die Beklagte behielt sich vor, Angebote von Arbeitnehmern auf ein Ausscheiden abzulehnen. Bis zum 1. Januar 2007 hatten 5.937 Arbeitnehmer Aufhebungsverträge unterschrieben, darunter 24 Arbeitnehmer, die wie der Kläger vor dem 1. Januar 1952 geboren sind. Das ergibt sich aus einem „Flash-Report“ mit Stand vom 1. Januar 2007. Zwischen den Parteien ist streitig, zu welchen Konditionen die 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer, mit denen die Beklagte Aufhebungsverträge geschlossen hat, aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind.

3

Der Kläger erhielt das Rundschreiben von Mai 2006, aus dem sich die Einzelheiten des Abfindungsmodells ergaben, nicht. Mit Schreiben vom 13. Juni 2006 bat er unter Bezug auf dieses Rundschreiben die Beklagte darum, ihm ein „entsprechendes“ Angebot zu unterbreiten. Dem Kläger stünde nach dem von der Beklagten aufgelegten Modell bei Ausscheiden bis zum 30. September 2006 inklusive der Turbo-Prämie unstreitig eine Abfindung von 171.720,00 Euro brutto zu. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 22. Juni 2006 den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung zu den im Rundschreiben niedergelegten Bedingungen ab. Sie wies auf die bei ihr bestehende tarifliche Altersteilzeitregelung hin und erklärte sich bereit, dem Kläger eine Abfindung zu zahlen, die sich an den Altersteilzeitregelungen orientierte. Nach den bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen darf die Altersteilzeit 24 Kalendermonate nicht unter- und 60 Kalendermonate nicht überschreiten. Während der Altersteilzeit dürfen grundsätzlich nur geringfügige Tätigkeiten unterhalb der Grenze des § 8 SGB IV ausgeübt werden.

4

In der Güteverhandlung bot die Beklagte dem Kläger eine Abfindung von 58.700,00 Euro netto an. Dieser bat daraufhin mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 um kurzfristige Mitteilung, welche Bruttoabfindung der Berechnung der Beklagten zugrunde liege, und um Übersendung der entsprechenden Berechnungen. Die Beklagte antwortete daraufhin mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 wie folgt:

        

„... teilen wir Ihnen mit, dass es uns nicht möglich ist, Ihnen eine Bruttoabfindungssumme zu nennen, weil diese abhängig vom konkreten Verdienst und den Steuerdaten Ihres Mandanten zum Auszahlungszeitpunkt ist. Die Nettosumme errechnet sich nach den Monaten bis zu einem frühestmöglichen Renteneintritt Ihres Mandanten (in diesem Fall 60 Jahre nach Altersteilzeit, also bei Austritt noch in diesem Oktober 36 Monate) und den Nettobeträgen, die er in einer Altersteilzeit monatlich lt. Zumutbarkeitstabelle erhalten würde (unter Berücksichtigung der Steuerklasse III 1.632,46 €).

        

...“

5

Ein Aufhebungsvertrag zu diesen Konditionen kam zwischen den Parteien nicht zustande.

6

Mit der am 22. September 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger den Abschluss eines Aufhebungsvertrags unter Zahlung einer Abfindung von 171.720,00 Euro brutto.

7

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, sein Anspruch ergebe sich aus dem Verbot der Altersdiskriminierung. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) finde bereits Anwendung. Die Beklagte habe auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes noch den Abschluss des Aufhebungsvertrags zu den begehrten Bedingungen abgelehnt. Sie habe falsche Vergleichsgruppen gebildet. Zu vergleichen seien die Arbeitnehmer, die einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung schließen wollten, und die Arbeitnehmer, die das Arbeitsverhältnis fortsetzen wollten. Die Möglichkeit, Altersteilzeit in Anspruch nehmen zu können, rechtfertige die Ungleichbehandlung der kontrahierungswilligen Arbeitnehmer der Geburtsjahrgänge 1951 und älter nicht. So könne er - unstreitig - frühestens im Jahr 2009 Altersteilzeit in Anspruch nehmen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das von der Beklagten aufgelegte Abfindungsmodell bereits abgelaufen sei. Personalabbau sei kein legitimes und angemessenes Ziel iSd. § 10 AGG.

8

Der Kläger behauptet, er werde auch gegenüber den vor dem 1. Januar 1952 geborenen 24 Arbeitnehmern ungleich behandelt, mit denen die Beklagte Aufhebungsverträge geschlossen habe. Aus dem Flash-Report ergebe sich, dass die Aufhebungsverträge zu den Bedingungen der Turbo-Prämie abgeschlossen worden seien. Andernfalls wären sie in diesem nicht aufgeführt, der sich nach seinem Sinn und Zweck lediglich auf die Turbo-Prämie beziehe. Weitere Darlegungen seien ihm nicht möglich, da ihm diese Mitarbeiter namentlich nicht bekannt seien.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.   

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung in Höhe von 117.720,00 Euro zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 54.000,00 Euro, insgesamt also eine Abfindung in Höhe von 171.720,00 Euro beinhaltet, zu unterbreiten, sowie

        

2.   

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger dadurch entstanden sind und entstehen werden, dass die Beklagte dem Kläger wegen seines Alters keinen Aufhebungsvertrag über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2006 und Zahlung einer Abfindung in Höhe von 117.720,00 Euro zuzüglich Zuschlag in Höhe von 54.000,00 Euro, insgesamt also eine Abfindung in Höhe von 171.720,00 Euro, angeboten hat.

10

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags auf den doppelten Freiwilligkeitsvorbehalt verwiesen, unter dem der Abschluss der Aufhebungsverträge im Rahmen der aufgelegten Aktion gestanden habe. Da sie das Angebot des Klägers, gegen Zahlung einer Abfindung zu den Bedingungen des Rundschreibens aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, vor Inkrafttreten des AGG endgültig abgelehnt habe, finde dieses keine Anwendung. Jedenfalls habe sie den Kläger nicht wegen seines Alters diskriminiert. Für ihn sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wirtschaftlich am vorteilhaftesten.

11

Die Beklagte hat behauptet, sie habe mit den Arbeitnehmern, die vor dem 1. Januar 1952 geboren seien, zu anderen Konditionen als denen des Rundschreibens kontrahiert. Sie hat insoweit drei Arbeitnehmer aus dem Werk H, in dem auch der Kläger beschäftigt war, namentlich benannt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Arbeitnehmer nicht zu den Bedingungen des Rundschreibens von Mai 2006 ausgeschieden sind. Der Flash-Report werte insgesamt aus, mit wie vielen Arbeitnehmern einvernehmliche Ausscheidensregelungen getroffen worden seien.

12

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Ausschluss der vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer aus dem Personenkreis des 2006 aufgelegten Abfindungsmodells sei durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und objektiv angemessen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den 24 Arbeitnehmern, die als Angehörige des Jahrgangs 1951 und älter Aufhebungsverträge erhalten hätten. Die Beklagte biete auch älteren Arbeitnehmern Abfindungen an, wie sie es unstreitig auch beim Kläger getan habe. Deshalb reiche es aus, wenn die Beklagte lediglich bestreite, dass im Flash-Report ausschließlich Arbeitnehmer aufgeführt seien, die zu den Konditionen des Turbo-Modells ausgeschieden seien.

13

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision, mit der er ua. geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast rechtsfehlerhaft überspannt, soweit es die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verneint habe.

Entscheidungsgründe

14

Der Kläger ist im Rahmen der von der Beklagten im Jahr 2006 aufgelegten Abfindungsaktion weder wegen seines Alters diskriminiert noch von der Beklagten gleichheitswidrig benachteiligt worden. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

15

A. Die Beklagte hat bei ihrer im Rahmen eines Personalabbaus durchgeführten Abfindungsaktion den Kläger nicht wegen seines Alters diskriminiert. Er hat deshalb unter diesem Gesichtspunkt keinen Anspruch auf das begehrte Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung von 171.720,00 Euro.

16

I. Die Beklagte hat den Kläger durch die Herausnahme aus dem Personenkreis, mit dem sie bereit war, den Abschluss von Aufhebungsverträgen zu den Bedingungen des Rundschreibens vom Mai 2006 in Betracht zu ziehen, nicht wegen seines Alters iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unmittelbar benachteiligt. Bereits aus diesem Grund besteht kein Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags als Erfüllungsanspruch aus § 7 Abs. 1 AGG(zum Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags als vorenthaltene Leistung nach dem Rechtsgedanken des durch das AGG aufgehobenen § 611a Abs. 3 Satz 1 BGB siehe BAG 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 48, BAGE 123, 358; zum Anspruch auf Erfüllung derjenigen Ansprüche, die der begünstigten Gruppe zustehen, bei Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes siehe BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 37, NZA 2010, 159; zum Erfüllungsanspruch aus § 7 Abs. 1 AGG allg. siehe Wendeling-Schröder/Stein AGG § 7 Rn. 6; Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 7 Rn. 19 f.). Ob einem solchen Erfüllungsanspruch die Bestimmung des § 15 Abs. 6 AGG entgegenstünde, der einen Vertragsabschlusszwang als Schadenersatz bei Verstößen des Arbeitgebers gegen § 7 Abs. 1 AGG bei Begründung eines Beschäftigungs- und Berufsausbildungsverhältnisses und bei beruflichem Aufstieg ausschließt, kann deshalb dahinstehen. Vertragsänderungen und -beendigungen wie die vom Kläger verlangte werden von dieser Bestimmung jedenfalls ihrem Wortlaut nach nicht erfasst (ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 15 AGG Rn. 13; für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Vereinbarung jeglichen Vertrags und jeglicher Vertragsänderung gleichwohl MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 42). Ebenso kann dahinstehen, ob ein etwaiger Kontrahierungszwang mit der durch Art. 2, 12 GG gewährleisteten Vertragsfreiheit vereinbar wäre(vorsichtig bejahend ErfK/Dieterich 10. Aufl. Art. 12 GG Rn. 31 zur Sicherung verfassungsrechtlicher Grundentscheidungen bei gesetzlicher Grundlage mwN zum Streitstand).

17

1. Nach Auffassung des EuGH ist das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist und den die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf konkretisiert (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 21 f.). Die unionsrechtliche Frage, welcher Rechtscharakter dem Verbot der Altersdiskriminierung zukommt, ist damit vom EuGH endgültig beantwortet. Dieses Verbot ist vom EuGH in den Rang eines Primärrechts erhoben worden, das unabhängig von einer nationalen Umsetzung auch im Verhältnis zwischen Privaten von den Gerichten unmittelbar anzuwenden ist. Ob dieses Verbot verletzt worden ist, ließ sich angesichts seiner Unbestimmtheit bis zum Inkrafttreten des AGG nur am Maßstab der es konkretisierenden Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG ABl. EG Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) feststellen. Seit dem 18. August 2006 ist eine Verletzung des Verbots der Altersdiskriminierung anhand des diese Richtlinie in nationales Recht umsetzenden AGG zu prüfen.

18

Auch wenn die Beklagte das Angebot des Klägers auf Kontrahierung zu den Bedingungen des Rundschreibens noch vor Inkrafttreten des AGG endgültig abgelehnt hat, ist damit die Frage, ob sie dadurch das Verbot der Altersdiskriminierung verletzt hat und der Kläger Anspruch auf Abgabe der begehrten Willenserklärung hat (§ 894 Satz 1 ZPO), am Maßstab des AGG zu beantworten. Dies gilt um so mehr, als der Kläger sein Verlangen nach einem Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Aufhebungsvertrags spätestens mit seiner der Beklagten am 29. September 2006 zugestellten Klageschrift und damit vor Ablauf der von der Beklagten für den Anspruch auf die höchste Stufe der Turbo-Prämie gesetzten Frist am 30. September 2006 wiederholt hat, der Sachverhalt also bei Inkrafttreten des AGG noch nicht abgeschlossen iSd. § 33 Abs. 1 AGG war(dazu zuletzt BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 31 ff.).

19

2. Die das Verbot der Altersdiskriminierung konkretisierende Richtlinie 2000/78/EG soll ausweislich ihres Art. 1 innerhalb der Europäischen Gemeinschaft einen allgemeinen Rahmen für die Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes festlegen und in diesem Rahmen Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf bekämpfen. Verboten ist deshalb im hier interessierenden Zusammenhang jede unmittelbare und mittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Welches Verhalten als unzulässige Diskriminierung zu werten ist, legt Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie fest. Regelungstechnisch ist das Verbot der unmittelbaren Diskriminierung in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie ein Verbot, eine differenzierende, benachteiligende Behandlung an das Alter zu knüpfen. Erfährt eine Person wegen ihres Alters eine weniger günstige Behandlung als andere Personen in vergleichbaren Situationen, stellt eine solche Ungleichbehandlung begrifflich zunächst einmal eine „unmittelbare Diskriminierung“ iSd. Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie dar (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 59, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9).

20

Eine derartige Ungleichbehandlung unterliegt - anders als unmittelbare Diskriminierungen im Europarecht im Allgemeinen - jedoch nicht uneingeschränkt dem Verdikt, rechtswidrig zu sein. Das Differenzierungsmerkmal des Alters als solches besitzt nämlich im Unterschied zu den übrigen in Art. 1 der Richtlinie genannten verbotenen Anknüpfungspunkten die zur Annahme einer verbotenen Diskriminierung erforderliche abschließende Aussagekraft für sich allein genommen noch nicht. Auch bei Anknüpfung an ein solches Merkmal können die Betroffenen tatsächlich nicht nachteilig belastet sein. Alter ist eine lineare Eigenschaft, denn jeder Beschäftigte weist irgendein Alter auf, das sich auf einer horizontalen, nach Lebensjahren eingeteilten Skala entwickelt, auf der sich Abschnitte festlegen und Differenzierungen nach Altersstufen vornehmen lassen. Die anderen in Art. 1 der Richtlinie genannten Diskriminierungsmerkmale lassen sich nicht in derartigen Stufen messen und sind keiner ständigen, unausweichlichen Veränderung unterworfen, sondern - jedenfalls im Regelfall - ein für alle Mal festgelegt. Das Alter ist dagegen ein ambivalentes, relatives Differenzierungsmerkmal (Linsenmaier RdA 2003 Sonderbeilage Heft 5 S. 22, 25; Sprenger Das arbeitsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG S. 58 mwN zu Fn. 357). Von einer Altersdiskriminierung ist darum potenziell jeder Mensch betroffen. Eine bloße Differenzierung anhand des Lebensalters indiziert deshalb selbst dann, wenn sie zu einer Benachteiligung einer Personengruppe bestimmten Alters führt, eine Diskriminierung im Sinne einer rechtswidrigen Benachteiligung (vgl. Brockhaus Enzyklopädie 21. Aufl. „Diskriminierung“; Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch 1981 2. Bd. S. 245 „diskriminieren“) noch nicht. Vielmehr kann es gerechtfertigt sein, eine Maßnahme altersabhängig zu gestalten. Das bringt der Erwägungsgrund Nr. 25 der Richtlinie 2000/78/EG zum Ausdruck, der eine Unterscheidung zwischen einer bloßen Ungleichbehandlung, die insbesondere durch rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung gerechtfertigt ist, und einer zu verbietenden Diskriminierung verlangt.

21

Wegen dieser Besonderheiten des Alterskriteriums als Anknüpfungspunkt einer Diskriminierung sieht die Richtlinie 2000/78/EG abweichend von der üblichen Systematik unionsrechtlicher Diskriminierungsverbote nicht nur in Art. 2 Abs. 2 Buchst. b bei mittelbaren Diskriminierungen Rechtfertigungsmöglichkeiten vor, sondern eröffnet in Art. 6 auch bei unmittelbar an das Alter anknüpfenden Maßnahmen die Möglichkeit, diese durch den Nachweis ihrer Verhältnismäßigkeit zu rechtfertigen(Schlachter Altersgrenzen und Alterssicherung im Arbeitsrecht S. 355, 366 f.).

22

3. Diese Systematik der Richtlinie 2000/78/EG behält das AGG bei. Danach hat die Beklagte den Kläger schon nicht wegen seines Alters iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unmittelbar benachteiligt.

23

a) Die Beklagte hat den Kläger aus dem Kreis der Arbeitnehmer ausgenommen, mit denen sie den Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu den Konditionen des Rundschreibens in Erwägung gezogen hat, weil er vor dem 1. Januar 1952 geboren ist. Damit ist der Anwendungsbereich des AGG eröffnet, denn unter die Entlassungsbedingungen iSd. § 2 Abs. 1 Ziff. 2 AGG fallen auch Aufhebungsverträge (Wendeling-Schröder/Stein AGG § 2 Rn. 16; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 8; vgl. EuGH 16. Februar 1982 - C-19/81 - [Burton] Rn. 9, Slg. 1982, 555 für die Richtlinie 76/207).

24

b) Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern, die vor oder nach dem 1. Januar 1952 geboren sind, benachteiligte Arbeitnehmer wie den Kläger, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, nicht unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Solche Arbeitnehmer haben dadurch, dass sie von dem geplanten Personalabbau ausgenommen worden sind, keine weniger günstige Behandlung als jüngere Arbeitnehmer erfahren, denen das Angebot unterbreitet worden ist, zu den im Rundschreiben vom Mai 2006 genannten Bedingungen auszuscheiden, und die dieses Angebot angenommen haben. Das gilt auch dann, wenn ältere Arbeitnehmer wie der Kläger ein Angebot der Beklagten, zu den Bedingungen des Rundschreibens bis zum 30. September 2006 aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, angenommen hätten.

25

aa) Ein Arbeitnehmer erfährt nicht bereits dann eine „weniger günstige Behandlung“ iSv. § 3 Abs. 1 AGG, wenn er objektiv anders als ein älterer oder jüngerer Arbeitnehmer behandelt wird(vgl. Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 4; MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 3 AGG Rn. 2; vgl. für die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 1 GG ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 3 GG Rn. 34; Osterloh in Sachs Grundgesetz 5. Aufl. 2009 Art. 3 Rn. 84). Die dargelegte fehlende Eindeutigkeit des ambivalenten Diskriminierungsmerkmals „Alter“ verlangt bereits auf der Tatbestandsebene zur Feststellung einer objektiv vorliegenden Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG eine Ungleichbehandlung, die für den Betroffenen einen eindeutigen Nachteil bewirkt. Die Differenzierung zwischen unterschiedlich alten Arbeitnehmern muss sich also für eine bestimmte Altersgruppe negativ auswirken, indem sie sie zurücksetzt (Wendeling-Schröder/Stein aaO; Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 2).

26

bb) Ob ein Arbeitnehmer, der von einem durch Abschluss freiwilliger Aufhebungsverträge unter Zahlung von Abfindungen durchgeführten Personalabbau wegen seines Alters ausgenommen wird, im vorstehend dargelegten Sinn eine „weniger günstige Behandlung“ erfährt als jüngere Arbeitnehmer, denen Aufhebungsverträge gegen Zahlung einer Abfindung angeboten werden, und deshalb im unionsrechtlichen Sinne zunächst unmittelbar diskriminiert wird, kann nur unter Heranziehung der Gründe beurteilt werden, die zur Aufnahme des Alters als verpöntes Differenzierungsmerkmal in die Richtlinie 2000/78/EG und damit in das AGG geführt haben.

27

(1) Ziel für die Schaffung einer Richtlinie zur einheitlichen Bekämpfung von Diskriminierungen in der Europäischen Union war es, sicherzustellen, dass ein möglichst hoher Prozentsatz der Personen im erwerbsfähigen Alter tatsächlich einer Beschäftigung nachgeht. Ältere Menschen werden im Bereich Beschäftigung bei Arbeitsplatzverlusten, Einstellung, Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und in Bezug auf die Bedingungen für den Eintritt in den Ruhestand besonders diskriminiert (KOM [1999] 565 endgültig S. 3).

28

Diese von der Kommission in ihrem Vorschlag zum Erlass einer Gleichbehandlungsrichtlinie angeführte Zielrichtung des Schutzes und der Integration gerade älterer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt hat auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2000/78/EG Niederschlag gefunden. Nach Art. 253 EGV bedarf das gesamte Sekundärrecht der Gemeinschaft einer Begründung, die die wichtigsten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen darlegt, auf denen die Rechtshandlungen beruhen und die für das Verständnis des Gedankengangs erforderlich sind. Motive und Hintergründe, die zum Erlass der Maßnahme geführt haben, sollen durch sie transparent gemacht werden. Mitgliedsstaaten und den Gemeinschaftsrichtern dienen sie als Indikator und maßgebliche Erkenntnisquelle zur Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit einer Maßnahme (Calliess in Calliess/Ruffert EUV/EGV 3. Aufl. 2007 Art. 253 EGV Rn. 2, 6; Schwarze EU-Kommentar 2. Aufl. Artikel 253 EGV Rn. 5 f.). Erwägungsgründe stellen deshalb nicht etwa unbeachtliche Programmsätze dar, sondern geben für die Auslegung der Regelungen einer Richtlinie entscheidende Hinweise (vgl. Senat 26. Oktober 2006 - 6 AZR 307/06 - Rn. 43, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 9 [insoweit in der amtl. Sammlung nicht abgedruckt]; vgl. auch BVerfG 20. September 2007 - 2 BvR 855/06 - Rn. 33, NJW 2008, 209).

29

Der Erwägungsgrund Nr. 6 nimmt auf die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer Bezug, in der anerkannt werde, wie wichtig die Bekämpfung jeder Art von Diskriminierung und geeignete Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung älterer Menschen und Menschen mit Behinderung seien. Der Erwägungsgrund Nr. 8 betont, dass der Unterstützung älterer Arbeitnehmer mit dem Ziel der Erhöhung ihres Anteils an der Erwerbsbevölkerung besonderer Aufmerksamkeit gebührt. Erwägungsgrund Nr. 11 stellt fest, dass Diskriminierungen ua. wegen des Alters die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren könnten, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines hohen Maßes an sozialem Schutz. Schließlich stellt nach dem bereits angeführten Erwägungsgrund Nr. 25 das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ein wesentliches Element zur Erreichung der Ziele der beschäftigungspolitischen Leitlinien und zur Förderung der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung dar. Nach Art. 2 Abs. 1 erster Gedankenstrich EU und Art. 2 EG zählt die Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus zu den Zielen, die sowohl von der Europäischen Union als auch von der Gemeinschaft verfolgt werden(EuGH 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 64, Slg. 2007, I-8531).

30

(2) Dem Schutz älterer Menschen vor Benachteiligung im Beschäftigungsverhältnis kommt auch nach Auffassung des nationalen Gesetzgebers besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1780 S. 31, 36). Dieser hat bei der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG darauf abgestellt, dass es auch in Deutschland Hinweise dafür gebe, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen schlechtere Chancen im Arbeitsleben als andere hätten. Insbesondere Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderte und ältere Menschen seien schlechter in die Arbeitswelt eingebunden. Menschen über 55 und unter 20 Jahren arbeiteten überdurchschnittlich häufig in atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Die Erwerbsbeteiligung der über 55-Jährigen gehe drastisch zurück. Bei Männern falle sie zwischen 55 und 64 Jahren von 82,1 % auf 27 %. Diese soziale Lage könne zwar nicht allein mit gesetzlichen Benachteiligungsverboten verbessert werden, mache aber deutlich, dass auch in Deutschland diese Personengruppen besonderen Schutzes bedürften (BT-Drucks. 16/1780 S. 23 bis 25).

31

(3) Schutz und Integration älterer Arbeitnehmer stehen somit im Vordergrund der mit der Richtlinie 2000/78/EG und dem AGG verfolgten Ziele, soweit diese die Diskriminierung wegen des Alters verbieten (vgl. ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 1 AGG Rn. 11; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 67). Dies wird auch daran deutlich, dass die in Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Rechtfertigungsgründe für Ungleichbehandlungen wegen des Alters, soweit sie in Abs. 1 Satz 2 Buchst. a die Entlassungsbedingungen ausdrücklich ansprechen, den Schutz älterer Arbeitnehmer verstärken und nicht etwa schwächen sollen (Schlachter Altersgrenzen und Alterssicherung im Arbeitsrecht S. 355, 369 f.).

32

Zwar ist unbestritten auch die Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer durch die Richtlinie 2000/78/EG untersagt (Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 66; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 1 AGG Rn. 11; Linsenmaier RdA 2003 Sonderbeilage Heft 5 S. 22, 25; zu einer Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer durch ein Punkteschema bei Versetzungen vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - DB 2010, 397). Gleichwohl darf die oben dargestellte Hauptzielrichtung der Richtlinie bei der Auslegung des § 3 AGG nicht unbeachtet bleiben.

