Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Okt. 2016 - 8 Sa 56/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1018.8SA56.16.0A
bei uns veröffentlicht am18.10.2016

Tenor

I. Auf die Berufung und die Anschlussberufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 03.12.2015 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 1.218,30 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 203,05 EUR seit dem 02.02.2014

aus 203,05 EUR seit dem 02.03.2014

aus 203,05 EUR seit dem 02.04.2014

aus 203,05 EUR seit dem 02.05.2014

aus 203,05 EUR seit dem 02.06.2014

aus 203,05 EUR seit dem 02.07.2014

zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten der Entscheidung 1. Instanz und 2. Instanz hat die Klägerin zu 7/8 und die Beklagte zu 1/8 zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die der Klägerin zustehende Vergütung für die Zeit ihrer zusätzlichen Tätigkeit als vertretungsweise Sekretärin des zweiten Geschäftsführers.

2

Die Klägerin war aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 18.04.2002 (Bl. 12 d.A.) ab dem 19.04.2002 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 02.03.2016 als Sachbearbeiterin/Sekretärin der Kaufmännischen Abteilung (Vertragsdatenmanagement und Controlling) bei der Beklagten beschäftigt, die einen Flughafen betreibt. Gemäß § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages richtete sich die Vergütung nach dem Entgelttarifvertrag (Entgeltrahmentarifvertrag zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft Landesverband Rheinland-Pfalz Saar (nachfolgend: Entgelt-RTV, Bl. 13 ff. d. A.). Ferner sah § 8 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien u.a. für die Arbeitsbedingungen im Übrigen (insbesondere Entgeltfortzahlung, Urlaub, usw.) die Geltung der Bestimmungen des Manteltarifvertrages der Beklagten (nachfolgend: MTV) und der diesen ergänzenden Tarifverträge vor.

3

Die Klägerin erhielt seit dem Jahr 2004 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 6 in Höhe von 2.413,44 EUR brutto.

4

Im Februar 2013 wechselte in der Geschäftsführung der Beklagten die Person des zweiten Geschäftsführers. Neben dem weiterhin aktiven Geschäftsführer B. mit von der Zeugin S. besetztem Sekretariat trat an die Stelle des Geschäftsführers S. der Geschäftsführer und Zeuge Dr. R.. Dessen Sekretärin Frau V. erkrankte im Sommer 2013 für längere Dauer.

5

Die Klägerin übernahm ab dem 22.07.2013 zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in der Kaufmännischen Abteilung Vertretungsaufgaben für Frau V., wobei der Aufgabenzuschnitt im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist.

6

Die Übernahme dieser Tätigkeit hatte keine Veränderung der Vergütung zu Folge. Die Klägerin wurde weiterhin nach der Vergütungsgruppe 6 vergütet.

7

Bereits der Entwurf des Schlussberichts zum Sanierungskonzept vom 08.08.2013 sah die Einsparung eines Geschäftsführers nebst Sekretariat und Sachkosten vor.

8

Am 19.03.2014 erteilte die Beklagte einen Verdienstnachweis für den Monat März 2014 sowie Korrekturabrechnungen für die Monate Januar 2014 und Februar 2014 (Bl. 22, 24 u. 26 d.A.). Diese Abrechnungen wiesen jeweils eine Vertreterzulage in Höhe des monatlichen Differenzbetrages zur Vergütungsgruppe 7 aus. Die entsprechenden Beträge wurden ausgezahlt.

9

Daraufhin machte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2014 (Bl. 27 f. d. A.) zum einen die Vergütungsdifferenz zur Vergütungsgruppe 8 und zum anderen die Zahlung ab Beginn der Vertretungstätigkeit geltend. Wegen des vollständigen Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 27 f d. A. Bezug genommen.

10

Unter dem Datum 17.04.2014 erteilte die Beklagte für die Monate Januar 2014, Februar 2014 und März 2014 weitere Korrekturabrechnungen (Bl. 23, 25,u. 27 d.A.), auf denen nunmehr wiederum keine Vertreterzulage ausgewiesen war.

11

Mit dem dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30.04.2014 zugegangenen Schreiben vom 29.04.2014 (Bl. 30 d.A.) antwortete die Beklagte durch ihren damaligen Bevollmächtigen auf das Geltendmachungsschreiben der Klägerin. Dabei wies sie daraufhin, dass es sich bei der Differenzzahlung zwischen der Vergütungsgruppe 6 und der 7 lediglich um eine ausschließlich freiwillige Zulage handele und kein An-spruch nach § 3.1 Entgelt-RTV bestünde, da die Tätigkeitsmerkmale keiner höheren Vergütungsgruppe als der Vergütungsgruppe 6 entsprächen. Eine Eingruppierung in die Tarifgruppe 8 stünde der Klägerin auf keinem Fall zu. Wegen des vollständigen Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 30 d. A. Bezug genommen.

12

Mit der Vergütungsabrechnung für den Monat Mai 2014 wurden schließlich die für die Monate Januar 2014, Februar 2014, März 2014 ursprünglich als Vertreterzulage ausgezahlten Beträge vom Maigehalt 2014 wieder abgezogen, nachdem die Klägerin keine Einverständniserklärung zur freiwilligen Zulage erteilt hatte.

13

Der Zeuge Dr. R. wurde mit Ablauf des 07.05.2014 freigestellt und schied schließlich am 30.06.2014 aus dem Unternehmen der Beklagten aus. Ab dem 15.5.2014 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis kam es aufgrund von Urlaub, Überstundenausgleich und Arbeitsunfähigkeit zu keinerlei Arbeitsleistungen der Klägerin mehr. Frau V. schied ohne vorherige Genesung zum 30.08.2014 aus dem Arbeitsverhältnis aus.

14

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - am 19.09.2014 eingegangenen und der Beklagten am 24.09.2014 sodann zugestellten Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter.

15

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen,
Frau V. sei - insoweit unstreitig - außertariflich bezahlt worden. Vergleichbar sei sie der Vergütungsgruppe 9.5, die wie die Vergütungsgruppe 10 gewertet werde. Sie habe seit dem 22.07.2013 sämtliche Tätigkeiten erledigt, die auch Frau V. erledigt habe, so dass ihr nach § 3.1 des Entgelt-RTV eine Vertreterzulage in Höhe des Unterschiedsbetrages der Vergütungsgruppen 6 und 8 zustände. So habe sie wie Frau V. Aufsichtsratssitzungen vorbereitet, Unterlagen für den Geschäftsführer erstellt und das Sanierungskonzept betreut. Die kurzfristige Bezahlung der Ausgleichszulage zur Vergütungsgruppe 7 durch die Beklagte belege bereits, dass die ihr übertragenen Aufgaben den Anforderungen dieser Vergütungsgruppe entsprächen. Tatsächlich erfülle die übertragene Vertretungsaufgabe die Anforderungen der Vergütungsgruppe 8, da es sich um die Tätigkeit einer Geschäftsführersekretärin eines Flughafens handele, die per se wegen der Breite der zu erfüllenden Aufgaben von besonderer Bedeutung gekennzeichnet sei. Zudem habe sie mit der von ihr durchgeführten Vorbereitung und Organisation der Aufsichtsratssitzungen auch solche Tätigkeiten wahrgenommen, die eigentlich dem Geschäftsbereich des Sekretariats der Zeugin Frau S. angehörten. Die Ausschlussfrist des § 17 MTV stehe dem Anspruch nicht entgegen. Bereits vor Geltendmachung mit Schreiben vom 16.04.2014 habe reger Austausch über die Zahlung einer Zulage und deren Höhe geherrscht (vgl. Bl. 19-21, 167 d. A.). Gerade angesichts der zunächst erfolgten Gewährung, die tatsächlich im Mai 2014 erfolgt und dann wieder abgezogen worden sei, sei für einen Verfall von Ansprüchen kein Raum, da sich die Beklagte insoweit treuwidrig verhalte. Außerdem habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 29.04.2014 die Ansprüche auch nicht definitiv abgelehnt. Schließlich seien die Ansprüche nicht verwirkt.

16

Die Klägerin hat beantragt,

17

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin rückwirkend ab dem 22. Juli 2013 eine Ausgleichszulage in Höhe der Differenz zwischen Tarifgruppe 6 und Tarifgruppe 8 des Entgelt-RTV zu vergüten und verpflichtet ist, an diese seit dem Monat Juli 2013 den hierauf entfallenden Nachzahlungs-betrag samt auf die entsprechenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Tarifgruppen 6 und 8 entfallenden Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Fälligkeit zu zahlen;

18

hilfsweise

19

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin rückwirkend seit dem 22. Juli 2013 in Höhe der Differenz zwischen der Tarifgruppe 6 und der Tarifgruppe 7 des Entgelt-RTV zu vergüten und verpflichtet ist, an diese den entsprechenden Nachzahlungsbetrag samt auf die entsprechenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Tarifgruppen 6 und 7 entfallenden Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Fälligkeit zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Sie hat erstinstanzlich geltend gemacht,
die Klage sei bereits unzulässig, weil eine Leistungsklage insoweit vorrangig sei. Darüber hinaus berufe sich die Beklagte auf die zweistufigen tariflichen Verfallfristen nach § 17 MTV. Diese Fristen habe die Klägerin auf keiner der Stufen beachtet. Die vorgelegten Schreiben beträfen allein die interne Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Personalabteilung bzw. Betriebsrat. Dies sei keine schriftliche Geltendmachung im Sinne des § 17 MTV. Überdies habe man die Ansprüche mit Schreiben vom 29.04.2014 abgelehnt. Damit habe die Klage bis spätestens 30.08.2014 erhoben werden müssen. Auch in der Sache habe die Klägerin Unrecht. Die Klägerin sei korrekt in die Vergütungsgruppe 6 eingruppiert. Sie habe zu keinem Zeitpunkt sämtliche Aufgaben, welche Frau V. wahrgenommen habe, vertretungsweise übernommen. Insbesondere habe sie nicht die speziellen Sekretariatsaufgaben im Zusammenhang mit dem Aufsichtsrat übernommen. Die Klägerin habe nie ein Aufsichtsrats- oder Gesellschafterprotokoll erstellt. Was die Vorbereitung der Aufsichtsratssitzung angehe, sei sie allenfalls bei der Zusammenstellung der Unterlagen insoweit beteiligt gewesen. Vielmehr habe sie lediglich die täglich anfallenden üblichen allgemeinen Sekretariatsarbeiten erledigt. Ein Großteil ihrer Tätigkeit für den Zeugen Dr. R. habe darin bestanden, handschriftlich gefertigte Aufzeichnungen abzuschreiben und in Form zu bringen. Auch die Fremdsprachenkenntnisse der Klägerin seien für ihre Arbeit nicht erforderlich gewesen. Die Position der Geschäftsführersekretärin sei in Umsetzung des Sanierungskonzepts bereits mit Ausscheiden des Zeugen Dr. R. am 07.05.2014 weggefallen.

23

Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat aufgrund des Beschlusses vom 30.06.2015 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. R. und der Zeugin S.. Hinsichtlich des Verlaufs und des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf das Protokoll des erstinstanzlichen Kammertermins vom 03.12.2015 (Bl. 168 ff. d.A.) Bezug genommen.

24

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 03.12.2015 stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

25

Die Klägerin habe zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Anspruch auf Zahlung der tariflichen Differenzzulage nach § 3 Ziffer 1 des Entgeltrahmentarifvertrages. Denn die Klägerin habe Koordinierungsaufgaben im Bereich des Sanierungskonzeptes von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für den Standort H. ausgeführt, so dass in der Summe, selbst wenn sie andere hochwertige Teilaufgaben der Sekretärin V. nicht erledigt habe - Tätigkeiten mit einer Wertigkeit, die der Vergütungsgruppe 8 zuzuordnen seien - erledigt habe. Dass die Klägerin nach Wahrnehmung der Zeugin S. zudem einfachere Sekretariatsaufgaben wie Abschreiben u. ä. auch getätigt habe, ändere an der zugrunde liegenden Bewertung deshalb nichts, weil Sekretariatsaufgaben notwendigerweise auch mit einfacheren Tätigkeiten verbunden seien. Auch eine Chefsekretärin erledige nicht permanent nur hochwertigste Tätigkeiten mit entsprechend herausgehobener Bedeutung.

26

Schließlich könne dem Anspruch der Klägerin § 17 MTV nicht entgegen gehalten werden. Wie sich aus den Anlagen K 5 ff. zur Klageschrift (Bl. 19 ff.) ergebe, sei die Thematik "Zahlung Stellvertreterzulage" durchgängig Thema zwischen Klägerin, Personalabteilung und Betriebsrat gewesen. Zudem fehle es an einer dezidierten Ablehnung der Ansprüche, da die im Schreiben vom 29.04.14 seitens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten erfolgte Stellungnahme zwar das Bestehen von Ansprüchen auf einer Ausgleichszulage in Abrede stelle, andererseits die mittels Korrekturabrechnungen aus März 2014 ermittelten Nachzahlungsbeträge erst im Mai 2014 ausgezahlt worden seien.

27

Darüber hinaus sei der Beklagten nach Würdigung der Kammer die Berufung auf die tarifliche Verfallfrist nach § 242 BGB verboten, da aus der gesamten Korrespondenz sowie auch dem Einsatz des Zeugen Dr. R. deutlich werde, dass die Nichtzahlung der Ausgleichszulage offensichtlich in klarem Zusammenhang mit den betriebspolitischen Positionen innerhalb der Beklagten stehe und damit erhebliche Anhalts-punkte dafür bestünden, dass die Nichtzahlung der Zulage auf sachfremden Erwägungen beruhe.

28

Die Beklagte hat gegen das am 28.01.2016 zugestellte Urteil mit am 09.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 12.04.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Die Berufungsbegründung ist der Klägerin am 25.04.2016 zugestellt worden. Sie hat mit beim Landesarbeitsgericht am 23.05.2016 eingegangenem Schriftsatz die Klage in eine Zahlungsklage geändert und hilfsweise Anschlussberufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

29

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 12.04.2016, auf die auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 221 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,
das Arbeitsgericht habe bereits verkannt, dass der Feststellungsantrag vorliegend wegen Vorrang der Leistungsklage unzulässig gewesen sei. Ferner habe das Arbeitsgericht zu Unrecht den Verfall etwaiger Ansprüche unter Hinweis darauf, dass sich die Beklagte von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen und es an einer dezidierten Ablehnung der Ansprüche fehle, abgelehnt. Denn sie habe von Anfang an den Standpunkt vertreten, dass die Vertretungstätigkeit keine höherwertige Tätigkeit sei. Auch habe das Arbeitsgericht ihr Ablehnungsschreiben vom 29.04.2014 nicht hinreichend gewürdigt. Schließlich bleibe unklar woher das Arbeitsgericht die Erkenntnis gewonnen habe, dass die Thematik „Zahlung Stellvertreterzulage“ durchgängig Thema zwischen Klägerin und Personalabteilung und Betriebsrat gewesen sei.

30

Das Arbeitsgericht habe zudem die Zeugenaussagen bezüglich des Vorliegens einer höherwertigen Tätigkeit falsch gewertet und nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Zeuge Dr. R. erst seit Februar 2013 im Unternehmen gewesen sei und die Stelle von Frau V. nicht hinreichend gekannt habe. Auch habe das Gericht zu Unrecht eine Eingruppierung der Vertretungstätigkeit in die Vergütungsgruppe 8 angenommen. Es habe insoweit verkannt, dass es sich bei den zur Begründung herausgegriffenen Koordinierungsaufgaben im Sanierungskonzept lediglich um einzelne Aufgaben handele, die die Tätigkeit nicht insgesamt prägten. Schließlich fehle jegliche Auseinandersetzung zur Frage des Wegfalls des Vertretungsfalls. Die Klägerin sei, nachdem der Zeuge Dr. R. freigestellt gewesen sei, am 08.05.2014 sowie vom 12.05.2014 bis 14.05.2014 allein mit der Räumung ihres Arbeitsplatzes im Vorzimmer beschäftigt gewesen. Schließlich lägen auch nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe 7 vor.

31

Die Beklagte beantragt,

32

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach -, Aktenzeichen 6 CA 817/14, vom 03.12.2015, abzuändern und die Klage abzuweisen.

33

Die Klägerin beantragt,

34

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz, – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach -, Aktenzeichen 6 CA 817/14, vom 03.12.2015, zurückzuweisen.

35

und stellt statt den bisherigen Haupt- und Hilfsfeststellungsanträgen nunmehr den Klageantrag

36

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.321,11 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

37

aus 150,72 seit dem 02.08.2013

aus 473,78 seit dem 02.09.2013

aus 473,78 seit dem 02.10.2013

aus 473,78 seit dem 02.11.2013

aus 473,78 seit dem 02.12.2013

aus 473,78 seit dem 02.01.2014

aus 473,78 seit dem 02.02.2014

aus 473,78 seit dem 02.03.2014

aus 473,78 seit dem 02.04.2014

aus 473,78 seit dem 02.05.2014

aus 473,78 seit dem 02.06.2014

aus 490,37 seit dem 02.07.2014

aus 490,37 seit dem 02.08.2014

aus 490,37 seit dem 02.09.2014

aus 490,37 seit dem 02.10.2014

aus 490,37 seit dem 02.11.2014

aus 490,37 seit dem 02.12.2014

aus 490,37 seit dem 02.01.2015 zu zahlen.

38

hilfsweise für den Fall, dass das Berufungsgericht die Änderung des Klageantrages als unzulässig erachten sollte, stellt die Klägerin vorsorglich hilfsweise im Wege der Anschlussberufung den Antrag,

39

das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach -, Aktenzeichen 6 CA 817/14, vom 03.12.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.321,11 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

40

aus 150,72 seit dem 02.08.2013

aus 473,78 seit dem 02.09.2013

aus 473,78 seit dem 02.10.2013

aus 473,78 seit dem 02.11.2013

aus 473,78 seit dem 02.12.2013

aus 473,78 seit dem 02.01.2014

aus 473,78 seit dem 02.02.2014

aus 473,78 seit dem 02.03.2014

aus 473,78 seit dem 02.04.2014

aus 473,78 seit dem 02.05.2014

aus 473,78 seit dem 02.06.2014

aus 490,37 seit dem 02.07.2014

aus 490,37 seit dem 02.08.2014

aus 490,37 seit dem 02.09.2014

aus 490,37 seit dem 02.10.2014

aus 490,37 seit dem 02.11.2014

aus 490,37 seit dem 02.12.2014

aus 490,37 seit dem 02.01.2015 zu zahlen

41

Die Beklagte beantragt,

42

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

43

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend,
das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte nach Treu und Glauben nicht auf die Ausschlussfristen des § 17 MTV berufen könne. Die Einstufung der von der Klägerin ausgeübten Vertretungstätigkeiten in die Vergütungsgruppe 8 sowie die Beweiswürdigung seien zutreffend gewesen. Daher stünde ihr auch der nunmehr geltend gemachte Zahlungsanspruch zu, der vorsorglich und höchst hilfsweise für den eingeklagten Zeitraum gleichfalls eine Zahlung der Differenz zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 7 in Höhe des Gesamtbetrages von 3.566,22 EUR brutto umfasse. Sie trägt ferner vor, dass ihr die Tätigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht wieder entzogen worden sei. Es sei nicht einsichtig, dass und warum sie nicht auch nach Freistellung des Zeugen Dr. R. als Sekretärin der Geschäftsführung eingesetzt werden sollte. Zudem habe sie das Sanierungskonzept auch weiterhin begleiten sollen.

44

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 28.10.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

45

Die Berufung der Beklagten hatte überwiegend Erfolg. Hingegen war die Anschlussberufung nur teilweise begründet.

46

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 3.1 Entgelt-RTV i.V.m. §§ 3,8 des schriftlichen Arbeitsvertrages lediglich einen Anspruch auf Zahlung einer Stellvertreterentschädigung in Höhe des monatlichen Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 7 (203,05 EUR brutto monatlich). Ferner war dieser Anspruch zudem allein für die Monate Januar 2014 bis Juni 2014 begründet. Daher war die Zahlungsklage allein in Höhe von 1.218,30 EUR brutto begründet und im Übrigen abzuweisen.

I.

47

1. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

48

2. Auch die Anschlussberufung der Klägerin ist gem. § 524 Abs. 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 ArbGG zulässig

49

Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. Die Berufungsanschließung muss binnen der Frist der Berufungsbeantwortung erfolgen und gleichzeitig begründet werden (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 ZPO), wobei das Vorgehen mittels Anschlussberufung nicht als solches ausdrücklich benannt werden muss.

50

Mit Schriftsatz vom 20.05.2016, der beim Landesarbeitsgericht am 23.05.2016 einging, hat die Klägerin hinsichtlich des erstmals gestellten Zahlungsantrags recht-zeitig binnen der gesetzlichen Frist (hilfsweise) Anschlussberufung erhoben, da die Berufung der Gegenseite der Klägerin zuvor am 25.04.2016 (vgl. Bl. 257 d. A.) zugestellt worden war. Die Formalien sind gleichfalls eingehalten.

51

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin war der Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage durch erstmalig in der Berufungsinstanz gestellten Zahlungsantrag vorliegend allein im Wege Anschlussberufung möglich. Eine solche hat die Klägerin ausdrücklich vorsorglich in ihrem Schriftsatz vom 20.05.2016 mit erhoben. An der Notwendigkeit einer Anschlussberufung ändert auch nichts die Regelung des § 264 Nr. 2 ZPO. Denn quantitative Antragsänderungen zu einer Klage können nur im Rahmen von Berufung oder Anschlussberufung vorgenommen werden. Der vollständig in erster Instanz obsiegenden Klägerin ist eine Anpassung ihres Antrages im Laufe des Berufungsrechtszuges nur im Rahmen einer Anschlussberufung möglich (vgl. Musielak/Voit/Foerste, 13. Aufl., § 264 ZPO, Rn. 4). Schließlich beschränkt sich die in erster Instanz obsiegende Klägerin damit nicht lediglich auf die Abwehr der Berufung, sondern will die Grenzen der Verhandlung neu mitbestimmen (vgl. BGH 07.05.2015 - VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812, 2814). Ein Leistungsgebot stellt nun mal im Vergleich zu einer Feststellung ein qualitatives Mehr dar.

