Landgericht Köln Urteil, 06. Aug. 2015 - 14 S 2/15
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17.12.2014, Aktenzeichen: 125 C 645/14, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.Die Anschlussberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Köln, soweit es nicht abgeändert wurde, sind vorläufig vollstreckbar.Die Revision wird nicht zugelassen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
2I.
3Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten urheberrechtliche Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz in Höhe von 450,-- € und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 506,-- € geltend.
4Die Klägerin produziert und vermarktet unter anderem Hörbücher. Sie ist Tonträgerherstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Hörbuch „A und die B“ (Folge 143).
5Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses in seiner Wohnung, die er allein bewohnt. Der Beklagte nutzt einen Computer. Die Verbindung zum Internet für diesen Computer erfolgte (auch) über ein WLAN, das zur Zeit der von der Klägerin vorgetragenen Rechtsverletzung im Januar 2011 über eine WPA 2-Verschlüsselung und einem Dritten nicht bekanntes Kennwort abgesichert war.
6Der Internetprovider des Beklagten erteilte im Rahmen eines von der Klägerin betriebenen Ermittlungs- und Auskunftsverfahrens die Auskunft, dass die am 02.01.2011 zwischen 01:13.41 und 03:33.06 erfasste IP-Adresse ##### sowie die am 02.01.2011 zwischen 03:34.13 und 08:29.34 erfasste IP-Adresse 91.54.180.42, über welche das streitgegenständliche Werk im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse jeweils öffentlich zugänglich gemacht wurde, zur jeweiligen Tatzeit dem Anschluss des Beklagten zugewiesen waren.
7Die Klägerin ließ den Beklagten dieserhalb mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 25.03.2011 (Anlage K 4 – 1, Bl. 45 ff. GA) abmahnen und unter Fristsetzung bis zum 11.04.2011 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 450,-- € sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 506,-- € auffordern. Die Rechtsanwaltsgebühren berechnete die Klägerin in Höhe einer 1,0 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 10.000,-- € zuzüglich einer Auslagenpauschale von 20,-- €.
8Im Verfahren vor dem Amtsgericht hat die Klägerin beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,-- € betragen soll, sowie 506,-- €, jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
10Der Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Der Beklagte hat vorgetragen, er sei altersbedingt bereits nicht an dem streitgegenständlichen Hörbuch interessiert, auch könne er mangels ausreichender Kenntnisse ein Kopiernetzwerk nicht betreiben. Seine 35-jährige Tochter lebe im Ausland (Wien) und habe keinen Zugriff auf sein Internet.
13Mit Urteil vom 17.12.2014, der Klägerin zugestellt am 22.12.2014, hat das Amtsgericht Köln den Beklagten zur Zahlung von Lizenzschadensersatz in Höhe von 25,-- € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren von 130,50 €, berechnet nach einem Gegenstandswert von 1.000,-- €, verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
14Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, in Ausübung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welche eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft gegen den Inhaber des Internetanschlusses postuliert habe und den Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen nach dem Täter verpflichte, sei von einem Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Lizenzschadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren dem Grunde nach auszugehen, da der Beklagte nicht dargelegt habe, dass er die Rechtsverletzung nicht selbst begangen habe, auch wenn es unwahrscheinlich sei, dass ein 60-jähriger allein lebender Mann als Täter für den Upload eines Hörbuchs für Kinder in Betracht komme und die Vorstellung, der Beklagte habe während der tiefsten Nachtzeit Filesharing betrieben, abenteuerlich erscheine.
15Der Höhe nach stehe der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG nur in Höhe von 25,-- € zu, da die Teilnahme des Einzelnen an einer Filesharing-Tauschbörse keine nennenswerten Folgen zeitige, weshalb das Lizenzentgelt sich an dem Preis für den Erwerb des Trägers des entsprechenden Werkes, etwa einer CD/DVD zu orientieren habe. Gebühren für die vorgerichtliche Abmahnung seien in Anlehnung an § 97 a UrhG n.F. nur nach einem Gegenstandswert von 1.000,-- € zu erstatten.
16Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.
17Mit Schriftsatz vom 12.01.2015, bei Gericht eingegangen am selben Tage, hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 20.02.2015, bei Gericht eingegangen am 20.02.2015, begründet.
18Die Klägerin ist der Ansicht, das Amtsgericht sei bei der Bemessung des Lizenzschadensersatzes von falschen Grundlagen und in Verkennung der streitgegenständlichen Verletzungshandlung ausgegangen. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt insbesondere die Auffassung, dass der Beklagte die gegen ihn als Anschlussinhaber sprechende tatsächliche Vermutung, die Rechtsverletzung selbst begangen zu haben, nicht widerlegt habe.
19Die Klägerin beantragt,
20das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17.12.2014, Aktenzeichen 125 C 645/14, teilweise abzuändern, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist und den Beklagten zur Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von 425,-- € und weiteren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 375,50 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu verurteilen.
21Der Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Mit Schriftsatz vom 02.06.2015, bei Gericht eingegangen innerhalb der bis 02.06.2015 verlängerten Frist zur Berufungserwiderung, hat der Beklagte Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.
24Der Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung,
25das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17.12.2014, Aktenzeichen 125 C 645/14, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
26Die Klägerin beantragt,
27die Anschlussberufung zurückzuweisen.
28Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Ansicht, das angefochtene Urteil sei fehlerhaft. Das Amtsgericht habe die Klage abweisen müssen, da das Amtsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe davon ausgegangen sei, dass er bereits aufgrund seines Alters nicht als Täter in Betracht komme.
29Der Beklagte ist weiter der Ansicht, das Amtsgericht hätte in erster Instanz Beweis dazu erheben müssen, dass sein WLAN-Anschluss ausreichend über eine WPA 2-Verschlüsselung und sonstige Sicherungsmaßnahmen gesichert gewesen sei. Der Beklagte meint schließlich, er habe ausreichend die gegen ihn sprechende Vermutung der Täterschaft widerlegt. Hilfsweise verteidigt der Beklagte das amtsgerichtliche Urteil und vertritt die Auffassung, weitergehende Ansprüche stünden der Klägerin in keinem Fall zu.
30II.
31Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
32Die Anschlussberufung des Beklagten ist gleichfalls zulässig, jedoch nicht begründet.
331.
34Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, 517, 519, 522 ZPO.
352.
36Die Berufung ist auch begründet.
37a) Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen der unberechtigten Nutzung des Hörbuchs „A und die B“ in Form der öffentlichen Zugänglichmachung aus §§ 97 Abs. 2, 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 19 a UrhG sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 97 a Abs. 1 UrhG a.F. in Höhe von insgesamt 956,-- € (450,-- € + 506,-- €) zu.Die Klägerin ist als Tonträgerherstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Hörbuch aktivlegitimiert, § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 UrhG. Das streitgegenständliche Hörbuch ist bereits als Sprachwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt.Der Beklagte ist passivlegitimiert, da über seinen Internetanschluss am 02.01.2011 das streitgegenständliche Hörbuch mehrfach im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten wurde. Dies stellt ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19 a UrhG dar.Im Hinblick auf die Mehrfacherfassungen des Internetanschlusses des Beklagten über unterschiedliche IP-Adressen im Rahmen der Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen am 02.01.2011 bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses. Zutreffend weist das Amtsgericht darauf hin, dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass mehrere unrichtige Ermittlungen zu dem Internetanschluss derselben Person führen könnten, weshalb in Fällen der Mehrfachermittlungen unter unterschiedlichen IP-Adressen der Anschlussinhaber substantiiert dazu vortragen muss, weshalb dennoch Zweifel an der Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses begründet sein könnten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012 – 6 U 239/11, NJW-RR 2012, 1327). Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen; der Beklagte trägt insoweit nur vor, er habe kein Interesse an dem streitgegenständlichen Hörbuch.Zweifel an der Plausibilität des vorgetragenen Ermittlungsergebnisses sind hierdurch jedoch nicht begründet. Vor der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer sind eine Reihe von Fällen verhandelt worden, in denen der von Seiten des Rechteinhabers in Anspruch genommene Teilnehmer einer Filesharing-Tauschbörse einen Download (und nachfolgenden Upload) von Werken vorgenommen hatte, die, so der Vortrag, nicht dem persönlichen Geschmack des Nutzers entsprachen, aber zu sonstigen Zwecken, nämlich der Weitergabe an Dritte, z.B. als Geschenk, heruntergeladen worden waren. Allein der Umstand, dass vorliegend ein Hörbuch für Kinder Gegenstand der Ermittlungen war, bietet aus diesem Grund keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ermittlungen zu zweifeln. Dies gilt ebenso für den Tatzeitpunkt. Anders als das Amtsgericht erachtet die Kammer es nicht für „abenteuerlich“, sondern vielmehr für naheliegend, dass während der Nachtzeit der Upload von Dateien im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse vorgenommen wird, da bekanntlich, wenn der Computer nicht gleichzeitig zu sonstigen Zwecken eingesetzt wird, die volle Kapazität des Computers zur Verfügung steht und deshalb in besonders effektiver Weise ein Up- und Download von Dateien möglich ist. Der Anwesenheit des Nutzers bedarf es derweil, wenn das Programm einmal gestartet wurde, nicht.Steht somit fest, dass ein geschütztes Werk von dem Internetanschluss einer bestimmten Person öffentlich zugänglich gemacht wurde, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens, GRUR 2010, 633 ff.; BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – Bearshare, GRUR 2014, 657). Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzungen begangen. Diese tatsächliche Vermutung ist erst dann nicht mehr begründet, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernstliche Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt, also die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329 (330); OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 – 6 UR 209/13). Dabei kommt der Anschlussinhaber seiner Darlegungslast zur Alleintäterschaft eines Dritten nur dann ausreichend nach, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Täterschaft eines Dritten vorgetragen werden und nicht nur ein allenfalls theoretisch mögliches, wegen der hohen Sicherheitsvorkehrungen aber unwahrscheinliches Geschehen behauptet wird (OLG Köln, Urteil vom 20.12.2013 – 6 U 205/12; BGH, Pressemittelung Nr. 92/2015 vom 11.06.2015 – Tauschbörse I bis III).Solche Umstände hat der Beklagte indes nicht vorgetragen. Vielmehr kommt auf Grundlage des Vorbringens des Beklagten kein anderer als der Beklagte selbst als Täter in Betracht, da der Beklagte allein Zugriff auf seinen durch ausreichende Sicherheitsvorkehrungen, die nunmehr zwischen den Parteien unstreitig ist, geschützten WLAN-Anschluss hatte. Dritte, wie die Tochter des Beklagten oder unbefugte Nutzer (Hacker) können nach dem Vorbringen des Beklagten die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht vorgenommen haben. Die Tochter des Beklagten war nach dessen Vorbringen zur Tatzeit ortsabwesend; ein Zugriff Dritter war wegen der Sicherheitsvorkehrungen (WPA 2-Verschlüsselung des WLAN-Anschlusses) nicht möglich.Aus diesen Gründen ist für die zweite Instanz davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Hörbuch von dem Internetanschluss des Beklagten am 02.01.2011 im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht worden ist und der Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses für die Rechtsverletzung verantwortlich war.Entgegen der Ansicht des Beklagten bedurfte es keiner Beweisaufnahme zu der WPA 2-Verschlüsselung des WLAN-Routers des Beklagten, da zumindest in zweiter Instanz die von dem Beklagten vorgetragene – ausreichende – Verschlüsselung unstreitig ist.Der Beklagte handelte auch widerrechtlich, da er von der Klägerin keine Lizenz zur Nutzung des streitgegenständlichen Hörbuches erworben hatte.Das dem Beklagten zur Last fallende Verschulden im Sinne von § 276 BGB liegt darin, dass der Beklagte zumindest fahrlässig verkannt hat, zum Upload von Hörbüchern, an denen er keine Lizenzrechte erworben hatte, im Rahmen von Filesharing-Tauschbörsen nicht berechtigt zu sein.
38Der Höhe nach steht der Klägerin wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung ihrer Leistungsschutzrechte durch den Beklagten nach der von ihr gewählten Schadensberechnungsart der sogenannten Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG über den von dem Amtsgericht zuerkannten Anspruch von 25,-- € hinaus ein weiterer Zahlungsanspruch in Höhe von 425,-- € zu.Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08 – Restwertbörse I). Zu Recht rügt die Klägerin insoweit, dass das Amtsgericht die Grenzen der Ermessenausübung nicht eingehalten und nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt habe.Bereits der Annahme des Amtsgerichts, der Beitrag des einzelnen Teilnehmers an Filesharing-Tauschbörsen, zeitige keine nennenswerten Folgen, da zu einem späteren Zeitpunkt die Nachfrage von dritter Seite jedenfalls befriedigt werde, vermag die Kammer nicht zu folgen. Das Amtsgericht hat nicht berücksichtigt, dass kausal für die streitgegenständliche Rechtsverletzung das Download-Angebot hier des Beklagten war und zu einem späteren Zeitpunkt von dem Amtsgericht für möglich gehaltene Rechtsverletzungen von dritter Seite die Ursächlichkeit der hier streitgegenständlichen Rechtsverletzung nicht rückwirkend entfallen lassen. Auch lässt die Annahme des Amtsgerichts, der Beitrag des einzelnen Rechtsverletzers sei wegen des Umfang des Angebotes in Filesharing-Tauschbörsen zu vernachlässigen, außer Acht, dass die Streuung von Werken, wie hier dem Hörbuch in Filesharing-Tauschbörsen, voraussetzt, dass diese von einem oder (zeitgleich) mehreren Rechtsverletzern erstmals überhaupt zum Download angeboten wurden. Aufgrund welcher Anhaltspunkte das Amtsgericht davon ausgeht, dass der Beklagte jedenfalls nicht zum Kreis der Erstverletzer gehören könne, ist nicht nachvollziehbar. Feststellungen dazu, von wem und zu welchem Zeitpunkt das streitgegenständliche Hörbuch im Rahmen der Filesharing-Tauschbörse (erstmals) angeboten wurde, konnte das Amtsgericht nicht treffen. Dann verbietet sich aber auch die – grundlagenlose – Annahme, der Beitrag des Beklagten im Rahmen des Filesharings sei ohne nennenswerte Relevanz und deshalb ohne wesentlichen (Lizenz-)Wert. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Beklagte das streitgegenständliche Hörbuch im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse am 02.01.2012 angeboten hat, das streitgegenständliche Hörbuch ausweislich der Anlage K 1 (Bl. 39 GA) erstmals 2010 als Tonträger auf CD erschienen ist.
39b) Die Bemessung des Lizenzschadensersatzes anhand des Betrages, der in etwa für den Preis eines entsprechenden Werkträgers (CD) zu zahlen gewesen wäre, wie es das Amtsgericht vorgenommen hat, ist vom Ansatz her auch deshalb nicht sachgerecht, da streitgegenständlich eine gänzlich andere Nutzungsart ist, worauf die Klägerin zu Recht hinweist.Die Rechtsverletzung, deretwegen die Klägerin Schadensersatz begehrt, ist nicht der einmalige Download eines Hörbuches zum Zwecke der Eigennutzung, sondern der Upload dieses Werkes in ein Filesharing-Netzwerk mit der Möglichkeit, dass dieses, wie das Amtsgericht ausführt, in tausenden (oder mehr) Fällen von Dritten genutzt wird. Aus diesem Grund ist für die Bemessung des Lizenzschadensersatzes maßgeblich und im Rahmen der Ermessenausübung zu berücksichtigen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts, welches der Beklagte durch Teilnahme an der Filesharing-Tauschbörse in Anspruch genommen hat, vereinbart hätten (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG). Dabei handelt es sich aber gerade nicht um eine einmalige Kopie des streitgegenständlichen Hörbuches, sondern um das Recht, dieses im Internet weder zeitlich noch mengenmäßig beschränkt im Rahmen eines Netzwerkes für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereithalten zu dürfen.Da das Amtsgericht von unzutreffenden Annahmen ausgegangen ist, ist auch die darauf gestützte Ermessensausübung gemäß § 287 ZPO ermessensfehlerhaft.Der der Klägerin zustehende Schadensersatzanspruch kann aus obigen Gründen nicht auf den Kaufpreis einer Kopie des Hörbuches beschränkt oder daran orientiert werden, da das von den Beklagten in Anspruch genommene Nutzungsrecht zum weltweiten Upload des streitgegenständlichen Hörbuches einen wesentlich größeren Umfang hatte als den (einmaligen) Erwerb einer Privatkopie. Demzufolge hätten vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien eine an den Umfang der Lizenz orientierte, wesentlich höhere Lizenzgebühr als die für den Erwerb einer Privatkopie vereinbart. Die Begrenzung des der Klägerin zustehenden Lizenzschadensersatzes auf den Preis einer einzelnen, auf CD oder DVD fixierten Werkkopie ist auch nicht mit der Argumentation zu begründen, bei einer Teilnahme an einer Filesharing-Tauschbörse erfolge der Upload zwangsläufig zeitgleich mit dem Download des Werkes, auf den es dem Teilnehmer (Rechtsverletzer) eigentlich nur ankomme.Zum einen ist nicht entscheidend für die Bemessung des Lizenzschadensersatzanspruchs, ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321). Zum anderen ist der Kammer aus einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren bekannt, dass ein Upload von Werken seitens der Teilnehmer von Filesharing-Tauschbörsen häufig über die eigentlich erforderliche Download-Zeit hinaus erfolgt, da systembedingt der Download der Datei, auf den es dem Rechtsverletzer im konkreten Fall ankommt, desto schneller erfolgt, je mehr Werke er seinerseits zum Upload bereithält.Genauso liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat, auf Veranlassung der Klägerseite erfasst, das streitgegenständliche Hörbuch am 02.01.2011 über die Dauer von mehr als 7,5 Stunden im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Upload angeboten. Dieser Zeitraum übersteigt bei weitem den, der zum einfachen Download des Hörbuches als Datei erforderlich gewesen wäre. Dies legt nahe, dass es dem Beklagten vorliegend nicht um den Download des Hörbuches, sondern um ein möglichst umfangreiches Upload-Angebot ging. Der Vortrag des Beklagten, er habe an dem streitgegenständlichen Hörbuch kein Interesse, kann deshalb als zutreffend unterstellt werden. Das Ziel, ein umfangreiches Upload-Angebot vorzuhalten, kann naturgemäß auch mittels Dateien erreicht werden, an denen der Teilnehmer der Tauschbörse kein persönliches Interesse hat.Sachgerecht erscheint es aus diesen Gründen vielmehr, als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der im Schwerpunkt für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer ist aus mehreren Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Upload einer Single im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharing-Netzwerke im Internet jeweils 200,-- € pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz für den Regelfall an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 – 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 – 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 – 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 – 11 U 27/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Pressemitteilung Nr. 92/2015 vom 11.06.2015 zu I ZR 19/14, I ZR 21/14, I ZR 75/14 – Tauschbörse I bis III).Vor diesem Hintergrund hält die Kammer ebenfalls in ständiger Rechtsprechung Schadensersatzverlangen im Bereich von 400,-- € bis 600,-- € für das rechtswidrige Download-Angebot eines Filmwerkes im Rahmen eines Filesharing-Netzwerkes für angemessen (vgl. Urteil der Kammer vom 07.05.2015 – 14 S 44/14 und Urteil vom 06.08.2014 – 14 S 5/14).Die Lizenzgebühr für ein Hörbuch, das einen umfangreicheren Erstellungsaufwand erfordert als eine Single, ist mit mehr als 200,-- € zu bemessen und dürfte sich eher der Lizenzgebühr annähern, die auch für ein Filmwerk zu leisten ist. Auf Grundlage dieser Erwägungen erachtet die Kammer einen Betrag von 450,-- €, wie ihn die Klägerin geltend macht, gemäß § 287 ZPO als angemessene, aber auch ausreichende Schadensersatzleistung, da vorliegend keine besonderen Umstände, wie etwa ein besonderer Verkaufserfolg des Hörbuches im Tatzeitpunkt vorgetragen wurden, die eine höhere Schadensersatzleistung rechtfertigen könnten. Über den von dem Amtsgericht zuerkannten Betrag von 25,-- € hinaus steht der Klägerin aus diesem Grund ein weiterer Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz in Höhe von 425,-- € gegenüber dem Beklagten zu.
40c) Auch der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 25.03.2011 ist in vollem Umfang begründet.Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten Anspruch auf Erstattung der von ihr aufgewendeten Rechtsanwaltsgebühren über den von dem Amtsgericht zuerkannten Betrag von 130,50 € hinaus in Höhe weiterer 375,50 € (insgesamt 506,-- €) gemäß § 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.Bei der Ermittlung der Rechtsverletzung in sogenannten Internet-Tauschbörsen wegen eines zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Hörbuches und der Durchsetzung der daraus folgenden Ansprüche, handelt es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall im Sinne von § 97 a UrhG in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung für Filmwerke ständige Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil vom 28.05.2015 – 14 S 33/14; so auch OLG Köln, Beschluss vom 13.09.2013 – 6 W 152/13), weshalb eine Begrenzung des Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Abmahnung gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. nicht in Betracht kommt.Die Klägerin berechnet die Rechtsanwaltsgebühren anhand einer 1,0 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG auf der Grundlage eines Gegenstandeswertes von 10.000,-- € (486,-- €) zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale nach nunmehr 7300 VV RVG in Höhe von 20,-- € zutreffend mit 506,-- € unter Zugrundelegung der bis 31.07.2013 geltenden Gebührensätzen des RVG. Der Ansatz eines Gegenstandswertes von 10.000,-- € für den Unterlassungsanspruch wegen der öffentlichen Zugänglichmachung eines Hörbuches entspricht dem Wert, den die Kammer in ständiger Rechtsprechung für die öffentliche Zugänglichmachung eines Musikalbums annimmt. Unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der nutzungsberechtigten Klägerin an der Unterbindung der Rechtsverletzung und der erheblichen Angriffsintensität des Rechtsverletzers, die mit der Beteiligung an illegalen Filesharing-Tauschbörsen verbunden ist, ist der Wert des Unterlassungsanspruchs mit 10.000,-- € in jedem Fall gerechtfertigt. Die Kammer vermag dem Amtsgericht nicht darin zu folgen, die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren nach einem Unterlassungswert von lediglich 1.000,-- € unter Rückgriff auf § 97 a UrhG n.F. vorzunehmen. Dies ist bereits deshalb nicht möglich, weil der Gebührenanspruch und der Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten auf Zahlung der von ihr aufgewendeten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 506,-- € bereits im Jahr 2011 gemäß § 97 a Abs. 1 UrhG a.F. entstanden war und die mit Wirkung vom 09.10.2013 eingeführte Regelung des § 97 a UrhG n.F. keine Handhabe bietet, bereits entstandene Ansprüche rückwirkend zu kürzen.Der Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr, den die Klägerin bei Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren vorgenommen hat, ist gleichfalls gerechtfertigt, da dieser noch unter Mittelgebühr von 1,3 (Nr. 2300 VV RVG) bleibt.
