Oberlandesgericht Köln Beschluss, 01. März 2016 - 9 W 6/16
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 25.11.2015 —10 O 364/15 — in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 03.02.2016 wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
2Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Gem. § 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe nur dann zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
31. Dem Antragsteller steht der begehrte Versicherungsschutz nicht zu. Gem. Ziff. 1.1. der Bedingungen der Privat-Haftpflichtversicherung ist versichert „die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes.“ Im Gegensatz zu früheren Fassungen der Klausel, die betriebliche und berufliche Gefahren ausdrücklich als Ausnahmetatbestände formulierten, gehört es nach der aktuellen Fassung zur primären Risikobeschreibung, dass sich Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson verwirklicht haben müssen. Dies hat Konsequenzen für die Darlegungs- und Beweislast: Für die alte Fassung war herrschende Meinung, dass der Versicherer in Folge der negativen Risikobeschreibung zu beweisen hatte, dass der Schaden Folge einer beruflichen Tätigkeit war; nach der jetzigen, auch vorliegend vereinbarten Fassung muss hingegen der Versicherungsnehmer die anspruchsbegründende Voraussetzung darlegen und beweisen, dass ihn ein privates und kein Risiko des Berufes getroffen hat (Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, Lücke, Ziff. 1 BB PHV, Rz. 4 m.w.N.; Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, 2. Aufl. 2015, Schimikowski, BB PHV, Rz. 5; OLG Hamm, Urteil v. 02.10.2015, 20 U 139/14). Vorliegend hat den Antragsteller jedoch ein berufliches Risiko getroffen.
4Beruf i.S. der zitierten Klausel ist dabei eine auf Dauer angelegte, zumeist dem Erwerb des Lebensunterhalts dienende Tätigkeit, die im Gegensatz zu einer Freizeitbeschäftigung steht. Nur gelegentliche, nach Art und Umfang als Freizeitbeschäftigung anzusehende Nebentätigkeiten sind gedeckt (Prölss/Martin, a.a.O., Lücke, Rz. 6; OLG Hamm, Beschluss v. 03.08.2012, 20 W 18/11). Der Bezug eines Entgelts ist allein kein geeignetes Abgrenzungskriterium; allerdings können Art und Höhe des Entgelts für die Frage von Bedeutung sein, ob die Tätigkeit zur dauernden Aufgabe mit dem Zweck des Erwerbs des Lebensunterhalts geworden ist. Entscheidend ist die Bestimmung des Schwergewichts, das nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen ist (OLG Hamm, a.a.O.). Nach diesen Kriterien ist vorliegend eine berufliche Tätigkeit des Antragstellers anzunehmen. Bereits aufgrund unstreitiger Tatsachen stehen ein Umfang und eine Dauer des Betriebes fest, die nach der Verkehrsanschauung nicht mehr als gelegentliche Betätigung angesehen werden können. Die Plantage hat zudem auch dem Lebensunterhalt gedient. Die Antragsgegnerin hat gewichtige Anhaltspunkte vorgetragen, die der Annahme widersprechen, die Plantage diese allein dem Zweck des Eigenkonsums. Dem ist der Antragsteller nicht hinreichend entgegengetreten. Im Einzelnen:
5Aus den Akten der Staatsanwaltschaft Bonn, Az. 930 Js 239/15, ergibt sich, dass am Tag des Brandereignisses insgesamt 995,85 g Marihuana gefunden wurden, wobei verbrannte Mengen noch zusätzlich zu berücksichtigen wären. Diese Menge übersteigt deutlich die Mengen, die bei einem angegebenen Eigenkonsum von 4 g täglich zu erwarten wären. Soweit der Antragsteller vorträgt, er habe wider eigener Erwartung eine besonders gute Ernte erzielt, erscheint dieses Vorbringen bereits für sich betrachtet wenig glaubhaft und nicht ausreichend, um von einer privaten Tätigkeit auszugehen: Schon die vom Antragsteller eingeräumte Aufzucht bis zur Ernte bestätigt einen Betrieb von gewisser Dauer, und die geerntete Menge eine gewisse Professionalität des Antragstellers bei der Aufzucht. Auch kann eine gelegentliche Tätigkeit die Notwendigkeit einer Feinwaage nicht erklären. Eine solche ist ausweislich der Ermittlungsakte in dem Schreibtisch des Antragstellers gefunden worden. Ganz wesentliches Indiz für eine Gewinnerzielungsabsicht des Antragstellers und mithin für einen beruflichen Betrieb der Plantage ist schließlich der vor Ort gefundene Zettel, auf dem mehrere unterschiedliche Mengen und Zahlenangaben aufgeführt waren. Eine derart präzise Dokumentation des Ernteerfolges erscheint im Rahmen der Befriedigung nur des Eigenbedarfs außergewöhnlich und wenig glaubhaft. Darüber hinaus scheint es sich nicht nur um Gewichte, d.h. Erträge zu handeln: Ein Großteil der Notizen scheint Geldbeträge wiederzugeben.
6Der Brand ist jedenfalls auch im Zusammenhang mit dem Betrieb der Hanfplantage entstanden: Der Sachverständige M hat sehr deutlich herausgestellt, der Brand dürfte durch die laienhaft verlegten Elektroinstallationen eines der Heizgeräte verursacht worden sein. Es liegt auf der Hand, dass diese Heizgeräte dem Betrieb der Hanfplantage dienten, sich mithin im Brand aufgrund eines solchen Heizgeräts ein betriebliches Risiko im oben dargelegten Sinne realisiert hat. Allerdings ist dem Antragsteller zuzugeben, dass der Sachverständige M auch die Möglichkeit eines unsachgemäßen Umgangs mit Tabakresten als Brandursache nicht hat ausschließen können. Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Brand auch durch Zigarettenglut verursacht worden wäre. Der entsprechende Vortrag des Antragstellers ist ungenügend, unglaubhaft und widersprüchlich. Der Antragsteller behauptet nicht konkret, Zigaretten in der Nähe des Brandherdes ausgedrückt zu haben, sondern hält dies nur für möglich. Augenfällig ist, dass der Vortrag erstmalig erfolgte, als die Antragsgegnerin die Möglichkeit einer entsprechenden Brandursache ausschloss. Letztlich steht dieser neue Vortrag aber, wie das Landgericht zu Recht ausführt, eindeutig in einem unüberbrückbaren Widerspruch zu den Ausführungen des Antragstellers im Schreiben vom 11.08.2015. Dort hat er wörtlich ausgeführt: „Am Tage des Brandes habe ich mich nicht in der Wohnung aufgehalten, bei meiner Rückkehr am Abend hatte die Feuerwehr mit den Löscharbeiten begonnen“. Ansätze, diesen Widerspruch zu erklären, fehlen.
72. Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht angenommen, dass sich eine Gefahr aus einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung realisiert hat. Insoweit wird auf die Ausführungen des angegriffenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses Bezug genommen, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt. Es bestehen keine Zweifel daran, dass eine ungewöhnliche Beschäftigung vorliegt. Der Begriff der Beschäftigung setzt ein Verhalten voraus, das auf längere Dauer angelegt ist und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bildet, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten (BGH, Urteil v. 28.10.2015, IV ZR 269/14; BGH, Urteil v. 09.11.2011, IV ZR 115/10). Dabei stellt nicht jedes strafbare Verhalten automatisch auch eine Beschäftigung dar, da es selten das Erfordernis der Dauer im dargelegten Sinn erfüllt. Vorliegend ist dies jedoch unproblematisch: Der Betrieb der Plantage erfolge über einen längeren Zeitraum von nicht unerheblicher Dauer.
8Diese Tätigkeit war auch ohne Weiteres gefährlich. Gefährlich ist eine Beschäftigung dann, wenn sich das Risiko für einen in der Haftpflichtversicherung allein relevanten Fremdschaden erhöht, für den der Versicherungsnehmer haften und der Versicherer eintreten müsste (Prölss/Marin, a.a.O., Lücke, Rz. 16). Insoweit ist nicht auf die Illegalität des Betriebs der Plantage, sondern den dauerhaften Betrieb von Heizgeräten und Leuchtmitteln abzustellen. Gerade durch den dauerhaften Betrieb von Heizgeräten und Leuchtmitteln wird mit der Gefahr eines Kurzschlusses die Gefahr eines haftpflichtversicherungsrelevanten Fremdschadens erhöht, wie er sich vorliegend gerade verwirklicht hat, zumal die Plantage und die Elektroinstallationen nicht ständig überwacht wurden.
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 04.06.2014 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag Nr. ######### wegen des am ####2013 in der Autowerkstatt C-Straße, C2, entstandenen Brandes für alle hieraus resultierenden Schadensersatzansprüche Dritter wegen Personen- und Sachschäden oder sich daraus ergebende Vermögensschäden bedingungsgemäßen Deckungsschutz zu gewähren hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte aus Anlass eines Brandschadenereignisses vom ####2013 im vorweggenommenen Deckungsprozess aus einem Haftpflichtversicherungsvertrag auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes in Anspruch.
4Der Kläger nahm im Jahre 2007 mit Versicherungsbeginn 15.03.2007 bei der Beklagten eine Privathaftpflichtversicherung nach dem Tarif „D PrivathaftpflichtTop – Singleversicherung“ unter Geltung der AHB der Beklagten sowie ihren Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) – jeweils Stand: 07/2006.
5In den BBR der Beklagten heißt es im Abschnitt A. IV. unter der Überschrift „Was ist nicht versichert?“ auszugsweise wie folgt:
6„Neben den Ausschlüssen der AHB und den bei den einzelnen Abschnitten dieser BBR beschriebenen Ausschlüssen ist nicht versichert die gesetzliche Haftpflicht
71. a) aus der Ausübung eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes
8(auch öffentlichen Ehrenamtes),
9(…)
105. als Eigentümer, Besitzer, Halter oder Führer eines Kraft-, Luft-
11Wasserfahrzeugs oder Kraftfahrzeugsanhängers wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs oder Anhängers verursacht werden,
12soweit nicht in A.III.12. etwas anderes vereinbart ist.
13(…)“
14Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird auf den Versicherungsschein vom 20.03.2007 (GA 152 f.), den Nachtrag vom 21.05.2012 (GA 154 ff.) sowie das Bedingungswerk der Beklagten (GA 156 ff., 188 ff.) Bezug genommen.
15Am ####2013 kam es auf dem Betriebsgelände C-Straße in C2 in einer von einem Herrn U betriebenen Werkstatthalle zu einem Brandschadenereignis.
16Der Kläger hatte Arbeiten an einem Pritschenwagen durchgeführt, nachdem ihm Herr U gestattet hatte, die Werkstatt zur Durchführung dieser Arbeiten zu nutzen. Nachdem der Kläger nach dem Entfernen von auf der Ladefläche des Pritschenwagens befindlichen Holzbrettern eine Roststelle oder ein Loch entdeckt hatte, hatte er ein in der Werkstatt vorhandenes Schweißgerät an die Stromversorgung angeschlossen. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang dazu war es zum Ausbruch des Brandes gekommen, wobei die Parteien über dessen genaue Ursache streiten. Durch das Feuer entstanden Schäden an den Räumlichkeiten der Werkstatt und darin befindlichen weiteren Gegenständen.
17Ein gegen den Kläger von der Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen des Verdachts der fahrlässigen Brandstiftung eingeleitetes Ermittlungsverfahren (446 Js 105/13) wurde gem. § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
18Wegen am ####2013 ebenfalls entstandener Beschädigungen an dem Pritschenwagen, einem Klein-Lastkraftwagen D2 mit dem amtlichen Kennzeichen ########, wird die Fa. E, deren Inhaber Herr U ist, in einem vor dem Amtsgericht Bielefeld anhängigen Verfahren (416 C 290/14) von einer Frau G auf Schadensersatz in Höhe von 4.000,00 € mit der Behauptung in Anspruch genommen, sie sei Eigentümerin des Klein-Lastkraftwagens, welchen ein Herr L im Januar 2013 in die Werkstatt des Herrn U verbracht habe, um dort Reparaturen an dem Fahrzeug vornehmen sowie eine sich anschließende Hauptuntersuchung durchführen zu lassen. Durch einen Brand sei u.a. der Klein-Lastkraftwagen vollständig zerstört worden.
19Nachdem der Kläger den Schaden gegenüber der Beklagten meldete, lehnte diese die Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes unter Hinweis auf die sog. „kleine Benzinklausel“ ab.
20Der Kläger forderte die Beklagte daraufhin zuletzt mit anwaltlichem Schreiben vom 14.06.2013 unter Fristsetzung bis zum 21.06.2013 zur Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes auf und hat dieses Begehren mit seiner erstinstanzlich erhobenen Klage weiter verfolgt.
21Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, er sei am ####2013 Eigentümer des nicht zum Verkehr zugelassenen Klein-Lastkraftwagens gewesen. Er habe das Fahrzeug für den Privatgebrauch TÜV-fertig machen wollen. Herr U habe ihm zuvor gestattet, nach Betriebsschluss die Werkstatt zu nutzen, um die Bretter der Ladefläche zu ersetzen. Während dieser Arbeiten habe er, der Kläger, festgestellt, dass sich an der Ladefläche ein Loch befunden habe, welches er habe verschweißen wollen. Er habe in einem anderen Raum ein Schweißgerät vorgefunden, dieses an die Stromversorgung angeschlossen und das Loch verschweißt. Dabei habe sich aus ihm nicht bekannten Gründen ein Ölfass entzündet, was den Brand und die mit ihm zusammen hängenden Schadenfolgen verursacht habe. Das Fahrzeug selbst habe zunächst kein Feuer gefangen, sei aber letztlich – insoweit unstreitig – ebenfalls verbrannt. Der Brandherd habe aber mit dem Fahrzeug selbst nichts zu tun gehabt.