33

cc) Angesichts dieser Zielrichtung der das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung konkretisierenden Richtlinie 2000/78/EG und des diese umsetzenden AGG werden ältere Arbeitnehmer, die ein Arbeitgeber generell von einem Personalabbau ausnimmt, auch dann nicht iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unmittelbar gegenüber jüngeren Arbeitnehmern benachteiligt, wenn der Personalabbau durch freiwillige Aufhebungsverträge unter Zahlung attraktiver Abfindungen erfolgen soll. Bei Anlegung des von der Richtlinie 2000/78/EG und des AGG geforderten objektiven Maßstabes zur Beurteilung einer Benachteiligung (ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 3; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 4; aA wohl Schleusner/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 12) werden ältere Arbeitnehmer durch die Herausnahme aus dem Personalabbau gegenüber jüngeren Arbeitnehmern, die unter Zahlung einer Abfindung freiwillig aus dem Unternehmen ausscheiden können und sich neue Erwerbschancen suchen müssen, im Regelfall nicht weniger günstig behandelt. Im Gegenteil ist der Zweck des Diskriminierungsverbots wegen des Alters grundsätzlich gerade durch den weiteren Verbleib älterer Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis verwirklicht. Diese stehen dadurch nach wie vor in einem Arbeitsverhältnis, das bei Vorliegen der Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes bestandsgeschützt ist. Sie erhalten so bei typisierender Betrachtung aus der ex ante-Perspektive die Chance, bis zum Eintritt in den Ruhestand bzw. bis zum Erreichen der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Altersgrenze erwerbstätig zu bleiben. Dass in Einzelfällen Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen vor Erreichen der Altersgrenze ausscheiden oder später aus betriebsbedingten Gründen doch ihren Arbeitsplatz verlieren, muss dabei außer Betracht bleiben. Auch die subjektive Einschätzung einzelner älterer Arbeitnehmer, es sei für sie wirtschaftlich attraktiver, unter Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden als im Arbeitsverhältnis zu verbleiben - etwa in der Hoffnung oder Erwartung, sich neue Einkommensquellen zu erschließen -, kann nach dem Regelungszweck des AGG, der mit dem der Richtlinie 2000/78/EG in Einklang steht, eine Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht begründen(vgl. bereits Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 31, NZA 2010, 273). Das Verbot der Altersdiskriminierung zwingt deshalb Arbeitgeber im Rahmen eines von ihnen geplanten Personalabbaus im Regelfall nicht dazu, auf Verlangen älterer Arbeitnehmer mit diesen einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zu schließen.

34

II. Jedenfalls war die Herausnahme älterer Arbeitnehmer aus der von der Beklagten im Jahr 2006 vorgenommenen Personalabbaumaßnahme gerechtfertigt iSd. § 10 AGG.

35

1. § 10 AGG hat Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG unionsrechtskonform umgesetzt. Der Gesetzgeber hat die möglichen Rechtfertigungsgründe zunächst in § 10 Satz 1 und 2 AGG in Form einer Generalklausel umschrieben, die mit der des Art. 6 Abs. 1 nahezu wortgleich ist. In § 10 Satz 3 AGG sind dann sechs nicht abschließende Anwendungsfälle von denkbaren Rechtfertigungen aufgeführt(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 40, EzA AGG § 15 Nr. 1). Zur weitergehenden Festlegung von rechtfertigenden Zielen war der nationale Gesetzgeber nicht verpflichtet. Die Mitgliedstaaten sind durch Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG nicht gezwungen, einen abschließenden Katalog rechtfertigender Ausnahmen aufzustellen. Die darin genannten Ziele sind nicht abschließend, sondern haben nur Hinweischarakter (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 43, 52, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9; BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 49, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 12; 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 36, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31).

36

Auch die Generalklausel in § 10 Satz 1 und 2 AGG ist unionsrechtskonform. Der Gesetzgeber kann über eine solche Regelung Tarif-, Betriebsparteien oder auch einzelnen Arbeitgebern Ermessens- und Gestaltungsbefugnisse bei der Festlegung von Zielen, die als rechtmäßig iSv. Art. 6 der Richtlinie angesehen werden können, einräumen und damit den Arbeitgebern bei der Verfolgung der in der Umsetzungsnorm genannten rechtmäßigen Ziele eine gewisse Flexibilität gewähren(vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9; Schlussantrag des Generalanwalts Mazák vom 23. September 2008 - C-388/07 - Rn. 83; Sprenger EuZA 2009, 355, 358; vgl. für Tarifvertrags- und Betriebsparteien BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 50, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 12; 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 38, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Dies hat der nationale Gesetzgeber getan, der in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auch einzel- und kollektivvertragliche Regelungen einer Rechtfertigung über die Generalklausel zugänglich machen will (BT-Drucks. 16/1780 S. 36).

37

2. Die von der Beklagten vorgenommene Maßnahme unterfällt keinem der Regelbeispiele in § 10 Satz 3 Nr. 1 bis 6 AGG. Das in Nr. 6 dieser Norm aufgeführte Regelbeispiel ist nicht analog auf einzelvertragliche Abfindungsregelungen anzuwenden (aA Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 59; für eine Ausdehnung nur auf freiwillige Sozialpläne und bei Sozialplänen nach dem Personal- oder Mitarbeitervertretungsrecht Wendeling-Schröder/Stein AGG § 10 Rn. 61; der Senat hat in seiner Entscheidung vom 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - Rn. 30 die für Sozialpläne geltenden Grundsätze des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auch auf eine von einer paritätisch besetzen Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission beschlossene kirchliche Arbeitsvertragsregelung angewandt). Nach dem eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Wortlaut dieser Vorschrift sind davon nur kollektivrechtlich vereinbarte Leistungen erfasst. Es fehlt zudem bereits an der für eine analoge Anwendung des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erforderlichen Regelungslücke. Einzelvertragliche Abfindungsregelungen unterfallen der Generalklausel in § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 AGG.

38

3. Die Maßnahme der Beklagten ist nach § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt.

39

a) Kommt die Generalklausel des § 10 Satz 1 und 2 AGG zur Anwendung, müssen die nationalen Gerichte feststellen, ob generell-abstrakte Regelungen, die an das Alter anknüpfen und zu einer Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG führen, durch rechtmäßige Ziele im Sinne dieser Generalklausel gerechtfertigt sind. Sie haben sicherzustellen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters nicht ausgehöhlt wird. Deshalb genügen allgemeine Behauptungen, dass eine bestimmte Maßnahme geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen, nicht zur Darlegung eines legitimen Ziels iSd. § 10 AGG. Vielmehr müssen zumindest aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter ihr stehenden Ziels ermöglichen, um die Rechtmäßigkeit, die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können als rechtmäßig nur Ziele angesehen werden, die als sozialpolitische Ziele im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 45 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 36 ff., AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Inwieweit danach auch betriebs- und unternehmensbezogene Interessen Berücksichtigung finden können (bejahend BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 53 mwN zum Streitstand in Rn. 45 ff., EzA AGG § 15 Nr. 1), kann dahinstehen, weil die Beklagte solche nicht anführt.

40

b) Danach war hier der Ausschluss der Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, aus der Personalabbaumaßnahme gerechtfertigt. Die Beklagte hat diese älteren Arbeitnehmer aus der Personalabbaumaßnahme ausgenommen und hat ihnen mit der bei ihr geltenden Altersteilzeitregelung einen gleitenden Übergang in die Altersrente ermöglicht (vgl. § 1 Abs. 1 AltTZG). Sie hat damit dem Personenkreis, dem der Kläger angehört, die weitere Teilnahme am Erwerbsleben ermöglicht. Dies ist ein legitimes beschäftigungspolitisches Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG, das sich mit dem dargelegten Regelungsziel der Richtlinie 2000/78/EG und des diese umsetzenden AGG deckt und deshalb die Herausnahme älterer Arbeitnehmer aus dem Personenkreis, mit dem die Beklagte den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Zahlung von Abfindungen auf freiwilliger Basis zum Zwecke des Personalabbaus in Betracht gezogen hat, sachlich rechtfertigt(zum Verständnis der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 10 Satz 1 AGG BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 55, EzA AGG § 15 Nr. 1). Zur Erreichung dieses Ziels einer weiteren Integration älterer Arbeitnehmer in das Erwerbsleben war der Ausschluss älterer Arbeitnehmer aus dem Personalabbau auch ein verhältnismäßiges Mittel iSd. § 10 Satz 2 AGG.

41

III. Würde dem Arbeitgeber wegen des Verbots der Altersdiskriminierung generell untersagt, ältere Arbeitnehmer aufgrund der typisierenden und pauschalierenden Annahme, dass diesem Personenkreis der Verbleib im Erwerbsleben ermöglicht werden solle, generell von einem Personalabbau durch freiwilliges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auszunehmen, würde dies auch zu unüberbrückbaren Wertungswidersprüchen und Brüchen in der Systematik des nationalen Vertragsrechts führen. Dass die Arbeitsvertragsparteien in Wahrnehmung ihrer auch verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie die freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung vereinbaren können, steht außer Zweifel. Letzten Endes geht es darum, den von beiden Seiten für angemessen gehaltenen Preis für ein „Abkaufen“ des Bestandsschutzes zu ermitteln. Folgte man jedoch der Rechtsauffassung des Klägers, wäre dem Arbeitgeber die Ablehnung des Angebots des kontrahierungswilligen Arbeitnehmers verwehrt. Ein derartiger Kontrahierungszwang würde im Ergebnis jeden Personalabbau durch freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung unmöglich machen, weil das zur Verfügung stehende Abfindungsvolumen überwiegend von älteren Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden würde, ohne dass der Arbeitgeber das mit dem geplanten Personalabbau verfolgte Ziel einer Kostenersparnis tatsächlich erreicht.

42

IV. Die zu I. und II. dargestellten Grundsätze zum Verständnis und zur Anwendung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a sowie Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2000/78/EG sind, soweit sie nicht ohnehin offenkundig sind, durch die angeführte jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt, so dass ein erneutes Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 3 EGV nicht erforderlich war(vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - Ls. 4, Slg. 1982, 3415, 3429; 15. September 2005 - C-495/03 - [Intermodal Transports] Rn. 33, Slg. 2005, I-8151).

43

B. Der Kläger hat auch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keinen Anspruch auf Abschluss des begehrten Aufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung von 171.720,00 Euro.

44

I. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, knüpft an eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers an. Er gebietet diesem, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet somit nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Nicht anwendbar ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz jedoch, wenn Leistungen oder Vergünstigungen individuell vereinbart werden. Insoweit genießt die Vertragsfreiheit Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz (st. Rspr., zuletzt Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 29, NZA 2010, 273).

45

II. Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

46

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte den Kläger wie alle anderen Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, aus dem Personenkreis, dem sie angeboten hat, zu den Bedingungen des Rundschreibens Stand Mai 2006 auszuscheiden, von vornherein ausgenommen hat. Dieser Grundsatz findet keine Anwendung, wenn ein Arbeitgeber mit Arbeitnehmern individuelle Vereinbarungen über die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses unter Zahlung von Abfindungen trifft. Dies gilt auch dann, wenn die Abfindungen dem Grunde und der Höhe nach in einer Betriebsvereinbarung oder wie hier in einem von der Beklagten aufgestellten Regelungsplan festgelegt sind. Die Beklagte hat sich ausdrücklich vorbehalten, in jedem Einzelfall darüber zu entscheiden, ob sie Angebote von Arbeitnehmern auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu den im Rundschreiben von Mai 2006 dargestellten Bedingungen annehmen will. In einem solchen Fall fehlt es bereits an einer verteilenden Entscheidung des Arbeitgebers nach einer von ihm selbst aufgestellten Regel (vgl. Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 30, NZA 2010, 273). Auf die vom Kläger angezogene Entscheidung (BAG 18. September 2007 - 9 AZR 788/06 - AP BGB § 307 Nr. 29 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 15) kommt es deshalb nicht an.

47

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung mit den 24 Arbeitnehmern, die wie er vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, und mit denen die Beklagte unstreitig bis zum 31. Dezember 2006 Aufhebungsverträge abgeschlossen hat. Er hat nicht dargelegt, dass die Konditionen der mit diesen Arbeitnehmern vereinbarten Aufhebungsverträge den Bedingungen, wie sie die Beklagte im Rundschreiben vom Mai 2006 festgelegt hat, entsprechen und die Beklagte sich insoweit an die von ihr selbst gesetzte Regelung nicht gehalten, sondern eine neue, wiederum generalisierende Regelung geschaffen hat, mit einer Mehrzahl kontrahierungswilliger Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, einen Aufhebungsvertrag zu den Bedingungen des Rundschreibens von Mai 2006 zu schließen.

48

a) Die Beklagte hat dargelegt, dass sie mit den 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern zu den Bedingungen, wie sie sie auch dem Kläger mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 angeboten hat, kontrahiert hat. Damit hat sie der ihr obliegenden Verpflichtung, die Gründe für eine Differenzierung zwischen beiden Arbeitnehmergruppen offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht (BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20), genügt. Der Kläger hätte nunmehr seine Behauptung, dieser Vortrag der Beklagten sei inhaltlich unzutreffend, näher begründen müssen. Dies ist nicht hinreichend geschehen. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zu Recht abgestellt.

49

aa) Die bloße Aufnahme der 24 Arbeitnehmer in den Flash-Report lässt entgegen der Auffassung des Klägers keinen Rückschluss darauf zu, dass die Aufhebungsverträge auch dieser älteren Arbeitnehmer zu den von ihm begehrten Konditionen geschlossen worden sind. Dieser Report gibt laut seiner S. 1 den „Realisierungsstand der abgeschlossenen Aufhebungsverträge“ wieder. Ausgehend vom Ziel der Abfindungsaktion, zur Kostensenkung Personal abzubauen, ist es folgerichtig, sämtliche Arbeitnehmer, die anlässlich dieser Aktion bis zu dem gewünschten Zeitpunkt aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, im Report aufzuführen, auch soweit Aufhebungsverträge zu anderen Konditionen als denen des Rundschreibens von Mai 2006 geschlossen worden sind.

50

bb) Auch die auf S. 5 des Flash-Reports erfolgte „Aufteilung abgeschlossener Aufhebungsverträge“ spricht entgegen der Auffassung des Klägers nicht für seine Behauptung, sondern im Gegenteil gegen diese. Der Flash-Report wertet dort unter Aufschlüsselung nach Entgeltstufen und Dauer der Betriebszugehörigkeit aus, wie hoch der Anteil angeschriebener Arbeitnehmer ist, die tatsächlich einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben. Dem Kläger ist zuzugeben, dass die vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer unstreitig nicht von der Beklagten angeschrieben worden sind. Gleichwohl sind Basis auch dieser Statistik alle bis zum 31. Dezember 2006 geschlossenen 5.937 Aufhebungsverträge einschließlich der auf S. 11 des Flash-Reportsausgewiesenen 24 Verträge, die mit vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern geschlossen worden sind. Aussagen zu den Konditionen der Aufhebungsverträge lassen sich damit S. 5 des Flash-Reports nicht entnehmen, sondern nur das Bemühen der Beklagten, alle bis zum 31. Dezember 2006 abgeschlossenen Aufhebungsverträge statistisch zu erfassen und zu bewerten.

51

cc) Schließlich ist auch der Vortrag des Klägers, Abfindungen an ältere Arbeitnehmer seien stets netto gezahlt worden, kein schlüssiges Indiz für seine Behauptung, die Konditionen der 24 auf S. 11 des Flash-Reports aufgeführten Aufhebungsverträge entsprächen denen des Rundschreibens. Der Kläger nimmt insoweit ausdrücklich Bezug auf das Schreiben der Beklagten vom 30. Oktober 2006,aus dem sich lediglich ergibt, dass sie im konkreten Fall des Klägers eine Nettoabfindung errechnet hat, weil ihr mangels der erforderlichen Daten die Ermittlung einer Bruttoabfindung nicht möglich war.

52

b) Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast nicht überspannt. Es hat vielmehr zu Recht vom Kläger verlangt, weitere Indizien vorzutragen, aus denen geschlossen werden könne, dass seine Behauptung, die Beklagte habe auch mit 24 älteren Arbeitnehmern zu den Bedingungen des Rundschreibens vom Mai 2006 kontrahiert, richtig sei. Trotz des unstreitigen Umstands, dass der Kläger die Bedingungen der 24 auf S. 11 des Flash-Reports aufgeführten Aufhebungsverträge, die mit vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern geschlossen sind, nicht kennt und keine Einsicht in die Personalunterlagen hat, war die Beklagte nicht zu weitergehendem Vortrag verpflichtet.

53

aa) Allerdings genügt nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast das einfache Bestreiten des Gegners der primär darlegungspflichtigen Partei nicht, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, der Gegner dagegen alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. In diesen Fällen kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH 17. Januar 2008 - III ZR 239/06 - Rn. 16, NJW 2008, 982; BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 38, BAGE 124, 48). Der Gegner der primär darlegungs- und beweispflichtigen Partei muss deren Vortrag also positive Gegenangaben gegenüberstellen (Stein/Jonas/Leipold 22. Aufl. § 138 Rn. 36 f.; umfassend zu den Modifizierungen der Darlegungslast unter dem Gesichtspunkt der sekundären Behauptungslast Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. Vor § 284 Rn. 34 ff.).

54

Diesen Anforderungen hat die Beklagte genügt. Sie hat vorgetragen, dass sie mit den 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern Aufhebungsverträge zu den Bedingungen geschlossen habe, wie sie sie auch dem Kläger angeboten hat . Sie hat diesen Vortrag mit der namentlichen Benennung von drei Arbeitnehmern, die wie der Kläger im Werk H beschäftigt und im Flash-Report erfasst seien, untermauert. Unstreitig sind diese Arbeitnehmer tatsächlich zu anderen Bedingungen als denen des Abfindungsmodells des Jahres 2006 ausgeschieden. Ebenso unstreitig hat die Beklagte jedenfalls dem Kläger lediglich die Konditionen angeboten, zu denen sie nach ihrem Vortrag mit den 24 älteren Arbeitnehmern kontrahiert hat. Sie hat damit den vom Kläger behaupteten Sachverhalt hinreichend substantiiert bestritten.

55

Weitergehende Vortragspflichten trafen die Beklagte aufgrund des Grundsatzes der sekundären Behauptungslast nicht. Insbesondere verlangen diese vom Gegner der beweispflichtigen Partei nicht die Preisgabe von Namen und ladungsfähiger Anschrift von (potentiellen) Zeugen. Dass die Beklagte die 24 Arbeitnehmer nicht namentlich benannt hat, hatte deshalb entgegen der Auffassung des Klägers nicht zur Folge, dass sein Vortrag, diese Arbeitnehmer seien zu den Bedingungen des Rundschreibens von Mai 2006 ausgeschieden, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen war(vgl. BGH 17. Januar 2008 - III ZR 239/06 - Rn. 18 f., NJW 2008, 982).

56

bb) Die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende - allgemeine Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Dass im Zivilprozess die Wahrheitspflicht wesentliche Bedeutung hat, erlaubt nicht den Schluss, die Parteien seien generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindert den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen prozessuales Obsiegen zu verschaffen (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - BAGE 113, 55, 58 f.; BGH 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - NJW 1990, 3151).

57

Ohnehin ist außer einem ausdrücklichen Geständnis der Beklagten kein Vortrag erkennbar, der dem Kläger die weitere Substantiierung seiner Behauptung, die Aufhebungsverträge mit den 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern seien zu denselben Bedingungen wie die der 5.913 bis zum 31. Dezember 2006 ausgeschiedenen jüngeren Arbeitnehmer geschlossen, ermöglichen würde. Trüge die Beklagte die Namen und Konditionen von 21 weiteren vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern vor, mit denen sie 2006 Aufhebungsverträge geschlossen hat, könnte der Kläger ebenso, wie er es bereits bei den drei von der Beklagten namentlich benannten Arbeitnehmern des Werks H getan hat, einwenden, dass deren Aufhebungsverträge nicht im Flash-Report aufgeführt seien. Legte die Beklagte - unter Hintanstellung datenschutzrechtlicher Bedenken - alle 5.937 von ihr bis zum 31. Dezember 2006 geschlossenen Aufhebungsverträge vor, wären davon 24 mit Arbeitnehmern geschlossen, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, und würden diese Verträge andere Konditionen als die im Rundschreiben vom Mai 2006 genannten aufweisen, könnte der Kläger ebenfalls einwenden, dass dies nicht die Verträge der 24 im Flash-Report aufgeführten Arbeitnehmer seien.

58

c)  Das Landesarbeitsgericht hat auch seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO entgegen der Aufklärungsrüge der Revision nicht verletzt. Zum einen hatte es bereits laut Protokoll vom 4. Februar 2008 auf seine Auffassung hingewiesen, der Kläger habe konkret vorzutragen, zu welchen Bedingungen die Arbeitnehmer, die älter als 55 Jahre gewesen seien, aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden seien. Zum anderen war der vom Kläger auf den vermissten Hinweis gehaltene Vortrag, den er in der Revisionsbegründung mitgeteilt hat, nicht entscheidungserheblich. Wie ausgeführt, ändert der Umstand, dass der Kläger die 24 im Flash-Report aufgeführten, vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer nicht kennt und unter der Vielzahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer auch nicht ausfindig machen kann, nichts daran, dass er seiner Darlegungslast nicht genügt hat.

59

C. Der Antrag auf Feststellung einer künftigen Schadenersatzpflicht ist aus den dargelegten Gründen unbegründet.

60

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Schmidt    

        

    B. Stang    

        

        

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Bei Benachteiligungen nach den §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sexuellen Belästigungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz ist das vor dem 18. August 2006 maßgebliche Recht anzuwenden.

(2) Bei Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft sind die §§ 19 bis 21 nicht auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem 18. August 2006 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen von Dauerschuldverhältnissen.

(3) Bei Benachteiligungen wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität sind die §§ 19 bis 21 nicht auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem 1. Dezember 2006 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen von Dauerschuldverhältnissen.

(4) Auf Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist § 19 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn diese vor dem 22. Dezember 2007 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen solcher Schuldverhältnisse.

(5) Bei Versicherungsverhältnissen, die vor dem 21. Dezember 2012 begründet werden, ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts im Falle des § 19 Absatz 1 Nummer 2 bei den Prämien oder Leistungen nur zulässig, wenn dessen Berücksichtigung bei einer auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist. Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft dürfen auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

1.
die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
2.
die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
3.
den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
4.
die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,
5.
den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
6.
die sozialen Vergünstigungen,
7.
die Bildung,
8.
den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

(2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.

(3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(4) Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 - 15 Sa 517/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in zwei in der Revisionsinstanz verbundenen Verfahren darüber, ob der Klägerin für die Vergangenheit und die Zukunft ein Schadensersatzanspruch wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung und zu dessen künftiger Bezifferung Auskunftsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Darüber hinaus verlangt die Klägerin immateriellen Schadensersatz und stellt einen Feststellungsantrag betreffend Schadensersatz für den Zeitraum ab Dezember 2006.

2

Der Beklagte ist ein rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein. Er gliedert sich in zehn Bezirksdirektionen und zwei Generaldirektionen. Eine Generaldirektion befindet sich in B, die andere in M. Beide haben eigenständige Personalverwaltungen, denen jeweils eine Person vorsteht, die - mit Ausnahme der Klägerin - bis zum 9. Dezember 2006 als Personalleiter/in bezeichnet wurden. Übergeordnet war die Personaldirektion mit dem Personaldirektor. Dieser wird seit dem 10. Dezember 2006 als Personalleiter, die Personaldirektion als Personalabteilung bezeichnet.

3

Die 1961 geborene Klägerin hat 1986 eine Ausbildung zur „staatlich geprüften Betriebswirtin“ erfolgreich beendet. Sie war bei früheren Arbeitgebern ua. in der Personalentwicklungsarbeit tätig. Seit Mitte 2007 ist sie als Schwerbehinderte anerkannt.

4

Die Klägerin war am 1. Januar 1993 bei dem Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. Juli 1995 wurde ihr die Stellvertretung für die Personalverwaltung in B mit 340 Mitarbeitern übertragen. Ab Mai 2001 war die Klägerin in Teilzeit für die Beklagte tätig. Mit Wirkung ab 1. Januar 2006 wurde sie zur Abteilungsleiterin der Abteilung Personalverwaltung in der Personaldirektion B ernannt. Auf Basis einer „Zusatzvereinbarung“ zum Anstellungsvertrag wurde sie ab 1. Oktober 2006 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35,79 Stunden beschäftigt. Im Jahre 2007 erhielt sie eine monatliche Bruttovergütung von 4.647,24 Euro. In Zwischenzeugnissen vom 31. Januar 1999 und 16. Februar 2007 wurde der Klägerin bescheinigt, dass sie „stets“ bzw. „jederzeit“ ihre Aufgaben „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt habe.

5

Mitte der 1990-iger Jahre war Personalleiterin der Generaldirektion B Frau G und der Generaldirektion M Frau S. Beide sind Juristinnen. Hierarchisch stellte der Beklagte die Personalleiter den Abteilungsdirektoren gleich. Frau S ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und war 1990 vom Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. April 1994 übernahm Frau G kommissarisch die Leitung der Personaldirektion und Frau S wurde zu ihrer Stellvertreterin berufen. Frau G schied Ende September 1999 bei dem Beklagten aus. Faktisch leitete die Klägerin im Jahre 1999 die Personalverwaltung der Generaldirektion B für fünf Monate bis Dr. Mü von dem Beklagten als Nachfolger für Frau G eingestellt wurde. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Mit Wirkung vom 1. Januar 2001 wurde ihm die Amtsbezeichnung „Personaldirektor“ verliehen. Wegen Mutterschutzes und Erziehungsurlaubs/Elternzeit war die Personalleiterin der Generaldirektion M S vom 14. August 1999 bis 7. Juli 2005 nicht berufstätig. Seither arbeitet sie in Teilzeit. Ihr obliegt im Wesentlichen die juristische Sachbearbeitung der Personaldirektion (ab Dezember 2006: Personalabteilung). Aufgaben der Personalleitung nimmt sie seither nicht mehr wahr. Wegen ihres absehbaren Ausfalles suchte der Beklagte mit Anzeige von Anfang August 1999 befristet für ca. zwei Jahre eine/n Personalleiter/in für M. In der Anzeige wurde ein Schwerpunkt „konzeptionelle Personalarbeit“ ebenso wenig erwähnt, wie das Erfordernis eines Hochschulabschlusses. Nachdem an einer befristeten Einstellung kein Bewerber Interesse gezeigt hatte, wurde zum 1. Januar 2000 Herr R als Personalleiter der Generaldirektion M unbefristet mit einer 40-Stunden-Woche eingestellt. Der 1960 geborene und an einer Hochschule ausgebildete Diplom-Ökonom mit dem Ausbildungsschwerpunkt Personalwesen, Unternehmensführung und Organisation war bei dem Beklagten von Anfang an der Ebene der Abteilungsdirektoren, dh. mindestens einer Ebene über der Klägerin, zugeordnet. Zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Juli 2008 verdiente Herr R 28.214,66 Euro mehr als die Klägerin. Darin enthalten ist eine variable Vergütung für 2007 in Höhe von 8.291,00 Euro. Bei dieser Differenzberechnung ist die Teilzeittätigkeit der Klägerin entsprechend berücksichtigt.