41d) Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB. Verzug des Beklagten ist mit Ablauf der mit Schreiben vom 25.03.2011 bis 11.04.2011 gesetzten Zahlungsfrist eingetreten.
42III.
43Die Anschlussberufung des Beklagten ist gemäß §§ 524, 519, 520 ZPO zulässig. Die Anschlussberufung des Beklagten ist jedoch nicht begründet, da der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz und Rechtsanwaltsgebühren aus den obigen Gründen in vollem Umfang zusteht.
44IV.
45Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
46Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EG ZPO.
47V.
48Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).
49Die Entscheidung beruht auf der tatrichterlichen Anwendung gesetzlicher und höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze in einem Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des konkreten Sachverhaltes.
50Die Beschwer im Berufungsverfahren wird auf 956,-- € festgesetzt.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 06. Aug. 2015 - 14 S 2/15
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Tenor
1.) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 155,50 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2013 zu zahlen.
2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/6 und der Beklagte zu 1/6.
4.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Hörbuch „XXX“. Sie macht gegen den Beklagten Schadensersatz wegen Filesharings des Hörbuchs geltend.
3Sie trägt vor, die Firma J. GmbH habe in ihrem Auftrag ermittelt, dass das Filesharing des Hörbuchs am 2. Januar 2011 gegen 01.1:14:29 h unter der IP-Adresse 000 und am gleichen Tag gegen 03:34:17 h unter der IP-Adresse 111 stattgefunden hat. Die Klägerin lies den Beklagten mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 25. März 2011 abmahnen und zur Zahlung von Schadensersatz i. H. v. insgesamt 956,00 € bis zum 11. April 2011 auffordern. Sie macht Lizenzschaden i. H. v. 450,00 € und die Erstattung von Abmahnkosten i. H. v. 506,00 € geltend.
4Sie beantragt,
51.) an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 € betragen soll, zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. November 2013 sowie
62.) an sie 506,00 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. November 2013 zu zahlen.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Er behauptet, das Filesharing nicht durchgeführt zu haben. Er sei 60 Jahre alt und nicht derart computerversiert, dass er überhaupt ein Kopiernetzwerk betreiben könne. Er habe auch kein Interesse an Hörspielen. Seine jetzt 35-jährige Tochter lebe in Wien und habe keinen Zugriff auf das Internet und er selbst sei der Einzige, der Zugriff auf seinen Internetanschluss habe. Dieser sei auch WPA2-verschlüsselt.
10Er hält die geltend gemachten Beträge für übersetzt und verweist auf die aktuelle Marktlage sowie auf die Rechtsprechung des Amtsgerichts Köln.
11Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
13Die Klage ist nur teilweise begründet.
14Allerdings hat das Gericht davon auszugehen, dass der Beklagte das behauptete Filesharing am 2. Januar 2011 begangen hat. Das Gericht geht davon aus, dass das Filesharing des streitgegenständlichen Hörbuchs von dem Internetanschluss des Beklagten zutreffend ermittelt wurde. Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln, der das Amtsgericht insoweit folgt, schweigen Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlungen des Internetanschlusses, wenn der Rechteinhaber auf mehrere Ermittlungsergebnisse verweisen kann, nach denen das streitgegenständliche Werk im nahen zeitlichen Zusammenhang unter verschiedenen IP-Adressen von dem gleichen Internetanschluss von demselben Internetanschluss aus erfolgte. Die Vorstellung, dass mehrere unzutreffende Ermittlungen zu dem Ergebnis führen, unzutreffende Ermittlungen zu dem Internetanschluss der gleichen Person führen, erscheint als so extrem unwahrscheinlich, dass insoweit „Zweifel schweigen“ (vgl. OLG Köln, Urteil vom 6. Mai 2012, Geschäfts-Nr.: 6 U 239/11).
15Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach den Ermittlungen der Firma J. GmbH wurde das Filesharing des streitgegenständlichen Hörbuchs von dem Internetanschluss des Beklagten am 2. Januar 2011 zweimal unter zwei verschiedenen IP-Adressen festgestellt.
16Das Gericht hat auch davon auszugehen, dass der Beklagte die Tat begangen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Inhaber eines Internetanschlusses, über den rechtsverletzende Inhalte verbreitet wurden darzulegen, wieso er die Rechtsverletzung nicht selbst begangen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – Az.: I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens“).
17Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass er die Rechtsverletzung nicht selbst begangen hat. Er hat – im Gegenteil – vorgetragen, dass weder seine in Wien lebende Tochter als Täterin in Frage kommt noch dass der Internetanschluss durch Hacker zu der Tat missbraucht worden ist, da sein WLAN-Netzwerk durch WPA2-Verschlüsselung hiergegen gesichert war.
18Der erkennende Abteilungsrichter hält es für eher unwahrscheinlich, dass der Beklagte tatsächlich der Täter war, kann dieser doch darauf verweisen, dass er als 60-jähriger alleinlebender Mann nachvollziehbarerweise kaum Interesse an dem streitgegenständlichen Hörbuch für Kinder hat und die Vorstellung, dass er hieran während der tiefsten Nachtzeit Filesharing betreibt, eher abenteuerlich erscheint. Das Gericht folgt aber der obergerichtlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Verteilung von Darlegungs- und Beweislasten, soweit diese nicht erkennbar gesetzwidrig unrechtmäßig sind. Dies ist hier nicht der Fall.
19Der Haftung des Beklagten steht auch nicht entgegen, dass in den Filesharingnetzwerken lediglich – wie es der Beklagten-Vertreter formuliert – Datenfetzen, nämlich sogenannte „Chunks“ up- und downgeloadet werden. Nach ganz herrschender Auffassung, der sich das Gericht anschließt, begründet bereits mit der Teilnahme an einem Filesharingnetzwerk zumeist einhergehende Upload von Dateiteilen die urheberrechtliche Haftung.
20Allerdings beträgt der durch das behauptete Filesharing eingetretene Lizenzschaden lediglich 25,00 €.
21Schadensersatzforderungen wegen Filesharings werden – wie fast alle anderen Schadensersatzforderungen aus Urheberrechtsverletzungen auch – nach der dritten Alternative des § 97 Abs. 2 UrhG, der sogenannten Lizenzanalogie, berechnet. Danach kann der Schadensersatz auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. In praktisch allen anderen Fällen von Urheberrechtsverletzungen verletzt ein Einzelner das Recht durch ungenehmigte, illegale Weiterverbreitung des Werkes an einen mehr oder weniger großen Kreis Dritter. Beim Filesharing hingegen geht es dem Täter in praktisch allen Fällen zunächst darum, selbst unentgeltlich in den Genuss der entsprechenden Werke zu gelangen. Dieser illegale Download der Dateien ist regelmäßig – d. h. wenn er nicht durch besondere Programme unterbrochen wird – mit dem gleichzeitigen Upload der Dateien verbunden. Schon dies führt dazu, dass sich das einzelne Filesharing als winziger Teil einer in seiner Gesamtheit allerdings durchaus gravierenden, weltweiten Schädigung darstellt.
22Es kommt hinzu, dass die Filesharing-Netzwerke auch auf eine möglichst schnelle Weiterverbreitung der „getauschten“ Dateien ausgelegt sind und zu diesem Zweck die nachgefragten Inhalte in kleinere Dateien – sogenannte Chunks – fragmentieren, um einer lokalen Überlastung des Internets vorzubeugen. Diese Fragmente werden bei dem nachfragenden Teilnehmer des Netzwerks durch eine entsprechend anspruchsvolle Software wieder zusammengesetzt, sodass er auf vollständige Musiktitel, Filme etc. zugreifen kann. Auch insbesondere deswegen stellt sich Filesharing als anonymer Austausch von Dateien dar, bei der die einzelne Teilnahme keine nennenswerten Folgen zeitigt: Würde sie entfallen, so würden spätere Nachfragen nach dem jeweiligen Werk durch Bildung und Wiederzusammensetzung von Chunks anderer Netzwerkteilnehmer befriedigt. Da an den Filesharing-Netzwerken regelmäßig weltweit zumindest viele Tausende, wenn nicht gar Millionen Teilnehmer angeschlossen sind und das Netzwerk den Zugriff auf alle Dateien, die auf den online seienden Endgeräten irgendwann gespeichert wurden erlaubt, fehlt der Vorstellung, das einzelne Teil-Filesharing könne für die Weiterverbreitung der betroffenen Werke über es selbst hinaus von Bedeutung sein, jede tatsächliche Grundlage.
23Die sogenannte Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG hat diese Realität zu berücksichtigen. Es liegt nahe, das Lizenzentgelt an den Preisen für den Erwerb eines Trägers des entsprechenden Werks, etwa einer CD oder DVD, zu orientieren, zumal es ja Versuche der betroffenen Industrien, etwa der Musikindustrie, das Filesharing zugunsten legaler Nutzungen einzudämmen, gegeben hat und diese zu keinem Zeitpunkt Nutzergebühren vorsahen, die sich in der Größenordnung der von der herrschenden Meinung zugesprochenen Beträge bewegten. Dies gilt beispielsweise für das im Vordringen befindliche Streaming von Musiktiteln.
24Das Gericht gewährt einen Betrag von 25,00 € pro Hörbuch, der damit in der äußersten oberen Grenze der vorstellbaren Lizenzentgelte liegt, weil es dabei berücksichtigt, dass kein Rechteinhaber die Kontrolle über die Verbreitung seiner Werke gerne und preisgünstig abgibt.
25Wie unangemessen die gewonnenen Ergebnisse sind, verdeutlicht z. B. die Gesamtbetrachtung des Filesharings an Musik im Jahr 2010. Damals wurden Musiktitel rund 900.000.000 mal verbreitet. Bei dem nach der herrschenden Praxis gängigen Ansatz von 200,00 € Lizenzschaden pro Titel ergibt sich ein Gesamtschaden von 180 Milliarden €. Dies entspricht den Ausgaben aller privaten Haushalte für Nahrungs- und Genussmittel im selben Jahr.
26Die Klägerin kann weiter von dem Beklagten die Zahlung von 130,50 € Mahngebühren gemäß § 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG a. F. verlangen.
27Es ist festzustellen, dass auch die Abmahngebühren, der mit der Verfolgung des Filesharings beauftragten Rechtsanwälte in völlig übersetzter Höhe zugesprochen werden.
28In den Augen der interessierten Öffentlichkeit hat sich ein „Abmahnunwesen“ bzw. eine „Abmahnindustrie“ etabliert. Nachdem der Gesetzgeber bereits bei der Einführung des § 97 a UrhG im Jahre 2008 Abmahngebühren in kleineren Fällen auf 100,00 € deckelte, sah er sich im Jahre 2013 erneut veranlasst, die Gebühren zu begrenzen. Dabei wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar, dass er die gesellschaftliche Ablehnung der überhöhten Abmahngebühren, insbesondere bei Filesharingfällen, teilte. Dementsprechend reihte die Bundesregierung bei ihrer Gesetzesinitiative urheberrechtliche Abmahnungen in die Reihe der durch das Gesetz zu bekämpfenden „unseriösen Geschäftspraktiken“ ein. Der Bundesrat verwies bei einer Stellungnahme darauf, dass die herrschende Abmahnpraxis in der Öffentlichkeit als „Abzocke“ wahrgenommen werde und das Institut der Abmahnung in Misskredit gebracht werde und ließ erkennen, dass er diese Haltung teile. Die beiden mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vorgenommenen Regelungen sind deshalb erkennbar nur Teilregelungen und es widerspricht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, die alte Regelung möglichst weitgehend beizubehalten und nicht zugunsten einer fairen, „seriösen“ Gebührenpraxis aufzugeben.
29Rechtsdogmatische Gesichtspunkte sprechen nicht hiergegen: Insbesondere hat die Streitwerte im fünfstelligen Bereich zubilligende herrschende Rechtsprechungspraxis keinen Gesetzesrang und es ist selbst bei großzügigem Blick auf die Dinge nicht erkennbar, was der Urheber mit dem Unterlassen des Filesharings durch den in Anspruch genommenen Internetanschlussinhaber/Täter über dieses Unterlassen hinaus erreichen will: Wie oben aufgezeigt, besitzt die Vorstellung, mit diesem Unterlassen sei das Filesharing an dem betroffenen Werk beendet oder auch nur eingeschränkt, keine Tatsachengrundlage. Es ist Unrecht, übersetzte Streitwerte mit tatsächlich nicht gegebenen Zusammenhängen zu begründen.
30Es stellt ein im deutschen Rechtswesen singuläres Phänomen dar, dass eine gesellschaftlich abgelehnte und von dem Gesetzgeber als „unseriös“ bezeichnete und bekämpfte Rechtspraxis nicht auf einem unlauteren Geschäftsmodell Einzelner beruht, sondern auf der gängigen Rechtspraxis der allermeisten deutschen Gerichte. Es ist befremdlich zu sehen und nur mit der Annahme einer weitestgehenden Perpetuierung der herrschenden Praxis erklärbar, dass dieses Unwesen sowohl die Gesetzesänderung im Jahr 2008 als auch die im Jahre 2013 überdauert hat.
31Das Gericht hält aus diesen Gründen einen Streitwert für den Unterlassungsanspruch von 1.000,00 € für angemessen und lehnt sich damit an die Regelung des erst zum 9. Oktober 2013 in Kraft getretenen § 97 a UrhG n. F. an
32Die Zinsforderungen beruhen auf §§ 284, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat den Beklagten mit Ablauf der in dem Abmahnschreiben vom 25. März 2011 am 11. April 2011 gesetzten Zahlungsfrist in Zahlungsverzug gesetzt.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
34Streitwert: 956,00 €.
35Rechtsbehelfsbelehrung:
36Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
37a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
38b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
39Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
40Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
41Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
42Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
43Richter am Amtsgericht
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Ist der Tonträger in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. Das Recht entsteht nicht durch Vervielfältigung eines Tonträgers.
(2) Das Recht ist übertragbar. Der Tonträgerhersteller kann einem anderen das Recht einräumen, den Tonträger auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. § 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.
(3) Das Recht erlischt 70 Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers. Ist der Tonträger innerhalb von 50 Jahren nach der Herstellung nicht erschienen, aber erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 70 Jahre nach dieser. Ist der Tonträger innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 50 Jahre nach der Herstellung des Tonträgers. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.
(4) § 10 Absatz 1 und die §§ 23 und 27 Absatz 2 und 3 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 gelten entsprechend.
(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
- 1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; - 2.
Werke der Musik; - 3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; - 4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; - 5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; - 6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; - 7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. November 2010 abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten haben die Klägerinnen jeweils 1/4 zu tragen. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Klägerinnen jeweils selbst.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerinnen sind vier führende deutsche Tonträgerhersteller. Der Beklagte ist Inhaber eines Internetzugangs. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn.
- 2
- Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 30. Januar 2007 abmahnen; sie behaupteten, am 12. Juni 2006 seien über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, an denen sie die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besäßen, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen. Der Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare“ Musik auf seinen Computer heruntergeladen.
- 3
- Die Klägerinnen haben den Beklagten - soweit noch von Bedeutung - auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
- 4
- Der Beklagte hat vorgetragen, er sei für die behaupteten Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Köln, ZUM-RD 2011, 111). Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerinnen 2.841 € zu zahlen (OLG Köln, ZUM 2012, 583). Auf die Verfas- sungsbeschwerde des Beklagten hat das Bundesverfassungsgericht das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BVerfG, GRUR 2012, 601 = WRP 2012, 702). Das Berufungsgericht hat den Beklagten erneut zur Zahlung von 2.841 € verurteilt (OLG Köln, Urteil vom 17. August 2012 - 6 U 208/10, juris). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der von den Klägerinnen erhobene Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten sei unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag in Höhe von 2.841 € nebst Zinsen begründet. Dazu hat es ausgeführt:
- 7
- Die Klägerinnen seien berechtigt gewesen, den mit der Abmahnung verfolgten Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Sie hätten hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass sie Inhaber der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den in Rede stehenden Musiktiteln seien.
- 8
- Der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er hafte zwar nicht als Täter. Die Klägerinnen hätten keinen Beweis für ihre Behauptung erbracht, der Beklagte selbst habe die Musikdateien zum Herunterladen angeboten. Er hafte jedoch als Störer. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Dem stehe nicht entgegen, dass sein Stiefsohn bereits volljährig gewesen sei. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht - jedenfalls nicht hinreichend - belehrt habe.
- 9
- Dem Anspruch der Klägerinnen stehe nicht entgegen, dass sie in der Abmahnung allein auf die Haftung des Beklagten als Täter und nicht auch als Störer abgestellt hätten. Auch die Einrede der Verjährung und der Einwand des Rechtsmissbrauchs hätten keinen Erfolg. Die Klageforderung sei allerdings nur in Höhe von 2.841 € begründet, weil lediglich ein Streitwert von 280.000 € zugrunde gelegt werden könne und daher nur eine 1,3-fachen Geschäftsgebühr von 2.821 € zuzüglich Kostenpauschale von 20 € geschuldet sei.
- 10
- II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten hat Erfolg. Der von den Klägerinnen erhobene Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist nicht begründet.
- 11
- 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Abmahnung einer Urheberrechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) gegeben sein kann (BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn. 10 = WRP 2008, 1449 - Clone-CD). Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für Abmahnungen, die auf Grundlage des Urheberrechtsgesetzes ausgesprochen werden, ist zwar mittlerweile durch die am 1. September 2008 in Kraft getretene und mit Wirkung zum 9. Oktober 2013 geänderte Regelung des § 97a UrhG ausdrücklich im Urheberrechtsgesetz geregelt. Diese Regelung ist jedoch auf die hier zu beurteilende Abmahnung vom 30. Januar 2007 nicht anwendbar.
- 12
- 2. Ein auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag gestützter Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten setzt voraus, dass die Abmahnung berechtigt war und dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten zum Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Beklagte haftet den Klägerinnen nicht nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf Unterlassung, weil er für eine Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte an den in Rede stehenden Musikaufnahmen nicht verantwortlich ist.
- 13
- a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte nicht als Täter haftet.
- 14
- aa) Die Klägerinnen tragen nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus).
- 15
- bb) Im Streitfall spricht keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen , ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 und 13 - Sommer unseres Lebens) oder - wie hier - be- wusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 33 f. - Morpheus).
- 16
- cc) Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 12 - Sommer unseres Lebens); dieser hat er jedoch entsprochen.
- 17
- (1) Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - I ZR 140/10, GRUR 2012, 602 Rn. 23 = WRP 2012, 721 - Vorschaubilder II, mwN). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen den primär darlegungsbelasteten Klägerinnen und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung seines Internetanschlusses erfüllt.
- 18
- (2) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers , dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 4. November 2013 - 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246; LG Köln, ZUM 2013, 67, 68; LG München I, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, TranspR 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München I, MMR 2013, 396).
- 19
- (3) Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast dadurch entsprochen , dass er vorgetragen hat, der in seinem Haushalt lebende 20-jährige Sohn seiner Ehefrau habe die Dateien von dem in seinem Zimmer stehenden Computer zum Herunterladen bereitgehalten.
- 20
- dd) Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 35 - Morpheus). Das Berufungsgericht hat angenommen, nach den von den Klägerinnen aufgezeigten Umständen könne nicht mit hinreichender Gewissheit davon ausgegangen werden, dass der Beklagte selbst die Musikaufnahmen zum Herunterladen angeboten habe. Diese tatrichterliche Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
- 21
- b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haftet der Beklagte aber auch nicht als Störer wegen von seinem Stiefsohn begangener Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung.
- 22
- aa) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten , voraus. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 41 - Morpheus; BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 34 = WRP 2013, 1612 - Kinderhochstühle im Internet II, mwN).
- 23
- bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur ungestörten Nutzung über einen in dessen Zimmer stehenden Computer zur Verfügung gestellt habe, die nicht fernliegende Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnimmt. Dem Beklagten sei es daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung unmissverständlich und eindringlich über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Dem stehe nicht entgegen, dass sein Stiefsohn bereits volljährig gewesen sei. Der Beklagte habe nicht ohne Weiteres annehmen können, seinem Stiefsohn sei während der etwa zwei Jahre seiner Volljährigkeit anderweitig bekannt geworden, dass die Bereitstellung von Musikdateien zum Herunterladen urheberrechtswidrig sei. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht - jedenfalls nicht hinreichend - belehrt habe. Er habe in erster Instanz lediglich auf die mangelnde Möglichkeit der Kontrolle des Rechners seines Stiefsohnes verwiesen. Sein Vorbringen in der Berufungsbegründung, man habe in der Familie über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Tauschbörsen gesprochen und deutlich gemacht, dass die illegale Nutzung solcher Tauschbörsen unterbleiben müsse, sei verspätet gewesen und daher nicht zu berücksichtigen; im Übrigen lasse sich diesem pauschalen Vorbringen nicht entnehmen, dass der Beklagte seinem Stiefsohn die rechtswidrige Teilnahme an Tauschbörsen mit der nötigen Unmissverständlichkeit und Eindringlichkeit untersagt habe.
- 24
- cc) Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es dem Beklagten nicht zuzumuten, seinen volljährigen Stiefsohn ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung , wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend belehrt haben sollte.
- 25
- (1) Der Senat hat zwar entschieden, dass der Inhaber eines ungesicherten WLAN-Anschlusses als Störer auf Unterlassung haftet, wenn außenstehende Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 20 bis 24 - Sommer unseres Lebens). Diese Entscheidung ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung aber nicht auf die hier vorliegende Fallgestaltung übertragbar, bei der der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss einem Familienangehörigen zur Verfügung stellt (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 42 - Morpheus).
- 26
- (2) Der Senat hat ferner entschieden, dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch genügen, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren , besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet , wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 24 - Morpheus). Auch diese Entscheidung ist nicht auf die hier vorliegende Fallgestaltung übertragbar, bei der der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss einem Familienmitglied zur Verfügung stellt, über das er nicht kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht verpflichtet ist und das auch nicht wegen Minderjährigkeit der Beaufsichtigung bedarf.
- 27
- (3) Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funkti- on und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen , der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (hierzu Rn. 22). Danach ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu berücksichtigen, dass zum einen die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und zum anderen Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das - auch grundrechtlich geschützte (Art. 6 Abs. 1 GG) - besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen, darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber - etwa aufgrund einer Abmahnung - konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
- 28
- Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Überlassung des Internetanschlusses durch einen Ehepartner an den anderen Ehepartner (OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; GRUR-RR 2013, 246; OLG Köln, WRP 2011, 781; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 331; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2013 - 20 U 63/12, juris Rn. 29; LG Mannheim, MMR 2007, 267, 268; Rathsack, jurisPR-ITR 25/2012 Anm. 4 unter D; ders., jurisPR-ITR 12/2013 Anm. 5 unter D; ders., jurisPR-ITR 19/2013 Anm. 2 unter C; Härting in Internetrecht , 5. Aufl., Rn. 2255). Sie gelten vielmehr auch für die - hier in Rede stehende - Überlassung des Internetanschlusses durch Eltern oder Stiefeltern an ihre volljährigen Kinder oder Stiefkinder (OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2013 - 20 U 63/12, juris Rn. 29; LG Mannheim, MMR 2007, 267, 268; LG Hamburg, Verfügung vom 21. Juni 2012 - 308 O 495/11, juris Rn. 4; Rathsack, jurisPR-ITR 19/2013 Anm. 2 unter C; Solmecke, MMR 2012, 617, 618; Härting in Internetrecht aaO Rn. 2256; aA OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 331; WRP 2012, 1148; MMR 2012, 184, 185; vgl. auch Rauer/Pfuhl, K&R 2012, 532, 533). Ob und inwieweit diese Grundsätze bei einer Überlassung des Internetanschlusses durch den Anschlussinhaber an andere ihm nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten, kann hier offenbleiben (für eine entsprechende Anwendung OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2013 - 20 U 63/12, juris Rn. 29; Härting in Internetrecht, 5. Aufl., Rn. 2256; aA OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 331; LG Düsseldorf, ZUM-RD 2010, 396, 398).
