Landgericht Stralsund Urteil, 07. Apr. 2011 - 6 O 383/10

bei uns veröffentlicht am07.04.2011

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrages zu 1) aus der Klageschrift vom 16.11.2010 in der Hauptsache erledigt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 80 % und die Klägerin zu 20 %.

Die Kosten der Nebenintervention tragen die Nebenintervenientin zu 80 % und die Klägerin zu 20 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung

durch die Beklagte und die Nebenintervenientin bis zum einem Betrag von jeweils 300,00 Euro durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vorgenannten Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin bis zum einem Betrag von 500,00 Euro durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vorgenannten Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Beklagte ursprünglich auf Herausgabe einer Urkunde über eine Gewährleistungsbürgschaft sowie darauf in Anspruch genommen, die Bürgschaft nicht in Anspruch zu nehmen. Außerdem macht die Klägerin - zuletzt mit einem Leistungsantrag - Schadensersatz wegen verspäteter Rückgabe der Bürgschaftsurkunde geltend. Der Rechtsstreit ist teilweise einseitig, teilweise übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden. Nicht - auch nicht einseitig - für erledigt erklärt wurde der Schadensersatzantrag.

2

Die Klägerin hat aufgrund eines im November 2003 unter Einbeziehung der VOB/B abgeschlossenen Bauvertrages mit der Beklagten den erweiterten Rohbau für das kommunale Feuerwehrdienstgebäude der Beklagten - einer amtsangehörigen Gemeinde - errichtet. Die Abnahme erfolgte förmlich am 28.05.2004, spätestens jedoch schlüssig im Juni 2004 durch beanstandungslose Schlusszahlung der Beklagten an die Klägerin. Die Klägerin hat sodann vereinbarungsgemäß eine Gewährleistungsbürgschaft gestellt und damit die Auszahlung auch des Gewährleistungseinbehalts in Höhe von 12.250,00 Euro erwirkt. In der Folgezeit hat die Beklagte seit 2006 - handelnd durch die Nebenintervenientin - wiederholt Mängelgewährleistungsansprüche wegen Putzrissen an die Klägerin herangetragen. Die Klägerin hat sich auf Verhandlungen insoweit nicht eingelassen, sondern eine Nacherfüllung unter Hinweis darauf, dass sie nicht mit Putzarbeiten betraut gewesen sei, durchweg abgelehnt. Mit Schreiben vom 22.06.2010 und vom 13.08.2010 forderten die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte auf, die Bürgschaft freizugeben. Die Beklagte kam dem jedoch nicht nach, sondern trat - wiederum durch die Nebenintervenientin - mit Schreiben vom 13.10.2010 an die Bürgin heran und forderte diese auf, an die Beklagte zu leisten. Mit Schreiben vom 03.11.2010 teilte daraufhin die Bürgin der Klägerin mit, dass sie an die Beklagte leisten werde, wenn nicht die Klägerin bis zum 17.11.2010 ggf. Klage gegen die Beklagte erheben würde. Die Klägerin ist - unter Bezugnahme auf die AGB's der Bürgin, die sie als Anlage K 16 vorgelegt hat - der Auffassung, ihr seien für das Jahr 2010 Avalkosten in Höhe von 1.500,00 Euro nur deshalb entstanden, weil die Beklagte die Bürgschaftsurkunde nicht rechtzeitig herausgegeben habe.

3

Die Klägerin, die mit ihrer am 16.11.2010 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 24.11.2010 zugestellten Klage - anfangs gerichtet gegen das Amt ... - zunächst beantragt hatte,

4

1. der Beklagten zu untersagen, die Auszahlung der Bürgschaftssumme i.H.v. 12.250,00 Euro aus der Bürgschaftsurkunde ... geltend zu machen;

5

2. die Beklagte zu verurteilen, die Originalbürgschaftsurkunde an die Klägerin, hilfsweise an die ... (Bürgin), herauszugeben;

6

3. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der durch die Nichtherausgabe der Bürgschaft seit dem 03.06.2009 entsteht;

7

hat den Rechtsstreit in der Hauptsache mit Schriftsatz vom 11.02.2011 (Bl. 78 f. d.A.) hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 2) für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.01.2011 (Bl. 66 ff. d.A.) den Klageantrag zu 2) anerkannt und am 02.02.2011 die Bürgschaftsurkunde im Original an die Klägerin herausgegeben hat. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung bezüglich des Klageantrages zu 2) angeschlossen; der Erledigung hinsichtlich des Klageantrages zu 1) hat sie widersprochen.

8

Die Klägerin beantragt zuletzt:

9

1. festzustellen, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages zu 1) in der Hauptsache erledigt hat;

10

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.500,00 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.03.2011 zu zahlen.

11

Die Beklagte beantragt hinsichtlich dieser zuletzt gestellten Anträge,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie teilt die Einschätzung der Klägerin, dass die gesicherte Gewährleistungspflicht der Klägerin im Jahr 2009 verjährt sei, ist aber der Auffassung, dass der Klägerin durch die verspätete Bürgschaftsrückgabe kein Schaden entstanden sei und dass ein Unterlassungsantrag nicht veranlasst gewesen sei.

14

Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

15

Aufgrund Beschlusses vom 17.03.2011 (Bl. 104 d.A.) wird im allseitigen Einverständnis im schriftlichen Verfahren entschieden.

Entscheidungsgründe

I.