22Der Kläger hat weiter behauptet, die Fa. E habe ihm gegenüber Ansprüche in Höhe von 71.600,00 € geltend gemacht. Hierin nicht enthalten seien die Gebäudeschäden, die ggf. noch durch den Gebäudeversicherer regressiert würden, so dass von einem Gesamtschaden in Höhe von mindestens 150.000,00 € auszugehen sei.
23Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
241. die Beklagte zu verurteilen, ihm bedingungsgemäßen Versicherungsschutz wegen des Vorfalls am ####2013 in C2, C-Straße, zu gewähren;
252. die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn 1.880,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
26Die Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie hat die Unzulässigkeit der Klage gerügt und sich – wie bereits vorprozessual – auf die sog. „kleine Benzinklausel“ berufen. Sie hat gemeint, der Schaden sei unabhängig davon, wie sich der Brand konkret entwickelt habe, durch den Gebrauch des Fahrzeugs entstanden. Sie hat ferner behauptet, der Kläger habe die Schweißarbeiten im Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit als Abschleppunternehmer ausgeführt. Insoweit hat die Beklagte sich darauf berufen, dass die Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus Risiken seines Berufs nicht von der Privathaftpflichtversicherung erfasst werde. In Ansehung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten hat die Beklagte deren Inrechnungstellung sowie ihre Ausgleichung durch den Kläger mit Nichtwissen bestritten.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 04.06.2014 (GA 62 ff.) verwiesen.
30Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die mit der Klage begehrte Feststellung, dass die Beklagte wegen des Vorfalls vom ####2013 bedingungsgemäß einstandspflichtig sei, könne schon deshalb nicht getroffen werden, weil nach dem unstreitigen Parteivorbringen offen bleibe, wie der Schaden genau entstanden sei. Fest stehe lediglich, dass der Brand in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den vom Kläger an seinem Fahrzeug durchgeführten Schweißarbeiten ausgebrochen sei. Aus diesem Grunde greife die Benzinklausel. Denn die Gebrauchshandlung sei ursächlich für den eingetretenen Schaden, wobei dahinstehen könne, ob zunächst das Fahrzeug selbst oder das in unmittelbarer Nähe befindliche Ölfass in Brand geraten sei.
31Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht rügt und zunächst sein erstinstanzliches Klagebegehren weiter verfolgt hat. Hilfsweise hat zunächst er die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von Ansprüchen Dritter aus dem Vorfall vom ####2013 sowie hilfsweise dazu Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm in Ansehung aller berechtigten Ansprüche Dritter aus dem Vorfall am ####2013 bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren habe. Er macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass jegliche Arbeiten an einem Kraftfahrzeug zu dem Ausschluss führten. Von entscheidender Bedeutung sei vielmehr, ob der Brand durch die Schweißarbeiten selbst oder nur durch Benutzung des Schweißgeräts verursacht worden sei. Auf den Ausschluss könne sich die Beklagte nur berufen, wenn sich ein typisches Risiko der Kfz-Haftpflichtversicherung verwirklicht haben würde.
32Erstmals im Berufungsrechtzug behauptet der Kläger zudem, er sei nicht Eigentümer des Fahrzeugs gewesen. Er habe lediglich den Zeugen U gefragt, ob er das Fahrzeug kaufen könne. Es sei weder zum Abschluss eines schriftlichen Kaufvertrages noch zu einer Zahlung des Kaufpreises und einer Übergabe des Fahrzeugs und der Fahrzeugpapiere gekommen. Zudem geriere sich die vormalige Eigentümerin weiter als solche, was ihm erstmals durch eine Streitverkündung in dem Verfahren 416 C 290/14 (Amtsgericht Bielefeld) nach Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung bekannt geworden sei.
33Der Kläger beantragt zuletzt,
34wie erkannt.
35Die Beklagte beantragt,
36die Berufung zurückzuweisen und die Klage auch mit dem zuletzt gestellten Antrag abzuweisen.
37Sie verteidigt – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – die angefochtene Entscheidung, bestreitet das neue Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz und rügt dieses als verspätet.
38Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.
39II.
40Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie hat im Umfang des zuletzt gestellten Antrags in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
41Die Klage ist zulässig und begründet.
421.)
43Die Klage ist jedenfalls mit dem zuletzt gestellten Antrag zulässig. Hierbei kann dahinstehen, ob dem in der Berufungsinstanz vom Kläger gestellten Klageantrag eine Klageänderung zu Grunde liegt. Denn eine solche Klageänderung würde jedenfalls den Anforderungen des § 533 ZPO genügen.
44Das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Versicherungsnehmer in der Haftpflichtversicherung – jedenfalls im vorweggenommenen Deckungsprozess – grundsätzlich nur auf Feststellung der Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes klagen kann. Denn dem Versicherer steht es grundsätzlich frei, den gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Haftpflichtanspruch zu erfüllen oder abzuwehren, § 100 VVG (vgl. insoweit nur BGH, Urt. v. 26.03.2014, IV ZR 422/12, juris, Rn. 20, VersR 2014, 625; Urt. v. 21.09.1983, IVa ZR 165/81, juris, Rn. 17, BGHZ 88, 228 = VersR 1984, 252; Urt. v. 04.12.1980, IVa ZR 32/80, juris, Rn. 12, BGHZ 79, 76 = VersR 1981, 173; Senat, Urt. v. 18.01.2006, 20 U 159/05, juris, Rn. 25, VersR 2006, 781).
45Abweichendes ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten erstinstanzlich zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 04.12.1980, IVa ZR 32/80, BGHZ 79, 76 = VersR 1981, 173) und des Landgerichts Dortmund (Urt. v. 27.01.2011, 2 O 275/10, juris). Denn jenen Entscheidungen lagen Fallgestaltungen zu Grunde, in denen der Versicherungsnehmer auf Freistellung bzw. Zahlung geklagt hatte.
46Allerdings muss die Feststellungsklage die vom Geschädigten angemeldeten Ansprüche konkret bezeichnen (BGH, Urt. v. 21.09.1983, IVa ZR 165/81, juris, Rn. 17, BGHZ 88, 228 = VersR 1984, 252). Diesen Anforderungen genügt aber jedenfalls der zuletzt vom Kläger gestellte Antrag. Denn der Inhalt der zu treffenden Feststellung wird durch die Bezugnahme auf die Handlung, für die der Versicherungsnehmer Deckungsschutz begehrt, hinreichend klar umrissen, zumal der Urteilstenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2014, IV ZR 422/12, juris, Rn. 22, VersR 2014, 625).
