Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Feb. 2015 - 6 U 209/13
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerinnen wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 20.11.2013 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 28 O 467/12 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt,
a) an die Klägerin zu 2. einen Betrag von 800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen,
b) an die Klägerin zu 3. einen Betrag 1.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen,
c) an die Klägerin zu 4. einen Betrag von 1.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen.
d) an die Klägerinnen zu 1. bis 4. zu gleichen Teilen einen Betrag von 1.200,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen 1/5 und der Beklagte 4/5 zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit es nicht abgeändert worden ist, sind vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerinnen begehren Schadensersatz sowie die Erstattung von Abmahnkosten wegen eines nach ihrer Darstellung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgten Angebots zum illegalen Download von MP3-Dateien.
4Die Klägerinnen verfügen als Tonträgerhersteller über ausschließliche Verwertungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Nach den Ermittlungen der von ihnen beauftragten Firma Q N GmbH wurden am 18.11.2007 um 19:51:51 Uhr unter der IP-Adresse 80.XXX.XX.199 mittels der Tauschbörsensoftware „Bear-Share“ insgesamt 809 Audiodateien zum kostenlosen Herunterladen angeboten. In einem auf Strafanzeige der Klägerinnen hin eingeleiteten Ermittlungsverfahren teilte die Deutsche Telekom AG als zuständiger Internetprovider der Staatsanwaltschaft Kleve mit, dass die ermittelte IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen gewesen sei. Hiervon erhielten die Klägerinnen durch eine Nachricht der Staatsanwaltschaft vom 25.03.2008 Kenntnis. Über die individuelle Benutzerkennung der „Bear-Share“-Software konnten weitere Aktivitäten innerhalb der Tauschbörse am 04.12.2007, 21:43 Uhr, 11.12.2007, 19:16 Uhr und 19.12.2007, 16:14 Uhr ermittelt werden.
5Der Beklagte war im November und Dezember 2007 Inhaber eines WLAN-Internetzugangs mit einem durch eine WPA2-Verschlüsselung gesicherten Router. An den Internetzugang war ein Rechner angebunden, der von dem Beklagten, seiner Ehefrau sowie den damals 17 und 15 Jahre alten Kindern benutzt wurde.
6Die Klägerinnen mahnten den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 08.05.2008 ab. Zur Abgeltung von Ersatzansprüchen schlugen sie ihm eine pauschale Zahlung von 6.000,00 € vor. Der Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, wies Zahlungsansprüche jedoch zurück.
7Am 23.12.2011 haben die Klägerinnen einen Mahnbescheid gegen den Beklagten über 2.380,80 € Kostenerstattung sowie insgesamt 3.000,00 € Lizenzschadensersatz beantragt. Der Mahnbescheid ist am 20.03.2012 erlassen worden. Gegen den ihm am 27.03.2012 zugestellten Mahnbescheid hat der Beklagte am 29.03.2012 Widerspruch eingelegt. Nachdem die Klägerinnen am 11.10.2012 die zweite Hälfte des Gerichtskostenvorschusses eingezahlt haben, ist die Sache am 17.10.2012 an das Landgericht Köln abgegeben worden und dort am 25.10.2012 eingegangen. Die Klägerinnen haben vorgetragen, ihnen stünden Leistungsschutzrechte an ca. 80 % der Audiodateien zu, was sie für 108 Titel näher dargelegt haben. Die Klägerinnen haben Erstattung von Abmahnkosten in Höhe 2.380,80 € nebst Zinsen aus einen Gegenstandswert von 200.000,00 € verlangt. Außerdem haben drei der Klägerinnen Schadensersatz nebst Zinsen wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von insgesamt fünfzehn Musikaufnahmen verlangt, wobei sie für jeden Titel einen Lizenzschaden von 200,00 € veranschlagt haben, insgesamt 3.000,00 €; die Klägerin zu 2. hat für vier Titel 600,00 € verlangt, die Klägerin zu 3. für sechs Titel 1.200,00 € und die Klägerin zu 4. für fünf Titel ebenfalls 1.200,00 €.
8Der Beklagte hat gegen die Forderungen der Klägerinnen die Einrede der Verjährung erhoben und deren Aktivlegitimation bestritten. Außerdem hat er seine Passivlegitimation bestritten. Es müsse sich um einen Ermittlungsfehler handeln, IP-Adresse und individuelle Benutzerkennung der Software seien nicht ordnungsgemäß zugeordnet worden. Er habe selbst keine Rechtsverletzung begangen. Anhaltspunkte für mögliche Rechtsverletzungen durch seine Familienangehörige habe es nicht gegeben, er könne solche jedoch auch nicht ausschließen. Die Kinder, die im Gegensatz zu ihm an allen streitgegenständlichen Zeitpunkten zu Hause gewesen seien, seien vor der erstmaligen Internetnutzung und in regelmäßigen Abständen danach belehrt worden. Ihnen sei lediglich eine Nutzung für bestimmte Zwecke gestattet und andere Nutzungen untersagt gewesen. Die Schadensersatzforderung sei übersetzt. Er bestreite, dass die Abmahnkosten bereits gezahlt seien.
9Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Ehefrau des Beklagten als Zeugin; die Kinder des Beklagten haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 30.10.2013 Bezug genommen. Mit Urteil vom 20.11.2013, auf das gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO inhaltlich Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte hafte nicht nach § 97 UrhG, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die Rechtsverletzungen nicht von ihm oder seiner Ehefrau, sondern von einem der Kinder oder beiden Kindern begangen worden seien. Mangels Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht hafte der Beklagte auch nicht nach § 832 BGB. Damit komme eine Haftung als Störer ebenfalls nicht in Betracht.
10Gegen diese Entscheidung wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung. Sie tragen vor, dass das Landgericht zu Unrecht die Haftung des Beklagten als Täter verneint habe. Die Tatsachengrundlage sei rechtsfehlerhaft auf das Anspruchsbegehren angewandt worden. Für die Verantwortlichkeit des Beklagten als Inhaber des Anschlusses spreche eine tatsächliche Vermutung, die durch den streitigen Vortrag zur Mitnutzung durch Dritte nicht ausgeräumt sei. Weder aus der Darstellung des Beklagten noch aus der Aussage der Zeugin T2 ergebe sich, wann und wie die Kinder den Rechtsbruch unbemerkt begangen haben könnten. Aber selbst wenn eine unmittelbare Haftung des Beklagten als Täter ausgeschlossen wäre, hafte dieser nach § 832 BGB, da er auch auf der Grundlage der Aussage der Zeugin T2 schuldhaft seine elterlichen Aufsichtspflichten vernachlässigt habe. Die Zeugin habe gerade nicht bestätigt, dass sie oder der Beklagte die Kinder über die Rechtswidrigkeit der Internettauschbörsen belehrt und ihnen eine Teilnahme daran verboten hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerinnen wird auf die Berufungsbegründung vom 20.01.2014 und die Schriftsätze vom 10.06.2014, 25.08.2014 und 25.11.2014 nebst Anlagen Bezug genommen.
11Die Klägerinnen beantragen, unter Aufhebung des am 20.11.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln den Beklagten zu verurteilen,
121. an sie zu gleichen Teilen einen Betrag in Höhe von € 2.380,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
132. a) an die Berufungsklägerin zu 2. € 800,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
14b) an die Berufungsklägerin zu 3. € 1.200,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
15c) an die Berufungsklägerin zu 4. € 1.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
16zu zahlen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus erster Instanz. Der Beklagte ist insbesondere der Ansicht, dass aufgrund der Mitbenutzung des Internetanschlusses durch seine Familienangehörigen die Täterschaftsvermutung entkräftet sei. Er müsse nicht innerhalb der Familie aufklären, wer den etwaigen Rechtsbruch begangen habe. Der Beklagte verweigert seine Zustimmung zu einer seiner Ansicht nach durch die Klägerin zu 2. im Berufungsverfahren erklärten Klageänderung und verweist bezüglich der Klägerin zu 4. auf die Kostentragungspfllicht bei Teilklagerücknahme. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 31.03.2014 und die Schriftsätze vom 12.06.2014 und 18.07.2014 Bezug genommen.
20Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2014 rechtliche Hinweise erteilt. Außerdem hat er Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen von der G und T2. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.06.2014 und 16.01.2015 wird Bezug genommen.
21II.
22Die zulässige Berufung ist weitgehend begründet. Nur hinsichtlich eines Teilbetrages der Abmahnkosten hat das Rechtsmittel der Klägerinnen keinen Erfolg.
231. Den Klägerinnen zu 2. bis 4. stehen die von ihnen geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus § 97 UrhG zu. Ob die Vorschrift in ihrer alten Fassung greift oder mangels Übergangsvorschrift die zum 01.09.2008 geänderte Fassung des § 97 Abs. 2 UrhG anzuwenden ist (vgl. Czychowski, GRUR-RR 2008, 265, 268), kann dahinstehen, weil sich die Änderung des § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG a.F. wegen ihrer redaktionellen Natur nicht auswirkt (vgl. Wandtke/Bullinger - v. Wolff, UrhG, 3. Aufl., § 97 Rn. 3).
24Soweit die Klägerinnen zu 2. und 4. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 18.06.2014 ihre Anträge gegenüber der ersten Instanz dahingehend abgeändert haben, dass die Klägerin zu 2. für vier streitgegenständlichen Titel 800,00 € statt 600,00 € verlangt und die Klägerin zu 4. für fünf streitgegenständlichen Titel 1.000,00 € statt 1.200,00 €, liegt die Berichtigung eines aufgrund der Klagebegründung – Forderung von 200,00 € Lizenzschaden für jeden Titel – erkennbaren Versehens vor und keine Klageänderung bzw. Teilklagerücknahme, § 264 Nr. 2 ZPO.
25a) Der vom Beklagten erhobene Einwand der fehlenden Aktivlegitimation greift nicht. Die Klägerinnen zu 2. bis 4. sind in Bezug auf die fünfzehn dem Schadensersatzbegehren zugrunde gelegten, nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG schutzfähigen Musiktitel
26die Klägerin zu 2 bezüglich Cascada / Everytime We Touch, Rihanna / Umbrella, Rihanna / Don´t Stop The Music und Christina Stürmer / Ohne Dich,
27die Klägerin zu 3 bezüglich LaFee / Heul doch, Pur / Danke, Pur / Lena, Reamonn / Sunshine Baby, Reamonn / Supergirl und Reamonn / Waiting There For You
28sowie die Klägerin zu 4 bezüglich Andrea Berg / Du Hast Mich Tausend Mal Belogen, Guano Apes / Open Your Eyes, Guano Apes / Lords Of The Boards, Silbermond / Das Beste und Silbermond / Ohne Dich)
29unabhängig von etwa abgeleiteten ausschließlichen Nutzungsrechten der Urheber und ausübenden Künstler nach §§ 31, 15, 73, 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG jedenfalls gemäß § 85 Abs. 1 UrhG Inhaber des Tonträgerherstellerrechts. Nach den vorgelegten Ausdrucken der Katalogdatenbank „www.XXX-XXX.de“ der Q2 GmbH sind die Klägerinnen zu 2. bis 4. als Lieferantinnen der die fraglichen Titel enthaltenden Musikalben ausgewiesen. Dies ist ein hinreichendes Indiz für ihre Rechtsinhaberschaft. Wie dem Senat aus vielen ähnlich gelagerten Verfahren bekannt ist, handelt es sich bei dem „Q2“-Medienkatalog um den zentralen Einkaufskatalog für den Einzelhandel, der auf die Richtigkeit der Daten großen Wert legt. Um die Indizwirkung der Einträge in der Katalogdatenbank zu entkräften, hätte der Beklagte über sein pauschales Bestreiten mit Nichtwissen hinaus nähere Anhaltspunkte aufzeigen müssen, aus denen sich im konkreten Fall Zweifel an der Richtigkeit der Eintragungen ergeben könnten. Dies hat er nicht getan.