- 29
- Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Klägerinnen der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterfallen und die Klägerinnen einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz haben (Art. 19 Abs. 4 GG). Diese Grundrechte, die nach Art. 19 Abs. 3 GG auch den Klägerinnen als inländischen juristischen Personen zustehen, sind nicht dadurch verletzt, dass den Beklagten im Zusammenhang mit Verletzungshandlungen eines volljährigen Familienmitglieds im Streitfall keine Haftung als Täter, Teilnehmer oder Störer trifft.
- 30
- Gesichtspunkte, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV rechtfertigen könnten, sind von den Parteien nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich.
- 31
- III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision des Beklagten aufzuheben , soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist auf die Berufung des Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.11.2010 - 28 O 202/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 17.08.2012 - 6 U 208/10 -
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Sachverständiger für Kraftfahrzeuge. Er erstellte im Auftrag der Eigentümerin eines Fahrzeugs, das einen Unfall erlitten hatte, am 13. September 2006 ein Gutachten über die Reparaturkosten, den Wiederbeschaffungswert und den Restwert des Unfallfahrzeugs. Er reichte das Gutachten , wie mit der Auftraggeberin vereinbart, bei der Beklagten als dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners ein. Bestandteil des Gutachtens sind Lichtbilder des Unfallfahrzeugs. Ein Mitarbeiter des Klägers hat die Fotografien angefertigt und dem Kläger sämtliche Nutzungsrechte daran eingeräumt. Die Beklagte stellte vier dieser Lichtbilder, nachdem sie diese eingescannt und digitalisiert hatte, zusammen mit den Fahrzeugdaten vom 18. bis zum 20. September 2006 in eine Fahrzeug-Restwertbörse im Internet ein. Dort können gewerbliche Käufer ihre Angebote für die beschädigten Fahrzeuge abgeben. Versicherer nutzen die Restwertbörse, um anhand dieser Angebote zu überprüfen, ob die von Sachverständigen ermittelten Restwerte angemessen sind.
- 2
- Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe damit die ihm eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Lichtbildern verletzt.
- 3
- Er hat zunächst beantragt, 1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , die nachfolgend dargestellten drei Lichtbilder künftig ohne seine ausdrückliche Einwilligung zu nutzen, wie in dem Internetauftritt http:// www.[...].de geschehen; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 114 € zu zahlen; 3. die Beklagte zu verurteilen,
a) ihm Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang Lichtbilder aus den im Jahr 2004 erstellten und von ihm zu bezeichnenden Gutachten von der Beklagten in gleicher Weise im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden sind, wie die im Antrag zu 1 genannten Lichtbilder,
b) erforderlichenfalls die Richtigkeit dieser Angaben an Eides statt zu versichern ; 4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den aus der rechtswidrigen Nutzung der Lichtbilder, die gemäß der Auskunft nach Ziffer 3 im Internet veröffentlicht worden sind, resultierenden Schaden zu ersetzen.
- 4
- Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie macht geltend, die zur Veröffentlichung der Fotografien in der Restwertbörse erforderlichen Nutzungsrechte seien ihr zumindest stillschweigend eingeräumt worden. Es sei allen Beteiligten bekannt, dass Sachversicherer von ihnen versicherte Unfallfahrzeuge üblicherweise unter Einschaltung von Restwertbörsen begutachteten und verwerteten.
- 5
- Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Unterlassung und Zahlung von 80 € verurteilt. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt haben. Der Kläger hat seiner Berufungsschrift eine Anlage beigefügt, in der er zur Konkretisierung seines Auskunftsbegehrens 19 im Jahre 2004 erstellte Gutachten näher bezeichnet hat. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten und der Berufung des Klägers abgeändert und die Beklagte zur Unterlassung und Zahlung von 20 € verurteilt (OLG Hamburg GRUR-RR 2008, 378 = ZUM-RD 2009, 330). Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen der Kläger seine Klageanträge und die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei gemäß § 97 Abs. 1, § 19a UrhG zur Unterlassung und zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 20 € verpflichtet. Dazu hat es ausgeführt:
- 7
- Es seien auch bei Anwendung der in § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG normierten Zweckübertragungsregel keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger seiner Auftraggeberin ausschließliche Nutzungsrechte an den Lichtbildern eingeräumt habe. Der Zweck des Vertrages habe in der Erstellung eines Gutachtens durch den Kläger bestanden, das die Auftraggeberin gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zur Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche verwenden könne. Dieser Zweck habe es nicht erfordert, dass der Klä- ger seiner Auftraggeberin das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung digitalisierter Lichtbilder des Unfallfahrzeugs im Internet einräume. Das Interesse der Beklagten als Versicherer, sich durch die Einholung von Vergleichsangeboten zusätzlich abzusichern, habe den Zweck des zwischen dem Kläger und seiner Auftraggeberin geschlossenen Vertrages nicht bestimmt. Dies gelte auch dann, wenn die Vertragsparteien davon ausgegangen seien, dass das Gutachten letztlich ausschließlich für den Versicherer erstellt werde, und dieser damit in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sei.
- 8
- Der Zahlungsanspruch sei nur in Höhe von 20 € begründet. Die Empfehlungen "Bildhonorare 2006" der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing könnten zur Schadensschätzung nicht herangezogen werden, weil nicht vorgetragen oder ersichtlich sei, dass sie für die in Rede stehende Art der Nutzung Regelungen enthielten. Bei der Schadensschätzung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger für die Erstellung und die Verwertung der Lichtbilder im Rahmen des Gutachtenauftrags bereits honoriert worden sei und lediglich die darüber hinausgehende Nutzung durch öffentliches Zugänglichmachen der Lichtbilder von der Vergütung nicht umfasst gewesen sei. Diese überschießende Nutzung sei im Hinblick auf die kurze Zeitdauer und den eingegrenzten Umfang des Einstellens von Lichtbildern in Restwertbörsen mit einem Mehrbetrag von 5 € pro Lichtbild angemessen abgegolten.
- 9
- Ein Auskunftsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Er scheitere, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, an Zumutbarkeitserwägungen. Auskunftserteilung könne zudem nur über den konkreten Verletzungsfall, nicht dagegen über mögliche andere Verletzungsfälle verlangt werden. Gegenstand des auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Unterlassungsantrags seien drei konkrete Lichtbilder. Bei der Veröffentlichung von Lichtbildern aus den vom Kläger in der Anlage zum Berufungsantrag bezeichneten Gutachten handele es sich nicht um kerngleiche, sondern um grundlegend abweichende Verletzungshandlungen , seien diese auch der Art nach ähnlich.
- 10
- Da kein Auskunftsanspruch bestehe, entfalle auch der auf den Auskunftsanspruch bezogene Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht.
- 11
- II. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Revision des Klägers hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Anträge auf Auskunftserteilung , eidesstattliche Versicherung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wendet.
- 12
- 1. Der Unterlassungsanspruch ist - entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten - gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG begründet. Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann nach dieser Bestimmung vom Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
- 13
- a) Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht, auf dessen Ausführungen es Bezug genommen hat, zutreffend und von der Revision der Beklagten unbeanstandet davon ausgegangen, dass die von der Beklagten in die Restwertbörse eingestellten vier Fotografien aus dem Gutachten des Klägers vom 13. September 2006 gemäß § 72 UrhG als Lichtbilder urheberrechtlich geschützt sind.
- 14
- b) Die Vorinstanzen haben weiter mit Recht angenommen, dass die Beklagte diese Lichtbilder durch das Einstellen ins Internet im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht und damit in das dem Lichtbildner nach § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 UrhG zustehende ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben, eingegriffen hat.
- 15
- c) Berufungsgericht und Landgericht sind ferner zutreffend davon ausgegangen , dass das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung der Lichtbilder dem Kläger zustand und die Beklagte dieses Recht widerrechtlich verletzt hat.
- 16
- Die urheberechtlichen Nutzungsrechte an den Fotografien standen nach § 72 Abs. 2 UrhG zunächst dem Mitarbeiter des Klägers zu, der die Fotografien angefertigt hat und daher Lichtbildner im Sinne dieser Bestimmung ist. Dieser Mitarbeiter hat dem Kläger sämtliche Nutzungsrechte an den Lichtbildern eingeräumt.
- 17
- Es kann aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, dass der Kläger der Beklagten das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung der Lichtbilder selbst eingeräumt oder gegenüber der Beklagten in eine öffentliche Zugänglichmachung der Lichtbilder eingewilligt hat. Dass ein Sachverständiger das seinem Auftraggeber erstattete Gutachten über den Schaden an einem Unfallfahrzeug unmittelbar dem Haftpflichtversicherer zuleitet, entspricht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einer langen und verbreiteten Übung, die allein einer zweckmäßigen und unkomplizierten Schadensabwicklung dient. Der Gutachter handelt bei der Übermittlung des Gutachtens an den Versicherer daher in aller Regel - und so auch hier - lediglich als Bote oder Vertreter seines Auftraggebers und gibt keine Willenserklärungen im eigenen Namen ab (vgl. Diehl, ZfSch 2009, 89, 90; Blankenburg, VersR 2009, 1444, 1448; a.A. LG Nürnberg-Fürth Schaden-Praxis 2008, 195, 196). Selbst wenn - wie die Beklagte geltend macht - eine Branchenübung bestünde, nach der Autoversicherer die in Sachverständigengutachten enthaltenen Lichtbilder in Restwertbörsen einstellen, könnte daher nicht an- http://www.juris.de/jportal/portal/t/2cmp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309392001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2cmp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309392001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2cmp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309392001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - genommen werden, der Kläger habe sich mit der Übermittlung seines Gutachtens an die Beklagte einer solchen Branchenübung unterwerfen und der Beklagten stillschweigend ein entsprechendes Nutzungsrecht einräumen oder eine entsprechende Einwilligung erteilen wollen.
- 18
- Aber auch seiner Auftraggeberin hat der Kläger das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung der Lichtbilder weder ausdrücklich noch stillschweigend eingeräumt. Diese konnte der Beklagten daher ein solches Recht weder selbst noch durch den Kläger als Boten oder Vertreter verschaffen. Das Berufungsgericht hat angenommen, der zwischen dem Kläger und seiner Auftraggeberin geschlossene Vertrag biete auch unter Berücksichtigung der in § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG normierten Zweckübertragungsregel keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seiner Auftraggeberin entsprechende Nutzungsrechte an den Lichtbildern eingeräumt habe. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision der Beklagten haben keinen Erfolg.
- 19
- aa) Die Auslegung der Erklärungen der Parteien durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urt. v. 14.12.2006 - I ZR 34/04, GRUR 2007, 693 Tz. 26 = WRP 2007, 986 - Archivfotos
).
- 20
- bb) Haben die Parteien beim Abschluss eines Vertrages - wie hier - nicht ausdrücklich geregelt, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist. Nach dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Übertragungszweckgedanken räumt ein Nutzungsberechtigter im Zweifel nur in dem http://www.juris.de/jportal/portal/t/2kmo/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313599900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Umfang Nutzungsrechte ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. Dies bedeutet, dass im Allgemeinen nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 174/01, GRUR 2004, 938 f. = WRP 2004, 1497 - Comic-Übersetzungen III). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
- 21
- cc) Den Zweck des Vertrages hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision der Beklagten unbeanstandet in der Erstellung eines Gutachtens durch den Kläger gesehen, das seine Auftraggeberin gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zur Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche verwenden könne. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen , dieser Zweck habe es nicht erfordert, dass der Kläger seiner Auftraggeberin das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung digitalisierter Lichtbilder des Unfallfahrzeugs im Internet einräume. Das Interesse der Beklagten als Versicherer , sich durch die Einholung von Vergleichsangeboten zusätzlich abzusichern , habe den Zweck des zwischen dem Kläger und seiner Auftraggeberin geschlossenen Vertrages nicht bestimmt. Dies gelte auch dann, wenn die Vertragsparteien davon ausgegangen seien, dass das Gutachten letztlich ausschließlich für den Versicherer erstellt werde und dieser damit in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sei.
- 22
- dd) Die Revision der Beklagten rügt, diese Beurteilung des Berufungsgerichts leide an inneren Widersprüchen und verletze den anerkannten Auslegungsgrundsatz einer interessengerechten Auslegung, weil sie die Interessen der Beklagten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen der Beklagten und der Geschädigten und aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten der Beklagten zwischen der Geschädigten und dem Kläger nicht angemessen berücksichtige. Unter Berücksichtigung dieser Interessen sei davon auszugehen, dass der Beklagten mit der Übersendung des Gutachtens das Recht eingeräumt worden sei, die darin enthaltenen Lichtbilder in digitalisierter Form in eine Internet-Restwertbörse einzustellen.
- 23
- Der Versicherer des Schädigers könne vom Geschädigten nach § 158d Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. (§ 119 Abs. 3 Satz 1 VVG n.F.) Auskunft verlangen, soweit diese zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich sei. Die Auskunft solle es dem Versicherer ermöglichen, etwa noch notwendige Schadensfeststellungen zu treffen und unbegründete Ansprüche des Geschädigten abzuwehren. Der Geschädigte sei dem Versicherer zudem nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf dessen Interessen verpflichtet. In der Zusammenschau ergebe sich aus diesen Regelungen die Verpflichtung des Geschädigten, dem Versicherer die Bilder des geschädigten Fahrzeugs zum Einstellen in eine Restwertbörse zur Verfügung zu stellen und ihm damit eine Überprüfung des Restwerts zu ermöglichen. Dies sei dem Geschädigten zumutbar, da eine solche Überprüfung des Restwerts üblich und für ihn kostenlos sei.
- 24
- Der Versicherer des Schädigers sei zudem als Dritter in den Schutzbereich des zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen geschlossenen Vertrages einbezogen, der die Erstattung eines Gutachtens zum Gegenstand habe, das dem Versicherer zur Abwicklung des Schadensersatzanspruchs übersandt werde. Der Sachverständige habe dem Versicherer darüber hinaus für die Richtigkeit seines Gutachtens einzustehen. Er müsse es ihm daher ermöglichen, den Inhalt des Gutachtens auf Plausibilität zu prüfen. Die Einstellung der im Rahmen des Gutachtens angefertigten Lichtbilder in eine Internet -Restwertbörse sei dafür der übliche und wirtschaftlichste Weg. http://www.juris.de/jportal/portal/t/2zpl/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE024203301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 12 -
- 25
- ee) Damit hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Sie berücksichtigt nicht hinreichend, dass der Geschädigte und der Sachverständige nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners gegenüber nicht verpflichtet sind, bei der Ermittlung des Restwerts den Kaufpreis zu berücksichtigen, der für das unfallbeschädigte Fahrzeug in einer Restwertbörse im Internet geboten wird. Es kann daher nicht angenommen werden, der Kläger habe seiner Auftraggeberin das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung der im Gutachten enthaltenen Fotografien in Internet-Restwertbörsen einräumen wollen, damit diese das Recht ihrerseits der Beklagten verschaffen könne.
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- Nimmt der Geschädigte bei der Beschädigung eines Fahrzeugs die Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB selbst in die Hand, ist der Aufwand zur Wiederherstellung nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Diese subjektbezogene Schadensbetrachtung gilt auch für die Frage, in welcher Höhe dem Geschädigten im Hinblick auf die ihm in seiner Lage mögliche und zumutbare Verwertung seines Unfallfahrzeugs ein Schaden entstanden ist. Danach ist als Restwert der Kaufpreis anzusetzen , den der Geschädigte auf dem allgemein zugänglichen regionalen Markt für das unfallbeschädigte Fahrzeug erzielen kann. Der Geschädigte muss sich dagegen nicht einen höheren Restwert anrechnen lassen, der sich erst nach Recherchen auf dem Sondermarkt über Internet-Restwertbörsen und spezialisierte Restwertaufkäufer ergibt. Da er diesen Preis bei einer Inzahlunggabe oder einem Verkauf auf dem ihm zugänglichen allgemeinen regionalen Markt nicht erzielen kann, müsste er sich anderenfalls entweder mit einem geringeren Schadensersatz abfinden oder seinerseits zeitaufwändig nach besseren Verwertungsmöglichkeiten suchen; dazu ist er aber nicht verpflichtet (BGH, Urt. v. 13.1.2009 - VI ZR 205/08, NJW 2009, 1265 Tz. 9 f. m.w.N.).
- 27
- Nutzt der Geschädigte sein Fahrzeug nach dem Unfall unrepariert weiter, gilt für die Abrechnung des Schadens nichts anderes. Auch in einem solchen Fall kann der Geschädigte der Schadensabrechnung den Restwert zugrunde legen, der nach den örtlichen Gegebenheiten ermittelt worden ist, und muss sich nicht das Angebot eines Restwerthändlers außerhalb des ihm zugänglichen allgemeinen regionalen Markts entgegenhalten lassen, das der Versicherer über das Internet ermittelt hat. Anderenfalls könnte der Versicherer des Schädigers den Verkauf des Fahrzeugs mit einem entsprechend hohen Angebot erzwingen oder liefe der Geschädigte bei einem späteren Verkauf in eigener Regie jedenfalls Gefahr, wegen eines wesentlich niedrigeren Verkaufspreises des Unfallfahrzeugs für den Kauf des Ersatzfahrzeugs eigene Mittel aufwenden zu müssen. Dies entspricht nicht dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes, nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und grundsätzlich selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt (BGHZ 171, 287 Tz. 10).
- 28
- Diese Grundsätze gelten auch für die Begutachtung durch einen vom Geschädigten eingeschalteten Sachverständigen. Der Sachverständige hat den Fahrzeugrestwert aus der Position seines Auftraggebers zu ermitteln. Er hat daher gleichfalls auf den Kaufpreis abzustellen, den der Geschädigte auf dem ihm regional zugänglichen allgemeinen Markt für das unfallbeschädigte Fahrzeug erzielen kann. Der Gutachtenumfang wird durch den Gutachtenauftrag und nicht durch das Interesse des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners an einer besonders kostensparenden Schadensabrechnung bestimmt. Auch der Gutachter hat daher nicht die optimale Verwertungsmöglichkeit unter Einschluss von Online-Börsen zu ermitteln (BGH NJW 2009, 1265 Tz. 10).
- 29
- Soweit der Versicherer in den Schutzbereich des zwischen dem Sachverständigen und dem Geschädigten geschlossenen Vertrags einbezogen ist, reichen seine Rechte nicht weiter als die des Vertragspartners selbst. Auch wenn der Sachverständige weiß, dass das Gutachten im Regelfall als Grundlage der Schadensregulierung dient und Auswirkungen für den Haftpflichtversicherer haben kann, hat er es daher nur unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung zum Schadensersatz bei KFZ-Unfällen zu erstellen, ohne zu weiteren Erhebungen und Berechnungen im Interesse des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners verpflichtet zu sein (BGH NJW 2009, 1265 Tz. 8).
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- 2. Die Revision des Klägers rügt ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht den Zahlungsanspruch lediglich in Höhe von 20 € und nicht - wie vom Kläger beantragt - in Höhe von 114 € als begründet erachtet hat.
- 31
- Das Berufungsgericht hat den Zahlungsanspruch zwar als Schadensersatzanspruch bezeichnet. Es hat aber durch seine Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts zu erkennen gegeben, dass es ebenso wie dieses auch von einem - verschuldensunabhängigen - Bereicherungsanspruch ausgeht. Dem Kläger steht der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zwar unter beiden rechtlichen Gesichtspunkten zu. Dieser Anspruch ist jedoch nur in der vom Berufungsgericht zuerkannten Höhe begründet.
- 32
- a) Der Kläger kann die Beklagte nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F. auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Die Beklagte hat dadurch, dass sie die vier in Rede stehenden Lichtbilder in die Restwertbörse in das Internet eingestellt hat, das dem Kläger zustehende Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung widerrechtlich verletzt. Das Verschulden der Beklagten ergibt sich daraus , dass sie sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt hat, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste http://www.juris.de/jportal/portal/t/1b54/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=37&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309089800&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1b54/ [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wr0/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=39&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304219001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wr0/ [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3i0e/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE033902301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 - (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2009 - I ZR 168/06, GRUR 2010, 123 Tz. 42 = WRP 2010, 57 - Scannertarif, m.w.N.). Der Kläger kann seinen Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen und als Schadensersatz danach die für eine solche Benutzungshandlung angemessene und übliche Lizenzgebühr beanspruchen (vgl. BGH, Urt. v. 26.3.2009 - I ZR 44/06, GRUR 2009, 660, Tz. 13 = WRP 2009, 847 - Resellervertrag, m.w.N.).
- 33
- b) Die Beklagte ist dem Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB auch zur Herausgabe verpflichtet. Sie hat dadurch, dass sie die vier in Rede stehenden Lichtbilder in die Restwertbörse im Internet eingestellt hat, in den Zuweisungsgehalt des dem Kläger zustehenden Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung eingegriffen und damit auf seine Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund erlangt. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht gleichfalls in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGHZ 82, 299, 307 f. - Kunststoffhohlprofil II; BGH, Urt. v. 29.7.2009 - I ZR 87/07, GRUR 2010, 237 Tz. 22 = WRP 2010, 390 -Zoladex, m.w.N.).
- 34
- c) Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Im Revisionsverfahren ist nur zu prüfen , ob die tatrichterliche Schätzung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder ob der Tatrichter wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer Acht gelassen hat und insbesondere schätzungsbegründende Tatsachen nicht gewürdigt hat, die die Parteien vorgebracht haben oder sich aus der Natur der Sache ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.2005 - I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Tz. 24 = WRP 2006, 274 - Presse- http://www.juris.de/jportal/portal/t/hgp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302068601&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/hgp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302068601&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/hgp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302068601&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - fotos; Urt. v. 2.10.2008 - I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 Tz. 23 = WRP 2009, 319 - Whistling for a train). Dies ist hier nicht der Fall.
- 35
- aa) Die Revision des Klägers macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht hätte zur Ermittlung der marktüblichen Lizenzgebühr den von der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing für das Jahr 2006 ermittelten Vergütungssatz für die "Einblendung in Onlinedienste, Internet (Werbung und PR) Webdesign" zugrunde legen müssen, nach der für die hier in Rede stehende Nutzung der Lichtbilder eine marktgerechte Vergütung von 60 € pro Foto zu zahlen sei.