472.)
48Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht der klageweise verfolgte Deckungsanspruch aus § 100 VVG zu.
49Hierbei kommt es – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht darauf an, ob die Haftpflicht des Klägers festgestellt werden kann. Denn der Versicherungsnehmer hat einen Anspruch auf Gewährung von Deckungsschutz grundsätzlich bereits dann, wenn er von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Es ist ohne Belang, ob der Haftpflichtanspruch besteht oder nicht. Dieses sich aus dem prozessualen Trennungsprinzip ergebende Verbot, im Deckungsprozess bereits zu prüfen, ob eine Haftungslage gegeben ist, ist notwendig, weil es gerade Aufgabe des Haftpflichtversicherungsschutzes ist, nicht nur festzustellen, ob der Versicherer Befreiung von begründeten Ersatzansprüchen schuldet, sondern vor allem auch, dass er im Rahmen seiner Rechtsschutzverpflichtung die Abwehr von unbegründeten Ansprüchen in eigener Zuständigkeit herbeizuführen hat. Diese notwendige Aufspaltung des Haftungsdreiecks in die Klärung der Haftpflichtlage im Haftpflichtprozess und der Deckungslage im Deckungsprozess führt grundsätzlich dazu, dass im Deckungsprozess nicht geprüft werden darf, ob der Anspruch des Geschädigten begründet ist oder nicht (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.11.2000, IV ZR 223/99, VersR 2001, 90; Senat, Urt. v. 25.01.2012, 20 U 120/11, juris, Rn. 25, VersR 2012, 985; Urt. v. 21.03.2007, 20 U 29/06, juris, Rn. 21, VersR 2007, 1645; Beschl. v. 30.01.1990, 20 W 14/89, juris, Rn. 3, VersR 1991, 219; OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.03.2005, 12 U 432/04, juris, Rn. 15, VersR 2005, 781). Zu prüfen ist daher nur, ob der Geschädigte gegen den Versicherungsnehmer Haftpflichtansprüche im Sinne von Ziff. 1.1 AHB geltend macht und diese in den zeitlichen, räumlichen und sachlichen Umfang des versicherten Risikos fallen (Senat, Urt. v. 25.01.2012, 20 U 120/11, juris, Rn. 25, VersR 2012, 985).
50Gemessen daran hat die Beklagte Deckung zu gewähren.
51Dass der Kläger im Sinne von § 100 VVG bzw. Ziff. 1.1 AHB wegen des Vorfalls vom ####2013 von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, ist zwischen den Parteien unstreitig. Denn die Beklagte hat lediglich mit Nichtwissen bestritten, dass über die vom Kläger bezifferten Ansprüche von etwa 70.000,00 € hinaus dessen weitere Inanspruchnahme – wie von ihm behauptet – zu besorgen sei. Spätestens nach der Streitverkündung in dem Verfahren 416 C 290/14 (Amtsgericht Bielefeld) steht überdies eine Inanspruchnahme des Klägers auch fest.
52Die Beklagte kann sich auch weder darauf berufen, dass sich eine Gefahr verwirklicht habe, die nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der Privathaftpflichtversicherung unterfällt (a.)), noch unterfällt das Schadenereignis dem Risikoausschluss der sog. kleinen Benzinklausel (b.)).
53a)
54Nach dem im Haftpflichtversicherungsrecht geltenden Grundsatz der Spezialität der versicherten Gefahr wird Versicherungsschutz stets nur für die in dem Versicherungsschein angegebenen Eigenschaften, Rechtsverhältnisse oder Tätigkeiten des Versicherungsnehmers gewährt (vgl. nur BGH, Urt. v. 07.10.1987, IVa ZR 140/86, juris, Rn. 5, VersR 1987, 1181).
55In den Risikobereich der Privathaftpflichtversicherung fallen hierbei (nur) solche Risiken, die den Versicherungsnehmer nicht als Berufstätigen oder als Inhaber eines Betriebs, sondern als Privatperson treffen können. Für die Musterbedingungsstruktur in der Haftpflichtversicherung IX – Privathaftpflicht (mit Stand 13.04.2011 abgedruckt bei Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, S. 1506 ff.) folgt dies aus Ziff. 1 BB PHV. Hierbei soll es sich um eine primäre Risikobeschreibung handeln, was zur Folge hat, dass der Versicherungsnehmer es als anspruchsbegründend beweisen muss, dass ihn ein privates und nicht ein Risiko des Berufes oder Betriebes getroffen hat (Senat, Beschl. v. 03.08.2011, 20 W 18/11, juris, Rn. 8, VersR 2012, 174; Lücke, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, Ziff. 1 BB PHV Rn. 4; Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2013, Ziff. 3 AHB 2012 Rn. 15 f.; a.A. wohl Schneider, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Aufl. 2015, § 24 Rn. 98).
56Demgegenüber hat die Rechtsprechung den in früheren Klauseln verwendeten Zusatz „mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art“ als Ausschlusstatbestand qualifiziert, dessen Voraussetzungen der Versicherer darzulegen und zu beweisen habe (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 10.03.2004, IV ZR 169/03, juris, Rn. 18, VersR 2004, 591; Senat, Beschl. v. 03.08.2011, 20 W 18/11, juris, Rn. 8, VersR 2012, 174: „negative Risikobeschreibung“).
57Nach den im Streitfall maßgeblichen Bedingungen erfolgt die Abgrenzung des Risikos unter der Überschrift „Was ist nicht versichert“ mit der einleitenden Wendung: „Neben den Ausschlüssen der AHB und den bei den einzelnen Abschnitten dieser BBR beschriebenen Ausschlüssen ist nicht versichert die gesetzliche Haftpflicht …“, während es im Abschnitt A. Ziff. I unter „Versichertes Risiko“ und ohne weitere Zusätze lediglich heißt: „Versichert ist (…) die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens“.
58Der Formulierung in Abschnitt A. Ziff. IV BBR entnimmt der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, auf dessen Verständnismöglichkeiten es bei der Auslegung der Klausel ankommt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urt. v. 22.04.2015, IV ZR 419/13, Rn. 12, VersR 2015, 706; Urt. v. 04.03.2015, IV ZR 128/14, juris, Rn. 11, VersR 2015, 571; Urt. v. 10.12.2014, IV ZR 281/14, Rn. 12 f., VersR 2015, 182; Urt. v. 26.03.2014, IV ZR 422/12, juris, Rn. 37, VersR 2014, 625; Urt. v. 25.07.2012, IV ZR 201/10, juris, Rn. 21, BGHZ 194, 208 = VersR 2012, 1149), die Einordnung als sekundäre Risikobeschränkung. Schon ihrem Wortlaut nach nämlich nimmt die Klausel erkennbar auf die in den AHB und den BBR ansonsten beschriebenen „Ausschlüsse“ Bezug und stellt neben diese weitere Tatbestände, in denen der Versicherer sein Leistungsversprechen einschränkt.