30b) Die streitbefangenen fünfzehn Musikaufnahmen sind über den Internetanschluss des Beklagten unbefugt öffentlich zugänglich gemacht worden.
31aa) Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Audiodateien am 18.11.2007 um 19:51 Uhr im Internet unter der IP-Adresse 80.XXX.XX.199 verfügbar gemacht worden sind. Hierfür sprechen zunächst die von den Klägerinnen zur Akte gereichten Screenshots (Anlagekonvolut K1, Bl. 44 ff. GA), denen Angaben zu den in Rede stehenden Downloadangeboten zu entnehmen sind. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Zeuge von der G den von den Klägerinnen geschilderten und durch die Screenshots dokumentierten Ermittlungsvorgang glaubhaft bestätigt und weiter erläutert. Der Zeuge, der nicht mehr bei der Q N GmbH beschäftigt ist, hat nach Durchsicht der ihm von den Klägerinnen vor dem Termin am 16.01.2015 zur Verfügung gestellten Unterlagen zu den streitgegenständlichen Ermittlungen nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass unter seiner Aufsicht der als zuverlässig bekannten Ermittler N2 N3 die in der Klageschrift angegebenen Musikdateien eigenhändig ermittelt habe, indem sich dieser mit Hilfe des Programms „Bear-Share“ anhand bestimmter Musiktitel IP-Adressen von Anbietern habe anzeigen lassen, bei der streitgegenständlichen IP-Adresse dann zwei Titel der Künstlergruppe Reamonn („I need you“ und „Waiting there for you“) ausgewählt und heruntergeladen sowie schließlich nach Durchführung eines Hörvergleichs als mit der Originalaufnahme übereinstimmend festgestellt habe. Der Ermittler hat dabei nach den detaillierten Ausführungen des Zeugen Screenshots vom laufenden und beendeten Download sowie über das gesamte Musikdateiangebot angefertigt. Während des gesamten Vorgangs lief ein Paketfilterprogramm mit, das den Datenverkehr mit der IP-Adresse protokollierte. Weiterhin wurde ein sog. „TraceRoute“ durchgeführt, der den Weg des Datenverkehrs zur IP-Adresse aufzeichnet. Einen Ausdruck der entsprechenden Datei hat der Zeuge auf Nachfrage des Beklagten im Termin vorgelegt; der Ausdruck ist als Anlage 1 zum Protokoll vom 16.01.2015 genommen worden. Schließlich wurde nach der Aussage des Zeugen noch ein Screenshot der „Who is“ - Abfrage gefertigt um den Provider der IP-Adresse zu ermitteln.
32Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlungen wecken könnten, sind nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht aufgezeigt.
33Für die Richtigkeit der Ermittlungen und deren Nachweis sind nach der Aussage des Zeugen von der G vor allem die Aufzeichnungen des Paketfilterprogramms maßgeblich. Unrichtigkeiten sind dem Zeugen nicht aufgefallen. Dass der Zeuge von der G und kein anderer die Ermittlungen überwacht hat, ergibt sich aus der Systemlog-Datei. Einen Ausdruck dieser Datei hat der Zeuge im Termin vorgelegt; sie ist als Anlage 2 zum Protokoll vom 16.01.2015 genommen worden. Hinsichtlich des Inhalts dieser Datei bestehen keine Zweifel; auch dieser Beleg ist vom Zeugen erst auf Nachfrage des Beklagten spontan vorgelegt worden.
34Soweit der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass die ermittelten Systemuhrzeiten mit der Atomuhr abgeglichen waren, hat der Zeugen von der G ausgeführt, dass auf den Rechnern ein spezielles Programm zur Zeitsynchronisierung installiert gewesen sei. Ausweislich der Icons unten rechts in der Fußleiste der vorgelegten Screenshots war dieses Programm bei den konkreten Ermittlungen aktiv (s. Bl. 49 GA). Dass in der Anlage K1 das Ende des Downloads der beiden Titel der Gruppe Reamonn mit 20:17:00 Uhr angegeben ist, bedeutet nach Aussage des Zeugen, dass zu diesem Zeitpunkt der Download vollständig abgeschlossen war. Die Zeitpunkte auf den weiteren Screenshots, die das gesamte Dateiangebot festhalten, beziehen sich nach seinen Angaben jeweils auf den Zeitpunkt, zu dem der Ermittler den Druckbefehl gegeben hat. Der genaue Zeitpunkt für den Beginn des Downloads wird nach der Aussage des Zeugen von der G in der sog. Systemlog-Datei festgehalten, die mithilfe des Paketfilterprogramms generiert wird. Aus dem vom Zeugen vorgelegten Ausdruck dieser Datei ergibt sich der Zeitpunkt 19:51:51, außerdem das Datum 18.11.2007, die IP-Adresse 80.XXX.XX.199, die Anzahl der aufgefundenen Audiodateien (809) sowie der Download der Musiktitel „I need you“ und „Waiting there for you“. Soweit der Zeuge von der G die Durchführung des Hörvergleichs durch den Ermittler weder anhand der ihm vorliegenden Unterlagen noch aus eigener Erinnerung bestätigen konnte, bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, Herr N3 könnte von den allgemeinen Anweisungen und dem üblichen Vorgehen abgewichen sein.
35bb) Der Senat ist davon überzeugt, dass die IP-Adresse 80.XXX.XX.199 am 18.11.2007 um 19:51 Uhr dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen war. Dies folgt aus der elektronisch erteilten Auskunft des Providers, der Deutsche Telekom AG. Dass bei der Zuordnung der IP-Adresse zum Internetanschluss des Beklagten Fehler unterlaufen sein könnten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Anfragen der Staatsanwaltschaft bei der Deutschen Telekom AG seinerzeit grundsätzlich gewissenhaft und zuverlässig bearbeitet worden sind und die mit der Bearbeitung einer derartigen Anfrage befassten Personen in Anbetracht der ihnen bekannten strafprozessualen Konsequenzen für die Betroffenen bemüht waren, Fehlzuordnungen zu vermeiden.
36c) Steht – wie hier – fest, dass ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht worden ist, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, GRUR 2010, 633, Rn. 12 - Sommer unseres Lebens; BGH GRUR 2013, 511, Rn. 33 - Morpheus). Diese tatsächliche Vermutung ist nach Ansicht des Senats (s. bereits GRUR-RR 2012, 329, 330) erst dann nicht mehr begründet, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergeben, also die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat. Die einfache Behauptung dieser Möglichkeit genügt für die Entkräftung der tatsächlichen Vermutung nicht. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.01.2014 (GRUR 204, 657 ff., Rn. 15 – BearShare) ausgeführt hat, „eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers [sei] sei nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen den Anschluss benutzen konnten“, was „insbesondere dann der Fall [sei], wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung … bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen“ worden sei, lässt sich daraus nach Ansicht des Senats nicht ableiten, dass die Vermutung nur dann greift, wenn ausschließlich der Anschlussinhaber den Anschluss nutzt (so i.E. aber z.B. Falker, WRP 2014, 856; Neurauter, GRUR 2014, 660, 661; Zimmermann, MMR 2014, 368, 370). Der Bundesgerichtshof hat nämlich in der „Bear-Share“-Entscheidung ausdrücklich auf seine Ausführungen in der „Morpheus“-Entscheidung GRUR 2913, 511, Rn. 33 f. Bezug genommen, wo es heißt:
37„Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist …
38Diese tatsächliche Vermutung ist im Streitfall jedoch entkräftet, da nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat.“
39Der Senat sieht daher im Gesamtkontext der Ausführungen des Bundesgerichtshofs durch die „BearShare“-Entscheidung keine inhaltliche Einschränkung der Art, dass nunmehr bei Familienansschlüssen generell keine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers mehr besteht, auch wenn nicht verkannt wird, dass der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen „Sommer unseres Lebens“, „Morpheus“ und „BearShare“ dazu tendiert, den Anschlussinhabern Erleichterungen bei der Verteidigung gegen Inanspruchnahmen wegen Urheberrechtsverletzungen zu verschaffen.
40Die gegen ihn sprechende Vermutung der Täterschaft hat der Beklagte nicht wiederlegt. Er hat nicht die ernsthafte Möglichkeit aufgezeigt, dass die Rechtsverletzung ohne sein Wissen erfolgt ist. Soweit der Beklagte in erster Instanz vorgetragen hatte, die Internetnutzung sei über zwei im Haushalt befindliche Computer allen Familienmitgliedern möglich gewesen (Bl. 166 f., 168 GA), steht aufgrund der Aussage der Zeugin T2 fest, dass die Familie im streitgegenständlichen Zeitraum zwar über zwei Rechner verfügte, von denen einer in den Zimmern der Kinder stand und der andere im Wohnzimmer, dass jedoch nur der Rechner im Wohnzimmer an das Internet angeschlossen war. Dies entspricht auch der letzten Darstellung des Beklagten in zweiter Instanz.
41Der Internetrechner wurde von der ganzen Familie genutzt, eigene Benutzerkonten gab es nicht. Die Internetnutzung der Kinder war damals zeitlich auf jeweils eine halbe Stunde pro Tag begrenzt, das Zeitlimit wurde eingehalten. Die Zeugin T2 hatte die Kinder bei der Internetnutzung regelmäßig im Blick. Nach ihrer Aussage im Beweisaufnahmetermin vor dem Senat schaute sie beim Vorbeigehen immer mal wieder nach, was die Kinder gerade am Rechner machten, und sie ließ sich dies dann manchmal auch erklären.
42Wie es ausgehend von dieser Sachlage geschehen konnte, dass der Familienrechner hinter seinem Rücken für illegales Filesharing genutzt wurde, hat der Beklagte nicht plausibel dargelegt. Soweit er zunächst vorgetragen hat, sowohl seine Ehefrau als auch seine beiden Kinder hätten damals selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt und kämen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Zeugin T2 als Täterin ausscheidet. Die Richtigkeit ihre Aussage in erster Instanz, im November / Dezember 2007 noch keine Kenntnis von Internettauschbörsen gehabt zu haben, wurde und wird von keiner der Parteien in Zweifel gezogen. Der Senat ist nach erneuter Anhörung der Zeugin T2 ebenfalls davon überzeugt, dass diese kein Filesharing betrieben hat. Auf der Grundlage der Aussagen der Zeugin T2 hatten die Kinder keinen so selbständigen Zugang zum Internet, dass sie ernsthaft als Alleintäter des streitgegenständlichen Downloadangebotes mit 809 Titeln in Betracht kommen. Außerdem hat der Beklagte keine nachvollziehbare Erklärung dafür abgegeben, wie es den Kindern überhaupt hätte gelingen können, von ihm nicht entdeckt zu werden. Zu seiner eigenen konkreten Internetnutzung hat der Beklagte nichts vorgetragen. Er hat auch nicht vorgetragen, dass 2007 / 2008 auf dem mit dem Internet verbundenen Rechner keine Filesharing-Software installiert gewesen war und/oder dass die streitgegenständlichen geschützten Dateien nicht auf dem Rechner vorhanden gewesen waren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.01.2015 hat er vielmehr angegeben, nach der Abmahnung durch die Klägerinnen den Rechner nicht untersucht zu haben, weil für ihn von Anfang an klar gewesen sei, dass niemand aus seiner Familie hier als Täter in Betracht komme. Dies steht indes nicht in Einklang mit seinem Antwortschreiben vom 16.05.2008 auf die Abmahnung vom 08.05.2008, in dem mitgeteilt wurde, dass der Beklagte sämtliche auf seinen Anschluss bestehenden Internetverbindungen getrennt habe, um die Sache zu prüfen. Warum bei nur einem an das Internet angeschlossenen Rechner mehrere Verbindungen getrennt werden mussten, bleibt ebenso unklar wie die Frage, warum der Beklagte die angekündigte Prüfung nicht vorgenommen hat. War dem Beklagten aber bekannt, dass sein Rechner und sein Anschluss für illegales Filesharing genutzt wurden, und ist er gegen diese Nutzung nicht eingeschritten, so haftet er für sie als Mittäter.