- 36
- Bei der Ermittlung einer angemessenen Lizenzgebühr liegt es allerdings nahe, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen , wenn sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH GRUR 2006, 136 Tz. 27 - Pressefotos, m.w.N.). Es kann dahinstehen , ob die Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM-Empfehlungen), bei denen es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr eher um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handelt, branchenübliche Vergütungssätze enthalten (bejahend OLG Brandenburg GRUR-RR 2009, 413 Tz. 29; LG Mannheim ZUM 2006, 886, 887; verneinend LG Stuttgart ZUM 2009, 77, 82; vgl. auch BGH GRUR 2006, 136 Tz. 30 - Pressefotos).
- 37
- Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die MFM-Empfehlungen für das Jahr 2006 im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb keine tragfähige Grundlage für eine Schätzung der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr bilden, weil nicht vorgetragen oder ersichtlich ist, dass sie für die hier in Rede stehende Art der Nutzung Regelungen enthalten. Die Be- klagte hat die Lichtbilder nicht zur Vermarktung des Unfallfahrzeugs, sondern zur Überprüfung der Restwertermittlung genutzt. Es handelt sich damit nicht um einen Fall der Verwendung von Fotografien für Werbung im Internet, auf die sich der vom Kläger herangezogene Vergütungssatz der MFM-Empfehlungen bezieht.
- 38
- bb) Die Revision des Klägers beanstandet die Annahme des Berufungsgerichts , bei der Schadensschätzung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger für die Erstellung und die Verwertung der Lichtbilder im Rahmen des Gutachtenauftrags bereits honoriert worden sei, zu Unrecht als denkgesetzwidrig. Das Berufungsgericht hat entgegen der Darstellung der Revision des Klägers nicht übersehen, dass sich die Honorierung des Klägers nicht auf die Einstellung der Fotos ins Internet bezog. Es hat vielmehr geprüft, welche Lizenzgebühr für die über die bereits vergütete Nutzung hinausgehende Verwertung der Lichtbilder durch öffentliches Zugänglichmachen in der Restwertbörse angemessen ist.
- 39
- cc) Vergeblich wendet sich die Revision des Klägers gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das Einstellen der Lichtbilder in die Restwertbörse sei im Hinblick auf die kurze Dauer und den eingegrenzten Umfang mit einem Mehrbetrag von 5 € pro Lichtbild angemessen abgegolten. Die Revision des Klägers stellt nicht in Abrede, dass die Fotografien lediglich für zwei Tage in die Restwertbörse eingestellt und dort auch nur einem beschränkten Kreis von gewerblichen Aufkäufern zugänglich waren, die über das Kennwort für die Restwertbörse verfügten. Die Beurteilung, für eine solche Nutzung sei eine Lizenzgebühr von 5 € pro Lichtbild angemessen, liegt im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens.
- 40
- dd) Entgegen der Darstellung der Revision des Klägers kann nicht angenommen werden, das Berufungsgericht habe die Qualität der Fotos nicht zutref- http://www.juris.de/jportal/portal/t/po4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BORE101688000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/po4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BORE101688000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 18 - fend berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat die Qualität der Lichtbilder im Rahmen seiner Schätzung als einen wertbildenden Faktor bezeichnet. Es ist nicht ersichtlich, dass es dabei übersehen hat, dass die Herstellung der in Rede stehenden Fotografien technischen Sachverstand erfordert.
- 41
- ee) Die Revision des Klägers wendet erfolglos ein, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass auf die Veröffentlichung von Lichtbildern eines unfallbeschädigten Fahrzeugs im Internet in der Regel erheblich höhere Angebote abgegeben würden als auf dem regionalen Markt. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil diese höheren Angebote - wie unter II 1 c ee ausgeführt - für die Schadensberechnung in aller Regel nicht von Bedeutung sind und sich damit nicht zum Vorteil des Versicherers auswirken. Das Berufungsgericht hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei der Berechnung des Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F. nicht auf den vom Verletzer durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinn ankommt.
- 42
- 3. Die Revision des Klägers rügt dagegen mit Recht, dass das Berufungsgericht den Anspruch auf Auskunftserteilung als unbegründet angesehen hat.
- 43
- a) Der Verletzte kann vom Verletzer zur Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs (BGH, Urt. v. 7.12.1979 - I ZR 157/77, GRUR 1980, 227, 232 - Monumenta Germaniae Historica) oder eines auf die Herausgabe des Erlangten gerichteten Bereicherungsanspruchs (BGHZ 129, 66, 75 - Mauerbilder) nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Auskunftserteilung verlangen. Dieser Anspruch auf Auskunftserteilung setzt voraus, dass der Verletzte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Anspruchs auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich im Ungewissen ist und sich http://www.juris.de/jportal/portal/t/po4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE106648501&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/po4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE106648501&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 19 - die zur Durchsetzung dieser Ansprüche notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann, während der Verletzer sie unschwer, das heißt ohne unbillig belastet zu sein, erteilen kann (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 95, 274, 278 f. - GEMA-Vermutung I).
- 44
- b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert der vom Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht daran, dass die begehrte Auskunftserteilung für die Beklagte unzumutbar ist.
- 45
- Das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht verwiesen hat, hat hierzu ausgeführt, der Kläger habe nicht dargetan, weshalb er nicht in der Lage sei, ebenso gut wie die Beklagte andere Verletzungen zu recherchieren oder der Beklagten jedenfalls mitzuteilen, welche Gutachten zu welchen Schadensfällen er in der maßgeblichen Zeit bei ihr eingereicht habe. Das einseitige Verlagern der kompletten Recherche auf die Beklagte ohne die Ausschöpfung zumutbarer eigener Möglichkeiten sei mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren. Mit dieser Begründung kann der Auskunftsanspruch nicht verneint werden.
- 46
- Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunftserteilung darüber, in welchem Umfang diese Lichtbilder aus den im Jahr 2004 erstellten und von ihm zu bezeichnenden Gutachten in gleicher Weise im Internet öffentlich zugänglich gemacht hat, wie die im Unterlassungsantrag genannten Lichtbilder aus dem im Jahr 2006 erstellten Gutachten. Da der Kläger seinen Anspruch ausschließlich auf von ihm zu bezeichnende Gutachten bezieht, verlangt er von der Beklagten nicht, dass sie Nachforschungen nach Gutachten anstellt, aus denen sie möglicherweise Lichtbilder entnommen und ins Internet eingestellt hat. Der Kläger hat zudem bereits in der Klageschrift zur Konkretisierung seines Auskunftsantrags auf eine der Beklagten vorgerichtlich übersandte tabellarische Übersicht verwiesen, in der er 19 im Jahre 2004 erstellte Gutachten bezeichnet hat. Diese Übersicht hat der Kläger dann als Anlage zur Berufungsschrift vorgelegt. Damit hat er bereits im Laufe des Rechtsstreits klargestellt, auf welche Gutachten sich sein Auskunftsbegehren bezieht.
- 47
- Dem Kläger war es nicht zuzumuten, zu recherchieren, ob und inwieweit die Beklagte aus den von ihm benannten Gutachten Lichtbilder entnommen und in Restwertbörsen eingestellt hat. Es ist nicht ersichtlich, wie der Kläger dies mit zumutbarem Aufwand hätte herausfinden können. Dagegen ist anzunehmen, dass die Beklagte dies bei einer Durchsicht ihrer Geschäftsunterlagen unschwer feststellen kann. In der Übersicht des Klägers sind sämtliche Gutachten mit Angaben über den Versicherungsnehmer der Beklagten, die Versicherungsnummer , den Schadentag, die Reparaturkosten, den Wiederbeschaffungswert, den Restwert und die Anzahl der Lichtbilder aufgelistet.
- 48
- c) Der Auskunftsanspruch des Klägers ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht deshalb unbegründet, weil Auskunftserteilung nur über den konkreten Verletzungsfall und nicht über mögliche andere Verletzungsfälle verlangt werden kann.
- 49
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, Gegenstand des auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Unterlassungsantrags seien drei konkrete Lichtbilder. Bei der Veröffentlichung von Lichtbildern aus den vom Kläger in der Anlage zum Berufungsantrag bezeichneten Gutachten handele es sich nicht um kerngleiche, sondern um grundlegend abweichende Verletzungshandlungen , seien diese auch der Art nach ähnlich. Die Revision des Klägers macht mit Recht geltend, dass das Berufungsgericht damit den Umfang des Anspruchs auf Auskunftserteilung im Streitfall zu eng bestimmt hat.
- 50
- Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz können - soweit Begehungsgefahr gegeben ist - über die konkrete Verletzungshandlung hinaus im Umfang solcher Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (vgl. BGHZ 166, 233 Tz. 34, 36 - Parfümtestkäufe, m.w.N.). Das Charakteristische der (festgestellten ) Verletzungshandlung der Beklagten besteht darin, dass sie Fotografien aus einem Gutachten des Klägers, nachdem sie diese eingescannt und digitalisiert hat, in einer Restwertbörse im Internet eingestellt und dadurch urheberrechtliche Nutzungsrechte des Klägers an diesen Lichtbildern verletzt hat.
- 51
- Der Auskunftsanspruch des Klägers bezieht sich allerdings nicht auf weitere Verletzungen der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den vier Lichtbildern , die die Beklagte vom 18. bis zum 20. September 2006 in die Restwertbörse eingestellt hat; er betrifft vielmehr andere Lichtbilder und damit andere Schutzgegenstände. Im Regelfall kann zwar aufgrund der Verletzung eines bestimmten Schutzrechts nicht zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs Auskunft darüber verlangt werden, ob auch bestimmte andere Schutzrechte verletzt worden sind (vgl. zur Verletzung von Marken BGHZ 166, 253 Tz. 41 - Markenparfümverkäufe, m.w.N.). Dies gilt aber nur, soweit über die bereits begangene Verletzung des einen Schutzrechts hinaus keine rechtliche Beziehung zwischen den Beteiligten besteht und die Gewährung eines auf die Verletzung anderer Schutzrechte gerichteten Auskunftsanspruchs demnach darauf hinausliefe, einen rechtlich nicht bestehenden allgemeinen Auskunftsanspruch anzuerkennen und der Ausforschung unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln Tür und Tor zu öffnen (vgl. BGHZ 148, 26, 35 - Entfernung der Herstellungsnummer II; 166, 253 Tz. 41 - Markenparfümverkäufe). Ist Letzteres nicht der Fall, kann sich der Auskunftsanspruch auch auf andere Schutz- rechte oder Schutzgegenstände erstrecken. So kann insbesondere bei der Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an bestimmten Werken einer Verwertungsgesellschaft aufgrund der rechtlichen Beziehung zwischen ihr und dem auf Auskunft in Anspruch Genommenen ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über die Verletzung von Nutzungsrechten an weiteren Werken aus Treu und Glauben zustehen, wenn dem kein anerkennenswertes Interesse des Auskunftspflichtigen entgegensteht (vgl. BGH, Urt. v. 21.4.1988 - I ZR 210/86, GRUR 1988, 604, 605 - Kopierwerk, m.w.N.).
- 52
- Damit ist die vorliegend zu beurteilende Fallgestaltung vergleichbar. Die rechtliche Beziehung zwischen den Parteien, die nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Auskunftsinteresse des Klägers begründet, beschränkt sich nicht lediglich auf die Vornahme der (festgestellten) Verletzungshandlung (hier: auf das unerlaubte öffentliche Zugänglichmachen der im Unterlassungsantrag genannten Lichtbilder). Unstreitig sind vielmehr nicht nur diese, sondern auch die weiteren im Auskunftsantrag des Klägers bezeichneten Lichtbilder der Beklagten einvernehmlich vom Kläger zu einem bestimmten Zweck überlassen worden, nämlich zur Abwicklung der jeweiligen Schadensfälle, in deren Zusammenhang der Kläger seine Sachverständigengutachten erstellt hat. Der Kläger begehrt Auskunft darüber, in welchem Umfang die Beklagte Lichtbilder aus den im Jahr 2004 erstellten - und von ihm genau bezeichneten - Gutachten in gleicher Weise öffentlich zugänglich gemacht hat, wie die im Unterlassungsantrag genannten Lichtbilder aus dem im Jahr 2006 erstellten Gutachten. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass sie 19 weitere im Jahre 2004 verfasste Gutachten des Klägers im Besitz hat, die Angaben zum Restwert und insgesamt 257 Lichtbilder enthalten. Sie hat das Einstellen von Fotografien aus Gutachten in Restwertbörsen zudem als eine - auch in ihrem Unternehmen - übliche Vorgehensweise zur Überprüfung des von Sachverständigen ermittelten Restwerts be- zeichnet. Unter diesen Umständen besteht kein anerkennenswertes Interesse der Beklagten, den ihr bekannten Umfang der Nutzung sämtlicher ihr für eine bestimmte Verwendung überlassenen Lichtbilder zu verheimlichen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung ist, auch wenn sie sich auf andere Lichtbilder bezieht, bei dieser Sachlage nicht mit der Gefahr einer unzulässigen Ausforschung der Beklagten verbunden.
- 53
- d) Die Abweisung des Auskunftsantrags durch das Berufungsgericht stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 54
- aa) Dem Auskunftsanspruch steht nicht entgegen, dass die behaupteten Verletzungshandlungen zeitlich vor der festgestellten Verletzungshandlung liegen. Der aus einer Schutzrechtsverletzung folgende Schadensersatzanspruch und der der Bezifferung dieses Anspruchs dienende Auskunftsanspruch sind nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht auf den Zeitraum seit der vom Gläubiger nachgewiesenen ersten Verletzungshandlung beschränkt. Dies trägt dem Interesse des Gläubigers an einer effektiven Rechtsdurchsetzung nach vorausgegangener Rechtsverletzung Rechnung; dieses Interesse überwiegt das Interesse des Schuldners, keine dem Gläubiger unbekannten Verletzungshandlungen zu offenbaren (BGHZ 173, 269 Tz. 24 f. - Windsor Estate).
- 55
- bb) Da der unselbständige Auskunftsanspruch zur Berechnung des Schadensersatzes nur besteht, soweit eine Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt werden kann, setzt er ferner voraus, dass auch die durch die verallgemeinernde Fassung des Auskunftsbegehrens umschriebenen, aber als solche noch nicht konkret festgestellten Verletzungshandlungen nicht anders als schuldhaft begangen sein können (vgl. BGHZ 166, 233 Tz. 45 - Parfümtestkäufe ). Das Verschulden der Beklagten ergibt sich im Streitfall daraus, dass sie http://www.juris.de/jportal/portal/t/1b54/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=37&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309089800&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1b54/ [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/19zv/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE030102301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 24 - sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt hat, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2010, 123 Tz. 42 - Scannertarif, m.w.N.).
- 56
- 4. Aus den dargelegten Gründen kann auch die Abweisung der auf den Auskunftsantrag bezogenen Anträge auf Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht keinen Bestand haben.
- 57
- III. Auf die Revision des Klägers ist danach das Berufungsurteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers und der Revision der Beklagten im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Anträge auf Auskunftserteilung , eidesstattliche Versicherung und Feststellung der Schadensersatzpflicht durch das Landgericht zurückgewiesen hat.
- 58
- 1. Über die Anträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht hat der Senat selbst zu entscheiden, da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Anspruch auf Auskunftserteilung ist nach § 242 BGB begründet , der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist nach § 97 Abs. 1 UrhG a.F. gegeben (vgl. unter II 3 c und d).
- 59
- 2. Der Antrag, die Beklagte zu verurteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit der erteilten Auskunft eidesstattlich zu versichern, kann zwar aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) mit den Anträgen auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht ver- bunden werden; über diesen Antrag kann aber erst nach Erteilung der Auskunft entschieden werden (BGH, Urt. v. 22.9.1999 - I ZR 48/07, GRUR 2000, 226, 227 = WRP 200, 101 - Planungsmappe, m.w.N.). Die Sache ist daher insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen, das bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich des Revisionsverfahrens - zu befinden hat.
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.11.2007 - 308 O 288/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.04.2008 - 5 U 242/07 -
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerinnen wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 20.11.2013 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 28 O 467/12 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt,
a) an die Klägerin zu 2. einen Betrag von 800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen,
b) an die Klägerin zu 3. einen Betrag 1.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen,
c) an die Klägerin zu 4. einen Betrag von 1.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen.
d) an die Klägerinnen zu 1. bis 4. zu gleichen Teilen einen Betrag von 1.200,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen 1/5 und der Beklagte 4/5 zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit es nicht abgeändert worden ist, sind vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerinnen begehren Schadensersatz sowie die Erstattung von Abmahnkosten wegen eines nach ihrer Darstellung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgten Angebots zum illegalen Download von MP3-Dateien.
4Die Klägerinnen verfügen als Tonträgerhersteller über ausschließliche Verwertungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Nach den Ermittlungen der von ihnen beauftragten Firma Q N GmbH wurden am 18.11.2007 um 19:51:51 Uhr unter der IP-Adresse 80.XXX.XX.199 mittels der Tauschbörsensoftware „Bear-Share“ insgesamt 809 Audiodateien zum kostenlosen Herunterladen angeboten. In einem auf Strafanzeige der Klägerinnen hin eingeleiteten Ermittlungsverfahren teilte die Deutsche Telekom AG als zuständiger Internetprovider der Staatsanwaltschaft Kleve mit, dass die ermittelte IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen gewesen sei. Hiervon erhielten die Klägerinnen durch eine Nachricht der Staatsanwaltschaft vom 25.03.2008 Kenntnis. Über die individuelle Benutzerkennung der „Bear-Share“-Software konnten weitere Aktivitäten innerhalb der Tauschbörse am 04.12.2007, 21:43 Uhr, 11.12.2007, 19:16 Uhr und 19.12.2007, 16:14 Uhr ermittelt werden.
5Der Beklagte war im November und Dezember 2007 Inhaber eines WLAN-Internetzugangs mit einem durch eine WPA2-Verschlüsselung gesicherten Router. An den Internetzugang war ein Rechner angebunden, der von dem Beklagten, seiner Ehefrau sowie den damals 17 und 15 Jahre alten Kindern benutzt wurde.
6Die Klägerinnen mahnten den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 08.05.2008 ab. Zur Abgeltung von Ersatzansprüchen schlugen sie ihm eine pauschale Zahlung von 6.000,00 € vor. Der Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, wies Zahlungsansprüche jedoch zurück.
7Am 23.12.2011 haben die Klägerinnen einen Mahnbescheid gegen den Beklagten über 2.380,80 € Kostenerstattung sowie insgesamt 3.000,00 € Lizenzschadensersatz beantragt. Der Mahnbescheid ist am 20.03.2012 erlassen worden. Gegen den ihm am 27.03.2012 zugestellten Mahnbescheid hat der Beklagte am 29.03.2012 Widerspruch eingelegt. Nachdem die Klägerinnen am 11.10.2012 die zweite Hälfte des Gerichtskostenvorschusses eingezahlt haben, ist die Sache am 17.10.2012 an das Landgericht Köln abgegeben worden und dort am 25.10.2012 eingegangen. Die Klägerinnen haben vorgetragen, ihnen stünden Leistungsschutzrechte an ca. 80 % der Audiodateien zu, was sie für 108 Titel näher dargelegt haben. Die Klägerinnen haben Erstattung von Abmahnkosten in Höhe 2.380,80 € nebst Zinsen aus einen Gegenstandswert von 200.000,00 € verlangt. Außerdem haben drei der Klägerinnen Schadensersatz nebst Zinsen wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von insgesamt fünfzehn Musikaufnahmen verlangt, wobei sie für jeden Titel einen Lizenzschaden von 200,00 € veranschlagt haben, insgesamt 3.000,00 €; die Klägerin zu 2. hat für vier Titel 600,00 € verlangt, die Klägerin zu 3. für sechs Titel 1.200,00 € und die Klägerin zu 4. für fünf Titel ebenfalls 1.200,00 €.
8Der Beklagte hat gegen die Forderungen der Klägerinnen die Einrede der Verjährung erhoben und deren Aktivlegitimation bestritten. Außerdem hat er seine Passivlegitimation bestritten. Es müsse sich um einen Ermittlungsfehler handeln, IP-Adresse und individuelle Benutzerkennung der Software seien nicht ordnungsgemäß zugeordnet worden. Er habe selbst keine Rechtsverletzung begangen. Anhaltspunkte für mögliche Rechtsverletzungen durch seine Familienangehörige habe es nicht gegeben, er könne solche jedoch auch nicht ausschließen. Die Kinder, die im Gegensatz zu ihm an allen streitgegenständlichen Zeitpunkten zu Hause gewesen seien, seien vor der erstmaligen Internetnutzung und in regelmäßigen Abständen danach belehrt worden. Ihnen sei lediglich eine Nutzung für bestimmte Zwecke gestattet und andere Nutzungen untersagt gewesen. Die Schadensersatzforderung sei übersetzt. Er bestreite, dass die Abmahnkosten bereits gezahlt seien.
9Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Ehefrau des Beklagten als Zeugin; die Kinder des Beklagten haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 30.10.2013 Bezug genommen. Mit Urteil vom 20.11.2013, auf das gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO inhaltlich Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte hafte nicht nach § 97 UrhG, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die Rechtsverletzungen nicht von ihm oder seiner Ehefrau, sondern von einem der Kinder oder beiden Kindern begangen worden seien. Mangels Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht hafte der Beklagte auch nicht nach § 832 BGB. Damit komme eine Haftung als Störer ebenfalls nicht in Betracht.
10Gegen diese Entscheidung wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung. Sie tragen vor, dass das Landgericht zu Unrecht die Haftung des Beklagten als Täter verneint habe. Die Tatsachengrundlage sei rechtsfehlerhaft auf das Anspruchsbegehren angewandt worden. Für die Verantwortlichkeit des Beklagten als Inhaber des Anschlusses spreche eine tatsächliche Vermutung, die durch den streitigen Vortrag zur Mitnutzung durch Dritte nicht ausgeräumt sei. Weder aus der Darstellung des Beklagten noch aus der Aussage der Zeugin T2 ergebe sich, wann und wie die Kinder den Rechtsbruch unbemerkt begangen haben könnten. Aber selbst wenn eine unmittelbare Haftung des Beklagten als Täter ausgeschlossen wäre, hafte dieser nach § 832 BGB, da er auch auf der Grundlage der Aussage der Zeugin T2 schuldhaft seine elterlichen Aufsichtspflichten vernachlässigt habe. Die Zeugin habe gerade nicht bestätigt, dass sie oder der Beklagte die Kinder über die Rechtswidrigkeit der Internettauschbörsen belehrt und ihnen eine Teilnahme daran verboten hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerinnen wird auf die Berufungsbegründung vom 20.01.2014 und die Schriftsätze vom 10.06.2014, 25.08.2014 und 25.11.2014 nebst Anlagen Bezug genommen.