16

Die Beklagte hat den Klageanspruch zu 2) im Prozess anerkannt und erfüllt. Die Klägerin hat daraufhin für die Klageanträge zu 1) und 2) die Erledigung in der Hauptsache erklärt. Für den Klageantrag zu 2) hat die Beklagte sich der Erledigungserklärung angeschlossen. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2) ist daher nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden (vgl. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO). In der Sache ist bei dieser Entscheidung vom zuvor wirksam erklärten Anerkenntnis auszugehen, d.h. die auf den Klageantrag zu 2) entfallenden Kosten sind - nachdem die Voraussetzungen des § 93 ZPO offensichtlich nicht vorliegen - der Beklagten unabhängig von den zuletzt insoweit in der Hauptsache bestehenden Erfolgsaussichten allein aufgrund des Anerkenntnisses aufzuerlegen (vgl. § 307 S. 1 ZPO); das Anerkenntnis wirkt insoweit als so genanntes "Kostenanerkenntnis" über die Erledigung hinaus fort (vgl. Vollkommer, in: ZPO, 27. Aufl. 2009, § 91a Rdnr. 25, 37, § 307 Rdnr. 6 m.w.N.). Diesbezüglich wird von näherer Darstellung gemäß § 313b Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

17

Von der über den Erledigungszeitpunkt hinaus bindenden Wirkung des Anerkenntnisses war lediglich die Zulässigkeit nicht umfasst, die durch das Gericht jederzeit von Amts wegen zu prüfen ist (Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 307 Rdnr. 10), und zwar auch inzident im Rahmen der nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung, also - für die Frage der ursprünglichen Erfolgsaussicht - auch nach Eintritt der Erledigung. Insoweit ergeben sich jedoch keine Bedenken, denn die Klage war hinsichtlich des erledigten Herausgabeantrages - und war bzw. ist auch bezüglich der weiteren Klageanträge - zulässig. Insbesondere ist sie zuletzt - nach entsprechender Berichtigung des Passivrubrums - gegen die richtige Beklagte gerichtet worden, nämlich gegen die amtsangehörige Gemeinde selbst. Der zum Teil für den Verwaltungsprozess vertretenen - auch dort jedoch zurecht mehrheitlich abgelehnten - Auffassung, § 127 Abs. 1 S. 6, 1. Halbs. der Kommunalverfassung für Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) begründe - entgegen seinem klaren Wortlaut - keine gesetzliche Vertretung, sondern eine gesetzliche Prozessstandschaft des Amtes für die ihm angehörende Gemeinde mit der Folge, dass das Amt selbst Partei sei (so u.a.

18

OVG Greifswald, Urteil vom 20.10.2000 - 4 K 26/98, LKV 2001, 410, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 26 m.w.N.), ist jedenfalls für den Zivilprozess abzulehnen (so grundlegend OLG Rostock, Urteil vom 24.09.1998 - 1 U 174/97, LKV 1999, 528, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 5 ff.; zuletzt ebenso etwa OLG Rostock, Urteil vom 04.04.2008 - 5 U 10/08, MDR 2008, 974, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 18; ferner Darsow, in: Schweriner Kommentierung zur Kommunalverfassung für Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl. 2005, § 127 Rdnr. 9 m.w.N.). Ein Fall, in dem die Klage unter teleologischer Reduktion von § 127 Abs. 1 S. 6, 1. Halbs. KV M-V ausnahmsweise gegen die freiwillige Feuerwehr der beklagten Gemeinde, vertreten durch den Wehrvorstand, zu richten gewesen wäre (bzw., juristisch präziser, gegen die insoweit unter dem Namen "Freiwillige Feuerwehr ..." durch den Wehrvorstand handelnde Gemeinde als Trägersubjekt der Feuerwehr), liegt nicht vor. Die Beauftragung der Klägerin zur Errichtung des Feuerwehrdienstgebäudes ging nicht von der freiwilligen Feuerwehr aus, sondern von den Hauptorganen der Gemeinde bzw. der Amtsverwaltung, und die Klägerin ist auch nicht aus der Kameradschaftskasse der Wehr - einem von der Wehr eigenverantwortlich verwalteten öffentlichrechtlichen Sondervermögen eigener Art - vergütet worden (nur in diesem Fall wäre die Klage gegen die "Freiwillige Feuerwehr ..." zu richten gewesen; vgl. Schäfer/Schäfer, LKV 2007, 15, 17 f., 545, 546 f., und - für den Verwaltungsprozess - Schäfer, KommJur 2010, 130, 134), sondern aus dem allgemeinen Haushalt der Beklagten, die folglich auch mit der Klage in Anspruch zu nehmen war.

II.

19

Hinsichtlich des Klageantrages zu 1) ist die Erledigungserklärung der Klägerin einseitig geblieben. Den fiktiven Anschluss gemäß § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO hat die Beklagte durch rechtzeitigen schriftsätzlichen Widerspruch abgewendet. Insoweit ist daher streitig zu entscheiden, ob die Klage - im Antrag zu 1) - unmittelbar vor dem Eintritt eines erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und erst durch das ggf. erledigende Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist, sich also im Rechtssinne erledigt hat. Bei der einseitigen Erledigungserklärung handelt es sich insoweit um eine unabhängig von Sachdienlichkeit oder gegnerischer Zustimmung stets zulässige Klageänderung (§§ 263, 264 Nr. 2 ZPO), durch die der ursprüngliche Leistungsantrag sich in einen Erledigungsfeststellungsantrag wandelt. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der Feststellung der Erledigung resultiert aus der nur so möglichen Abwälzung der Kostenlast auf den Beklagten (allg.M.; zum Ganzen Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O., § 91a Rdnr. 31 ff. m.w.N.).