43Ist – wie hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und letztlich auch der eigenen Darstellung des Klägers im Termin am 16.01.2015 – nicht feststellbar, dass ein Dritter selbständigen Zugang zu dem Internet des Anschlussinhabers hatte und danach allein verantwortlich für die Rechtsverletzung sein kann, bleibt es bei der tatsächlichen Vermutung, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt.
44d) Bei den mithin dem Beklagten anzulastenden Rechtsverletzungen handelte dieser auch schuldhaft. Entschuldigungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem Beklagten war nach seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 14.02.2013 die Thematik „Haftung bei illegalem Filesharing“ bekannt.
45e) Der Höhe nach haftet der Beklagte den Klägerinnen zu 2., 3. und 4. auf Ersatz des gesamten von ihnen geltend gemachten Schadens. Die Klägerinnen können nach der von ihnen gewählten Berechnungsmethode der Lizenzanalogie (vgl. § 97 Abs. 2 UrhG und zur Rechtslage vor der Urheberrechtsnovelle 2008 nur BGH, GRUR 1980, 227, 232 – Monumenta Germaniae Historica) einen nach § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzenden Betrag von 200,00 € für jeden der insgesamt fünfzehn von ihnen in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel verlangen. Der Ansatz eines fiktiven Lizenzentgelts von 200,00 EUR, der sich an verkehrsüblichen Entgeltsätzen auch für legale Downloadangebote im Internet orientiert und auf der Basis senatsbekannter Rahmenvereinbarungen der Tonträger-Branche von einem Betrag von 0,50 EUR pro Abruf sowie von mindestens 400 möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer ausgeht, erachtet der Senat in ständiger Rechtsprechung bei Musikaufnahmen der streitbefangenen Art regelmäßig als angemessen (Senat, GRUR-RR 2014, 281 Rn. 30; MMR 2012, 387, 390 f.; Urteile vom 05.08.2013 - 6 U 10/13; vom 18.10.2013 - 6 U 93/13; vom 06.12.2013 - 6 U 96/13; vom 20.12.2013 – 6 U 205/12; vom 14.03.2014 – 6 U 201/12; im Ergebnis ebenso OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 - 5 U 222/10).
46Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die im Streitfall zu einem niedrigeren Ansatz führen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Ob die zuerkannten Schadensersatzbeträge auch angemessen wären, falls die Klägerinnen zu 2. bis 4. sich nicht auf die Geltendmachung fiktiver Lizenzvergütungen für eine vergleichsweise geringe Zahl von Musikdateien beschränkt hätten, kann dahinstehen.
472. Die Klägerinnen zu 1. bis 4. haben einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 1.200,40 €. Der Anspruch folgt aus § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.. § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG in der mit Wirkung zum 09.10.2013 geänderten Fassung ist vorliegend nicht anwendbar, weil es für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (s. BGH, GRUR 2014, 657, Rn. 11 – BearShare).
48Für die inhaltlich hinreichend bestimmte Abmahnung vom 08.05.2008 sind den Klägerinnen ersatzfähige Aufwendungen, auf der Basis des RVG in der bis August 2013 geltenden Fassung entstanden. Diese Kosten fallen, soweit sie berechtigt waren, dem Beklagten zur Last.
49a) Die Abmahnung der Klägerinnen bringt zum Ausdruck, welches konkrete tatsächliche Verhalten Anlass der Beanstandung war. Die Klägerinnen haben darlegt, weshalb sie sich für berechtigt halten, den beanstandeten Verstoß zu verfolgen. Dass die Klägerinnen in der Abmahnung offen gelassen haben, an welchen der aufgelisteten Titel welche Klägerin Rechte innehabe, ist ohne Belang. Ob es grundsätzlich einer solchen Konkretisierung bedarf, um dem Abgemahnten vor Augen zu führen, welche Verletzungshandlungen ihm angelastet werden und welches Verhalten er künftig zu unterlassen hat, kann dahin gestellt bleiben. Sieht nämlich wie hier ein anwaltlich beratener Anschlussinhaber sich auf Grund der Abmahnung in der Lage, eine die Beanstandung ausräumende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, spricht dies für eine hinreichende Spezifizierung der Abmahnung, und die Abmahnung dient unter Berücksichtigung von Treu und Glauben dann auch dem objektiven Interesse und mutmaßlichen Willen des Schuldners, eine kostenintensivere gerichtliche Auseinandersetzung über die von den Anspruchstellern geltend gemachte Unterlassungsansprüche zu vermeiden (vgl. Senat, WRP 2012, 1007; Urteile vom 05.08.2013 – 6 U 10/13; vom 06.12.2013 – 6 U 96/13; vom 20.12.2013 – 6 U 205/12; enger OLG Düsseldorf, MMR 2012, 253 in einem Prozesskostenhilfeverfahren).
50Die Wirksamkeit der Abmahnung wird auch nicht dadurch berührt, dass der Beklagte eine Bevollmächtigung des Rechtsanwalts der Klägerinnen zur Abmahnung bestritten hat. Der Nachweis einer Vollmacht ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Abmahnung (BGH GRUR 2012, 1120, Rn. 15 – Vollmachtsnachweis), und ein etwaiges vollmachtloses Vorgehen haben die Klägerinnen jedenfalls nachfolgend dadurch genehmigt, dass sie die vorliegende Klage auf Erstattung von Abmahnkosten erhoben haben.
51b) Die Abmahnung war im Kern sachlich berechtigt. Wie sich aus den o.a. Erwägungen zu den Schadensersatzbegehren und der durch die Rechtsverletzungen indizierten Wiederholungsgefahr ergibt, standen den Klägerinnen jedenfalls für einen Teil der in der Abmahnung erwähnten Audiodateien die von ihnen geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung zu. Dabei erstreckte sich ihr jeweiliger Unterlassungsanspruch nicht nur auf die am Abend des 18.11.2007 zum Download angebotenen Dateien, sondern auch auf kerngleiche Verstöße durch Verfügbarmachung weiterer zu ihren Gunsten geschützter Musiktitel (vgl. für Lichtbilder BGH, GRUR 2013, 1235, Rn. 17 ff. – Restwertbörse II).
52c) Berechtigt war die Abmahnung jedoch nicht in vollem Umfang, sondern nur zum Teil. Dies führt der Höhe nach zu einer Reduzierung des von den Klägerinnen geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs. Die Klägerinnen haben in der Abmahnung bezüglich der dort angeführten 809 Musiktitel eigene Rechte suggeriert, ohne - wie im vorliegenden Prozess - darauf hinzuweisen, dass rund 20 % des vorgefundenen Gesamtangebots nicht ihrem Repertoire zuzuordnen ist. Im Prozess selbst haben sie bei bestrittener Aktivlegitimation für 108 Musiktitel ihre Rechte näher konkretisiert. Soweit sich aus den Auszügen der „Q2“-Datenbank möglicherweise noch weitere Titel ergeben könnten, die den Screenshots zum Download-Angebot zugeordnet werden könnten, fehlt es an einem substantiierten Parteivortrag.
53Der Umfang der vor Gericht schlüssig dargelegten Rechtsverletzungen des Beklagten zum Nachteil der Klägerinnen bleibt damit deutlich hinter der Zahl der in der Abmahnung behaupteten Rechtsverletzungen zurück. Der Gegenstandswert des berechtigten Teils der Abmahnung ist folglich nicht mit 200.000,00 €, sondern auch unter Würdigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerinnen an der Unterbindung künftiger kerngleicher Rechtsverletzungen mit 100.000,00 € zu bemessen. Die erstattungsfähigen Abmahnkosten sind sodann entsprechend dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils zu dem von den Klägerinnen angegebenen Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (vgl. BGH, GRUR 2010, 744, Rn. 52 – Sondernewsletter; GRUR 2012, 949, Rn. 49 – Missbräuchliche Vertragsstrafe). Von der 1,3-Geschäftsgebühr aus 200.000,00 € in Höhe von 2.360,80 € entfällt demnach nur ein Teilbetrag von 50 % = 1.180,40 € € auf den berechtigten Teil der Abmahnung, woraus sich zuzüglich der pauschalen Kommunikationsauslagen von 20,00 € ein Betrag von 1.200,40 € errechnet, der den Klägerinnen zu gleichen Teilen zusteht.
54Ob die Klägerinnen die Rechtsanwaltskosten bereits beglichen haben, kann dahinstehen. Da der Beklagte die Erstattung der Abmahnkosten endgültig und ernsthaft verweigert, hat sich der aus § 257 BGB folgende Freistellungsanspruch der Klägerinnen entsprechend § 250 Satz 2 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.
553. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Rechtshängigkeit ist mit Eingang der Akten beim Empfangsgericht begründet worden (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 696 Rn. 5). Eine rückbezogene Rechtshängigkeit gemäß § 696 Abs. 3 ZPO liegt nicht vor. Die Sache ist nicht „alsbald“ in das Streitverfahren abgegeben worden. Nach Erlass des Mahnbescheides vom 20.03.2012 und Einlegung des Widerspruchs am 29.03.2012 haben die Klägerinnen den weiteren Kostenvorschuss am 11.10.2012 eingezahlt, so dass die Akte erst am 17.10.2012 an das Landgericht weitergeleitet worden und dort am 25.10.2012 eingegangen ist.
564. Die Ansprüche der Klägerinnen auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten sind nicht verjährt. Der dreijährige Verjährungsfrist, § 195 BGB, § 102 Satz 1 UrhG a.F., begann nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Ende des Jahres 2008. Die Rechtsverletzung war zwar bereits am 18.11.2007 eingetreten, die Klägerinnen haben jedoch erst durch die Nachricht der Staatsanwaltschaft Kleve vom 25.03.2008 Kenntnis von der Person des Beklagten erhalten. Grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der Providerauskunft der Deutschen Telekom AG ist den Klägerinnen nicht vorzuwerfen. Die Klägerinnen hatten bereits mit der Strafanzeige vom 19.11.2007 für den Fall einer Durchsuchung oder Vernehmung des Verdächtigen Antrag auf Akteneinsicht und ansonsten die Übersendung einer Abschrift der Providerauskunft beantragt.
57Die danach eigentlich am 31.12.2011 eintretende Verjährung ist durch die Einleitung des Mahnverfahrens am 23.12.2011 gehemmt worden. Dass eine „alsbaldige“ Abgabe der Streitsache i.S.d. § 696 Abs. 3 ZPO unterblieben ist, berührt die Hemmung nicht (s. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 204 Rn. 18).
58Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wird die Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren gehemmt. Der Mahnbescheid wurde am 23.12.2011 beantragt, am 20.03.2012 erlassen und am 27.03.2012 zugestellt. Nach § 167 ZPO wirkt die Zustellung auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung zurück, sofern sie demnächst erfolgt. Dabei ist die Dauer der Verzögerung gleichgültig, wenn sie nicht vom Antragsteller zu vertreten ist (s. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 204 Rn. 18, 7). Dass die Verzögerung von den Klägerinnen zu vertreten ist, ist nicht feststellbar. Aus ihrem Antwortschreiben vom 19.01.2012 auf eine tags zuvor erhaltene Beanstandung des Mahngerichts vom 11.01.2012 ergibt sich, dass sie lediglich die ihren Anträgen zugrunde liegenden Sachzusammenhänge verdeutlicht haben.