6

Zum 1. Juli 2001 wurde der Personalleiter der Generaldirektion B und Personaldirektor Dr. Mü mit gleichbleibendem Aufgabenbereich nach M versetzt. Nachdem er zunehmend Justitiariatsaufgaben erfüllte, übernahm die Klägerin spätestens ab Sommer 2003 - nach ihrem Vorbringen ab 2002 - die Aufgaben der Personalverwaltung B. Entsprechend wurde sie in den Jahrbüchern des Beklagten als zuständig für die Personalverwaltung B bezeichnet und zwar ab 2002 als Personalreferentin und ab 2006 als Abteilungsleiterin.

7

Zu ihren Aufgaben im Bereich der Personalentwicklung gehörte ua. im Jahre 1994 die Erstellung eines Anforderungsprofils zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems. 1993/1994 und 1999 entwickelte sie ein Konzept zur Erstellung von Stellen- und Tätigkeitsbeschreibungen. Für den Standort B führte sie konzeptionell und organisatorisch Mitarbeiterbeurteilungsgespräche durch. Nach der Übertragung der Traineeausbildung in den Jahren 1999/2000 auf den Personalbereich entwickelte die Klägerin hierzu ein Konzept. Auch führte sie Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen zur DIDAS-Datenbank durch.

8

Zu den Aufgaben, welche die Klägerin und Herr R jedenfalls bis zum 9. Dezember 2006 beide wahrgenommen hatten, gehörte die Leitung der Personalverwaltung der jeweiligen Generaldirektion. Dazu zählte ua. die Personalbetreuung mit dem Führen von Bewerbungsgesprächen, Abfassen von Abmahnungen, Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen, die Kontroll- und Verantwortungsfunktion für die unterstellten Mitarbeiter sowie Tätigkeiten der eigenen allgemeinen Personalentwicklungsarbeit. Beide waren im selben Umfange zeichnungsberechtigt.

9

Anfang 2006 teilte Dr. Mü der Klägerin mit, dass er wohl die Leitung der neu zu gründenden Rechtsabteilung übernehmen werde. Als sein Nachfolger für die Personaldirektion komme aus seiner Sicht Herr R oder ein Externer in Betracht.

10

Im Dezember 2006 hatte die Personalstruktur beim Beklagten folgende Gestalt:

        

        

Männer

Frauen

Gesamt

        

Vorstand

3       

0       

3       

        

Direktoren

15    

0       

15    

        

Bezirksdirektoren

9       

0       

9       

        

Abteilungsdirektoren

8       

4       

12    

        

Stellv. Bezirksdirektoren

3       

1       

4       

        

Abteilungsleiter

12    

19    

31    

        

Fachreferenten

2       

3       

5       

        

Fachjuristen

6       

1       

7       

        

sonstige AT-Mitarbeiter

34    

24    

58    

        

gesamter AT-Bereich

92    

52    

144     

        

Gesamtbelegschaft

348     

780     

1128   

        

Gesamtbelegschaft in %

31 %   

69 %   

        
11

Zu dieser Zeit waren in den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im außertariflichen Bereich 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte waren Frauen. Der Aufsichtsrat des Beklagten bestand aus 19 Männern und zwei Frauen.

12

Am 9. Dezember 2006 erfuhr die Klägerin von Dr. Mü, dass Herr R sein Nachfolger werden solle. Mit E-Mail vom 10. Dezember 2006 bat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ua. um schriftliche Präzisierung der geplanten Maßnahme und um Mitteilung, wie sich künftig die Stellung der Klägerin in der Betriebshierarchie und ihre Befugnisse darstellen sollten. Mit Aushang vom 10. Dezember 2006 informierte der Beklagte darüber, dass Herr Personalleiter R „mit sofortiger Wirkung zusätzlich zur Personalleitung der GD M die Personalleitung für die GD B und die Bezirksdirektionen“ übernehme.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2006 wies die Klägerin gegenüber dem Vorstandsmitglied Dr. H ua. darauf hin, dass ihr nicht klar sei, wie sich ihre Stellung in der Betriebshierarchie darstelle und mit welchen Verantwortlichkeiten sie ausgestattet bleibe und werde. Darüber hinaus sehe sie eine frauenspezifische Benachteiligung bei der Beförderungsentscheidung. Auch kämen auf der wirklichen Führungsebene Frauen nicht an, obwohl das Unternehmen weiblich dominiert sei.

14

Anlässlich eines Gespräches am 20. Dezember 2006 in B zwischen Herrn R, der Klägerin und den drei weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen der Personalverwaltung erläuterte Herr R, dass es künftig die Begriffe Personaldirektion und Personalverwaltung nicht mehr geben werde. Stattdessen existiere nur noch eine Personalabteilung, die aus der „Personalabteilung M“, die er leite, sowie aus der „Personalabteilung B“, welche die Klägerin leite, bestehe. Die Klägerin bat darum, ihr diese unveränderte hierarchische Einordnung schriftlich zu bestätigen, was Herr R zusagte.

15

Am Nachmittag dieses Tages äußerte Herr R in einem weiteren Gespräch mit der Klägerin, sie solle sich überlegen, wie sie ihre berufliche Zukunft sehe. Über dieses Gespräch hat die Klägerin einen Aktenvermerk gefertigt.

16

Das Mitglied des Vorstandes der Beklagten Dr. H teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. Januar 2007 ua. Folgendes mit:

        

„Der Vorstand hat entschieden, die Personaldirektion in ‚Personalabteilung‘ umzubenennen. ‚Personalabteilung‘ ist ein feststehender Begriff und für die Funktion in zahlreichen Unternehmen gebräuchlich.

        

Die fachliche und disziplinarische Leitung der Personalabteilung übernimmt der Personalleiter, Herr R.

        

Weiterhin hat der Vorstand entschieden, den Begriff ‚Personalverwaltung‘ abzuschaffen. Im Ergebnis gibt es innerhalb der GE eine Personalabteilung, welche zukünftig als Einheit GE-weit als Dienstleister tätig ist. Sie selbst sind innerhalb der Personalabteilung weiterhin als Abteilungsleiterin tätig. In dieser Funktion unterstehen Sie fachlich und disziplinarisch dem Personalleiter.

        

Die Besetzung der Position des Personalleiters durch Herrn R wurde ausschließlich aus fachlichen Erwägungen heraus getroffen. Gründe für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts sind nicht gegeben. ...

        

Ich fordere Sie daher auf, Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen und im Rahmen Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Weisungen Ihres Vorgesetzten, Herrn Personalleiter R, nachzukommen. Dies bedeutet insbesondere, die durch den Vorstand beschlossene neue Organisationsstruktur des Personalbereichs im Rahmen der mittelfristigen Unternehmensplanung aktiv unternehmensintern und -extern mit umzusetzen.“

17

Diesem Schreiben heftete ein Klebezettel von Herrn R an, wonach er den Inhalt mit Dr. Mü abgesprochen habe und keine arbeitsrechtlichen Bedenken bestünden.

18

Mit Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 6. Februar 2007 lies die Klägerin darauf hinweisen, dass sie als Frau diskriminiert worden sei. So erhalte sie insbesondere ein deutlich geringeres Gehalt als Herr R und sei bei dessen Beförderung diskriminierend übergangen worden. Auch seien ihre Kompetenzen und Befugnisse beschränkt worden. Gleichzeitig machte sie Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens geltend, den sie auch bezifferte. Hierauf antwortete die Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2007 ua., dass sich durch die Umbenennung der Personaldirektion in „Personalabteilung“ an der Position der Klägerin zunächst nichts verändere. Sie sei beauftragt mitzuteilen, dass derzeit unternehmensintern geprüft werde, ob aufgrund der vollzogenen Änderungen weitere Maßnahmen, insbesondere auch auf der Leitungsebene in M und B erforderlich seien. Die im Schreiben des Vorstandes vom 3. Januar 2007 enthaltene Anmahnung zur Einhaltung der vertraglichen Pflichten sei kein Vorwurf der Schlecht- bzw. Minderleistung. Es habe nur bedeutet, dass die Klägerin verpflichtet sei, innerhalb der bestehenden Hierarchie und Organisationsstrukturen ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und den Weisungen ihres direkten Vorgesetzten, Herrn R, nachzukommen.

19

Am 11. April 2007 traf sich in M eine Projektgruppe „Gehaltsbänder“, deren Lenkungsgremium die Klägerin angehörte. Die Einladungen der Teilnehmer waren mittels zweier E-Mails durch Frau Ha erfolgt. In den Adresszeilen waren ua. die Namen der Klägerin und des Herrn R aufgeführt. Auf die Äußerung der Klägerin: „Guten Morgen, Herr R“ erwiderte dieser den Gruß nicht, sondern entgegnete: „Was wollen Sie denn hier? Wer hat Sie denn eingeladen? Ich hätte Sie nicht eingeladen.“ Bei einem Treffen am nächsten Tag in B erläuterte Herr R seine Äußerungen dahingehend, dass die Klägerin an solchen Veranstaltungen künftig per Videokonferenz teilnehmen solle. Dies diene der Kostenersparnis und ihrem effizienteren Einsatz. Als die Klägerin entgegnete, dass sie eine weitere Teilnehmerin aus dem B Haus über die Möglichkeit der Videokonferenz unterrichten wolle, antwortete Herr R, dass dies etwas ganz anderes sei.

20

Nach Einreichung der Klage mit Schriftsatz vom 4. Mai 2007 (Klageeingang am selben Tage) fand am 22. August 2007 in M ein außergerichtliches Vergleichsgespräch statt. In dessen Verlauf äußerte Dr. Mü, die Klägerin solle sich genau überlegen, ob sie einen längeren Rechtsstreit durchstehen könne, weil solche Prozesse für Arbeitnehmer generell sehr belastend seien. Auch solle sie prüfen, ob sie das körperlich und seelisch aushalte. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte hierzu, ein längerer Prozess könne auch für die vom Beklagten benannten Zeugen unangenehm sein. Während dieses Wortwechsels erklärte Dr. Mü auch, seine Ausführungen erfolgten „off records“.

21

Mit Aushang vom 7. Januar 2008 machte der Beklagte bekannt, dass Herr R „Personalleiter der GD B, GD M und der Bezirksdirektionen“ mit Wirkung ab 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal ernannt“ wurde.

22

Bis zur Schließung der Bezirksdirektion Ha am 30. September 1997 war Frau W dort als Bezirksdirektorin beschäftigt. Sodann wurde ihr die Position einer Sachgebietsleiterin (organisatorisch unter dem Bezirksdirektor eingestuft) in der Bezirksdirektion N angeboten, welche sie auch annahm. Drei Monate später wurde dort die Position der Leitung der Bezirksdirektion an Herrn Ba, Direktor der Direktion Außendienst in der Generaldirektion M, ohne Ausschreibung neu vergeben.

23

Mit Anzeige vom 9. April 2005 suchte der Beklagte für den Standort D eine/n Bezirksdirektor/in. Bewerber/Bewerberinnen sollten über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verfügen. Die Bewerbung der Frau Gr, der dortigen stellvertretenden Bezirksdirektorin, fand keine Berücksichtigung, obwohl sie über das gewünschte Studium verfügte. Nachdem zum Bewerbungsgespräch nur männliche Bewerber eingeladen worden waren, wurde ein Bewerber eingestellt, der über kein Hochschulstudium verfügt, sondern staatlich geprüfter Betriebswirt ist.

24

Anlässlich einer Abteilungsvideokonferenz im April 2008 zwischen den Standorten B und M sprach Herr R auf einen Beitrag der Klägerin diese als „Frau C“ an. Nachdem die Klägerin klargestellt hatte, dass sie sich gemeldet hatte, antwortete dieser: „Na dann wird uns Frau K in einem halben Jahr mal über den Stand unterrichten“.

25

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie wegen ihres Geschlechts bei der Besetzung der Leitungsstelle der bundesweit tätigen Personaldirektion (später: Personalabteilung) des Beklagten im Dezember 2006 übergangen worden sei und dass sie vom Beklagten nach Wahrnehmung ihrer Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wiederum diskriminiert, insbesondere eingeschüchtert worden sei und ihr seitens des Beklagten Kompetenzen entzogen würden. Sie meint, Indiz für ihre Diskriminierung sei ua., dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht käme, Herr Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet habe: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr. Der will halt keine Frauen“. Ein weiteres Indiz ergebe sich aus dem zahlenmäßigen Vergleich der Zusammensetzung von Gesamtbelegschaft nach Geschlechtszugehörigkeit einerseits und der der Direktorenstellen andererseits. Unter Verwendung der konkreten Beschäftigungszahlen beim Beklagten und unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze für Wahrscheinlichkeitsrechnungen liege die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung einer Frau bei der Beförderung auf eine der Direktorenstellen zwischen 98,7 und 100 %. Die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung bei dem Beklagten ergebe sich auch aus den von ihr eingereichten Privatgutachten des Diplom-Mathematikers Sch vom 10. Mai 2008 und vom 26. Juli 2008. Weiteres Indiz sei die Nichtberücksichtigung von Frau S bei der Beförderung.

26

Auch sei sie durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 betriebsöffentlich erniedrigt worden. Für ihre Benachteiligung durch den Beklagten sei auch ihre Teilzeittätigkeit und damit mittelbar ihr Geschlecht verantwortlich gewesen. Für ihre Diskriminierung sprächen ferner Vorgänge, an denen sie als Leiterin der Personalverwaltung B - im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten - nicht beteiligt worden sei. Als Reaktion auf die Geltendmachung ihrer Rechte versuche der Beklagte, ihr Kompetenzen zu entziehen. Auch habe Herr R bei dem Gespräch am Nachmittag des 20. Dezember 2006 keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihr gerade wegen ihrer Berufung auf das AGG als nicht mehr möglich ansehe. Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 habe der Beklagte den falschen Eindruck erweckt, sie habe in der Vergangenheit ihre Pflichten nicht erfüllt.

27

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 Euro brutto zu zahlen,

        

3.    

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrages zu 1. und 2., den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft über die Vergütung des Herrn R (Gehalt bis 9. Dezember 2006) gleich dem Herrn R zu zahlen,

        

4.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Entschädigung nach dem Ermessen des Gerichts zu zahlen, mindestens jedoch 60.000,00 Euro,

        

5.    

soweit nicht durch die Anträge zu 2., 3. und 4. bereits ausgeglichen, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr im Zeitraum zwischen Dezember 2006 und Juli 2008 durch das Verhalten des Beklagten entstanden sind oder künftig entstehen werden aufgrund der Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 141 EGV, § 1 AGG) durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten sowie durch die sonstigen Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen, aufgrund der Verletzung der Gesundheit und aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts,

        

6.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr über die Höhe des Herrn R gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr jeweils bis Ablauf des ersten Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31. März 2009, Auskunft zu erteilen.

28

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

29

Er behauptet, Herr R sei Anfang 2000 beim Beklagten eingestellt worden, um die konzeptionelle Personalarbeit voranzutreiben. Er habe sich schon bei seinen früheren Arbeitgebern im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit einen Namen gemacht. Dies ergebe sich auch aus seinen Zeugnissen. Herr R habe ab dem Jahre 2000 für den Beklagten schwerpunktmäßig konzeptionelle Personalarbeit erbracht und ein Personalentwicklungskonzept erarbeitet, welches dem Vorstand mit Schreiben vom 1. September 2000 zugeleitet worden sei, der die Umsetzung befürwortet habe. Die Klägerin habe demgegenüber keine Erfahrungen in der Erarbeitung von strategischen, konzeptionellen Personalprojekten. Die Vorkenntnisse und Erfahrungen des Herrn R seien nicht nur für die ursprüngliche Einstellung, sondern auch für die Beförderung im Dezember 2006 maßgeblich gewesen. Schon von der Ausbildung, der sonstigen Vorbildung und den Kenntnissen her seien er und die Klägerin nicht vergleichbar. Daher sei die Klägerin als Bewerberin bei der Beförderung im Dezember 2006 schon objektiv nicht geeignet gewesen. Zwar habe ein konkretes Anforderungsprofil nicht schriftlich vorgelegen, doch habe bei den Entscheidungsträgern Einverständnis darüber bestanden, dass der neue Personalleiter Berufserfahrung in der strategischen, konzeptionellen Personalarbeit und ein einschlägiges Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen oder ein juristisches Studium aufweisen müsse.

30

Ziel des Aushanges vom 10. Dezember 2006 sei es gewesen, die Umbenennung der Personaldirektion in Personalabteilung und die Übernahme der ehemals von Dr. Mü ausgeführten Arbeiten durch Herrn R mitzuteilen. Die Position der Klägerin als Leiterin der Personalverwaltung B sei hierdurch nicht berührt worden, insbesondere seien ihr keine Kompetenzen entzogen worden. Der Aushang sei insofern allenfalls missverständlich, jedenfalls nicht diskriminierend.

31

Soweit mit dem Schreiben der damaligen Beklagtenvertreterin vom 8. Februar 2007 weitere Maßnahmen angedeutet worden seien, sei dies Ausdruck der unternehmerischen Freiheit. Im Übrigen sei dieses Schreiben dem Beklagten im Sinne des Diskriminierungsrechts nicht zuzurechnen, da die Rechtsanwältin als Dritte gehandelt habe.

32

Die Teilnahme der Klägerin am 11. April 2007 am Treffen der Projektgruppe „Gehaltsbänder“ sei nicht notwendig gewesen. Dies zeige sich schon an ihren geringen Wortmeldungen. Es sei auch darum gegangen, die Notwendigkeit von Dienstreisen genau zu prüfen. Die Nachfrage von Herrn R beruhe darauf, dass er über die Einladung der Klägerin nicht informiert gewesen sei.

33

Bei der Nichtberücksichtigung von Frau Gr bei Bewerbungsverfahren für den Standort D im Jahre 2005 habe der ausgewählte Kandidat in dieser größten Bezirksdirektion Impulse für andere Bezirke geben sollen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse seien intern nicht vorhanden gewesen. Insbesondere habe Frau Gr über keine Erfahrung im externen Bereich verfügt. Das von der Klägerin vorgelegte Zahlenmaterial zum Verhältnis weibliche/männliche Mitarbeiter beim Beklagten allein sei nicht geeignet, den Nachweis einer Diskriminierung zu erbringen. Vorliegend sei schon nicht ersichtlich, wie viele Männer und/oder Frauen sich jeweils zu früheren Zeiten beworben hätten.

34

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zunächst hat das Landesarbeitsgericht mit Teilurteil vom 30. Juli 2008 die Berufung der Klägerin insoweit zurückgewiesen als sie sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung der Differenz zur Vergütung des Herrn R für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 9. Dezember 2006 gerichtet hatte. Einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung der Gehaltsdifferenz unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots hat das Landesarbeitsgericht verneint, weil die Klägerin keine der Tätigkeit des Mitarbeiters R gleichwertige Arbeit geleistet habe. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht gesehen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten durch Schlussurteil zur Zahlung der Differenz zwischen der Vergütung der Klägerin und der des Herrn R vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 in Höhe von insgesamt 28.214,66 Euro brutto und zeitlich unbegrenzt für die Zukunft zur Zahlung von monatlich 1.467,86 Euro brutto verurteilt. Darüber hinaus hat es den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro und zur künftigen Auskunftserteilung über die Höhe des Herrn R jeweils für das vergangene Jahr gezahlten variablen Entgelts verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der teilweise vom Landesarbeitsgericht und teilweise vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Klageabweisung in vollem Umfange. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision und Hilfsanschlussrevision im Wesentlichen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter und beantragt im Übrigen die Zurückweisung der Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen und die Anschlussrevision sind begründet.

36

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei der Klägerin nach § 15 Abs. 1 AGG zum Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 verpflichtet, weil er sie bei der Besetzung einer Beförderungsstelle im Dezember 2006 wegen ihres Geschlechts benachteiligt habe. Die Klägerin habe mit der vorgelegten Statistik über das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Belegschaft des Beklagten einerseits und dem Frauenanteil in oberen Führungspositionen andererseits Indizien dargelegt, welche ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten ließen. Als ausreichendes Indiz iSd. § 22 AGG für die Geschlechterdiskriminierung bei der Beförderung genüge, dass beim Beklagten alle 27 Führungspositionen mit Männern besetzt seien, obwohl Frauen 2/3 der Belegschaft stellten. Dies könne nicht darauf beruhen, dass Familie und Beruf schwer vereinbar seien, weil dies sich nur darauf auswirke, ob eine Frau sich überhaupt für die Berufstätigkeit entscheide, nicht jedoch darauf, welche Hierarchiestufe sie erreiche. Aus signifikanten Zuständen der Vergangenheit, dass nämlich auch Frau G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und dass es seit 1976 keine weitere Direktorin, Bezirksdirektorin oder Vorstandsfrau beim Beklagten gebe, könne auf die Gegenwart geschlossen werden. Demgegenüber sei dem Beklagten nicht der Nachweis gelungen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen habe. Insbesondere sei sein Vortrag, es sei bei den wesentlichen Entscheidungsträgern klar gewesen, dass Voraussetzung für die streitgegenständliche Beförderung ein einschlägiges juristisches oder ein Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen sowie Kenntnisse und Erfahrungen in der Personalentwicklungsarbeit sei, unsubstantiiert. Da der Beklagte seine Auswahlkriterien vorab nicht nach außen dokumentiert habe, könne er sich auch nicht mehr auf diese berufen. Dies gelte auch, soweit er damit die mangelnde objektive Eignung der Klägerin begründen wolle. Von der mangelnden Eignung der Klägerin könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil diese wie Herr R bereits zuvor die Personalverwaltung einer Generaldirektion geleitet habe. Bei diskriminierungsfreier Auswahl wäre die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin gewesen. Die Höhe des materiellen Schadensersatzes entspreche der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Vergütung und der Vergütung, die auf der höherwertigen Stelle gezahlt werde. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe und für ein Mitverschulden der Klägerin lägen nicht vor.

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Die Klage auf Zahlung der künftigen Gehaltsdifferenzen iHv. monatlich 1.467,86 Euro brutto sei zulässig und begründet, weil die Besorgnis bestehe, dass der Beklagte die Zahlung nicht freiwillig erbringen werde. Dieser Anspruch sei zeitlich unbegrenzt, weil die Rechtsgedanken der § 628 BGB, §§ 9, 10 KSchG hier nicht einschlägig seien. Aus denselben Erwägungen sei auch die Klage auf Auskunft über die Höhe des an Herrn R gezahlten variablen Entgelts begründet.

38

Ferner sei der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 20.000,00 Euro wegen einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts, Art. 1, 2 GG iVm. § 823 BGB, zu zahlen. Sie sei bei der Beförderung wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden, weshalb eine Entschädigung iHv. 4.000,00 Euro gerechtfertigt und angemessen sei. Schließlich werde die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck des Kompetenzentzuges durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 und eine Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung wehre, herabgewürdigt und bewusst unter Druck gesetzt. Dies zeige die Bemerkung des Herrn R vom 20. Dezember 2006, dass die Klägerin über ihre berufliche Zukunft nachdenken solle, und das Schreiben vom 3. Januar 2007, in dem sie aufgefordert wurde, zukünftig ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und der daran befindliche Klebezettel. Dafür spreche auch das Schreiben vom 8. Februar 2007, in dem Überlegungen zu Änderungen auf der Leitungsebene angekündigt wurden, das Verhalten des Herrn R am 11. April 2007 und bei der Videokonferenz im April 2008 sowie der Einschüchterungsversuch des Herrn Dr. Mü beim außergerichtlichen Vergleichsgespräch am 22. August 2007. Die entsprechenden Verhaltensweisen seien auch dem Beklagten zuzurechnen. Für die zeitlich der unterbliebenen Beförderung nachfolgenden Handlungen sei eine Entschädigung von 16.000,00 Euro gerechtfertigt. Der darüber hinausgehende, von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch stehe ihr nicht zu.

39

Der geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten für die der Klägerin bis Juli 2008 entstandenen materiellen und immateriellen Schäden sei in großen Teilen unzulässig, weil nicht ersichtlich sei, welche weiteren materiellen und immateriellen Ansprüche über die bereits geltend gemachten hinaus in Betracht kommen könnten.