II.

52

Die Klage ist lediglich in Höhe von 1.218,30 EUR brutto begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 3.1 des Entgelt-RTV iVm. den §§ 3, 8 des schriftlichen Arbeitsvertrages allein für die Monate Januar 2014 bis Juni 2014 einen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Entschädigung wegen Vertretung der Geschäftsführersekretärin Frau V.. Zudem ist dieser Anspruch lediglich in Höhe der monatlichen Unterschiedsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 7 begründet.

53

1. Die Klägerin hat aus § 3.1 des Entgelt-RTV iVm. den §§ 3, 8 des schriftlichen Arbeitsvertrages keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen Vertretung der Geschäftsführersekretärin Frau V. in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 8.

54

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme die Bestimmungen des MTV sowie des Entgelt-RTV Anwendung.

55

Insoweit kann dahingestellt bleiben in wie weit etwaige monatliche Differenzzahlungsansprüche nicht bereits aufgrund Nichtwahrung der Ausschlussfrist des § 17 MTV erloschen waren. Denn die Voraussetzungen des § 3.1. Entgelt-RTV für die Zahlung eines Unterschiedsbetrages zur Vergütungsgruppe liegen nicht vor, da die der Klägerin übertragene und in Vertretung ausgeübte Tätigkeit nicht den Tätigkeitsmerkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprach.

56

a) Gemäß § 3.1 S. 1 Entgelt-RTV erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung, wenn ihm vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Vergütungsgruppe entspricht.

57

Da die Klägerin einen Anspruch auf den Unterschiedsbetrag zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 8 erhebt ist hypothetisch zu prüfen, ob ihre vertretungsweise Tätigkeit den Anforderungen für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 8 erfüllt. Dabei ist die Klägerin insoweit wie auch bei einer Eingruppierungsklage darlegungs- und beweisbelastet.

58

Gemäß § 2.3 des Entgelt-RTV ist für die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe nicht die berufliche Bezeichnung oder eine bestimmte Qualifikation, sondern die tatsächlich (regelmäßig) ausgeübte Tätigkeit mit den Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale nach dem Vergütungsgruppenkatalog maßgeblich.

59

Daraus folgt zugleich, dass es auch im Fall der vorübergehenden Stellvertretung nicht darauf ankommt, wie die zu Vertretene bezahlt wurde. Schon nach dem klaren Wortlaut der § 3.1. und § 2.3 Entgelt-RTV ist vielmehr allein entscheidend, ob die übertragene und ausgeübte Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Vergütungsgruppe entspricht. Dies gilt vorliegend umso mehr, als Frau V. außertariflich bezahlt wurde, während sich die Vergütung der Klägerin nach den tariflichen Regeln des Entgelt-RTV richtet.

60

b) Die Klägerin war in die Vergütungsgruppe 6 eingruppiert. In der Anlage 1 zum Entgelt-RTV ist der maßgebliche Vergütungsgruppenkatalog niedergelegt.

61

In die Vergütungsgruppe 5 sind danach Tätigkeiten, die eine Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz oder einer dieser vergleichbaren Ausbildung voraussetzen, eingruppiert.

62

Hingegen erfordert die Vergütungsgruppe 6 hochwertige Tätigkeiten, die sich aufgrund des Bedarfs erworbener Berufskenntnisse aus der Vergütungsgruppe 5 herausheben.

63

Hochwertige Tätigkeiten, die sich durch das Maß der Verantwortung aus der Vergütungsgruppe 6 herausheben, fallen sodann unter die Vergütungsgruppe 7. Als Beispiele für solche hochwertigen Tätigkeiten werden angeführt: Schichtleiter Vorfeld; Schichtleiter Luftfracht; OPS Agenten der VG 6 mit flight-operations; Sachbearbeiter Kosten-/Leistungsrechnung/Kalkulation; Sachbearbeiter Einkauf/Vertragswesen sowie Elektriker, die zu 2/3 ihrer Arbeitszeit selbständig und eigenverantwortlich elektronische Steuereinrichtungen der Befeuerungsanlage, SPS-Anlagen, GPU(400Hz-)-Anlagen instand halten.

64

Die Vergütungsgruppe 8 ist schließlich bei Tätigkeiten einschlägig, die sich durch zusätzliche Spezialkenntnisse, Schwierigkeit oder Bedeutung der Tätigkeit wiederum aus der Vergütungsgruppe 7 herausheben. Hierunter fallen als Beispiele Meister, Techniker, OPS Agenten der VG 7 mit Lizenz flight dispatcher, Werkstattleiter, Leiter Sommer-/Winterdienst sowie hauptamtlicher stellvertretender Leiter Feuerwehr.

65

c) Die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppen bauen aufeinander auf.

66

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei Aufbaufallgruppen zunächst zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die Anforderungen der allgemeinen und darauf jeweils nacheinander die der qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppen erfüllt. Der Arbeitnehmer hat dabei grundsätzlich alle Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen für das Gericht der rechtliche Schluss möglich ist, dass er jeweils die im Einzelfall für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt. Zur schlüssigen Darlegung der Erfüllung eines Heraushebungsmerkmals genügt nicht allein eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit. Vielmehr muss der Tat-sachenvortrag auch einen wertenden Vergleich mit den nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten ermöglichen (vgl. BAG 09.12.2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 19 mwN).

67

d) Die Vertretungstätigkeit der Klägerin erfüllte nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe 8.

68

Sekretäre und Sekretärinnen erledigen Büro- sowie Assistenzaufgaben, um Vorgesetzte oder eine Abteilung ihres Unternehmens zu entlasten. So erledigen sie die Korrespondenz, nehmen Telefonate entgegen, koordinieren den Terminkalender und Meetings, übernehmen die Reiseplanung oder organisieren Geschäftsreisen. Auch erstellen sie Rechnungen bzw. kontieren diese. Sie empfangen Besucher und sorgen für deren Bewirtung. Kunden erteilen Sekretäre und Sekretärinnen Auskünfte. Daneben verwalten sie das Büromaterial oder erledigen die Ablage. Sie beschaffen Informationen, bereiten Unterlagen auf und erstellen Präsentationen nach Vorgabe bzw. in Absprache. Voraussetzung ist regelmäßig eine kaufmännische Aus- oder Weiterbildung (vgl. berufenet.arbeitsagentur.de).

69

Unter Berücksichtigung des gesamten Parteivorbringens sowie der Ergebnisse der erstinstanzlichen Beweisaufnahme aufgrund der glaubhaften Aussagen der glaubwürdigen Zeugen Dr. R. und S. steht zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass die Klägerin die Tätigkeit von Frau V. weitgehend mit Ausnahme der Vorbereitung sowie Protokollierung von Aufsichtsrats- und sonstigen Gremiensitzungen übernahm und ihre Vertretungstätigkeit dabei die soeben dargestellten typischen Büro- und Assistenzaufgaben einer Sekretärin umfassten. Dabei war ein Großteil ihrer diesbezüglichen Aufgaben auf das Sanierungskonzept ausgerichtet. Insoweit beinhaltete ihre Tätigkeit auch die Koordinierung der einzelnen Ausarbeitungen des 50 Punkte umfassenden Sanierungskonzepts mit Hilfe der Netzplantechnik, Synchronisation des Konzepts und die Vorbereitung von Aufsichtsratssitzungen hinsichtlich dieses einzelnen Tagesordnungspunktes. Hingegen hat sie nicht die komplette Vorbereitung für den Aufsichtsrat und andere Gremiensitzungen inklusive Protokollführungen übernommen, hierfür war vielmehr die Zeugin S. nunmehr zuständig.

70

So hat der glaubwürdige Zeuge Dr. R. hierzu glaubhaft ausgesagt, dass er jemanden gebraucht habe, der Frau V. vollwertig vertrat. Die Klägerin habe den normalen Job mit allen Aufgaben übernommen und zusätzlich sämtliche Koordinierungsaufgaben im Bereich des Sanierungskonzepts, was natürlich wesentlich höher zu veranschlagen sei. Dabei müsse auf der Zeitachse permanent überwacht werden, welcher Gutachter wann an welchen Aufgabenstellungen arbeite, wann er zu welchen Ergebnissen komme und ob diese zeitnah entsprechend weitergegeben worden seien. Dabei sei je nach äußerem Erscheinungsbild bei manchen Gutachten klar, was weitergegeben werden müsse, bei anderen komplizierteren Angelegenheiten müsse dies zunächst besprochen werden. Die jeweils kleineren und größeren Teilgutachten müssten an einer Stelle synchronisiert werden, dies gelte nicht nur für das Layout, d.h. die optische Darstellung, sondern auch inhaltlich. Es würden mehrere Spezialisten parallel arbeiten und die Koordinierung dieser einzelnen Ausarbeitungen und Stellungnahmen sei eine Tag- und Nachtarbeit. Aus seiner Sicht sei die Synchronisationsaufgabe gleichwertig mit der Sachbearbeitung des einzelnen Sanierungskonzepts. Hingegen hat die ebenfalls glaubwürdige Zeugin S. glaubhaft ausgesagt, dass Frau V. Protokoll in den Bereichsleiterrunden geführt sowie die komplette Vorbereitung für den Aufsichtsrat und sonstige Gremiensitzungen gemacht habe. Das sei ein Riesenaufwand. Terminabstimmungen bei 11 Aufsichtsratsmitgliedern seien aufeinander zu koordinieren. Die Tagesordnungspunkte seien entsprechend zu verteilen, zu bestimmten Fristen zurückzufordern und aufzubereiten, die Beschlüsse zu formulieren, die Vorlagen entsprechend in Form zu bringen, abzustimmen und dann nach den vorgesetzten Fristen zu versenden. Teilweise bestehen die Tätigkeiten in der Durchführung eines Umlaufverfahrens, ferner umfasse sie die konkrete Terminvorbereitung und die Bearbeitung von Zwischenfragen zu den Vorlagen. Dies habe sie ebenso wie die Protokollierung gemacht.

71

d) Unter Zugrundelegung dieser Tätigkeitsbeschreibung folgt unproblematisch, dass die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe 5 erfüllt sind. Ebenso folgt aus einer summarischen Prüfung ferner, dass bei der vertretungsweisen Tätigkeit der Klägerin darüber hinaus auch die Anforderungen der Vergütungsgruppe 6 vorliegen, die die Klägerin bereits vor und auch während der vertretungsweisen Wahrnehmung der Geschäftsführersekretärinnentätigkeit von der Beklagten erhielt. Denn es handelt sich insoweit um höherwertige Tätigkeiten, die schon im Hinblick auf das Arbeitsfeld mit administrativen Aufgaben für die Führungsebene der Beklagten größeres fachliches Geschick erfordern, wofür über die bereits durch die kaufmännische Berufsausbildung vermittelten Kenntnisse hinaus weitere auch aufgrund gesammelter Berufserfahrung erworbenen Berufskenntnisse benötigt werden.

72

e) Auch sieht die Berufungskammer entgegen der Auffassung der Beklagten die Voraussetzungen für die Eingruppierung der vertretungsweise ausgeübten Tätigkeit in die Vergütungsgruppe 7 als gegeben an.

73

(1) Allerdings folgt dies nicht bereits aus der vorübergehenden und sodann wieder eingestellten und zurückgeholten Zahlung einer Vertreterzulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppe 6 und 7 durch die Beklagte. Denn bereits der Umstand, dass die Beklagte die Zahlungen wieder rückabgewickelte, belegt, dass das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu keinem Zeitpunkt unstreitig war. Dafür spricht auch, dass die Beklagte stets betonte, dass es sich um freiwillige Zahlungen handelte. Auch die Klägerin selbst trägt vor, dass sie die erfolgten Zahlungen nur im Falle ihres Einverständnisses behalten sollte. Dies spricht dafür, dass die Beklagte der Klägerin lediglich ein vertragliches Angebot unterbreitet hat, unabhängig von der tatsächlich zutreffenden Eingruppierung und damit außerhalb der Tarifautomatik, eine einzelvertragliche Zulage in dieser Höhe für die vertretungsweise übernommen Aufgaben zu gewähren.

74

(2) Doch stellte die vertretungsweise ausgeübte Tätigkeit der Klägerin solche hochwertige Tätigkeiten dar, die sich durch das Maß der Verantwortung aus der Vergütungsgruppe 6 herausheben. Die übertragene Verantwortung muss dementsprechend beträchtlicher sein, als die Verantwortung, die bereits einem Arbeitnehmer der Vergütungsgruppe 6 obliegt.

75

Unter Verantwortung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die (mit einer bestimmten Aufgabe, einer bestimmten Stellung verbundene) Verpflichtung zu verstehen, dafür zu sorgen und dafür einzustehen, dass (innerhalb eines bestimmten Rahmens) alles einen möglichst guten Verlauf nimmt, das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht (Duden Online-Wörterbuch, Stichwort „Verantwortung“). Dementsprechend definiert das Bundesarbeitsgericht im Rahmen des BAT Verantwortung als die Verpflichtung des Angestellten, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort - auch von anderen Bediensteten - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden; dabei kann Mitverantwortung ausreichen und die Unterstellung unter einen Vorgesetzten unschädlich sein (vgl. zur gleichlautenden Definition beim BAT-O BAG, 21.01. 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 26, juris = ZTR 2015, 642).

76

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführersekretärin auch die Aufgabe der Koordinierung/Synchronisation des Sanierungskonzepts übernommen. Dabei war sie u.a. dafür zuständig die Zeitachse zu überwachen. welcher Gutachter an welchen Aufgabenstellungen Arbeit, wann er zu welchen Ergebnissen kommt und ob diese ggfs. entsprechend zeitnah weitergegeben werden. Die hierfür übernommene Verantwortung ist vergleichbar mit der eines Sachbearbeiters Einkauf, der die Liefertermine und -mengen überwacht und abstimmt. Der Sachbearbeiter Einkauf wird als Richtbeispiel der Vergütungsgruppe 7 ausdrücklich angeführt. Daher war eine entsprechende Einstufung der klägerischen Tätigkeit aufgrund der Vergleichbarkeit der Verantwortung in die Vergütungsgruppe 7 gerechtfertigt. Dabei handelte es sich schon zeitlich betrachtet nicht lediglich um eine im Vergleich zur laufenden täglich anfallenden üblichen allgemeinen Sekretariatsarbeit untergeordnete Tätigkeit, wie bereits die Aussage des Zeugen Dr. R. belegt, der insoweit einen Tag- und Nachtjob attestierte. Vielmehr bestand in der Assistenzarbeit für das Sanierungskonzept auch zeitlich betrachtet der Großteil der Vertretungstätigkeit. Schließlich ist dabei auch zu beachten, dass die Geschäftsführeraufgabe des Zeugen Dr. R. vor allem in der Erstellung eines Sanierungskonzepts bestand, so dass sich automatisch auch das überwiegende Arbeitsgebiet der ihm zuarbeitenden Sekretärin hierdurch bestimmte. Dazu passt auch, dass die Zeugin S. erklärte, die komplette Vorbereitung und Protokollierung der Aufsichtsrats- und sonstiger Gremiensitzungen übernommen zu haben, die nach ihren Angaben ebenfalls einen zeitlichen „Riesenaufwand“ darstellen.

77

f) Doch konnte die Klägerin nicht darlegen, dass die vertretungsweise auszuübende Tätigkeit zudem auch den Merkmalen der höheren Vergütungsgruppe 8 entsprach.

78

Die Klägerin kann dies nicht auf den von ihr behaupteten und von der Beklagten bestrittenen Umstand stützen, dass der Zeuge Dr. R. die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 8 als gerechtfertigt ansah und sich für eine Vertreterzulage einsetzte. Denn selbst bei Unterstellung dieses Umstandes führt dies weder zu einer Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast noch stellt dies ein Beweisanzeichen für die von der Klägerin für richtig gehaltene Eingruppierung ihrer Vertretungstätigkeit dar. Es ist ein typisches Phänomen des Eingruppierungsrechtsstreits, dass die unmittelbaren, aber auch die mittelbaren Vorgesetzten die Höhergruppierungsbestrebungen aus nahe liegenden Gründen, insbesondere zur Erhaltung eines guten Arbeitsklimas sowie der Motivation des Angestellten, nach Möglichkeit durch Stellungnahmen unterstützen, nicht selten zu Unrecht, wie die Prozessergebnisse zeigen (BAG 15.03.2006 – 4 AZR 73/05 – unter II. 6. B) bb), ZTR 2006, 374 ff.).

79

Die Vertretungstätigkeit hob sich nicht auch durch zusätzliche Spezialkenntnisse, Schwierigkeit oder Bedeutung der Tätigkeit aus der Vergütungsgruppe 7 heraus.

80

(1) Zwar hat die Klägerin ein betriebswirtschaftliches Studium. Die damit erworbenen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse waren der Klägerin sicherlich auch behilflich bei der Koordinierung des Sanierungskonzepts. Doch reicht dies nicht auch zur Bejahung des Erfordernisses zusätzlicher Spezialkenntnisse im Vergleich zur Vergütungsgruppe 7 aus. Vielmehr ist hierfür erforderlich, dass die übertragene Aufgabe ohne diese Kenntnisse und Fähigkeiten nicht ordnungsgemäß erledigt werden kann. Es muss erkennbar sein, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten nicht nur nützlich und erwünscht, sondern für die Tätigkeit erforderlich sind.

81

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn die Assistenz in Form der Koordinierung des Sanierungskonzepts gehörte schon aufgrund der diesbezüglichen Aufgabe des Zeugen Dr. R. zur originären Tätigkeit der Geschäftsführersekretärin und wäre ohne deren Arbeitsunfähigkeit von Frau V. selbst ausgeführt worden. Frau V. verfügte hingegen nicht über ein solches Studium. Hieraus folgt jedoch bereits, dass betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die ein Studium vermittelt, gerade nicht zwingend benötigt wurden, um diese Aufgabe wahrzunehmen. Sie mögen daher diese Tätigkeit der Klägerin erleichtert haben, eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 8 rechtfertigen sie hingegen nicht.

82

(2) Ebenso wenig war eine Tätigkeit gegeben, die sich durch die Schwierigkeit oder durch ihre Bedeutung aus der Vergütungsgruppe 7 heraushob.

83

Die Klägerin beruft sich insoweit auf das Merkmal der besonderen Bedeutung im Vergleich zur Vergütungsgruppe 7.

84

Das Heraushebungsmerkmal Bedeutung knüpft an die des Aufgabenkreises an. Es kommt darauf an, dass die Auswirkungen der Tätigkeit - gemessen an denjenigen der Vergütungsgruppe 7 - deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller sind. So kann sich die Bedeutung der Tätigkeit beispielsweise aus der Größe des Aufgabengebietes sowie aus der Tragweite der Tätigkeit ergeben.

85

Zwar war das Sanierungskonzept für die Beklagte selbst sicherlich von außerordentlichem Belang. Schließlich kam einem tragfähigen Sanierungskonzept von erheblicher Bedeutung für die Zukunft des Flughafens. Doch zeigen die als Richtbeispiel in der Vergütungsgruppe 8 aufgeführten Tätigkeiten, wie Werkstattleiter, Leiter Sommer-/Winterdienst, hauptamtlicher stellvertretender Leiter Feuerwehr, dass der wahrgenommenen Aufgabe selbst diese Bedeutung zukommen muss. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin hat allein die Koordinierung/Synchronisation übernommen. Ihr inhaltlicher Einfluss auf das Sanierungskonzept selbst sowie ihr Handlungsspielraum und ihr diesbezüglicher Entscheidungseinfluss sind als zu gering einzustufen, um dies zu bejahen. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass ihrer Arbeit insoweit größere Auswirkung als die eines Sachbearbeiters Kosten/Leistungsrechnung/Kalkulation zukommt, die bereits als Richtbeispiele in der Vergütungsgruppe 7 aufgeführt sind.

86

Soweit die Klägerin pauschal meint, dass die Tätigkeit der Sekretärin der Geschäftsführung eines Flughafens schon wegen der Breite der zu erfüllenden Aufgaben von besonderer Bedeutung sei, geht dies gleichfalls fehl. Denn es fehlt insoweit bereits der Vergleichsanknüpfungspunkt. Vielmehr wird dieser Umstand bereits bei der Vergütungsgruppe hinsichtlich des Maßes der Verantwortung berücksichtigt. Denn nicht zuletzt auch aufgrund des Zuschnitts des Aufgabengebiets hebt sich die Vertretungstätigkeit durch das Maß der Verantwortung aus der Vergütungsgruppe 6 heraus. Eine Steigerung der Größe des Aufgabengebiets vergleichbar mit dem Schichtleiter (Richtbeispiel Vergütungsgruppe 7) und Werkstattleiter (Richtbeispiel Vergütungsgruppe 8) ist nicht gegeben.

87

Darüber hinaus ist auch keine Schwierigkeit der Tätigkeit gegeben, die fachliche Anforderungen an das Können und Wissen stellen, die über das für die Erfüllung der hochwertigen Tätigkeiten der Vergütungsgruppe 7 noch hinausgehen.

88

In der Vergütungsgruppe 7 sind als Richtbeispiele der Sachbearbeiter Kosten-/Leistungsrechnung/Kalkulation sowie der Sachbearbeiter Einkauf/Vertragswesen angeführt. Weder für die von der Klägerin in Vertretung wahrgenommenen Sekretariatstätigkeiten im Allgemeinen noch für die speziellen Aufgaben der Koordinierung des Sanierungskonzepts bedarf es insoweit eines gesteigerten Wissens und Könnens. Es handelt es sich letztendlich vielmehr um eine bereichsbezogene kaufmännisch-verwaltende Tätigkeit vergleichbar der Sachbearbeitung Kalkulation oder Kosten.