20

Vorliegend war die Beklagte bereits seit Mitte 2009 verpflichtet, die Bürgschaft freizugeben, da die gesicherte Hauptschuld - der werkvertragsrechtliche Gewährleistungsanspruch - verjährt war. Die Freigabepflicht beinhaltet im Ausgangspunkt die Pflicht des Gläubigers, die Freigabe zu erklären, wobei diese Erklärung wegen der Akzessorietät der Bürgschaft bei einem - hier nicht in Rede stehenden - Erlöschen der gesicherten Hauptschuld deklaratorischer Natur ist, während sie bei bloßer Einredebehaftetheit der Hauptschuld - etwa, wie hier, infolge Verjährung - konstitutiv wirkt, indem sie die Bürgschaftsschuld - die als solche, wie sich aus § 768 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt, zunächst ebenfalls nur einredebehaftet ist - zum Erlöschen bringt und damit auch die verbliebene äußere "Rechtshülse" beseitigt (vgl. § 767 Abs. 1 S. 1 BGB und - für andere einredebehaftete akzessorische Sicherheiten - §§ 886, 1169 BGB u.a.). Neben der Abgabe der Freigabeerklärung schuldet der Gläubiger in der Regel jedoch auch die körperliche Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen, nach Wahl des Hauptschuldners aber auch an diesen selbst (so die heute h.M.; vgl. BGH, Urteil vom 09.10.2008 - VII ZR 227/07, NJW 2009, 218, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 8 ff.; Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl. 2010, VOB/B § 17 Abs. 8 Rdnr. 32 f. m.w.N.; bezüglich der Person des Herausgabeempfängers anders lange die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung, die nur eine Herausgabe an den Bürgen zuließ, so z.B. noch OLG Koblenz, Urteil vom 11.05.2006 - 5 U 1806/05, NJW-RR 2006, 1313, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 10 m.w.N., auch zur früher teilweise ebenfalls - wohl - gegenteiligen BGH-Rechtsprechung, u.a. BGH, Urteil vom 02.02.1989 - IX ZR 182/87, NJW 1989, 1482, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 49, wo allerdings ein Anspruch des Hauptschuldners auf Herausgabe an sich selbst nicht unmittelbar entscheidungsgegenständlich war). Weiter kann der Hauptschuldner jedoch auch verlangen, dass der Gläubiger die Inanspruchnahme des Bürgen unterlässt. Er kann daher eine Klage auf Herausgabe ggf. mit einer Klage auf Unterlassung der Bürgschaftsinanspruchnahme verbinden (Joussen, in: Ingenstau/Korbion, a.a.O., VOB/B § 17 Abs. 8 Rdnr. 33). Dies hat die Klägerin hier in zulässiger Weise getan. Sie war durch den Bürgen - dies steht für sich genommen außer Streit - unter Fristsetzung aufgefordert worden, gegen den Gläubiger Klage zu erheben, um eine Leistung des Bürgen an den Gläubiger abzuwenden. Diesem Zweck diente - auch dies ist unstreitig - die vorliegende Klage. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Klägerin die Beklagte mit Aussicht auf Erfolg auf Unterlassung und Herausgabe verklagen durfte. Die Klage war daher auch hinsichtlich des Antrages zu 1) ursprünglich (zulässig und) begründet und ist erst durch die Herausgabe der Bürgschaft unbegründet geworden, hat sich also erledigt. Damit aber war die Erledigung antragsgemäß festzustellen.

III.

21

Der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nicht, da kein auf die verspätete Bürgschaftsfreigabe ursächlich zurückgehender Schaden dargelegt worden ist. Die Klägerin trägt - wie die Beklagte zutreffend bemerkt - selbst vor, dass die Jahresprämie bis zur Beendigung des Avalvertrages mit der Bürgin unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme des Avalrahmens in gleicher Höhe von 1.500,00 Euro erhoben wird. Maßgebliche Berechnungsgrundlage ist nicht die "Bereitstellung", sondern das "Bereitstellungslimit". Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 6 Nr. 1 der von der Klägerin selbst als Anlage K 16 vorgelegten und in Bezug genommenen AGB's der Bürgin (s. Bl. 87 d.A., re. Sp.). Das Bereitstellungslimit aber hätte auch bei einer Inanspruchnahme von "0" im Jahr 2010 unverändert 100.000,00 Euro betragen (s. Bl. 85 d.A., unter "Vertragsdaten"). Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin - in tatsächlicher Hinsicht - nicht. Sie vertritt insoweit lediglich eine - unzutreffende - Rechtsansicht. Auch aus der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz (Urteil vom 11.05.2006, a.a.O.) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Dort wird - lediglich - ausgeführt, dass Avalzinsen zu erstatten sind, die "von diesem Tag [sic.: dem Tag des Entstehens der Freigabepflicht] an anfielen, weil es eine entsprechende Kostenbelastung bei einer rechtzeitigen Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nicht gegeben hätte" (zitiert nach Juris, dort Rdnr. 18; Kursivsetzung nicht im Original). Damit betrifft die zitierte Entscheidung einen anderen Sachverhalt. Vorliegend sind die Avalkosten - wie ausgeführt - weder dem Grunde noch der Höhe nach an das tatsächlich in Anspruch genommene Aval geknüpft (und damit ursächlich auf die verspätete Freigabe zurückzuführen, also entstanden, weil die Beklagte die Bürgschaftsurkunde länger einbehalten hat, als sie dies gedurft hätte); die Rückgabe der Bürgschaft hätte das die Kostenhöhe bestimmende Avallimit nicht verringert.

22

Unabhängig von Vorstehendem weist die Nebenintervenientin mit zuletzt eingereichtem Schriftsatz vom 04.04.2011 (Bl. 113 f. d.A.) zurecht darauf hin - worauf es indes nicht mehr ankommt -, dass die Klägerin selbst schuldhaft eine Reduzierung des Avallimits zumindest auf den Betrag von 12.250,00 Euro, der nur Gebühren in Höhe von 183,75 Euro ausgelöst hätte, verabsäumt hat und dass ihr - etwaiger - Anspruch daher gemäß § 254 Abs. 1 BGB erheblich zu kürzen wäre.

23

Der von der Klägerin bezüglich des Schadensersatzanspruches geltend gemachte Verzugszinssatz ist im Übrigen überhöht; die Voraussetzungen des § 288 Abs. 2 BGB liegen nicht vor, da es sich nicht um eine Entgelt-, sondern um eine Schadensersatzforderung handelt.