40

B. Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

41

I. Die Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen ist zwar zulässig, aber nicht zur Endentscheidung reif.

42

1. Die Klage ist ausreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus den in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 eingereichten Vergütungstabellen, in deren Kontext der Antrag erstmals beziffert worden ist, ergibt sich, dass er sich auf entgangenen Mehrverdienst für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Juli 2008 bezieht und die dem Mitarbeiter R im Jahre 2007 gezahlte variable Vergütung in Höhe von 8.291,00 Euro enthält. Auch der Übergang von der Stufenklage zur bezifferten Zahlungsklage in der zweiten Instanz war zulässig. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es sich hierbei nicht um eine Klageänderung gehandelt hat (vgl. BGH 21. Februar 1991 - III ZR 169/88 - NJW 1991, 1893).

43

2. Den Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen hat das Landesarbeitsgericht mit einer Begründung bejaht, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält.

44

a) Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist. Gem. § 33 AGG ist auf mögliche Benachteiligungen eines Beschäftigten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, welche seit dem 18. August 2006 stattgefunden haben, das AGG anzuwenden. Die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der streitbefangenen Personalentscheidung erfolgte nicht vor dem 9. Dezember 2006 und damit nach dem 17. August 2006.

45

b) Die Klägerin ist Beschäftigte iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, ohne dass es hierfür darauf ankäme, ob sie für die Position der Leiterin der übergeordneten Personalabteilung objektiv geeignet war. Die objektive Eignung eines Bewerbers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG(Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

46

c) Die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und die dreimonatige des § 61b Abs. 1 ArbGG für die schriftliche und die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs sind durch das Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 2007, dem Beklagten spätestens am 8. Februar 2007 zugegangen, und die am 4. Mai 2007 eingegangene Klage gewahrt. Dabei kann offenbleiben, ob § 61b Abs. 1 ArbGG Schadensersatzansprüche gem. § 15 Abs. 1 AGG überhaupt erfasst. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der Klägerin am 9. Dezember 2006 telefonisch mitgeteilt, dass der Mitarbeiter R definitiv Nachfolger des Personaldirektors Dr. Mü werde. Damit begann die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 ArbGG erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen, § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG.

47

d) Ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass der Anspruchsgegner gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verstoßen hat(vgl. Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1 zum Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG).

48

Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, warum die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der Übertragung der Aufgaben des Dr. Mü auf einen Nachfolger eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts (§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG) darstellt, folgt der Senat nicht.

49

aa) Die Klägerin macht geltend, sie sei deshalb nicht Nachfolgerin des Dr. Mü geworden, weil sie eine Frau sei.

50

Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt dann vor, wenn die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpft(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Anknüpfung verdeckt oder offen erfolgt. Eine verdeckte Diskriminierung ist nicht stets eine mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Benachteiligung können offen oder verdeckt erfolgen, je nachdem, ob direkt an ein verbotenes (unmittelbare Diskriminierung) bzw. nur dem Anschein nach neutrales Merkmal (mittelbare Diskriminierung) offen oder verdeckt angeknüpft wird (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 14; Richardi NZA 2006, 881). Die Frage, ob es sich bei verdeckter Diskriminierung in Form von tatsächlich unmittelbar an das Geschlecht anknüpfenden Beförderungsentscheidungen um eine mittelbare oder eine unmittelbare Diskriminierung handelt, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.

51

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nämlich letztlich nicht darauf an, ob eine verdeckte Benachteiligung eine mittelbare oder eine unmittelbare Benachteiligung darstellt, weil die Beweislastregel des § 22 AGG allgemein für Benachteiligungen iSd. AGG und damit entsprechend der Vorgabe des Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) (im Folgenden: RL 2006/54/EG) sowohl für eine unmittelbare als auch für eine mittelbare Diskriminierung gilt.

52

bb) Zutreffend kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ungünstiger behandelt worden ist als der Mitarbeiter R, dem als Nachfolger von Dr. Mü die Leitung der Personalabteilung übertragen worden ist. In dieser Maßnahme des Beklagten lag eine Beförderung, die nach dem anzulegenden objektiven Maßstab vorteilhaft war. Die Übertragung höherwertiger oder verantwortungsvollerer Tätigkeiten stellt grundsätzlich eine günstige Behandlung in Form des beruflichen Aufstiegs dar. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Streitfalle - einem Arbeitnehmer Funktionen eines Mitarbeiters übertragen werden, der auf einer höheren Hierarchiestufe angesiedelt war. Dr. Mü war als Personaldirektor auf der Ebene der Direktoren angesiedelt. Dementsprechend wurde auch der Mitarbeiter R nach Übertragung der von jenem ausgeübten Tätigkeiten zum 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal“ ernannt.

53

Für die Annahme einer Benachteiligung der Klägerin ist es unmaßgeblich, dass sie sich für die Position des Personalleiters nicht beworben hatte. Eine Benachteiligung iSd. § 3 AGG kann auch vorliegen, wenn eine Bewerbung deshalb unterblieben ist, weil der Arbeitgeber - wie im Streitfalle - seine Auswahl ohne eine Ausschreibung der Stelle oder eine Aufforderung zu Bewerbungen getroffen hat.

54

cc) Ebenfalls zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Klägerin sei in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt worden als der Mitarbeiter R.

55

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass die Klägerin objektiv für die Position der Leiterin der Personalabteilung geeignet war, denn vergleichbar(nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (Bestätigung und Fortführung von: Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt.

56

Das Landesarbeitsgericht hat die objektive Eignung der Klägerin mit einer Hauptbegründung und einer Hilfsbegründung bejaht. Zumindest letztere hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

57

So geht das Landesarbeitsgericht in dieser davon aus, dass von der objektiven Eignung der Klägerin für die Leitung der Personalabteilung vor dem Hintergrund ihrer bisherigen Tätigkeit ausgegangen werden müsse. Ob dieses Merkmal, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, nur dann zu verneinen ist, wenn die Eignung offensichtlich fehlt, braucht ebenso wenig entschieden zu werden wie die Anwendbarkeit der Beweislastregel des § 22 AGG in diesem Zusammenhang. Der Beklagte wäre bereits nach den allgemeinen Grundsätzen des § 138 ZPO gehalten gewesen darzulegen, inwiefern die Klägerin objektiv für die Position der übergeordneten Personalleitung nicht geeignet war. Sie war unstreitig seit 1995 stellvertretende Leiterin der Personalverwaltung der Generaldirektion B mit 340 Mitarbeitern, leitete diese Ende der 1990er-Jahre bereits für fünf Monate faktisch, übernahm jedenfalls ab 2003 die Aufgaben der Leitung offiziell und wurde zum 1. Januar 2006 zur Abteilungsleiterin der Generaldirektion B ernannt. Sie war dabei im gleichen Umfange wie ihr Kollege R zeichnungsberechtigt und nahm klassische Aufgaben der Personalleitung, wie etwa die Durchführung von Bewerbungsgesprächen, das Verfassen von Abmahnungen oder die Fertigung von Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen wahr. Sowohl bei früheren Arbeitgebern als auch bei dem Beklagten führte sie Tätigkeiten durch, welche dem Bereich der Personalentwicklung zuzuordnen waren. Bei dieser Sachlage hätte es dem Beklagten oblegen, im Einzelnen darzutun, inwieweit sich die bisher von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten von denen unterscheiden, die ihr Kollege R bislang erledigt hatte, und welche weiteren fachlichen und/oder persönlichen Anforderungen der Mitarbeiter R im Gegensatz zur Klägerin erfüllte. Der Beklagte hat sich aber nur abstrakt darauf berufen, Voraussetzungen für die Leitung der Personalabteilung seien ein einschlägiges Universitätsstudium und Vorkenntnisse im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit gewesen. Hinsichtlich der anfallenden Tätigkeiten führt er nur aus, der Personalleiter agiere als Bindeglied zum Vorstand und berate diesen rechtlich. Weiter obliege ihm die mittelfristige Unternehmensplanung im Hinblick auf die Personalstrategie sowie die alleinige konzeptionelle Verantwortung. Dies ist im Hinblick auf die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und die Kenntnisse des Stelleninhabers nicht aussagekräftig. Auch erläutert der Beklagte nicht eindeutig, was er unter „moderner“ oder „strategisch konzeptioneller“ Personalarbeit versteht, die nach seinem Vortrag vor der Einstellung des Dr. Mü im Jahre 1999 bei ihm nicht stattgefunden hat.

58

dd) Die Eignung der Klägerin ist auch nicht infolge des Teilurteils des Landesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2008 zu verneinen. Mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Februar 2009 (- 5 AZN 1023/08 -) ist das Teilurteil formell rechtskräftig geworden, weil die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde kein Rechtsmittel darstellt und den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft nicht hemmt (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 735/00 - AP ZPO § 322 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 166). Der ausschlaggebende, die Klageabweisung tragende Grund wird Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und ist nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BGH 24. Juni 1993 - III ZR 43/92 - NJW 1993, 3204). Auch wenn insofern die tatsächlichen Feststellungen nicht an der Rechtskraft der gefällten Entscheidung teilhaben, darf diese nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen. Zu den Rechtskraftwirkungen gehört deshalb die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, welche zu einer Abweichung von einer rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen (BGH 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967). Die Feststellung im Teilurteil, die Positionen, auf welche die Klägerin einerseits und der Mitarbeiter R andererseits ursprünglich eingestellt worden seien, seien nicht auf der gleichen Hierarchiestufe angesiedelt gewesen, sagt jedoch über die objektive Eignung der Klägerin für die im Dezember 2006 besetzte Beförderungsstelle nichts aus. Gleiches gilt für die unterschiedliche Qualität der jeweils absolvierten Ausbildungen, von der das Teilurteil ausgeht, und wegen der es ua. auch die Gleichwertigkeit der bisherigen Tätigkeiten der Klägerin und des Mitarbeiters R verneint hat. Es ist nämlich unklar, welche zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten die Beförderungsstelle erfordert.

59

ee) Die Verfahrensrüge des Beklagten gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Eignung der Klägerin greift nicht durch. Auch soweit er die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO für verletzt hält, weil das Landesarbeitsgericht seinen Vortrag als unsubstantiiert angesehen und keinen Beweis erhoben habe, ohne vorher von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen, ist die Verfahrensrüge ebenfalls unbegründet. Von einer Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat insoweit gem. § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG ab.

60

ff) Erfolg hat jedoch die Rüge des Beklagten gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Benachteiligung der Klägerin sei wegen ihres Geschlechts erfolgt.

61

Eine unzulässige Benachteiligung nach § 7 AGG kann bereits dann vorliegen, wenn einer der in § 1 AGG genannten Gründe, zu denen auch das Geschlecht zählt, Bestandteil eines Motivbündels war, das die streitbefangene Entscheidung beeinflusst hat(st. Rspr., vgl. Senat 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

62

Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann eine solche Mitursächlichkeit nicht angenommen werden.

63

Der Beklagte rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe § 286 ZPO durch die Annahme verletzt, bereits das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis in seiner Belegschaft einerseits und die ausschließlich männliche Besetzung von 27 Positionen auf der Ebene des Vorstandes, der Direktoren und der Bezirksdirektoren andererseits sei ein ausreichendes Indiz dafür, dass das Geschlecht der Klägerin(auch) Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei.

64

Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, ob die Klägerin Tatsachen vorgetragen hat, die ihre Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG vermuten lassen(§ 22 AGG), ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei beachtet worden sind (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

65

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

66

Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6). Die Würdigung, ob der Anspruchssteller der durch § 22 AGG modifizierten Darlegungslast genügt hat, unterliegt damit ebenso der freien Überzeugung des Tatsachengerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO wie dies hinsichtlich der Erbringung des „Vollbeweises“ durch die darlegungs- und beweispflichtige Partei der Fall ist(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

67

Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.

68

Zunächst ist dessen Annahme, dass sich auch aus Statistiken grundsätzlich Indizien für eine Geschlechterdiskriminierung ergeben können, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. So weist bereits die Gesetzesbegründung zu § 22 AGG ausdrücklich darauf hin, dass „auch die Ergebnisse von Statistiken … im Rahmen der richterlichen Würdigung des Sachverhalts einen tatsächlichen Anhaltspunkt“ für eine Benachteiligung „darstellen können“(BT-Drucks. 16/1780 S. 47). Eine Begrenzung auf Fälle mittelbarer Diskriminierung ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen und auch nicht geboten. Ausreichend sind nämlich für die Vermutungswirkung des § 22 AGG solche Indizien, die aus einem regelhaft einem Merkmalsträger gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen(mit) motivierte Entscheidung schließen lassen (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Eine Vermutung für ein derartig regelhaftes Verhalten kann sich aus statistischen Daten aber nur dann ergeben, wenn sie sich konkret auf den betreffenden Arbeitgeber beziehen und im Hinblick auf dessen Verhalten aussagekräftig sind. Gegen die Berücksichtigung von Statistiken im Rahmen des § 22 AGG spricht nicht, dass damit möglicherweise von in der Vergangenheit erfolgten Diskriminierungen auf die Gegenwart geschlossen wird. Ein regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübtes Verhalten kann nämlich gerade nur durch die Betrachtung der Vergangenheit ausgemacht werden. Auch in der Literatur wird ganz überwiegend angenommen, dass aussagekräftige Statistiken im Rahmen des § 22 AGG eine Rolle spielen können(Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 25; Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 30; Rühl/Schmid/Viethen AGG S. 169; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 29; Boemke/Dankow AGG im Arbeitsrecht § 10 Rn. 14; Grobys NZA 2006, 898; Windel RdA 2007, 1; Bauer/Evers NZA 2006, 893; Bayreuther NJW 2009, 806; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 11; Dahm BB 2010, 1792).

69

Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2005 (- 3 AZR 506/04 - BAGE 116, 152 = AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 13 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 19). Dort wird die Heranziehung von Statistiken nicht generell abgelehnt, sondern vorgelegtes Datenmaterial für die Vermutung der behaupteten Diskriminierung als nicht hinreichend aussagekräftig bewertet.

70

Die Klägerin macht als unmittelbares Indiz für ihre Benachteiligung eine „gläserne Decke“ zwischen der Hierarchieebene, auf der sie tätig ist (Abteilungsleiterebene), und derjenigen, auf die sie bei benachteiligungsfreier Auswahl nach ihrer Meinung hätte aufsteigen müssen (Direktorenebene), geltend. Damit behauptet sie, dass Frauen regelhaft nicht in bestimmte Hierarchieebenen des Beklagten aufsteigen können. Darüber, ob eine solche Vermutung begründet ist, kann nur die statistische Betrachtung der Beförderungspolitik des Arbeitgebers Aufschluss geben, soweit sie die fraglichen Hierarchieebenen betrifft.

71

Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze berücksichtigt. Es hat aus der Besetzung der Positionen auf der Ebene oberhalb der Abteilungsdirektoren mit Männern und Frauen im Verhältnis zum Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft darauf geschlossen, dass der unstreitig weit unterdurchschnittliche Frauenanteil in den oberen Führungsebenen des Beklagten auf einer „gläsernen Decke“ beruhe. Daraus hat das Berufungsgericht auf eine regelhafte Benachteiligung von Frauen wegen des Geschlechts in der Vergangenheit geschlossen. Allein das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Gesamtbelegschaft und dem in oberen Führungspositionen lässt allerdings einen Rückschluss auf die Ungleichbehandlung von Frauen beim beruflichen Aufstieg in bestimmte Hierarchieebenen eines Unternehmens nicht zu. Der Schluss auf eine regelhafte Nichtberücksichtigung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen macht zwar nicht erforderlich, dass vom Bewerber im Rahmen der Darlegung von Indizien (§ 22 Halbs. 1 AGG) oder vom Arbeitgeber im Rahmen der Vermutungswiderlegung (§ 22 Halbs. 2 AGG) alle konkreten Bewerbersituationen bei den bisherigen Beförderungsentscheidungen dargelegt werden. Eine Benachteiligung kann nämlich auch gerade in der Gestaltung des dem Bewerbungsverfahren zeitlich vorgelagerten Verfahrens liegen (vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276). Um beurteilen zu können, ob signifikant weniger Frauen als Männer die Hierarchiestufe oberhalb einer angenommenen „gläsernen Decke“ erreichen, bedarf es allerdings der Feststellung, wie viele Frauen überhaupt unterhalb dieser angekommen sind. Darüber gibt der Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft keinen Aufschluss.

72

Es ist nicht frei von Denkfehlern, wenn das Landesarbeitsgericht ergänzend zu dem Gesamtanteil an der Belegschaft darauf abstellt, bei dem Beklagten wäre mit einem Frauenanteil von 44 % auf den Ebenen vom Abteilungsdirektor abwärts bis zu den sonstigen AT-Beschäftigen „ein genügend großes Reservoire zur Beförderung auch von Frauen“ vorhanden gewesen. Hierfür müsste nämlich feststehen, welche Positionen auf den Ebenen „Abteilungsdirektor aufwärts“ im Einzelnen existieren und von welchen Positionen darunter liegender Ebenen tatsächlich eine Beförderung dorthin denkbar war und ist. So wird beispielsweise die Personalleiterin einer Generaldirektion üblicherweise nicht auf die Position einer Marketingdirektorin befördert. Auch ansonsten besteht nicht für jeden Inhaber einer Position einer niedereren Ebene objektiv betrachtet eine Beförderungsmöglichkeit auf eine höhere Ebene.

73

Selbst unter der Prämisse, es existiere aufgrund des Frauenanteils beim Beklagten tatsächlich ein Reservoire für Beförderungen von Frauen auf die Führungsebenen oberhalb der behaupteten „gläsernen Decke“, berücksichtigt das Landesarbeitsgericht in seiner Annahme, es bestehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine „gläserne Decke“, nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände. Als mögliche Gründe für die mangelnde Repräsentation von Frauen oberhalb einer bestimmten Ebene geht das Landesarbeitsgericht nämlich im Ergebnis nur von echtem Zufall oder einer diskriminierenden Haltung des Beklagten aus. So wertet es den Einwand des Beklagten, zahlreiche Direktoren hätten Betriebszugehörigkeiten von mehr als 30 Jahren, lediglich als Eingeständnis, in der Vergangenheit sei möglicherweise „eine Politik der Benachteiligung von Frauen“ vorhanden gewesen. Allein die Tatsache, dass bei einem Arbeitgeber in Führungspositionen zahlreiche Männer mit sehr langen Betriebszugehörigkeiten arbeiten, begründet ohne weitere Anhaltspunkte nicht die Vermutung für eine frühere diskriminierende Haltung des Arbeitgebers gegenüber Frauen.

74

Soweit das Landesarbeitsgericht die gesellschaftlichen Verhältnisse bei seiner Würdigung der Geschlechterverteilung nicht berücksichtigen will, hält auch dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht übersieht dabei, dass ein Arbeitgeber gar nicht in der Lage, geschweige denn verpflichtet ist, gesellschaftliche Gegebenheiten, die der Erwerbstätigkeit und/oder dem beruflichen Aufstieg von Frauen entgegenstehen, durch seine Personalpolitik auszugleichen. Insoweit widerspricht es allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Berufungsgericht annimmt, die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne sich nicht auf den Anteil von Männern und Frauen in höheren Hierarchieebenen auswirken, weil damit allenfalls erklärt werde, dass Frauen sich generell nicht im selben Maße wie Männer für eine Berufstätigkeit entscheiden. Es entspricht vielmehr allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein beruflicher Aufstieg häufig eine nicht unerhebliche Flexibilität voraussetzt (zB Bereitschaft zur Leistung von Überstunden, Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen und Tagungen, Durchführung von Dienstreisen und Versetzungsbereitschaft an andere Standorte), welche sich mit der häufig von Frauen ausschließlich oder überwiegend wahrgenommenen Kindererziehung nicht oder nur schlecht vereinbaren lässt, und die auf niedrigeren Hierarchiestufen nicht in gleichem Maße gefordert wird. Auch wirken sich längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit wegen Arbeitsfreistellungen infolge von Schwangerschaft, Mutterschutz und (bislang überwiegend von Frauen in Anspruch genommener) Elternzeit negativ auf die Chancen zum beruflichen Aufstieg aus, obwohl der Arbeitsplatz als solcher während dieser Zeiten der Arbeitnehmerin grundsätzlich garantiert ist. Dabei müssen solche Aufstiegsvoraussetzungen bzw. „-hindernisse“ durchaus nicht ihrerseits immer verbotene Diskriminierungen von Arbeitnehmerinnen darstellen. Häufig könne diese iSd. § 3 Abs. 2 AGG sachlich gerechtfertigt oder in Einzelfällen sogar nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig sein.

75

Dass nicht die genannten Faktoren, sondern eine regelhaft diskriminierende Beförderungspolitik des Beklagten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Grund für die fehlende Repräsentation von Frauen auf den Führungsebenen der Beklagten ist, ist auch nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angeführten Vergleichszahlen anderer Unternehmen zu folgern. Der Vergleich des Anteils von Frauen auf Führungspositionen bei anderen Unternehmen stellt kein Indiz für das Vorliegen einer „gläsernen Decke“ beim Beklagten dar. Es fehlt insoweit an vergleichbarem und damit aussagekräftigem Tatsachenmaterial. Insbesondere soweit das Berufungsgericht zum Vergleich den hohen Anteil von weiblichen Führungskräften bei privaten Banken, im Gesundheits- und Sozialwesen, in der privaten Dienstleistungsbranche und bei obersten Bundesbehörden anführt, ist festzustellen, dass der Beklagte als Verwertungsgesellschaft urheberrechtlicher Nutzungsrechte an Musikwerken grundsätzlich andere Aufgaben wahrnimmt als die vom Landesarbeitsgericht zum Vergleich herangezogenen Unternehmen und es somit an einer Vergleichbarkeit der Branchen fehlt. In der Regel muss nämlich nach Vergleichszahlen in der jeweils vergleichbaren Branche und Berufsgruppe gefragt werden (Bayreuther NJW 2009, 806). Selbst bei Heranziehung von Vergleichszahlen aus derselben Branche zeigen diese nur, welcher Frauenanteil dort üblich ist. Für die Vermutung, dass im hier zu entscheidenden Einzelfalle eine Frauendiskriminierung vorliegt, reicht dies aber nicht aus. Es fehlt sowohl an der Üblichkeit als auch an irgendwelchen rechtlichen Vorgaben dafür, dass auf allen Hierarchieebenen eines Unternehmens eine annähernd gleiche Verteilung der Geschlechter vorliegen muss. Dazu sind die Tätigkeiten in Führungspositionen und solche in unteren Ebenen (zB Produktion, Verwaltung) zu unterschiedlich. Dies gilt vor allem auch hinsichtlich des Anforderungsprofils, das an die Stelleninhaber zu stellen ist.

76

Da das AGG bei der Überprüfung von Beförderungsentscheidungen auf den Einzelfall abstellt, genügt es im Regelfall auch nicht für ein „Indiz“ iSd. § 22 AGG, wenn lediglich „auffällige Ungleichgewichte“ beim Frauenanteil in verschiedenen Hierarchieebenen eines Unternehmens vom Anspruchssteller anhand von Statistiken bewiesen sind(vgl. auch Wendeling-Schröder FS Pfarr S. 158). Für die Annahme einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen bedarf es über die bloße Statistik hinaus weiterer Anhaltspunkte.

77

Zudem ist unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahlenangaben des Landesarbeitsgerichts beziehen und inwieweit der vom Landesarbeitsgericht verwendete Begriff der „Führungsposition“ mit den streitbefangenen „Führungspositionen“ beim Beklagten vergleichbar ist. Gleiches gilt, soweit das Landesarbeitsgericht ganz allgemein auf den Frauenanteil in „Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten“ oder auf „Großunternehmen (mindestens 20 Mio. € Jahresumsatz und/oder über 200 Beschäftigte)“ abstellt.

78

Die Frage, ob eine „gläserne Decke“ die Vermutung für eine Benachteiligung der Klägerin iSd. § 22 AGG begründen kann, oder unter welchen Voraussetzungen auf das Vorliegen einer solchen zu schließen ist, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Fragen sind zwar entscheidungserheblich, betreffen aber nicht die Auslegung von Gemeinschaftsrecht. Vielmehr stellt die Beweiswürdigung iSd. § 22 AGG durch das nationale Gericht ausschließlich die Anwendung nationalen Rechts dar, die durch das Gemeinschaftsrecht gerade keine Regelung erfahren hat und damit dem nationalen Gericht vorbehalten bleibt. Art. 19 Abs. 1 der RL 2006/54/EG bestimmt, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem System ihrer nationalen Gerichtsbarkeit die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, nach denen dann, wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Der Erfüllung dieser europarechtlichen Vorgabe dient § 22 AGG. Wann das nationale Gericht eine glaubhaft gemachte Tatsache als ausreichendes Indiz für die behauptete Diskriminierung anzusehen hat, ist nicht Regelungsgegenstand der RL 2006/54/EG. Dies macht Nr. 30 der Erwägungen zur Richtlinie deutlich. Dort heißt es: „Es ist jedoch klarzustellen, dass die Bewertung der Tatsachen, die das Vorliegen einer mittelbaren oder unmittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, weiterhin der einschlägigen einzelstaatlichen Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten obliegt“.