59Die durch den Mahnantrag ausgelöste Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung der Parteien, hier mit dem Widerspruch des Beklagten vom 29.03.2012, der den Klägerinnen unter dem 17.04.2012 mitgeteilt worden ist. Entscheidend für den Beginn der Frist des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der letzten Verfahrenshandlung, d.h. hier des Eingangs des Widerspruchs beim Amtsgericht am 29.03.2012. Die 6-Monatsfrist lief mithin am 29.09.2012 ab. Zuzüglich der noch verbliebenen acht Tage zwischen dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides vom 23.12.2011 und dem Ende der eigentlichen Verjährungsfrist am 31.12.2011 errechnet sich als Fristende zunächst der 07.10.2012. Erst zwei Tage später, am 09.10.2012, ging der – nach § 204 Abs. 2 S. 3 BGB die Hemmung erneut auslösende – Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens bei Gericht ein. Diese Differenz von zwei Tagen wird allerdings durch eine zuvor eingetretene weitere Hemmung von mindestens 14 Tagen ausgeglichen. Nach § 203 Satz 1 BGB ist die Verjährung nämlich auch gehemmt, solange zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Für eine Verhandlung im Sinne dieser Vorschrift genügt jeder Meinungsaustausch über die Angelegenheit zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben deshalb bereits dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die die Gegenseite berechtigterweise annehmen lassen, er werde sich auf eine Erörterung über die Berechtigung des Anspruchs einlassen. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (s. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 203 Rn. 2 m.w.N.). Hier hat der Beklagte auf die Abmahnung der Klägerinnen vom 08.05.2008 hin mit Anwaltsschriftsatz vom 16.05.2008 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, jedoch den geforderten Pauschalbetrag von 6.000,00 € nicht gezahlt, sondern eine wirksame Bevollmächtigung angezweifelt und angekündigt, er werde nach Vorlage der Vollmachtsurkunde innerhalb von zwei Wochen auf das „restliche Vorbringen“ erwidern. Der Beklagte hatte sich daher aus Sicht der Klägerinnen jedenfalls für einen Zeitraum von zwei Wochen nach dem 16.05.2008 zu Verhandlungen über die in der Abmahnung geltend gemachten und durch die Unterlassungserklärung noch nicht befriedigten Ansprüche bereit erklärt.
60III.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
62Der Senat hat die Revision wegen der mit der Sache aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen und im Interesse der Rechtsvereinheitlichung durch Entwicklung höchstrichterlicher Leitlinien zugelassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Insbesondere die Fragen zur Reichweite der gegen den Inhaber eines Internetanschlusses sprechenden tatsächlichen Vermutung in den Fällen, in denen Familienangehörige den Anschluss mit nutzten, ist in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle zu beurteilen.
63Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Feb. 2015 - 6 U 209/13
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Feb. 2015 - 6 U 209/13
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Feb. 2015 - 6 U 209/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
(1) Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht durch Vertrag übernimmt.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden.
(2) Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.
(3) Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen. Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt. § 35 bleibt unberührt.
(4) (weggefallen)
(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.
(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere
(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere
- 1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19), - 2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a), - 3.
das Senderecht (§ 20), - 4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21), - 5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).
(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.
Ausübender Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer ein Werk oder eine Ausdrucksform der Volkskunst aufführt, singt, spielt oder auf eine andere Weise darbietet oder an einer solchen Darbietung künstlerisch mitwirkt.
(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung
- 1.
öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a), - 2.
zu senden, es sei denn, dass die Darbietung erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen worden ist, die erschienen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemacht worden sind, - 3.
außerhalb des Raumes, in dem sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.
(2) Dem ausübenden Künstler ist eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn
- 1.
die Darbietung nach Absatz 1 Nr. 2 erlaubterweise gesendet, - 2.
die Darbietung mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar gemacht oder - 3.
die Sendung oder die auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhende Wiedergabe der Darbietung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.
(3) Auf Vergütungsansprüche nach Absatz 2 kann der ausübende Künstler im Voraus nicht verzichten. Sie können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.
(4) § 20b gilt entsprechend.
(1) Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Ist der Tonträger in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. Das Recht entsteht nicht durch Vervielfältigung eines Tonträgers.
(2) Das Recht ist übertragbar. Der Tonträgerhersteller kann einem anderen das Recht einräumen, den Tonträger auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. § 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.
(3) Das Recht erlischt 70 Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers. Ist der Tonträger innerhalb von 50 Jahren nach der Herstellung nicht erschienen, aber erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 70 Jahre nach dieser. Ist der Tonträger innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 50 Jahre nach der Herstellung des Tonträgers. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.
(4) § 10 Absatz 1 und die §§ 23 und 27 Absatz 2 und 3 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 gelten entsprechend.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 02.05.2013 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln (14 O 348/12) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin gibt an, Produzentin und Inhaberin ausschließlicher Verwertungsrechte an der Anfang 2010 in deutschen Kinos angelaufenen Synchronfassung des Spielfilms „U“ zu sein; eine funktionsfähige (illegale) Kopie des Films sei im September 2010 über ein Filesharing-Netzwerk mehrfach von einem unter wechselnden IP-Adressen ansteuerbaren Internet-Anschluss aus öffentlich zugänglich gemacht worden, als dessen Inhaber der Provider nach richterlicher Gestattung den Beklagten benannt hat. Auf ihren Antrag hat das Landgericht den Beklagten, der sich nach Klageerhebung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zur Unterlassung der beanstandeten Wiedergabe des Werks bereit erklärt hat, zum Schadens- und Abmahnkostenersatz in Höhe von insgesamt 1.393,80 € verurteilt. Mit seiner Berufung gegen dieses Urteil, auf das verwiesen wird, rügt der Beklagte die Feststellungen des Landgerichts zu Grund und Höhe der zuerkannten Ansprüche als fehlerhaft.
4II.
5Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
6Zu Recht und mit überzeugenden Erwägungen, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt, hat das Landgericht auf der Grundlage der vom Beklagten zugestandenen und selbst dargelegten Umstände die von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachten Zahlungsansprüche aus §§ 97 Abs. 1 und 2, 94, 19a UrhG als begründet angesehen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
71. Soweit der Beklagte mit der Berufung nach Rücknahme seines in erster Instanz angebrachten Befangenheitsgesuchs Zweifel an der Neutralität, Objektivität und Unabhängigkeit der das angefochtene Urteil tragenden Richter geäußert hat, ist dies für die Bewertung der schriftlich abgefassten Urteilsgründe durch den Senat ohne rechtliche Bedeutung. Zudem zeigt seine eigene Schilderung des Verhandlungstermins vor dem Landgericht – erst recht unter Berücksichtigung der klärenden Darstellung des Klägervertreters in der Berufungserwiderung – auch keine Verfahrensfehler oder Verhaltensweisen der mitwirkenden Richter auf, die von seinem Standpunkt aus objektiv und vernünftig betrachtet die Besorgnis rechtfertigen könnten, diese seien parteilich und nicht in gebotener Weise bereit gewesen, sein Verteidigungsvorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
82. Zutreffend hat das Landgericht in Bezug auf die deutsche Fassung des Filmwerks „U“ die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Für ihr ausschließliches Verwertungsrecht spricht die Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG, die auf Filmhersteller nach der Neufassung des § 94 Abs. 4 UrhG im Jahr 2008 (in Umsetzung von Art. 5 lit. b der Durchsetzungs-Richtlinie 2004/48/EG) entsprechend anzuwenden ist (vgl. Wandtke / Bullinger / Thum, UrhR, 3. A., § 10 Rn. 49; Dreier / Schulze, UrhG, 4. A., § 10 Rn. 4; § 94 Rn. 62a). Die Vermutung bezieht sich auf die dem Produzenten – auch dem Synchronproduzenten (vgl. Dreier / Schulze, a.a.O., § 94 Rn. 15; Fromm / J.B. Nordemann, UrhR, 10. A., § 94 Rn. 30) – auf Grund seiner wirtschaftlichen und organisatorischen Leistung gewährte orginäre Rechtsstellung, greift daher unabhängig von abgeleiteten Rechten der Filmurheber und anderer Leistungsschutzberechtigter (für deren Zuordnung die eingeschränkte Vermutung des § 10 Abs. 3 UrhG gilt) ein.
9Die Klägerin ist mit branchenüblichem Vermerk auf der DVD-Version der deutschen Synchronfassung des Spielfilms („Film © Tobis. Alle Rechte vorbehalten“) als Filmherstellerin bezeichnet (vgl. Dreier / Schulze, a.a.O., § 10 Rn. 44; Fromm / A. Nordemann, a.a.O., § 10 Rn. 13). Zur Widerlegung der Vermutung genügt nicht, dass der Beklagte die Echtheit der für die (zusätzliche) Einräumung abgeleiteter Rechte sprechenden Vertragsurkunden (Anlagen K 21 und 22) bestreitet. Soweit er den Synchronvertrag (K 22) trotz bestrittener Echtheit gerade umgekehrt auch als Beleg dafür ansehen will, dass die Klägerin gar nicht Synchronproduzentin des Films sei, verkennt er, dass das unternehmerische Risiko der Herstellung und Auswertung der deutschen Synchronfassung nach dem Vertragsinhalt bei der Klägerin lag und sie sich der Auftragnehmerin lediglich als eines ausführenden Organs bediente (vgl. Dreier / Schulze, a.a.O., § 94 Rn. 9; Fromm / J.B. Nordemann, a.a.O., § 94 Rn. 25).
103. Die Feststellung des Landgerichts, dass eine funktionsfähige Kopie des Filmwerks zwischen dem 03.09.2010, 13:04 Uhr, und 07.09.2010, 22:09 Uhr, zu mindestens fünf Zeitpunkten unter drei verschiedenen IP-Adressen über den Internetanschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurde, beanstandet dieser zu Unrecht.
11Welchen vorgetragenen Sachverhalt es als wahr oder nicht wahr erachtet, hat das Gericht auch ohne förmliche Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nach freier Überzeugung zu entscheiden (§ 286 ZPO). Ermittlungsvorgängen, die im Einzelnen schriftlich oder bildlich dokumentiert wurden, kommt dabei eine nicht unbeträchtliche Indizwirkung zu. Solche Berichte sind nicht allein deshalb, weil sie von einer Prozesspartei vorgelegt werden, als manipuliert und fehlerhaft anzusehen. Erklärt sich der Gegner dazu nur mit Nichtwissen, handelt es sich bei Dokumentationen der hier vorliegenden Art auch nicht – wie der Beklagte meint – lediglich um einen nichtssagenden „Haufen Papier“. Das Gericht kann und muss vielmehr frei würdigen, ob es die dokumentierten Ergebnisse für zutreffend oder zweifelhaft hält und muss nicht in jedem Einzelfall – ohne vom Gegner angeführten stichhaltigen Grund – ergänzende Beweise (insbesondere die Benennung von Zeugen) verlangen oder Sachverständige beauftragen.
12Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht bei seinen sorgfältig begründeten Feststellungen erhebliche Umstände übersehen oder fehlerhaft gewürdigt haben könnte, hat der Beklagte nicht aufgezeigt, so dass diese auch der Entscheidung des Senats zu Grunde zu legen sind (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Da die Klägerin im Berufungsrechtszug plausibel und unwidersprochen erläutert hat, dass das in Filesharing-Netzwerken der streitbefangenen Art erzeugte teilnehmerbezogene Identifikationsmerkmal („GUID“) sie bereits vor der Auskunft des Providers in die Lage versetzte, mehrere dynamische IP-Adressen und Zeitangaben einem einzigen Anschlussinhaber zuzuordnen, hätte das Landgericht bei seiner Würdigung sogar zusätzlich das von der Klägerin vorgetragene Ermittlungsergebnis berücksichtigen können, wonach derselbe Anschlussinhaber auch schon am 02.09.2010 unter zwei weiteren IP-Adressen an der in Rede stehenden Tauschbörse teilgenommen hatte (Anlage K 4).
13Inhaber dieses Anschlusses war nach Auskunft des Providers der Beklagte. Eine Fehlzuordnung liegt außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, nachdem der Provider auf Grund voneinander unabhängiger Abfragen für jede der verschiedenen IP-Adressen des per „GUID“ identifizierten Tauschbörsenteilnehmers diesen Anschluss benannt hat. Das in der Antwort auf die Abmahnung vom 25.11.2010 (Anlage K 10) und im späteren Rechtsstreit (auch in der Berufungsverhandlung) nicht näher konkretisierte Vorbringen des Beklagten, die Festplatte seines Personalcomputers sei seiner Erinnerung nach möglicherweise auch zu der fraglichen Zeit defekt gewesen und er habe den Computer zeitweise ausgeschaltet gehabt, steht aus den bereits vom Landgericht behandelten Gründen nicht entscheidend der Richtigkeit der dokumentierten Ermittlungen seines Internetanschlusses als Quelle der streitbefangenen Rechtsverletzungen entgegen.
144. Wie vom Landgericht ferner zu Recht angenommen, hat der Beklagte die nach alledem für seine Täterschaft sprechende tatsächliche Vermutung (BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WRP 2010, 912 [Rn. 12] – Sommer unseres Lebens; GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 – Morpheus [Rn. 33]) nicht erschüttert. Dies wäre erst der Fall gewesen und es wäre dann wieder Sache der Klägerin gewesen, die für eine Haftung des Anschlussinhabers sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen, wenn die ernsthafte Möglichkeit bestanden hätte, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt habe (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 – Morpheus [Rn. 32, 34 f.]). Nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten war das nicht der Fall: Das Landgericht hat im Tatbestand seines Urteils unangegriffen festgestellt (§ 314 ZPO), dass der Internetanschluss des Beklagten im fraglichen Zeitraum weder von seiner Ehefrau noch von seinem volljährigen Sohn zu unerlaubtem Filesharing genutzt wurde. Ein Angriff von außen auf das vom Beklagten nach seinem Vorbringen trotz ständigen Betriebes nicht genutzte, bestmöglich verschlüsselte drahtlose lokale Netzwerk (WLAN) liegt fern.
15Die weiteren Einwendungen des Beklagten hat das Landgericht, dessen sorgfältigen Erwägungen sich der Senat anschließt, zu Recht als unerheblich erachtet. Insbesondere seine Darlegung, dass er im fraglichen Zeitraum nicht zu Hause gewesen sein, sondern am 03.09.2010 auf seiner Segelyacht im Sporthafen der Stadt I aufgehalten und vom 06.09. bis 10.09.2010 als Kapitän Dienst auf einem Fährschiff zwischen Q und S versehen habe, schließt seine täterschaftliche (Mit-) Verantwortung für die über seinen Internetanschluss erfolgten Rechtsverletzungen nicht aus, da es für das öffentliche Zugänglichmachen geschützter Dateien über eine Internet-Tauschbörse keiner persönlichen Anwesenheit am Standort eines mit dem Internet verbundenen Computers bedarf; insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte – wie er in der Berufungsbegründung mit Rücksicht auf diesbezügliche Hinweise im angefochtenen Urteil erstmals vorgetragen hat – nur über einen einzigen stationären Arbeitsplatzrechner und keine mobilen internetfähigen Geräte verfügte.
165. Die Höhe des im Wege der Lizenzanalogie berechneten Schadensersatzes hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend und beanstandungsfrei auf jedenfalls 638,00 €, wie von der Klägerin geltend gemacht, geschätzt (§ 287 ZPO). Dem in zweiter Instanz ergänzten Vorbringen der Klägerin, dass der in Deutschland erst wenige Monate zuvor erschienene streitgegenständliche Film zu ihren „Topsellern“ gehörte, dessen legales Downloadangebot ihr bisher beachtliche Umsätze verschafft habe, ist der Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dagegen, eine fiktive Lizenzgebühr von 638,00 € für das (illegale) weltweite Zugänglichmachen des Films als angemessen anzusehen.
176. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht der Klägerin auch die begehrten Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € aus einem Gegenstandswert von 15.000 € zugesprochen. Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe gehen fehl: Geltend gemacht worden ist ein in die Zukunft wirkender Unterlassungsanspruch wegen unbefugter öffentlicher Wiedergabe eines kompletten Kinofilms, wofür der Senat in gefestiger Rechtsprechung bisher vergleichbare Werte angenommen hat. Eine Streitwertbegrenzung nach § 97a UrhG in seiner bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung fndet in derartigen Fällen, die aus der maßgeblichen Sicht des Verletzten ein erheblich höheres Gewicht haben als das Veröffentlichen eines einzigen Lichtbildes in einem kurzfristig im Internet abrufbaren Verkaufsangebot, nicht statt; zu einer Anwendung der am 09.10.2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 97a UrhG auf Verletzungshandlungen und Abmahnungen im Jahr 2010 besteht kein Anlass (vgl. Senat, Beschl. v.13.09.2013 – 6 W 152/13 = 14 O 99/13 LG Köln), so dass es auf Einzelheiten dieser Neuregelung nicht ankommt.
18Die erstmals im Berufungsvorbringen unter Hinweis auf das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 24.05.2013 – 36 C 197/12 – aufgestellte, vom Klägervertreter in der Berufungsverhandlung bestrittene Behauptung, dass die Bevollmächtigten der Klägerin gegenüber dieser nicht nach dem RVG abrechnen und deshalb den entsprechenden Betrag auch nicht mit der Klage vom Beklagten verlangen könnten, ist zum einen schon prozessual unbeachtlich (§ 531 Abs. 2 ZPO) und zum anderen auch unerheblich, weil für einen dem Fall des Amtsgerichts Hamburg entsprechenden Sachverhalt keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen worden sind (vgl. zum Problemkreis im Übrigen auch Senat, Urt. v. 17.08.2012 – 6 U 208/10).
19III.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht kein Anlass, in dieser die tatrichterliche Beurteilung eines Einzelfalls betreffenden Sache gemäß § 543 ZPO die Revision zuzulassen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 348/12 – vom 02.05.2013 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerinnen zu gleichen Teilen 952,32 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
2. an die Klägerin zu 1. weitere 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
3. an die Klägerin zu 2. weitere 1.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
4. an die Klägerin zu 3. weitere 800,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
5. an die Klägerin zu 4. weitere 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen haben von den Kosten des Verfahrens erster Instanz 1/4 und von den Kosten des Berufungsverfahrens 1/9 zu tragen; die übrigen Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit es nicht abgeändert worden ist, sind vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerinnen verfügen als Tonträgerhersteller über ausschließliche Verwertungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Nach Recherchen der Q GmbH wurden am 17.12.2007 um 20:12:46 Uhr (MESZ) insgesamt 407 Audio-Dateien, darunter 100 im Rechtsstreit näher bezeichnete Dateien aus dem Repertoire der Klägerinnen, unter der IP-Adresse 80.xxx.120.xxx in einer sogenannten Internet-Tauschbörse zum Download verfügbar gemacht. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Heilbronn erhielt am 28.12.2007 die Providerauskunft, dass diese IP-Adresse dem Internetanschluss der Beklagten zugeordnet war. Den Anschluss, der mit einem verkehrsüblich verschlüsselten WLAN verbunden war, nutzten die alleinerziehende Beklagte, ihr 16jähriger Sohn N und ihre 14jährige Tochter N2. Diese erschien nach telefonischer Kontaktaufnahme am 26.02.2008 zusammen mit der Beklagten bei der Polizei in M und erklärte nach Belehrung als Beschuldigte, dass sie die Tat begangen habe, ohne sich der Rechtswidrigkeit ihres Tuns bewusst gewesen zu sein.
4Nach anwaltlicher Abmahnung vom 12.03.2008 und Abgabe einer Unterlassungserklärung durch die Beklagte haben die Klägerinnen diese Ende 2011 auf Schadensersatz von insgesamt 3.000,00 € und Abmahnkostenersatz in Höhe von 2.380,80 € aus einem Gegenstandswert von 200.000,00 € gerichtlich in Anspruch genommen. Das Landgericht, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von insgesamt 4.580,00 € (3.000,00 € Schadensersatz und 1.580,00 € Abmahnkostenersatz) nebst Zinsen verurteilt.
5Mit ihrer auf vollständige Klageabweisung gerichteten Berufung beanstandet die Beklagte Verfahrens- und Rechtsanwendungsfehler des Landgerichts; insbesondere habe das polizeiliche Geständnis ihrer Tochter der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt und das Angebot ihrer eigenen Parteivernehmung zur behaupteten Belehrung ihrer Kinder über illegale Internettauschbörsen nicht übergangen werden dürfen. Ihre Verurteilung laufe in der Sache auf Sippenhaft ohne konkreten Tat- und Schuldnachweis hinaus. Der zuerkannte Lizenzschadensersatz sei in keiner Weise nachvollziehbar und der Abmahnkostenersatz nach Grund und Höhe unberechtigt. Außerdem wiederholt sie die Einrede der Verjährung.
6Die Klägerinnen verteidigen das angefochtene Urteil.
7II.
8Die zulässige Berufung hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden, durch das Berufungsvorbringen nicht entkräfteten Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass die Beklagte ihrer Aufsichtspflicht für ihre Tochter N2 nicht genügt habe und deshalb für die Schäden hafte (§ 832 Abs. 1 BGB), die den aktivlegitimierten Klägerinnen von dieser durch unbefugtes öffentliches Zugänglichmachen ihrer Musikaufnahmen (§§ 97, 85, 19a UrhG) zugefügt wurden. Zu korrigieren ist lediglich die Höhe des vom Landgericht als berechtigt angesehenen Abmahnkostenersatzes.
91. Die gegen die Haftung der Beklagten dem Grunde nach gerichteten Verfahrensrügen der Berufung (§§ 520 Abs. 3, 529 Abs. 2 ZPO) bleiben ohne Erfolg. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründen und eine erneute Beweisaufnahme vor dem Senat gebieten könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), zeigt die Berufung nicht auf.
10a) Mit fehlerfreien Ausführungen, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt, hat das Landgericht die Begehung der in Rede stehenden Rechtsverletzung durch N2 als erwiesen angesehen (§ 286 ZPO).
11aa) Soweit in den Urteilsgründen an einer Stelle davon die Rede ist, dass nach dem Sachvortrag der Beklagten in Verbindung mit der polizeilichen Vernehmung der Tochter deren Tatbegehung „nahe liegt“, bezieht sich diese zurückhaltende Formulierung auf die Erschütterung der gegen sie selbst als Anschlussinhaberin sprechenden tatsächlichen Vermutung. Die zuvor getroffene Feststellung, dass N2 entsprechend ihrem Geständnis bei der Polizei als Täterin der Rechtsverletzung vom 17.12.2007 anzusehen sei, wird dadurch aber ebenso wenig in Frage gestellt wie durch die im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte zutreffende Erwägung der Kammer, dass eine bewusste Entlastung des Sohnes der Beklagten durch ihre zwei Jahre jüngere Tochter sich im Ergebnis nicht auf ihre Haftung für Rechtsverletzungen eines ihrer beiden minderjährigen (§§ 106, 832 BGB) und bedingt strafmündigen (§§ 1 Abs. 2; 3 JGG) Kinder auswirken würde.