IV.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die gebildete Quote entspricht den Gewinn- und Verlustquoten in der Hauptsache, hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Klageantrages zu 1) ausgehend von dem bei streitiger Entscheidung auch über diesen Antrag fiktiv zu erwartenden Obsiegen der Klägerin. Hinsichtlich der Kosten der Nebenintervention folgt die Entscheidung aus § 101 Abs. 1 ZPO.

V.

25

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 1 ZPO, soweit die Klägerin wegen des Klageantrages zu 1) die Kosten des Rechtsstreits beitreibt (bzw. gleichlautend aus dem Rechtsgedanken der §§ 91a Abs. 2 S. 1, 794 Abs. 1 Nr. 3, 795 S. 1 ZPO, d.h. vor dem Hintergrund, dass ein etwaiger Beschluss nach § 91a ZPO sofort vorbehaltlos vollstreckbar gewesen wäre; vgl. dazu u.a. LG Stralsund, Urteil vom 29.03.2011 - 6 O 297/10, UA S. 12, m.w.N.), im Übrigen für beide Parteien und die Nebenintervenientin aus §§ 708 Nr. 11, 2. Halbs., 711 ZPO, d.h. insoweit war dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner Abwendungsbefugnis nachzulassen. Die insoweit im Urteilstenor zu Grunde gelegten Beträge, bis zu deren Erreichen der jeweilige Vollstreckungsgläubiger ohne Sicherheitsleistung und Abwendungsbefugnis des Gegners vollstrecken darf, beruhen auf einer überschlägigen Schätzung der auf die Klageanträge zu 2) und 3) entfallenden Verfahrenskosten.

VI.

26

Gemäß §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 3 ZPO beträgt der Streitwert für die Klageanträge zu 1) und 2) jeweils ca. 20-30 % des verbürgten Betrages (vgl. Joussen, in: Ingenstau/Korbion, a.a.O., VOB/B § 17 Abs. 8 Rdnr. 34 m.w.N.), hier - als vom Gericht zu Grunde gelegter Mittelwert - jeweils 25 % aus 12.250,00 Euro, mithin - leicht gerundet - jeweils 3.000,00 Euro, zusammen somit 6.000,00 Euro. Hinzu kommt der Streitwert für den Antrag zu 3), mithin 1.500,00 Euro (vgl. §§ 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 4 Abs. 1, 2. Halbs., 5, 1. Halbs., 6 S. 1, 2. Halbs. ZPO). Der Gesamtstreitwert des Prozesses beträgt daher 7.500,00 Euro. Soweit in der Rechtsprechung für den Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde vereinzelt der volle Nominalbetrag der Bürgschaftsschuld in Ansatz gebracht worden ist (so - soweit ersichtlich einzig - OLG Koblenz, Urteil vom 11.05.2006, a.a.O., Rdnr. 21), folgt das Gericht dem nicht. Diese Rechtsprechung wird dem Umstand, dass es bei der Herausgabeklage lediglich um die Rückgabe eines körperlichen Gegenstandes ohne eigenen substantiellen Wert geht, die einen bloßen Annex zur rechtsgeschäftlichen Freigabe darstellt und - für sich genommen - nur zur Vermeidung von Missbrauch angestrengt wird, nicht gerecht.

27

Dass sich der Streitwert im Prozessverlauf mit der übereinstimmenden Erledigterklärung hinsichtlich des Klageantrages zu 1) auf den Wert der übrigen Klageanträge - 4.500,00 Euro - reduziert hat (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.1991 - XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 18), kann vernachlässigt werden und nötigt vorliegend nicht zu einer getrennten Streitwertfestsetzung (und führt im Übrigen auch nicht zu einem nachträglichen Wegfall der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts; vgl. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Mangels mündlicher Verhandlung fällt eine Terminsgebühr, die - anders als die Verfahrensgebühr - nur noch aus dem reduzierten Streitwert zu berechnen wäre, nicht an. Auch sonst sind streitwertabhängige Kosten, die - im Erkenntnisverfahren - nach der Erledigungserklärung angefallen wären oder noch anfallen könnten, nicht ersichtlich. Insoweit kann auch offen bleiben, ob und inwieweit die einseitige Erledigungserklärung hinsichtlich des Klageantrages zu 1) eine Streitwertreduzierung bewirkt (für unveränderte Streitwerthöhe die wohl überwiegende instanzgerichtliche Auffassung, so z.B. OLG Schleswig, Beschluss vom 09.05.2005 - 9 U 123/04, OLGR 2005, 527, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 2; OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.10.1995 - 6 W 19/95, NJW-RR 1996, 1472, hier zitiert nach Juris, dort Leits.; LG Duisburg, Beschluss vom 17.03.2004 - 11 T 278/03, MDR 2004, 962, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 30 ff. m.w.N.; dagegen nur auf die Kosten aus dem Ursprungsstreitwert abstellend u.a. der BGH, zuletzt mit Beschluss vom 15.11.2007 - V ZB 72/07, WuM 2008, 35, hier zitiert nach Juris, dort Rdnr. 13 m.w.N.). …

Urteilsbesprechung zu Landgericht Stralsund Urteil, 07. Apr. 2011 - 6 O 383/10

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Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2007 - V ZB 72/07

bei uns veröffentlicht am 15.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 72/07 vom 15. November 2007 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Schmidt-Räntsch, di

Oberlandesgericht Rostock Urteil, 04. Apr. 2008 - 5 U 10/08

bei uns veröffentlicht am 04.04.2008

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 26.04.2007 - Az.: 4 O 260/06 - wird zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt der Kläger. Das

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 09. Mai 2005 - 9 U 123/04

bei uns veröffentlicht am 09.05.2005

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 11. April 2005 wird als unzulässig verworfen. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Gründ
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landgericht Stralsund Urteil, 07. Apr. 2011 - 6 O 383/10.