89

Schließlich ist die Vorbereitung der Aufsichtsratsunterlagen allein hinsichtlich des Tagesordnungspunktes Sanierungskonzept, der lediglich einer von 12 oder mehr Tagesordnungspunkten darstellt von untergeordneter Bedeutung, so dass sich hieraus ebenfalls weder eine besondere Bedeutung noch Schwierigkeit ableiten lässt. Alle anderen Aufgaben hinsichtlich der Aufsichtsratssitzung oblagen nach der glaubhaften Aussage der Zeugin S. allein dieser.

90

2. Die Klägerin hat aus den § 3.1 des Entgelt-RTV iVm. §§ 3, 8 des schriftlichen Arbeitsvertrages keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen VG 6 und VG 7 für den gesamten eingeklagten Zeitraum, sondern lediglich für die Monate Januar 2014 bis Juni 2014.

91

Denn zum einem sind etwaige Ansprüche für die Zeit vom 22.07.2013 bis Dezember 2013 einschließlich bereits wegen Nichtwahrung der Ausschlussfrist des § 17 MTV verfallen. Im Übrigen entfielen zum anderen die Voraussetzungen einer Stellvertreterentschädigung aus § 3.1 Entgelt-RTV mit dem Ausscheiden des Zeugen Dr. R. zum 30.06.2014.

92

a) Etwaige Entschädigungszahlungsansprüche sind für den Zeitraum 22.07.2013 bis 31.12.2013 bereits mangels Wahrung der Ausschlussfrist des § 17 MTV erloschen.

93

(1) Gemäß § 17.1 MTV sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Nach § 17.2 MTV verfallen die Ansprüche nach erfolgloser schriftlicher Geltendmachung, wenn sie nicht innerhalb von vier weiteren Monaten gerichtlich verfolgt werden.

94

Die Entschädigungsansprüche für den Zeitraum 22.07.2013 bis 30.10.2013 waren (teilweise rückwirkend, vgl. § 3.1 Entgelt-RTV) zum 30.10.2013 fällig. Die Klägerin hätte diese daher zur Wahrung der Ausschlussfrist bis spätestens zum 31.01.2014 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend machen müssen. Dies hat die Klägerin jedoch nicht getan. Das erste Schreiben der Klägerin an die Beklagte stammt vom 16.04.2014. Die vorliegende Klage ist der Beklagten sodann erst am 24.09.2014 zugegangen.

95

Aus diesem Grund sind gleichfalls Entschädigungsansprüche für die Monate November 2013 und Dezember 2013 verfallen, da diese spätestens bis zum 28.02.2014 bzw. 31.03.2014 hätten schriftlich geltend gemacht werden müssen.

96

(2) Das Berufen der Beklagten auf den Verfall dieser Ansprüche ist nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

97

Ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, kann nach § 242 BGB zum Verlust eines Rechts führen (BAG 13.10.2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19, BAGE 136, 54).Eine unzulässige Rechtsausübung liegt etwa vor, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein Verhalten der Gegenpartei veranlasst worden ist (vgl. BAG 13.12. 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 216) oder wenn der Schuldner es pflichtwidrig unterlassen hat, dem Gläubiger die Umstände mitzuteilen, die diesen zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (BAG 13.10.2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19, BAGE 136, 54).

98

Die Beklagte hat die Klägerin weder von der Geltendmachung ihrer Ansprüche abgehalten noch objektiv den Eindruck erweckt, die Klägerin könne angesichts der Kommunikation zwischen Betriebsrat und Personalabteilung beziehungsweise Personalabteilung und dem Zeugen Dr. R. aus November 2013 (Anlage K5-K7, Bl. 19-21 d.A.) und Januar 2014 (K 11, Bl. 167 d.A.) auf eine Zahlung vertrauen. Denn diese Kommunikation erfolgte allein intern und wurde nicht von der Beklagten der Klägerin zur Kenntnis geleitet. Die Klägerin legt kein einziges an sie adressiertes Dokument vor. Ferner war die Klägerin auch an dem Beschlussverfahren hinsichtlich einer Zustimmungsersetzung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht beteiligt. Eine Bevollmächtigung des Betriebsrats durch sie behauptet sie ebenfalls nicht. Auch sonst legt die Klägerin nicht dar, mit welchen an sie gerichteten Handlungen ihr gegenüber der Anschein erweckt worden sein soll, sie würde auch ohne eigenes Tätigwerden in Form einer fristwahrenden schriftlichen Geltendmachung etwaige Zahlungsansprüche erfüllt bekommen. Die Klägerin hat keinerlei diesbezügliche mit ihr geführte Gespräche vorgetragen oder an sie adressierten Dokumente vorgelegt.

99

Vielmehr war die Klägerin nach Ablauf der dreimonatigen Wartezeit Ende Oktober 2013 und der dennoch nicht erfolgten Zahlung ab diesem Zeitpunkt gehalten ihre Forderungen geltend zu machen. Denn eine Nichtzahlung zeigt regelmäßig, dass der Arbeitgeber gerade nicht bereit ist etwaige Ansprüche zu erfüllen. Die Beklagte hat erstmalig im März 2014 für die Monate Januar 2014 bis März 2014 eine Vertreterzulage in Höhe der Entgeltdifferenz zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 7 abgerechnet und anschließend ausgezahlt. Dies mag die Hoffnung der Klägerin genährt haben, dass auch Leistungen für die davor liegenden Monate erfolgen könnten. Vertrauen durfte sie hierauf jedoch nicht. Denn die erst später erfolgten (freiwilligen) Zahlungen können für diesen weiter zurückliegenden Zeitraum kein schützenswertes Vertrauen mehr begründen.

100

Sollten im März 2014 auch für den Zeitraum 22.11.2013 bis 31.12.2013 Zahlungen erfolgt sein, wie dies im klägerischen Geltendmachungsschreiben vom 16.04.2014 behauptet wurde, so ändert dies im Ergebnis ebenfalls nichts. Denn die Klägerin hat nicht behauptet, dass diese wieder von der Beklagten zurückgeholt worden seien. Daher wäre insoweit Erfüllung eingetreten und die Ansprüche nach § 362 BGB erloschen. Ein schützenswertes Vertrauen auf gleichfalls Leistung etwaiger Entschädigungsansprüche für die weiteren Vormonate würde hieraus nach dem soeben dargelegten ebenfalls nicht folgen.

101

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte durch die Nichtleistung die Klägerin offensichtlich böswillig untertariflich entlohnen wollte bestehen nicht (vgl. zur Treuwidrigkeit in einem solchen Fall, BAG 26.08.1960 – 1 AZR 425/58, DB 1961, 103). Denn die Beklagte hat insoweit allein den von ihr vertretenen rechtlichen Standpunkt umgesetzt, mag dieser im Ergebnis auch nicht zutreffend gewesen sein. Streitigkeiten über die tarifgerechte Bezahlungen allein genügen jedoch nicht zur Bejahung einer Böswilligkeit und schon gar nicht einer offensichtlichen Böswilligkeit.

102

b) Hingegen sind entgegen der Auffassung der Beklagten etwaige Entschädigungsansprüche in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 7 ab Januar 2014 nicht nach § 17 MTV verfallen.

103

(1) Es bedurfte aufgrund der von der Beklagten der Klägerin im März 2014 erteilten Verdienstnachweise für die Monate Januar 2014, Februar 2014, März 2014 - die eine entsprechende Vertreterzulage auswiesen - keinerlei Geltendmachung nach § 17 MTV mehr.

104

Eine einmal in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers ausgewiesene Lohnforderung ist streitlos gestellt und muss nicht noch einmal schriftlich geltend gemacht werden. Das folgt aus dem Zweck von Ausschlussfristen. Der Gläubiger soll durch diese angehalten werden, die Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen. Er soll den Schuldner innerhalb der maßgebenden Fristen darauf hinweisen, ob und welche Ansprüche im Einzelnen noch erhoben werden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der Verfallfrist nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Mit der Zuleitung einer vorbehaltlosen Lohnabrechnung ist dieser Zweck der Ausschlussfrist erreicht, ohne dass es einer weiteren Geltendmachung bedarf (BAG 21.04.1993 - 5 AZR 399/92 - BAGE 73, 54; 20.10.1982 - 5 AZR 110/82 - BAGE 40, 258; 29. Mai 1985 - 7 AZR 124/83 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 92; 8. August 1979 - 5 AZR 660/77 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 67). Die Obliegenheit zur Geltendmachung lebt nicht wieder auf, wenn der Arbeitgeber die Forderung später bestreitet (BAG 21.04.1993 - 5 AZR 399/92 - BAGE 73, 54).

105

Die an die Klägerin im März 2014 erteilten Verdienstnachweise für die Monate Januar 2014 bis März 2014 enthalten selbst keinerlei Vorbehalt. Vielmehr werden dort lediglich jeweils die Vertreterzulage und deren bezifferter Betrag angegeben. Damit wurden diese Forderungen unstreitig gestellt. Der Umstand, dass die dort ausgewiesenen Beträge nach erfolgter Auszahlung später wieder der Klägerin vom Maigehalt 2014 abgezogen wurden, da sie sich nicht mit dieser Regelung einverstanden erklärt hatte, ändert hieran nichts. Denn durch dieses Verhalten der Beklagten wird der einmal erreichte Zweck der Ausschlussfrist nicht wieder rückwirkend beseitigt. Wollte man vom Gläubiger dagegen verlangen, seine in der Lohnabrechnung bereits saldierte Forderung nun nochmals schriftlich geltend zu machen, so würde man ihm damit eine überflüssige Förmlichkeit abverlangen. Denn dem Schuldner ist aufgrund seiner eigenen früheren Lohnabrechnung genau bekannt, um welche Forderungen es geht (BAG 21.04.1993 - 5 AZR 399/92 - BAGE 73, 54).

106

(2) Im Übrigen hat die Klägerin aber zudem mit ihrem Schreiben vom 16.04.2014 gegenüber der Beklagten die dreimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung des § 17 Abs. 1 MTV gewahrt. Zwar hat die Klägerin dort allein von der Beklagten die Zahlung der Stellvertretungsentschädigung in Höhe des Unterschiedsbetrags der Vergütungsgruppen 6 und 8 verlangt. Auch wenn der Wortlaut der Geltendmachung damit allein auf die höheren Unterschiedsbetrag gerichtet ist, umfasst diese Geltendmachung auch den der Klägerin zustehenden Anspruch auf den Unterschiedsbetrag zur Vergütungsgruppe 7. Denn die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 8 setzt schon nach dem klaren Wortlaut des Vergütungskatalogs zum Entgelt-RTV zwingend die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe 7 voraus, dementsprechend beinhaltete der geltend gemachte Unterschiedsbetrag zur Vergütungsgruppe 8 denknotwendig auch denjenigen zur Vergütungsgruppe 7 (vgl. zur Wahrung der Ausschlussfrist bei Aufbaufallgruppen BAG 09.04.2008 - 4 AZR 104/07-, NZA-RR 2009, 79, 87). Dementsprechend bedurfte es keiner ausdrücklichen zusätzlichen Geltendmachung des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 7.

107

Des Weiteren war auch keine jeweils erneute weitere schriftliche Geltendmachung für die anschließend fällig werdenden Monate beginnend mit April 2014 erforderlich. Zwar enthält § 17 MTV anders als etwa § 37 Abs. 1 S. 2 TVöD keine dahingehende Regelung, dass eine einmalige Geltendmachung für denselben Sachverhalt ausreicht. Doch ist es ständige Rechtsprechung, das nach dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen bei regelmäßigem gleichem Grundtatbestand es keiner erneuten Geltendmachung bedarf. Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind regelmäßig solche auf eine dauerhafte Zulage oder aus einer bestimmten Eingruppierung (BAG 11.12. 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 100; 10.07.2003 - 6 AZR 283/02 – zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168; 17.05. 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 c der Gründe, AP BAT-O § 70 Nr. 2). Auch der Anspruch auf Zahlung eines Unterschiedsbetrages als Entschädigung für eine Stellvertretung in bestimmter Höhe (vorliegend Differenzbetrag zwischen den Vergütungsgruppe 6 und 7) stellt einen solchen Grundtatbestand dar, der eine erneute Geltendmachung entbehrlich macht.

108

Schließlich hat die Klägerin ebenso die weitere Frist zur gerichtlichen Geltendmachung binnen vier Monaten ab erfolgloser Geltendmachung des § 17 Abs. 2 MTV mit ihrer Klageeinreichung beim Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - am 19.09.2014 gewahrt.

109

Denn diese weitere Frist zur gerichtlichen Geltendmachung begann nicht bereits mit Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 29.04.2014 am 30.04.2014 zu laufen, sondern vielmehr erst mit Abzug der für die Monate Januar 2014 bis März 2014 bereits geleisteten Beträge vom Maigehalt 2014, welches zum 31.05.2014 fällig wurde. § 17 Abs. 2 MTV knüpft den Beginn der zweiten Stufe der Ausschlussfrist an die erfolglose Geltendmachung. Mit Erhalt des Schreibens der Beklagten am 30.04.2014 stand jedoch noch nicht die von § 17 Abs. 2 MTV geforderte Erfolglosigkeit hinsichtlich des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen 6 und 7 fest. Die Beklagte hatte in diesem Schreiben hinsichtlich der bereits gezahlten Beträge lediglich darauf hingewiesen, dass es sich insoweit um eine freiwillige Zulage handele, die ausschließlich freiwillig erfolgte. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Beklagte im April 2014 zudem erneut Korrekturabrechnungen erstellte, die nunmehr wiederum keinerlei Vertreterzulage auswiesen. Denn in der Gesamtschau mit dem Schreiben vom 29.04.2014 konnte die Klägerin daraus noch nicht erkennen, dass definitiv keine Zahlungen in Höhe des Unterschiedsbetrages zur Vergütungsgruppe 7 erfolgen sollten. Es wurden hierdurch weder die bereits erfolgten Zahlungen in Frage gestellt noch wurden hierdurch eindeutig weitere Zahlungen auch für die sodann fällig werdenden Monate beginnend mit April 2014 endgültig ausgeschlossen. Infolgedessen stand erst zusammen mit dem sodann mit dem Maigehalt 2014 erfolgten Abzug der bereits ausgezahlten Beträge endgültig für die Klägerin fest, dass die Beklagte an die Klägerin auch in der Höhe dieses Unterschiedsbetrages keine Leistungen erbringen werde. Die viermonatige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung begann damit erst am 01.06.2014 zu laufen, so dass die Klageeinreichung beim Arbeitsgericht am 19.09.2014 fristwahrend erfolgte.

110

c) Die Klägerin kann die Zahlung einer Entschädigung für eine Stellvertretung aus § 3 Abs. 1 Entgelt-RTV allerdings allein bis Juni 2016 beanspruchen. Für die Monate Juli 2014 bis Dezember 2014 waren hingegen die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht mehr gegeben, da eine Stellvertretung jedenfalls zum 30.06.2014 mit dem ersatzlosen Ausscheiden des Zeugen Dr. R. endgültig entfallen war.

111

Anders als § 3.2 Entgelt-RTV knüpft § 3.1. Entgelt-RTV an einen vorübergehend auftretenden Vertretungsbedarf an. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet “vorübergehend” nur zeitweilig, nur eine gewisse Zeit dauernd(vgl. Duden Online-Wörterbuch, Stichwort “vorübergehend”). Aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Tarifbegriff “vorübergehend” nicht im Sinne dieses allgemeinen Sprachgebrauchs zu verstehen ist. Für die vergleichbare Zulagenregelung für Angestellte, die in § 24 Abs. 1 BAT von einer dem Angestellten vorübergehend und in § 24 Abs. 2 Satz 1 BAT von einer ihm vertretungsweise übertragenen anderen Tätigkeit spricht, ist anerkannt, dass die Tarifbegriffe “vorübergehend” und “vertretungsweise” (zusammenfassend: interimistisch) die Tätigkeitsübertragung gegenüber einer auf Dauer übertragenen höherwertigen Tätigkeit abgrenzen (vgl. BAG 20.04.2005, 10 AZR 512/04, AP Nr 41 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen, BAG 17.04. 2002 - 4 AZR 174/01 - BAGE 101, 91; 22.01.2003 - 4 AZR 652/01 -) .

112

Dementsprechend entfallen die Voraussetzungen der Entschädigung nach § 3.1. Entgelt-RTV, wenn die Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeiten erlischt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Vertretene aus seinem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder aber der Zweck der Vertretung erreicht wird oder der Vertretungszweck entfällt. Eines Widerrufs bedarf es in diesen Fällen gerade nicht.

113

Der Klägerin war bekannt, dass ihre Aufgabe in dieser Form grundsätzlich nur vor-übergehender Natur sein sollte, schließlich ist es unstreitig, dass sie die Vertretung von Frau V. übernommen hatte. Frau V. war die Sekretärin des zweiten Geschäftsführers und damit des Zeugen Dr. R.. Entsprechend dem der Klägerin bekannten Sanierungskonzepts sollte einer der zwei Geschäftsführerpositionen nebst Sekretariat und Sachkosten abgeschafft werden. Selbst wenn die Berufungskammer unterstellt, dass die Klägerin nicht wusste, ob und wann dieser Punkt umgesetzt werden sollte, so ändert dies nichts daran, dass mit dem endgültigen Ausscheiden des Zeugen Dr. R. ohne Nachbesetzung zum 30.06.2014, das Sanierungskonzept insoweit umgesetzt wurde als eine Geschäftsführerstelle nebst Sekretariat wegfiel und der Vertretungsbedarf erlosch. Eine andere Vertretungskraft wurde trotz durchgehender Abwesenheit der Klägerin aufgrund von Urlaub und Arbeitsunfähigkeit ab dem 15.05.2014 nicht gesucht.

114

Da es insoweit nach Ansicht der Berufungskammer anders als beim Entzug der Vertretertätigkeit trotz fortbestehendem Vertretungsbedarf beim Erlöschen des Vertretungsbedarfs keines ausdrücklichen Entzugs der Tätigkeit bedurfte, war die zwischen den Parteien strittige Frage, ob der Klägerin dies auch Anfang Mai 2014 mitgeteilt wurde nicht entscheidungserheblich. Daher war weder eine Vertagung des Rechtsstreits noch die Gewährung des beantragten Schriftsatznachlasses im Hinblick auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.10.2016 veranlasst.

115

Soweit die Klägerin sich in der Berufungsinstanz pauschal darauf beruft, dass sie auch weiterhin den Sanierungsprozess begleiten sollte, so ändert dies nichts am Wegfall der Vertretungstätigkeit. Es bleibt bereits völlig unklar, welche konkreten Tätigkeiten ein solches Begleiten beinhalten sollte, eine Vertretung der zweiten Geschäftsführersekretärin wäre dies jedenfalls nicht mehr, woran jedoch die Entschädigungsverpflichtung aus § 3.1 Entgelt-RTV im vorliegenden Fall geknüpft war.

116

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

III.

117

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

118

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Okt. 2016 - 8 Sa 56/16

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Okt. 2016 - 8 Sa 56/16

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Okt. 2016 - 8 Sa 56/16 zitiert 16 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen v

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Zivilprozessordnung - ZPO | § 524 Anschlussberufung


(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Okt. 2016 - 8 Sa 56/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Okt. 2016 - 8 Sa 56/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Dez. 2015 - 4 AZR 11/13

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19. Oktober 2012 - 6 Sa 488/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2015 - VII ZR 145/12

bei uns veröffentlicht am 07.05.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR145/12 Verkündet am: 7. Mai 2015 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Jan. 2015 - 4 AZR 253/13

bei uns veröffentlicht am 21.01.2015

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2013 - 3 Sa 247/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Okt. 2010 - 5 AZR 648/09

bei uns veröffentlicht am 13.10.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 4. Juni 2009 - 7 Sa 266/08 - aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen

Referenzen

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR145/12 Verkündet am:
7. Mai 2015
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stellt der in erster Instanz erfolgreiche Kläger in der Berufungsinstanz seine Abschlagszahlungsklage
aufgrund bereits erstinstanzlich eingetretener Schlussrechnungsreife
gemäß § 264 Nr. 3 ZPO auf eine höhere Schlusszahlungsklage um, liegt
hinsichtlich der Erhöhung eine Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO vor, die mit
der Anschlussberufung innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO geltend gemacht
werden muss.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - VII ZR 145/12 - OLG Köln
LG Köln
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter
Halfmeier und Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack und Sacher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. April 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung restlicher Vergütung nach vorzeitiger Beendigung zweier Verträge über die Lieferung von Thermoreaktoren für Großanlagen in Russland.
2
Die Parteien sind auf dem Gebiet der Verfahrenstechnik tätig. Die Beklagte wurde von der Sm.-AG und der Su.-GmbH beauftragt, für russische Besteller Thermoreaktoren zu projektieren, zu liefern und zu montieren. Im September 2007 schloss sie mit der Klägerin als Nachunternehmerin zwei Verträge über die Lieferung je eines Thermoreaktors mit Zubehör und Wärmetauscher für das Projekt S. und das Projekt N. inklusive weiterer Leistungen in den Bereichen Projektierung, Montage, Inbetriebnahme und Schulung.
3
Da die Beklagte die ursprünglich vereinbarten Zahlpläne nicht einhielt, übersandte sie Ende 2008 zwei von ihr unterzeichnete Verträge, mit denen sie ihre Forderungen gegen die Sm.-AG und die Su.-GmbH zur Sicherung der Vergütungsansprüche der Klägerin anteilig an diese abtrat. In diesem Zusammenhang verpflichtete sich die Beklagte ferner, bei ihr eingehende Zahlungen der Sm.-AG und der Su.-GmbH in Höhe des vereinbarten Anteils an die Klägerin weiterzuleiten. Nachdem die Beklagte nach Behauptung der Klägerin ihrer Verpflichtung zur anteiligen Weiterleitung nicht vollständig nachgekommen war, stellte diese die Lieferungen ein.
4
Mit der Klage hat die Klägerin erstinstanzlich zuletzt Zahlung von 452.752,87 € zuzüglich Zinsen geltend gemacht und ihren Anspruch in erster Linie auf die Vereinbarung der Parteien zur anteiligen Weiterleitung der bei der Beklagten eingehenden Zahlungen gestützt. Mit Urteil vom 15. April 2011 hat das Landgericht der Klage in Höhe von 418.964,33 € zuzüglich Zinsen stattgegeben.
5
Während des erstinstanzlichen Verfahrens erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. April 2010 die Kündigung und vorsorglich den Rücktritt von den Verträgen mit der Klägerin, die daraufhin für beide Verträge unter dem 22. Dezember 2010 Schlussrechnungen erstellte und den danach über den Klageantrag hinausgehenden Restvergütungsanspruch nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils zunächst in einem gesonderten Prozess einklagte.
6
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Klage - nach Rücknahme der anderweitig anhängigen erstinstanzlichen Schlusszahlungsklage - auf die Schlussrechnungsforderungen umgestellt und auf 959.896,62 € zuzüglich Zinsen erweitert. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin dem Gericht mehrseitige, teilweise in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefasste Packlisten überreicht.
Diese enthalten nach ihrem Vortrag sämtliche nach den Verträgen geschuldeten , bisher noch nicht an die Beklagte ausgelieferten Anlagenteile.
7
Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 959.896,62 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe der Software und Dokumentation für die Thermoreaktoren und der in den zum Tenor genommenen Packlisten bezeichneten Anlagenteile zu zahlen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
Die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin ändert gemäß § 249 Abs. 3 ZPO nichts daran, dass das Urteil gegen sie zu verkünden ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1994 - IX ZR 193/93, BGHZ 127, 74, 75).