12bb) Es ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Niederschrift über die polizeiliche Vernehmung von N2 aus den Ermittlungsakten 53 Js 4854/08 der Staatsanwaltschaft Heilbronn als öffentliche Urkunde (§§ 415 ff., 432 ZPO) zum Beweis des Inhalts ihres Geständnisses herangezogen hat.
13Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 Abs. 1 S. 1 ZPO; vgl. BGH, MDR 2013, 1184 [Rn. 6 ff.]) liegt darin schon deshalb nicht, weil das Landgericht die Zeugin N2 selbst vernommen und diese auf Befragen bestätigt hat, vor der Polizei das Geständnis abgelegt zu haben.
14Erst auf die weitere Frage, ob dieses Geständnis der Wahrheit entsprach, hat sie die Antwort verweigert (§ 384 Nr. 1 ZPO). Das steht der urkundlichen Verwertung des polizeilichen Vernehmungsprotokolls indessen nicht entgegen. Unverwertbar kann zwar die protokollierte Aussage eines Zeugen sein, der in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren als Beschuldigter ohne Belehrung über sein Aussageverweigerungsrecht oder als Zeuge ohne Belehrung über sein Recht, als Angehöriger das Zeugnis zu verweigern, vernommen wurde (vgl. BGH, NJW 1985, 1158; NJW 1985, 1470; anders für die Verwertung einer Beschuldigtenvernehmung im Zivilprozess gegen die vernommene Person BGHZ 153, 165 = NJW 2003, 1123 [1125]). Hier ist N2 jedoch bei der Polizei über ihr Recht, als Beschuldigte zu schweigen (§§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 4 StPO) und vor dem Landgericht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Tochter der Beklagten (§ 183 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) belehrt worden, worauf sie sich zur Aussage bereit erklärt hat. Von einer Unverwertbarkeit der polizeilichen Aussage kann jedenfalls danach keine Rede mehr sein, weil die (strafprozessual nicht veranlasste) Belehrung von N2 als Angehörige der Beklagten vom Landgericht nachgeholt worden ist, ohne dass die Zeugin von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Sollte diese Belehrung überhaupt erforderlich gewesen sein, um das Protokoll ihrer polizeilichen Aussage zivilprozessual verwerten zu können, so wäre dieser Mangel durch die vor dem Landgericht erklärte Aussagebereitschaft der Zeugin geheilt worden. Denn danach bestand kein Anlass mehr, sie vor ihrer früheren Aussage zu schützen; das Zeugnisverweigerungsrecht ist unteilbar und es steht nicht in der Macht eines Zeugen, über den Umfang der richterlichen Entscheidungsgrundlage, also darüber zu bestimmen, was von seinen Aussagen verwertbar sein soll und was nicht (vgl. BGH, NJW 1985, 1470 [1471]). Aus dem Umstand, dass die Zeugin sich im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung vor dem Landgericht zu Recht geweigert hat, eine bestimmte Einzelfrage zu beantworten, folgt insoweit nichts anderes.
15b) Die Beklagte haftet als Aufsichtspflichtige für die von N2 begangene Rechtsverletzung; denn den ihr obliegenden Nachweis, dass sie ihrer Pflicht genügt hat oder der von den Klägerinnen geltend gemachte Schaden auch bei gehöriger Beaufsichtigung entstanden sein würde (§ 832 Abs. 1 S. 2 BGB), hat sie nicht geführt, wie bereits das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Unbehelflich ist der Hinweis der Berufung, dass der Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung jahrelang umstritten gewesen sei; denn bereits die Erfüllung der vergleichsweise liberalen Anforderungen der neueren höchstrichterlichen Rechtssprechung durch die Beklagte kann nicht festgestellt werden.
16Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind im Alter von 13 oder 14 Jahren, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 [Rn. 23 ff.] – Morpheus). Eine Belehrung der Zeugin N2 hat das Landgericht jedoch nicht festzustellen vermocht; dass diese fruchtlos geblieben wäre, ist ebenso wenig erwiesen. Die Angaben der Zeugin, wonach sie und ihr Bruder sich grundsätzlich schon an von ihrer Mutter vorgegebene Regeln gehalten, mit dieser aber ihrer Erinnerung nach nie über die Nutzung des Internets und der Teilnahme an Internettauschbörsen gesprochen hätten, bieten dafür keinen Anhaltspunkt. Fehlt es danach für eine Parteivernehmung der Beklagten (§ 448 ZPO) schon an der erforderlichen gewissen Wahrscheinlichkeit ihrer nicht weiter substantiierten gegenteiligen Behauptung (vgl. BGH, GRUR 1999, 367 [368] = WRP 1999, 208 – Vieraugengespräch), so war weder das Landgericht noch ist der Senat gehalten, ihrer entsprechenden Beweisanregung in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu folgen (vgl. BGH, GRUR 2013, 1213 = WRP 2013, 1620 [Rn. 55] – SUMO).
172. Der Höhe nach haftet die Beklagte den Klägerinnen auf Ersatz des vollen von ihnen geltend gemachten, aus der unerlaubten Handlung der Zeugin N2 erwachsenen Schadens (vgl. Palandt / Sprau, BGB, 72. Aufl., § 832 Rn. 14; Bamberger / Roth / Spindler, BeckOK BGB § 832, Rn. 34).
18Bereits vor der Neufassung von § 97 UrhG durch die Urheberrechtsnovelle 2008 (mit seiner Regelung der Arten der Schadensberechnung in § 97 Abs. 2 UrhG) war allgemein anerkannt, dass der Geschädigte seinen Schaden auf dreifache Weise berechnen, also nicht nur seinen konkreten Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns beziffern oder den Verletzergewinn herausverlangen, sondern seinen Schaden auch im Wege der Lizenzanalogie berechnen kann (vgl. nur BGH, GRUR 1980, 227 [232] – Monumenta Germaniae Historica). Dies führt im Streitfall zu den vom Landgericht jeder der vier Klägerinnen zuerkannten Beträgen.
19Der Schätzung (§ 287 Abs. 1 ZPO) des Landgerichts liegt ein fiktives Lizenzentgelt von 200,00 € für jeden der insgesamt 15 in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel zu Grunde. Ein solcher Ansatz, der sich entgegen den Rügen der Berufung an verkehrsüblichen Entgeltsätzen auch für legale Downloadangebote im Internet orientiert und auf der Basis senatsbekannter Rahmenvereinbarungen der Tonträger-Branche von einem Betrag von 0,50 € pro Abruf sowie von mindestens 400 möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer ausgeht, erscheint bei Musikaufnahmen der streitbefangenen Art in der Regel angemessen (Senat, WRP 2012, 1007 = MMR 2012, 387 [390 f.]; Urt. v. 05.08.2013 – 6 U 10/13; Urt. v. 18.10.2013 – 6 U 93/13; im Ergebnis jetzt ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 05.11.2013 – 5 U 222/10).
20Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die im Streitfall zu einem niedrigeren Ansatz führen müssen, sind weder dargetan noch ersichtlich; insbesondere stellt der für Filesharing-Netzwerke typische Umstand, dass die abgerufenen Dateien nicht von einem einzigen Anbieter, sondern anteilig von vielen verschiedenen Anbietern der gleichen Dateien bezogen werden, keinen derartigen Anhaltspunkt dar. Ob die zuerkannten Schadensersatzbeträge auch angemessen wären, falls die Klägerinnen sich nicht auf die Geltendmachung fiktiver Lizenzvergütungen für insgesamt 15 Musikdateien beschränkt hätten, kann der Senat (wie das OLG Hamburg, a.a.O.) dahin gestellt lassen.
213. Begründet ist auch der den Klägerinnen vom Landgericht zugesprochene Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten (§§ 670, 683 S. 1, 677 BGB), dies allerdings nur in Höhe von 952,32 € nebst Zinsen.
22a) Auf die Beurteilung ist die ab 09.10.2013 durch das Gesetz zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken vom 01.10.2013 (BGBl. I S. 3714) geänderte Fassung des § 97a UrhG nicht anzuwenden, weil es für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (vgl. BGH, GRUR 2010, 1120 [Rn. 17] – Vollmachtsnachweis; GRUR 2011, 617 [Rn. 29] – Sedo; MMR 2012, 39 – Erstattung von Abmahnkosten).
23b) Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zu Nr. 1 und 2 ergibt, war die anwaltliche Abmahnung vom 12.03.2008, mit der die Beklagte wegen unbefugten Zugänglichmachens von zu Gunsten der Klägerinnen geschützten Musiktiteln über ihren Internetanschluss auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen wurde, im Kern sachlich berechtigt. Sie genügte auch den inhaltlichen Anforderungen an eine Abmahnung. Diese muss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten Anlass der Beanstandung ist, damit der Schuldner in tatsächlicher Hinsicht weiß, was genau für den Gläubiger den Stein des Anstoßes bildet; einer in rechtlicher Hinsicht richtigen und umfassenden Bewertung bedarf es nicht. Sieht sich ein anwaltlich beratener Internetanschlussinhaber wie hier auf Grund der Abmahnung in der Lage, eine die Beanstandung ausräumende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, spricht dies für eine hinreichende Spezifizierung der Abmahnung, auch wenn mehrere gemeinsam auftretende Anspruchsteller nicht kenntlich machen, wer von ihnen an welchen Titeln der beigefügten Titellisten Rechte beansprucht, denn die die Abmahnung dient auch dann grundsätzlich dem objektiven Interesse und mutmaßlichen Willen des Schuldners, eine kostenintensivere gerichtliche Auseinandersetzung über den Unterlassungsanspruch zu vermeiden (vgl. Senat, Urt. v. 05.08.2013 – 6 U 10/13 m.w.N.; enger OLG Düsseldorf, MMR 2012, 253 in einem Prozesskostenhilfeverfahren).
24c) Die Abmahnung ist nicht als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Nach Lage der Dinge kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie vorrangig den sachfremden Zweck verfolgte, eine möglichst hohe Geldforderung der Klägerinnen zu realisieren. An der Unterbindung von Verletzungen ihrer Tonträgerrechte an einer dreistelligen Zahl von Musikdateien hatten die Klägerinnen ein berechtigtes Interesse. Der Umstand allein, dass die Klägerinnen im nachfolgenden Rechtsstreit nicht an allen 407 in Rede stehenden Dateien Rechte dargetan haben und wohl auch nicht darlegen können, begründet noch nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, zumal das mit der Abmahnung unterbreitete Vergleichsangebot auf Zahlung eines Pauschalbetrages von 4.000,00 € angesichts der in Rede stehenden Schadensersatzbeträge nicht völlig abwegig und unangemessen erscheint.
25d) Soweit die Beklagte mutmaßt, die Klägerinnen hätten mit ihren Prozessbevollmächtigten eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart, hat er für eine solche Absprache im konkreten Fall keine greifbaren Anhaltspunkte aufgezeigt. Im Übrigen schulden die Klägerinnen ihren Prozessbevollmächtigten das erstattet verlangte Honorar auf der Basis der Regelungen des RVG selbst dann, wenn sie mit diesen entgegen der im Jahr 2008 einschlägigen Regelung des § 49 b Abs. 2 BRAO ein Erfolgshonorar vereinbart haben sollten. Die Nichtigkeit der auf ein unzulässiges Erfolgshonorar gerichteten Vereinbarung nach § 49 b Abs. 2 BRAO, § 134 BGB lässt die Wirksamkeit des Anwaltsvertrags im Übrigen unberührt; der Rechtsanwalt kann in diesem Fall Vergütung in Höhe der gesetzlichen Gebühren verlangen (vgl. Senat, Urt. v. 05.08.2013 – 6 U 10/13 m.w.N.).