79

Auch die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt hilfsweise an, die fehlende weibliche Besetzung von Führungspositionen zusammen mit der Tatsache, dass der früheren Mitarbeiterin G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und es seit 1976 keine weitere Direktorin mehr bei dem Beklagten gegeben habe, lasse es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass das Geschlecht der Klägerin Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei. Bei dieser Würdigung lässt das Landesarbeitsgericht wesentliche Umstände außer Betracht. Wie dargelegt kommt allein dem Anteil der Frauen in der Ebene oberhalb der Abteilungsleiter nicht die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutungswirkung zu. Die Tatsache, dass seit 30 Jahren bei dem Beklagten keine Frau Direktorin war, hat ohne Zahlenmaterial darüber, ob und ggf. in welchem Umfange es externe oder interne Bewerbungen von Frauen oder im Betrieb für die Beförderungsstelle geeignete Mitarbeiterinnen gegeben hat, keine Aussagekraft. Es kann nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht vermutet werden, dass in den vergangenen 30 Jahren so viele geeignete Mitarbeiterinnen zur Verfügung gestanden haben, dass die mangelnde Besetzung von Direktorenstellen mit Frauen auf Diskriminierungen beruht hat. Auch insoweit hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht gesellschaftliche Faktoren nicht in seine Würdigung mit einbezogen.

80

Die nur kommissarische Übertragung der Funktion der Personaldirektorin auf die frühere Mitarbeiterin G in den 1990er-Jahren entfaltet keine Vermutungswirkung für eine „gläsernen Decke“. Als Indiz iSd. § 22 AGG für ein generell frauenfeindliches Umfeld ist diese, über zehn Jahre zurückliegende nur kommissarische Übertragung der Direktorenposition auf die Mitarbeiterin G nicht geeignet.

81

3. Die Verletzung des § 22 AGG iVm. § 286 Abs. 1 ZPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils(§ 563 ZPO), weil dieses sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO).

82

a) Das Urteil erweist sich nicht deshalb als zutreffend, weil etwa Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Beförderung des Mitarbeiters R unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung und der dadurch möglicherweise bedingten geringeren Kenntnisse und Erfahrungen in der konzeptionellen Personalarbeit benachteiligt worden ist. Insbesondere kann die Übertragung der Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit auf den Mitarbeiter R statt auf die Klägerin im Januar 2000 nicht darauf beruht haben, dass die Klägerin teilzeitbeschäftigt war. Ihre Arbeitszeitverringerung erfolgte nämlich nach der bindenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts erst ab Mai 2001. Soweit der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, die Klägerin habe wegen ihrer Teilzeittätigkeit aus zeitlichen Gründen ab dem Jahre 2000 nicht die Möglichkeit gehabt, Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit zu erledigen, beruht dieser Sachvortrag ersichtlich auf einem Versehen.

83

b) Der Senat ist nicht in der Lage, im Hinblick auf die weiteren vom Berufungsurteil festgestellten und als Indizien für eine Diskriminierung der Klägerin in Betracht kommenden Umstände in der Sache selbst zu entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO, weil er seine Würdigung der Indizien nach § 286 ZPO nicht an die Stelle der Würdigung durch das Tatsachengericht setzen darf. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine abschließende Aufklärung und Gesamtbetrachtung aller von der Klägerin vorgetragenen Hilfstatsachen vorgenommen. Werden aber von dem Arbeitnehmer, der eine Benachteiligung geltend macht, Hilfstatsachen vorgetragen, die jeweils für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeizuführen, ist vom Tatsachengericht eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, ob diese Hilfstatsachen zur Begründung der Vermutungswirkung geeignet sind(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung, ob die Gesamtbetrachtung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass bei dem Beklagten ein Umfeld gegeben ist, das dem beruflichen Aufstieg von Frauen generell ablehnend gegenüber steht, ua. folgende Umstände mit einzubeziehen haben: die Vergabe der Funktion der Leitung der Bezirksdirektion N an den Mitarbeiter Ba statt an die vormalige Bezirksdirektorin der geschlossenen Bezirksdirektion Ha, W, im Jahre 1997, die unterbliebene Berücksichtigung der stellvertretenden Bezirksdirektorin des Standortes D, Gr, auf die Position der Bezirksdirektorin des Standortes zugunsten eines männlichen Bewerbers, der nicht über das geforderte Hochschulstudium verfügte im Jahre 2005, und die Tatsache, dass nur Männer als Beobachter für das 2007 durchgeführte Entwicklungsaudit für die Ebenen Abteilungsdirektor/Abteilungsleiter fungierten. Des Weiteren könnte es eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG entfalten, wenn es zuträfe, dass Dr. Mü der Klägerin im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Beförderung der Mitarbeiterin Gr bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied mitgeteilt hatte, dass dieser keine Frauen wolle, und wenn Männer bei dem Beklagten stets spätestens nach zwei Jahren bei entsprechender Tätigkeit den Direktorentitel verliehen erhielten. Hinsichtlich der zeitlich nach Klageerhebung liegenden Vorfälle wird das Berufungsgericht insbesondere auch berücksichtigen müssen, inwieweit diese Indizien für die Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts sind oder lediglich - wenn auch möglicherweise das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzende - Reaktionen auf einen bestehenden Konflikt darstellen und als solche mit dem Geschlecht der Klägerin nicht im Zusammenhang stehen.

84

II. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit er sich gegen seine Verurteilung zu einer monatlichen Zahlung von 1.467,86 Euro brutto wendet.

85

Ein entsprechender Anspruch der Klägerin gem. §§ 1, 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1 AGG kann mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht bejaht werden. Dessen Schlussfolgerung, die Klägerin sei wegen ihres Geschlechts nicht befördert und damit unzulässig benachteiligt worden, hält - wie oben dargelegt - einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

86

C. Begründet sind die Revisionen der Klägerin und des Beklagten soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro richten.

87

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

88

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die von ihr begehrte Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Ein solcher Klageantrag ist hier zulässig, weil die Bestimmung der Höhe des Anspruchs von billigem Ermessen abhängt und damit dem Gericht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird. Ist die Höhe des Anspruchs nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen, ist ein unbezifferter Klageantrag zulässig, wenn der Kläger Tatsachen benennt, die das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll, und die Größenordnung der Forderung angibt (vgl. Senat 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - mwN, EzA AGG § 3 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, den das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll und der es grundsätzlich ermöglicht, eine Entschädigung zu bestimmen. Ferner hat die Klägerin Angaben zur Größenordnung der Entschädigung, nämlich mindestens 60.000,00 Euro, gemacht.

89

II. Die Verurteilung des Beklagten durch das Landesarbeitsgericht zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro an die Klägerin hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

90

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht bei der Prüfung der Begründetheit der Entschädigungsklage davon aus, dass sich aus einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein Entschädigungsanspruch ergeben kann. Dabei hat es auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Entschädigungsansprüchen bei „Mobbing“ Bezug genommen. Danach ist „Mobbing“ kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Arbeitskollegen (Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Nicht alles, was als „Mobbing“ bezeichnet wird, ist von rechtlicher, insbesondere arbeitsrechtlicher oder schadensrechtlicher Relevanz. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund „Mobbings“ geltend, muss vielmehr jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsvertragliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. Bei dieser Prüfung gilt es weiter zu beachten, dass es Fälle gibt, in denen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen oder seiner Vorgesetzten bzw. des Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzung darstellen, die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen jedoch zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Eine solche Systematik und Zielrichtung ist dann anzunehmen, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht weitgehend der nunmehr vom Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 AGG(in Kraft seit 18. August 2006) gewählten Definition des Begriffes „Belästigung“. Danach ist eine Belästigung eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Damit hat der Gesetzgeber auch den Begriff des „Mobbings“ umschrieben, jedenfalls soweit dieses an die nach § 1 AGG verpönten Merkmale anknüpft(vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Entsprechend kann für die Fälle des „Mobbings“ eines Arbeitnehmers, gleich aus welchen Gründen, an § 3 Abs. 3 AGG angeknüpft werden. Diese Norm zeigt vor allem, dass es grundsätzlich auf die Zusammenschau der einzelnen „unerwünschten” Verhaltensweisen ankommt, um zu beurteilen, ob „Mobbing” vorliegt. § 3 Abs. 3 AGG stellt nämlich darauf ab, ob ein durch die unerwünschten Handlungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Ein Umfeld wird aber grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen. Damit sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Deshalb dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden. Wesensmerkmal der als „Mobbing” bezeichneten Form der Rechtsverletzung des Arbeitnehmers ist damit die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen/Verhaltensweisen zusammensetzende Verletzung, wobei den einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen für sich allein betrachtet oft keine rechtliche Bedeutung zukommt (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7). Bei dieser Würdigung ist zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen sind. Vielmehr sind die kritischen Verhaltensweisen aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise und ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers zu bewerten. Dies gilt auch im Verhältnis zu Vorgesetzten. Entsprechend stellen Weisungen, die sich im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers bewegen, und denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lassen, in der Regel keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Daneben kann es an der die einzelnen Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn verschiedene Vorgesetzte handeln und nicht zusammenwirken oder wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (vgl. Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

91

2. Ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung und ist damit nur eingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden. Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

92

3. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Festsetzung der Höhe einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro zugunsten der Klägerin zu Unrecht in seine Gesamtschau eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin durch die unterbliebene Beförderung mit einbezogen. Wie oben dargelegt durfte das Landesarbeitsgericht mit der von ihm gegebenen Begründung eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht bejahen. Durch diese unzulässige Miteinbeziehung dieses Sachverhalts erweist sich die gesamte Bewertung der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Persönlichkeitsrechtsverletzung als rechtsfehlerhaft.

93

Insbesondere verstößt das Landesarbeitsgericht dadurch gegen das Erfordernis einer Gesamtschau, dass es für den Fall, dass in der unterbliebenen Beförderung der Klägerin keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen sein sollte, für die nachfolgenden Handlungen des Beklagten „zumindest eine Entschädigung in Höhe von 16.000,00 Euro“ als „gerechtfertigt“ ansieht.

94

Eine solche getrennte Beurteilung ist nicht zulässig, weil die von der Klägerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht eindeutig in solche aufgespaltet werden können, die im Zusammenhang mit der streitbefangenen Nichtbeförderung der Klägerin stehen, und in solche die möglicherweise mit der unterbliebenen Beförderung nichts zu tun haben. Alle von der Klägerin vorgetragenen Verletzungen stehen in einem Zusammenhang und wären deshalb - soweit das Landesarbeitsgericht in ihnen Bestandteile einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin sieht - im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau zu berücksichtigen gewesen. Von einem solchen Zusammenhang der von der Klägerin zur Stützung ihres Vorwurfs der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Beklagten herangezogenen Vorfälle ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. So nimmt es beispielsweise an, dass der Beklagte mit dem Aushang vom 10. Dezember 2006 den Eindruck eines „Kompetenzentzuges“ im Zusammenhang mit der getroffenen Personalentscheidung zugunsten des Mitarbeiters R erweckt hat und dieser trotz der Schreiben vom 3. Januar 2007 und 8. Februar 2007 an die Klägerin nach außen hin „weiter aufrechterhalten“ worden ist. Des Weiteren nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck „des Kompetenzentzuges“ und einer Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung gewehrt hatte, einer Behandlung ausgesetzt worden ist, die „sie herabwürdigt und bewusst unter Druck“ gesetzt hat. Damit stellt das Landesarbeitsgericht alle nach der streitbefangenen Beförderungsentscheidung seitens des Beklagten der Klägerin gegenüber getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen in einen Zusammenhang mit der als Persönlichkeitsverletzung gewerteten Nichtbeförderung der Klägerin. Auch bei der Beurteilung der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, dass „ein Großteil des Verhaltens des Beklagten als Reaktion auf die Wahrnehmung vermeintlicher Rechte durch die Klägerin nach dem AGG angesehen werden kann“.

95

4. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat verwehrt, weil das Landesarbeitsgericht weder eine zutreffende Gesamtbetrachtung der vorgetragenen Tatsachen/Geschehnisse vorgenommen noch alle anderen von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, die als einzelne Handlungen oder in der Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben könnten, berücksichtigt hat.

96

So fehlen bereits Ausführungen dazu, ob das Landesarbeitsgericht aufgrund einer einzelnen Handlung oder erst auf der Basis einer Gesamtschau mehrerer Handlungen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen hat und insbesondere, ob es insgesamt ein systematisches Verhalten sieht, durch welches ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen worden ist. Die Würdigung, ob insgesamt ein systematisches Verhalten vorliegt, ist gerade deshalb nötig, weil hier mehrere Personen gehandelt haben, so dass grundsätzlich geklärt werden muss, ob diese zusammengewirkt haben. Auch dazu fehlen weitgehend Ausführungen im angefochtenen Urteil. Lediglich bezüglich des Schreibens vom 3. Januar 2007 nimmt das Landesarbeitsgericht ein Zusammenwirken zwischen Dr. Mü, Dr. H und Herrn R an. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht auch einige von der Klägerin vorgetragene Tatsachen nicht berücksichtigt. So ist es deren Behauptung nicht nachgegangen, dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht komme, Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet haben soll: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr, der will halt keine Frauen“. Sollte diese Äußerung gefallen sein, könnte dies nicht nur auf eine beim Beklagten nicht unübliche Frauendiskriminierung, sondern möglicherweise in der Gesamtschau mit den Verhaltensweisen ab Dezember 2006 auch auf ein „frauenfeindliches Umfeld“ beim Beklagten hindeuten. Ferner hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, obwohl die Personalbetreuung nebst Abfassen von Abmahnungen zu ihren Aufgaben gehört, bei dem Gespräch des Herrn R im Februar 2008 mit dem Mitarbeiter C. in B über die Aufhebung dessen Arbeitsvertrages nicht beteiligt war und die von ihr im Januar 2008 für A K. formulierte Ermahnung Frau S zur Prüfung vorgelegt wurde. Auch dies könnte in der Gesamtschau auf eine Persönlichkeitsverletzung hindeuten.

97

III. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung über das dem Arbeitnehmer R gezahlte variable Entgelt richtet.

98

1. Die Klage auf Auskunft ist zulässig.

99

a) Der Klageantrag wurde zwar in dieser Form erstmals in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 gestellt. Ob es sich dabei um eine nachträgliche Klageänderung gehandelt hat, kann dahinstehen. Auch eine solche wäre nämlich nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig gewesen, weil der Beklagte sich hierauf widerspruchslos eingelassen hat und deshalb nach § 267 ZPO seine Einwilligung zur Klageänderung anzunehmen ist. Ob der Antrag auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte, kann ebenfalls offen bleiben. Ob und inwiefern die Berücksichtigung neuer Tatsachen im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren zulässig ist, richtet sich nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO, sondern nach der Spezialregelung in § 67 ArbGG(BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Hat das Berufungsgericht - wie hier - Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Sachvorbringen zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 60 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 37).

100

b) Der Antrag ist als Klage auf zukünftige Leistung nach § 258 ZPO zulässig. Er dient dem Ziel, den Klageantrag zu 2) um den Betrag der zukünftigen variablen Vergütung des Mitarbeiters R zu ergänzen.

101

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Auskunftsanspruch jedoch mit einer nicht tragenden Begründung bejaht. Auch insoweit wirkt sich die unzutreffende Würdigung des Berufungsgerichts im Rahmen der angenommen Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts aus.

102

IV. Auf die Revision der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Klage auf Feststellung abgewiesen hat, dass der Beklagte zum Ersatz der durch sein Verhalten bis Juli 2008 der Klägerin entstandenen und entstehen werdenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet ist.

103

1. Der Feststellungsantrag ist nicht bereits „in großen Teilen unzulässig“, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

104

a) So besteht für den Feststellungsantrag in der in der Revisionsinstanz gestellten (beschränkten) Fassung insbesondere das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

105

Die Annahme eines Feststellungsinteresses setzt voraus, dass dem betroffenen Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht. Dies wird bei der Feststellung einer Schadensersatzpflicht angenommen, wenn zukünftige, noch nicht bezifferbare Schäden möglich sind. Dies gilt auch, wenn ihre Art, ihr Umfang und ihr Eintritt noch ungewiss sind. Allerdings muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen. Dafür genügt die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Ersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer oder voraussehbarer Leiden (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Solches erscheint bezogen auf die Formulierung im Feststellungsantrag „durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten“ für die Zeit ab Dezember 2006 als möglich.

106

b) Gleiches gilt für „sonstige Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen“.

107

c) Darüber hinaus ist der Antrag hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

108

Der Klageantrag muss den erhobenen Anspruch nach Inhalt und Umfang konkret bezeichnen und die Klageart ergeben. Insoweit ist bei Feststellungsanträgen erforderlich, dass sich für den Fall der Klagestattgabe der objektive Umfang der Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung hinreichend feststellen lässt (BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 557/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 4). Dabei muss der Streitgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Ausreichend ist allerdings, wenn der Antrag in einer dem Bestimmtheitserfordernis genügenden Weise ausgelegt werden kann. Das Gericht ist daher gehalten, eine entsprechende Auslegung des Antrages vorzunehmen, wenn hierdurch eine vom Kläger erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Dabei darf es sich jedoch nicht über einen eindeutigen Antrag hinwegsetzen (vgl. BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Darüber hinaus gilt es bei der Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit zu beachten, dass ein Feststellungsantrag einerseits der Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB dient und andererseits den Grund des klägerischen Schadensersatzanspruchs klärt, so dass im Falle späterer Folgeschäden nur noch der Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis und die Schadenshöhe nachzuweisen sind. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrages festzusetzen. Soll ein späterer Rechtsstreit über den Grund des Schadensersatzanspruchs vermieden werden, muss dieser klar aus dem Feststellungsantrag hervorgehen. Insofern war der ursprüngliche Feststellungsantrag - wie von der Klägerin in der Revisionsinstanz klargestellt - so auszulegen, wie es sich aus dem Tatbestand (Ziff. 5 der Anträge) ergibt.

109

2. Ob das von der Klägerin geltend gemachte schadensersatzbegründende Verhalten des Beklagten tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage und kann durch den Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.

110

D. Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin
Morsch ist wegen Ausscheiden
aus dem Amt an der
Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    N. Schuster    

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2013 - 25 Sa 2304/12, 25 Sa 311/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG.

2

Der Kläger ist nach erfolgreichem Universitätsstudium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation Diplom-Kommunikationswirt. Zudem hat er an der Universität Island Business Administration studiert. Studienbegleitend war er als universitärer Tutor tätig und beriet Studierende über Studieninhalte. Im Jahr 2006 leitete er das Projekt „B“ des B, mit dem ein Studierendenwettbewerb für Sozialmarketing durchgeführt wurde. Seit Januar 2009 ist er als freiberuflicher Kommunikationsberater tätig. Wegen einer Gehbehinderung ist er schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100.

3

Ende Oktober 2011 schrieb die beklagte Universität, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, für ihre Abteilung Gründungsservice die jeweils für die Dauer von zwei Jahren befristeten Stellen als Communitymanager/in und Gründungsberater/in aus. Voraussetzung war in beiden Fällen ein erfolgreich abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium oder das Vorhandensein gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen, betriebswirtschaftliches Verständnis oder Projektmanagementerfahrung, praktische Erfahrungen in den jeweiligen Aufgabenschwerpunkten sowie Begeisterung für die Förderung von Unternehmertum und Technologietransfer in der Universität. Beide Stellenausschreibungen enthielten den Hinweis „Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt“. Es war jeweils eine Vergütung nach der EG 13 des Tarifvertrags zur Übernahme des TV-L für die Hochschulen im Land Berlin angegeben (mit einem Grundentgelt der ersten Stufe von monatlich jeweils 2.882,00 Euro brutto).

4

Die Beklagte veröffentlichte die Stellenausschreibungen auf ihrer Webseite und im Onlinemarkt der Wochenzeitung „D“. Sie nahm im Zusammenhang der beiden Stellenausschreibungen keine Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf und prüfte nicht die Möglichkeit der Besetzung der Stellen mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen (Prüf- und Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX). Der frei werdende und neu zu besetzende Arbeitsplatz wurde der Agentur für Arbeit entgegen § 82 Satz 1 SGB IX nicht gemeldet.

5

Mit Schreiben vom 7. November 2011 bewarb sich der Kläger auf beide Ausschreibungen. In seinem Schreiben hieß es ua.:

        

„Meine berufspraktischen Erfahrungen sowie der erfolgreiche Abschluss meines Studiums habe ich mit einer Schwerbehinderung erreicht, die weder meine geistige noch meine soziale Kompetenz beeinflusst. Dabei bin ich weder auf fremde Hilfe noch auf andere Hilfsmittel angewiesen.“

6

Nach einer Vorauswahl anhand der eingegangenen Bewerbungsunterlagen lud die Beklagte den Kläger als einen von acht Kandidat/inn/en für die Stelle als Communitymanager/in und als einen von neun für die Stelle als Gründungsberater/in zu zwei Gesprächsterminen am 25. und 30. November 2011 ein. Im jeweiligen Termin war zunächst ein 25-minütiger schriftlicher Test mit praktischen Fragen zum Aufgabenschwerpunkt zu absolvieren. Zudem fand im Verlauf der ca. 30-minütigen Gespräche je ein kurzes Rollenspiel zur Kommunikationsfähigkeit statt. An den Gesprächen - wie auch an der abschließenden Auswahl - nahmen neben der Leiterin der Abteilung Gründungsservice - Frau M - ua. ein Mitglied der bei der Beklagten gebildeten Schwerbehindertenvertretung teil. Im ersten Termin des Klägers wurde angesprochen, dass der Umzug der Abteilung Gründungsservice in ein Gebäude ohne Fahrstuhl mit Arbeitsräumen im ersten und zweiten Obergeschoss geplant sei.

7

Der Kläger erfuhr von dem für ihn erfolglosen Ausgang des Bewerbungsverfahrens durch eigene Nachfrage im Dezember 2011 (in der 50. Kalenderwoche). Die Stelle als Communitymanager/in erhielt eine Mitbewerberin; für die Tätigkeit als Gründungsberater/in wurden zwei Mitbewerberinnen in Teilzeitarbeit eingestellt, darunter eine mit einer Behinderung (GdB von 30). Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten, die mit Schreiben vom 23. Januar 2012 antwortete, erfolglos Entschädigungsansprüche iHv. insgesamt 17.292,00 Euro (pro Stelle drei Bruttomonatsentgelte) geltend. Am 14. Februar 2012 reichte er seine Klage beim Arbeitsgericht ein.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung ergebe sich bereits aus der Verletzung der Prüf- und Meldepflicht des § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX. Folglich gehe nach § 22 AGG die Beweislast auf die Beklagte über, die die von ihm vorgebrachten Indizien nicht widerlegt habe. Zudem seien durch Ablauf, Wortwahl und die Art und Weise des Gesprächs im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug der Abteilung Gründungsservice in Obergeschosse eines Gebäudes ohne Fahrstuhl ausreichend Hilfstatsachen vorhanden, die zur Annahme einer Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung führten. Die Abteilungsleiterin habe ihn am Gesprächsende nach der Art seiner in den Bewerbungsunterlagen angegebenen Schwerbehinderung und der damit verbundenen Einschränkung gefragt. Er habe erwidert, dass es sich um eine Gehbehinderung handele, die ihn nicht einschränke. Nur beim Treppensteigen habe er Schwierigkeiten. Daraufhin sei eine ihn verunsichernde „Totenstille“ eingetreten und er habe ergänzt, dass ein Aufzug für ihn hilfreich sei. Die Abteilungsleiterin habe sodann gefragt, wie er die im Haus des Bewerbungsgesprächs befindlichen Stufen „gepackt“ habe. Er habe geantwortet, dass er Treppen steigen könne, wenn ein Geländer vorhanden sei. Nachdem daraufhin die Abteilungsleiterin gemeint habe, er brauche dann wohl keinen Aufzug, habe er sich erkundigt, ob seine Gehbehinderung ein Problem darstelle. Erst dann sei der anstehende Umzug der Abteilung einschließlich der zukünftigen Notwendigkeit des Treppensteigens erklärt worden.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag iHv. 17.292,00 Euro nicht unterschreiten sollte.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Behinderung des Klägers habe keine Rolle im Bewerbungsverfahren gespielt und der Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX sei nicht kausal für die Nichteinstellung des Klägers, der durch die Einladung zum und Teilnahme am Bewerbungsgespräch die gebotene Chance erhalten habe. Auf beide Stellen seien Personen eingestellt worden, die sich durch mehr Erfahrungen, Kompetenzen, konkrete Ideen in der Umsetzung und durch eine sehr gute Kommunikationsfähigkeit ausgewiesen hätten.

11

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung iHv. 5.764,00 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im Umfang ihres Unterliegens hat die Beklagte dagegen Berufung eingelegt; der Kläger hat mit seiner Anschlussberufung seine Forderung im Hinblick auf weitere 11.528,00 Euro nebst Zinsen verfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten hin die Klage insgesamt ab- und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe keine ausreichenden Indizien für eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorgetragen. Weder bei einer Einzel- noch bei einer Gesamtbetrachtung ergebe sich die vom Kläger behauptete Vermutungswirkung iSd. § 22 AGG.

14

Zwar sei die Verletzung der Prüf- und Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX grundsätzlich als Vermutungstatsache für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung geeignet. Jedoch liege im Streitfall keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme vor, die Beklagte als Arbeitgeberin sei an einer Bewerbung schwerbehinderter Menschen nicht interessiert gewesen und habe möglichen Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen wollen. Dies zeige sich daran, dass der Kläger, dessen Schwerbehinderung aus dem Bewerbungsschreiben bekannt gewesen sei, mit den Einladungen zu beiden Vorstellungsgesprächen die Möglichkeit erhalten habe, die Beklagte von seiner persönlichen Eignung und Befähigung zu überzeugen. Die Beklagte habe zudem bei den im Internet der Öffentlichkeit zugänglichen Stellenausschreibungen ausdrücklich den Hinweis auf bei gleicher Eignung bevorzugte Einstellung schwerbehinderter Menschen gegeben und die Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen einbezogen.