I.


10
Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
11
Die Umstellung der Klage auf die höheren Schlussrechnungsforderungen sei zulässig. § 533 ZPO stehe dem nicht entgegen, weil die Umstellung bei zwischenzeitlich eingetretener Schlussrechnungsreife keine Klageänderung im Sinne von §§ 263, 533 ZPO sei, sondern § 264 Nr. 2 und 3 ZPO unterfalle. Der neue Vortrag sei gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 und 3 ZPO zu berücksichtigen, da keine Nachlässigkeit vorliege und das erstinstanzliche Gericht diesen Punkt für unerheblich gehalten habe. Die Erweiterung der Klage scheitere nicht daran, dass die Klägerin die Einlegung einer Anschlussberufung innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO versäumt habe. In der schriftsätzlich erfolgten Klageerweiterung liege die konkludente Erklärung einer Anschlussberufung. Die Versäumung der Frist sei ausnahmsweise unschädlich. Es widerspreche dem Zweck der Vorschrift des § 264 ZPO, die der Prozesswirtschaftlichkeit dienen solle, eine Klageerweiterung im Zusammenhang mit einer wegen veränderter Umstände erforderlichen Umstellung von einer Abschlags- auf die Schlusszahlungsklage nur innerhalb der Anschlussberufungsfrist zuzulassen und nach deren Ablauf den Unternehmer auf einen zweiten Prozess wegen des weitergehenden Betrages zu verweisen. Hinzu komme, dass das Berufungsgericht erst nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist auf die erforderliche Klageumstellung hingewiesen habe, so dass der Klägerin zumindest im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO gewährt werden müsste.
12
Die Klage sei gemäß § 649 Satz 2 BGB begründet. Bei den Verträgen handele es sich um Werkverträge im Sinne von § 631 BGB. Hier stehe nicht die Übertragung von Eigentum und Besitz an den zu liefernden Thermoreaktoren im Vordergrund, vielmehr sei nach dem Vertragsinhalt ein Gesamterfolg geschuldet. Die Klägerin habe im Einzelnen dargelegt, dass es sich bei den vereinbarten Leistungen um eine individuell angepasste Fertigung der Thermoreaktoren in Abstimmung mit den übrigen Prozessen der Anlagen vor Ort, ihrer Montage und schließlich der Schulung des Personals gehandelt habe. Dem sei die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten.
13
Aufgrund der Kündigung der Verträge durch die Beklagte stehe der Klägerin gemäß § 649 Satz 2 BGB die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zu. Die Kündigung sei als freie Kündigung zu werten. Eine Kündigung aus wichtigem Grund komme nicht in Betracht, da die Klägerin wegen des Zahlungsverzugs der Beklagten berechtigt gewesen sei, weitere Lieferungen zu verweigern.
14
Der Höhe nach stehe der Klägerin aus den beiden Projekten insgesamt eine fällige Restforderung jedenfalls in Höhe der Klageforderung zu. Der Zahlungsanspruch bestehe aber nur Zug um Zug gegen Herausgabe der im Tenor aufgeführten, noch nicht gelieferten Software, Dokumentation und Anlagenteile. Es sei unerheblich, dass die Klägerin ihren Zahlungsantrag nicht mit einer entsprechenden Einschränkung gestellt habe. Die Zug-um-ZugLeistung könne auch mit der nach § 253 ZPO erforderlichen Bestimmtheit tenoriert werden. Hinsichtlich der Anlagenteile sei auf die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Packlisten abzustellen. Die Beklagte sei dem im Rahmen des ihr gewährten Schriftsatznachlasses nicht substantiiert entgegengetreten.

II.

15
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
16
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin einen Vergütungsanspruch gemäß § 649 Satz 2 BGB hat.
17
a) Dabei kann dahinstehen, ob die tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ausreichen, um die Verträge der Parteien als Werkverträge einzuordnen.
18
Zumindest handelt es sich um Verträge gemäß § 651 Satz 1 BGB,bei denen § 649 BGB über § 651 Satz 3 BGB Anwendung findet, da die von der Klägerin zu liefernden Thermoreaktoren als nicht vertretbare Sachen zu qualifizieren sind. Nicht vertretbar sind solche Sachen, die auf die Betriebsverhältnisse des Bestellers ausgerichtet und seinen Wünschen angepasst sind und die deshalb für den Unternehmer anderweitig schwer oder gar nicht absetzbar sind (BGH, Urteil vom 30. Juni 1971 - VIII ZR 39/70, NJW 1971, 1793, 1794; MünchKommBGB/Busche, 6. Aufl., § 651 Rn. 17 f.).
19
Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts mussten die vertraglich geschuldeten Thermoreaktoren individuell unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen des Bestellers gefertigt und spezifisch an die jeweiligen Anlagen, für die sie vorgesehen waren, angepasst werden. Dies trägt die Annahme, dass es sich um nicht vertretbare Sachen handelt. Der Hinweis der Beklagten, dass die Einzelteile, aus denen der jeweilige Thermoreaktor bestehe, im Wesentlichen als vertretbare Sachen zu qualifizieren seien, führt entgegen der Auffassung der Revision schon deshalb zu keiner anderen Beurteilung, weil die Klägerin nicht die Lieferung der Einzelteile , sondern der Thermoreaktoren schuldete.
20
b) Auch die Feststellung des Berufungsgerichts, dass es sich bei der Kündigung der Verträge durch die Beklagte um eine wirksame freie Kündigung gemäß § 649 Satz 1 BGB gehandelt habe, weil ihr ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund nicht zugestanden habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung weist keine Rechtsfehler auf.
21
c) Die zur Einordnung der Verträge und zum Kündigungsgrund erfolgten Feststellungen des Berufungsgerichts sind verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Die von der Revision vorgebrachten Verletzungen von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet, § 564 ZPO.
22
2. Das Berufungsurteil ist aber von Rechtsfehlern beeinflusst, soweit das Berufungsgericht die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz unbeschadet der von ihm angenommenen Versäumung der Anschlussberufungsfrist (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) für zulässig erachtet hat.
23
a) Noch zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass auf die in der Berufungsinstanz erfolgte Umstellung des Klageantrags auf die höheren Schlussrechnungsforderungen § 533 ZPO nicht anwendbar ist.
24
§ 533 ZPO regelt die Zulässigkeit der Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO in der Berufungsinstanz. Änderungen des Klageantrags nach § 264 ZPO sind auch in der Berufungsinstanz nicht als Klageänderung anzusehen, so dass § 533 ZPO auf sie keine Anwendung findet (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 191/04, BauR 2006, 414, 415 = NZBau 2006, 175). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt der Übergang von der Abschlags- auf die Schlusszahlungsklage keine Klageänderung dar. Eine Änderung des Klagegrundes liegt nicht vor, da der Anspruch auf Abschlagszahlung lediglich eine modifizierte Form des einheitlichen Anspruchs auf Vergütung ist (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 191/04, BauR 2006, 414, 415 = NZBau 2006, 175; Urteil vom 11. November 2004 - VII ZR 128/03, BauR 2005, 400, 405 = NZBau 2005, 158). Erfolgt der Übergang aufgrund einer nach Rechtshängigkeit eingetretenen Veränderung, liegt danach ein Fall des § 264 Nr. 3 ZPO vor. Ist damit gleichzeitig eine Erhöhung des Klageantrags in der Hauptsache verbunden , stellt auch dies gemäß § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung dar.
25
Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich hier um einen solchen Übergang von einer Abschlags- auf eine Schlusszahlungsklage. Die Klägerin hat ihren Anspruch erstinstanzlich in erster Linie auf die im Rahmen der Sicherungsabtretungsverträge getroffene Vereinbarung der Parteien über eine anteilige Weiterleitung der bei der Beklagten eingehenden Abschlagszahlungen der Sm.-AG und der Su.-GmbH gestützt. Diese Vereinbarung stellt lediglich eine Modifikation der ursprünglichen Vereinbarung über Abschlagszahlungen im Rahmen der Zahlpläne dar, die von der Beklagten nicht eingehalten wurde. Die weiterzuleitenden Beträge sind ebenso wie die ursprünglich vereinbarten Abschlagszahlungen nur eine Anzahlung auf die jeweilige vertragliche Gesamtvergütung im Hinblick auf bereits erbrachte Leistungen der Klägerin. In der Umstellung der zunächst auf die Weiterleitungsvereinbarung gestützten Klage auf die höheren Schlussrechnungsforderungen aufgrund nach Rechtshängigkeit eingetretener Schlussrechnungsreife liegt daher gemäß § 264 Nr. 2 und 3 ZPO keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO.
26
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, zum Zwecke der Klageerweiterung sei die fristgemäße Einlegung einer Anschlussberufung nicht erforderlich , ist jedoch von Rechtsfehlern beeinflusst.
27
aa) Zweck der Anschlussberufung ist es, diejenige Partei zu schützen, die in Unkenntnis des Rechtsmittels der Gegenpartei trotz eigener Beschwer die Rechtsmittelfrist im Vertrauen auf den Bestand des Urteils verstreichen lässt (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 524 Rn. 1). Darüber hinaus soll die Anschlussberufung prozessuale Waffengleichheit schaffen, indem sie den Berufungsbeklagten in den Stand setzt, auf eine Berufung des Gegners ohne verfahrensrechtliche Fesseln reagieren und die Grenzen der neuen Verhandlung mitbestimmen zu können (BGH, Urteil vom 28. März 1984 - IVb ZR 58/82, NJW 1984, 2951, 2952). Will er die Grenzen neu bestimmen und sich nicht auf die Abwehr der Berufung beschränken, kann er dies grundsätzlich nur im Wege der Anschlussberufung erreichen.
28
Dementsprechend muss sich der in erster Instanz obsiegende Kläger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Berufung der Gegenseite anschließen, wenn er eine Klageerweiterung vornehmen oder neue Ansprüche einführen und sich damit nicht nur auf die Abwehr der Berufung beschränken will. Danach ist auch im Fall der Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO die Einlegung einer Anschlussberufung erforderlich (BGH, Urteil vom 12. März 2009 - VII ZR 26/06, BauR 2009, 1140 Rn. 22 = NZBau 2009, 376; Urteil vom 13. September 2011 - X ZR 69/10, GRUR 2012, 45 Rn. 56).
29
Lediglich wenn in der Berufungsinstanz gemäß § 264 Nr. 3 ZPO ohne Änderung des Klagegrundes statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer späteren Veränderung ein anderer Gegenstand gefordert und mit dem nunmehr geltend gemachten Antrag nicht mehr verlangt wird als bereits erstinstanzlich zuerkannt, ist die Einlegung einer Anschlussberufung entbehrlich (BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 73/04, BauR 2006, 717, 718; Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 197/10, WuM 2011, 310 Rn. 10 ff.). Das Begehren des in erster Instanz erfolgreichen Klägers geht in diesem Fall nicht über eine Abwehr der Berufung hinaus.
30
Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, wenn der in erster Instanz obsiegende Kläger eine aufgrund nach Rechtshängigkeit eingetretener Veränderungen erfolgte Klageumstellung gemäß § 264 Nr. 3 ZPO mit einer Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO verbindet. Auch wenn die veränderten Umstände materiell-rechtlich eine Klageumstellung erfordern, beschränkt sich der Kläger in dieser Konstellation nicht auf die Abwehr der Berufung, sondern begehrt einen höheren als den erstinstanzlich zuerkannten Betrag und be- stimmt damit die Grenzen des Berufungsverfahrens neu. Dies ist nur im Wege der Anschlussberufung möglich.
31
bb) Ist die Einlegung einer Anschlussberufung erforderlich, ist nach dem Wortlaut des Gesetzes die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu beachten. Sinn und Zweck der gesetzlichen Fristenregelung des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO rechtfertigen im vorliegenden Fall keine abweichende Beurteilung.
32
Der Gesetzgeber hat sich mit dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) dafür entschieden, die Einlegung einer Anschlussberufung nur binnen einer bestimmten Frist zuzulassen, um auf diese Weise das nach der Neukonzeption in erster Linie der Fehlerkontrolle dienende Berufungsverfahren zu straffen und zu beschleunigen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 64, 98 f.). Trotz erheblicher Kritik in Rechtsprechung und Literatur hat der Gesetzgeber mit dem 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) die Frist, wenn auch in abgeänderter Form, beibehalten und eine Ausnahme nur für wiederkehrende Leistungen geschaffen (vgl. BT-Drucks. 15/3482, S. 17, 18). Vor diesem Hintergrund ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Wege der teleologischen Reduktion sowohl für klageerweiternde als auch für klageändernde Anschlussberufungen abgelehnt worden (BGH, Urteil vom 12. März 2009 - VII ZR 26/06, BauR 2009, 1140 Rn. 22 = NZBau 2009, 376; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 17 ff.).
33
Ob demgegenüber nach Sinn und Zweck sowie unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots der prozessualen Waffengleichheit in besonderen Fällen Ausnahmen von der Befristung zuzulassen sind, wenn die Anschlussberufung eine Reaktion auf eine nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung oder gar erst nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist eingetretene Veränderung der Umstände ist, kann dahinstehen. Denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine endgültige Abrechnung und die nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 42 ff.; Urteil vom 26. Februar 1987 - VII ZR 217/85, BauR 1987, 453; Urteil vom 25. Oktober 1990 - VII ZR 201/89, BauR 1991, 81, 82) damit einhergehende Notwendigkeit zur Umstellung einer Abschlags- auf die Schlusszahlungsklage nicht erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung eingetreten. Vielmehr sind sowohl die Kündigung der Verträge als auch die Erstellung der Schlussrechnungen noch während des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgt. Die Klägerin hätte daher die mit der Klageumstellung auf die höheren Schlussrechnungsforderungen verbundene Klageerweiterung bereits erstinstanzlich vornehmen können. Auf diese Weise hätte sie einen etwa notwendig werdenden weiteren Rechtsstreit über die Restforderungen ohne weiteres vermeiden können. Jedenfalls in dieser Konstellation wären bei entsprechender Prozessführung die vom Gesetzgeber verfolgten prozessökonomischen Ziele, insbesondere der mit der Befristung der Anschlussberufung verfolgte Zweck der Straffung und Beschleunigung des Berufungsverfahrens, erreicht worden. Darüber hinaus wäre auch der mit der Neukonzeption des Berufungsrechts verbundene Aspekt der Fehlerkontrolle zum Tragen gekommen, da sich bereits das erstinstanzliche Gericht umfassend mit den Schlussrechnungen hätte befassen können.
34
cc) Für die vom Berufungsgericht zu Recht als Anschlussberufung gewertete Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO war danach die Einhaltung der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderlich unbeschadet der Möglichkeit, bis zur Höhe des erstinstanzlich zuerkannten Betrages auch nach Ablauf dieser Frist eine Umstellung der Abschlags- auf die Schlusszahlungsklage vorzunehmen.
35
c) Die vom Berufungsgericht hilfsweise angestellte Erwägung, die von ihm angenommene Versäumung der Anschlussberufungsfrist sei jedenfalls deshalb unschädlich, weil die Klägerin erst nach Ablauf der Frist auf die erforderliche Umstellung von der Abschlags- auf die Schlusszahlungsklage hingewiesen worden und ihr deshalb gegebenenfalls von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, ist ebenfalls nicht tragfähig.
36
Eine direkte Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung scheidet aus, weil die Anschlussberufungsfrist gemäß § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO keine Notfrist ist und auch nicht bei den sonstigen Fristen in § 233 ZPO aufgeführt wird.
37
Ob bei Versäumung der Anschlussberufungsfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in (analoger) Anwendung der §§ 233 ff. ZPO in Betracht kommt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (ablehnend - obiter dictum - BGH, Urteil vom 6. Juli 2005 - XII ZR 293/02, BGHZ 163, 324, 329; OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1720, 1721; Gerken, NJW 2002, 1095, 1096; bejahend OLG Stuttgart, OLGR 2008, 25, 27; OLG Düsseldorf, FamRZ 2006, 215, 216; OLG Karlsruhe, OLGR 2005, 443; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, 1299, 1300; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 524 Rn. 32; MünchKommZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 233 Rn. 14; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 233 Rn. 6).
38
Dieser Streit bedarf keiner Entscheidung, denn auch bei analoger Anwendung der §§ 233 ff. ZPO begründen die hilfsweise angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts keinen Wiedereinsetzungsgrund. Die Klägerin hat aus Nachlässigkeit davon abgesehen, die Klage bereits erstinstanzlich - spätestens jedoch bis zu dem vom Berufungsgericht angenommenen Ablauf der Anschlussberufungsfrist - im Hinblick auf die höheren Schlussrechnungsforderungen zu erweitern. Es entspricht, wie ausgeführt, ständiger Recht- sprechung des Senats, dass ein Unternehmer - will er den Prozess nicht verlieren - nach Eintritt der Voraussetzungen für eine endgültige Abrechnung eine Abschlagsklage zwingend auf die Schlusszahlungsklage umstellen muss (BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 45 f.; Urteil vom 26. Februar 1987 - VII ZR 217/85, BauR 1987, 453; Urteil vom 25. Oktober 1990 - VII ZR 201/89, BauR 1991, 81, 82). Diese Rechtsprechung musste der anwaltlich vertretenen Klägerin auch ohne gerichtlichen Hinweis bekannt sein. Ihr war darüber hinaus schon während des erstinstanzlichen Verfahrens und erst recht vor dem vom Berufungsgericht angenommenen Ablauf der Anschlussberufungsfrist bekannt, dass Schlussrechnungsreife eingetreten war und sie eine über die bereits streitgegenständliche Summe hinausgehende Restvergütung beanspruchte, was sich schon daraus ergibt, dass sie diese Vergütung zunächst in einem weiteren Prozess eingeklagt hatte.
39
d) Eine Versäumung der Frist kann ferner nicht mit dem Argument unberücksichtigt bleiben, einer Partei müsse nach einem gerichtlichen Hinweis die Möglichkeit eingeräumt werden, darauf zu reagieren. Dieser allgemeine Grundsatz findet auf die gesetzliche Ausschlussfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO keine Anwendung. Die Unzulässigkeit einer Anschlussberufung wegen Fristversäumung kann durch prozessleitende Maßnahmen nicht mehr behoben werden (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 28).
40
3. Das Berufungsurteil stellt sich, soweit das Berufungsgericht die Klageerweiterung für zulässig erachtet hat, auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Das käme in Betracht, wenn die Anschlussberufungsfrist bei Eingang der Klageerweiterung noch nicht abgelaufen gewesen wäre. Dies kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen und des Akteninhalts nicht abschließend beurteilt werden.
41
a) Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die Einlegung einer Anschlussberufung nur bis zum Ablauf einer gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig. Voraussetzung für den wirksamen Lauf der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist, dass die Frist zur Berufungserwiderung wirksam gesetzt wurde, was nur dann der Fall ist, wenn dem Berufungsbeklagten gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine beglaubigte Abschrift der richterlichen Verfügung zugestellt und er über die Rechtsfolgen der Versäumung der Berufungserwiderungsfrist gemäß § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2 ZPO belehrt worden ist (BGH, Beschluss vom 23. September 2008 - VIII ZR 85/08, NJW 2009, 515 Rn. 5 f.). Das Vorliegen dieser für die Zulässigkeit einer Anschlussberufung maßgeblichen Voraussetzung ist - ungeachtet der fehlenden Verweisung in § 524 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf § 522 Abs. 1 ZPO - von Amts wegen zu überprüfen (Musielak/Voit/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 524 Rn. 25).
42
b) Der Senat kann nicht beurteilen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Klägerin eine beglaubigte Abschrift der betreffenden richterlichen Verfügung nebst Belehrung zugestellt worden ist. Dies ergibt sich auch nicht aus den Akten.
43
4. Das Berufungsurteil kann deshalb nicht bestehen bleiben. Es ist insgesamt aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit dieses die notwendigen Feststellungen zum wirksamen Lauf der Anschlussberufungsfrist gemäß § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO treffen kann. Eine nur teilweise Aufhebung und Zurückverweisung bezüglich des mit der Klageerweiterung geltend gemachten höheren Betrages kommt nicht in Betracht. Denn bei der auf zwei verschiedenen Verträgen beruhenden Vergütung für die Projekte N. und S. handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Die Klägerin muss daher für den Fall der Versäumung der Anschlussberufungs- frist zunächst eindeutig klarstellen, in welcher Reihenfolge sie die Forderungen geltend machen will.