11Die Klägerinnen beantragen, unter Aufhebung des am 20.11.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln den Beklagten zu verurteilen,
121. an sie zu gleichen Teilen einen Betrag in Höhe von € 2.380,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
132. a) an die Berufungsklägerin zu 2. € 800,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
14b) an die Berufungsklägerin zu 3. € 1.200,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
15c) an die Berufungsklägerin zu 4. € 1.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
16zu zahlen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus erster Instanz. Der Beklagte ist insbesondere der Ansicht, dass aufgrund der Mitbenutzung des Internetanschlusses durch seine Familienangehörigen die Täterschaftsvermutung entkräftet sei. Er müsse nicht innerhalb der Familie aufklären, wer den etwaigen Rechtsbruch begangen habe. Der Beklagte verweigert seine Zustimmung zu einer seiner Ansicht nach durch die Klägerin zu 2. im Berufungsverfahren erklärten Klageänderung und verweist bezüglich der Klägerin zu 4. auf die Kostentragungspfllicht bei Teilklagerücknahme. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 31.03.2014 und die Schriftsätze vom 12.06.2014 und 18.07.2014 Bezug genommen.
20Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2014 rechtliche Hinweise erteilt. Außerdem hat er Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen von der G und T2. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.06.2014 und 16.01.2015 wird Bezug genommen.
21II.
22Die zulässige Berufung ist weitgehend begründet. Nur hinsichtlich eines Teilbetrages der Abmahnkosten hat das Rechtsmittel der Klägerinnen keinen Erfolg.
231. Den Klägerinnen zu 2. bis 4. stehen die von ihnen geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus § 97 UrhG zu. Ob die Vorschrift in ihrer alten Fassung greift oder mangels Übergangsvorschrift die zum 01.09.2008 geänderte Fassung des § 97 Abs. 2 UrhG anzuwenden ist (vgl. Czychowski, GRUR-RR 2008, 265, 268), kann dahinstehen, weil sich die Änderung des § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG a.F. wegen ihrer redaktionellen Natur nicht auswirkt (vgl. Wandtke/Bullinger - v. Wolff, UrhG, 3. Aufl., § 97 Rn. 3).
24Soweit die Klägerinnen zu 2. und 4. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 18.06.2014 ihre Anträge gegenüber der ersten Instanz dahingehend abgeändert haben, dass die Klägerin zu 2. für vier streitgegenständlichen Titel 800,00 € statt 600,00 € verlangt und die Klägerin zu 4. für fünf streitgegenständlichen Titel 1.000,00 € statt 1.200,00 €, liegt die Berichtigung eines aufgrund der Klagebegründung – Forderung von 200,00 € Lizenzschaden für jeden Titel – erkennbaren Versehens vor und keine Klageänderung bzw. Teilklagerücknahme, § 264 Nr. 2 ZPO.
25a) Der vom Beklagten erhobene Einwand der fehlenden Aktivlegitimation greift nicht. Die Klägerinnen zu 2. bis 4. sind in Bezug auf die fünfzehn dem Schadensersatzbegehren zugrunde gelegten, nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG schutzfähigen Musiktitel
26die Klägerin zu 2 bezüglich Cascada / Everytime We Touch, Rihanna / Umbrella, Rihanna / Don´t Stop The Music und Christina Stürmer / Ohne Dich,
27die Klägerin zu 3 bezüglich LaFee / Heul doch, Pur / Danke, Pur / Lena, Reamonn / Sunshine Baby, Reamonn / Supergirl und Reamonn / Waiting There For You
28sowie die Klägerin zu 4 bezüglich Andrea Berg / Du Hast Mich Tausend Mal Belogen, Guano Apes / Open Your Eyes, Guano Apes / Lords Of The Boards, Silbermond / Das Beste und Silbermond / Ohne Dich)
29unabhängig von etwa abgeleiteten ausschließlichen Nutzungsrechten der Urheber und ausübenden Künstler nach §§ 31, 15, 73, 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG jedenfalls gemäß § 85 Abs. 1 UrhG Inhaber des Tonträgerherstellerrechts. Nach den vorgelegten Ausdrucken der Katalogdatenbank „www.XXX-XXX.de“ der Q2 GmbH sind die Klägerinnen zu 2. bis 4. als Lieferantinnen der die fraglichen Titel enthaltenden Musikalben ausgewiesen. Dies ist ein hinreichendes Indiz für ihre Rechtsinhaberschaft. Wie dem Senat aus vielen ähnlich gelagerten Verfahren bekannt ist, handelt es sich bei dem „Q2“-Medienkatalog um den zentralen Einkaufskatalog für den Einzelhandel, der auf die Richtigkeit der Daten großen Wert legt. Um die Indizwirkung der Einträge in der Katalogdatenbank zu entkräften, hätte der Beklagte über sein pauschales Bestreiten mit Nichtwissen hinaus nähere Anhaltspunkte aufzeigen müssen, aus denen sich im konkreten Fall Zweifel an der Richtigkeit der Eintragungen ergeben könnten. Dies hat er nicht getan.
30b) Die streitbefangenen fünfzehn Musikaufnahmen sind über den Internetanschluss des Beklagten unbefugt öffentlich zugänglich gemacht worden.
31aa) Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Audiodateien am 18.11.2007 um 19:51 Uhr im Internet unter der IP-Adresse 80.XXX.XX.199 verfügbar gemacht worden sind. Hierfür sprechen zunächst die von den Klägerinnen zur Akte gereichten Screenshots (Anlagekonvolut K1, Bl. 44 ff. GA), denen Angaben zu den in Rede stehenden Downloadangeboten zu entnehmen sind. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Zeuge von der G den von den Klägerinnen geschilderten und durch die Screenshots dokumentierten Ermittlungsvorgang glaubhaft bestätigt und weiter erläutert. Der Zeuge, der nicht mehr bei der Q N GmbH beschäftigt ist, hat nach Durchsicht der ihm von den Klägerinnen vor dem Termin am 16.01.2015 zur Verfügung gestellten Unterlagen zu den streitgegenständlichen Ermittlungen nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass unter seiner Aufsicht der als zuverlässig bekannten Ermittler N2 N3 die in der Klageschrift angegebenen Musikdateien eigenhändig ermittelt habe, indem sich dieser mit Hilfe des Programms „Bear-Share“ anhand bestimmter Musiktitel IP-Adressen von Anbietern habe anzeigen lassen, bei der streitgegenständlichen IP-Adresse dann zwei Titel der Künstlergruppe Reamonn („I need you“ und „Waiting there for you“) ausgewählt und heruntergeladen sowie schließlich nach Durchführung eines Hörvergleichs als mit der Originalaufnahme übereinstimmend festgestellt habe. Der Ermittler hat dabei nach den detaillierten Ausführungen des Zeugen Screenshots vom laufenden und beendeten Download sowie über das gesamte Musikdateiangebot angefertigt. Während des gesamten Vorgangs lief ein Paketfilterprogramm mit, das den Datenverkehr mit der IP-Adresse protokollierte. Weiterhin wurde ein sog. „TraceRoute“ durchgeführt, der den Weg des Datenverkehrs zur IP-Adresse aufzeichnet. Einen Ausdruck der entsprechenden Datei hat der Zeuge auf Nachfrage des Beklagten im Termin vorgelegt; der Ausdruck ist als Anlage 1 zum Protokoll vom 16.01.2015 genommen worden. Schließlich wurde nach der Aussage des Zeugen noch ein Screenshot der „Who is“ - Abfrage gefertigt um den Provider der IP-Adresse zu ermitteln.
32Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlungen wecken könnten, sind nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht aufgezeigt.
33Für die Richtigkeit der Ermittlungen und deren Nachweis sind nach der Aussage des Zeugen von der G vor allem die Aufzeichnungen des Paketfilterprogramms maßgeblich. Unrichtigkeiten sind dem Zeugen nicht aufgefallen. Dass der Zeuge von der G und kein anderer die Ermittlungen überwacht hat, ergibt sich aus der Systemlog-Datei. Einen Ausdruck dieser Datei hat der Zeuge im Termin vorgelegt; sie ist als Anlage 2 zum Protokoll vom 16.01.2015 genommen worden. Hinsichtlich des Inhalts dieser Datei bestehen keine Zweifel; auch dieser Beleg ist vom Zeugen erst auf Nachfrage des Beklagten spontan vorgelegt worden.
34Soweit der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass die ermittelten Systemuhrzeiten mit der Atomuhr abgeglichen waren, hat der Zeugen von der G ausgeführt, dass auf den Rechnern ein spezielles Programm zur Zeitsynchronisierung installiert gewesen sei. Ausweislich der Icons unten rechts in der Fußleiste der vorgelegten Screenshots war dieses Programm bei den konkreten Ermittlungen aktiv (s. Bl. 49 GA). Dass in der Anlage K1 das Ende des Downloads der beiden Titel der Gruppe Reamonn mit 20:17:00 Uhr angegeben ist, bedeutet nach Aussage des Zeugen, dass zu diesem Zeitpunkt der Download vollständig abgeschlossen war. Die Zeitpunkte auf den weiteren Screenshots, die das gesamte Dateiangebot festhalten, beziehen sich nach seinen Angaben jeweils auf den Zeitpunkt, zu dem der Ermittler den Druckbefehl gegeben hat. Der genaue Zeitpunkt für den Beginn des Downloads wird nach der Aussage des Zeugen von der G in der sog. Systemlog-Datei festgehalten, die mithilfe des Paketfilterprogramms generiert wird. Aus dem vom Zeugen vorgelegten Ausdruck dieser Datei ergibt sich der Zeitpunkt 19:51:51, außerdem das Datum 18.11.2007, die IP-Adresse 80.XXX.XX.199, die Anzahl der aufgefundenen Audiodateien (809) sowie der Download der Musiktitel „I need you“ und „Waiting there for you“. Soweit der Zeuge von der G die Durchführung des Hörvergleichs durch den Ermittler weder anhand der ihm vorliegenden Unterlagen noch aus eigener Erinnerung bestätigen konnte, bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, Herr N3 könnte von den allgemeinen Anweisungen und dem üblichen Vorgehen abgewichen sein.
35bb) Der Senat ist davon überzeugt, dass die IP-Adresse 80.XXX.XX.199 am 18.11.2007 um 19:51 Uhr dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen war. Dies folgt aus der elektronisch erteilten Auskunft des Providers, der Deutsche Telekom AG. Dass bei der Zuordnung der IP-Adresse zum Internetanschluss des Beklagten Fehler unterlaufen sein könnten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Anfragen der Staatsanwaltschaft bei der Deutschen Telekom AG seinerzeit grundsätzlich gewissenhaft und zuverlässig bearbeitet worden sind und die mit der Bearbeitung einer derartigen Anfrage befassten Personen in Anbetracht der ihnen bekannten strafprozessualen Konsequenzen für die Betroffenen bemüht waren, Fehlzuordnungen zu vermeiden.
36c) Steht – wie hier – fest, dass ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht worden ist, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, GRUR 2010, 633, Rn. 12 - Sommer unseres Lebens; BGH GRUR 2013, 511, Rn. 33 - Morpheus). Diese tatsächliche Vermutung ist nach Ansicht des Senats (s. bereits GRUR-RR 2012, 329, 330) erst dann nicht mehr begründet, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergeben, also die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat. Die einfache Behauptung dieser Möglichkeit genügt für die Entkräftung der tatsächlichen Vermutung nicht. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.01.2014 (GRUR 204, 657 ff., Rn. 15 – BearShare) ausgeführt hat, „eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers [sei] sei nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen den Anschluss benutzen konnten“, was „insbesondere dann der Fall [sei], wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung … bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen“ worden sei, lässt sich daraus nach Ansicht des Senats nicht ableiten, dass die Vermutung nur dann greift, wenn ausschließlich der Anschlussinhaber den Anschluss nutzt (so i.E. aber z.B. Falker, WRP 2014, 856; Neurauter, GRUR 2014, 660, 661; Zimmermann, MMR 2014, 368, 370). Der Bundesgerichtshof hat nämlich in der „Bear-Share“-Entscheidung ausdrücklich auf seine Ausführungen in der „Morpheus“-Entscheidung GRUR 2913, 511, Rn. 33 f. Bezug genommen, wo es heißt:
37„Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist …
38Diese tatsächliche Vermutung ist im Streitfall jedoch entkräftet, da nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat.“
39Der Senat sieht daher im Gesamtkontext der Ausführungen des Bundesgerichtshofs durch die „BearShare“-Entscheidung keine inhaltliche Einschränkung der Art, dass nunmehr bei Familienansschlüssen generell keine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers mehr besteht, auch wenn nicht verkannt wird, dass der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen „Sommer unseres Lebens“, „Morpheus“ und „BearShare“ dazu tendiert, den Anschlussinhabern Erleichterungen bei der Verteidigung gegen Inanspruchnahmen wegen Urheberrechtsverletzungen zu verschaffen.
40Die gegen ihn sprechende Vermutung der Täterschaft hat der Beklagte nicht wiederlegt. Er hat nicht die ernsthafte Möglichkeit aufgezeigt, dass die Rechtsverletzung ohne sein Wissen erfolgt ist. Soweit der Beklagte in erster Instanz vorgetragen hatte, die Internetnutzung sei über zwei im Haushalt befindliche Computer allen Familienmitgliedern möglich gewesen (Bl. 166 f., 168 GA), steht aufgrund der Aussage der Zeugin T2 fest, dass die Familie im streitgegenständlichen Zeitraum zwar über zwei Rechner verfügte, von denen einer in den Zimmern der Kinder stand und der andere im Wohnzimmer, dass jedoch nur der Rechner im Wohnzimmer an das Internet angeschlossen war. Dies entspricht auch der letzten Darstellung des Beklagten in zweiter Instanz.
41Der Internetrechner wurde von der ganzen Familie genutzt, eigene Benutzerkonten gab es nicht. Die Internetnutzung der Kinder war damals zeitlich auf jeweils eine halbe Stunde pro Tag begrenzt, das Zeitlimit wurde eingehalten. Die Zeugin T2 hatte die Kinder bei der Internetnutzung regelmäßig im Blick. Nach ihrer Aussage im Beweisaufnahmetermin vor dem Senat schaute sie beim Vorbeigehen immer mal wieder nach, was die Kinder gerade am Rechner machten, und sie ließ sich dies dann manchmal auch erklären.
42Wie es ausgehend von dieser Sachlage geschehen konnte, dass der Familienrechner hinter seinem Rücken für illegales Filesharing genutzt wurde, hat der Beklagte nicht plausibel dargelegt. Soweit er zunächst vorgetragen hat, sowohl seine Ehefrau als auch seine beiden Kinder hätten damals selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt und kämen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Zeugin T2 als Täterin ausscheidet. Die Richtigkeit ihre Aussage in erster Instanz, im November / Dezember 2007 noch keine Kenntnis von Internettauschbörsen gehabt zu haben, wurde und wird von keiner der Parteien in Zweifel gezogen. Der Senat ist nach erneuter Anhörung der Zeugin T2 ebenfalls davon überzeugt, dass diese kein Filesharing betrieben hat. Auf der Grundlage der Aussagen der Zeugin T2 hatten die Kinder keinen so selbständigen Zugang zum Internet, dass sie ernsthaft als Alleintäter des streitgegenständlichen Downloadangebotes mit 809 Titeln in Betracht kommen. Außerdem hat der Beklagte keine nachvollziehbare Erklärung dafür abgegeben, wie es den Kindern überhaupt hätte gelingen können, von ihm nicht entdeckt zu werden. Zu seiner eigenen konkreten Internetnutzung hat der Beklagte nichts vorgetragen. Er hat auch nicht vorgetragen, dass 2007 / 2008 auf dem mit dem Internet verbundenen Rechner keine Filesharing-Software installiert gewesen war und/oder dass die streitgegenständlichen geschützten Dateien nicht auf dem Rechner vorhanden gewesen waren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.01.2015 hat er vielmehr angegeben, nach der Abmahnung durch die Klägerinnen den Rechner nicht untersucht zu haben, weil für ihn von Anfang an klar gewesen sei, dass niemand aus seiner Familie hier als Täter in Betracht komme. Dies steht indes nicht in Einklang mit seinem Antwortschreiben vom 16.05.2008 auf die Abmahnung vom 08.05.2008, in dem mitgeteilt wurde, dass der Beklagte sämtliche auf seinen Anschluss bestehenden Internetverbindungen getrennt habe, um die Sache zu prüfen. Warum bei nur einem an das Internet angeschlossenen Rechner mehrere Verbindungen getrennt werden mussten, bleibt ebenso unklar wie die Frage, warum der Beklagte die angekündigte Prüfung nicht vorgenommen hat. War dem Beklagten aber bekannt, dass sein Rechner und sein Anschluss für illegales Filesharing genutzt wurden, und ist er gegen diese Nutzung nicht eingeschritten, so haftet er für sie als Mittäter.
43Ist – wie hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und letztlich auch der eigenen Darstellung des Klägers im Termin am 16.01.2015 – nicht feststellbar, dass ein Dritter selbständigen Zugang zu dem Internet des Anschlussinhabers hatte und danach allein verantwortlich für die Rechtsverletzung sein kann, bleibt es bei der tatsächlichen Vermutung, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt.
44d) Bei den mithin dem Beklagten anzulastenden Rechtsverletzungen handelte dieser auch schuldhaft. Entschuldigungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem Beklagten war nach seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 14.02.2013 die Thematik „Haftung bei illegalem Filesharing“ bekannt.
45e) Der Höhe nach haftet der Beklagte den Klägerinnen zu 2., 3. und 4. auf Ersatz des gesamten von ihnen geltend gemachten Schadens. Die Klägerinnen können nach der von ihnen gewählten Berechnungsmethode der Lizenzanalogie (vgl. § 97 Abs. 2 UrhG und zur Rechtslage vor der Urheberrechtsnovelle 2008 nur BGH, GRUR 1980, 227, 232 – Monumenta Germaniae Historica) einen nach § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzenden Betrag von 200,00 € für jeden der insgesamt fünfzehn von ihnen in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel verlangen. Der Ansatz eines fiktiven Lizenzentgelts von 200,00 EUR, der sich an verkehrsüblichen Entgeltsätzen auch für legale Downloadangebote im Internet orientiert und auf der Basis senatsbekannter Rahmenvereinbarungen der Tonträger-Branche von einem Betrag von 0,50 EUR pro Abruf sowie von mindestens 400 möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer ausgeht, erachtet der Senat in ständiger Rechtsprechung bei Musikaufnahmen der streitbefangenen Art regelmäßig als angemessen (Senat, GRUR-RR 2014, 281 Rn. 30; MMR 2012, 387, 390 f.; Urteile vom 05.08.2013 - 6 U 10/13; vom 18.10.2013 - 6 U 93/13; vom 06.12.2013 - 6 U 96/13; vom 20.12.2013 – 6 U 205/12; vom 14.03.2014 – 6 U 201/12; im Ergebnis ebenso OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 - 5 U 222/10).
46Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die im Streitfall zu einem niedrigeren Ansatz führen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Ob die zuerkannten Schadensersatzbeträge auch angemessen wären, falls die Klägerinnen zu 2. bis 4. sich nicht auf die Geltendmachung fiktiver Lizenzvergütungen für eine vergleichsweise geringe Zahl von Musikdateien beschränkt hätten, kann dahinstehen.
472. Die Klägerinnen zu 1. bis 4. haben einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 1.200,40 €. Der Anspruch folgt aus § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.. § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG in der mit Wirkung zum 09.10.2013 geänderten Fassung ist vorliegend nicht anwendbar, weil es für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (s. BGH, GRUR 2014, 657, Rn. 11 – BearShare).
48Für die inhaltlich hinreichend bestimmte Abmahnung vom 08.05.2008 sind den Klägerinnen ersatzfähige Aufwendungen, auf der Basis des RVG in der bis August 2013 geltenden Fassung entstanden. Diese Kosten fallen, soweit sie berechtigt waren, dem Beklagten zur Last.
49a) Die Abmahnung der Klägerinnen bringt zum Ausdruck, welches konkrete tatsächliche Verhalten Anlass der Beanstandung war. Die Klägerinnen haben darlegt, weshalb sie sich für berechtigt halten, den beanstandeten Verstoß zu verfolgen. Dass die Klägerinnen in der Abmahnung offen gelassen haben, an welchen der aufgelisteten Titel welche Klägerin Rechte innehabe, ist ohne Belang. Ob es grundsätzlich einer solchen Konkretisierung bedarf, um dem Abgemahnten vor Augen zu führen, welche Verletzungshandlungen ihm angelastet werden und welches Verhalten er künftig zu unterlassen hat, kann dahin gestellt bleiben. Sieht nämlich wie hier ein anwaltlich beratener Anschlussinhaber sich auf Grund der Abmahnung in der Lage, eine die Beanstandung ausräumende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, spricht dies für eine hinreichende Spezifizierung der Abmahnung, und die Abmahnung dient unter Berücksichtigung von Treu und Glauben dann auch dem objektiven Interesse und mutmaßlichen Willen des Schuldners, eine kostenintensivere gerichtliche Auseinandersetzung über die von den Anspruchstellern geltend gemachte Unterlassungsansprüche zu vermeiden (vgl. Senat, WRP 2012, 1007; Urteile vom 05.08.2013 – 6 U 10/13; vom 06.12.2013 – 6 U 96/13; vom 20.12.2013 – 6 U 205/12; enger OLG Düsseldorf, MMR 2012, 253 in einem Prozesskostenhilfeverfahren).
50Die Wirksamkeit der Abmahnung wird auch nicht dadurch berührt, dass der Beklagte eine Bevollmächtigung des Rechtsanwalts der Klägerinnen zur Abmahnung bestritten hat. Der Nachweis einer Vollmacht ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Abmahnung (BGH GRUR 2012, 1120, Rn. 15 – Vollmachtsnachweis), und ein etwaiges vollmachtloses Vorgehen haben die Klägerinnen jedenfalls nachfolgend dadurch genehmigt, dass sie die vorliegende Klage auf Erstattung von Abmahnkosten erhoben haben.
51b) Die Abmahnung war im Kern sachlich berechtigt. Wie sich aus den o.a. Erwägungen zu den Schadensersatzbegehren und der durch die Rechtsverletzungen indizierten Wiederholungsgefahr ergibt, standen den Klägerinnen jedenfalls für einen Teil der in der Abmahnung erwähnten Audiodateien die von ihnen geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung zu. Dabei erstreckte sich ihr jeweiliger Unterlassungsanspruch nicht nur auf die am Abend des 18.11.2007 zum Download angebotenen Dateien, sondern auch auf kerngleiche Verstöße durch Verfügbarmachung weiterer zu ihren Gunsten geschützter Musiktitel (vgl. für Lichtbilder BGH, GRUR 2013, 1235, Rn. 17 ff. – Restwertbörse II).