15

Auch der vom Kläger behauptete Ablauf des ersten Bewerbungsgesprächs - der zu seinen Gunsten als wahr unterstellt werden könne -, insbesondere die von der Beklagten bestrittene Frage nach der Art seiner Schwerbehinderung, begründe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass die Behinderung des Klägers in dem Motivbündel der Auswahlentscheidung eine Rolle gespielt habe. Diese Frage sei vor dem Hintergrund des bevorstehenden Umzugs in ein Gebäude ohne Fahrstuhl offensichtlich auf die Klärung bezogen gewesen, ob und inwieweit seine körperliche Beeinträchtigung einem etwaigen Einsatz als Communitymanager entgegenstehen könne. Die abschließende Feststellung der Abteilungsleiterin, er brauche dann wohl keinen Aufzug, zeige, dass auch aus Sicht der Beklagten die Gehbehinderung des Klägers seinem Einsatz auf den ausgeschriebenen Stellen nicht entgegenstehe.

16

B. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist.

17

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber Beschäftigter (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG) und die Beklagte Arbeitgeberin (§ 6 Abs. 2 Satz 1 AGG)iSd. AGG (vgl. ua. BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 17).

18

II. Die zweimonatige Geltendmachungs- und die im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch maßgebende dreimonatige Klagefrist (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG) sind eingehalten worden.

19

1. Dahinstehen kann dabei, ob dem Kläger bereits bei seiner eigenen Nachfrage im Dezember 2011 eine „Ablehnung“ iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG zugegangen ist.

20

a) Seinen Vortrag, er habe auf Nachfrage erfahren, eine für ihn negative Entscheidung sei getroffen worden, müsse jedoch noch „durch den Personalrat gehen“, haben die Vorinstanzen nicht weiter aufgeklärt oder gewürdigt. Es wurden auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob dem Kläger - wie er ausgeführt hat - tatsächlich keine letztliche Absage zugegangen ist.

21

b) Unterstellt, die Antwort auf seine telefonische Nachfrage in der 50. Kalenderwoche des Jahres 2011 (also von Montag dem 12. Dezember bis vermutlich Freitag dem 16. Dezember 2011), sei als Ablehnung iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG aufzufassen, so wahrt seine per Telefax und einfacher Post erfolgte schriftliche Geltendmachung vom 10. Januar 2012 die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG. Die am 14. Februar 2012 eingereichte Klage, der Beklagten am 23. Februar 2012 „demnächst“ iSd. § 167 ZPO zugegangen, wahrt die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG.

22

2. Spätestens das Schreiben der Beklagten vom 23. Januar 2012 als Antwort auf seine Geltendmachung vom 10. Januar 2012 ist als Ablehnung iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG zu verstehen. Jedenfalls die am 14. Februar 2012 eingereichte Klage wahrt sowohl die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG als auch die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG.

23

III. Das Landesarbeitsgericht hat den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ohne Rechtsfehler verneint. Die weniger günstige Behandlung des Klägers ist nicht wegen seiner Behinderung erfolgt.

24

1. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG(zur Bezugnahme auf die Voraussetzungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG - ohne die des Verschuldens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG - vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 25; BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135). Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund (hier: wegen einer Behinderung) in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Auswahlkriterien und der Einstellungsbedingungen, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und von der beruflichen Position unzulässig(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

25

Bei einer Behinderung iSd. § 1 AGG(zum Begriffsverständnis ausführlich: BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 57 ff. mwN) kommt es auf einen bestimmten GdB nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 32 mwN). Voraussetzung ist also nicht, wie beim Kläger jedoch gegeben, eine Schwerbehinderung iSv. § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB IX.

26

2. Der Nachteil des Klägers iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 7 AGG beim Zugang zu einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG) besteht in der Nichteinstellung.

27

3. Der Kläger hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer „vergleichbaren Situation“ (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Diese Voraussetzung - deren Erfüllung das Landesarbeitsgericht letztlich dahinstehen gelassen hatte - liegt vor.

28

a) Die Feststellung einer unmittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG setzt voraus, dass die gegeneinander abzuwägenden Situationen vergleichbar sind. Dabei müssen die Situationen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt, sondern muss spezifisch und konkret erfolgen (zur Auslegung der übereinstimmenden Maßgabe in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG ua. EuGH 12. Dezember 2013 - C-267/12 - [Hay] Rn. 32 f. mwN; 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41 ff., Slg. 2011, I-3591; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 67 ff., Slg. 2008, I-1757; ebenfalls BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 34/10 - Rn. 29, BAGE 138, 107). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist fallbezogen im Zusammenhang der jeweils streitgegenständlichen Benachteiligung zu bestimmen: Bezugspunkt kann das Ziel einer eine Ungleichbehandlung festsetzenden Regelung (EuGH 12. September 2013 - C-614/11 - [Kuso] Rn. 45 mwN), einer Leistung (EuGH 12. Dezember 2013 - C-267/12 - [Hay] Rn. 33 mwN) oder einer sonstigen Maßnahme (EuGH 30. September 2010 - C-104/09 - [Roca Álvarez] Rn. 24 f., Slg. 2010, I-8661) sein. In jedem Fall darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte (hier bezogen auf die Richtlinie 2000/78/EG) nicht durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert (Grundsatz der Effektivität) werden (ua. EuGH 16. Januar 2014 - C-429/12 - [Pohl] Rn. 23).

29

b) Vorliegend ist es nicht erforderlich, die Voraussetzungen der „vergleichbaren Situation“ bezogen auf Bewerbungsverfahren und Auswahlentscheidungen im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG näher zu benennen. Nach Wortlaut, Eigenart und Ziel dieses Entschädigungsanspruchs werden auch Personen erfasst, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären. Für den Fall, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, wird nicht der Anspruch ausgeschlossen, sondern lediglich die Entschädigungshöhe begrenzt (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Es muss nicht entschieden werden, wie weit oder eng damit die Anforderung einer vergleichbaren Situation im Zusammenhang des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG zu verstehen ist. Selbst bei einem auf Erfüllung einzelner Anforderungen der Stellenausschreibung bezogenem Verständnis der Maßgabe der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt diese hier vor. Die Beklagte hat den Kläger in die engere Wahl einbezogen und ihn zu beiden Bewerbungsgesprächsrunden eingeladen. Damit ist sie davon ausgegangen, dass er die in den beiden veröffentlichten Stellenausschreibungen formulierten Anforderungen (jedenfalls iSv. § 82 Satz 3 SGB IX) erfüllt.

30

4. Der Kläger ist nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden.

31

a) Nach § 22 Halbs. 1 AGG iVm. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien (Richtlinie 2000/78/EG: Tatsachen) vorträgt, die ihre - hier unmittelbare - Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen(ua. BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 26; gleichbedeutend ua. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 37). Im Hinblick auf diesen Kausalzusammenhang (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 25 mwN) sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 44).

32

b) Innerhalb der damit vorzunehmenden Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts kommt es nach der Rechtsprechung des Senats auf Vorgaben des nationalen Verfassungsrechts zum „Bestandteil eines Motivbündels“ an. Die Beweiswürdigung ist nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung des Beweismaßes des § 22 AGG vorzunehmen.

33

aa) Für die Vermutungswirkung des § 22 Halbs. 1 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund (oder mehrere) ein „Bestandteil eines Motivbündels“ ist (sind), das die Entscheidung beeinflusst hat.

34

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG genannten „Merkmale“ (ua. Geschlecht, Rasse, Behinderung) - bzw. in der Begrifflichkeit von § 1 AGG „Gründe“ - nicht als Anknüpfungspunkt für eine (benachteiligende) rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende „Grund“ das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 25).

35

So darf bei einer Entscheidung über eine Stellenbesetzung kein in § 1 AGG genannter Grund zu Lasten des Bewerbers/der Bewerberin berücksichtigt werden. Eine unzulässige Berücksichtigung wäre bereits dann gegeben, wenn in dem Motivbündel, das die Entscheidung des (potentiellen) Arbeitgebers beeinflusst hat, ein in § 1 AGG genannter Grund als negatives oder (sein Fehlen) als positives Kriterium enthalten ist(vgl. zu Art. 3 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3 GG bzw. dem früheren § 611a Abs. 1 BGB: BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - zu II 1 a der Gründe, BVerfGK 9, 218; 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 d der Gründe, BVerfGE 89, 276; BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, BAGE 142, 158; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 109, 265; BGH 23. April 2012 - II ZR 163/10 - Rn. 37, BGHZ 193, 110).

36

(2) Der von Verfassungs wegen zu beachtende Maßstab zum „Bestandteil eines Motivbündels“ ist auch unionsrechtskonform.

37

(a) Nach den betroffenen Richtlinien des Unionsrechts (25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43/EG, 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/EG, 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54/EG; vgl. auch Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54/EG) steht es den Mitgliedstaaten frei, abweichend von den jeweiligen Richtlinienvorgaben für die klagende Partei günstigere (Beweislast-)Vorschriften (wozu auch eine günstigere Auslegung von § 22 AGG gehört) einzuführen oder beizubehalten. Zudem ist teilweise eine Absenkung des in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden Schutzniveaus ausdrücklich untersagt (25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43/EG, 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/EG). Weiterhin sind die Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten zu bewerten (15. Erwägungsgrund der Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG sowie 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 37; 21. Juli 2011 - C-104/10 - [Kelly] Rn. 31, Slg. 2011, I-6813).

38

(b) Die Rechtsprechung zum „Bestandteil eines Motivbündels“ ist für die klagende Partei mindestens gleich im Schutzniveau wie die genannten Vorgaben des Unionsrechts. Demgegenüber enthält das Unionsrecht kaum nähere Vorgaben zum „wie“ der vorzunehmenden Gesamtwürdigung. In älterer Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wurde für den Kausalzusammenhang auf einen „wesentlichen Grund“ (EuGH 5. Mai 1994 - C-421/92 - [Habermann-Beltermann] Rn. 14, Slg. 1994, I-1657; 8. November 1990 - C-177/88 - [Dekker] Rn. 10 und 17, Slg. 1990, I-3941) abgestellt. Zudem kommt es auf ein „stichhaltiges Indiz“ (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] - Rn. 51) an.

39

bb) Nach dem 15. Erwägungsgrund der hier maßgebenden Richtlinie 2000/78/EG sind bei der Beurteilung von Tatbeständen, die ua. auf eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung schließen lassen, die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten maßgebend. Die Beweiskraft der vorgelegten Beweismittel ist nach den Regeln des innerstaatlichen Rechts zu beurteilen (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 und C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 79, 82, Slg. 2011, I - 6919; vgl. auch EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 42 mwN). Maßgebend für die Beweiswürdigung ist daher die freie Überzeugung des Tatsachengerichts gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung des abgesenkten Beweismaßes des § 22 AGG. Es reicht aus, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lässt(vgl. ua. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 63; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 19). Dabei haben die Gerichte darüber zu wachen, dass im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, die Verwirklichung des mit der Richtlinie 2000/78/EG verfolgten Ziels nicht beeinträchtigt wird (EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42).

40

c) Besteht eine Benachteiligungsvermutung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Auch dafür gilt § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO, allerdings mit dem Beweismaß des sog. Vollbeweises.

41

Die dafür von Verfassungs wegen zu beachtende Rechtsprechung zum „Motivbündel“ (vgl. oben Rn. 34 f.) ist für die klagende Partei nicht ungünstiger als die des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den einschlägigen Richtlinien. Nach Letzterer kann der (potentielle) Arbeitgeber im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung den Anschein einer Diskriminierung grundsätzlich mit einem Bündel übereinstimmender Indizien widerlegen (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 58). Gemäß der Rechtsprechung zum „Motivbündel“ sind Tatsachen und Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als ua. die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (grundlegend zu Art. 3 Abs. 2 GG und dem früheren § 611a Abs. 1 BGB bereits: BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 e der Gründe, BVerfGE 89, 276). In dem Motivbündel des (potentiellen) Arbeitgebers darf der betreffende Grund - hier die Behinderung - weder als negatives noch - die fehlende Behinderung - als positives Kriterium enthalten gewesen sein (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 41; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 58).

42

d) Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene tatrichterliche Überzeugung ist nur beschränkt revisibel. Sie kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sich das Landesarbeitsgericht entsprechend diesem gesetzlichen Gebot mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. ua. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28).

43

e) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts stand. Die Würdigung, dass der Kläger die ihm obliegende erste Stufe der Darlegungs- und Beweislastverteilung des § 22 AGG nicht erfüllt hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.

44

aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht nicht bereits allein wegen der Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX eine Benachteiligung wegen des in § 1 AGG genannten Grundes der Behinderung vermutet hat.

45

(1) Grundsätzlich kann aus der Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des SGB IX die Vermutungswirkung des § 22 Halbs. 1 AGG abgeleitet werden (ua. BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 29; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 37 ff., BAGE 144, 275; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 45; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 35). Diese Pflichtverletzung ist geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein und sogar möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 47; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262).

46

(2) Allerdings sind entgegen der Auffassung des Klägers bei der Klärung der Frage, ob (genügend) Indizien vorliegen, um eine Benachteiligung iSd. AGG vermuten zu lassen, alle und nicht nur einzelne Umstände zu berücksichtigen. Für eine Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX gilt diesbezüglich keine Ausnahme im Sinne eines „Automatismus“. Das schließt nicht aus, dass bei anders gelagerten Gesamtumständen deren Würdigung dazu führen kann, dass allein eine solche Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des SGB IX zu einem Entschädigungsanspruch iSv. § 15 Abs. 2 AGG führen kann.

47

bb) Unzutreffend ist die Auffassung des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe die Beweislastregelung des § 22 AGG nicht richtig angewandt, weil es eine „Kompensation“ bzw. „positive Überlagerung“ des Pflichtverstoßes (Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des SGB IX) angenommen habe. Die erforderliche und vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts darf nicht mit einer - nicht möglichen - nachträglichen „Heilung“ oder „Beseitigung“ eines Verstoßes beispielsweise gegen § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 53 zu einer „Nacheinladung“ nach bereits zuvor erfolgter Absage) verwechselt werden.

48

cc) Ebenfalls hält die weitere Würdigung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Auch in der Gesamtbetrachtung aller Umstände - der Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX und des zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellten Gesprächsverlaufs im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug der Abteilung Gründungsservice in Obergeschosse eines Gebäudes ohne Fahrstuhl - konnte es die erste Stufe der Darlegungs- und Beweislastverteilung des § 22 AGG als nicht erfüllt ansehen.

49

(1) Das trifft für die Würdigung zu, dass aus der erfolgten Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten des SGB IX in diesem Fall unter Einbeziehung aller Umstände nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden könne, die Beklagte wolle Bewerbungen von arbeitssuchenden (schwer)behinderten Menschen aus dem Wege gehen.

50

(a) Aus dem Text der Stellenanzeigen, der Einladung des nach den selbst eingereichten Bewerbungsunterlagen offensichtlich behinderten Klägers für beide Bewerbungsrunden und der Einbindung der Schwerbehindertenvertretung durfte das Landesarbeitsgericht ohne Weiteres den Schluss ziehen, dass eine Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht ausreichend dargelegt ist.

51

(b) Soweit der Kläger meint, das Landesarbeitsgericht sei unzutreffend von einer „Einbeziehung“ der Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen ausgegangen, während die Beklagte selbst nur eine Auswahlentscheidung „im Beisein“ der Schwerbehindertenvertretung vorgetragen habe, ergibt sich nichts anderes. Das Landesarbeitsgericht hat zur „Einbeziehung“ der Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen zwar verschiedene Begriffe benutzt („im Beisein“, „anwesend war“ und „mit einbezogen“), diese jedoch erkennbar gleichbedeutend verstanden und verwendet: Es ging immer um den Gegensatz zu „nicht erst … nachträglich“.

52

(2) Auch das Gespräch zum Umzug in ein Gebäude ohne Fahrstuhl einschließlich des zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellten Gesprächsverlaufs mit Nachfragen zu seiner Gehbehinderung zwang nicht zu einer anderen Bewertung.

53

(a) In der Bewerbungssituation nachzufragen, welche Einschränkungen sich aus einer in den Bewerbungsunterlagen angegebenen Behinderung ergeben, ist unter der Voraussetzung unbedenklich, dass damit die Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen [UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK]; zur mangelnden ausdrücklichen Umsetzung im AGG, zur Einbeziehung in § 8 Abs. 1 AGG und in der unionsrechtskonformen Auslegung von § 241 Abs. 2 BGB vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53) zum Tragen kommt. Eine solche, besonderen Umständen geschuldete Nachfrage im Bewerbungsgespräch bezogen auf eine vom Bewerber selbst angeführte Schwerbehinderung ist nicht zu verwechseln mit der „Frage nach der (Schwer)behinderung“ (dazu BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 11 ff., BAGE 141, 1) oder der Anerkennung als Schwerbehinderte(r) (dazu BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 396/10 - Rn. 17).

54

(aa) Die Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ ist im Zusammenhang der Richtlinie 2000/78/EG auf die Beseitigung der verschiedenen Barrieren gerichtet, die die volle und wirksame Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, behindern. Diese Verpflichtung wird dadurch begrenzt, dass keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung des (potentiellen) Arbeitgebers verlangt wird (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 und C-337/11 - [HK Danmark, auch genannt „Ring, Skouboe Werge“] Rn. 49 ff., 66, 68; 11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacón Navas] Rn. 50, Slg. 2006, I-6467; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 50 ff.). Dabei können im Rahmen des AGG auch Verpflichtungen aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX(zu einer Frage im Bewerbungsgespräch bezogen darauf vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 54, BAGE 144, 275) und zur Gleichstellung und Barrierefreiheit nach dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) von Bedeutung sein.

55

(bb) Bei der Beurteilung einer solchen Nachfrage im Zusammenhang mit einer Behinderung ist sicherzustellen, dass die Verwirklichung des mit der Richtlinie 2000/78/EG verfolgten Ziels nicht beeinträchtigt wird (insoweit übertragbar ua. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 40). Die Frage muss deshalb einen objektiven - und wünschenswerterweise zu Beginn der Nachfrage darzulegenden - Anlass haben. Beispielsweise kann es um die Klärung gehen, ob ergänzende Maßnahmen der Herstellung von Barrierefreiheit dienen können, um die tatsächliche Arbeitsaufnahme zu ermöglichen, etwa der Einbau von weiteren Handläufen im Treppenhaus oder die Bereitstellung eines ebenerdigen Arbeitsraums außerhalb der Abteilung. Dabei ist es von der Würdigung der Umstände im Einzelfall abhängig, ob eine Frage im Hinblick auf einen Bedarf an Hilfsmitteln oder baulichen Maßnahmen ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung darstellt (vgl. zu einer vergleichbaren Frage im Zusammenhang von § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX ebenso BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 54, BAGE 144, 275).

56

(cc) Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt kein Verschulden oder gar eine Benachteiligungsabsicht voraus(ua. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 37 mwN). Deshalb kann bereits ein lediglich „unglücklicher“ Gesprächsverlauf einen Anspruch auf Entschädigung begründen.

57

(b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht in der Nachfrage zu der Gehbehinderung des Klägers - den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt - kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung gesehen hat. Dabei hat das Gericht den gesamten Vortrag des Klägers berücksichtigt und umfassend und widerspruchsfrei gewürdigt.

58

(aa) Zwar entspricht die vom Landesarbeitsgericht der Beklagten unterstellte „Fragerichtung“ (ob und inwieweit die körperliche Beeinträchtigung einem etwaigen Einsatz als Communitymanager entgegenstehe) nicht den oben genannten Vorgaben von Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 UN-BRK und auch nicht den ähnlich gelagerten Vorgaben von § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX. Danach steht „ermöglichen“ im Fokus, nicht „entgegenstehen“. Es ist gleichwohl nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht unter Zugrundelegung des gesamten vom Kläger geschilderten Gesprächsverlaufs kein Indiz gesehen hat, das eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermuten lässt. Es hat dabei besonders bedacht, dass am Schluss des Gesprächs eine abschließende Feststellung der Abteilungsleiterin erfolgt sein soll, dass der Kläger „trotz seiner Gehbehinderung wohl keinen Aufzug benötige“, um in die im Obergeschoss gelegenen Büroräume zu gelangen. Das Landesarbeitsgericht hat dies dahin gehend gewertet, dass „auch aus Sicht der Beklagten die Gehbehinderung des Klägers seinem Einsatz auf den ausgeschriebenen Stellen nicht entgegenstand“. Diese Bewertung ist vertretbar und somit im Rahmen von § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu beanstanden.

59

(bb) Soweit der Kläger meint, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sei verletzt (vgl. zu den Anforderungen der Darlegung: BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 26), weil das Landesarbeitsgericht seinen Sachvortrag zu Nachfragen zu seiner Schwerbehinderung übergangen habe, ist dies unbegründet. Dabei kann zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass sich seine Rügen nicht gegen tatbestandliche Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, sondern gegen den Weg richten, auf dem dieses seine Überzeugung gewonnen hat. Der Kläger übersieht bereits, dass das Landesarbeitsgericht ihm gestellte Fragen des zu seinen Gunsten unterstellten Gesprächsverlaufs nicht übergangen hat. So ist die Frage „was haben Sie genau?“ in der Frage „nach der Art seiner Schwerbehinderung“ enthalten. Auch die Nachfrage, wie er die Stufen „gepackt“ habe, hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich wiedergegeben, nur mit dem Wort „bewältigt“. Tatsächlich setzt der Kläger lediglich seine eigene Würdigung der Situation an die Stelle derer des Landesarbeitsgerichts, ohne Verstöße gegen Erfahrungs- und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung darzulegen. Das reicht nicht aus (vgl. auch BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 31; 13. Februar 2003 - 8 AZR 654/01 - zu II 5 der Gründe, BAGE 104, 358).

60

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Winter    

        

    Kiel    

        

        

        

    v. Schuckmann    

        

    Volz    

                 

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juni 2011 - 13 Sa 366/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung eines Schmerzensgeldes, weil sich der Kläger bei internen Stellenausschreibungen aufgrund seines befristeten Arbeitsvertrags und seiner Schwerbehinderung benachteiligt sieht.

2

Der Kläger ist Schwerbehinderter mit einem GdB 50. Der Kläger war zunächst ohne Sachgrund vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 beim beklagten Land befristet beschäftigt. Diese Beschäftigung wurde sodann einvernehmlich bis zum 30. September 2009 verlängert. Der Kläger war als Assistent im Dezernat S des Landesamtes für S tätig. Sein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt in der Entgeltgruppe 3 TV-L belief sich auf 1.907,00 Euro.

3

Das beklagte Land vereinbarte mit der Schwerbehindertenvertretung sowie dem Personalrat am 3. März 2009 eine Integrationsvereinbarung. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2. Kapitel - Zielvereinbarungen

        

2.1. Einstellung

        

…       

        

Bei internen wie bei externen Stellenausschreibungen ist schwerbehinderten und gleichgestellten Stellenbewerbern/Stellenbewerberinnen gegenüber anderen bei gleicher fachlicher Eignung der Vorzug zu geben. Schwerbehinderte Frauen sollen besonders berücksichtigt werden.

        

…       

        

Befristete Arbeitsverträge mit schwerbehinderten Menschen werden vor Ablauf der Befristung unter Ausschöpfung aller Förder- und Einsatzmöglichkeiten auf unbefristete Weiterbeschäftigung überprüft. Das Ergebnis der Prüfung ist arbeitgeberseits aktenkundig zu machen.“

4

Mitte 2009 schrieb das beklagte Land eine ab dem 1. August 2009 zu besetzende Stelle einer Assistentin/eines Assistenten im Dezernat S im Landesamt für S aus. Die Ausschreibung richtete sich ausschließlich an Beschäftigte der Landesverwaltung B, die sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befanden. Der mit der ausgeschriebenen Tätigkeit befasste, aber in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehende Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 20. Juni 2009 auf diese Stelle und wies dabei auf seine Schwerbehinderung hin. Ein Bewerbungsgespräch mit ihm fand am 16. Juli 2009 statt. Schließlich entschied sich das beklagte Land für eine Bewerberin, die ebenfalls schwerbehindert ist. Landesweit schrieb das beklagte Land weiter im Intranet fünf Stellen aus, wobei sich die Ausschreibung wiederum ausschließlich an Beschäftigte der Landesverwaltung richtete, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen. Auf diese Stellen bewarb sich der Kläger nicht.