III.

44
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
45
Die Zug-um-Zug-Einschränkung kann in der vom Berufungsgericht tenorierten Form keinen Bestand haben.
46
Es fehlt insoweit bereits an der hinreichenden Bestimmtheit der Urteilsformel , § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, so dass das Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
47
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass nicht nur der Umfang einer Verurteilung, sondern auch die Zug-um-ZugEinschränkung im Titel hinreichend bestimmt sein muss, so dass sie ihrerseits zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden kann (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - X ZR 122/07, BauR 2011, 1034 Rn. 32 = NZBau 2011, 290; Urteil vom 18. September 1992 - V ZR 86/91, NJW 1993, 324, 325; Urteil vom 2. Juni 1966 - VII ZR 162/64, BGHZ 45, 287 f.).
48
Zur hinreichenden Bestimmtheit müssen die Zug um Zug herauszugebenden Gegenstände im Tenor so genau bezeichnet sein, dass eine Identifizierung zumindest im Wege der Auslegung möglich ist (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 - X ZR 122/07, BauR 2011, 1034 Rn. 33 = NZBau 2011, 290). Das Vollstreckungsorgan muss, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, in der Lage sein, die Vollständigkeit und Richtigkeit der ihm vom Gläubiger übergebenen und dem Schuldner anzubietenden Gegenstände zu überprüfen. Danach ist schon die im Tenor aufgeführte "Dokumentation" für die Thermoreaktoren der betreffenden Projekte nicht hinreichend bestimmt, da sich weder dem Tenor noch den Urteilsgründen entnehmen lässt, was genau diese beinhalten soll. Gleiches gilt für die Bezeichnung "Software SPS-S7 (incl. CPU 416-2DP)", wobei hier zusätzlich unklar ist, inwieweit davon auch Hardware umfasst sein soll. Das Berufungsgericht hat ferner Packlisten in den Tenor einbezogen, aus denen sich die Zug um Zug herauszugebenden Anlagenteile ergeben. Auch diese Gegenstände sind in erheblichem Umfang nur unzureichend bezeichnet, weil konkrete Beschreibungen durch Typenbezeichnungen , Angaben von Größen, Mengen oder Material, die eine klare Identifikation ermöglichen würden, fehlen.
49
Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen § 184 GVG vor, weil die in den Urteilstenor einbezogenen Packlisten Teile in russischer Sprache und kyrillischer Schrift ohne Übersetzung enthalten. Zwar verbietet § 184 GVG nicht jede Einbeziehung fremdsprachiger Worte in Urteilstenor und Urteilsgründen (vgl. z.B. OLG Hamm, NStZ-RR 2010, 348 f. m.w.N.; BSG, MDR 1975, 697, jeweils zu medizinischen Fachausdrücken). Wenn jedoch - wie hier - aufgrund der umfänglichen fremdsprachigen Teile der in den Tenor einbezogenen Pack- listen Missverständnisse und Unklarheiten für die maßgeblichen Adressaten nicht ausgeschlossen werden und sich hieraus Probleme bei der Vollstreckbarkeit des Urteils ergeben können, ist die zwingende Regelung des § 184 GVG verletzt. Eick Halfmeier Kartzke Graßnack Sacher
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 20.04.2011 - 87 O 169/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.04.2012 - 13 U 67/11 -

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19. Oktober 2012 - 6 Sa 488/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist seit Juni 1990 bei der Beklagten in der Außenstelle M des Bundesamtes für Güterverkehr (im Folgenden BAG) als Sachbearbeiter für Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Gebietsfremde beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) bzw. nachfolgend des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes vom 13. September 2005 (TVöD) aufgrund vertraglicher Bezugnahme Anwendung. Der Kläger erhielt nach Überleitung aus der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TVöD. Zum 1. Januar 2011 erfolgte ein Bewährungsaufstieg in die VergGr. IVb Fallgr. 1b BAT, der allerdings keine Änderung der Entgeltgruppe nach sich zog.

3

Der Kläger ist mit der Prüfung von Zuständigkeiten und Voraussetzungen, der Durchführung ergänzender Ermittlungen, der Bewertung von Sachverhalten bei Verstößen sowie der Durchführung von Anhörungen und anschließenden Entscheidungen des BAG in Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Gebietsfremde betraut. Seine Aufgabe umfasst die Feststellung und Bewertung sämtlicher Ordnungswidrigkeiten, insbesondere von bußgeldbewährten Verstößen gegen das Güterkraftverkehrsgesetz, das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz, das Fahrpersonalgesetz, das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung, das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter, das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung umweltverträglicher Beseitigung von Abfällen, das Abfallverbringungsgesetz, das Übereinkommen über sichere Container, das Personalbeförderungsgesetz, das Tierschutzrecht und die Lebensmitteltransportbehälterverordnung, die von Gebietsfremden aus 16 unterschiedlichen Herkunftsstaaten - größtenteils, aber nicht ausschließlich EU-Mitgliedstaaten - begangen werden. Die weit überwiegend zu bearbeitenden Verstöße betreffen das Fahrpersonalrecht, das Gefahrgutrecht, das Güterkraftverkehrsrecht und das Abfallrecht. Seine Tätigkeit umfasst die Abgabe von Verfahren an andere Verwaltungsbehörden im Falle der Unzuständigkeit des BAG, die Erteilung von Verwarnungen mit oder ohne Verwarnungsgeld, den Erlass von Bußgeldbescheiden, die Entscheidung über Zahlungserleichterungen oder die Niederschlagung von Forderungen sowie die Bearbeitung sonstiger Anfragen von Verkehrsbehörden, Betroffenen oder Dritten und die Abgabe von Verfahren an die Staatsanwaltschaft bei Verdacht einer Straftat.

4

Der Kläger bearbeitet die Ordnungswidrigkeiten zu 82 vH seiner Arbeitszeit, zu 15 vH behandelt er Einsprüche und erstellt Kostenfestsetzungsbescheide. In der restlichen Arbeitszeit (3 vH) betreut er schriftliche oder telefonische Anfragen Dritter.

5

Die im Juli 2009 vom Kläger beantragte Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 10 TVöD lehnte die Beklagte ab.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und die Auffassung vertreten, dass seine Tätigkeit nach der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT zu bewerten sei. Seine Tätigkeit hebe sich nicht nur wegen seiner besonderen Verantwortung, sondern auch wegen der besonderen Schwierigkeit aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT heraus. Schon die Tatbestandsermittlung und -bewertung sei sehr komplex. Umfangreiche Softwarekenntnisse, etwa des komplizierten Programms „TachoScanControl 1.9“, seien bereits bei der Erfassung des Sachverhalts erforderlich. Nach der Datenübermittlung bedürfe es regelmäßig individueller Nachprüfungen, Sichtbarmachungen und Korrekturen der Daten sowie konkreter Nachfragen. Er benötige hierzu hinreichende Technikkenntnisse, etwa bezüglich der Besonderheiten der unterschiedlichen Fahrzeugtypen. Er müsse eine Vielzahl von Rechtsvorschriften, insbesondere internationale und bilaterale Abkommen, kennen und anwenden, da die Ordnungswidrigkeiten aus den verschiedenen Rechtsgebieten einen Auslandsbezug aufwiesen. Dies mache seine Aufgabe schwierig, selbst wenn die Ahndung nach deutschem Recht erfolge. Er müsse prüfen, ob dem betroffenen Ausländer ein individueller Schuldvorwurf gemacht werden könne und müsse bei der Bestimmung der Bußgeldhöhe die ausländischen Lebensverhältnisse beachten. Anders als ein kommunaler Sachbearbeiter für Ordnungswidrigkeiten arbeite er mit der Bundespolizei und den Polizeien anderer Bundesländer zusammen. Die Komplexität der von ihm zu bearbeitenden Materie zeige sich beispielhaft am Umfang des Tatbestandskatalogs zum Fahrpersonalgesetz, der allein 115 Seiten umfasse und durch die Fahrpersonalverordnung und europarechtliche Vorschriften ergänzt werde. Auch würden ständig die anzuwendenden Gesetze geändert, in den Jahren 2004 bis 2009 allein mehr als 42 Mal, was häufig mit technischen und fachspezifischen Änderungen und Weiterungen verbunden sei. Da er im Namen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Ausländern tätig werde, sei seine Tätigkeit für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland von gesteigerter Bedeutung.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab August 2009 Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 und ab Februar 2011 nach der Entgeltgruppe 11 TVöD zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, dass die Tätigkeit des Klägers nicht die Voraussetzungen der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT erfülle. Sie hebe sich nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Ausgangsvergütungsgruppe heraus. Die vom Kläger beschriebenen Umstände und Tätigkeiten würden bereits sämtlich in der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT berücksichtigt. Er müsse die anzuwendenden Gesetze und Vorschriften nicht umfassend beherrschen, es genüge die Kenntnis der bußgeldrelevanten Tatbestände der inländischen Normen und europäischen Verordnungen, da er die durch den Straßenkontrolldienst des BAG oder durch Berichte anderer Behörden ermittelten Sachverhalte nur unter die Rechtsvorschriften zu subsumieren und im Rahmen eines vorgegebenen Entscheidungsspielraums in einem IT-gestützten und reglementierten Verfahren Bußgelder festzulegen habe. Die eingesetzte Software erfordere nach einer ersten Einarbeitung keinen besonderen Sachverstand, sie vereinfache und strukturiere vielmehr das vom Kläger zu bearbeitende Massengeschäft. Er könne die Bescheide regelmäßig ohne Hinzuziehung weiterer Gesetzestexte oder rechtlicher Recherchen erstellen. Auch die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Betroffenen in ihrem Heimatland erfolge grundsätzlich standardisiert durch dem Kläger vorgegebene Staatenabschläge für Fahrer aus bestimmten mittel- und osteuropäischen Staaten. Lediglich hinsichtlich der abgrenzbaren, im Rahmen der Gesamttätigkeit allerdings untergeordneten Teilaufgabe der Zustellung der Bescheide im Ausland sowie hinsichtlich bestimmter Registerabfragen habe er ausländisches Recht zu beachten.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

11

Die als Eingruppierungsfeststellungsklage ohne Weiteres zulässige (vgl. dazu BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 9) Klage ist unbegründet. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT. Nach der erfolgten Tarifsukzession zum 1. Oktober 2005 war der Kläger daher nicht gemäß § 4 Abs. 1 iVm. Anlage 2 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-Bund) in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in Entgeltgruppe 10 bzw. 11 TVöD überzuleiten. Somit bleibt es auch für den Zeitraum nach Inkrafttreten von §§ 24 ff. TVÜ-Bund sowie des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes vom 5. September 2013 (TV EntgO Bund) zum 1. Januar 2014 bei der bisherigen Eingruppierung (§ 25 Abs. 1 TVÜ-Bund).

12

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der BAT in der jeweiligen Fassung und nachfolgend - in der Zeit ab dem 1. Oktober 2005 - der ihn ablösende TVöD Anwendung. Für die Eingruppierung des Klägers ist trotz des zwischenzeitlichen Inkrafttretens von §§ 24 ff. TVÜ-Bund sowie des TV EntgO Bund zum 1. Januar 2014 weiterhin § 17 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 iVm. der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung maßgebend. Der Kläger gehört zwar zu den „in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten“ iSv. § 24 Satz 1 TVÜ-Bund, „deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen“. Für diese Beschäftigten gelten ab 1. Januar 2014 jedoch die §§ 12, 13 TVöD (Bund) als neue Eingruppierungsvorschriften nicht, wenn sich ihre Tätigkeit zwischenzeitlich nicht geändert hat. Dies ergibt sich aus § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund iVm. der Protokollerklärung zu Absatz 1. Danach verbleibt es grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung vom BAT in den TVöD erfolgten Eingruppierung. Die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund gilt gemäß der Protokollerklärung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund danach nicht statt.

13

II. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TVöD.

14

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass seine gesamte auszuübende Tätigkeit iSd. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und Unterabs. 4 BAT den von der VergGr. IVa BAT geforderten Anforderungen entspricht, indem die seine Gesamtarbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte (Fallgruppe 1a) oder zu einem Drittel (Fallgruppe 1b) der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen eines oder mehrerer der dort genannten Tätigkeitsmerkmale erfüllen. Diese Regelung der Anlage 1a zum BAT gilt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung über den 30. September 2005 hinaus fort.

15

1. Bei der Prüfung ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Dabei handelt es sich um eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (st. Rspr. zu Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT, zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 14). Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr., zuletzt bspw. BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 15 mwN). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleiben dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Leistungen zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte nicht von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person auch übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Lauf der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16 mwN; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, BAGE 146, 22). Bei der Zuordnung der Tätigkeiten des Arbeitnehmers hat das Tatsachengericht einen Beurteilungsspielraum (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 14).

16

2. Danach ist die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, bei der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit handele es sich um zwei Arbeitsvorgänge, nämlich die Bearbeitung ordnungswidrigkeitsrechtlicher Kontrollberichte und Anzeigen sowie von Einsprüchen einerseits mit einem Anteil von 97 vH der Gesamtarbeitszeit und der Bearbeitung von schriftlichen und telefonischen Anfragen Dritter mit einem Zeitanteil von 3 vH der Gesamtarbeitszeit andererseits, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

Das Landesarbeitsgericht hat die Behandlung etwaiger Einsprüche zu Recht nicht als einen von dem ursprünglichen Bußgeldverfahren getrennten, eigenständigen Arbeitsvorgang angesehen. Die Tätigkeit des Klägers dient insoweit insgesamt der Prüfung, ob eine Ordnungswidrigkeit eines Gebietsfremden gegeben und auf welche Weise sie ggf. zu ahnden ist. Arbeitsergebnis der Prüfung ist die Frage, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt und ob bzw. wie diese verfahrensmäßig verfolgt wird. Die Tätigkeit ist dabei auf den Abschluss des Bußgeldverfahrens im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit des BAG gerichtet. Abgeschlossen ist das Verfahren erst nach der Entscheidung über einen etwaigen Einspruch. Demnach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, die Sachverhaltsermittlung und Entscheidung im Ausgangsverfahren bei eingelegtem Einspruch nach der Organisation der Beklagten nur als unselbständigen Zwischenschritt innerhalb eines Arbeitsvorgangs zu begreifen (vgl. BAG 15. Oktober 1986 - 4 AZR 548/85 -).

18

3. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers sind die nachstehenden Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT maßgebend:

        

Vergütungsgruppe V b

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

        

Vergütungsgruppe IV b

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist. …

        

Vergütungsgruppe IV a

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.

        

1 b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.“

19

4. Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen (zB BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 27 mwN). Danach muss ein Arbeitnehmer die allgemeinen Voraussetzungen der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT und die der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT und IVa Fallgr. 1a oder 1b BAT erfüllen. Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale seien unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt. Für einen schlüssigen Vortrag genügt dabei eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht, wenn ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber derjenigen eines Angestellten der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT oder der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT entsprechend den Qualifizierungsmerkmalen heraushebt und eine Eingruppierung in der VergGr. IVa Fallgr. 1a oder 1b BAT begründet. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den „Normaltätigkeiten“ der Ausgangsfallgruppe, und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. Die vorgetragenen Tatsachen müssen erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (st. Rspr., etwa BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 27 mwN).

20

5. Auf der Grundlage seines Vortrags erfüllt die Tätigkeit des Klägers nach diesen Maßstäben zwar die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Ausgangsvergütungsgruppe Vb Fallgr. 1a BAT und der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT, nicht jedoch der Fallgruppe 1a oder 1b der VergGr. IVa BAT.

21

a) Die Tätigkeit des Klägers erfüllt die Anforderungen der Ausgangsvergütungsgruppe (VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT). Sie erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen. Darüber hinaus ist sie auch besonders verantwortungsvoll (VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT).

22

Das Landesarbeitsgericht durfte sich auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken. Eine solche ist ausreichend, soweit - wie hier - die Tätigkeit des Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (zB BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 23 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vb Fallgr. 1a und IVb Fallgr. 1a BAT seien erfüllt. Gegen diese Wertung wendet sich auch keine der Parteien.

23

b) Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass die von ihm auszuübende Tätigkeit sich hinsichtlich der Anforderungen durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT heraushebt. Es fehlt bereits an der Darlegung von Tatsachen, die den erforderlichen wertenden Vergleich ermöglichen. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen.

24

aa) Ein wertender Vergleich betreffend die tariflichen Heraushebungsmerkmale der „besondere[n] Schwierigkeit und Bedeutung“ verlangt zunächst die Benennung einer Vergleichsgruppe von Arbeitnehmern, deren Tätigkeiten entsprechend der Vergütungsgruppe IVb Fallgr. 1a BAT bewertet sind. Um vergleichbar zu sein, muss die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer zumindest eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen mit derjenigen aufweisen, die vom klagenden Arbeitnehmer ausgeübt wird. Sodann ist darzulegen, dass die von den Arbeitnehmern der Vergleichsgruppe ausgeübten Tätigkeiten (mindestens) die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Hierfür können rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, namentlich des Bundesarbeitsgerichts, als Indiz herangezogen werden, wenn in ihnen eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeit vorgenommen wurde. Dabei ist jedoch zu beachten, dass arbeitsgerichtliche Entscheidungen in Eingruppierungsrechtsstreitigkeiten regelmäßig nicht zwingend verallgemeinerungsfähige Aussagen über die dort beurteilte Tätigkeit im Allgemeinen enthalten. So mag beispielsweise eine Klageabweisung ua. dem Umstand geschuldet sein, dass die klagende Partei keinen schlüssigen Klagevortrag erbracht hat (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 35).

25

bb) In einem zweiten Schritt ist dieser Vergleichstätigkeit die dabei wahrzunehmende „Normalschwierigkeit“ bzw. „Normalbedeutung“ zuzuordnen und ihr die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit des klagenden Arbeitnehmers gegenüberzustellen (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 36).

26

(1) Die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit einer Tätigkeit bezieht sich dabei auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT in gewichtiger Weise, dh. beträchtlich, übersteigt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 37 mwN).

27

(2) Die weitere tarifliche Anforderung der Bedeutung knüpft an die bestehende Bedeutung des Aufgabenkreises an, dh. an die Größe des Aufgabengebiets, die Tragweite der zu bearbeitenden Materie oder die Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich, die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit. Die Bedeutung muss - aufgrund ihres Gehalts als Heraushebungsmerkmal - zumindest zu einer deutlich wahrnehmbar gesteigerten Tätigkeitsanforderung gegenüber den voranstehenden Vergütungsgruppen führen (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 22 mwN).

28

cc) Erst wenn in dieser Form den jeweils in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmalen der zu vergleichenden Vergütungsgruppen zumindest hinsichtlich der Ausgangsvergütungsgruppe eine im weiteren Sinne „unstreitige“ Bewertung einer vergleichbaren Tätigkeit zugrunde liegt, kann der - behauptete - Unterschied der jeweiligen Schwierigkeit und Bedeutung anhand der genannten Maßstäbe bewertet werden (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 37).

29

c) Ausgehend von diesem Maßstab genügt der Vortrag des Klägers nicht den Darlegungsanforderungen.

30

Der Kläger hat zwar - worauf er in der Revisionsbegründung zutreffend verweist - bereits erstinstanzlich auf das Urteil des Senats vom 15. Oktober 1986 (- 4 AZR 548/85 -) Bezug genommen und ausgeführt, der Senat habe dort hinsichtlich einer kommunalen Bußgeldsachbearbeiterin die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT bejaht; ferner hat er zu seiner eigenen Tätigkeit vorgetragen. Dies reicht im Ergebnis jedoch für einen wertenden Vergleich nicht aus.

31

aa) Schon grundsätzlich reicht der bloße Verweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Darlegung einer Vergleichstätigkeit nicht aus, wenn zum konkreten Inhalt der Vergleichstätigkeit kein detaillierter Vortrag erbracht wird. Der Hinweis des Senats, rechtskräftige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts könnten zumindest als Indiz für eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeiten herangezogen werden, entbindet einen Kläger nicht von der konkreten Darstellung der Tätigkeit der Vergleichsgruppe. Diese Tätigkeit ist nach Inhalt, Art und Ausgestaltung der wesentliche Bezugspunkt des wertenden Vergleichs und daher im Einzelnen präzise darzustellen. Die herangezogene Tätigkeit eines „kommunalen Bußgeldsachbearbeiters“ hat der Kläger jedoch nicht konkret umschrieben. Er hat lediglich pauschal vorgetragen, dessen Tätigkeit sei mit seiner Tätigkeit im Wesentlichen gleich; dieser habe in einer Kommune zu ermitteln, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliege und wie diese ggf. zu ahnden sei.

32

bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb angenommen, der Vortrag des Klägers lasse damit nicht erkennen, dass seine Tätigkeit von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ ist. Damit bewegt sich das Landesarbeitsgericht in dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum (vgl. dazu zB BAG 27. August 2008 - 4 AZR 470/07 - Rn. 20 mwN).

33

(1) Soweit der Kläger auf die Größe des Aufgabengebiets und die Vielzahl der dabei anzuwendenden Rechtsvorschriften hinweist und hieraus - sowie aus der häufigen Veränderung dieser Vorschriften - auf eine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit schließt, fehlt es bezüglich der vom Kläger selbst herangezogenen Vergleichsgruppe der kommunalen Bußgeldsachbearbeiter an einer substantiierten Darlegung eines Vergleichs der jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften.