52c) Berechtigt war die Abmahnung jedoch nicht in vollem Umfang, sondern nur zum Teil. Dies führt der Höhe nach zu einer Reduzierung des von den Klägerinnen geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs. Die Klägerinnen haben in der Abmahnung bezüglich der dort angeführten 809 Musiktitel eigene Rechte suggeriert, ohne - wie im vorliegenden Prozess - darauf hinzuweisen, dass rund 20 % des vorgefundenen Gesamtangebots nicht ihrem Repertoire zuzuordnen ist. Im Prozess selbst haben sie bei bestrittener Aktivlegitimation für 108 Musiktitel ihre Rechte näher konkretisiert. Soweit sich aus den Auszügen der „Q2“-Datenbank möglicherweise noch weitere Titel ergeben könnten, die den Screenshots zum Download-Angebot zugeordnet werden könnten, fehlt es an einem substantiierten Parteivortrag.
53Der Umfang der vor Gericht schlüssig dargelegten Rechtsverletzungen des Beklagten zum Nachteil der Klägerinnen bleibt damit deutlich hinter der Zahl der in der Abmahnung behaupteten Rechtsverletzungen zurück. Der Gegenstandswert des berechtigten Teils der Abmahnung ist folglich nicht mit 200.000,00 €, sondern auch unter Würdigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerinnen an der Unterbindung künftiger kerngleicher Rechtsverletzungen mit 100.000,00 € zu bemessen. Die erstattungsfähigen Abmahnkosten sind sodann entsprechend dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils zu dem von den Klägerinnen angegebenen Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (vgl. BGH, GRUR 2010, 744, Rn. 52 – Sondernewsletter; GRUR 2012, 949, Rn. 49 – Missbräuchliche Vertragsstrafe). Von der 1,3-Geschäftsgebühr aus 200.000,00 € in Höhe von 2.360,80 € entfällt demnach nur ein Teilbetrag von 50 % = 1.180,40 € € auf den berechtigten Teil der Abmahnung, woraus sich zuzüglich der pauschalen Kommunikationsauslagen von 20,00 € ein Betrag von 1.200,40 € errechnet, der den Klägerinnen zu gleichen Teilen zusteht.
54Ob die Klägerinnen die Rechtsanwaltskosten bereits beglichen haben, kann dahinstehen. Da der Beklagte die Erstattung der Abmahnkosten endgültig und ernsthaft verweigert, hat sich der aus § 257 BGB folgende Freistellungsanspruch der Klägerinnen entsprechend § 250 Satz 2 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.
553. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Rechtshängigkeit ist mit Eingang der Akten beim Empfangsgericht begründet worden (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 696 Rn. 5). Eine rückbezogene Rechtshängigkeit gemäß § 696 Abs. 3 ZPO liegt nicht vor. Die Sache ist nicht „alsbald“ in das Streitverfahren abgegeben worden. Nach Erlass des Mahnbescheides vom 20.03.2012 und Einlegung des Widerspruchs am 29.03.2012 haben die Klägerinnen den weiteren Kostenvorschuss am 11.10.2012 eingezahlt, so dass die Akte erst am 17.10.2012 an das Landgericht weitergeleitet worden und dort am 25.10.2012 eingegangen ist.
564. Die Ansprüche der Klägerinnen auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten sind nicht verjährt. Der dreijährige Verjährungsfrist, § 195 BGB, § 102 Satz 1 UrhG a.F., begann nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Ende des Jahres 2008. Die Rechtsverletzung war zwar bereits am 18.11.2007 eingetreten, die Klägerinnen haben jedoch erst durch die Nachricht der Staatsanwaltschaft Kleve vom 25.03.2008 Kenntnis von der Person des Beklagten erhalten. Grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der Providerauskunft der Deutschen Telekom AG ist den Klägerinnen nicht vorzuwerfen. Die Klägerinnen hatten bereits mit der Strafanzeige vom 19.11.2007 für den Fall einer Durchsuchung oder Vernehmung des Verdächtigen Antrag auf Akteneinsicht und ansonsten die Übersendung einer Abschrift der Providerauskunft beantragt.
57Die danach eigentlich am 31.12.2011 eintretende Verjährung ist durch die Einleitung des Mahnverfahrens am 23.12.2011 gehemmt worden. Dass eine „alsbaldige“ Abgabe der Streitsache i.S.d. § 696 Abs. 3 ZPO unterblieben ist, berührt die Hemmung nicht (s. Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 204 Rn. 18).
58Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wird die Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren gehemmt. Der Mahnbescheid wurde am 23.12.2011 beantragt, am 20.03.2012 erlassen und am 27.03.2012 zugestellt. Nach § 167 ZPO wirkt die Zustellung auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung zurück, sofern sie demnächst erfolgt. Dabei ist die Dauer der Verzögerung gleichgültig, wenn sie nicht vom Antragsteller zu vertreten ist (s. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 204 Rn. 18, 7). Dass die Verzögerung von den Klägerinnen zu vertreten ist, ist nicht feststellbar. Aus ihrem Antwortschreiben vom 19.01.2012 auf eine tags zuvor erhaltene Beanstandung des Mahngerichts vom 11.01.2012 ergibt sich, dass sie lediglich die ihren Anträgen zugrunde liegenden Sachzusammenhänge verdeutlicht haben.
59Die durch den Mahnantrag ausgelöste Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung der Parteien, hier mit dem Widerspruch des Beklagten vom 29.03.2012, der den Klägerinnen unter dem 17.04.2012 mitgeteilt worden ist. Entscheidend für den Beginn der Frist des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der letzten Verfahrenshandlung, d.h. hier des Eingangs des Widerspruchs beim Amtsgericht am 29.03.2012. Die 6-Monatsfrist lief mithin am 29.09.2012 ab. Zuzüglich der noch verbliebenen acht Tage zwischen dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides vom 23.12.2011 und dem Ende der eigentlichen Verjährungsfrist am 31.12.2011 errechnet sich als Fristende zunächst der 07.10.2012. Erst zwei Tage später, am 09.10.2012, ging der – nach § 204 Abs. 2 S. 3 BGB die Hemmung erneut auslösende – Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens bei Gericht ein. Diese Differenz von zwei Tagen wird allerdings durch eine zuvor eingetretene weitere Hemmung von mindestens 14 Tagen ausgeglichen. Nach § 203 Satz 1 BGB ist die Verjährung nämlich auch gehemmt, solange zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Für eine Verhandlung im Sinne dieser Vorschrift genügt jeder Meinungsaustausch über die Angelegenheit zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben deshalb bereits dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die die Gegenseite berechtigterweise annehmen lassen, er werde sich auf eine Erörterung über die Berechtigung des Anspruchs einlassen. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (s. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 203 Rn. 2 m.w.N.). Hier hat der Beklagte auf die Abmahnung der Klägerinnen vom 08.05.2008 hin mit Anwaltsschriftsatz vom 16.05.2008 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, jedoch den geforderten Pauschalbetrag von 6.000,00 € nicht gezahlt, sondern eine wirksame Bevollmächtigung angezweifelt und angekündigt, er werde nach Vorlage der Vollmachtsurkunde innerhalb von zwei Wochen auf das „restliche Vorbringen“ erwidern. Der Beklagte hatte sich daher aus Sicht der Klägerinnen jedenfalls für einen Zeitraum von zwei Wochen nach dem 16.05.2008 zu Verhandlungen über die in der Abmahnung geltend gemachten und durch die Unterlassungserklärung noch nicht befriedigten Ansprüche bereit erklärt.
60III.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
62Der Senat hat die Revision wegen der mit der Sache aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen und im Interesse der Rechtsvereinheitlichung durch Entwicklung höchstrichterlicher Leitlinien zugelassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Insbesondere die Fragen zur Reichweite der gegen den Inhaber eines Internetanschlusses sprechenden tatsächlichen Vermutung in den Fällen, in denen Familienangehörige den Anschluss mit nutzten, ist in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle zu beurteilen.
63BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerinnen sind deutsche Tonträgerhersteller. Sie verfügen über ausschließliche Verwertungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Die Klägerin zu 2 ist im Verlaufe des Revisionsverfahrens auf die Klägerin zu 3 verschmolzen worden. Der Beklagte, ein selbständiger IT-Berater für Energieversorgungsunternehmen , ist Inhaber eines Internetzugangs.
- 2
- Im Haushalt des Beklagten befand sich ein stationärer Computer, der seiner bei ihm angestellten Ehefrau als Arbeitsplatz diente und zur fraglichen Zeit eingeschaltet und über ein Kabel mit dem Internet verbunden war. Die Ehefrau des Beklagten verfügte nicht über Administratorenrechte zum Aufspielen von Programmen. Der ebenfalls im Haushalt des Beklagten lebende - damals 17-jährige - Sohn hatte mangels Kenntnis des Passworts keinen Zugriff auf den stationären Computer. Der vom Beklagten beruflich genutzte Laptop, von dem über den stationären Computer mit einem USB-Stick eine WLAN-Verbindung zum Internet hergestellt werden konnte, war zum maßgeblichen Zeitpunkt ausgeschaltet ; der USB-Stick war nicht angeschlossen.
- 3
- Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 18. Februar 2008 abmahnen; sie behaupteten, durch das von ihnen beauftragte Unternehmen p. GmbH sei festgestellt worden, dass am 19. August 2007 um 11.12 Uhr über die IP-Adresse mittels des Tauschbörsenprogramms "BearShare" 5.080 Audiodateien zum Herunterladen verfügbar gehalten worden seien. In einem daraufhin eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, dass diese IP-Adresse zum genannten Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen gewesen sei. Die angebotenen Dateien enthielten Musikaufnahmen, für die die Klägerinnen originär oder aufgrund rechtsgeschäftlichen Erwerbs die ausschließlichen Verwertungsrechte der Tonträgerhersteller sowie aufgrund abgeleiteten Erwerbs Rechte der ausübenden Künstler für das Territorium der Bundesrepublik Deutschland besäßen. Der Beklagte ließ durch Anwaltsschreiben vom 27. Februar 2008 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben.
- 4
- Die Klägerinnen haben den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € in Anspruch genommen. Den Betrag haben die Kläge- rinnen auf der Basis eines Gegenstandswerts von 400.000 € berechnet. Außerdem haben die Klägerinnen zu 2, 3 und 4 Schadensersatz wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von insgesamt 15 im Einzelnen nach Künstler und Titel benannten Musikaufnahmen verlangt. Dabei sind sie für jeden Titel von einer fiktiven Lizenzgebühr von 200 € ausgegangen.
- 5
- Sie haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 800 €, an die Klägerin zu 3 1.200 € und an die Klägerin zu 4 1.000 € sowie an die Klägerinnen zu gleichen Teilen einen Betrag in Höhe von 3.454,60 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2010 zu zahlen.
- 6
- Der Beklagte hat bestritten, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt er selbst, seine Familienangehörigen oder ein Dritter über seinen Internetanschluss die fraglichen Audiodateien zum Download angeboten hätten.
- 7
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Köln, ZUM-RD 2013, 74). Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil im Hinblick auf die Verurteilung zur Erstattung der Abmahnkosten abgeändert. Es hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerinnen zu gleichen Teilen einen Betrag von 878,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2010 zu zahlen (OLG Köln, ZUM-RD 2014, 495). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- A. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägerinnen stünden die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Lizenzanalogie in voller Höhe und der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag in Höhe von 878,65 € zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 9
- Die Klägerinnen zu 2 bis 4 könnten als Tonträgerhersteller im Sinne von § 85 Abs. 1 UrhG jeweils Schadensersatz gemäß § 97 UrhG verlangen. Sie seien nach den vorgelegten Ausdrucken der Katalogdatenbank "www. .de" der Ph. GmbH als Lieferantinnen der Musikalben ausgewiesen, die die fraglichen Musikaufnahmen enthielten. Der Beklagte habe die Indizwirkung dieser Einträge nicht durch den Vortrag näherer Anhaltspunkte entkräftet, aus denen sich im konkreten Fall Zweifel an der Richtigkeit der Eintragungen ergeben könnten. Die dem Schadensersatzantrag zugrunde liegenden 15 Musikaufnahmen seien über den Internetanschluss des Beklagten im Sinne von § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht worden. Das Landgericht habe es auf der Grundlage der eingereichten Screenshots und der erläuternden Bekundungen von als Zeugen vernommenen Mitarbeitern des von den Klägerinnen beauftragten Unternehmens p. GmbH zutreffend als erwiesen angesehen , dass die streitgegenständlichen Audiodateien am 19. August 2007 um 11.12 Uhr unter der IP-Adresse im Internet bereitgestellt worden seien. Das Landgericht habe ferner auf der Grundlage der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Köln von der Deutsche Telekom AG erteilten Auskunft zutreffend angenommen, dass die fragliche IP-Adresse zum maßgeblichen Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet gewesen sei. Es fehle an konkreten Anhaltspunkten für die Annahme, dass die IP-Adresse dem Beklagten fehlerhaft zugeordnet worden sei. Nach dem Ergeb- nis der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Ehefrau und des Sohnes des Beklagten bestünden keine Zweifel, dass die in Rede stehenden Musikaufnahmen über den Anschluss des zur Tatzeit unstreitig eingeschalteten und mit dem Internet verbundenen stationären Computers des Beklagten zum Download angeboten worden seien. Der Beklagte habe für die über seinen Internetanschluss erfolgten Verletzungen der urheberrechtlichen Leistungsschutzrechte der Klägerinnen als Täter einzustehen. Andere Personen schieden als Verantwortliche für die Verletzungshandlung aus. Die Klägerinnen könnten für jeden der insgesamt 15 von ihnen in die Berechnung einbezogenen Musiktitel im Wege der Lizenzanalogie einen Betrag in Höhe von 200 € verlangen.
- 10
- Den Klägerinnen stünden unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zudem Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten zu. Da der Umfang der schlüssig dargelegten Rechtsverletzungen jedoch deutlich hinter der Zahl der in der Abmahnung behaupteten Rechtsverletzungen zurückbleibe, sei der Gegenstandswert des berechtigten Teils der Abmahnung entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht mit 400.000 €, sondern mit nicht mehr als 100.000 € zu bemessen. Dies führe unter Ansatz einer 1,3-Geschäftsgebühr zu einem Erstattungsanspruch in Höhe von 878,65 €. Dieser stehe den Klägerinnen zu gleichen Teilen zu.
- 11
- B. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten ist unbegründet. Den Klägerinnen stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF sowie auf Erstattung von Abmahnkosten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) in der vom Berufungsgericht angenommenen Höhe zu.
- 12
- I. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägerinnen zu 2 bis 4 gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF Schadensersatzansprüche in Höhe von 200 € für jede der 15 zum Download bereitgehaltenen Dateien mit Musikaufnahmen zustehen.
- 13
- 1. Nach der im Zeitpunkt der behaupteten Verletzung (August 2007) maßgeblichen Fassung des § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG vom 23. Juni 1995 kann auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt.
- 14
- Die Klägerinnen haben ihre Klage auf eine Verletzung der ihnen als Hersteller von Tonträgern zustehenden Verwertungsrechte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG und damit auf ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht gestützt. Nach dieser Bestimmung hat der Hersteller eines Tonträgers das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Anbieten von Tonaufnahmen mittels eines FilesharingProgramms in sogenannten "Peer-to-Peer"-Netzwerken im Internet das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Herstellers des Tonträgers, auf dem die Tonaufnahme aufgezeichnet ist, verletzt (vgl. Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 85 UrhG Rn. 47; Boddien in Fromm/Nordemann, Urheberrecht , 11. Aufl., § 85 UrhG Rn. 56; Schaefer in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht , 4. Aufl., § 85 UrhG Rn. 40). Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.
- 15
- 2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerinnen in Bezug auf die dem Schadensersatzbegehren zugrunde gelegten 15 Musiktitel Inhaber der Tonträgerherstellerrechte im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerinnen seien nach
- 16
- den vorgelegten Ausdrucken der Katalogdatenbank "www. .de" der Ph. GmbH als Lieferantinnen der Musikalben ausgewiesen, die die nach dem Vortrag der Klägerinnen vom Beklagten mit dem Tauschbörsenprogramm "BearShare" am 19. August 2007 öffentlich zugänglich gemachten insgesamt 15 Musikaufnahmen enthielten. Gegen diese tatrichterliche Feststellung hat die Revision keine Rügen erhoben.
- 17
- b) Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei angenommen, dass diese Eintragungen in der Datenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft der Tonträgerherstellerrechte ist. -
- 18
- aa) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht das Bestreiten der Rechtsinhaberschaft der Klägerinnen mit Nichtwissen im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO durch den Beklagten nicht für unzulässig gehalten. Es ist vielmehr von einem zulässigen Bestreiten ausgegangen und hat deshalb die Aktivlegitimation der Klägerinnen für beweisbedürftig gehalten. Im Rahmen tatrichterlicher Würdigung ist es davon ausgegangen, dass den von den Klägerinnen vorgelegten Auszügen aus dem Ph. Medienkatalog eine maßgebliche Indizwirkung für die Inhaberschaft der Tonträgerherstellerrechte im Sinne von § 85 Abs. 1 UrhG zukommt. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision vergeblich.
- 19
- bb) Der Tatrichter ist grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen , ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Um diese Überprüfung zu ermöglichen , hat der Tatrichter die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeu- gungsbildung nachvollziehbar darzulegen (BGH, Urteil vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895). Diesen Anforderungen hält die Beurteilung des Berufungsgerichts stand.
- 20
- cc) Die in der Praxis nicht selten bestehenden Schwierigkeiten des Nachweises der Urheberschaft und der Inhaberschaft von ausschließlichen Nutzungsrechten haben den Gesetzgeber dazu bewogen, deren effektive Durchsetzung durch die Vermutungsregelungen gemäß § 10 UrhG, die die Vorgaben gemäß Art. 5 Buchst. a und b der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzen, zu gewährleisten. Soweit die Vermutungswirkungen des § 10 Abs. 3 UrhG - wie im Streitfall - nicht greifen, ist in jedem Fall ein Indizienbeweis zulässig, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 168/00, BGHZ 153, 69, 79 f. - P-Vermerk; Thum in Wandtke/Bullinger aaO § 10 UrhG Rn. 53; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 10 UrhG Rn. 56). Als ein solches Indiz für die Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten kommt auch die Eintragung als Lieferant eines Musiktitels in für den Handel einschlägigen Datenbank der Ph. GmbH in Betracht (vgl. Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 10 Rn. 63). Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Ph. Medienkatalog der zentrale Einkaufskatalog für den Einzelhandel ist und dieser auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Daten großen Wert legt. Diese Feststellungen , gegen die die Revision keine Rügen erhoben hat, tragen die Annahme einer erheblichen Indizwirkung der Eintragung in den Medienkatalog. In diesem Zusammenhang sind auch die besonderen Schwierigkeiten für den Nachweis der Rechteinhaberschaft gemäß § 85 Abs. 1 UrhG zu berücksichtigen , die in der Komplexität des Begriffs des Tonträgerherstellers begründet liegen. Tonträgerhersteller und Inhaber des Leistungsschutzrechts aus § 85 UrhG ist, wer die wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung erbringt, das Tonmaterial erstmalig auf einem Tonträger aufzuzeichnen (BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06, GRUR 2009, 403 Rn. 8 = WRP 2009, 308 - Metall auf Metall I). Zu den maßgeblichen Leistungen gehören die Übernahme der wirtschaftlichen Verantwortung, der Abschluss der erforderlichen Verträge mit Musikern, Sprechern und sonstigen beteiligten Personen im eigenen Namen , die Miete der Instrumente, Gerätschaften und des Studios, die Übernahme der Materialkosten, die organisatorische Leitung und die Überwachung der Aufnahmen. Es würde die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts unzumutbar erschweren, wenn auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen hin für jede einzelne Musikaufnahme die insoweit relevanten Einzelheiten dargelegt und bewiesen werden müssten. Der Tonträgerhersteller kann sich deshalb zur Darlegung und zum Beweis seiner Aktivlegitimation in besonderem Maße auf Indizien , namentlich der Eintragung in den Ph. Medienkatalog, beziehen. Ein weitergehender Vortrag ist erst erforderlich, wenn vom als Verletzer in Anspruch Genommenen konkrete Anhaltspunkte dargelegt werden, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen in der fraglichen Datenbank zu den jeweiligen Musikstücken sprechen.
- 21
- c) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Beklagte habe keine Anhaltspunkte vorgetragen, die die Indizwirkung der Einträge in der Ph. Datenbank entkräften.
- 22
- aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, einer Eintragung in der Datenbank gehe keinerlei rechtliche Prüfung von Urheber- oder Verwertungsrechten voraus. Ebenso wie bei der Vermutungswirkung im Sinne von § 10 UrhG ergibt sich die indizielle Bedeutung der Eintragung als Lieferant in der Ph. Datenbank nicht aus einer vorangegangenen Rechtsprüfung, sondern aus tatsächlichen, typischerweise für eine Rechteinhaberschaft sprechenden äußeren Umständen.
- 23
- bb) Die Revision hat nicht vorgebracht, dass der Beklagte konkrete Anhaltspunkte dargelegt hat, die gegen die Rechteinhaberschaft der Klägerinnen an den maßgeblichen Musikaufnahmen sprechen. Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beklagten ein solcher Vortrag unmöglich ist. Das Berufungsgericht hat auf die Feststellung des Landgerichts Bezug genommen, wonach es dem Beklagten ohne weiteres tatsächlich möglich sei, eigene Recherchen zu den streitgegenständlichen Titeln durchzuführen. Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass bereits durch eine summarische Prüfung der Rechtevermerke auf den einschlägigen öffentlich zugänglichen Downloadplattformen wie Amazon oder iTunes unschwer verifiziert werden kann, ob der dort angegebene Rechteinhaber von den Behauptungen der Klägerinnen abweicht. Dies ergibt sich auch aus den vom Beklagten selbst als Anlage B 4 vorgelegten Screenshots der Verkaufsplattform Amazon.
- 24
- cc) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich die generelle Unzuverlässigkeit der Einträge des Ph. Medienkatalogs nicht aus dem Vortrag des Beklagten, in der Datenbank sei die Klägerin zu 3 als Inhaberin der Rechte an dem Titel "Goldrapper" des Künstlers "Bushido" aufgeführt. Dies sei deshalb unzutreffend, weil Bushido durch die Veröffentlichung dieses Titels gegen Urheberrechte des Komponisten verstoßen habe und deshalb für die Geltendmachung von Urheberrechten nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Die Frage, ob die Rüge der Revision bereits deshalb von unzutreffenden Annahmen ausgeht, weil schon nicht rechtskräftig feststeht, ob durch die Vervielfältigung und Verbreitung des Titels "Goldrapper" überhaupt Urheberrechte Dritter verletzt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 - I ZR 225/12, juris - Goldrapper), kann auf sich beruhen. Das Berufungsgericht hat jedenfalls zutreffend angenommen, dass eine etwaige Verletzung der Urheberrechte Dritter durch einen Künstler keinen Einfluss auf die Entstehung des im Streitfall maßgeblichen Leistungsschutzrechts des Tonträgerherstellers gemäß § 85 Abs. 1 UrhG hat (vgl. Schulze in Dreier/Schulze aaO § 85 Rn. 19; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 85 UrhG Rn. 40). Das Berufungsgericht ist außerdem mit Recht davon ausgegangen , dass aus einer einzelnen Fehleintragung nicht gefolgert werden kann, dass Eintragungen in dem Katalog auch über diesen Einzelfall hinaus unsorgfältig vorgenommen seien.