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 04. Juli 2017 - 6 W 28/17

bei uns veröffentlicht am 04.07.2017

Tenor 1. Die sofortige Beschwerde des Herrn Olaf B. vom 24.05.2017 (Bl. 94 ff. d.A.) gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 08.09.2016, Az.: 8 T 171/16 (Bl. 43 f. d.A.), wird als unzulässig verworfen. 2. Der Beschwerdeführer trägt d

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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.

(1) Wird durch Versäumnisurteil, Anerkenntnisurteil oder Verzichtsurteil erkannt, so bedarf es nicht des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe. Das Urteil ist als Versäumnis-, Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil zu bezeichnen.

(2) Das Urteil kann in abgekürzter Form nach Absatz 1 auf die bei den Akten befindliche Urschrift oder Abschrift der Klage oder auf ein damit zu verbindendes Blatt gesetzt werden. Die Namen der Richter braucht das Urteil nicht zu enthalten. Die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten sind in das Urteil nur aufzunehmen, soweit von den Angaben der Klageschrift abgewichen wird. Wird nach dem Antrag des Klägers erkannt, so kann in der Urteilsformel auf die Klageschrift Bezug genommen werden. Wird das Urteil auf ein Blatt gesetzt, das mit der Klageschrift verbunden wird, so soll die Verbindungsstelle mit dem Gerichtssiegel versehen oder die Verbindung mit Schnur und Siegel bewirkt werden.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn zu erwarten ist, dass das Versäumnisurteil oder das Anerkenntnisurteil im Ausland geltend gemacht werden soll.

(4) Absatz 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Prozessakten elektronisch geführt werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 26.04.2007 - Az.: 4 O 260/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 5.237,07 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers aus Amtshaftung.

2

Der Kläger behauptet, er sei am 23.12.2003 gegen 10.30 h auf der Karower Straße hinter der Nebelbrücke in der Gemeinde Dobbin-Linstow bei winterlicher Glätte auf der nicht abgestreuten Fahrbahn gestürzt, wobei er einen Oberschenkelhalsbruch erlitten habe. Er habe am Unfalltag Trekkingschuhe mit grobem Profil getragen und trotz besonderer Sorgfalt den Sturz nicht vermeiden können. Auf der Fahrbahn habe es Stellen gegeben, an denen sich Wasser gesammelt habe, das dann überfroren sei; dies sei zum Unfallzeitpunkt nicht erkennbar gewesen, da es in der vorangegangenen Nacht geschneit habe und ein dünner Schneefilm auf der Fahrbahn gewesen sei.

3

Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger neben einer Zahlung von insgesamt 237,07 € die Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 4.000,-- € und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten verfolgt, abgewiesen, weil die Beklagte nicht passivlegitimiert sei. Dies sei, obgleich die Gemeinden verkehrssicherungspflichtig seien, das Amt, wenn die Gemeinde amtsangehörig sei, da dessen Mitarbeitern die Erfüllung der Straßenverkehrssicherungspflicht als delegierte Aufgabe obliege. Darüber hinaus habe auch die Nebenintervenientin ihre Räum- und Streupflichten nicht verletzt. Eine solche bestehe innerhalb der geschlossenen Ortslage nur an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen; dass hiervon auch der Unfallort erfasst werde, sei nicht ersichtlich. Auch könne nicht erkannt werden, ob sich der Kläger herausgefordert fühlen durfte, die Fahrbahn zu nutzen, weil ein Seitenstreifen nicht geräumt und/oder gestreut gewesen sei. Schließlich überwiege auch die augenscheinliche Selbstgefährdung die etwaige fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils.

4

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden ist. Der Kläger meint, das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, ein Anspruch bestehe weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber dem Amt als Nebenintervenientin. So sei das Landgericht fälschlich davon ausgegangen, der Kläger habe zum Seitenstreifen vortragen müssen; vielmehr sei unstreitig, dass ein Seitenstreifen nicht existiert habe. Auch sei das Landgericht seiner Aufklärungspflicht nicht nachgekommen, indem es die Zeugen zum Unfallhergang und dem von dem Kläger getragenen Schuhwerk nicht vernommen habe. Zudem habe das Landgericht fehlerhaft ein erhebliches Mitverschulden des Klägers angenommen; dies würde dazu führen, dass unter den gegebenen Umständen die Bewohner eines Dorfes im Winter ihre Häuser nicht mehr verlassen dürften.

5

Der Kläger beantragt,

6

das Urteil des Landgerichts Rostock vom 26.04.2007 - Az.: 4 O 260/06- aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

7

1. an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld - mindestens in Höhe von 4.000,-- € - nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

8

2. an den Kläger 27,07 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie weitere 210,-- € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

9

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 23.12.2003 zu bezahlen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

10

Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Sie meinen, das Landgericht habe zwar unzutreffend die Passivlegitimation der Beklagten verneint, verteidigen aber im übrigen das landgerichtliche Urteil. Unabhängig von der Amtszugehörigkeit einer Gemeinde trage diese die Sachbefugnis bei behaupteten Ansprüchen wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten der Gemeinden. Zutreffend habe aber das Landgericht angenommen, dass die Gemeinde keine Verpflichtung traf, die verkehrsunbedeutende Dorfstraße so abzustreuen, dass sie von Fußgängern an beliebiger Stelle gänzlich gefahrlos begangen werden könne.

13

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten, bei der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle.

14

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und .... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2008.

II.

15

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Klage abgewiesen, auch wenn es zu Unrecht davon ausgegangen ist, die Beklagte sei - die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht hier einmal unterstellt - nicht passivlegitimiert (1.)). Denn der Senat hat nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht zu seiner Überzeugung feststellen können, dass überhaupt eine Wetterlage und Gefahrensituation herrschte, die die Beklagte zu Verkehrssicherungsmaßnahmen verpflichtet hat (2.)).

16

1.) Die Beklagte wäre allerdings die richtige Partei, wenn ihr die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht hätte nachgewiesen werden können.