59Allein aber mit der Mutmaßung der Beklagten, der Kläger habe die Arbeiten an dem Klein-Lastkraftwagen nicht in seiner Eigenschaft als Privatperson durchgeführt, sowie der pauschalen Bezugnahme der Beklagten auf sich diesbezüglich aus der Ermittlungsakte ergebende „Hinweise“ hat die Beklagte bereits ihrer sie hiernach für die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes treffenden Darlegungs- und Beweislast nicht genügt.
60b)
61Der Deckungspflicht der Beklagten steht auch nicht der in Abschnitt A. IV. Ziff. 5 BBR vertraglich vereinbarte Risikoausschluss entgegen.
62aa)
63Nach dieser Klausel ist u.a. nicht versichert die gesetzliche Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraftfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeuges verursacht werden.
64Insoweit muss sich eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber beim Gebrauch vom Fahrzeug selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen Versicherungsnehmers vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Klausel dann, aber auch nur dann eröffnet sein soll, wenn sich ein Gebrauchsrisiko gerade des Fahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat (vgl. grundlegend BGH, Urt. v. 13.12.2006, IV ZR 120/05, juris, Rn. 9 mit weiteren Nachweisen, BGHZ 170, 182 = VersR 2007, 388; vgl. auch Senat, Beschl. v. 10.06.2015, 20 U 80/15, n.v.).
65Diese sog. kleine Benzinklausel, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB standhält und insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt (vgl. OLG München, Urt. v. 04.07.2013, 29 U 430/13, VersR 2013, 1168), dient der Abgrenzung zwischen den Deckungsbereichen der Privat- und Kfz-Haftpflichtversicherung (Senat, Urt. v. 27.11.1987, 20 U 234/87, juris, Rn. 10, VersR 1988, 457; Lücke, in: Prölss/Martin, a.a.O., Nr. 3 BesBed PHV Rn. 5, jeweils mit weiteren Nachweisen).
66Allerdings geht bei Risikoausschlussklauseln das Interesse des Versicherungsnehmers in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel es erfordert. Daher sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung eng auszulegen und nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (vgl. nur BGH, Urt. v. 20.07.2011, IV ZR 291/10, juris, Rn. 32, VersR 2011, 1392; Beschl. v. 15.09.2010, IV ZR 113/08, juris, Rn. 6, VersR 2011, 66; Urt. v. 03.05.2000, IV ZR 172/99, juris, Rn. 17, VersR 2000, 963).
67Hieraus folgt einerseits, dass die Klausel als Ausschluss eng auszulegen ist. Bei der Auslegung des Merkmals „Schäden, die durch den Gebrauch des Kfz verursacht werden“ darf überdies nicht auf Bedingungswerke zurückgegriffen werden, die in der Kfz-Haftpflichtversicherung Verwendung finden, denn diese muss der Versicherungsnehmer nicht kennen. Die Benzinklausel ist daher aus sich heraus nach ihrem dem Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck auszulegen (grundlegend BGH, Urt. v. 13.12.2006, IV ZR 120/05, juris, Rn. 11, BGHZ 170, 182 = VersR 2007, 388 in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung zur Auslegung/Abgrenzung der Klausel; vgl. auch Schimikowski, in: jurisPR-VersR 2/2007 Anm. 1).
68Der Ausschluss setzt voraus, dass der Schadenverursacher einerseits Eigentümer, Besitzer, Halter oder Führer des Kraftfahrzeugs ist, wobei dem Begriff „Besitzer“ nach allgemeiner Meinung keine eigenständige Bedeutung dahingehend zukommt, dass er den Personenkreis gegenüber demjenigen, der in der Kfz-Haftpflichtversicherung nach den AKB mitversichert ist, erweitert (Lücke, in: Prölss/Martin, a.a.O., Ziff. 3 BB PHV Rn. 9 mit weiteren Nachweisen; Terno, r+s 2011, 361, 362).
69Zudem erfordert der Ausschluss, dass sich eine Gefahr verwirklicht hat, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2006, IV ZR 120/05, juris, Rn. 9 mit weiteren Nachweisen, BGHZ 170, 182 = VersR 2007, 388).
70Durch den Begriff „Gebrauch“ soll nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein nahtloser, lückenloser Deckungsanschluss zwischen der Privathaftpflichtversicherung und der Kfz-Haftpflichtversicherung erreicht werden. Gemeint ist damit, dass der Versicherungsnehmer erwarten kann, dass keine ihm nicht aufgezeigten Deckungslücken zwischen den beiden Versicherungssparten bestehen (Maier, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB A 1.1 Rn. 50).
71bb)
72Das Landgericht hat angenommen, dass die Durchführung von Schweißarbeiten an einem Fahrzeug generell zum Fahrzeuggebrauch gehört.
73(1)
74Damit bewegt sich das Landgericht im Einklang mit der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urt. v. 26.10.1988, IVa ZR 73/87, VersR 1988, 1283; Urt. v. 14.12.1988, IVa ZR 161/87, VersR 1989, 244; Urt. v. 21.02.1990, IV ZR 271/88, VersR 1990, 482) und des erkennenden Senats (Beschl. v. 09.12.1988, 20 W 76/88, VersR 1989, 696). In seiner Entscheidung vom 26.10.1988 hat der IVa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs insoweit etwa ausgeführt, dass sich bei Schweißarbeiten an einem Fahrzeug generell, und zwar wegen dessen körperlicher Beteiligung, die besonderen Gefahren des Kraftfahrzeugs auswirken (zit. nach juris, Rn. 16). Demgegenüber hat der Senat in seiner Entscheidung vom 09.12.1988 maßgeblich auf einen adäquaten Ursachenzusammenhang abgestellt, den es mit Blick darauf bejaht hat, dass im Fahrzeug enthaltene leicht entzündliche Flüssigkeiten den Brand verursacht haben (zit. nach juris, Rn. 4).
75(2)
76Dieser Rechtsprechung lag die Erwägung zu Grunde, dass ein Haftpflichtschaden, der dem Deckungsbereich der Kfz-Haftpflichtversicherung unterfällt, nicht zugleich auch in der Privathaftpflichtversicherung gedeckt sein sollte, um einerseits eine Doppelversicherung zu vermeiden, andererseits einen nahtlosen, lückenlosen Deckungsanschluss zwischen beiden Versicherungsarten zu erreichen (vgl. allgemein Maier, in: Stiefel/Maier, a.a.O., AKB A 1.1 Rn. 50).