- 25
- dd) Soweit die Revision geltend macht, die Ph. Datenbank gehöre zu 21,39 % der Klägerin zu 3, hat es keine ordnungsgemäße Revisionsrüge erhoben. Falls die Revision damit zum Ausdruck bringen will, das Berufungsgericht habe diesen Umstand bei seiner Beurteilung außer Betracht gelassen, fehlt es an der gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO erforderliche Angabe der Fundstellen und des Inhalts des Vortrags des Beklagten in der Vorinstanz (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 - IV ZR 67/54, BGHZ 14, 205, 209 f.; BAG, NJW 2008, 540, 542; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 551 Rn. 11; Krüger in MünchKomm.ZPO, 4. Aufl., § 551 Rn. 22; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 551 Rn. 14). Im Übrigen ist weder dargelegt worden noch ersichtlich, warum eine Kapitalbeteiligung der Klägerin zu 3 an der Ph. GmbH generell oder im konkreten Streitfall gegen die Zuverlässigkeit der von diesem Unternehmen betriebenen Datenbank sprechen könnte.
- 26
- 3. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die Frage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der im Streitfall maßgeblichen Dateien gänzlich ungeklärt gelassen. Die Schutzfähigkeit sei zu verneinen. Der als Filesharing bezeichnete Tausch von Musikdateien über sogenannte Peer-to-PeerTauschbörsen sei durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass lediglich Da- teifragmente ("Chunks") untereinander getauscht würden, weil es allein aufgrund der Größe vieler Dateien und der Dauer der Internetverbindung vieler Nutzer unmöglich sei, eine solche Datei vollständig nur von einer einzigen Person herunterzuladen. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben.
- 27
- a) Im Streitfall ist es unerheblich, ob auf dem Computer des Beklagten Dateien mit vollständigen Musikstücken oder lediglich Dateifragmente vorhanden waren. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung des Tonträgerherstellerrechts gemäß § 85 Abs. 1 UrhG angenommen. MaßgeblicherVerletzungsgegenstand ist mithin kein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne von § 2 UrhG. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Beklagte die Leistungsschutzrechte des Herstellers von Tonträgern im Sinne von § 85 UrhG verletzt hat. Schutzgegenstand des § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist aber nicht der Tonträger oder die Tonfolge selbst, sondern die zur Festlegung der Tonfolge auf dem Tonträger erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers. Da der Tonträgerhersteller diese unternehmerische Leistung für den gesamten Tonträger erbringt, gibt es keinen Teil des Tonträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfällt und der daher nicht geschützt ist. Mithin stellt selbst die Entnahme kleinster Tonpartikel einen Eingriff in die durch § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte Leistung des Tonträgerherstellers dar (BGH, GRUR 2009, 403 Rn. 14 - Metall auf Metall I).
- 28
- b) Soweit die Revision außerdem geltend macht, selbst das Vorhandensein von vollständigen Dateien auf der Festplatte des Rechners des Beklagten lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, dass diese Dateien auch vollständig hochgeladen worden seien, hat sie ebenfalls keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dargelegt. Für ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist das Hochladen einer Datei nicht erforderlich. Ausreichend ist bereits, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindende geschützte Werk eröffnet wird (vgl. zu § 19a UrhG BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 19 - Vorschaubilder I, mwN).
- 29
- 4. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die streitbefangenen 15 Musiktitel am 19. August 2007 um 11.12 Uhr unter der IPAdresse öffentlich zugänglich gemacht wurden.
- 30
- a) Zu Unrecht rügt die Revision pauschal eine fehlerhafte Anwendung der "geltenden Beweislastregeln" bei der Feststellung einer Verletzungshandlung des Beklagten durch das Berufungsgericht. Anhaltspunkte dafür, dass das Berufungsgericht insoweit nicht die Klägerinnen, sondern den Beklagten für beweisbelastet gehalten hat, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Das Berufungsgericht ist vielmehr erkennbar davon ausgegangen, dass die Klägerinnen den Beweis für eine Verletzungshandlung des Beklagten geführt haben.
- 31
- b) Entgegen der Ansicht der Revision lässt auch die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts keine revisionsrechtlich beachtlichen Fehler erkennen.
- 32
- aa) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - I ZR 109/13, TranspR 2015, 33 Rn. 15 mwN). Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts entspricht diesen Anforderungen.
- 33
- bb) Dies gilt zum einen für die Frage, ob unter der von den Klägerinnen ermittelten IP-Adresse zur behaupteten Tatzeit die hier maßgeblichen Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht wurden.
- 34
- (1) Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen, das Landgericht habe nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zu Recht die Überzeugung gewonnen, dass die streitbefangenen 15 Musikdateien am 19. August 2007 unter der IP-Adresse 80.133.127.117 im Internet verfügbar gemacht worden seien. Die Berufung habe keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt , die für eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts sprächen und daher im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Zweifel an der Richtigkeit seiner Feststellungen begründeten. Die Zeugen F. und L. , Mitarbeiter des von den Klägerinnen beauftragten Unternehmens p. GmbH, hätten den von den Klägerinnen vorgetragenen und durch Screenshots dokumentierten Ermittlungsvorgang glaubhaft bestätigt und weiter erläutert. Das Landgericht habe es auf dieser Grundlage nachvollziehbar als erwiesen angesehen, dass die in der Anlage K 1 ausgewiesenen Musiktitel unter der IP-Adresse auch zur von den Klägerinnen behaupteten Tatzeit, dem 19. August 2007 um 11.12 Uhr, bereitgehalten worden seien. Dass die Ausdrucke des Datenaufzeichnungsprogramms gemäß Anlage K 2 eine abweichende Uhrzeit (12.05 Uhr) auswiesen, habe der Zeuge F. nachvollziehbar damit erklären können, dass er die Screenshots erst am Ende seiner Ermittlungstätigkeit gefertigt habe. Die Überzeugung des Landgerichts, dass neben den beiden vom Zeugen F. akustisch abgeglichenen Musiktiteln auch die weiteren in der Anlage K 1 aufgeführten Audiodateien unter der genannten IP-Adresse zum Download angeboten worden seien, sei nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der beiden von den Ermittlern kontrollierten Musikdateien habe sich deren Bezeichnung als zutreffend herausgestellt. Daraus könne mit hinreichender Sicherheit der Schluss gezogen werden, dass auch die weiteren vom Gesamtangebot erfassten Dateien die ausgewiesenen Musikwerke enthielten. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Dateibezeichnungen, den Teilnehmern der Internet -Tauschbörse das Auffinden und den Download des gesuchten Musiktitels zu ermöglichen.
- 35
- (2) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg mit den Rügen, die Aussage des Zeugen F. sei lückenhaft, unergiebig und widersprüchlich. Seine Aussage gebe letztlich keine konkreten Vorgänge, sondern nur den groben Ermittlungsablauf wieder, wie er üblicherweise vonstatten gehe. Auch die Aussage des Zeugen L. beziehe sich letztlich nur pauschal auf den üblichen Gang der Ermittlungen, nicht aber auf den konkreten Tatzeitpunkt und den konkreten Sachverhalt. Mit diesem Vorbringen legt die Revision keine rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung des Berufungsgerichts dar, sondern versucht in unzulässiger Weise, ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Sie lässt zudem außer Acht, dass Land- und Berufungsgericht ihre Überzeugung wesentlich auf die von den Klägerinnen eingereichten Unterlagen gestützt haben und die Einvernahme der Zeugen der Erläuterung der in diesen Unterlagen dokumentierten Umstände und technischen Vorgänge und nicht der Schilderung der im Streitfall maßgeblichen konkreten Ermittlungsergebnisse aus eigener Wahrnehmung diente. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
- 36
- (3) Ohne Erfolg rügt die Revision außerdem, der Aussage des Zeugen F. sei nicht zu entnehmen, dass ein Abgleich mit der Atomuhr vorgenommen worden sei. Da IP-Adressen dynamisch zugeordnet würden, sei ein sekundengenauer Abgleich aber erforderlich. Die ermittelte IP-Adresse könne eine Sekunde zuvor noch einem anderen Anschlussinhaber zugeordnet gewesen sein. Mit diesem Vorbringen ist die Revision in der Revisionsinstanz ausge- schlossen (§ 559 Abs. 1 ZPO). Die Revision legt nicht dar, dass das Berufungsgericht einen entsprechenden Vortrag des Beklagten verfahrensordnungswidrig übergangen hat. Auf den Vortrag der Revisionserwiderung, wonach die Durchführung einer Zeitsynchronisation im Streitfall aus den eingereichten Screenshots ersichtlich und vom Zeugen L. bestätigt worden sei, kommt es deshalb nicht an.
- 37
- 5. Das Berufungsgericht hat außerdem rechtsfehlerfrei angenommen, dass die von der Deutsche Telekom AG in zeitlichem Abstand an verschiedene Nutzer ("dynamisch") vergebene IP-Adresse am 19. August 2007 um 11.12 Uhr dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet war.
- 38
- a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Zuordnung der IP-Adresse zum Internetanschluss des Beklagten dergestalt erfolgt, dass die Klägerinnen der Staatsanwaltschaft Köln mit elektronischer Post eine digital gespeicherte Tabelle im Dateiformat Excel übersandten, in die Daten und Zeitpunkte sowie die IP-Adressen der von der p. GmbH recherchierten Rechtsverletzungen eingetragen waren. Die Staatsanwaltschaft versandte diese Tabelle per elektronischer Post mit der Bitte um Ergänzung der Bestandsdaten an die für die Auswertung der IP-Adressen zuständige Regionalstelle für staatliche Sonderaufgaben (ReSA) der Deutsche Telekom AG. Dort wurde die Excel-Tabelle um Namen und Anschrift der Anschlussinhaber ergänzt und auf elektronischem Weg an die Staatsanwaltschaft zurückgesandt. Von dieser vervollständigten Tabelle haben die Klägerinnen im vorliegenden Verfahren eine Druckversion (Anlage K 17) und eine auf CD-ROM (Anlage K 18) gespeicherte digitale Version eingereicht. In dieser Tabelle waren die IP-Adresse , das Datum (19.08.2007), die Uhrzeit (11:12:31) sowie Name und Adresse des Beklagten angegeben. In der Angabe des Nachnamens des Beklagten war allerdings ein Buchstabe falsch geschrieben worden ("B. " statt "B. "). Diese Feststellungen zu Ablauf und Ergebnis des Auskunftsverfahrens sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, es sei der Klägerin nicht gelungen, das Auskunftsverfahren detailliert und nachvollziehbar offenzulegen. Die lediglich pauschal erhobene Rüge lässt nicht erkennen, worin konkret ein Defizit in der tatrichterlichen Beurteilung liegen soll und genügt deshalb nicht den Anforderungen an eine zulässige Revisionsrüge gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO.
- 39
- b) Das Berufungsgericht hat angenommen, es lägen keine Umstände vor, die generell gegen die Zuverlässigkeit der in diesem Verfahren gegebenen Auskünfte sprächen. Die Richtigkeit der Auskunft könne nicht dadurch in Zweifel gezogen werden, dass bei Ergänzungen oder Bearbeitungen der Tabelle theoretisch eine Fehlzuordnung ganzer Datensätze erfolgt sein könne oder sogar Manipulationen durch die im Auftrag der Deutsche Telekom AG tätigen unbekannten Mitarbeiter stattgefunden haben könnten. Zwar erschienen bewusste oder unbewusste Fehler nicht schlechthin undenkbar. Solche Fehler lägen im Streitfall bei Würdigung aller Umstände jedoch fern. Nach den Bekundungen des Zeugen K. , Leiter der Dienststelle ReSA der Deutsche Telekom AG,sei anzunehmen, dass Anfragen der Staatsanwaltschaft bei der ReSA seinerzeit grundsätzlich gewissenhaft und zuverlässig bearbeitet worden seien. Es sei auch davon auszugehen, dass die mit der Bearbeitung derartiger Anfragen befassten Personen sogar im Fall einer etwaigen Eingabe per Hand von Kundendaten in Anbetracht der ihnen bekannten strafprozessualen Konsequenzen für die Betroffenen bemüht gewesen seien, Fehlzuordnungen tunlichst zu vermeiden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 40
- aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens nicht erforderlich. Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 256 - Anastasia; BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 8).
- 41
- bb) Aus diesem Grund greifen auch die weiteren Rügen der Revision nicht durch, mit denen sie geltend macht, die Datenermittlung könne nicht lückenlos nachvollzogen werden, ein Qualitätsmanagement beim Provider sei offensichtlich nicht vorhanden gewesen, wegen Übermittlung der Daten über mehrere Stationen liege eine "totale Intransparenz" vor, es habe zahlreiche risikobehaftete und fehleranfällige Situationen gegeben und eine ungeschützte ExcelTabelle sei ohnehin absolut ungeeignet zur beweissicheren Übermittlung von Daten. Insoweit werden lediglich abstrakt mögliche Fehlerquellen behauptet, die zwar der Annahme einer absoluten Gewissheit der Richtigkeit entgegenstehen mögen, nicht aber der Beurteilung des Berufungsgerichts widersprechen, dass solche Fehler im Streitfall bei Würdigung aller Umstände fernlägen. Soweit die Revision ferner unter Bezugnahme auf zwei instanzgerichtliche Urteile geltend macht, Fehler bei der Ermittlung von IP-Adressen kämen in der Praxis nachweislich vor, kann sie aus den gleichen Gründen mit ihrem Angriff nicht durchdringen. Eine absolute Fehlerfreiheit ist für die Gewinnung eines im praktischen Leben brauchbaren Grades von Gewissheit nicht erforderlich.
- 42
- c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , es fehlten konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, die IPAdresse sei dem Beklagten unzutreffend zugeordnet worden.
- 43
- aa) Soweit die Revision geltend macht, im Rahmen des Verfahrens sei zu keinem Zeitpunkt eine Urkunde vorgelegt worden, die sämtliche Daten (Name, Uhrzeit, IP-Adresse, Tatzeitpunkt) dokumentiere, lässt sie außer Acht, dass das Berufungsgericht seiner Würdigung mehrere Urkunden, die verschiedene Abschnitte der Ermittlungen dokumentieren, berücksichtigt und sich ergänzend auf diese Urkunden und das Verfahren insgesamt erläuternde Zeugenaussagen gestützt hat. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Ansicht der Revision ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht nicht weiter aufgeklärt hat, in welcher Art und aus welcher Datenbank Daten ausgelesen worden sind und welche Person zum damaligen Zeitpunkt die Auskunft bearbeitet hat. Die Klärung dieser Detailfragen war im Streitfall für die richterliche Überzeugungsbildung zur Frage der Richtigkeit der Zuordnung der IPAdresse zum Internetanschluss des Beklagten nicht erforderlich.
- 44
- bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die fehlerhafte Schreibweise des Nachnamens des Beklagten nicht berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Umstand auseinandergesetzt. Es hat angenommen , die unzutreffende Schreibweise eines Buchstabens des Nachnamens des Beklagten in der tabellarischen Auskunft der Deutsche Telekom AG stelle allein keinen Anhaltspunkt für eine Fehlzuordnung dar. Angesichts der zutreffenden Angabe der Anschrift und des Vor- sowie eines Großteils des Nachnamens des Beklagten handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler bei der Ergänzung der Tabelle, der die Identität des Beklagten unberührt lasse. Die fehlerhafte Erfassung eines einzelnen Buchstabens im Nachnamen lasse keine Zweifel an der generellen Richtigkeit der Bestandsdatenerfassung und der Ermittlung des Beklagten als Anschlussinhaber aufkommen. Vielmehr könne die teilweise unzutreffende Schreibweise ohne Weiteres mit der fehlerhaften Aufnahme oder Übertragung des Nachnamens - sei es im Zuge der Er- fassung der Kundendaten bei Abschluss des Vertrages über die Einrichtung des Internetanschlusses, sei es bei einer manuellen Ergänzung der von der Staatsanwaltschaft übermittelten Excel-Tabelle - erklärt werden. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision vergeblich.
- 45
- cc) Soweit die Revision geltend macht, der Schreibfehler belege, dass die in der Auskunftstabelle erfassten Daten nicht automatisch, sondern per Hand eingepflegt worden seien, hat sie keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dargelegt. Das Berufungsgericht ist vielmehr ausdrücklich von der Möglichkeit ausgegangen, dass der Schreibfehler durch eine Ergänzung der von der Staatsanwaltschaft übermittelten Excel-Tabelle per Hand erfolgt sein kann. Das Berufungsgericht hat insoweit jedoch angenommen, dass auch ein erst im Zuge der Auskunftserteilung unterlaufenes Versehen beim Schreiben des Nachnamens - insbesondere bei nicht automatisierter, sondern manueller Übertragung von Kundendaten - nicht geeignet sei, die Angaben insgesamt als unzuverlässig und fehlerhaft zu qualifizieren, die auf den Beklagten als Inhaber des Internetanschlusses der in der Auskunft angeführten Anschrift verwiesen. Anhaltspunkte für einen Erfahrungssatz, wonach Tippfehler beim Schreiben von Kundennamen zugleich auf Lesefehler bei der Bearbeitung der staatsanwaltschaftlichen Anfrage sowie auf eine fehlerhafte Zuordnung von Kundendaten zu den mitgeteilten IP-Adressen hindeuteten, habe der Beklagte nicht aufgezeigt. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Soweit die Revision meint, es greife der Erfahrungssatz, dass dort, wo ein Fehler passiere, weitere Fehler offensichtlich nicht ausgeschlossen seien, ersetzt sie lediglich die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene Ansicht, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgericht aufzuzeigen. Es kommt nicht auf die theoretisch und praktisch absolute Fehlerfreiheit des Auskunftssystems oder eine vollständig fehlerfreie Schreibweise des Namens des Beklagten an, sondern auf die Frage, ob im Streitfall konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Zuordnung der ermittelten IPAdresse zum Internetanschluss des Beklagten vorliegen oder ob der Tatrichter aufgrund der vorliegenden Angaben einen ausreichenden Grad von Gewissheit erlangen konnte, bei dem er vom Vorliegen der fraglichen Tatsachen überzeugt sein konnte.
- 46
- dd) Da das Berufungsgericht im Hinblick auf den nicht vollständig richtig geschriebenen Nachnamen des Beklagten die Möglichkeit einer Fehleingabe per Hand ausdrücklich und rechtsfehlerfrei berücksichtigt hat, kommt es auf die weiteren Rügen der Revision nicht mehr an, mit denen sie sich gegen die Annahme wendet, der Schreibfehler habe bereits in den Stammdaten des Kundenkontos des Beklagten bei der Deutsche Telekom AG vorhanden gewesen sein können. Ebenfalls auf sich beruhen kann deshalb auch der Vortrag der Revision, es könne nicht von einer vollautomatisierten Auskunftserteilung ausgegangen werden.
- 47
- ee) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass im Rahmen des Strafverfahrens "weitere Ungereimtheiten" aufgefallen seien. So ergebe sich beispielsweise aus der Ermittlungsakte, dass ein "offensichtliches Chaos" im Hinblick auf UJs-Aktenzeichen bestanden habe. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Umstand auseinandergesetzt und zutreffend ausgeführt, es lägen dennoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Staatsanwaltschaft Köln die elektronische Datenauskunft der Deutsche Telekom AG nachträglich verfälscht haben könnte. Soweit die Revision weiter meint, seltsam erscheine auch, dass ein Staatsanwalt in einer Verfügung von einer "geringen Anzahl von Dateien" ausgegangen sei, obwohl 5.080 Dateien in Rede stünden, hat sie die Entscheidungserheblichkeit dieses Umstandes nicht dargelegt und daher keine zulässige Revisionsrüge erhoben (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
- 48
- d) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung zutreffend auch die zur Tatzeit maßgeblichen Umstände im Haushalt des Beklagten berücksichtigt. Es hat - von der Revision unbeanstandet - angenommen, dass der Computer zu diesem Zeitpunkt unstreitig eingeschaltet und mit dem Internet verbunden war. Es ist ferner davon ausgegangen, dass im Streitfall nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte bestehen, die gegen die Installation eines Filesharing-Programms sowie der streitbefangenen Musikdateien auf dem Computer des Beklagten sprechen. Etwas anderes ergebe sich nicht aus der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme durch zeugenschaftliche Vernehmung der Ehefrau und des Sohnes des Beklagten. Dagegen wendet sich die Revision vergeblich.
- 49
- aa) Die Revision macht geltend, die Annahme einer Haftung des Beklagten durch das Berufungsgericht sei nicht nachvollziehbar, da sowohl die Ehefrau als auch der Sohn des Beklagten glaubhaft ausgesagt hätten, dass der Beklagte kein Musikliebhaber sei, selten Musik höre und zudem nicht über einen MP3-Player verfüge. Es sei deshalb nicht ersichtlich, warum der Beklagte über 5.000 Musikdateien in digitalisierter Form verfügt haben solle. Mit dieser Rüge dringt die Revision nicht durch. Das Berufungsgericht hat sich mit den Aussagen der Ehefrau und des Sohnes des Beklagten auseinandergesetzt. Es hat insoweit angenommen, die von diesen bekundeten Umstände schlössen es nicht aus, dass der Beklagte eine große Anzahl von Audiodateien beispielsweise für gesellige Anlässe, zur Überlassung an Dritte oder aus technischem Interesse an der Funktionsweise einer Internettauschbörse mit Hilfe einer Filesharing -Software auf seinem Computer installiert habe. Ein persönliches Interesse an den Musikdateien sei nicht erforderlich. Diese Beurteilung ist frei von Rechtsfehlern. Auf die vom Berufungsgericht darüber hinaus selbständig tra- gend angestellten Erwägungen zur Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen und die dazu erhobenen Revisionsrügen kommt es nicht an.
- 50
- bb) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung auch keine Erfahrungssätze unberücksichtigt gelassen. Die Revision macht insoweit geltend, zugunsten des Beklagten greife der Erfahrungssatz , dass jemand, der seine Computer bereits vor Familienmitgliedern mittels verschiedener Administratorenrechte schütze, erst recht nicht über den eigenen Anschluss illegal Musik tauschen werde. Der Beklagte sei IT-Fachmann. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass jemand, der sich mit dieser Materie auskenne, Filesharing über den eigenen Anschluss betreibe. Dies insbesondere , da Filesharing gerade im Jahr 2007 eine große Präsenz in den Medien gehabt habe. Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Revision hat nicht dargelegt, dass der Beklagte hinreichende Anknüpfungspunkte für die behaupteten Erfahrungssätze vorgetragen hat. Solche sind auch nicht ersichtlich. Sie ergeben sich zudem nicht aus der Lebenserfahrung.