26e) Die Klägerinnen können und müssen (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) sich gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten nicht auf Verjährung der Honorarforderung berufen. Der im Jahr 2008 entstandene Vergütungsanspruch ist nicht verjährt, weil die Klägerinnen ihn mit dem Ende 2011 erteilten Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung anerkannt (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) haben.
27f) Der Korrektur bedarf lediglich die vom Landgericht vorgenommene Berechnung der Abmahnkosten. Wie die Kammer zu Recht angenommen hat, haben die Klägerin ihre Aktivlegitimation gegenüber dem Bestreiten der Beklagten nur in Bezug auf 100 Dateien hinreichend nachvollziehbar dargelegt, während der Abmahnung die angebliche Verletzung von Rechten an 407 Dateien zu Grunde lag. Bei dieser Sachlage sind die Abmahnkosten nicht einfach nach der Gebührentabelle aus dem Gegenstandswert der berechtigten Abmahnung zu berechnen, den der Senat mit dem Landgericht mit 80.000,00 € beziffert. Vielmehr sind die erstattungsfähigen Kosten entsprechend dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils zu dem von den Klägerinnen selbst mit 200.000,00 € angegebenen Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (vgl. BGH, GRUR 2010, 744 = WRP 2010, 1023 [Rn. 52] – Sondernewsletter; GRUR 2012, 949 = WRP 2012, 1086 [Rn. 49] – Missbräuchliche Vertragsstrafe; Senat, Beschluss vom 15.01.2013 – 6 W 12/13; vom 08.05.2013 – 6 W 256/12).
28Zu erstatten hat die Beklagte den Klägerinnen somit 80.000/200.000 = 2/5 der (im Übrigen zutreffend mit einer 1,3 Gebühr aus 200.000,00 € zuzüglich 20,00 € Pauschale Nr. 7002 VV RVG auf 2.380,80 € berechneten) gerichtlich geltend gemachten Abmahnkosten, was 952,32 € entspricht.
294. Bei Zustellung des Mahnbescheids (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) war Verjährung der eingeklagten Ansprüche (§§ 194 f., 199 BGB) noch nicht eingetreten. Mit dem Landgericht ist auszuschließen, dass die Klägerinnen von der erst am 28.12.2007 bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn eingegangenen Providerauskunft und damit von der Person der Beklagten ohne grobe Fahrlässigkeit noch im Jahr 2007 hätten Kenntnis erlangen müssen.
30III.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
32Im Hinblick darauf, dass die im Streitfall wie in anderen Fällen der vorliegenden Art aufgeworfenen grundsätzliche Fragen der Schadensberechnung und der Abmahnkostenerstattung höchstrichterlich noch nicht ausreichend geklärt erscheinen, hat der Senat gemäß § 543 ZPO die Revision zugelassen.
33Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird in Abänderung des Beschlusses vom 23.08.2013 auf 4.580,00 € festgesetzt.
(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
(2) Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise
- 1.
Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt, - 2.
die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen, - 3.
geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und - 4.
wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, ob die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der Abgemahnte
- 1.
eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und - 2.
nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.
(4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 348/12 – vom 02.05.2013 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerinnen zu gleichen Teilen 952,32 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
2. an die Klägerin zu 1. weitere 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
3. an die Klägerin zu 2. weitere 1.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
4. an die Klägerin zu 3. weitere 800,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen;
5. an die Klägerin zu 4. weitere 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen haben von den Kosten des Verfahrens erster Instanz 1/4 und von den Kosten des Berufungsverfahrens 1/9 zu tragen; die übrigen Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit es nicht abgeändert worden ist, sind vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerinnen verfügen als Tonträgerhersteller über ausschließliche Verwertungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Nach Recherchen der Q GmbH wurden am 17.12.2007 um 20:12:46 Uhr (MESZ) insgesamt 407 Audio-Dateien, darunter 100 im Rechtsstreit näher bezeichnete Dateien aus dem Repertoire der Klägerinnen, unter der IP-Adresse 80.xxx.120.xxx in einer sogenannten Internet-Tauschbörse zum Download verfügbar gemacht. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Heilbronn erhielt am 28.12.2007 die Providerauskunft, dass diese IP-Adresse dem Internetanschluss der Beklagten zugeordnet war. Den Anschluss, der mit einem verkehrsüblich verschlüsselten WLAN verbunden war, nutzten die alleinerziehende Beklagte, ihr 16jähriger Sohn N und ihre 14jährige Tochter N2. Diese erschien nach telefonischer Kontaktaufnahme am 26.02.2008 zusammen mit der Beklagten bei der Polizei in M und erklärte nach Belehrung als Beschuldigte, dass sie die Tat begangen habe, ohne sich der Rechtswidrigkeit ihres Tuns bewusst gewesen zu sein.
4Nach anwaltlicher Abmahnung vom 12.03.2008 und Abgabe einer Unterlassungserklärung durch die Beklagte haben die Klägerinnen diese Ende 2011 auf Schadensersatz von insgesamt 3.000,00 € und Abmahnkostenersatz in Höhe von 2.380,80 € aus einem Gegenstandswert von 200.000,00 € gerichtlich in Anspruch genommen. Das Landgericht, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von insgesamt 4.580,00 € (3.000,00 € Schadensersatz und 1.580,00 € Abmahnkostenersatz) nebst Zinsen verurteilt.
5Mit ihrer auf vollständige Klageabweisung gerichteten Berufung beanstandet die Beklagte Verfahrens- und Rechtsanwendungsfehler des Landgerichts; insbesondere habe das polizeiliche Geständnis ihrer Tochter der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt und das Angebot ihrer eigenen Parteivernehmung zur behaupteten Belehrung ihrer Kinder über illegale Internettauschbörsen nicht übergangen werden dürfen. Ihre Verurteilung laufe in der Sache auf Sippenhaft ohne konkreten Tat- und Schuldnachweis hinaus. Der zuerkannte Lizenzschadensersatz sei in keiner Weise nachvollziehbar und der Abmahnkostenersatz nach Grund und Höhe unberechtigt. Außerdem wiederholt sie die Einrede der Verjährung.
6Die Klägerinnen verteidigen das angefochtene Urteil.
7II.
8Die zulässige Berufung hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden, durch das Berufungsvorbringen nicht entkräfteten Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass die Beklagte ihrer Aufsichtspflicht für ihre Tochter N2 nicht genügt habe und deshalb für die Schäden hafte (§ 832 Abs. 1 BGB), die den aktivlegitimierten Klägerinnen von dieser durch unbefugtes öffentliches Zugänglichmachen ihrer Musikaufnahmen (§§ 97, 85, 19a UrhG) zugefügt wurden. Zu korrigieren ist lediglich die Höhe des vom Landgericht als berechtigt angesehenen Abmahnkostenersatzes.
91. Die gegen die Haftung der Beklagten dem Grunde nach gerichteten Verfahrensrügen der Berufung (§§ 520 Abs. 3, 529 Abs. 2 ZPO) bleiben ohne Erfolg. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründen und eine erneute Beweisaufnahme vor dem Senat gebieten könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), zeigt die Berufung nicht auf.
10a) Mit fehlerfreien Ausführungen, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt, hat das Landgericht die Begehung der in Rede stehenden Rechtsverletzung durch N2 als erwiesen angesehen (§ 286 ZPO).
11aa) Soweit in den Urteilsgründen an einer Stelle davon die Rede ist, dass nach dem Sachvortrag der Beklagten in Verbindung mit der polizeilichen Vernehmung der Tochter deren Tatbegehung „nahe liegt“, bezieht sich diese zurückhaltende Formulierung auf die Erschütterung der gegen sie selbst als Anschlussinhaberin sprechenden tatsächlichen Vermutung. Die zuvor getroffene Feststellung, dass N2 entsprechend ihrem Geständnis bei der Polizei als Täterin der Rechtsverletzung vom 17.12.2007 anzusehen sei, wird dadurch aber ebenso wenig in Frage gestellt wie durch die im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte zutreffende Erwägung der Kammer, dass eine bewusste Entlastung des Sohnes der Beklagten durch ihre zwei Jahre jüngere Tochter sich im Ergebnis nicht auf ihre Haftung für Rechtsverletzungen eines ihrer beiden minderjährigen (§§ 106, 832 BGB) und bedingt strafmündigen (§§ 1 Abs. 2; 3 JGG) Kinder auswirken würde.
12bb) Es ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Niederschrift über die polizeiliche Vernehmung von N2 aus den Ermittlungsakten 53 Js 4854/08 der Staatsanwaltschaft Heilbronn als öffentliche Urkunde (§§ 415 ff., 432 ZPO) zum Beweis des Inhalts ihres Geständnisses herangezogen hat.
13Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 Abs. 1 S. 1 ZPO; vgl. BGH, MDR 2013, 1184 [Rn. 6 ff.]) liegt darin schon deshalb nicht, weil das Landgericht die Zeugin N2 selbst vernommen und diese auf Befragen bestätigt hat, vor der Polizei das Geständnis abgelegt zu haben.
14Erst auf die weitere Frage, ob dieses Geständnis der Wahrheit entsprach, hat sie die Antwort verweigert (§ 384 Nr. 1 ZPO). Das steht der urkundlichen Verwertung des polizeilichen Vernehmungsprotokolls indessen nicht entgegen. Unverwertbar kann zwar die protokollierte Aussage eines Zeugen sein, der in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren als Beschuldigter ohne Belehrung über sein Aussageverweigerungsrecht oder als Zeuge ohne Belehrung über sein Recht, als Angehöriger das Zeugnis zu verweigern, vernommen wurde (vgl. BGH, NJW 1985, 1158; NJW 1985, 1470; anders für die Verwertung einer Beschuldigtenvernehmung im Zivilprozess gegen die vernommene Person BGHZ 153, 165 = NJW 2003, 1123 [1125]). Hier ist N2 jedoch bei der Polizei über ihr Recht, als Beschuldigte zu schweigen (§§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 4 StPO) und vor dem Landgericht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Tochter der Beklagten (§ 183 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) belehrt worden, worauf sie sich zur Aussage bereit erklärt hat. Von einer Unverwertbarkeit der polizeilichen Aussage kann jedenfalls danach keine Rede mehr sein, weil die (strafprozessual nicht veranlasste) Belehrung von N2 als Angehörige der Beklagten vom Landgericht nachgeholt worden ist, ohne dass die Zeugin von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Sollte diese Belehrung überhaupt erforderlich gewesen sein, um das Protokoll ihrer polizeilichen Aussage zivilprozessual verwerten zu können, so wäre dieser Mangel durch die vor dem Landgericht erklärte Aussagebereitschaft der Zeugin geheilt worden. Denn danach bestand kein Anlass mehr, sie vor ihrer früheren Aussage zu schützen; das Zeugnisverweigerungsrecht ist unteilbar und es steht nicht in der Macht eines Zeugen, über den Umfang der richterlichen Entscheidungsgrundlage, also darüber zu bestimmen, was von seinen Aussagen verwertbar sein soll und was nicht (vgl. BGH, NJW 1985, 1470 [1471]). Aus dem Umstand, dass die Zeugin sich im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung vor dem Landgericht zu Recht geweigert hat, eine bestimmte Einzelfrage zu beantworten, folgt insoweit nichts anderes.