77Darin erschöpft sich aber nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diese Erwägung. Sie bedeutet nämlich nicht, dass der Versicherungsnehmer der Privathaftpflichtversicherung wegen dieses auch ihm erkennbaren Zusammenhangs zur Auslegung des in der kleinen Benzinklausel formulierten Merkmals „Schäden, die durch den Gebrauch des Kraftfahrzeugs verursacht werden“ auf Bedingungswerke zurückgreifen müsste, die in der Kfz-Haftpflichtversicherung Verwendung finden. Denn diese Bedingungswerke muss der Versicherungsnehmer weder kennen, noch verweist die kleine Benzinklausel auf Klauseln in der Kfz-Haftpflichtversicherung oder bringt ihm deren Inhalt sonst zur Kenntnis (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2006, IV ZR 120/05, juris, Rn. 11, BGHZ 170, 182 = VersR 2007, 388; Terno, r+s 2011, 361, 366).
78Die Benzinklausel ist demgemäß aus sich heraus nach ihrem dem Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck auszulegen, wie dies oben näher dargelegt worden ist. Das gilt selbst dann, wenn der Begriff des Fahrzeuggebrauchs in den Bedingungen der Kfz-Haftpflichtversicherung wegen des dort zu beachtenden Zusammenhangs weiter auszulegen sein sollte als in der Benzinklausel (BGH, a.a.O.).
79Der Bundesgerichtshof hat deshalb in seiner Entscheidung vom 13.12.2006 einen „Gebrauch“ des Fahrzeugs verneint, wenn beim Gebrauch eines Heizlüfters zum Enteisen der Scheiben eines PKW das Fahrzeug in Brand gerät. Denn in diesem Fall realisiere sich ein Risiko, das dem Gebrauch des Heizlüfters und nicht demjenigen des Fahrzeugs anhafte (vgl. BGH, a.a.O. sowie – vorgehend – OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.04.2005, 19 U 33/05, NJW-RR 2005, 1344).
80Auf dieser Linie bewegt sich auch die neuere instanzgerichtliche Rechtsprechung (vgl. nur LG Karlsruhe, Urt. v. 23.05.2014, 9 S 460/13, juris, Rn. 12, VersR 2015, 100 = r+s 2014, 553 mit zustimmender Anm. Schimikowski, r+s 2014, 554 sowie zustimmender Anm. Schulz-Merkel, jurisPR-VersR 12/2014 Anm. 6).
81(3)
82Zwar können zum Gebrauch eines Fahrzeugs auch Reparaturen an diesem zu rechnen sein, die der Eigentümer oder Halter vornimmt, aber nur, wenn sich hierbei die besonderen Gefahren des Fahrzeugs auswirken. Der erkennende Senat hat dies etwa angenommen, wenn der Eigentümer im Rahmen von Reparaturarbeiten an seinem Fahrzeug restliches Benzin aus dem Tank ablaufen lässt, sich der Kraftstoff dabei entzündet und eine Lagerhalle, in der die Reparatur durchgeführt wird, in Brand setzt (Beschl. v. 10.06.2015, 20 U 80/15, n.v.).
83Das neuere Schrifftum stellt hierbei im Zusammenhang mit Reparaturarbeiten an einem Kraftfahrzeug darauf ab, ob das „Schwergewicht der Schadensverursachung“ vom Fahrzeug ausgeht (so Schimikowski, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl. 2015, A 1-7 AVB PHV, Rn. 7), oder ob sich das „typische Risiko des Fahrzeugs“ verwirklicht hat (Lücke, a.a.O., Rn. 14).
84(4)
85An diesen Grundsätzen gemessen hat sich im Streitfall nicht das typische Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs, sondern das des Schweißgeräts verwirklicht, und zwar gleichviel, ob – wie der Kläger behauptet – zunächst ein in der Werkstatthalle befindliches Ölfass durch das Schweißgerät entzündet worden ist, oder ob zunächst das Fahrzeug in Brand geraten und es infolgedessen zum Brand der Werkstatthalle gekommen ist. Denn „gebraucht“ hat der Kläger in dem einen wie dem anderen Fall nicht das Fahrzeug, sondern das Schweißgerät, mag dieses auch den Zweck gehabt haben, das Fahrzeug instand zu setzen, um es danach zu gebrauchen. Insoweit liegt der vorliegende Fall nicht anders als jener, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.12.2006 (a.a.O.) zu Grunde lag: Dort wie auch hier diente die Schaden stiftende Verrichtung der Vorbereitung des Einsatzes des Fahrzeugs zu seinem typischen Verwendungszweck und damit dessen Gebrauch durch den Versicherungsnehmer. Der Kläger hat aber bei Vornahme der Schweißarbeiten nicht das Fahrzeug gebraucht, sondern lediglich ein nicht zum Fahrzeug gehörendes Schweißgerät. Ein derartiger Gebrauch eines Schweißgeräts zum Zwecke privater Reparaturarbeiten gehört zu den vom Deckungsbereich der Privathaftpflichtversicherung erfassten Gefahren des täglichen Lebens (so auch Stockmeier, VersR 2013, 823, 832, Fn. 90). Insoweit steht der Schaden dem Kraftfahrzeugrisiko bei natürlicher Betrachtung nicht näher als dem Privatrisiko (vgl. insoweit Lücke, a.a.O., Rn. 10). Deshalb greift der Deckungsausschluss der Benzinklausel vorliegend nicht ein.
86cc)
87Auf die weitere Frage, ob der Kläger im Zeitpunkt der Durchführung der Schweißarbeiten tatsächlich Eigentümer und/oder Halter des Fahrzeugs gewesen ist, kommt es nach alledem nicht mehr streitentscheidend an.
88Legt man die erstmals im Berufungsrechtszug aufgestellte Behauptung des Klägers, er sei tatsächlich weder Eigentümer noch Halter des Fahrzeugs gewesen, zu Grunde, würde auch dies dem Ausschluss entgegen stehen. Denn eine ansonsten noch allein in Betracht kommende Fahrereigenschaft im Sinne von A.1.2 AKB 2008 kann zum Zeitpunkt des Schweißens nicht angenommen werden (vgl. Senat, Beschl. v. 09.12.1988, 20 W 76/88, juris, Rn. 5, VersR 1989, 696).
89Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
90Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Frage, in welchem Umfang Reparaturarbeiten an einem Fahrzeug dem Gebrauchsbegriff der kleinen Benzinklausel unterfallen, ist durch die grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.12.2006 nicht abschließend geklärt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten im Rahmen einer Privathaftpflichtversicherung gehaltenen Forderungsausfallversicherung sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (im Folgenden: AHB), Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privat-Haftpflichtversicherung (PHV Standard-Plus, im Folgenden: BBR PHV) sowie Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Ausfalldeckung in der Privat-Haftpflichtversicherung (Basis-Plus-Deckung, im Folgenden : BBR AusfV) zugrunde. Letztere lauten auszugsweise: "Teil I 1. Was ist versichert? Versichert ist der Versicherungsnehmer für den Fall, daß ein von ihm wegen eines Haftpflichtschadens, der während der Wirksamkeit der Ausfalldeckung eingetreten ist, auf Schadenersatz in Anspruch genommener Dritter seiner Zahlungsverpflichtung ganz oder teilweise nicht nachkommen kann, weil die Durchsetzung der Forderung gegen ihn gescheitert ist. Der Umfang der versicherten Schadenersatzansprüche richtet sich nach dem Deckungsumfang der Privat-Haftpflichtversicherung dieses Versicherungsvertrages. Der Versicherungsschutz wird in der Weise geboten, daß das Bestehen einer Privat-Haftpflichtversicherung des Schädigers in dem Umfang fingiert wird, wie die Versicherung des Versicherungsnehmers im Rahmen dieses Versicherungsvertrages besteht. Versicherungsschutz besteht des weiteren auch, wenn
a) der Schädiger vorsätzlich gehandelt hat. … 4. Unter welchen weiteren Voraussetzungen wird geleistet ? Weitere Voraussetzungen für den Versicherungsschutz sind:
a) Der Versicherungsnehmer muß gegen den Dritten einen rechtskräftig gewordenen und vollstreckbaren Titel (Urteil, Vollstreckungsbescheid, gerichtlicher Vergleich) erwirkt haben. Gleichgestellt ist ein notarielles Schuldanerkenntnis mit Unterwerfungsklausel, aus der hervorgeht, daß sich der Dritte persönlich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. …"
- 2
- In Nr. 7 der vereinbarten AHB heißt es auszugsweise: "7. Ausschlüsse Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen: 7.1 Versicherungsansprüche aller Personen, 7.1.1 die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. …"
- 3
- In den BBR PHV ist unter anderem geregelt: "1. Versichert ist im Rahmen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und der nachstehenden Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes. 1.1 Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus 1.1.1 den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes ), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art 1.1.2 oder eines ungewöhnlichen und gefährlichen Tuns. …"
- 4
- Im Übrigen enthalten auch die BBR PHV unter Nr. 10 Bestimmungen zur Forderungsausfallversicherung, die den oben zitierten Klauseln der BBR AusfV entsprechen.
- 5
- Am 22. September 2010 wurde der Kläger auf dem Weg zur Arbeit von einer Person, der ihm hinter einer Hausecke aufgelauert hatte (im Folgenden: Schädiger), angegriffen und erheblich verletzt. Der Kläger leidet seither unter psychischen Folgen dieser Tat. Nachdem über das Vermögen des Schädigers das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, stellte der Insolvenzverwalter am 16. Februar 2011 die Schmerzensgeld- forderung des Klägers in Höhe von 15.000 € rechtskräftig zur Insolvenz- tabelle fest. Der Kläger erhielt bisher keine Zahlung aus der Insolvenzmasse.
- 6
- Er meint, die Beklagte müsse ihm 15.000 € Schmerzensgeld aus der Forderungsausfallversicherung ersetzen. Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, da der Angriff des Schädigers ein nach Nr. 1.1.2 BBR PHV nicht versichertes "ungewöhnliches und gefährliches Tun" gewesen sei. Zudem liege kein vollstreckbarer Titel gegen den Schädiger im Sinne von Nr. 10.1.4 BBR PHV bzw. Nr. 4 Buchst. a BBR AusfV vor.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr auf Berufung des Klägers stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
- 9
- I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger die begehrte Leistung aus der Forderungsausfallversicherung zu. Infolge des vorsätzlichen Angriffs des Schädigers habe er Anspruch auf Schmerzensgeld , so dass ein Haftpflichtschaden während der Wirksamkeit der Ausfalldeckung entstanden sei. Für den Deckungsumfang sei die im Versicherungsvertrag vereinbarte Haftpflichtdeckung entscheidend, da nach Nr. 10.1.1 BBR PHV fingiert werde, zugunsten des Schädigers bestehe eine Privat-Haftpflichtversicherung im gleichen Umfang. Nr. 1.1.2 BBR PHV, wonach die Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus einem ungewöhnlichen und gefährlichen Tun nicht versichert ist, führe nicht dazu, dass der Versicherungsnehmer bei einer der Tat des Schädigers vergleichbaren Handlung nicht versichert wäre, denn das schadensstiftende Geschehen selbst stelle kein solches ungewöhnliches und gefährliches Tun dar. Der Ausschluss setze vielmehr ein auf längere Dauer angelegtes Verhalten voraus, welches einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen schaffe. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Verwendung des Wortes "Tun". Vom Versicherungsschutz seien nur solche Bereiche ausgenommen , denen sich der Versicherungsnehmer über eine gewisse Dauer widme.
- 10
- Soweit der Schädiger vorsätzlich gehandelt habe, gehe die Klausel in Nr. 10.1.1 Satz 4 BBR PHV (entspricht Teil I Nr. 1 Satz 4 Buchst. a BBR AusfV) dem Leistungsausschluss in Nr. 7.1.1 AHB vor.
- 11
- Die Eintragung einer Schadensersatzforderung in die Insolvenztabelle wirke gemäß § 178 Abs. 3 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei kein Grund ersichtlich, weshalb dies für die Eintrittspflicht des Versicherers nicht ebenso ausreichen solle, wie die in Nr. 10.1.4 BBR PHV (entspricht Nr. 4 Buchst. a BBR AusfV) exemplarisch im Klammerzusatz aufgezählten anderen Vollstreckungstitel (Urteil, Vollstreckungsbescheid und gerichtlicher Vergleich).
- 12
- II. Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
- 13
- Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus der zwischen den Parteien bestehenden Forderungsausfallversicherung zu.
- 14
- 1. Gemäß Teil I Nr. 1 Satz 1 BBR AusfV (entspricht Nr. 10.1.1 Abs. 1 BBR PHV) besteht Versicherungsschutz für den Fall, dass ein vom Versicherungsnehmer wegen eines Haftpflichtschadens, der während der Wirksamkeit der Ausfalldeckung eingetreten ist, auf Schadenersatz in Anspruch genommener Dritter seiner Zahlungsverpflichtung ganz oder teilweise nicht nachkommen kann, weil die Durchsetzung der Forderung gegen ihn gescheitert ist.
- 15
- Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Unstreitig wurde der Kläger in versicherter Zeit von dem Schädiger verletzt, weshalb ihm ein Schmerzensgeldanspruch zusteht, den er infolge der Insolvenz des Schädigers bisher nicht durchsetzen konnte.
- 16
- 2. Bei dem vom Kläger erlittenen Schaden handelt es sich um einen versicherten Haftpflichtschaden.