- 51
- cc) Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Revision, gegen eine vom Beklagten begangene Verletzungshandlung spreche indiziell, dass er keine Abmahnungen von anderen Anwaltskanzleien erhalten habe. Die Revision meint, hätte der Beklagte stets Tauschbörsen genutzt, wäre er von zahlreichen anderen Kanzleien abgemahnt worden. Die Tatsache, dass es bei einer einzigen Abmahnung geblieben sei, spreche letztlich für ein falsches Ermittlungsergebnis. Diese Rüge greift bereits deshalb nicht durch, weil das Berufungsgericht die von der Revision zugrunde gelegten tatsächlichen Umstände nicht festgestellt und die Revision nicht dargelegt hat, dass der Beklagte entsprechenden Vortrag gehalten hat. Die Rüge geht auch deshalb fehl, weil dem Beklagten im Streitfall nicht vorgeworfen wird, stets Tauschbörsen zu benutzen. Im Übrigen fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für die Annahme, dass Verletzungshand- lungen im Filesharing-Bereich nach der Lebenserfahrung nur von solchen Personen begangen werden, die stets Tauschbörsen in einem Umfang nutzen, dass sie von mindestens zwei Anwaltskanzleien deswegen abgemahnt werden.
- 52
- 6. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte als Täter dafür verantwortlich ist, dass die streitbefangenen 15 Musiktitel am 19. August 2007 um 11.12 Uhr unter der IP-Adresse öffentlich zugänglich gemacht wurden. Es hat angenommen, andere Personen schieden als Verantwortliche für die Verletzungshandlung aus. Die Ehefrau des Beklagten sei mangels entsprechender Administratorenrechte zur Installation der Filesharing-Software auf dem stationären Rechner nicht in der Lage gewesen. Der Sohn habe mangels Kenntnis des Zugangspassworts den Computer nicht allein benutzen können. Gegen eine unbefugte Nutzung des vom Beklagten eingerichteten und verkehrsüblich verschlüsselten kabellosen lokalen Netzwerks (WLAN) durch unbefugt handelnde Dritte spreche, dass der zum Betrieb erforderliche USB-Stick zur Tatzeit nicht mit dem stationären Rechner des Beklagten verbunden und daher kein lokales Funknetz aktiviert gewesen sei. Zudem habe sich die Leistungsfähigkeit des USB-Sticks nach dem Vortrag des Beklagten auf die Herstellung einer Funkverbindung innerhalb des Arbeitszimmers beschränkt. Der Beklagte habe die tatsächliche Vermutung seiner Verantwortlichkeit für die in seiner häuslichen Sphäre begangene Rechtsverletzung auch nicht anderweitig entkräftet. Dass der Beklagte nach seinem Vortrag zur Tatzeit nicht zu Hause gewesen sei, lasse seine Tatherrschaft nicht entfallen. Die zuvor heruntergeladenen Dateien hätten über den eingeschalteten und mit dem Internet verbundenen Rechner auch bei seiner Abwesenheit für einen Download zur Verfügung gestanden. Diese Ausführungen, gegen die sich die Revision auch nicht wendet, halten einer rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht konnte bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass die Rechtsverletzung vom Inhaber begangen worden ist, weil ausgeschlossen ist, dass Dritte den Internetanschluss zum Tatzeitpunkt benutzt haben.
- 53
- 7. Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dem Beklagten nach seinem eigenen Vortrag die tatsächliche und rechtliche Problematik des Filesharing bekannt gewesen sei.
- 54
- 8. Die Revision wendet sich außerdem ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts zur Höhe des Schadensersatzes. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Klägerinnen könnten nach der von ihnen gewählten Berechnungsmethode der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG einen Betrag von 200 € für jeden der insgesamt 15 von ihnen in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel verlangen.
- 55
- a) Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerinnen den gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF zu ersetzenden Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen können (BGH, Urteil vom 22. März 1990 - I ZR 59/88, GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie). Entgegen der Ansicht der Revision stehen diese Grundsätze nicht im Widerspruch zum Erwägungsgrund 26 der Richtlinie 2004/48/EG. Allerdings liegt die im Streitfall maßgebliche Verletzungshandlung nach dem 29. April 2006 und damit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem die Richtlinie 2004/48/EG nach ihrem Art. 20 Abs. 1 Satz 1 spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war. Deshalb ist auch die Auslegung des vor diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen § 97 Abs. 1 UrhG aF soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten. Für die hier interessierende Frage der Möglichkeit der Berechnung des Schadensersatzes auf dreierlei Weise hat sich durch die Richtlinie jedoch nichts geändert. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und b der Richtlinie sieht die Möglichkeit der Berechnung des Schadensersatzanspruchs anhand des konkreten, dem Verletzten entstandenen Schadens, des vom Verletzer erzielten Gewinns oder der Lizenzanalogie vor. Nichts anderes ergibt sich aus Erwägungsgrund 26 der Richtlinie (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2012 - I ZR 96/09, ZUM 2013, 406 Rn. 19 - Einzelbild; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 58; v. Wolf in Wandtke/Bullinger aaO § 97 UrhG Rn. 60; Reber in Möhring/Nicolini aaO § 97 UrhG Rn. 1).
- 56
- b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei der Schadensschätzung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO sein Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt.
- 57
- aa) Gibt es - wie im Streitfall - keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, ZUM 2013, 406 Rn. 30 - Einzelbild). Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - I ZR 107/90, GRUR 1993, 55, 59 = WRP 1992, 700 - Tchibo/Rolex II). Die tatrichterliche Schadensschätzung unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Überprüfbar ist lediglich, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 18. Februar 1993 - III ZR 23/92, NJW-RR 1993, 795, 796). Diesen Anforderungen hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensschätzung stand.
- 58
- bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, im Rahmen der Schadensschätzung könnten verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote im Internet und Rahmenvereinbarungen der Tonträger-Branche herangezogen werden. Hiervon ausgehend erscheine ein Betrag von 0,50 € pro Abruf angemessen. Gegen diese Beurteilung, die keinen Rechtsfehler erkennen lässt, hat die Revision keine ausgeführten Rügen erhoben.
- 59
- cc) Das Berufungsgericht ist außerdem davon ausgegangen, dass der Ansatz von mindestens 400 möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer bei Musikaufnahmen der streitbefangenen Art angemessen ist. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
- 60
- (1) Die Revision macht zu Unrecht geltend, die Annahme des Berufungsgerichts , es sei 400 mal auf die Datei zugegriffen worden, sei nicht ansatzweise nachvollziehbar und ins Blaue hinein erfolgt.
- 61
- Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht nicht davon ausgegangen, dass auf die Titel jeweils 400 mal zugegriffen worden sei. Es hat - mit Blick auf die hier maßgebliche Verletzungshandlung des öffentlichen Zugänglichmachens - vielmehr zutreffend angenommen, dass von mindestens 400 möglichen Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer auszugehen ist. Diese Annahme hat das Berufungsgericht auch nachvollziehbar begründet. Es hat auf die Ausführungen in einer eigenen Entscheidung (OLG Köln, WRP 2012, 1006, 1010 Rn. 38 f.) sowie die Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamburg (MMR 2014, 127, 130 f.) Bezug genommen, in denen die Angemessenheit des Ansatzes von 400 möglichen Zugriffen unter Berücksichtigung der Popularität der auch im Streitfall eingesetzten Tauschsoftware "BearShare" , dem Gefährdungspotential von zur Tatzeit gleichzeitig online befindlichen mehreren Hunderttausend potentiellen Nutzern und der Attraktivität der streitbefangenen Musiktitel plausibel begründet wurde. Das Berufungsgericht hat im Streitfall zudem ergänzend festgestellt, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die im Streitfall zu einem niedrigeren Ansatz führen müssten, weder dargetan noch ersichtlich seien. Im Gegenteil bestünden konkrete Anhaltspunkte dafür, dass unter Beteiligung der über den Internetanschluss des Beklagten abrufbaren Dateien zahlreiche unbekannte Dritte auf die Aufnahmen zugegriffen hätten. Zur Tatzeit sei die fragliche Tauschbörse ausweislich der Angaben auf dem vorgelegten Screenshot (Anlage K 1) von weltweit 340.000 Teilnehmern genutzt worden. Zudem handele es sich nach dem unwiderlegten Vorbringen der Klägerinnen bei den im Streitfall dem Schadensersatzbegehren zugrunde gelegten Titeln um Aufnahmen international erfolgreicher deutscher Popmusiker, die auch aktuell immer wieder nachgefragt würden. Diese Beurteilung, die von der Revision nicht konkret angegriffen wird, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 62
- (2) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, wegen der technischen Gegebenheiten , insbesondere des höchstmöglich übertragbaren Datenvolumens des im Jahr 2007 standardmäßig eingesetzten Internetzugangs DSL 1000 sowie der durchschnittlichen Dateigrößen ergebe sich unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht angenommen Anzahl von 5.080 Dateien bei der Annahme von 400 durchschnittlichen Zugriffen pro Datei eine Uploadzeit von 23,19 Jahren. Dieses Ergebnis sei offensichtlich unrichtig. Mit diesem Vorbringen ist die Revision in der Revisionsinstanz ausgeschlossen (§ 559 Abs. 1 ZPO). Die Revision legt nicht dar, dass das Berufungsgericht einen entsprechenden Vortrag des Beklagten zu den technischen Kapazitäten des von ihm 2007 eingesetzten Internetanschlusses und der Größe der im Streitfall maßgeblichen Dateien verfahrensordnungswidrig übergangen hat.
- 63
- (3) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei seiner Schätzung auch nicht die "Problematik der vielfachen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen" verkannt. Die Revision macht insoweit geltend, nach unabhängigen Schätzungen seien 2008 zwischen 250.000 und 500.000 Abmahnungen zu Filesharing-Vorwürfen in Deutschland verschickt worden. Theoretisch bestehe daher die Möglichkeit, dass sowohl der Beklagte als Anbieter als auch der Tauschpartner, der ein Dateifragment vom Beklagten erhalten habe, abgemahnt und auf Lizenzschaden in Anspruch genommen werde. Eine solche vielfache Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen derselben Rechtsverletzung verstoße gegen die Grundsätze des Schadensersatzrechts und führe letztendlich zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerinnen. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
- 64
- Die Revision geht bereits in ihrem Ausgangspunkt unzutreffend davon aus, dass bei einem Filesharing-Vorgang Anbieter und Tauschpartner dieselbe Rechtsverletzung begehen. Sie verkennt, dass die relevante Verletzungshandlung in der Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit an Dritte besteht und nicht in dem Absenden und Empfangen eines Dateifragments im Zweipersonenverhältnis. Daraus ergibt sich, dass eine eigenständige Verwertungshandlung im Sinne von §§ 85 Abs. 1, 19a UrhG vorliegt, wenn die Zugriffsmöglichkeit für Dritte eröffnet wird. Im Übrigen wären die Klägerinnen auch bei Annahme einer einheitlichen Verletzungshandlung gemäß §§ 830, 840 Abs. 1 BGB berechtigt, einen Verletzer in vollem Umfang in Anspruch zu nehmen (vgl. auch Wild in Schricker /Loewenheim aaO § 97 UrhG Rn. 67).
- 65
- dd) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die zuerkannten Schadensersatzbeträge auch angemessen wären, wenn die Klägerinnen sich nicht auf die Geltendmachung fiktiver Lizenzvergütungen für eine vergleichsweise geringe Zahl von Musikdateien beschränkt hätten. Diese Beurteilung lässt kei- nen Rechtsfehler erkennen. Allerdings kommt es für den im Wege der Schätzung gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu ermittelnden fiktiven Lizenzbetrag auch auf die Anzahl der vom Rechtsinhaber als rechtsverletzend verwerteten Musikaufnahmen an. Für die Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr ist objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (BGH, GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 - I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Rn. 23 = WRP 2006, 274 - Pressefotos; Urteil vom 16. August 2012 - I ZR 96/09, ZUM 2013, 406 Rn. 30 - Einzelbild). Es erscheint ausgeschlossen, dass ein vernünftig denkender privater Musiknutzer für die vertragliche Einräumung von Nutzungsrechten eine Lizenzgebühr von 200 € je Musikaufnahme zahlen würde, wenn Gegenstand dieser Vereinbarung das öffentliche Zugänglichmachen einer großen Anzahl von Musikaufnahmen wäre. Die im Streitfall geltend gemachten Ansprüche für die Verwertung von insgesamt 15 Aufnahmen hält sich jedoch noch im Rahmen einer nach den Umständen mit dem Betrag von 200 € je Aufnahme abzugeltenden Nutzung, weil die Klägerinnen ihre Ansprüche auf wenige Aufnahmen beschränkt haben.
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- II. Das Berufungsgericht hat den Klägerinnen zu Recht einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 878,65 € zugesprochen.
- 67
- 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Abmahnung einer Urheberrechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB) in Betracht kommt. Auf die Abmahnung vom 18. Februar 2008 ist die am 1. September 2008 in Kraft getretene und mit Wirkung vom 9. Oktober 2013 geänderte Regelung des § 97a UrhG nicht anwend- bar (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 11 - BearShare).
- 68
- 2. Ein auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag gestützter Erstattungsanspruch setzt voraus, dass die Abmahnung berechtigt war und dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten im Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand (BGHZ 200, 76 Rn. 12 - BearShare). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Beklagte hat im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht, hier das Verwertungsrecht des Tonträgerherstellers auf öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 85 Abs. 1 UrhG, verletzt.
- 69
- 3. Das Berufungsgericht ist außerdem zutreffend davon ausgegangen, dass der Inhalt der streitgegenständlichen Abmahnung den an sie zu stellenden Anforderungen entspricht.
- 70
- a) Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten setzt gemäß § 677 BGB voraus, dass die Abmahnung dem Interesse des Abgemahnten entspricht. Hieraus ergibt sich, dass Form und Inhalt der Abmahnung den Zweck erfüllen müssen, eine Befriedigung des Gläubigers ohne Prozess herbeizuführen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 41 Rn. 9, 14). Mahnt der Gläubiger zunächst ab, statt sofort Klage zu erheben oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, gibt er damit dem Schuldner die Möglichkeit, die gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden (BGH, Urteil vom 1. Juni 2006 - I ZR 167/03, GRUR 2007, 164 Rn. 12 = WRP 2007, 67 - Telefax-Werbung II). Daher muss der Gläubiger dem Schuldner durch die Abmahnung zu erkennen geben, welches Verhalten des Schuldners er als rechtsverletzend ansieht (vgl. Teplitzky aaO Kap. 41 Rn. 14 mwN). Die Verletzungshandlung muss so konkret angegeben werden, dass der Schuldner erkennen kann, was ihm in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorgeworfen wird (Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 16). In einer Abmahnung sind deshalb der Sachverhalt und der daraus abgeleitete Vorwurf eines rechtswidrigen Verhaltens so genau anzugeben, dass der Abgemahnte den Vorwurf tatsächlich und rechtlich überprüfen und die gebotenen Folgerungen daraus ziehen kann. Der Anspruchsgegner ist in die Lage zu versetzen, die Verletzungshandlung unter den in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 139/07, GRUR 2009, 502 Rn. 13 = WRP 2009, 441 - pcb). Nicht erforderlich ist allerdings, alle Einzelheiten mitzuteilen (Fezer/Büscher aaO § 12 Rn. 16). Bleiben für den Schuldner gewisse Zweifel am Vorliegen einer Rechtsverletzung oder an der Aktivlegitimation des Abmahnenden, ist er nach Treu und Glauben gehalten, den Abmahnenden auf diese Zweifel hinzuweisen und gegebenenfalls nach den Umständen angemessene Belege für die behaupteten Rechtsverletzungen und die Legitimation zur Rechtsverfolgung zu verlangen (vgl. BGH Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 32 - Stiftparfüm; vgl. zu § 97a Abs. 2 UrhG J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97a UrhG Rn. 23).
- 71
- b) Diesen Grundsätzen genügt die Abmahnung der Klägerinnen. In dieser wurde dem Beklagten vorgeworfen, geschützte Tonaufnahmen im Umfang von 5.080 Musikdateien unter Verstoß gegen §§ 97, 77, 78 Nr. 1, 85, 16, 19a UrhG am 19. August 2007 um 11:12:31 Uhr über seinen Internetanschluss (IPAdresse " ") zum Herunterladen verfügbar gemacht zu haben. Das Berufungsgericht hat ferner - von der Revision nicht beanstandet - festgestellt , dass der Abmahnung eine Liste mit den maßgeblichen Audiodateien beigefügt war und dass die Klägerinnen insoweit ausschließliche Verwertungsrechte geltend gemacht haben. Der Umstand, dass in der Abmahnung nicht aufge- führt war, an welchem der aufgelisteten Titel welche Klägerin Rechte geltend macht, steht entgegen der Ansicht der Revision der Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten nicht entgegen. Eine solche konkrete Zuordnung in der Abmahnung war nicht geboten, um den Beklagten in den Stand zu versetzen, den Vorwurf tatsächlich und rechtlich zu überprüfen und die gebotenen Folgerungen daraus zu ziehen. Für den Fall, dass bei einem oder mehreren der aufgelisteten Musikaufnahmen - etwa aufgrund eines Abgleichs mit den einschlägigen öffentlich zugänglichen Downloadplattformen wie Amazon oder iTunes - konkrete Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerinnen oder am Vorliegen eines urheberrechtlichen Schutzes entstanden wären, wäre der Beklagte nach Treu und Glauben gehalten gewesen, die Klägerinnen auf solche Zweifel hinzuweisen und um Aufklärung im Hinblick auf die behaupteten Rechtsverletzungen und die Legitimation zur Rechtsverfolgung nachzusuchen. Vorliegend hat die Revision nicht geltend gemacht, dass der Beklagte solche Zweifel gehabt und die Klägerinnen vergeblich um Aufklärung gebeten hat.
- 72
- 4. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass den Klägerinnen gemäß § 670 BGB erstattungsfähige Aufwendungen auf der Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) entstanden sind.
- 73
- a) Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung einschließlich der Aufwendungen für die Abmahnung ist unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) ebenso wie als Schadensersatz nur begründet, soweit diese Kosten erforderlich waren (BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 - I ZR 2/03, GRUR 2004, 789 = WRP 2004,903 - Selbstauftrag; Urteil vom 24. Februar 2011 - I ZR 181/09, GRUR 2011, 754 Rn. 15 = WRP 2011, 1057 - Kosten des Patentanwalts II).
- 74
- b) Das Berufungsgericht hat angenommen, im Streitfall hätten die Klägerinnen ihren Rechtsanwälten für die Abmahnung eine 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG VV zu erstatten. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
- 75
- aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerinnen ihren Rechtsanwälten die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz maßgebliche Gebühr schuldeten. Soweit der Beklagte gemutmaßt habe, die Klägerinnen hätten mit ihren Prozessbevollmächtigten ein unter der gesetzlichen Vergütung liegendes Erfolgshonorar vereinbart, habe er dafür weder greifbare Anhaltspunkte aufgezeigt noch Beweis angetreten. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
- 76
- bb) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten im Regelfall von den im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz getroffenen Bestimmungen auszugehen ist. Auch die Revision ist davon ausgegangen, dass die Klägerinnen mit der von ihnen beauftragte Rechtsanwaltskanzlei grundsätzlich eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vereinbart haben.
- 77
- cc) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, der Beklagte habe weder greifbare konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt noch Beweis dafür angetreten, dass die Klägerinnen mit ihren Prozessbevollmächtigten ausnahmsweise ein erfolgsabhängiges, im Fall eines Vergleichsabschlusses unter der gesetzlichen Vergütung liegendes Honorar vereinbart hätten. Dem vom Beklagten vorgelegten Beweisaufnahmeprotokoll aus einem anderen Verfahren über die Vernehmung des von den Klägerinnen sowohl in dieser als auch in jener Sache beauftragten Rechtsanwalts sowie eines weiteren Zeugen lasse sich lediglich entnehmen, dass die Klägerinnen mit ihren Prozessbevollmächtig- ten eine Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vereinbarten, sie sich mit ihnen allerdings üblicherweise, falls sich der Abgemahnte auf die vorgerichtlich angebotene Pauschalzahlung einlasse, nachträglich auf die Ermäßigung ansonsten höherer Gebühren verständigten. Im vorliegenden Fall habe die dem Beklagten in der Abmahnung angebotene Pauschalzahlung jedoch über dem eingeklagten Gesamtbetrag gelegen. Ferner scheide ein Vergleich oder Teilerlass der Honorarforderung der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen weiter deshalb aus, weil der Beklagte auf deren vorgerichtliches Zahlungsangebot nicht eingegangen sei.
- 78
- Die tatbestandliche Feststellung im Berufungsurteil, dass die Klägerin mit ihren Rechtsanwälten eine Abrechnung der Abmahnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vereinbaren und eine Reduzierung der Vergütung allenfalls nachträglich im Falle eines vorgerichtlichen Vergleichs erfolgt, sind vom Beklagten nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 Abs. 1 ZPO angegriffen worden. Sie stehen daher aufgrund der Beweiskraft dieser tatbestandlichen Feststellungen nach § 314 Satz 1 ZPO fest. Die Revision ist deshalb mit ihrer Rüge ausgeschlossen, entgegen den Feststellungen des Berufungsgerichts sei zwischen den Klägerinnen und ihren Prozessbevollmächtigen nicht erst nachträglich, sondern von vornherein vereinbart gewesen, dass sich die gesetzlichen Gebühren bei einem vorgerichtlichen Vergleich reduzieren. Damit fehlt den Rügen der Revision die tatsächliche Grundlage. Auf die vom Berufungsgericht gegebenen weiteren selbständig tragenden Begründungen gegen die Annahme eines unterhalb der gesetzlichen Gebührenhöhe liegenden Erstattungsanspruchs und die dagegen erhobenen Revisionsrügen kommt es nicht mehr an.
- 79
- 5. Ohne Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen den vom Berufungsgericht der Berechnung der zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren zugrunde gelegten Streitwert in Höhe von 100.000 €.
- 80
- Das Berufungsgericht hat den ursprünglich von den Klägerinnen ihrem Erstattungsantrag zugrunde gelegten Streitwert von 400.000 € auf 100.000 € reduziert , weil die Klägerinnen ihre Aktivlegitimation nur für 150 Musiktitel dargelegt hätten. Es ist dabei davon ausgegangen, dass dieser reduzierte Streitwert dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerinnen an der Unterbindung weiterer Rechtsverletzungen entspricht. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Ansicht der Revision ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht insoweit zu Unrecht von einer durchschnittlichen Zahl von 400 Zugriffen pro gefundene Musikdatei ausgegangen sei.
- 81
- Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, das Berufungsgericht hätte bei der Bemessung des Streitwertes § 12 Abs. 4 UWG berücksichtigen müssen. Diese Vorschrift ist auf Abmahnungen, die auf die Verletzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten gestützt sind, nicht entsprechend anwendbar (vgl. Retzer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 916 mwN). Im Übrigen hat die Revision schon nicht geltend gemacht, dass die persönlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 UWG nach dem vom Beklagten gehaltenen Vortrag im Streitfall vorliegen.
- 82
- III. Die Revision ist somit zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.10.2012 - 28 O 306/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.12.2013 - 6 U 205/12 -
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.