34

(a) Seine Behauptung, er habe neben den Regelungen, die nach der Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 1986 von den kommunalen Bußgeldsachbearbeitern anzuwenden seien, weit darüber hinausgehende Aufgaben zu betreuen und „weitere … Vorschriften“ anzuwenden, ist offensichtlich unzutreffend. Die von der seinerzeitigen Klägerin ausgeführten Tätigkeiten waren ausweislich des Tatbestands des Senatsurteils vom 15. Oktober 1986:

        

„1)     

Verantwortliche Sachbearbeitung und selbständige Entscheidung nach dem/der:

                 

Gefahrgutgesetz i. V. m. Gefahrgut-VO, Güterkraftverkehrsgesetz, Personenbeförderungsgesetz i.V.m. BO Kraft, Fahrlehrergesetz, Bundesfernstraßen- und Landesstraßengesetz, Handwerksordnung/Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, Gewerbeordnung, Abfallbeseitigungsgesetz, Abgrabungsgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Wasserschutzgebiets-VO, Landesimmissionsschutzgesetz, Landschaftsschutzgesetz, Landesjagdgesetz, Landesfischereigesetz, Tierschutzgesetz, Viehseuchengesetz u.a.

        

2)    

Entgegennahme und Entscheidung über eingelegte Rechtsmittel (Einsprüche, Anträge auf gerichtliche Entscheidung), und ggf. Durchführung weiterer Ermittlungstätigkeit.

        

3)    

Entscheidung über Kostenerstattungsanträge …

                          
        

4)    

Entgegennahme von Ratenzahlungs- bzw. Stundungsanträgen und ggf. Einholung der für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen (Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse); in Vertretung des Abteilungsleiters Entscheidung über Stundungs- bzw. Ratenzahlungsanträge.

        

5.    

Rechtliche Beratung von Betroffenen, Zeugen und sonstigen in Ordnungswidrigkeitenangelegenheiten vorsprechenden Personen sowie Beratung von Behörden über Rechts- und Sachfragen - formelles und materielles Recht.“

35

Die dabei in Ziff. 1 genannten Rechtsvorschriften hat der Kläger größtenteils nicht anzuwenden. Er hat nicht zusätzliche, sondern im Wesentlichen andere Rechtsvorschriften zu berücksichtigen.

36

(b) Aus seinen Ausführungen ist auch nicht zu erkennen, dass die von ihm anzuwendenden Gesetze in Anzahl oder Schwierigkeit die in Ziff. 1 der obigen Aufzählung genannten Gesetze und Verordnungen derart übersteigen, dass eine „besondere Schwierigkeit“ im Tarifsinne gegeben wäre. Es fehlt insoweit an jeglicher inhaltlichen Auseinandersetzung.

37

(c) Dies gilt auch für die behauptete umfangreiche Änderung dieser Vorschriften. Die Ausführungen des Klägers hierzu beschränken sich im Wesentlichen darauf, den Inhalt seiner Tätigkeit darzustellen und zu bewerten, ohne die dieser Abstrahierung und Wertung zugrunde liegenden Einzeltatsachen darzulegen und vorzutragen, aus welchen Gründen sich seine Tätigkeit aus der Grundtätigkeit und der Aufbaufallgruppe heraushebt. Dies ist unzureichend (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 40).

38

(2) Soweit der Kläger darauf verweist, er müsse auch technische und spezielle EDV-Kenntnisse („TachoScanControl 1.9“) haben und die Verzahnung dieses Wissens mit seinen rechtlichen Kenntnissen begründe die besondere Schwierigkeit, fehlt es bereits an einer Darlegung, dass dies bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer der Vergleichsgruppe nicht oder zumindest nicht in gleichem Umfang der Fall ist. Dabei ist angesichts der Vielzahl der von der kommunalen Bußgeldsachbearbeiterin im angeführten Urteil zu prüfenden Vorschriften, die einen technischen Bezug aufweisen (bspw. Güterkraftverkehrsgesetz, Personenbeförderungsgesetz iVm. BO Kraft, Bundesfernstraßen- und Landesstraßengesetz, Handwerksordnung, Gewerbeordnung, Abfallbeseitigungsgesetz, Abgrabungsgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Wasserschutzgebiets-VO, Landesimmissionsschutzgesetz, Landschaftsschutzgesetz, Landesjagdgesetz, Landesfischereigesetz, Tierschutzgesetz, Viehseuchengesetz), nicht auszuschließen, dass hierfür ebenfalls technische Kenntnisse in vergleichbarem Umfang erforderlich sind. Hierzu fehlt ein Vortrag des Klägers gänzlich.

39

(3) Hinsichtlich der Kenntnisse von „TachoScanControl 1.9“ kommt hinzu, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraums rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Verwendung derartiger Software sei nicht nur in der öffentlichen Verwaltung üblich, sondern sie unterstütze und erleichtere - nach einer notwendigen Anlernphase - die Arbeit des Klägers, weshalb eine besondere Schwierigkeit damit gerade nicht begründet werden könne.

40

(4) Auch hinsichtlich des vom Kläger angeführten Auslandsbezugs erweist sich die Würdigung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerfrei.

41

(a) Zwar kann davon ausgegangen werden, dass ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter regelmäßig keinen Auslandsbezug bei der Bearbeitung von Bußgeldtatbeständen hat. Indes hat das Landesarbeitsgericht aber zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten durch den Kläger - selbst wenn außerhalb des Bundesgebiets begangene Taten verfolgt werden - ausschließlich nach deutschem Recht oder nach unmittelbar wirkenden europäischen Verordnungen erfolgt. Dass die Anwendung europäischer Verordnungen oder bilateraler Abkommen zwingend schwieriger ist als die Anwendung der zitierten Rechtsvorschriften durch einen kommunalen Bußgeldsachbearbeiter, hat der Kläger nicht dargelegt.

42

(b) Schließlich rechtfertigt die vom Kläger angeführte Berücksichtigung ausländischen Rechts im Rahmen der individuellen Schuld- und Folgenprüfung, keine andere Beurteilung der fehlenden besonderen Schwierigkeit. Nicht nur der Kläger, sondern auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter muss sich ggf. mit der Einwendung auseinandersetzen, die anzuwendende Ordnungswidrigkeitenvorschrift sei unbekannt und es liege ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 11 Abs. 2 OWiG vor(siehe zur Vermeidbarkeit von Verbotsirrtümern BeckOK OWiG/Valerius OWiG Stand 15. Oktober 2015 § 11 Rn. 37 ff.).

43

Hinsichtlich der Berücksichtigung der ausländischen Lebensverhältnisse bei der Festsetzung der Höhe des Bußgelds hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Kläger die konkreten Lebens- und Einkommensverhältnisse im Heimatland des Gebietsfremden gerade nicht ermitteln muss, sondern er grundsätzlich lediglich die vorgegebenen pauschalierten Staatenabschläge anzuwenden hat.

44

(c) Dass und ggf. weshalb die Zustellungen im Ausland oder die auswärtigen Registerabfragen von besonderer Schwierigkeit im tariflichen Sinne sind, kann dem Vortrag des Klägers ebenfalls nicht entnommen werden.

45

(d) Besondere Sprachkenntnisse wegen des Auslandsbezugs muss der Kläger schon nach seinem eigenen Sachvortrag nicht vorhalten. Die Amtssprache ist deutsch (§ 23 Abs. 1 VwVfG). Dass es wegen der Zusammenarbeit mit Gebietsfremden, etwa bei telefonisch vorgetragenen Einwendungen eines nicht hinreichend der deutschen Sprache mächtigen Betroffenen, vermehrt zu Sprachschwierigkeiten kommen kann, rechtfertigt für sich nicht die Annahme einer „besonderen Schwierigkeit“. Dies gilt umso mehr als auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter mit im Inland lebenden und ggf. nicht hinreichend des Deutschen mächtigen Ausländern zu tun haben kann.

46

(5) Die vom Kläger zuletzt als Beleg für den Unterschied zum kommunalen Bußgeldsachbearbeiter angeführte Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und den Polizeien unterschiedlicher Bundesländer begründet ebenfalls keine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit. Seinem Vortrag ist nicht zu entnehmen, warum die Übermittlung von Kontrollberichten durch unterschiedliche Behörden zu einer gewichtig gesteigerten Schwierigkeit seiner Tätigkeit führen soll.

47

(6) Eine gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint.

48

(a) Ein wertender Vergleich ist auf der Basis seines Vortrags schon grundsätzlich nicht möglich. Er hat sich mit der Bedeutung der Tätigkeit der von ihm herangezogenen Vergleichsgruppe der kommunalen Bußgeldsachbearbeiter nicht hinreichend befasst, sondern lediglich die Bedeutung seiner eigenen Tätigkeit herausgestrichen.

49

(b) Soweit das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, die Tragweite der Entscheidungen des Klägers sei für die Lebensverhältnisse der Gebietsfremden nicht größer als die bei Verhängung von Bußgeldern gegenüber Inländern, ist dies nicht zu beanstanden. Auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter hat es mit Tätern ganz unterschiedlicher Einkommens- und Lebensverhältnisse zu tun und muss dies bei der Entscheidung über die Höhe des Bußgelds berücksichtigen. Eine gesteigerte Bedeutung ist demnach nicht erkennbar.

50

(c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass auch die Entscheidungsbefugnis des Klägers über Zahlungserleichterungen die Annahme einer gesteigerten Bedeutung seiner Tätigkeit nicht rechtfertigt. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen, dass kommunale Bußgeldsachbearbeiter derartige Entscheidungen nicht treffen dürften. Im Gegenteil ergibt sich aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 1986, dass die dortige Sachbearbeiterin Entscheidungen über Ratenzahlungs- oder Stundungsanträge - wenn auch nur in Vertretung des Abteilungsleiters - eigenständig treffen durfte.

51

(d) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht schließlich davon ausgegangen, dass eine gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit des Klägers nicht damit begründet werden könne, dass der Kläger die Bundesrepublik im Ausland gegenüber Gebietsfremden repräsentiere. Warum die Repräsentation staatlicher Gewalt gegenüber Bundesbürgern und hier lebenden Ausländern für das staatliche Ansehen unwichtiger oder weniger bedeutungsvoll sein soll, als die Repräsentation gegenüber Gebietsfremden, leuchtet nicht ohne Weiteres ein. Selbst wenn die Außendarstellung der Beklagten im Ausland zweifellos von großer Bedeutung ist, ist das Auftreten der Repräsentanten staatlicher Gewalt im Inland von keiner minderen Bedeutung für die Allgemeinheit.

52

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2013 - 3 Sa 247/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22. März 2012 - 7 Ca 2435/11 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 1. Oktober 2012 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD ab dem auf den Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Sozialamt verteilt auf vier Außenstellen über 30 Sachbearbeiter/-innen mit Aufgaben der „Wirtschaftlichen Sozialhilfe“ nach dem SGB XII. Den Sachbearbeitern steht in der jeweiligen Außenstelle ein Außenstellenleiter vor. Die Außenstellenleiter unterstehen ihrerseits dem Leiter der Abteilung Wirtschaftliche Sozialhilfe und Migrantenhilfe.

3

Die Klägerin ist seit Juli 1994 bei der Beklagten angestellt. Kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme fand auf ihr Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2005 der BAT-O in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD/VKA) vom 13. September 2005.

4

Die Klägerin übt seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses die Aufgaben einer Sachbearbeiterin „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ aus. Sie besitzt eine Anordnungsbefugnis in Höhe von bis zu 1.500,00 Euro pro Einzelfall. Auf der Grundlage einer von der Beklagten erstellten Arbeitsplatzbeschreibung aus dem Jahre 2001 wurde sie nach der VergGr. Vb Fallgr. 1b BAT-O und nach Absolvierung der vorgesehenen Bewährung nach der VergGr. IVb Fallgr. 1b BAT-O vergütet.

5

Nach Inkrafttreten des TVöD/VKA wurde sie nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) in die Entgeltgr. 9 Stufe 5 TVöD/VKA übergeleitet.

6

Die Beklagte erstellte nach Inkrafttreten des SGB XII und mehrfachen Änderungen des SGB II - die ua. die „Herausnahme“ der erwerbsfähigen Arbeitslosen aus dem Bereich der Sozialhilfe betrafen - im Juli 2010 für die Zeit ab dem 1. Dezember 2008 für die bei ihr tätigen Sachbearbeiter/-innen „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ eine neue Arbeitsplatzbeschreibung, die zu einer Bewertung der Stellen mit der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O führte. Die Arbeitsplatzbeschreibung, die der tatsächlichen Tätigkeit der Klägerin entspricht, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Lfd. Nr.

Tätigkeiten

zeitlicher Anteil in %

        

1       

Umfassende Beratung der Hilfesuchenden

10    

        

2       

Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII

        
        

2.1     

Allgemeines

5       

                 

-       

Antragsannahme

        
                 

-       

Zuständigkeitsprüfung

        
                 

-       

Sachverhaltsermittlung unter Beachtung der Mitwirkungspflichten des Hilfesuchenden und Dritter

        
                 

-       

Entscheidungsfindung zur Vorprüfung

        
                          

●       

bekannt werden der Bedürftigkeit

        
                          

●       

Rückwirkende Sozialhilfegewährung; Übernahme von Schuldverpflichtungen

        
                          

●       

vorbeugende und nachgehende Hilfe

        
                          

●       

Erstattung der Aufwendungen von Nothelfern

        
                          

●       

Sozialhilfeleistungen für Nachforderungen des Vermieters

        
                          

●       

Selbsthilfemöglichkeiten

        
                          

●       

öffentlich-rechtliche Ansprüche

        
                          

●       

privatrechtliche Ansprüche

        
                          

●       

tatsächliche Hilfeleistung Dritter und vorrangig verpflichteter Träger

        
                          

●       

sachliche Voraussetzungen

        
                          

●       

Rechtslage

        
                          

●       

Bedarfsermittlung

        
                          

●       

Prüfung vorrangiger Leistungsträger

        
        

2.2     

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU)

5       

                          

●       

Ermittlung des notwendigen Lebensunterhaltes

        
                          

●       

Hilfe für einzelne für den Lebensunterhalt erforderliche Tätigkeiten

        
                          

●       

Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen

        
                          

●       

Alterssicherung

        
                          

●       

Bestattungskosten

        
                          

●       

HLU in Sonderfällen

        
                          

●       

Prüfung der Haushaltsgemeinschaft

        
                          

●       

HLU für Lebensgemeinschaften

        
                          

●       

ergänzende Darlehen

        
                          

●       

Darlehen bei vorübergehender Notlage

        
                          

●       

Bestimmung des Einkommens

        
                          

●       

Bestimmung des Vermögens

        
        

2.3     

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen (GSI)

18    

                          

●       

Ermittlung des allgemeinen Leistungsumfangs mit Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherung

        
                          

●       

Hilfe in Sonderfällen

        
                          

●       

ergänzende Darlehen

        
                          

●       

Bestimmung des Vermögens unter Beachtung der Besonderheiten des Vermögenseinsatzes

        
                          

●       

Vorprüfung der Besonderheit bei Unterhaltsansprüchen

        
                          

●       

Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung

        
                          

●       

Zusammenarbeit mit Rententrägern

        
        

2.4     

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Hilfen in besonderen Lebenslagen (HbL)

29    

                          

a)    

Hilfe zur Gesundheit

        
                          

b)    

Hilfe bei Krankheit

        
                          

c)    

Hilfe zur Familienplanung

        
                          

d)    

Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft

        
                          

e)    

Hilfe bei Sterilisation

        
                          

f)    

Eingliederungshilfe vorbereitend

        
                          

g)    

Hilfe zur Pflege

        
                          

h)    

Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten

        
                          

i)    

Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes

        
                          

j)    

Blindenhilfe

        
                          

k)    

Altenhilfe

        
        

2.5     

Darlehensweise Hilfegewährung

5       

        

2.6     

Erstattung von zu Unrecht geleisteter Sozialhilfe, Kürzung von Sozialhilfe, Aufrechnung, Prüfung von Sozialhilfemissbrauch (Datenabgleich)

3       

        

3       

Gewährung von freiwilligen Leistungen der Stadt ... (...-Pass); sondergesetzliche Regelungen

4       

        

4       

Abschließende Entscheidung einschließlich Berechnung, Bescheiderstellung und Zahlungsveranlassung im Rahmen der Feststellungsbefugnis, Rücknahme von Verwaltungsakten

10    

        

5       

Feststellung von Kostenträgern und Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen

5       

        

6       

Kontrolle von statistischen Fehlerlisten; laufende statistische Erhebungen sowie die Datenerfassung

3       

        

7       

Erarbeitung von Stellungnahmen zu Widersprüchen

3“    

7

Die Beklagte teilte der Klägerin das Ergebnis der tariflichen Bewertung mit Schreiben vom 16. Juli 2010 mit. Hierin heißt es auszugsweise:

        

„… aufgrund von Aufgabenänderungen war es erforderlich, die Arbeitsplatzbeschreibung der Sachbearbeiter/-innen Wirtschaftliche Sozialhilfe zu überarbeiten und neu zu bewerten. Auf der Grundlage der vom Sozialamt mit Wirkung zum 1. Dezember 2008 erstellten Arbeitsplatzbeschreibung erfolgte die Bewertung im Ergebnis mit Vergütungsgruppe (VG) Vb Fallgruppe (FG) 1a Allgemeiner Tarifvertrag (ATV). …

        

Sie nehmen seit dem 13. Juli 1994 die Aufgaben einer Sachbearbeiterin Wirtschaftliche Sozialhilfe wahr. …

        

Bisher waren die Stellen der Sachbearbeiter/-innen Wirtschaftliche Sozialhilfe mit der VG Vb/IVb FG 1b/1a ATV (entspricht Entgeltgruppe 9 TVöD) bewertet. Da beide Vergütungsgruppen der Entgeltgruppe 9 TVöD zugeordnet werden, ergibt sich aus der Bewertungsänderung keine Veränderung der Entgeltgruppe und damit keine arbeitsvertragliche Änderung. Aus der Bewertungsänderung in VG Vb FG 1a ATV resultiert jedoch, dass gemäß § 16 Absatz 3 Satz 2 TVöD i. V. m. Punkt I. Absatz 3 Buchstabe b) Anhang zu § 16 in der Entgeltgruppe 9 TVöD maximal die Stufe 5 erreicht werden kann. Ein Stufenaufstieg in Stufe 6 ist daher auf der jetzigen Stelle nicht mehr möglich.

        

Es besteht jedoch die Möglichkeit, Sie in einem anderen Bereich auf einer Stelle mit der Bewertung Vb/IVb FG 1b/1b ATV weiter zu beschäftigen. Ein Stufenaufstieg in Stufe 6 der Entgeltgruppe 9 TVöD wäre damit weiterhin gegeben. Diese Möglichkeit besteht derzeit in der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Leipzig als Arbeitsvermittlerin oder Sachbearbeiterin Leistung.

        

Ich bitte um schriftliche Rückinformation bis zum 31. August 2010, ob Sie sich für eine Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiterin Wirtschaftliche Sozialhilfe oder eine Weiterbeschäftigung auf einer Stelle in VG Vb/IVb ATV entschieden haben. …“

8

Die Klägerin entschied sich für die Fortsetzung ihrer bisherigen Tätigkeit. Die Beklagte sah deshalb von einer Umsetzung in die ARGE ab und erhielt dafür von der Klägerin die Zusage, sich nicht gegen die „Rückgruppierung“ als solche zu wehren. Die Parteien waren sich allerdings einig, dass die Klägerin die zutreffende Eingruppierung feststellen lassen könne.

9

Mit Schreiben vom 27. September 2010 machte die Klägerin dann - im Ergebnis erfolglos - geltend, ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O; sie sei deshalb der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD/VKA zuzuordnen.

10

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt und die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit hebe sich aus der - von der Beklagten angenommenen - Bewertung nach der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O dadurch heraus, dass sie „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne sei. Sie werde regelmäßig von Amts wegen auch ohne Antrag der Betroffenen tätig. Ihre Klientel sei wesentlich hilfs- und schutzbedürftiger als die anderen Antragsteller/Leistungsempfänger des Bereichs „Wirtschaftliche Sozialhilfe“. Sie betreue - was unstreitig ist - ausschließlich ältere Bürger und jüngere Erwerbsunfähige, von denen viele obdachlos, drogen- oder alkoholabhängig und/oder an AIDS erkrankt seien.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Oktober 2012 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

12

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Begründung konnte die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage ohne weiteres zulässige (vgl. dazu nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 188/09 - Rn. 15) Klage ist begründet.

15

I. Die Klägerin hat Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD/VKA, der sie nach der Anlage 3 TVÜ-VKA vorläufig zuzuordnen ist. Ihre Tätigkeit erfüllt die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VerGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O. Sie hebt sich dadurch aus einer nach VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O bewerteten Tätigkeit heraus, dass sie „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne ist. Die Klägerin hatte am 1. Oktober 2012 fünf Jahre ununterbrochen Tätigkeiten der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD/VKA ausgeübt.

16

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der BAT-O sowie die ihn ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Damit richtet sich die Eingruppierung der Klägerin seit dem 1. Oktober 2005 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), der ein den BAT bzw. BAT-O ersetzender Tarifvertrag ist (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 21, BAGE 130, 286). Allerdings gelten in der für die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung die §§ 22, 23 BAT-O einschließlich der Vergütungsordnung bis zum Inkrafttreten entsprechender Regelungen des TVöD/VKA weiter(§ 17 Abs. 1 TVÜ-VKA). Für Eingruppierungen nach dem 1. Oktober 2005 werden die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT-O) den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet (§ 17 Abs. 7 TVÜ-VKA iVm. Anlage 3). Für die jeweilige Stufenzuordnung gilt § 16 TVöD/VKA, der prinzipiell sechs Stufen vorsieht, für Abweichungen jedoch auf Sonderregelungen im Anhang zu § 16 TVöD/VKA verweist. In Abschn. I Abs. 1 Buchst. c dieses Anhangs ist ua. geregelt, dass bei Tätigkeiten entsprechend VergGr. Vb BAT-O (ohne Aufstieg nach IVb) die Stufe 5 in Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA die Endstufe ist, also der im Normalfall mögliche weitere Aufstieg in die Stufe 6 der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA ausgeschlossen ist.