15b) Die Beklagte haftet als Aufsichtspflichtige für die von N2 begangene Rechtsverletzung; denn den ihr obliegenden Nachweis, dass sie ihrer Pflicht genügt hat oder der von den Klägerinnen geltend gemachte Schaden auch bei gehöriger Beaufsichtigung entstanden sein würde (§ 832 Abs. 1 S. 2 BGB), hat sie nicht geführt, wie bereits das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Unbehelflich ist der Hinweis der Berufung, dass der Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung jahrelang umstritten gewesen sei; denn bereits die Erfüllung der vergleichsweise liberalen Anforderungen der neueren höchstrichterlichen Rechtssprechung durch die Beklagte kann nicht festgestellt werden.
16Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind im Alter von 13 oder 14 Jahren, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 [Rn. 23 ff.] – Morpheus). Eine Belehrung der Zeugin N2 hat das Landgericht jedoch nicht festzustellen vermocht; dass diese fruchtlos geblieben wäre, ist ebenso wenig erwiesen. Die Angaben der Zeugin, wonach sie und ihr Bruder sich grundsätzlich schon an von ihrer Mutter vorgegebene Regeln gehalten, mit dieser aber ihrer Erinnerung nach nie über die Nutzung des Internets und der Teilnahme an Internettauschbörsen gesprochen hätten, bieten dafür keinen Anhaltspunkt. Fehlt es danach für eine Parteivernehmung der Beklagten (§ 448 ZPO) schon an der erforderlichen gewissen Wahrscheinlichkeit ihrer nicht weiter substantiierten gegenteiligen Behauptung (vgl. BGH, GRUR 1999, 367 [368] = WRP 1999, 208 – Vieraugengespräch), so war weder das Landgericht noch ist der Senat gehalten, ihrer entsprechenden Beweisanregung in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu folgen (vgl. BGH, GRUR 2013, 1213 = WRP 2013, 1620 [Rn. 55] – SUMO).
172. Der Höhe nach haftet die Beklagte den Klägerinnen auf Ersatz des vollen von ihnen geltend gemachten, aus der unerlaubten Handlung der Zeugin N2 erwachsenen Schadens (vgl. Palandt / Sprau, BGB, 72. Aufl., § 832 Rn. 14; Bamberger / Roth / Spindler, BeckOK BGB § 832, Rn. 34).
18Bereits vor der Neufassung von § 97 UrhG durch die Urheberrechtsnovelle 2008 (mit seiner Regelung der Arten der Schadensberechnung in § 97 Abs. 2 UrhG) war allgemein anerkannt, dass der Geschädigte seinen Schaden auf dreifache Weise berechnen, also nicht nur seinen konkreten Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns beziffern oder den Verletzergewinn herausverlangen, sondern seinen Schaden auch im Wege der Lizenzanalogie berechnen kann (vgl. nur BGH, GRUR 1980, 227 [232] – Monumenta Germaniae Historica). Dies führt im Streitfall zu den vom Landgericht jeder der vier Klägerinnen zuerkannten Beträgen.
19Der Schätzung (§ 287 Abs. 1 ZPO) des Landgerichts liegt ein fiktives Lizenzentgelt von 200,00 € für jeden der insgesamt 15 in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel zu Grunde. Ein solcher Ansatz, der sich entgegen den Rügen der Berufung an verkehrsüblichen Entgeltsätzen auch für legale Downloadangebote im Internet orientiert und auf der Basis senatsbekannter Rahmenvereinbarungen der Tonträger-Branche von einem Betrag von 0,50 € pro Abruf sowie von mindestens 400 möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer ausgeht, erscheint bei Musikaufnahmen der streitbefangenen Art in der Regel angemessen (Senat, WRP 2012, 1007 = MMR 2012, 387 [390 f.]; Urt. v. 05.08.2013 – 6 U 10/13; Urt. v. 18.10.2013 – 6 U 93/13; im Ergebnis jetzt ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 05.11.2013 – 5 U 222/10).
20Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die im Streitfall zu einem niedrigeren Ansatz führen müssen, sind weder dargetan noch ersichtlich; insbesondere stellt der für Filesharing-Netzwerke typische Umstand, dass die abgerufenen Dateien nicht von einem einzigen Anbieter, sondern anteilig von vielen verschiedenen Anbietern der gleichen Dateien bezogen werden, keinen derartigen Anhaltspunkt dar. Ob die zuerkannten Schadensersatzbeträge auch angemessen wären, falls die Klägerinnen sich nicht auf die Geltendmachung fiktiver Lizenzvergütungen für insgesamt 15 Musikdateien beschränkt hätten, kann der Senat (wie das OLG Hamburg, a.a.O.) dahin gestellt lassen.
213. Begründet ist auch der den Klägerinnen vom Landgericht zugesprochene Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten (§§ 670, 683 S. 1, 677 BGB), dies allerdings nur in Höhe von 952,32 € nebst Zinsen.
22a) Auf die Beurteilung ist die ab 09.10.2013 durch das Gesetz zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken vom 01.10.2013 (BGBl. I S. 3714) geänderte Fassung des § 97a UrhG nicht anzuwenden, weil es für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (vgl. BGH, GRUR 2010, 1120 [Rn. 17] – Vollmachtsnachweis; GRUR 2011, 617 [Rn. 29] – Sedo; MMR 2012, 39 – Erstattung von Abmahnkosten).
23b) Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zu Nr. 1 und 2 ergibt, war die anwaltliche Abmahnung vom 12.03.2008, mit der die Beklagte wegen unbefugten Zugänglichmachens von zu Gunsten der Klägerinnen geschützten Musiktiteln über ihren Internetanschluss auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen wurde, im Kern sachlich berechtigt. Sie genügte auch den inhaltlichen Anforderungen an eine Abmahnung. Diese muss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten Anlass der Beanstandung ist, damit der Schuldner in tatsächlicher Hinsicht weiß, was genau für den Gläubiger den Stein des Anstoßes bildet; einer in rechtlicher Hinsicht richtigen und umfassenden Bewertung bedarf es nicht. Sieht sich ein anwaltlich beratener Internetanschlussinhaber wie hier auf Grund der Abmahnung in der Lage, eine die Beanstandung ausräumende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, spricht dies für eine hinreichende Spezifizierung der Abmahnung, auch wenn mehrere gemeinsam auftretende Anspruchsteller nicht kenntlich machen, wer von ihnen an welchen Titeln der beigefügten Titellisten Rechte beansprucht, denn die die Abmahnung dient auch dann grundsätzlich dem objektiven Interesse und mutmaßlichen Willen des Schuldners, eine kostenintensivere gerichtliche Auseinandersetzung über den Unterlassungsanspruch zu vermeiden (vgl. Senat, Urt. v. 05.08.2013 – 6 U 10/13 m.w.N.; enger OLG Düsseldorf, MMR 2012, 253 in einem Prozesskostenhilfeverfahren).
24c) Die Abmahnung ist nicht als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Nach Lage der Dinge kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie vorrangig den sachfremden Zweck verfolgte, eine möglichst hohe Geldforderung der Klägerinnen zu realisieren. An der Unterbindung von Verletzungen ihrer Tonträgerrechte an einer dreistelligen Zahl von Musikdateien hatten die Klägerinnen ein berechtigtes Interesse. Der Umstand allein, dass die Klägerinnen im nachfolgenden Rechtsstreit nicht an allen 407 in Rede stehenden Dateien Rechte dargetan haben und wohl auch nicht darlegen können, begründet noch nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, zumal das mit der Abmahnung unterbreitete Vergleichsangebot auf Zahlung eines Pauschalbetrages von 4.000,00 € angesichts der in Rede stehenden Schadensersatzbeträge nicht völlig abwegig und unangemessen erscheint.
25d) Soweit die Beklagte mutmaßt, die Klägerinnen hätten mit ihren Prozessbevollmächtigten eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart, hat er für eine solche Absprache im konkreten Fall keine greifbaren Anhaltspunkte aufgezeigt. Im Übrigen schulden die Klägerinnen ihren Prozessbevollmächtigten das erstattet verlangte Honorar auf der Basis der Regelungen des RVG selbst dann, wenn sie mit diesen entgegen der im Jahr 2008 einschlägigen Regelung des § 49 b Abs. 2 BRAO ein Erfolgshonorar vereinbart haben sollten. Die Nichtigkeit der auf ein unzulässiges Erfolgshonorar gerichteten Vereinbarung nach § 49 b Abs. 2 BRAO, § 134 BGB lässt die Wirksamkeit des Anwaltsvertrags im Übrigen unberührt; der Rechtsanwalt kann in diesem Fall Vergütung in Höhe der gesetzlichen Gebühren verlangen (vgl. Senat, Urt. v. 05.08.2013 – 6 U 10/13 m.w.N.).
26e) Die Klägerinnen können und müssen (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) sich gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten nicht auf Verjährung der Honorarforderung berufen. Der im Jahr 2008 entstandene Vergütungsanspruch ist nicht verjährt, weil die Klägerinnen ihn mit dem Ende 2011 erteilten Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung anerkannt (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) haben.
27f) Der Korrektur bedarf lediglich die vom Landgericht vorgenommene Berechnung der Abmahnkosten. Wie die Kammer zu Recht angenommen hat, haben die Klägerin ihre Aktivlegitimation gegenüber dem Bestreiten der Beklagten nur in Bezug auf 100 Dateien hinreichend nachvollziehbar dargelegt, während der Abmahnung die angebliche Verletzung von Rechten an 407 Dateien zu Grunde lag. Bei dieser Sachlage sind die Abmahnkosten nicht einfach nach der Gebührentabelle aus dem Gegenstandswert der berechtigten Abmahnung zu berechnen, den der Senat mit dem Landgericht mit 80.000,00 € beziffert. Vielmehr sind die erstattungsfähigen Kosten entsprechend dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils zu dem von den Klägerinnen selbst mit 200.000,00 € angegebenen Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (vgl. BGH, GRUR 2010, 744 = WRP 2010, 1023 [Rn. 52] – Sondernewsletter; GRUR 2012, 949 = WRP 2012, 1086 [Rn. 49] – Missbräuchliche Vertragsstrafe; Senat, Beschluss vom 15.01.2013 – 6 W 12/13; vom 08.05.2013 – 6 W 256/12).
28Zu erstatten hat die Beklagte den Klägerinnen somit 80.000/200.000 = 2/5 der (im Übrigen zutreffend mit einer 1,3 Gebühr aus 200.000,00 € zuzüglich 20,00 € Pauschale Nr. 7002 VV RVG auf 2.380,80 € berechneten) gerichtlich geltend gemachten Abmahnkosten, was 952,32 € entspricht.
294. Bei Zustellung des Mahnbescheids (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) war Verjährung der eingeklagten Ansprüche (§§ 194 f., 199 BGB) noch nicht eingetreten. Mit dem Landgericht ist auszuschließen, dass die Klägerinnen von der erst am 28.12.2007 bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn eingegangenen Providerauskunft und damit von der Person der Beklagten ohne grobe Fahrlässigkeit noch im Jahr 2007 hätten Kenntnis erlangen müssen.
30III.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
32Im Hinblick darauf, dass die im Streitfall wie in anderen Fällen der vorliegenden Art aufgeworfenen grundsätzliche Fragen der Schadensberechnung und der Abmahnkostenerstattung höchstrichterlich noch nicht ausreichend geklärt erscheinen, hat der Senat gemäß § 543 ZPO die Revision zugelassen.
33Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird in Abänderung des Beschlusses vom 23.08.2013 auf 4.580,00 € festgesetzt.
Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.
(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.
(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.
(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Rechts finden die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Hat der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt, findet § 852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.
(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.
(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.
(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.