17

Nach § 50 Abs. IV StrWG MV sind für die Reinigung der innerhalb geschlossener Ortschaften gelegenen öffentlichen Straßen die Gemeinden - die zugleich nach § 14 StrWG MV Träger der Straßenbaulast für die Gemeindestraßen sind - zuständig, sofern diese ihre Verpflichtung nicht per Satzung auf Dritte, insbesondere Grundstückseigentümer, delegieren, was vorliegend nicht ersichtlich ist.

18

Das Amt ist lediglich nach § 127 Abs. 1 S. 6 KV MV Vertreter der Gemeinde. Angesichts der klaren Bestimmung des StrWG kommt eine Verkehrssicherungspflicht des Amtes jedenfalls nicht in Betracht, auch wenn sich die Gemeinde zur Wahrnehmung ihrer Pflichten der Verwaltungsorganisation des übergeordneten Amtes bedient bzw. letzteres die Aufgaben der Gemeinde wahrnimmt (so schon 1. Zivilsenat, 1 U 174/97 für Straßenverkehrs-sicherungspflichten; 1 W 286/98 für sonstige Verkehrssicherungspflichten (dort: Phosphor-funde am Strand)).

19

2.) Die Räum- und Streupflicht auf öffentlichen Straßen bildet einen Unterfall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (BGH, VersR 1970, 904). Die Verkehrssicherungspflicht der für die Straßen und Gehwege ihres Gebiets verantwortlichen Kommunen ist in Mecklenburg-Vorpommern hoheitlich ausgestaltet (§§ 10 Abs. 1, 50 StrWG MV), ihre Verletzung somit Amtspflichtverletzung iSd § 839 Abs. 1 BGB.

20

a) Nach § 50 Abs. 1 StrWG MV sind alle innerhalb der geschlossenen Ortslage gelegenen öffentlichen Straßen zu reinigen, wobei sich Art und Umfang der Reinigung nach den örtlichen Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung richten. Zur Reinigung gehört nach § 50 Abs. 2 StrWG MV auch die Schneeräumung auf den Gehwegen und Überwegen für Fußgänger sowie bei Schneeglätte und Glatteis das Bestreuen der Gehwege und Fußgängerüberwege. Nach § 50 Abs. 3 StrWG MV haben die Reinigungspflichtigen im übrigen die Fahrbahnen der öffentlichen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit von Schnee zu räumen und bei Schnee- und Eisglätte zu streuen, soweit das zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

21

Nach der Rechtsprechung des BGH besteht die winterliche Räum- und Streupflicht nicht uneingeschränkt, sondern steht unter dem Vorbehalt des Erforderlichen und Zumutbaren. Inhalt und Umfang der Pflichten richten sich nach den Umständen des Einzelfalls, Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges sind ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs (BGH, VersR 1957, 758). Für Fußgänger sind innerhalb der geschlossenen Ortschaft auf der Fahrbahn nur die belebten, über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege zu bestreuen, soweit dafür ein Bedürfnis des Verkehrs besteht (BGH, VersR 1991, 665 " belebt" oder "gefährlich", OLG Rostock, Urteil des 1. Zivilsenates, 1 U 11/01). Innerhalb geschlossener Ortschaften sind grundsätzlich alle diejenigen für den Fußgängerverkehr wichtigen Gehwege zu sichern, auf denen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfindet (BGH, NJW 1960, 41; OLG Köln, VersR 1979, 551). Das OLG Hamm hat die Anforderungen dahingehend näher konkretisiert, dass aus dem Kreis der zu bestreuenden Gehflächen tatsächlich entbehrliche Wege, für die ein echtes, jederzeit zu befriedigendes Verkehrsbedürfnis nicht besteht, herauszunehmen sind; dem streupflichtigen Gehwegen muss eine notwendige Erschließungsfunktion in dem Sinne zukommen, dass die nach der Verkehrsauffassung für die Lebensführung wesentlichen Orte (Wohnungen, Schulen, Arbeitsstätten, Geschäfte etc.) für Fußgänger zu jeder Jahreszeit erreichbar sind, d.h. diejenigen Wege, die bei vernünftiger Beurteilung nach Verkehrsbedeutung und äußerer Anlage auch im Winter als die wesentlichen Verbindungen erscheinen (OLG Hamm, NZV 2004, 645).

22

An verkehrsunwichtigen Orten besteht hingegen nicht einmal dann eine Streupflicht, wenn der Fußgänger gezwungen ist, infolge einer Baustellenabsperrung die Straße zu betreten (BGH, VersR 1991,665). Den Fußgängern muss nicht generell die Möglichkeit geschaffen werden, ein gefahrloses Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Dies würde bewirken, dass auf zahlreichen nachrangig zu bestreuenden Straßen vorrangig Überwege für Fußgänger abgestreut werden müssten. Auch sind vorgesehene Fußgängerüberwege zu benutzen, nicht aber willkürlich gewählte Wegstrecken.

23

b) Ein Geschädigter muss deshalb darlegen und ggf. beweisen, dass eine Straßen - und Wetterlage bestand, bei der Sicherungsmaßnahmen erforderlich und nach der Tageszeit geboten gewesen wären, dass diese Arbeiten nicht durchgeführt wurden und dies schließlich für den Unfall kausal war (OLG Rostock, Urteil des 1. Zivilsenats, 1 U 144/97).

24

Dies kann nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden. Der Kläger hat nicht beweisen können, dass die Fahrbahn vereist gewesen ist mit der Folge, dass die Beklagte hätte Streumaßnahmen einleiten müssen. Die Aussagen der Zeugen waren insoweit bereits nicht ergiebig, so dass sich eine nähere Würdigung ihrer Aussagen erübrigt. Denn die Zeugen haben die Behauptung des Klägers, dass winterliche Glätte auf der Fahrbahn bestand, die die Durchführung von Streumaßnahmen notwendig machte, nicht bestätigen können. Nach ihren Aussagen ist vielmehr davon auszugehen, dass eine Streupflicht nicht bestand, weil die Straßen nicht glatt waren. Die Beklagte haftet hingegen nicht dafür, dass allein einzelne Stellen einer Straße wegen des Überfrierens von Nässe glatt sind; dies würde die Anforderungen an das Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht erheblich überspannen.