17

2. Die danach für die begehrte Eingruppierung und Einstufung der Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale der Anl. 1a zum BAT-O haben folgenden Wortlaut:

        

Vergütungsgruppe V b

        

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert, (gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1 b der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1 a der Vergütungsgruppen VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach).

        

…       

        

Vergütungsgruppe IV b

        

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, das sie besonderes verantwortungsvoll ist.“

18

3. Unter Berücksichtigung dieser tariflichen Vorgaben durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Die Begründung für die Annahme, die Tätigkeit der Klägerin erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O nicht, ist rechtsfehlerhaft.

19

a) Maßgebende Tätigkeit für die tarifliche Bewertung ist der vom Landesarbeitsgericht angenommene Arbeitsvorgang „Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII“, der den in der Arbeitsplatzbeschreibung unter 1, 2.1 bis 2.5 und 4 (mit Ausnahme der Rücknahme von Verwaltungsakten) genannten einzelnen Tätigkeiten entspricht und 82 vH der Arbeitszeit der Klägerin ausmacht. Hiergegen haben die Parteien auch keine Einwände erhoben.

20

b) Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 -; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 28; 12. Mai 2004 -  4 AZR 371/03  - zu I 1 f aa der Gründe) zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen.

21

c) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt die Anforderungen der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O. Sie erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen. Davon gehen beide Parteien übereinstimmend aus. Deshalb durfte sich das Landesarbeitsgericht auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken. Eine solche ist ausreichend, soweit - wie hier - die Tätigkeit der Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (BAG 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f aa der Gründe; 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 22). Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O seien erfüllt. Gegen diese Wertung wendet sich auch keine der Parteien.

22

d) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft das Vorliegen des Heraushebungsmerkmals der „besonderen Verantwortung“ iSd. Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O verneint.

23

aa) Bei dem Heraushebungsmerkmal der „besonders verantwortungsvollen“ Tätigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils ist dabei grundsätzlich darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht von dem zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat (st. Rspr., vgl. nur BAG 27. August 2008 - 4 AZR 470/07 - Rn. 20, mwN; 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 25).

24

bb) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.

25

(1) Das Landesarbeitsgericht hat seinen Erwägungen den zutreffenden tarifrechtlichen Begriff der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit zugrunde gelegt, wovon auch die Revision ausgeht.

26

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist unter „Verantwortung“ iSd. zur Beurteilung stehenden Tarifmerkmals zunächst die Verpflichtung der Angestellten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihr übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort - auch von anderen Bediensteten - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsgemäß ausgeführt werden (grdl. BAG 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59 ; vgl. auch 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 26). Im Anschluss an diese Bestimmung des Begriffes der „Normalverantwortung“ hat der Senat beispielhaft eine Reihe von Kriterien entwickelt, die nach seiner Ansicht geeignet sein können, die tariflich geforderte herausgehobene besondere Verantwortung der Angestellten zu begründen. Je nach der Lage des Einzelfalles kann sie sich auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende wissenschaftliche Resultate oder auf technische Zusammenhänge beziehen (BAG 21. Februar 2001 - 4 AZR 40/00 -; 24. Februar 1999 - 4 AZR 8/98 -). Soweit es um Entscheidungen über Leistungen an Dritte geht, kann die besondere Verantwortung darin liegen, dass sie auf die betroffenen Antragsteller Auswirkungen von erheblicher Tragweite haben (BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 29; 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f bb (3) der Gründe).

27

(2) Das Landesarbeitsgericht hat diesen Begriff bei seiner Subsumtion jedoch nicht beibehalten, was die Revision zu Recht angreift.

28

(a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht allein der Umstand, dass die Klägerin eigene Entscheidungen nur im Rahmen ihrer Anordnungsbefugnis in Höhe von 1.500,00 Euro treffen darf, nicht gegen eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. Diese Annahme reduziert den tatsächlichen Entscheidungsspielraum der Klägerin und damit die möglichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen. Zum einen ist die Anordnungsbefugnis bis zu einem Wert von 1.500,00 Euro nur bei positiven Bewilligungsentscheidungen begrenzt. Die Ablehnung eines Hilfegesuchs ist hiervon auch dann nicht erfasst, wenn sie sie im Falle einer Bewilligung zu einer Belastung von mehr als 1.500,00 Euro führen würde. Das haben die Parteien in der Revisionsverhandlung ausdrücklich bestätigt. Zum anderen würde die Möglichkeit einer besonderen Verantwortung durch die besonderen Auswirkungen der Tätigkeit auf die Lebensverhältnisse Dritter damit einer rein quantitativen Bemessung unterworfen. Danach könnten Sozialhilfeleistungen im Wert von weniger als 1.500,00 Euro nicht in tariflich relevanter Weise eine besondere Verantwortung durch die damit verbundenen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse Dritter begründen. Das ist in dieser Allgemeinheit schon deshalb unzutreffend, weil das Sozialhilfesystem sich auf die Gewährung von Mitteln zu einem menschenwürdigen Leben bezieht und insoweit keine in einem bestimmten Geldbetrag ausgedrückte Untergrenze einer besonderen Verantwortung kennt. Es entspricht auch nicht der bisherigen Senatsrechtsprechung. Zwar war in der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen, das Vorliegen einer besonderen Verantwortung ablehnenden Entscheidung des Senats vom 9. Mai 2007 (- 4 AZR 351/06 -) die Anordnungsbefugnis auf 1.500,00 Euro beschränkt. Die ablehnende Senatsbegründung hatte sich aber nicht auf diese quantitative Begrenzung gestützt, sondern auf die - im Entscheidungsfall nicht hinreichende - „konkrete Tragweite der Entscheidungen für die betroffenen Antragsteller“ (BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 29).

29

(b) Sodann spricht das Landesarbeitsgericht mit dem Hinweis, die Leistungen seien allein nach den gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen oder zu versagen, „egal, ob sich die Leistungsempfänger auf der untersten oder der obersten Sprosse der sozialen Leiter befinden“ und gegen die Entscheidungen sei immer ein Rechtsmittel gegeben, dem von der Klägerin dargelegten „besonderen Charakter ihres Klientels“ bei der Leistungserbringung nach dem SGB XII unzutreffender Weise jede mögliche Bedeutung für das Tarifmerkmal ab. Zwar ist die Gesetzmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen kein Kriterium für eine „besondere Verantwortung“ iS einer besonderen Tragweite für die hiervon Betroffenen; sie gilt gleichermaßen für alle Entscheidungen der Verwaltung. Die Möglichkeit von Rechtsbehelfen ist gesetzlich vorgesehen. Dies hindert aber nicht die tarifliche Berücksichtigung besonderer - typisierbarer - Tatsachen, die für eine faktisch fehlende Wahrnahme derartiger Möglichkeiten sprechen.

30

Hierauf stellt auch die Senatsrechtsprechung ab, nach der ein Angestellter, der „an Maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen gegenüber … Dritten deshalb wesentlich beteiligt ist, weil sein Vorgesetzter zur Nachprüfung aller vom Angestellten bearbeiteten Vorgänge schon zeitlich nicht in der Lage und deshalb nicht dazu verpflichtet ist“ (BAG 15. Februar 2006 - 4 AZR 645/04 - Rn. 25 mwN).

31

(c) Es ist daher auch unzutreffend, wenn das Landesarbeitsgericht allgemein angenommen hat, das Maß der Verantwortung eines Verwaltungsangestellten richte sich nicht danach, „ob seine Entscheidungen korrigierbar oder unumkehrbar“ seien. Eine „besonders verantwortungsvolle“ Tätigkeit kann im Gegenteil auch deshalb vorliegen, weil die zu treffenden und getroffenen Entscheidungen - real - „nicht korrigierbar“ sind. Wenn weder Vorgesetzte die Entscheidung kontrollieren können noch gegen sie selbst ein zeitnaher, erfolgreicher Rechtsbehelf letztlich auch problemlösend ist, weil - wie hier von der Klägerin dargelegt - allein durch den bloßen Zeitablauf bei fehlerhafter Versagung einer Hilfe in besonderen Lebenslagen existenzielle Bedürfnisse nicht befriedigt werden können, ist eine solche Entscheidungssituation nicht grundsätzlich ungeeignet, eine „besondere Verantwortung“ im Tarifsinne zu begründen.

32

(d) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht das weitere Argument der Klägerin, es gehe bei den von ihr zu bearbeitenden Vorgängen regelmäßig um elementare existenzielle Grundbedürfnisse von Menschen, zB den Erhalt von Nahrung und Obdach, als nicht geeignet angesehen, eine besondere Verantwortung zu begründen. Hilfen nach dem SGB XII stünden „gleichberechtigt“ nebeneinander, und jeder Hilfebedürftige habe daher einen Anspruch auf eine sachgerechte und zutreffende Bearbeitung seines Begehrens, „egal, ob er einen Treppenlift (benötige) oder das Essen für den nächsten Tag“. Diese berufungsgerichtliche Begründung stellt insoweit allein auf die Merkmale ab, nach denen die Klägerin ihre Entscheidungen trifft. Diese sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend feststellt, gesetzlich geregelt. Sie stellen aber nicht das allein entscheidende Kriterium für die „besondere Verantwortung“ dar. Gerade das vom Landesarbeitsgericht angeführte Beispiel zeigt, dass die mögliche Tragweite der Entscheidungen des Sachbearbeiters für die Leistungsempfänger von unterschiedlicher Bedeutung sein kann, was aber nach der Rechtsprechung des Senats ein möglicher und wichtiger Aspekt für das Vorliegen des Tarifmerkmals ist. Allein der Umstand, dass die möglichen Folgen einer Entscheidung gesetzlich vorgesehen und die Verantwortung hierfür beim Gesetzgeber und nicht bei der Klägerin liegen - wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat - ist daher nicht erheblich.

33

4. Die Klage ist begründet. Die Tätigkeit der Klägerin ist „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne. Dies kann der Senat auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

34

a) Beruft sich eine Arbeitnehmerin auf die Erfüllung der Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals, das gegenüber einer niedrigeren Vergütungsgruppe ein Heraushebungsmerkmal fordert - wie hier bei der VergGr. IVb Fallgr. 1a gegenüber der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O -, muss sie in einem Eingruppierungsrechtstreit diejenigen Tatsachen darlegen, die diesen Vergleich ermöglichen (BAG 12. März 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f bb (2) der Gründe; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 579/01 - zu II 4 b dd (1) der Gründe). Dabei genügt es nach der ständigen Senatsrechtsprechung nicht, nur die eigene Tätigkeit darzustellen. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit der Arbeitnehmerin sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob das Heraushebungsmerkmal vorliegt. Der Tatsachenvortrag muss insgesamt erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit heraushebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (st. Rspr., etwa BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 27; 27. August 2008 -  4 AZR 484/07  - Rn. 19, BAGE 127, 305; 11. Februar 2004 -  4 AZR 684/02  - zu I 3 c bb (1) der Gründe, BAGE 109, 321).

35

aa) Ein wertender Vergleich betreffend das tarifliche Heraushebungsmerkmal der „besonderen Verantwortung“ verlangt danach zunächst die Benennung einer Vergleichsgruppe von Arbeitnehmern, deren Tätigkeiten entsprechend der Ausgangsfallgruppe bewertet sind. Um vergleichbar zu sein, muss die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer zumindest eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen mit derjenigen aufweisen, die von der klagenden Arbeitnehmerin ausgeübt wird. Sodann ist darzulegen, dass die von den Arbeitnehmern der Vergleichsgruppe ausgeübten Tätigkeiten (mindestens) die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsfallgruppe erfüllen. Hierfür können rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, namentlich des Bundesarbeitsgerichts, als Indiz herangezogen werden, wenn in ihnen eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeit vorgenommen wurde. Dabei ist jedoch von Bedeutung, dass eine arbeitsgerichtliche Entscheidung in einem Eingruppierungsrechtsstreit regelmäßig nicht zwingend verallgemeinerbare Aussagen über die dort beurteilte Tätigkeit im Allgemeinen enthält. So mag eine Klageabweisung ua. dem Umstand geschuldet sein, dass die klagende Partei es nicht vermocht hat, einen schlüssigen Klagevortrag zu erbringen.

36

bb) Sodann ist dieser Vergleichstätigkeit die dabei wahrzunehmende „Normalverantwortung“ zuzuordnen und ihr die gesteigerte Verantwortung der Tätigkeit der klagenden Arbeitnehmerin gegenüberzustellen. Verantwortung in diesem Sinne bedeutet nicht nur das Einstehen für die Richtigkeit und Sorgfalt der zu treffenden Entscheidung. Sie bezieht sich auch auf die konkrete Tragweite und die Folgen der Entscheidung, also ihre tatsächlichen oder mutmaßlichen Wirkungen, wenn sie einmal getroffen worden ist.

37

Liegen in einer solchen Form den jeweils in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmalen der Ausgangsfallgruppe und der Aufbaufallgruppe zumindest hinsichtlich der Ausgangsfallgruppe eine iwS „unstreitige“ Bewertung einer vergleichbaren Tätigkeit zugrunde, kann der - behauptete - Unterschied an die jeweils zu tragende Verantwortung, der „gewichtig, beträchtlich“ sein muss (BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 26 mwN), anhand der genannten Maßstäbe (vgl. oben I 3 c bb [1]) bewertet werden.

38

b) Auf der Grundlage der landesarbeitsgerichtlichen Feststellungen ist ein wertender Vergleich im Entscheidungsfall möglich. Er führt für die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit zur Annahme der Wahrnehmung einer besonderen Verantwortung im Tarifsinne.

39

aa) Die von der Klägerin zum Vergleich herangezogene Gruppe der Wohngeldsachbearbeiter ist als Vergleichsgruppe allerdings nicht geeignet, weil die betreffenden Arbeitnehmer regelmäßig nicht nach der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O, sondern nach der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT-O vergütet werden. Die sich in dieser Tätigkeit stellende „Normalverantwortung“ kann bereits systematisch nicht Ausgangspunkt einer vergleichenden Betrachtung mit dem Heraushebungsmerkmal aus der - hier vorliegenden - Ausgangsfallgruppe nach VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O sein.

40

Die Klägerin kann jedoch in Anknüpfung an den Vortrag der Beklagten auf die Sachbearbeiter „Wirtschaftliche Hilfe für ältere Bürger und Schwerbehinderte“ (vgl. hierzu BAG 21. Februar 2001 - 4 AZR 40/00 -) und die der „Eingliederungshilfe für behinderte Menschen“ als Beispiele für die allgemeine Sachbearbeitung in dem Bereich „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ verweisen (vgl. hierzu BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 -). Sie hat - von der Beklagten unwidersprochen - zur „Normalverantwortung“ im Bereich der Sachbearbeitung in der „Wirtschaftlichen Sozialhilfe“ vorgetragen. Insoweit ist die Gruppe dieser Sachbearbeiter in der „Wirtschaftlichen Sozialhilfe“ ausreichend für einen Vergleich geeignet, weil sie - genauso wie die Klägerin - auch mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII betraut ist. Diese Vergleichsgruppe steht im Übrigen auch für die typischen Tätigkeiten von Sachbearbeitern in der Sozialhilfe.

41

bb) Aus der Gruppe der Sachbearbeiter „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ im Allgemeinen hebt sich die Tätigkeit der Klägerin als „besonders verantwortungsvoll“ iSd. Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O aus der VerGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O heraus. Zwar muss sie die ihr obliegenden Entscheidungen genau so sorgfältig und gesetzeskonform treffen wie die anderen Sachbearbeiter in der allgemeinen Sachbearbeitung von Sozialhilfefällen. Auch haben in diesem Gesamtbereich alle Entscheidungen regelmäßig einen Bezug zur Menschenwürde der Sozialhilfeempfänger. Sämtliche Entscheidungen greifen - wenn auch in unterschiedlicher Intensität - in die Existenz der hiervon Betroffenen ein. Die Entscheidungen der Klägerin haben aber regelmäßig im Vergleich zur Gruppe der Sachbearbeiter in der Sozialhilfe aufgrund ihres besonderen Betreuungsklientels mit multiplen Problemen und daraus resultierenden komplexen Hilfemöglichkeiten und Ansprüchen eine erheblich größere, persönliche Tragweite, weshalb in der Gesamtschau der von der Klägerin dargelegten Tatsachen ihre Verantwortung damit in gewichtiger Weise gesteigert ist.

42

(1) Die Klägerin hat sich unwidersprochen darauf berufen, dass die hilfesuchenden älteren Bürger und jungen Erwerbsunfähigen, die sie zu betreuen hat, - vor allem seit der Regelung der Grundsicherung für Erwerbsfähige im SGB II - zu etwa 30 vH aus Klienten bestehen, die in einer besonders prekären Lebenssituation sind, wie Drogenabhängige, Obdachlose, AIDS-Erkrankte und Alkoholkranke. Die Gemeinsamkeit dieser Hilfesuchenden liegt in einer besonderen Schutzbedürftigkeit, die sich daraus ergibt, dass sie oft nicht über die notwendigsten - materiellen, aber auch psychischen - Ressourcen für ihre Lebensgestaltung verfügen. In diesen komplexen Hilfesituationen des besonderen Betreuungsklientels mit multiplen Problemen und daraus resultierenden Ansprüchen erwächst jedenfalls bei der Versagung möglicher Leistungen eine besondere Verantwortung der Klägerin als Sachbearbeiterin.

43

(2) Die Klägerin hat dargelegt, dass das Kenntnisnahmeprinzip nach § 18 SGB XII dazu führt, dass sich eine Sachbearbeiterin nicht, wie bei der „klassischen Sachbearbeitung“, typischerweise darauf beschränken kann und darf, einen vorliegenden Antrag und seine Begründung allein auf das Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale eines Leistungsanspruchs zu überprüfen. Vielmehr muss sie - gerade bei Hilfesuchenden mit multiplen Hilfsbedürfnissen - aus deren Vorbringen mögliche Anknüpfungspunkte für eine von Amts wegen zu gewährende Hilfe erkennen, auch und gerade wenn die Hilfesuchenden die entsprechenden Tatsachen nicht als anspruchsbegründend identifizieren oder gar die konkreten möglichen Leistungen nicht kennen. Die Klägerin hat dies unwidersprochen an mehreren Beispielen erläutert, etwa für den Fall, dass ein älterer Hilfesuchender eine - ihm im Ergebnis nicht zustehende - Beihilfe zu einem geplanten Umzug beantragt, aus dem mit ihm aus diesem Anlass geführten Gespräch jedoch deutlich wird, dass er massive Gehbeschwerden hat und nicht mehr einkaufen kann, so dass für ihn andere Ansprüche nach dem SGB XII in Betracht kommen. In einem anderen der weiteren, von der Klägerin dargestellten und von der Beklagten nicht bestrittenen Beispielsfälle musste sie vor Ablauf des Leistungsgewährungszeitraums von sich aus Maßnahmen ergreifen, weil ihr bekannt geworden ist, dass eine pflegebedürftige Klientin aufgrund ihrer Bettlägerigkeit nicht mehr vorsprechen konnte.

44

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus, dass die Sachbearbeiterin entsprechende Informationen auch vom Allgemeinen Sozialdienst (ASD) erhält. Dies ändert nichts daran, dass die Klägerin ihre ständige erhöhte Aufmerksamkeit bereithalten muss, den Ausführungen der Hilfesuchenden Anhaltspunkte für eine von diesen nicht erkannten Hilfemöglichkeit zu entnehmen. Dies ist zwar auch der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit zuzurechnen und damit einem Merkmal, das mit der Eingruppierung in der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O bereits konsumiert ist. Gleichwohl ergibt sich hieraus auch eine gesteigerte Verantwortung, da die Auswirkungen einer fehlenden Aufmerksamkeit die Versagung einer die bloße Grundexistenz sichernden Hilfeleistung zur Folge haben kann, zumal es sich in der Regel um einen Fehler handeln dürfte, der an einer anderen Stelle kaum noch zum Ausdruck und damit zur Korrekturmöglichkeit kommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragsunabhängigkeit der Sozialhilfe dazu dienen soll, ihre Funktion zu erfüllen, die Menschenwürde zu sichern. Der Zugang zum Sozialhilfesystem soll niedrigschwellig möglich sein (Grube in Grube/Wahrendorf SGB XII 5. Aufl. § 18 Rn. 3). Für die reale Annäherung an dieses Ziel durch die konsequente Umsetzung des Kenntnisgrundsatzes nach § 18 SGB XII trägt die Klägerin jedenfalls bei der Klientel der Hilfesuchenden, für die sie zuständig ist, eine besondere Verantwortung.

45

(3) Diese besondere Verantwortung wird auch dadurch geprägt, dass eine Versagung der notwendigen Hilfe regelmäßig nicht rückgängig gemacht wird, wenn sie fehlerhaft war. Denn nach der Eigenart der Sozialhilfe als Hilfe in gegenwärtiger Not setzt eine positive Rechtsmittelentscheidung voraus, dass die Notlage, insbesondere der Hilfebedarf noch zur Zeit der letzten Entscheidung besteht (vgl. zB BVerwG 31. August 1995 - 5 C 9/94 - BVerwGE 99, 149). Geht es dabei, wie bei der besonderen Klientel der Klägerin häufig, in einer Art unmittelbarer Krisenintervention um den laufenden notwendigen Lebensunterhalt, kann er nicht nachträglich gewährt werden. Bei der - manchmal lebensnotwendigen - „Selbstbeschaffung“ vor Leistungsgewährung handelt der Hilfebedürftige auf eigene Gefahr. Hinzu kommt, dass die besonderen Klienten der Klägerin gegen ablehnende Entscheidungen nur sehr selten Rechtsbehelfe und -mittel ergreifen. Sie verfügen oftmals nicht über die Möglichkeiten, sich gegen eine Ablehnung ihres Gesuchs zu wehren. Die Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass die Sachbearbeiterin zumeist die erste und letzte Instanz ist.