5

Mit Schreiben vom 11. August 2009 wandte sich der Kläger an die Präsidentin seiner Beschäftigungsbehörde und bat zu prüfen, ob er über den 30. September 2009 hinaus weiterbeschäftigt werden könne. Das beklagte Land verwies zunächst auf den Vorrang unbefristet im Landesdienst Beschäftigter und teilte schließlich unter dem 9. September 2009 dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung am 30. September 2009 enden werde. Mit einer an diesem Tag beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses und hilfsweise die Verurteilung des beklagten Landes zur Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Erstmals im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 15. Dezember 2010 hat der Kläger hilfsweise den Antrag gestellt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld wegen Diskriminierung in den Bewerbungsverfahren zu zahlen.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass es unzulässig sei, wenn sich eine landesverwaltungsinterne Stellenausschreibung des beklagten Landes ausschließlich an Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Landesverwaltung richte, die sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinden. Dies stelle einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 TzBfG dar. Wäre er nicht von vornherein von einer Bewerbung ausgeschlossen worden, wäre er für die ausgeschriebenen Stellen geeignet und laut der Verpflichtung des beklagten Landes in der Integrationsvereinbarung als Schwerbehinderter auch bevorzugt zu berücksichtigen gewesen. Unerheblich sei, dass sich der Kläger auf die fünf von ihm in Bezug genommenen Stellenausschreibungen nicht beworben habe. Er sei durch den Ausschreibungstext bereits von einer Bewerbung abgehalten worden. Über das Intranet seien die diskriminierenden Stellenausschreibungen auch einem nur eingeschränkten Personenkreis, ua. ihm selbst, zugegangen. Es sei auch kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung von befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern anzunehmen. Das beklagte Land könne sich insbesondere nicht auf haushaltsrechtliche Erwägungen stützen. Gründe für eine Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG hätten nicht vorgelegen. Das beklagte Land müsse seine Auswahlkriterien an Art. 33 Abs. 2 GG ausrichten und dürfe nicht das Argument, Kosten sparen zu wollen, in den Vordergrund stellen.

7

Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung hat der Kläger zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 1.000,00 Euro liegen sollte, wegen Diskriminierung des Klägers bei den Bewerbungsverfahren des Landes Brandenburg zu zahlen.

8

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages hat das beklagte Land die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Schmerzensgeldanspruch unter keinem Gesichtspunkt zu. Bei der Stelle eines Assistenten Schwerbehindertenrecht, auf die er sich beworben habe, habe er nicht berücksichtigt werden können, weil im Ergebnis eine Bewerberin - ebenfalls schwerbehindert - besser geeignet gewesen sei. Eine Diskriminierung des Klägers bezüglich der übrigen Stellenausschreibungen liege schon deshalb nicht vor, weil sich dieser auf die Stellenausschreibungen nicht beworben habe. Im Übrigen sei der öffentliche Arbeitgeber berechtigt, das Anforderungsprofil einer Stelle zu erstellen und er könne dabei auch den Bewerberkreis auf solche Bewerber beschränken, die bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Im Ergebnis sei der Kläger weder aufgrund seiner Schwerbehinderung noch wegen der Ausschreibung an unbefristet beschäftigte Bewerber diskriminiert worden.

9

Die auf Befristungskontrollklage, hilfsweise auf Beschäftigung und weiter hilfsweise auf Schmerzensgeldzahlung gerichtete Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 7 AZN 1019/11 - die Revision insoweit zugelassen, als die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts über den hilfsweise gestellten Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zurückgewiesen wurde. Mit seiner insoweit beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel einer Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung eines Schmerzensgeldes weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes oder einer Entschädigung aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung oder als befristet Beschäftigter steht dem Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet: Anspruch auf ein Schmerzensgeld habe der Kläger nicht, da er bei den Bewerbungsverfahren nicht diskriminiert worden sei. Soweit der Kläger die Ausschreibung unbefristeter Stellen nur für solche Bewerber, die bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stünden, gerügt habe, liege schon eine Diskriminierung nach § 4 Abs. 2 TzBfG deshalb nicht vor, weil sich der Kläger auf derartige Stellen nicht beworben habe. Eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Benachteiligung löse einen Entschädigungsanspruch nach deutschem Recht nicht aus.

12

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis.

13

I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht deshalb aufzuheben, weil es keinen oder einen nur unzureichenden Tatbestand enthält.

14

1. Ein Berufungsurteil muss grundsätzlich zumindest einen den Anforderungen des § 69 Abs. 3 ArbGG genügenden Tatbestand enthalten. Ohne festgestellten Sachverhalt kann ein Urteil vom Revisionsgericht nicht überprüft werden, weil dann nicht klar ist, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung und Rechtsanwendung zugrunde gelegt hat. Dies gilt auch, wenn die Revision vom Landesarbeitsgericht nicht zugelassen worden ist. Darin liegt kein Fall des § 69 Abs. 2 ArbGG iVm. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG ist ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil nicht „unzweifelhaft“ unzulässig(vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 11, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 66 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 61; 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5). Enthält das Berufungsurteil keinen oder einen nur unzureichenden Tatbestand, ist es vom Revisionsgericht von Amts wegen aufzuheben. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Zweck des Revisionsverfahrens deshalb erreicht werden kann, weil die Entscheidungsgründe hinreichende Anhaltspunkte zum Sach- und Streitstand enthalten und die aufgeworfenen Fragen danach beurteilt werden können (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - aaO; 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - aaO; ErfK/Koch 13. Aufl. § 69 ArbGG Rn. 5).

15

2. Der Tatbestand des Berufungsurteils beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Gründe des Urteils des Arbeitsgerichts, eigene tatsächliche Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Gleichwohl bietet das Urteil des Berufungsgerichts in der Zusammenschau von Tatbestand und Entscheidungsgründen eine ausreichende Grundlage für eine revisionsrechtliche Kontrolle. In die Revisionsinstanz ist aufgrund der beschränkten Zulassung der Revision nur noch der Streitgegenstand gelangt, ob dem Kläger ein Schmerzensgeld zusteht, weil er vom beklagten Land bei Bewerbungsverfahren vor allem wegen seines befristeten Arbeitsverhältnisses, aber auch wegen seiner Schwerbehinderung unberücksichtigt geblieben, also benachteiligt worden ist. Aus der Wiedergabe der Urteilsgründe des Arbeitsgerichts ergibt sich, dass der Kläger zunächst bis zum 30. September 2008 und dann bis zum 30. September 2009 sachgrundlos befristet beschäftigt wurde. Weiter ergeben sich aus den Gründen des Urteils des Arbeitsgerichts, auf die sich das Landesarbeitsgericht bezogen hat, die für den Schmerzensgeldanspruch wesentlichen Tatsachen, die im Kern auch unstreitig sind. Diese ergeben sich zudem aus den im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätzen, die das Berufungsgericht ebenfalls in Bezug genommen hat. Damit sind die für eine revisionsrechtliche Kontrolle des Schmerzensgeldanspruchs des Klägers maßgeblichen Fakten aus dem Berufungsurteil noch ersichtlich.

16

II. Die Klage ist auch zulässig. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Kläger seine Schmerzensgeldforderung nicht beziffert hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn er diejenigen Tatsachen, die dem Gericht eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ermöglichen, darlegt sowie die Größenordnung der geltend gemachten Forderungen angibt(BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

17

III. Die Klage ist jedoch unbegründet.

18

1. Ein Anspruch auf Entschädigung oder „Schmerzensgeld“ nach § 15 Abs. 2 AGG, weil der Kläger bei seiner Bewerbung wegen seiner Behinderung benachteiligt worden wäre, besteht nicht.

19

a) Nach dem Wortlaut seines Antrages begehrt der Kläger zwar ein „Schmerzensgeld“. Der Antrag ist jedoch der Auslegung zugänglich. § 15 Abs. 2 AGG stellt im Arbeitsrecht eine ausdrückliche materielle Grundlage für die Kompensation immaterieller Schäden dar. Eine solche Entschädigung wäre auch von einer dem Wortlaut nach geltend gemachten „Schmerzensgeld“-Forderung umfasst.

20

b) Das Klagebegehren kann jedoch auf diese Anspruchsgrundlage nicht gestützt werden, weil der Anspruch nicht nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht wurde. Die am 30. September 2009 anhängig gemachte Klage war zunächst nur auf Befristungskontrolle, hilfsweise auf Beschäftigung gerichtet. Darin liegt nicht zugleich die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Erstmals im Kammertermin vom 15. Dezember 2010 hat der Kläger durch eine zu Protokoll erklärte Klageerweiterung den Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem beklagten Land geltend gemacht. Dies wahrte die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nicht. Zwar haben weder das Arbeits- noch das Landesarbeitsgericht Feststellungen darüber getroffen, wann dem Kläger mitgeteilt wurde, dass er in dem Bewerbungsverfahren, in dem er sich auf die Stelle eines Assistenten im Schwerbehindertenrecht mit Schreiben vom 20. Juni 2009 beworben hatte, keine Berücksichtigung findet. Jedenfalls wurde dem Kläger aber mit Schreiben vom 9. September 2009 mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. September 2009 fortgesetzt wird. Die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs erst am 15. Dezember 2010 wahrt die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG folglich nicht.

21

c) Soweit der Kläger sich wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft, also als Behinderter, benachteiligt sieht, kommt auch kein Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG in Betracht. Zum einen hat der Kläger insoweit keine anspruchsbegründenden Tatsachen dargelegt, zum anderen ist aus dem unstreitigen Sachverhalt kein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, was die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers anbelangt, gegenüber dem beklagten Land abzuleiten. Zudem hat der Senat selbst für geltend gemachte materielle Schäden wegen der Diskriminierung aufgrund eines im AGG genannten verbotenen Merkmals entschieden, dass insoweit die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist einzuhalten ist(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 32 ff., AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

22

2. Auch soweit sich der Kläger bei seiner Bewerbung deswegen benachteiligt sieht, weil sich die Ausschreibung nur an Bewerber mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land richtete, kommt ein Schmerzensgeldanspruch nicht in Betracht.

23

a) Auf das AGG - wiederum im Sinne eines Entschädigungsanspruchs - kann der Kläger einen solchen Anspruch schon deswegen nicht stützen, weil das Merkmal, dass der Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis steht, nicht von den in § 1 AGG abschließend aufgeführten Merkmalen erfasst wird.

24

b) Auch aus § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG folgt kein Anspruch auf „Schmerzensgeld“.

25

aa) Nach dieser Bestimmung darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. § 4 Abs. 2 TzBfG ist eine spezielle Ausprägung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes(BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu III der Gründe, BAGE 109, 369 = AP TVG § 3 Nr. 31 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 4; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 17; Thüsing in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 4 Rn. 16; APS/Greiner 4. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 3). Eine Diskriminierungsabsicht ist für die Verwirklichung des Diskriminierungsverbots nicht erforderlich (ErfK/Preis 13. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 37).

26

bb) Ob vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm erfüllt sind, kann schon deswegen offen bleiben, weil der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 TzBfG als Rechtsfolge nicht die Zahlung einer immateriellen Entschädigung oder eines Schmerzensgeldes wegen Diskriminierung vorgesehen hat. Als Ausprägung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist der Anspruch auf die Beseitigung einer Ungleichbehandlung gerichtet. Der Arbeitnehmer, der in einem nur befristeten Arbeitsverhältnis steht, kann grundsätzlich das gleiche Entgelt oder andere geldwerte Leistungen beanspruchen wie vergleichbare Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Im Zweifel findet eine „Anpassung nach oben“ statt (vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 518/09 - Rn. 28, BAGE 136, 36 = AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 72 = EzA GG Art. 33 Nr. 39; Sievers TK-TzBfG 4. Aufl. § 4 Rn. 69). Ein solcher Ausgleich materieller Nachteile umfasst keinen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, also einen Anspruch auf Schmerzensgeld- oder Entschädigungszahlung.

27

c) Auch aus einem Verstoß des beklagten Landes gegen vertragliche (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG) oder gesetzliche (§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG) Pflichten, lässt sich vorliegend ein Anspruch des Klägers auf Ersatz seines immateriellen Schadens im Sinne eines Schmerzensgeldanspruchs oder eines Anspruchs auf Entschädigung nicht ableiten.

28

aa) Es kann dahinstehen, ob ein etwaiger Verstoß des Arbeitgebers gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG zugleich einen Verstoß des Arbeitgebers gegen seine vertraglichen Pflichten darstellt, § 241 Abs. 2 BGB. Dagegen spricht, dass der Gesetzgeber im TzBfG keine Regelung vorgesehen hat, wie er sie für die Diskriminierungsverbote des AGG in § 7 Abs. 3 AGG geschaffen hat. Ebenso kann dahinstehen, ob § 4 Abs. 2 TzBfG ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB ist(bejahend für § 2 Abs. 1 BeschFG aF: BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 32/00 - zu B I 1 der Gründe, AP BGB § 823 Schutzgesetz Nr. 27 = EzA BGB § 852 Nr. 1; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 48).

29

bb) Jedenfalls scheiterte sowohl ein vertraglicher als auch ein deliktischer Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld daran, dass § 253 Abs. 1 BGB einen Entschädigungsanspruch bei Verletzung des § 4 Abs. 2 TzBfG ausschließt. Vorliegend macht der Kläger keinen materiellen Schaden geltend. Nach § 253 Abs. 1 BGB können Entschädigungen in Geld wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Außerdem kann immaterieller Schadensersatz verlangt werden, wenn eines der in § 253 Abs. 2 BGB aufgezählten Rechtsgüter verletzt wurde. Dazu gehört die Diskriminierung wegen eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht. Eine billige Entschädigung in Geld kann nur wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung verlangt werden, nicht jedoch aufgrund einer Benachteiligung wegen der Befristung des Arbeitsvertrags.

30

d) § 253 Abs. 2 BGB kann auf den vorliegenden Fall auch nicht analog angewendet werden, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

31

Der Gesetzgeber wollte mit der zum 1. August 2002 in Kraft getretenen Neufassung des Schmerzensgeldanspruchs durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) die Diskrepanz zwischen dem Deliktsrecht und dem Vertragsrecht, nach der gemäß § 847 aF BGB Schmerzensgeld nur im Falle einer deliktischen Haftung geschuldet war, beseitigen(BT-Drucks. 14/7752 S. 14 ff.). Es sollte ein Schmerzensgeld auch im Falle einer vertraglichen Verschuldens- sowie der Gefährdungshaftung in Betracht kommen. § 847 aF BGB wurde zu diesem Zweck weitgehend übernommen, den relevanten Rechtsgutsverletzungen fügte der Gesetzgeber noch das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung hinzu(BT-Drucks. 14/7752 S. 24).

32

Bei § 253 Abs. 2 BGB handelt es sich, wie bereits § 253 Abs. 1 BGB klarstellt, um eine abschließende Aufzählung. § 253 Abs. 1 BGB statuiert ein Analogieverbot(MüKoBGB/Oetker 6. Aufl. § 253 Rn. 7). Sinn und Zweck der Norm ist es, dem Grundsatz Rechnung zu tragen, dass immaterielle Schäden wegen der damit verbundenen Bewertungsprobleme nicht ausgeglichen werden (NK-BGB/Huber 2. Aufl. § 253 Rn. 4; Spindler in BeckOK BGB Stand 1. Februar 2013 § 253 Rn. 7). Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Geschädigte bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 4 Abs. 2 TzBfG eine Entschädigung verlangen könnte, hätte er dies im Gesetz ausdrücklich klarstellen müssen. Die Konfliktlage musste ihm auch bewusst sein. Bei dem Inkrafttreten der Neufassung des § 253 BGB zum 1. August 2002 war § 4 Abs. 2 TzBfG bereits seit 1. Januar 2001 in Kraft (BGBl. I 2000 S. 1966). Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers besteht daher kein Raum (vgl. auch BGH 23. Juli 2010 - V ZR 142/09 - Rn. 9, NJW 2010, 3160 für die Ablehnung eines Schmerzensgeldanspruchs bei einem Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB).

33

e) Soweit er eine Benachteiligung als befristet Beschäftigter geltend macht, kann der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, § 280 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG stützen.

34

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt eine Entschädigungszahlung eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. ein schweres Verschulden des Handelnden voraus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 42, AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 72, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1; vgl. auch BGH 4. November 2004 - III ZR 361/03 - BGHZ 161, 33). Geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO).

35

Wiederum hat aber auch der Kläger insoweit nicht vorgetragen, dass er durch die - unterstellte - unzulässige Benachteiligung wegen seines befristeten Arbeitsvertrags eine schwere Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts habe erdulden müssen.

36

f) Auch eine Auslegung von § 4 Abs. 2 TzBfG unter Beachtung von § 4 Nr. 1 der in die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 inkorporierten Rahmenvereinbarung (Rahmenvereinbarung), deren Umsetzung in das nationale Recht § 4 Abs. 2 TzBfG diente, führt zu keinem anderen Ergebnis.

37

aa) Gemäß § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dürfen befristet beschäftigte Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung besonders wichtige Grundsätze des Sozialrechts der Gemeinschaft und zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts zu zählen (EuGH 22. Dezember 2010 - C-444/09 und C-456/09 - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 41, Slg. 2010, I-14031). § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung ist zudem unbedingt und hinreichend genau, um ab dem Zeitpunkt, zu dem die den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG gesetzte Frist abgelaufen ist, von einem Einzelnen vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Staat in Anspruch genommen werden zu können; der Bestimmung kommt mithin eine unmittelbare Wirkung zu (vgl. EuGH 18. Oktober 2012 - C-302/11 bis C-305/11 - [Valenza] Rn. 70, NZA 2013, 261; 22. Dezember 2010 - C-444/09 und C-456/09 - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 83, aaO). Nach § 4 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung wird es den Mitgliedstaaten überlassen, Anwendungsmodalitäten dieser Bestimmung im nationalen Recht festzulegen. Die Rahmenvereinbarung selbst sieht nicht vor, dass einem wegen seines befristeten Beschäftigungsverhältnisses benachteiligten Arbeitnehmer neben oder anstelle des Anspruchs auf Gleichbehandlung ein Anspruch auf Zahlung einer immateriellen Entschädigung zustehen muss.

38

bb) Auch der unionsrechtliche Grundsatz der Effektivität gebietet nichts anderes. In Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 und Unterabs. 3 EUV in der Fassung von 2008 heißt es, dass die Mitgliedstaaten ua. „alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen [ergreifen], die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben“, und „alle Maßnahmen [unterlassen], die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten“; dazu gehören auch die mit den Richtlinien verfolgten Ziele (EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 41, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 24 = EzA AGG § 22 Nr. 5). Ziel der Rahmenvereinbarung ist es nach deren § 1 Buchst. a, durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern. Dieses Ziel kann effektiv dadurch erreicht werden, dass dem benachteiligten Arbeitnehmer ein Anspruch auf Gleichbehandlung zugestanden wird. Dies ist durch § 4 Abs. 2 TzBfG geschehen. Der Kläger hätte, gestützt auf diese Vorschrift - ggf. im Klageweg - verlangen können, zum Bewerbungsverfahren zugelassen zu werden. Sofern er sich beworben hätte, alle weiteren Kriterien des Anforderungsprofils erfüllte, die Stelle noch nicht besetzt worden sei und er unter Berücksichtigung von Art. 33 Abs. 2 GG der am besten geeignete Bewerber gewesen wäre, hätte er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Einstellung und Zuweisung eines unbefristeten Arbeitsvertrags gehabt(vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 73 = EzA GG Art. 33 Nr. 40). Ist eine Gleichbehandlung nicht mehr möglich, käme allenfalls ein auf § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG gestützter materieller Schadensersatz in Betracht, nicht aber der Ausgleich eines bloß immateriellen Schadens.

39

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, er sei bereits durch die diskriminierende Ausschreibung abgehalten worden, sich zu bewerben. Lässt eine Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber einen Ermessensspielraum, welche Maßnahmen er zur Umsetzung des in der Richtlinie genannten Ziels ergreift (vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV), so sind die Rechte des betroffenen Arbeitnehmers darauf beschränkt, die vom nationalen Gesetzgeber vorgesehenen Rechte wahrzunehmen (vgl. EuGH 10. April 1984 - C-14/83 - [von Colson und Kamann] Rn. 18, Slg. 1984, 1891 = AP BGB § 611a Nr. 2). Dem Arbeitnehmer steht kein Wahlrecht zu zwischen der ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Geltendmachung der Gleichbehandlung und einem nicht geregelten Entschädigungsanspruch.

40

3. Soweit der Kläger sich benachteiligt sieht, weil das beklagte Land ferner fünf weitere Stellen für unbefristet beschäftigte Bewerber ausgeschrieben hat, kann er Ansprüche schon deswegen nicht geltend machen, weil er sich auf diese Stellen nicht beworben hat. Will ein Arbeitnehmer individuelle Rechte aus § 4 Abs. 2 TzBfG herleiten, müssen dessen Voraussetzungen in seiner Person vollständig erfüllt sein. Dies ist hier nicht der Fall. Es fehlt an einer schlechteren Behandlung des Klägers gegenüber vergleichbaren, nicht befristet beschäftigten Arbeitnehmern.

41

a) Wird eine Stelle unter Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot ausgeschrieben, so besteht die benachteiligende Maßnahme bei einer schutzzweckorientierten Auslegung nicht schon in der Veröffentlichung der diskriminierenden Stellenanzeige, sondern in der Ablehnung bzw. Nichtberücksichtigung des Arbeitnehmers im Bewerbungsverfahren (vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - [Eurokauffrau] Rn. 19, BVerfGK 9, 218 = AP BGB § 611a Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 4). Nach hM begründet ein Verstoß gegen die Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben, die Vermutung, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten verbotenen Merkmals erfolgt(BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), die diskriminierende Ausschreibung begründet aber selbst keine Entschädigungsansprüche (ErfK/Schlachter 13. Aufl. § 11 AGG Rn. 2; Suckow in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 11 Rn. 53; Däubler/Bertzbach - Buschmann 2. Aufl. § 11 Rn. 24; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 11 Rn. 8; HWK/Rupp 5. Aufl. § 11 AGG Rn. 2; aA Roloff in BeckOK Arbeitsrecht Stand 1. Dezember 2012 § 11 AGG Rn. 7). Es besteht kein Grund, die zu dem AGG bestehende Rechtslage nicht auch auf Stellenausschreibungen zu übertragen, bei denen die Diskriminierung nur nicht an ein in § 1 AGG genanntes Merkmal anknüpft, sondern an die Befristung eines Arbeitsvertrags(§ 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG).

42

b) Der befristet beschäftigte Arbeitnehmer muss also bei der Benachteiligung, dh. der Nichtberücksichtigung im Stellenbesetzungsverfahren, mit dem erfolgreichen Bewerber, der bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land stand, vergleichbar gewesen sein. In einer Bewerbungssituation bezieht sich die Vergleichbarkeit denknotwendig auf die Erfüllung des Anforderungsprofils und, um überhaupt in den Kreis der Bewerber zu gelangen, auch auf die Bewerbung als solche. Eine solche vergleichbare Situation mit den letztendlich erfolgreichen Bewerbern lag hier nicht vor. Im Gegensatz zu diesen hatte der Kläger keine Bewerbung eingereicht. Schon deswegen konnte er im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Schon für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG hat der Senat erkannt, dass der Anspruch eine Bewerbung des Arbeitnehmers voraussetzt, § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30 ff., AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Beteiligung vermag eine Entschädigung nicht auszulösen. Dies gilt gleichermaßen für das AGG wie für das spezielle Diskriminierungsverbot in § 4 Abs. 2 TzBfG. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 25, Slg. 2008, I-5187). Dem Fall, den der Gerichtshof der Europäischen Union zu beurteilen hatte, lag kein individueller Entschädigungsanspruch eines abgewiesenen Bewerbers zugrunde, sondern die Klage eines Zentrums für Chancengleichheit und für die Bekämpfung von Rassismus (Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2000/43/EG). Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der Rahmenvereinbarung im Rahmen seines durch das Europäische Recht eröffneten Spielraums nicht für eine derartige Verbandsklagemöglichkeit entschieden. Der Europäische Gerichtshof hat einen Entschädigungsanspruch eines von einem diskriminierenden Stellenprofil nur abstrakt betroffenen Arbeitnehmers mit seinem Urteil ebenfalls nicht bejaht.

43

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wankel    

                 

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juni 2011 - 13 Sa 366/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung eines Schmerzensgeldes, weil sich der Kläger bei internen Stellenausschreibungen aufgrund seines befristeten Arbeitsvertrags und seiner Schwerbehinderung benachteiligt sieht.

2

Der Kläger ist Schwerbehinderter mit einem GdB 50. Der Kläger war zunächst ohne Sachgrund vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 beim beklagten Land befristet beschäftigt. Diese Beschäftigung wurde sodann einvernehmlich bis zum 30. September 2009 verlängert. Der Kläger war als Assistent im Dezernat S des Landesamtes für S tätig. Sein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt in der Entgeltgruppe 3 TV-L belief sich auf 1.907,00 Euro.

3

Das beklagte Land vereinbarte mit der Schwerbehindertenvertretung sowie dem Personalrat am 3. März 2009 eine Integrationsvereinbarung. Darin heißt es auszugsweise:

        

„2. Kapitel - Zielvereinbarungen

        

2.1. Einstellung

        

…       

        

Bei internen wie bei externen Stellenausschreibungen ist schwerbehinderten und gleichgestellten Stellenbewerbern/Stellenbewerberinnen gegenüber anderen bei gleicher fachlicher Eignung der Vorzug zu geben. Schwerbehinderte Frauen sollen besonders berücksichtigt werden.