25

Darüber hinaus ist nach der Aussage des Zeugen ... vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger beim Sturz selbst nicht auf der Straße, sondern auf dem Sandstreifen daneben gegangen ist. Dass dieser durch die Beklagte hätte abgesichert werden müssen, kann ebenfalls nicht erkannt werden.

III.

26

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 101, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Bei der Streitwertfestsetzung hat der Senat für den Feststellungsantrag einen Streitwert von 1.000,-- € zugrundegelegt. Anhaltspunkte, dass zulasten des Klägers erhebliche weitere Schäden in Zukunft zu erwarten seien, bestanden nicht.

IV.

27

Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

Steht demjenigen, dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird, eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird, so kann er von dem Gläubiger die Beseitigung der Vormerkung verlangen.

Steht dem Eigentümer eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung der Hypothek dauernd ausgeschlossen wird, so kann er verlangen, dass der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 11. April 2005 wird als unzulässig verworfen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

1. Die Beschwerde ist unzulässig und - da kein Beschwerderechtszug gegeben ist (§ 567 Abs. 1 ZPO; vgl. auch Zöller/Gummer, 25. Auflage, § 567 ZPO Rdnr. 38) - vom Senat selbst als „Erstgericht“ zu verwerfen (vgl. a.a.O. § 572 Rdnr. 6 m.w.N.).

2

2. Eine Änderung des Streitwertbeschlusses von Amts wegen nach § 63 Abs. 3 GKG scheidet aus. Der Streitwert wird durch eine nur einseitig gebliebene Erledigungserklärung nicht verändert. Der Senat schließt sich den überzeugenden Erwägungen des 4. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinische Oberlandesgerichts im Beschluss vom 2. Februar 2004 - 4 U 47/03 (SchlHA 2005, 92 f. = OLGR 2004, 342 m.w.N. auch zur Gegenauffassung) an. An seiner dem entgegenstehenden früheren - grundsätzlich auf das Kosteninteresse abstellenden - Rechtsprechung (vgl. SchlHA 1999, 134 f.) hält der Senat nicht weiter fest. Das Argument, bei einseitiger Erledigungserklärung sei über die Zulässigkeit und Begründetheit der ursprünglichen Klage lediglich als Vorfrage der Erledigung zu entscheiden (a.a.O.), beachtet nicht hinreichend den Inhalt des Erledigungsbegehrens, das bei exakter Ausformulierung auf die Feststellung gerichtet ist, die zunächst zulässige und begründete Klage sei infolge des erledigenden Ereignisses unzulässig bzw. unbegründet geworden. Demgemäß erwächst auch der Ausspruch über den Inhalt des Feststellungsbegehrens in Rechtskraft, was etwa bedeutsam wird, wenn die Parteien nachträglich über das Behaltendürfen einer zur Erfüllung eines Klageanspruchs geleisteten Zahlung streiten, die als erledigendes Ereignis bewertet worden ist (vgl. OLG München NJW-RR 1996, 956 <957>). Im übrigen gilt es Folgendes zu beachten: Schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht an, kann der Kläger dem Gericht die Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit der Klage ebenso wenig entziehen, wie dies in der insoweit vergleichbaren Konstellation der Klagerücknahme nach Beginn der mündlichen Verhandlung ohne die erforderliche Zustimmung des Beklagten (§ 269 Abs. 1 ZPO) der Fall ist. Im einen wie im anderen Fall wird der Kläger (zumindest auch) an seinem ursprünglichen Interesse festgehalten (ähnlich OLG München a.a.O. <958> m.w.N.). Dem ist auch bei der Streitwertfestsetzung Rechnung zu tragen.

II.

3

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf § 63 Abs. 3 GKG.


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 72/07 vom
15. November 2007
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. November 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Schmidt-Räntsch, die
Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 30. Mai 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 1.350 €.

Gründe:

I.

1
Mit notariellem Vertrag vom 6. Mai 2005 kauften die Kläger von der Eigentümerin eine Wohnung in einem Gebäude in D. , zu der nach der notariellen Teilungserklärung vom 18. Januar 2005 auch der im Aufteilungsplan mit der Nummer 23 bezeichnete Abstellraum im Dachgeschoss gehörte.
2
Dieser wurde von dem Beklagten genutzt, der auf Grund eines mit dem früheren Eigentümer des Gebäudes im Jahre 1978 abgeschlossenen Mietvertrages im Erdgeschoss Räume für die von ihm betriebene Zahnarztpraxis angemietet hatte. Der Beklagte verweigerte die Herausgabe des Abstellraumes an die Kläger mit dem Hinweis, dass dieser zu den an ihn vermieteten Räumen gehöre und die Kläger daher mit dem Erwerb der Wohnung in das Mietverhältnis über den Abstellraum eingetreten seien.
3
Das Amtsgericht hat der Herausgabeklage stattgegeben. Die Kläger haben nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung die Erledigung der Hauptsache angezeigt, weil der Beklagte den Abstellraum räumte, nachdem ihm die Hausverwaltung einen anderen Abstellraum in dem Gebäude zur Verfügung gestellt hatte. Die von dem Beklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde, mit der er eine seinem Antrag auf Klageabweisung entsprechende Sachentscheidung erreichen will.

II.

4
Das Berufungsgericht meint, dass die Berufung gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig sei, da der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteige. Zwar sei § 41 Abs. 2 GKG für die Bestimmung des Streitwerts nicht direkt anwendbar, da es sich um eine Herausgabeklage, und nicht um eine mietrechtliche Räumungsklage handele. Der Wert des Herausgabeanspruchs schätze die Kammer gem. § 3 ZPO aber auf das 12 fache des von den Klägern errechneten (monatlichen) Mietwerts des Abstellraumes.