46

Dem kann nicht - wie das Landesarbeitsgericht meint - entgegengehalten werden, dass die Möglichkeit besteht, gegen jede Entscheidung ein Rechtsmittel einzulegen. Wie dargelegt kann es nach der Rechtsprechung des Senats für das Vorliegen einer besonderen Verantwortung auch auf die rein faktischen Wirkungen ankommen, die die Entscheidung einer Beschäftigten hat, ungeachtet der rechtlichen Anfechtungsmöglichkeiten, wenn diese aus bestimmten Gründen tatsächlich nicht wahrgenommen werden oder werden können. Dies gilt insbesondere, wenn es - wie bei einem großen Teil der Klientel der Klägerin - um die Sicherung der unmittelbaren Lebensgrundlagen geht.

47

(4) Aus der Gesamtschau der dargelegten Fakten, die für eine herausgehobene besondere Verantwortung im Sinne des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O herangezogen werden können, ergibt sich bezogen auf die besondere Arbeitssituation der Klägerin die Erfüllung der tariflichen Anforderung. Die Auswirkungen ihrer Maßnahmen und Entscheidungen, deren Eingriff in die existenziellen Lebensverhältnisse der betroffenen Hilfesuchenden, die in der Realität häufig auch eine faktische „Letztentscheidung“ ist, sind unter Berücksichtigung der sozialhilferechtlichen Grundsätze von einer Tragweite, dass die hierfür mit ihrer Tätigkeit verbundene Verantwortung deutlich und beträchtlich über diejenige hinausgeht, die mit einer Tätigkeit nach der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O in der allgemeinen Sozialhilfesachbearbeitung verbunden zu sein pflegt.

48

cc) Schließlich stellen sich diese Anforderungen innerhalb der Tätigkeit der Klägerin auch in rechtserheblichem Umfang.

49

(1) Für die Erfüllung der tariflichen Anforderungen ist es ausreichend, wenn besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegen. Nicht erforderlich ist es, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs solche Tätigkeiten ihrerseits in dem von § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 und Unterabs. 4 BAT-O bestimmten Maß anfallen. Voraussetzung ist, dass ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte. Dabei kann die Erfüllung dieser Voraussetzung nicht davon abhängen, ob nach dem Ende der Arbeitseinheit festgestellt wird, dass bei dem Erzielen des Arbeitsergebnisses die höchste qualitative Anforderung in einem bestimmten zeitlichen Ausmaß auch tatsächlich abgerufen wurde. Entscheidend ist, dass zu Beginn der Tätigkeit die Fähigkeit, dieser qualitativen Anforderung gerecht zu werden, allgemein bereitgehalten werden muss, weil sie nach der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung jederzeit, wenn auch in einem nicht vorhersehbaren Umfang, eingesetzt werden muss. Dieser qualitativ bestimmte Maßstab folgt insbesondere daraus, dass die Tarifvertragsparteien des BAT-O den Arbeitsvorgang zur grundlegenden und universalen Bezugsgröße für die Eingruppierung gemacht haben (st. Rspr., zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 286/10 - Rn. 43 mwN; 25. Januar 2012 - 4 AZR 264/10 - Rn. 49, BAGE 140, 311).

50

(2) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat insofern unwidersprochen vorgetragen, dass die besonders schutzwürdigen Klienten unter den älteren Hilfesuchenden und jungen Erwerbsunfähigen, auf deren Situation sich ihre Entscheidungen in gewichtig gesteigerter Weise auswirken, bei 30 vH liegt und dass deren Betreuung und die sie betreffende Sachbearbeitung zudem zumindest die Hälfte ihrer Arbeitszeit ausmacht.

51

c) Die Klägerin ist innerhalb der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA der Entwicklungsstufe 6 zuzuordnen. Sie hat am 1. Oktober 2012 die nach § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD/VKA vorgesehenen fünf Jahre einer ununterbrochenen Tätigkeit nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD/VKA absolviert. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

52

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen, weil sie unterlegen ist, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

        

        

    Fritz    

        

    Steding    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 4. Juni 2009 - 7 Sa 266/08 - aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung überzahlter Vergütung.

2

Die 1947 geborene, verheiratete Beklagte war von Juli 1977 bis August 2007 beim Kläger in dessen Zentrum Bayern Familie und Soziales Region O beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 14. Mai 1980 vereinbarten die Parteien ua.:

        

„§ 2        

        

Das Arbeitsverhältnis bemißt sich nach den Vorschriften des Bundes-Angestellentarifvertrages vom 23.2.1961 (BAT) und den zur Ergänzung sowie Änderung abgeschlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträgen.

        

…       

        

§ 9      

        

Sonderregelungen, Nebenabreden           

        

…       

        

Gemäß § 22 Abs. 3 BAT wurde ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen. Die Angestellte (…) ist seit 1.7.1977 beim Versorgungsamt R beschäftigt.

        

Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, Überzahlungen von Dienstbezügen an den Arbeitgeber zu erstatten. Sie kann sich dabei nicht auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 BGB berufen.“

3

Vom 1. Januar bis zum 31. August 2002 arbeitete die Beklagte befristet  Teilzeit mit 75 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten. Sie erhielt dafür eine Vergütung iHv. 1.560,93 Euro brutto, aus denen sich ein Auszahlungsbetrag von 996,62 Euro ergab. Am 8. April 2002 vereinbarten die Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 14,44 Stunden, die im Blockmodell geleistet werden sollte. Dem Landesamt für Finanzen Dienststelle R als der zuständigen Bezügestelle des Klägers wurde die Vereinbarung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht mitgeteilt. Der Beklagten wurde deshalb ab 1. September 2002 die Vergütung für eine Vollbeschäftigung iHv. monatlich 2.064,67 Euro brutto entsprechend 1.212,47 Euro netto gezahlt. In der von der Bezügestelle erteilten Gehaltsabrechnung für September 2002 war unter der Überschrift „Erläuterungen Änderungsgründe“ vermerkt:

        

„Sie sind ab 1. 9. 2002 vollbeschäftigt.“

4

Anfang Juli 2007 wurde der Irrtum bemerkt. Mit Schreiben vom 20. Juli 2007 machte der Kläger die Rückzahlung überzahlter Vergütung geltend, die er für den Zeitraum Mai 2005 bis Juni 2007 auf 20.024,48 Euro bezifferte. In einem weiteren Schreiben vom 3. August 2007 bezifferte er die Überzahlung für das Jahr 2003 auf 9.061,96 Euro, für das Jahr 2004 auf 9.508,91 Euro und für die Monate Januar bis April 2005 auf 2.642,04 Euro. Die Beklagte lehnte eine Rückzahlung mit Anwaltsschreiben vom 13. September 2007 ab.

5

Mit seiner der Beklagten am 7. November 2007 zugestellten Klage hat der Kläger die Rückzahlung der im Zeitraum Januar 2003 bis Juni 2007 überzahlten Vergütung begehrt und die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich weder auf Entreicherung noch den Verfall des Anspruchs aufgrund tarifvertraglicher Ausschlussfrist berufen. Sie habe die Überzahlung positiv gekannt.

6

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 41.237,39 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Oktober 2007 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, ihr Gehalt sei auf ein gemeinsames Konto geflossen. Um finanzielle Angelegenheiten habe sich allein ihr Ehemann gekümmert. Die für den Zeitraum Januar 2003 bis Dezember 2006 erhobenen Ansprüche seien verfallen. Zudem müsse ein Steuerschaden berücksichtigt werden, der ihr dadurch entstanden sei, dass sie jahrelang aus den überhöhten Bezügen Steuern entrichtet habe.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte zur Zahlung von 8.009,77 Euro nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen über den zugesprochenen Betrag hinausgehenden Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen hat und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der im Zeitraum Januar 2003 bis Januar 2007 überzahlten Vergütung besteht.

10

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung überzahlter Vergütung aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) grundsätzlich bejaht, weil die Überzahlung ohne Rechtsgrund erfolgt und die Beklagte bösgläubig gewesen sei. Es hat dem Kläger daher für Überzahlungen in den Monaten Februar bis Juni 2007 3.850,85 Euro zugesprochen. Der Anspruch auf Rückzahlung der vor Februar 2007 geleisteten Überzahlungen sei dagegen nach § 70 BAT bzw. § 37 TV-L verfallen. Die Berufung auf die tarifliche Ausschlussfrist sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil § 242 BGB der Rechtsausübung nur dort eine Schranke setze, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führe. Das sei ausschließlich dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zu der Überzahlung beigetragen oder durch aktives Tun den Arbeitgeber von der rechtzeitigen Geltendmachung seiner Ansprüche abgehalten habe. Hinsichtlich der Überzahlungen für die Monate August 2006 bis Januar 2007 hat das Landesarbeitsgericht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 280 Abs. 1 in Verb. mit § 241 Abs. 2 BGB angenommen, weil sie es schuldhaft unterlassen habe, den Kläger davon zu unterrichten, dass ihm offensichtlich bei der Berechnung der Vergütung ein Fehler unterlaufen sei. Unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens iHv. zehn Prozent ergebe sich für diesen Zeitraum ein von der Beklagten zu ersetzender Schaden iHv. 4.158,92 Euro. Schadensersatzansprüche für die Monate Januar 2003 bis Juli 2006 seien nach § 70 BAT verfallen.

11

II. Dem vermag der Senat nicht in allen Punkten zu folgen. Der Kläger kann von der Beklagten grundsätzlich die Rückzahlung überzahlter Vergütung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen.

12

1. Dass die Beklagte im Zeitraum Januar 2003 bis Juni 2007 die über die sich aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis ergebende Entlohnung hinausgehende Vergütung einer entsprechenden vollzeitbeschäftigten Angestellten ohne Rechtsgrund erhalten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

13

2. Der Bereicherungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen.

14

a) Nach § 814 Alt. 1 BGB kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung. Nicht ausreichend ist die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Der Leistende muss wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Er hat aus den ihm bekannten Tatsachen eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung zu ziehen, wobei allerdings eine entsprechende „Parallelwertung in der Laiensphäre“ genügt (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 395/05 - zu I 3 a der Gründe, ZTR 2006, 319; 9. Februar 2005 - 5 AZR 175/04 - zu III 2 a der Gründe, AP BGB § 611 Lohnrückzahlung Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 818 Nr. 1). Vorliegend war der leistenden Bezügestelle nicht bekannt, dass der Kläger nicht zur Zahlung des Gehalts einer vollbeschäftigten Angestellten verpflichtet war. Die Teilzeitbeschäftigung der Beklagten war bis zum 31. August 2002 befristet, der Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wurde der Bezügestelle weder von der Beschäftigungsbehörde noch der Beklagten mitgeteilt. Die Bezügestelle musste deshalb davon ausgehen, dass die Beklagte ab 1. September 2002 wieder vollbeschäftigt war.

15

b) Die Kenntnis der Beschäftigungsbehörde von dem mit Wirkung zum 1. September 2002 begründeten Altersteilzeitarbeitsverhältnis reicht für eine Kenntnis iSv. § 814 Alt. 1 BGB nicht aus. Die Vorschrift stellt auf die Kenntnis des Leistenden ab. Die Beschäftigungsbehörde hat die Vergütung nicht geleistet.

16

c) Eine Zurechnung des Wissens der Beschäftigungsbehörde analog § 166 Abs. 1 BGB bzw. eine Zusammenführung des Wissens von Beschäftigungsbehörde und Bezügestelle findet nicht statt. § 814 BGB ist eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben, der widersprüchliches Verhalten verbietet(vgl. Palandt/Sprau BGB 69. Aufl. § 814 Rn. 1; MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl. § 814 Rn. 7 f.). An einem widersprüchlichen Verhalten fehlt es aber, wenn der leistende Vertreter des Arbeitgebers die Anpassung einer laufenden Vergütung an geänderte vertragliche Umstände deshalb unterlässt, weil ihm diese von einem anderen Vertreter des Arbeitgebers versehentlich nicht mitgeteilt werden. Das Erfordernis der positiven Kenntnis des Leistenden von der Nichtschuld iSv. § 814 BGB kann nicht durch die Zurechnung des Wissens anderer entsprechend § 166 Abs. 1 BGB ersetzt werden.

17

3. Die Beklagte kann sich nicht auf die Einwendung des Wegfalls der Bereicherung, § 818 Abs. 3 BGB, berufen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Arbeitsvertrag durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung der - dispositive - § 818 Abs. 3 BGB abbedungen werden kann oder eine den Einwand der Entreicherung ausschließende Klausel wegen der vollständigen Abkehr vom gesetzlichen Leitbild einer unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und daher unwirksam ist(vgl. dazu ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 93 mwN). Denn das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO) festgestellt, dass die Beklagte beim Empfang der Überzahlungen bösgläubig war. Sie kann sich deshalb nicht auf Entreicherung berufen, § 818 Abs. 4 in Verb. mit § 819 Abs. 1 BGB.

18

III. Der Anspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist - nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen - für Überzahlungen in den Monaten Januar 2003 bis Januar 2007 nach § 70 Satz 1 BAT bzw. den diesen mit Wirkung zum 1. November 2006 ersetzenden § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen und wird von der Revision nicht angegriffen. Ob sich allerdings die Beklagte rechtsmissbräuchlich auf den Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist beruft, kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht abschließend entscheiden.

19

1. Zu Unrecht meint das Landesarbeitsgericht, eine rechtsmissbräuchliche Berufung auf den Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist komme vorliegend nicht in Betracht. Der Bedeutungsgehalt des § 242 BGB beschränkt sich nicht darauf, der Rechtsausübung(nur) dort eine Schranke zu setzen, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Es ist vielmehr anerkannt, dass § 242 BGB zum Verlust eines Rechts im Hinblick auf ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, führen kann. Dies wird ua. dann angenommen, wenn der Schuldner die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen verhindert (vgl. MünchKommBGB/Roth § 242 Rn. 238, 250). Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs in Fällen wie dem vorliegenden beruht darauf, dass der Arbeitnehmer in Kenntnis des Irrtums des Arbeitgebers diesem Informationen vorenthält, die ihn seinen Irrtum entdecken lassen und ihm bezüglich erfolgter Überzahlungen die Einhaltung der Ausschlussfrist ermöglichen würden (BAG 23. Mai 2001 - 5 AZR 374/99 - zu III 3 der Gründe, BAGE 98, 25).

20

2. Die Berücksichtigung eines solchen Rechtsmissbrauchs setzt voraus, dass das pflichtwidrige Unterlassen des Arbeitnehmers für das Untätigbleiben des Arbeitgebers kausal geworden ist. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs gegenüber dem Ablauf einer Ausschlussfrist steht dem Verfall des Rückzahlungsanspruchs daher nur solange entgegen, wie der Arbeitgeber aufgrund des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Arbeitnehmers von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten wird (BAG 10. März 2005 - 6 AZR 217/04 - zu II 2 b aa der Gründe, AP BAT § 70 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 176; 13. Februar 2003 - 8 AZR 236/02 - zu II 2 c der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 244 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 162; 23. Mai 2001 - 5 AZR 374/99 - zu III 3 der Gründe, BAGE 98, 25). Hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber pflichtwidrig Vergütungsüberzahlungen nicht angezeigt und der Arbeitgeber deshalb seinen Rückzahlungsanspruch nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht, fällt der Einwand des Rechtsmissbrauchs weg, wenn der Arbeitgeber anderweitig vom Überzahlungstatbestand Kenntnis erhält. Der Arbeitgeber muss dann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seinen Rückzahlungsanspruch innerhalb einer kurzen, nach den Umständen des Falls sowie Treu und Glauben zu bestimmenden Frist in der nach dem Tarifvertrag gebotenen Form geltend machen (vgl. zuletzt BAG 10. März 2005 - 6 AZR 217/04 - mwN, aaO).

21

3. Ob der Kläger seinen Rückzahlungsanspruch innerhalb der gebotenen kurzen Frist geltend gemacht hat, kann der Senat aufgrund des bisher festgestellten Sachverhalts nicht beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat weder den genauen Zeitpunkt der Kenntnis des Klägers von den Überzahlungen noch den des Zugangs der Geltendmachungsschreiben vom 20. Juli und 3. August 2007 festgestellt.

22

Zudem gibt es keine Regelfrist zur Geltendmachung der Rückzahlung nach Kenntnis von einer Überzahlung. Die Länge der Frist bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Arbeitgeber muss nach Kenntnis von der Überzahlung ohne schuldhaftes Zögern Schritte zur Rückforderung einleiten und den Sachverhalt zügig, jedoch ohne Hast aufklären. Er hat dazu im Prozess vorzutragen, wie er nach Kenntniserlangung vorgegangen ist, welche Einzelschritte er wann unternommen hat und aus welchen Gründen diese wie lange gedauert haben. Insoweit muss den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben werden.

23

4. Ergibt sich im weiteren Verfahren, dass der Kläger die Rückzahlung  der überzahlten Vergütung innerhalb einer nach den Umständen des Falls angemessenen Frist geltend gemacht hat und die Berufung der Beklagten auf den Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist deshalb rechtsmissbräuchlich ist, bedarf es tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Höhe der Überzahlungen im Zeitraum Januar 2003 bis Januar 2007.

24

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht allerdings bei der rechtskräftig zugesprochenen Rückzahlung für den Zeitraum Februar bis Juni 2007 einen von der Beklagten reklamierten Steuerschaden nicht berücksichtigt. Nach § 818 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Herausgabepflicht auf das Erlangte. Kann das nicht herausgegeben werden, hat der Bereicherungsschuldner den Wert zu ersetzen (§ 818 Abs. 2 BGB). Erlangt hat die Beklagte neben dem an sie ausgezahlten Entgelt auch die Befreiung von der entsprechenden Steuerschuld, die nach § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG unabhängig davon entstand, ob ein Rechtsanspruch auf die Vergütung bestand(vgl. BAG 19. Februar 2004 - 6 AZR 664/02 - AP BAT-O § 70 Nr. 3 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 174; 5. April 2000 - 10 AZR 257/99 - zu II 2 c der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 224 = EzA TVG § 4 Öffentlicher Dienst Nr. 13). Eine Saldierung mit einem evtl. Steuerschaden der Beklagten findet nicht statt. Stellt sich nachträglich heraus, dass der Arbeitgeber im Lohnabzugsverfahren auf Rechnung des Arbeitnehmers (§ 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG) zuviel Lohnsteuer abgeführt hat, steht dem Arbeitgeber gegen die Finanzbehörde ein Erstattungsanspruch nicht zu. Eine Korrektur kann nur über die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers erfolgen, bei der dem Arbeitnehmer nicht die ohne rechtlichen Grund entrichtete Lohnsteuer nach § 37 Abs. 2 AO erstattet, sondern die abgeführte Lohnsteuer angerechnet wird(BFH 17. Juni 2009 - VI R 46/07 - Rn. 24, BFHE 226, 53). Sollte der Beklagten - was sie bislang nicht substantiiert dargelegt hat - nach der sachgerechten Wahrnehmung ihrer Steuerbelange eine endgültige steuerliche Mehrbelastung entstehen, kann diese jedenfalls wegen ihrer verschärften Haftung nach § 818 Abs. 4 in Verb. mit § 819 Abs. 1 BGB nicht als ein die Bereicherung mindernder Nachteil berücksichtigt werden(vgl. dazu allgemein BAG 5. April 2000 - 10 AZR 257/99 - zu II 3 b der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 224 = EzA TVG § 4 Öffentlicher Dienst Nr. 13; 12. Januar 1994 - 5 AZR 597/92 - zu B V der Gründe, AP BGB § 818 Nr. 3 = EzA BGB § 818 Nr. 6; 9. Juli 1992 - 6 AZR 623/90 - zu II 2 der Gründe).

25

IV. Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass der Kläger seinen Rückzahlungsanspruch nicht in einer nach den Umständen des Falls angemessenen Frist geltend gemacht hat und damit der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht greift, könnte die Klage zumindest teilweise aus dem Rechtsgrund des Schadensersatzes begründet sein.

26

1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte es schuldhaft unterlassen, den Kläger darüber zu unterrichten, dass ihm bei der Berechnung der Vergütung ein Fehler unterlaufen ist. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts wäre ein auf § 280 Abs. 1 in Verb. mit § 241 Abs. 2 BGB gestützter Schadensersatzanspruch nicht nach § 70 Satz 1 BAT bzw. § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tritt die Fälligkeit bei Schadensersatzansprüchen ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und geltend gemacht werden kann (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 54 mwN, BAGE 122, 304). Das erfordert zumindest die Kenntnis des Klägers von den Überzahlungen. Dass er selbst eine Überzahlung hätte verhindern können, wenn die Beschäftigungsbehörde der Bezügestelle die Vereinbarung über das Altersteilzeitarbeitsverhältnis angezeigt hätte, ist keine Frage der Feststellbarkeit des Schadens, sondern des Mitverschuldens.

27

2. Ein Mitverschulden des Klägers iHv. zehn Prozent des Schadens - wie vom Landesarbeitsgericht bisher angenommen - wäre ohne die Feststellung weiterer Umstände iSd. § 254 Abs. 1 BGB unterbewertet. Zumindest müssen die zur Überzahlung führenden Versäumnisse der Beschäftigungsbehörde des Klägers und die unterlassene Mitteilung der Beklagten in ihrer Bedeutung für die Entstehung des Schadens gewichtet werden.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Dombrowsky    

                 

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.