        

…       

        

Befristete Arbeitsverträge mit schwerbehinderten Menschen werden vor Ablauf der Befristung unter Ausschöpfung aller Förder- und Einsatzmöglichkeiten auf unbefristete Weiterbeschäftigung überprüft. Das Ergebnis der Prüfung ist arbeitgeberseits aktenkundig zu machen.“

4

Mitte 2009 schrieb das beklagte Land eine ab dem 1. August 2009 zu besetzende Stelle einer Assistentin/eines Assistenten im Dezernat S im Landesamt für S aus. Die Ausschreibung richtete sich ausschließlich an Beschäftigte der Landesverwaltung B, die sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befanden. Der mit der ausgeschriebenen Tätigkeit befasste, aber in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehende Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 20. Juni 2009 auf diese Stelle und wies dabei auf seine Schwerbehinderung hin. Ein Bewerbungsgespräch mit ihm fand am 16. Juli 2009 statt. Schließlich entschied sich das beklagte Land für eine Bewerberin, die ebenfalls schwerbehindert ist. Landesweit schrieb das beklagte Land weiter im Intranet fünf Stellen aus, wobei sich die Ausschreibung wiederum ausschließlich an Beschäftigte der Landesverwaltung richtete, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen. Auf diese Stellen bewarb sich der Kläger nicht.

5

Mit Schreiben vom 11. August 2009 wandte sich der Kläger an die Präsidentin seiner Beschäftigungsbehörde und bat zu prüfen, ob er über den 30. September 2009 hinaus weiterbeschäftigt werden könne. Das beklagte Land verwies zunächst auf den Vorrang unbefristet im Landesdienst Beschäftigter und teilte schließlich unter dem 9. September 2009 dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung am 30. September 2009 enden werde. Mit einer an diesem Tag beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses und hilfsweise die Verurteilung des beklagten Landes zur Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Erstmals im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 15. Dezember 2010 hat der Kläger hilfsweise den Antrag gestellt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld wegen Diskriminierung in den Bewerbungsverfahren zu zahlen.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass es unzulässig sei, wenn sich eine landesverwaltungsinterne Stellenausschreibung des beklagten Landes ausschließlich an Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Landesverwaltung richte, die sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinden. Dies stelle einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 TzBfG dar. Wäre er nicht von vornherein von einer Bewerbung ausgeschlossen worden, wäre er für die ausgeschriebenen Stellen geeignet und laut der Verpflichtung des beklagten Landes in der Integrationsvereinbarung als Schwerbehinderter auch bevorzugt zu berücksichtigen gewesen. Unerheblich sei, dass sich der Kläger auf die fünf von ihm in Bezug genommenen Stellenausschreibungen nicht beworben habe. Er sei durch den Ausschreibungstext bereits von einer Bewerbung abgehalten worden. Über das Intranet seien die diskriminierenden Stellenausschreibungen auch einem nur eingeschränkten Personenkreis, ua. ihm selbst, zugegangen. Es sei auch kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung von befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern anzunehmen. Das beklagte Land könne sich insbesondere nicht auf haushaltsrechtliche Erwägungen stützen. Gründe für eine Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG hätten nicht vorgelegen. Das beklagte Land müsse seine Auswahlkriterien an Art. 33 Abs. 2 GG ausrichten und dürfe nicht das Argument, Kosten sparen zu wollen, in den Vordergrund stellen.

7

Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung hat der Kläger zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 1.000,00 Euro liegen sollte, wegen Diskriminierung des Klägers bei den Bewerbungsverfahren des Landes Brandenburg zu zahlen.

8

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages hat das beklagte Land die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Schmerzensgeldanspruch unter keinem Gesichtspunkt zu. Bei der Stelle eines Assistenten Schwerbehindertenrecht, auf die er sich beworben habe, habe er nicht berücksichtigt werden können, weil im Ergebnis eine Bewerberin - ebenfalls schwerbehindert - besser geeignet gewesen sei. Eine Diskriminierung des Klägers bezüglich der übrigen Stellenausschreibungen liege schon deshalb nicht vor, weil sich dieser auf die Stellenausschreibungen nicht beworben habe. Im Übrigen sei der öffentliche Arbeitgeber berechtigt, das Anforderungsprofil einer Stelle zu erstellen und er könne dabei auch den Bewerberkreis auf solche Bewerber beschränken, die bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Im Ergebnis sei der Kläger weder aufgrund seiner Schwerbehinderung noch wegen der Ausschreibung an unbefristet beschäftigte Bewerber diskriminiert worden.

9

Die auf Befristungskontrollklage, hilfsweise auf Beschäftigung und weiter hilfsweise auf Schmerzensgeldzahlung gerichtete Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 7 AZN 1019/11 - die Revision insoweit zugelassen, als die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts über den hilfsweise gestellten Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zurückgewiesen wurde. Mit seiner insoweit beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel einer Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung eines Schmerzensgeldes weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes oder einer Entschädigung aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung oder als befristet Beschäftigter steht dem Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet: Anspruch auf ein Schmerzensgeld habe der Kläger nicht, da er bei den Bewerbungsverfahren nicht diskriminiert worden sei. Soweit der Kläger die Ausschreibung unbefristeter Stellen nur für solche Bewerber, die bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stünden, gerügt habe, liege schon eine Diskriminierung nach § 4 Abs. 2 TzBfG deshalb nicht vor, weil sich der Kläger auf derartige Stellen nicht beworben habe. Eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Benachteiligung löse einen Entschädigungsanspruch nach deutschem Recht nicht aus.

12

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis.

13

I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht deshalb aufzuheben, weil es keinen oder einen nur unzureichenden Tatbestand enthält.

14

1. Ein Berufungsurteil muss grundsätzlich zumindest einen den Anforderungen des § 69 Abs. 3 ArbGG genügenden Tatbestand enthalten. Ohne festgestellten Sachverhalt kann ein Urteil vom Revisionsgericht nicht überprüft werden, weil dann nicht klar ist, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung und Rechtsanwendung zugrunde gelegt hat. Dies gilt auch, wenn die Revision vom Landesarbeitsgericht nicht zugelassen worden ist. Darin liegt kein Fall des § 69 Abs. 2 ArbGG iVm. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG ist ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil nicht „unzweifelhaft“ unzulässig(vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 11, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 66 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 61; 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5). Enthält das Berufungsurteil keinen oder einen nur unzureichenden Tatbestand, ist es vom Revisionsgericht von Amts wegen aufzuheben. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Zweck des Revisionsverfahrens deshalb erreicht werden kann, weil die Entscheidungsgründe hinreichende Anhaltspunkte zum Sach- und Streitstand enthalten und die aufgeworfenen Fragen danach beurteilt werden können (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - aaO; 18. Mai 2006 - 6 AZR 627/05 - aaO; ErfK/Koch 13. Aufl. § 69 ArbGG Rn. 5).

15

2. Der Tatbestand des Berufungsurteils beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Gründe des Urteils des Arbeitsgerichts, eigene tatsächliche Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Gleichwohl bietet das Urteil des Berufungsgerichts in der Zusammenschau von Tatbestand und Entscheidungsgründen eine ausreichende Grundlage für eine revisionsrechtliche Kontrolle. In die Revisionsinstanz ist aufgrund der beschränkten Zulassung der Revision nur noch der Streitgegenstand gelangt, ob dem Kläger ein Schmerzensgeld zusteht, weil er vom beklagten Land bei Bewerbungsverfahren vor allem wegen seines befristeten Arbeitsverhältnisses, aber auch wegen seiner Schwerbehinderung unberücksichtigt geblieben, also benachteiligt worden ist. Aus der Wiedergabe der Urteilsgründe des Arbeitsgerichts ergibt sich, dass der Kläger zunächst bis zum 30. September 2008 und dann bis zum 30. September 2009 sachgrundlos befristet beschäftigt wurde. Weiter ergeben sich aus den Gründen des Urteils des Arbeitsgerichts, auf die sich das Landesarbeitsgericht bezogen hat, die für den Schmerzensgeldanspruch wesentlichen Tatsachen, die im Kern auch unstreitig sind. Diese ergeben sich zudem aus den im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätzen, die das Berufungsgericht ebenfalls in Bezug genommen hat. Damit sind die für eine revisionsrechtliche Kontrolle des Schmerzensgeldanspruchs des Klägers maßgeblichen Fakten aus dem Berufungsurteil noch ersichtlich.

16

II. Die Klage ist auch zulässig. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Kläger seine Schmerzensgeldforderung nicht beziffert hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn er diejenigen Tatsachen, die dem Gericht eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ermöglichen, darlegt sowie die Größenordnung der geltend gemachten Forderungen angibt(BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

17

III. Die Klage ist jedoch unbegründet.

18

1. Ein Anspruch auf Entschädigung oder „Schmerzensgeld“ nach § 15 Abs. 2 AGG, weil der Kläger bei seiner Bewerbung wegen seiner Behinderung benachteiligt worden wäre, besteht nicht.

19

a) Nach dem Wortlaut seines Antrages begehrt der Kläger zwar ein „Schmerzensgeld“. Der Antrag ist jedoch der Auslegung zugänglich. § 15 Abs. 2 AGG stellt im Arbeitsrecht eine ausdrückliche materielle Grundlage für die Kompensation immaterieller Schäden dar. Eine solche Entschädigung wäre auch von einer dem Wortlaut nach geltend gemachten „Schmerzensgeld“-Forderung umfasst.

20

b) Das Klagebegehren kann jedoch auf diese Anspruchsgrundlage nicht gestützt werden, weil der Anspruch nicht nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht wurde. Die am 30. September 2009 anhängig gemachte Klage war zunächst nur auf Befristungskontrolle, hilfsweise auf Beschäftigung gerichtet. Darin liegt nicht zugleich die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Erstmals im Kammertermin vom 15. Dezember 2010 hat der Kläger durch eine zu Protokoll erklärte Klageerweiterung den Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem beklagten Land geltend gemacht. Dies wahrte die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nicht. Zwar haben weder das Arbeits- noch das Landesarbeitsgericht Feststellungen darüber getroffen, wann dem Kläger mitgeteilt wurde, dass er in dem Bewerbungsverfahren, in dem er sich auf die Stelle eines Assistenten im Schwerbehindertenrecht mit Schreiben vom 20. Juni 2009 beworben hatte, keine Berücksichtigung findet. Jedenfalls wurde dem Kläger aber mit Schreiben vom 9. September 2009 mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. September 2009 fortgesetzt wird. Die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs erst am 15. Dezember 2010 wahrt die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG folglich nicht.

21

c) Soweit der Kläger sich wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft, also als Behinderter, benachteiligt sieht, kommt auch kein Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG in Betracht. Zum einen hat der Kläger insoweit keine anspruchsbegründenden Tatsachen dargelegt, zum anderen ist aus dem unstreitigen Sachverhalt kein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, was die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers anbelangt, gegenüber dem beklagten Land abzuleiten. Zudem hat der Senat selbst für geltend gemachte materielle Schäden wegen der Diskriminierung aufgrund eines im AGG genannten verbotenen Merkmals entschieden, dass insoweit die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist einzuhalten ist(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 32 ff., AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

22

2. Auch soweit sich der Kläger bei seiner Bewerbung deswegen benachteiligt sieht, weil sich die Ausschreibung nur an Bewerber mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land richtete, kommt ein Schmerzensgeldanspruch nicht in Betracht.

23

a) Auf das AGG - wiederum im Sinne eines Entschädigungsanspruchs - kann der Kläger einen solchen Anspruch schon deswegen nicht stützen, weil das Merkmal, dass der Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis steht, nicht von den in § 1 AGG abschließend aufgeführten Merkmalen erfasst wird.

24

b) Auch aus § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG folgt kein Anspruch auf „Schmerzensgeld“.

25

aa) Nach dieser Bestimmung darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. § 4 Abs. 2 TzBfG ist eine spezielle Ausprägung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes(BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu III der Gründe, BAGE 109, 369 = AP TVG § 3 Nr. 31 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 4; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 17; Thüsing in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 4 Rn. 16; APS/Greiner 4. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 3). Eine Diskriminierungsabsicht ist für die Verwirklichung des Diskriminierungsverbots nicht erforderlich (ErfK/Preis 13. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 37).

26

bb) Ob vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm erfüllt sind, kann schon deswegen offen bleiben, weil der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 TzBfG als Rechtsfolge nicht die Zahlung einer immateriellen Entschädigung oder eines Schmerzensgeldes wegen Diskriminierung vorgesehen hat. Als Ausprägung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist der Anspruch auf die Beseitigung einer Ungleichbehandlung gerichtet. Der Arbeitnehmer, der in einem nur befristeten Arbeitsverhältnis steht, kann grundsätzlich das gleiche Entgelt oder andere geldwerte Leistungen beanspruchen wie vergleichbare Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Im Zweifel findet eine „Anpassung nach oben“ statt (vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 518/09 - Rn. 28, BAGE 136, 36 = AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 72 = EzA GG Art. 33 Nr. 39; Sievers TK-TzBfG 4. Aufl. § 4 Rn. 69). Ein solcher Ausgleich materieller Nachteile umfasst keinen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, also einen Anspruch auf Schmerzensgeld- oder Entschädigungszahlung.

27

c) Auch aus einem Verstoß des beklagten Landes gegen vertragliche (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG) oder gesetzliche (§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG) Pflichten, lässt sich vorliegend ein Anspruch des Klägers auf Ersatz seines immateriellen Schadens im Sinne eines Schmerzensgeldanspruchs oder eines Anspruchs auf Entschädigung nicht ableiten.

28

aa) Es kann dahinstehen, ob ein etwaiger Verstoß des Arbeitgebers gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG zugleich einen Verstoß des Arbeitgebers gegen seine vertraglichen Pflichten darstellt, § 241 Abs. 2 BGB. Dagegen spricht, dass der Gesetzgeber im TzBfG keine Regelung vorgesehen hat, wie er sie für die Diskriminierungsverbote des AGG in § 7 Abs. 3 AGG geschaffen hat. Ebenso kann dahinstehen, ob § 4 Abs. 2 TzBfG ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB ist(bejahend für § 2 Abs. 1 BeschFG aF: BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 32/00 - zu B I 1 der Gründe, AP BGB § 823 Schutzgesetz Nr. 27 = EzA BGB § 852 Nr. 1; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 48).

29

bb) Jedenfalls scheiterte sowohl ein vertraglicher als auch ein deliktischer Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld daran, dass § 253 Abs. 1 BGB einen Entschädigungsanspruch bei Verletzung des § 4 Abs. 2 TzBfG ausschließt. Vorliegend macht der Kläger keinen materiellen Schaden geltend. Nach § 253 Abs. 1 BGB können Entschädigungen in Geld wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Außerdem kann immaterieller Schadensersatz verlangt werden, wenn eines der in § 253 Abs. 2 BGB aufgezählten Rechtsgüter verletzt wurde. Dazu gehört die Diskriminierung wegen eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht. Eine billige Entschädigung in Geld kann nur wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung verlangt werden, nicht jedoch aufgrund einer Benachteiligung wegen der Befristung des Arbeitsvertrags.

30

d) § 253 Abs. 2 BGB kann auf den vorliegenden Fall auch nicht analog angewendet werden, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

31

Der Gesetzgeber wollte mit der zum 1. August 2002 in Kraft getretenen Neufassung des Schmerzensgeldanspruchs durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) die Diskrepanz zwischen dem Deliktsrecht und dem Vertragsrecht, nach der gemäß § 847 aF BGB Schmerzensgeld nur im Falle einer deliktischen Haftung geschuldet war, beseitigen(BT-Drucks. 14/7752 S. 14 ff.). Es sollte ein Schmerzensgeld auch im Falle einer vertraglichen Verschuldens- sowie der Gefährdungshaftung in Betracht kommen. § 847 aF BGB wurde zu diesem Zweck weitgehend übernommen, den relevanten Rechtsgutsverletzungen fügte der Gesetzgeber noch das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung hinzu(BT-Drucks. 14/7752 S. 24).

32

Bei § 253 Abs. 2 BGB handelt es sich, wie bereits § 253 Abs. 1 BGB klarstellt, um eine abschließende Aufzählung. § 253 Abs. 1 BGB statuiert ein Analogieverbot(MüKoBGB/Oetker 6. Aufl. § 253 Rn. 7). Sinn und Zweck der Norm ist es, dem Grundsatz Rechnung zu tragen, dass immaterielle Schäden wegen der damit verbundenen Bewertungsprobleme nicht ausgeglichen werden (NK-BGB/Huber 2. Aufl. § 253 Rn. 4; Spindler in BeckOK BGB Stand 1. Februar 2013 § 253 Rn. 7). Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Geschädigte bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 4 Abs. 2 TzBfG eine Entschädigung verlangen könnte, hätte er dies im Gesetz ausdrücklich klarstellen müssen. Die Konfliktlage musste ihm auch bewusst sein. Bei dem Inkrafttreten der Neufassung des § 253 BGB zum 1. August 2002 war § 4 Abs. 2 TzBfG bereits seit 1. Januar 2001 in Kraft (BGBl. I 2000 S. 1966). Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers besteht daher kein Raum (vgl. auch BGH 23. Juli 2010 - V ZR 142/09 - Rn. 9, NJW 2010, 3160 für die Ablehnung eines Schmerzensgeldanspruchs bei einem Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB).

33

e) Soweit er eine Benachteiligung als befristet Beschäftigter geltend macht, kann der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, § 280 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG stützen.

34

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt eine Entschädigungszahlung eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. ein schweres Verschulden des Handelnden voraus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 42, AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 72, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1; vgl. auch BGH 4. November 2004 - III ZR 361/03 - BGHZ 161, 33). Geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO).

35

Wiederum hat aber auch der Kläger insoweit nicht vorgetragen, dass er durch die - unterstellte - unzulässige Benachteiligung wegen seines befristeten Arbeitsvertrags eine schwere Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts habe erdulden müssen.

36

f) Auch eine Auslegung von § 4 Abs. 2 TzBfG unter Beachtung von § 4 Nr. 1 der in die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 inkorporierten Rahmenvereinbarung (Rahmenvereinbarung), deren Umsetzung in das nationale Recht § 4 Abs. 2 TzBfG diente, führt zu keinem anderen Ergebnis.

37

aa) Gemäß § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dürfen befristet beschäftigte Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung besonders wichtige Grundsätze des Sozialrechts der Gemeinschaft und zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts zu zählen (EuGH 22. Dezember 2010 - C-444/09 und C-456/09 - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 41, Slg. 2010, I-14031). § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung ist zudem unbedingt und hinreichend genau, um ab dem Zeitpunkt, zu dem die den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG gesetzte Frist abgelaufen ist, von einem Einzelnen vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Staat in Anspruch genommen werden zu können; der Bestimmung kommt mithin eine unmittelbare Wirkung zu (vgl. EuGH 18. Oktober 2012 - C-302/11 bis C-305/11 - [Valenza] Rn. 70, NZA 2013, 261; 22. Dezember 2010 - C-444/09 und C-456/09 - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 83, aaO). Nach § 4 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung wird es den Mitgliedstaaten überlassen, Anwendungsmodalitäten dieser Bestimmung im nationalen Recht festzulegen. Die Rahmenvereinbarung selbst sieht nicht vor, dass einem wegen seines befristeten Beschäftigungsverhältnisses benachteiligten Arbeitnehmer neben oder anstelle des Anspruchs auf Gleichbehandlung ein Anspruch auf Zahlung einer immateriellen Entschädigung zustehen muss.

38

bb) Auch der unionsrechtliche Grundsatz der Effektivität gebietet nichts anderes. In Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 und Unterabs. 3 EUV in der Fassung von 2008 heißt es, dass die Mitgliedstaaten ua. „alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen [ergreifen], die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben“, und „alle Maßnahmen [unterlassen], die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten“; dazu gehören auch die mit den Richtlinien verfolgten Ziele (EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 41, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 24 = EzA AGG § 22 Nr. 5). Ziel der Rahmenvereinbarung ist es nach deren § 1 Buchst. a, durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern. Dieses Ziel kann effektiv dadurch erreicht werden, dass dem benachteiligten Arbeitnehmer ein Anspruch auf Gleichbehandlung zugestanden wird. Dies ist durch § 4 Abs. 2 TzBfG geschehen. Der Kläger hätte, gestützt auf diese Vorschrift - ggf. im Klageweg - verlangen können, zum Bewerbungsverfahren zugelassen zu werden. Sofern er sich beworben hätte, alle weiteren Kriterien des Anforderungsprofils erfüllte, die Stelle noch nicht besetzt worden sei und er unter Berücksichtigung von Art. 33 Abs. 2 GG der am besten geeignete Bewerber gewesen wäre, hätte er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Einstellung und Zuweisung eines unbefristeten Arbeitsvertrags gehabt(vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 73 = EzA GG Art. 33 Nr. 40). Ist eine Gleichbehandlung nicht mehr möglich, käme allenfalls ein auf § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 TzBfG gestützter materieller Schadensersatz in Betracht, nicht aber der Ausgleich eines bloß immateriellen Schadens.

39

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, er sei bereits durch die diskriminierende Ausschreibung abgehalten worden, sich zu bewerben. Lässt eine Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber einen Ermessensspielraum, welche Maßnahmen er zur Umsetzung des in der Richtlinie genannten Ziels ergreift (vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV), so sind die Rechte des betroffenen Arbeitnehmers darauf beschränkt, die vom nationalen Gesetzgeber vorgesehenen Rechte wahrzunehmen (vgl. EuGH 10. April 1984 - C-14/83 - [von Colson und Kamann] Rn. 18, Slg. 1984, 1891 = AP BGB § 611a Nr. 2). Dem Arbeitnehmer steht kein Wahlrecht zu zwischen der ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Geltendmachung der Gleichbehandlung und einem nicht geregelten Entschädigungsanspruch.

40

3. Soweit der Kläger sich benachteiligt sieht, weil das beklagte Land ferner fünf weitere Stellen für unbefristet beschäftigte Bewerber ausgeschrieben hat, kann er Ansprüche schon deswegen nicht geltend machen, weil er sich auf diese Stellen nicht beworben hat. Will ein Arbeitnehmer individuelle Rechte aus § 4 Abs. 2 TzBfG herleiten, müssen dessen Voraussetzungen in seiner Person vollständig erfüllt sein. Dies ist hier nicht der Fall. Es fehlt an einer schlechteren Behandlung des Klägers gegenüber vergleichbaren, nicht befristet beschäftigten Arbeitnehmern.

41

a) Wird eine Stelle unter Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot ausgeschrieben, so besteht die benachteiligende Maßnahme bei einer schutzzweckorientierten Auslegung nicht schon in der Veröffentlichung der diskriminierenden Stellenanzeige, sondern in der Ablehnung bzw. Nichtberücksichtigung des Arbeitnehmers im Bewerbungsverfahren (vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - [Eurokauffrau] Rn. 19, BVerfGK 9, 218 = AP BGB § 611a Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 4). Nach hM begründet ein Verstoß gegen die Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben, die Vermutung, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten verbotenen Merkmals erfolgt(BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), die diskriminierende Ausschreibung begründet aber selbst keine Entschädigungsansprüche (ErfK/Schlachter 13. Aufl. § 11 AGG Rn. 2; Suckow in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 11 Rn. 53; Däubler/Bertzbach - Buschmann 2. Aufl. § 11 Rn. 24; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 11 Rn. 8; HWK/Rupp 5. Aufl. § 11 AGG Rn. 2; aA Roloff in BeckOK Arbeitsrecht Stand 1. Dezember 2012 § 11 AGG Rn. 7). Es besteht kein Grund, die zu dem AGG bestehende Rechtslage nicht auch auf Stellenausschreibungen zu übertragen, bei denen die Diskriminierung nur nicht an ein in § 1 AGG genanntes Merkmal anknüpft, sondern an die Befristung eines Arbeitsvertrags(§ 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG).

42

b) Der befristet beschäftigte Arbeitnehmer muss also bei der Benachteiligung, dh. der Nichtberücksichtigung im Stellenbesetzungsverfahren, mit dem erfolgreichen Bewerber, der bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land stand, vergleichbar gewesen sein. In einer Bewerbungssituation bezieht sich die Vergleichbarkeit denknotwendig auf die Erfüllung des Anforderungsprofils und, um überhaupt in den Kreis der Bewerber zu gelangen, auch auf die Bewerbung als solche. Eine solche vergleichbare Situation mit den letztendlich erfolgreichen Bewerbern lag hier nicht vor. Im Gegensatz zu diesen hatte der Kläger keine Bewerbung eingereicht. Schon deswegen konnte er im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Schon für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG hat der Senat erkannt, dass der Anspruch eine Bewerbung des Arbeitnehmers voraussetzt, § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30 ff., AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Beteiligung vermag eine Entschädigung nicht auszulösen. Dies gilt gleichermaßen für das AGG wie für das spezielle Diskriminierungsverbot in § 4 Abs. 2 TzBfG. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 25, Slg. 2008, I-5187). Dem Fall, den der Gerichtshof der Europäischen Union zu beurteilen hatte, lag kein individueller Entschädigungsanspruch eines abgewiesenen Bewerbers zugrunde, sondern die Klage eines Zentrums für Chancengleichheit und für die Bekämpfung von Rassismus (Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2000/43/EG). Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der Rahmenvereinbarung im Rahmen seines durch das Europäische Recht eröffneten Spielraums nicht für eine derartige Verbandsklagemöglichkeit entschieden. Der Europäische Gerichtshof hat einen Entschädigungsanspruch eines von einem diskriminierenden Stellenprofil nur abstrakt betroffenen Arbeitnehmers mit seinem Urteil ebenfalls nicht bejaht.

43

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wankel    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.