III.

5
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), form- und fristgerecht eingelegt (§ 575 ZPO) und begründet.
7
Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten in seinem verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, der es verbietet, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG NJW 1991, 3140).
8
So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat in Abweichung von einer ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die für die Bestimmung des Streitwerts und der Beschwer einschlägigen Vorschriften der §§ 8, 9 ZPO nicht berücksichtigt. Der Wert der Beschwer bestimmt sich, wenn der Beklagte gegenüber dem mit der Klage verfolgten Herausgabeanspruch ein streitiges vertragliches Recht zum Besitz aus Miete oder Pacht einwendet, nach § 8 ZPO (BGH, Beschl. v. 7. November 2002, LwZR 9/02, BGH-Report 2003, 757, 758; Beschl. v. 27. Okt. 2004, XII ZB 106/04, MDR 2005, 204). Lässt sich die streitige Zeit, in der das von dem Beklagten in Anspruch genommene vertragliche Besitzrecht noch bestehen würde, nicht bestimmen, ist § 9 ZPO entsprechend anzuwenden und der 3,5 fache Jahresbetrag einer Miete oder Pacht in Ansatz zu bringen (BGH, Beschl. v. 17. März 2005, III ZR 342/04, NJW-RR 2005, 867, 869; BVerfG NZM 2006, 578).
9
Die Abweichung von dieser Rechtsprechung, auf die der Beklagte im Übrigen hingewiesen hatte, ist vom Beschwerdegericht bei seiner Festsetzung des Werts der Beschwer nicht begründet worden. Nachvollziehbare Sachgründe dafür lassen sich auch nicht finden.
10
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
11
a) Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Der Beklagte kann – auch wenn der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt hat – seinen Klageabweisungsantrag mit der Begründung aufrechterhalten, dass die Klage von Anfang an unbegründet gewesen sei (vgl. BGH, Urt. v. 23. November 1966, VIII ZR 160/64, NJW 1967, 564, 565; Urt. v. 3. Februar 1976, VI ZR 23/72, WM 1976, 481, 482) und zu diesem Zweck auch ein Rechtsmittel einlegen (BGH, Urt. v. 7. November 1974, III ZR 115/72, NJW 1975, 539; OLG Hamburg NJW-RR 1989, 570).
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b) Die Beschwer des Beklagten übersteigt den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bezeichneten Mindestwert von 600 €. Die Beschwer ist allerdings – anders als die Rechtsbeschwerde meint – nicht nach dem Wert der Hauptsache, sondern nach den im ersten Rechtszug entstandenen Kosten zu bestimmen.
13
aa) Nach einer einseitigen Erledigungserklärung reduziert sich der Streitwert auf die bis dahin entstandenen Kosten (BGHZ 57, 301, 303; 106, 359, 366). Diese bestimmen auch die Beschwer des Beklagten, der der Erledigung widerspricht und eine Klageabweisung erreichen will (BGH, Urt. v. 11. Juli 1990, XII ZR 10/90, NJWRR 1990, 1474; Urt. v. 9. März 1993, VI ZR 249/92, NJW-RR 1993, 765, 766).
14
bb) Die Reduktion auf das Kosteninteresse tritt auch dann ein, wenn der Kläger – wie hier – nach einem ihm günstigen Urteil zwischen den Instanzen die Erledigung der Hauptsache gegenüber dem Gericht und dem Beklagten schriftsätzlich erklärt. Zwar bleibt die Erledigungserklärung des Klägers, wenn sie einseitig bleibt, zunächst wirkungslos, weil das erstinstanzliche Gericht nach § 318 ZPO an seine Entscheidung gebunden ist und daher nicht mehr dem geänderten Antrag entsprechend die Erledigung der Hauptsache feststellen kann (Schwab, Festschrift Schnorr von Carolsfeld, 445, 453; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdn. 50; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91a Rdn. 113; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 91a Rdn. 38). Die Erledigungserklärung des Klägers ist jedoch als Prozesshandlung, die auch zwischen den Instanzen gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht wirksam vorgenommen werden kann (Schwab, aaO, S. 447 ff.), nicht unwirksam. Das zeigt sich daran, dass – solange das erstinstanzliche Urteil noch nicht rechtskräftig geworden ist – die Erledigungserklärung des Klägers die in § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmten Rechtsfolgen herbeiführt, wenn der Beklagte sich der Erledigungserklärung anschließt oder nach einem richterlichen Hinweis auf diese Folgen nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen nach § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO der Erledigungserklärung des Klägers widerspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Februar 1995, VIII ZB 53/94, NJW 1995, 1095, 1096).
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cc) Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt hier auch dann den für eine zulässige Berufung erforderlichen Mindestwert von 600 €, wenn man diesen nach dem Kosteninteresse bestimmt. Der Gegenstandswert ist zwar nicht – wie die Rechtsbeschwerde meint – nach dem Mietzins für die Praxisräume, sondern nach dem Mietwert des streitigen Abstellraumes zu bestimmen. Der Streitwert ist auf dieser Grundlage vom Amtsgericht nach §§ 8, 9 ZPO mit 2.016,00 € richtig berechnet worden. Maßgebend für die Beschwer sind hier die in erster Instanz entstandenen Gebühren, also die gerichtliche Verfahrensgebühr und die auf beiden Seiten entstandenen Gebühren (Verfahrens- und Terminsgebühr) und die Auslagen der Rechtsanwälte, die zusammengerechnet deutlich über 600 € liegen.
16
3. Der die Berufung der Klägerin als unzulässig verwerfende Beschluss des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben und die Sache zur Entscheidung über das Rechtsmittel an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Krüger Schmidt-Räntsch Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.01.2007 - 235 C 12123/06 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.05.2007 - 21 S 59/07 -