- 17
- a) Teil I Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBR AusfV (entspricht Nr. 10.1.1 Abs. 2 und 3 BBR PHV) bestimmt, der Umfang der versicherten Schadenersatzansprüche richte sich in der Weise nach dem Deckungs- umfang der Privat-Haftpflichtversicherung des Versicherungsvertrages, dass das Bestehen einer Privat-Haftpflichtversicherung des Schädigers in dem Umfang fingiert werde, wie die Versicherung des Versicherungsnehmers im Rahmen des Versicherungsvertrages bestehe. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte eintrittspflichtig ist, weil - sieht man von der vorsätzlichen Schadenszufügung ab - auch der Kläger Deckungsschutz aus dem Versicherungsvertrag beanspruchen könnte, wenn er selbst eine schadenstiftende Handlung verübt hätte, wie sie ihm widerfahren ist.
- 18
- b) In Nr. 1.1 AHB verspricht die Beklagte Deckungsschutz im Rahmen des versicherten Risikos unter anderem für den Fall, dass (wie hier der Schädiger) der Versicherungsnehmer wegen eines in versicherter Zeit eingetretenen Schadenereignisses, das einen Personenschaden zur Folge hatte, von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
- 19
- Das versicherte Risiko wird dabei in Nr. 1 BBR PHV näher beschrieben. Danach ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes versichert. Nr. 1.1 BBR PHV nimmt zudem die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art (Nr. 1.1.1 BBR PHV) oder eines ungewöhnlichen und gefährlichen Tuns (Nr. 1.1.2 BBR PHV) vom Versicherungsschutz aus.
- 20
- Entgegen der Auffassung der Revision führen diese Risikoeinschränkungen nicht dazu, dass der Kläger, hätte er die Schädigung begangen , keinen Versicherungsschutz beanspruchen könnte.
- 21
- aa) Die Revision meint, vorsätzliche Angriffe auf Dritte zählten schon nicht zu den versicherten Gefahren, die täglich auf den Versicherungsnehmer zukommen könnten. Der Versicherungsnehmer werde die "Zumutung", er laufe täglich Gefahr, schwere Straftaten zu begehen, entrüstet zurückweisen und den in Nr. 1 BBR PHV beschriebenen Bereich der Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson mithin nicht dahin verstehen, dass auch solche Straftaten darunter fielen.
- 22
- Dem kann nicht gefolgt werden. Vielmehr geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Schutzbereich der privaten Haftpflichtversicherung durch die in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen regelmäßig gebrauchte Formulierung "als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens" für sich genommen keine Einschränkung enthält, sondern weit abgesteckt ist und erst durch die begleitenden negativen Risikobeschreibungen eingeschränkt wird (Senatsurteile vom 25. Juni 1997 - IV ZR 269/96, BGHZ 136, 142 unter I 2 b; vom 10. März 2004 - IV ZR 169/03, r+s 2004, 188 unter II 1; vom 9. November 2011 - IV ZR 115/10, r+s 2012, 21 Rn. 13). Daran hält der Senat fest, denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis der Klausel es ankommt, hat abgesehen von den aus den negativen Risikobeschreibungen ersichtlichen Begrenzungen des Versicherungsschutzes keine Anhaltspunkte dafür, dass bereits der Begriff der Gefahren des täglichen Lebens eine Begrenzung des Versicherungsschutzes enthalten soll, zumal ihm keine Maßstäbe dafür an die Hand gegeben werden, Gefahren des täglichen Lebens von anderen, nicht alltäglichen Gefahren zu unterscheiden. Er wird das Leistungsversprechen mithin als Allgefahrenversicherung verstehen, von der nur die in den Be- sonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen eigens genannten Gefahrbereiche ausgenommen sein sollen.
- 23
- bb) Der Versicherungsschutz entfällt auch nicht deshalb, weil die Beklagte, hätte der Kläger den schadenstiftenden Angriff verübt, infolge der Nichtversicherung der Gefahren eines ungewöhnlichen und gefährlichen Tuns (Nr. 1.1.2 BBR PHV) leistungsfrei wäre.
- 24
- Das ergibt die Auslegung von Nr. 1.1.2 BBR PHV.
- 25
- (1) Der Senat hat mit Urteil vom 9. November 2011 (IV ZR 115/10, r+s 2012, 21 Rn. 12 ff.) zu der Klausel eines anderen Haftpflichtversicherungsvertrages "Versichert ist … die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers (VN) als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens - mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes , Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art oder einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung, …" (A. I. BBR 08/01) entschieden und näher begründet, ihre Voraussetzungen für eine Leistungsfreiheit des Versicherers seien nicht bereits dann erfüllt, wenn sich die schädigende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstelle. Erforderlich sei, dass diese Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten geschehe, die ihrerseits "ungewöhnlich und gefährlich" sei. Aus dem Vergleich des Begriffs der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" mit den übrigen im selben Satzeinschub (in A. I. BBR) enthaltenen Ausnahmen folge, dass mit der "Beschäftigung" nicht lediglich eine einzelne Handlung, sondern ein Gefahrenbereich gemeint sei, mithin eine allgemeine, in gewissen Zeitabständen wiederholte oder wiederkehrende Betätigung als Rahmen für die konkrete schadenstiftende Handlung vorausgesetzt werde. Mit einer ungewöhnlichen und gefährlichen "Beschäftigung" sei ein Verhalten angesprochen, das - ähnlich wie die Ausübung eines Berufes oder Amtes - über eine nicht nur kurze Zeit fortdauere, sondern auf eine längere Dauer angelegt sei und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bilde. "Beschäftigung" ziele im Übrigen auch dem Wortsinne nach auf etwas, wofür der Versicherungsnehmer nicht nur punktuell, sondern wiederholt Arbeits- oder Freizeit aufwende.
- 26
- (2) Anders als die Revision meint, lässt sich das im Ergebnis auf die hier in Rede stehende Formulierung eines ungewöhnlichen und gefährlichen "Tuns" übertragen mit der Folge, dass auch der in Nr. 1.1.2 BBR PHV geregelte Ausschluss nicht schon dann eingreift, wenn sich lediglich die schadenstiftende Handlung als ungewöhnlich und gefährlich erweist.
- 27
- Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass die im vorgenannten Senatsurteil vom 9. November 2011 auf den Klauselwortlaut ("Beschäftigung" ) gestützte, ergänzende Erwägung bei der hier verwendeten Formulierung ("Tun") nicht greift, denn der neutrale Begriff des "Tuns" bringt das Erfordernis der Dauerhaftigkeit für sich genommen nicht ausreichend zum Ausdruck, sondern ließe sich auch auf eine einmalige Handlung beziehen. Entscheidend bleibt aber der - dem Versicherungsnehmer erkennbare - systematische Zusammenhang, in den der Risikoausschluss in Nr. 1 BBR PHV gestellt ist. Aus der Gegenüberstellung des zunächst weit gefassten Risikos der Gefahren des täglichen Lebens mit den einschränkenden negativen Risikobeschreibungen, mag sie hier auch nicht in einem Satzeinschub, sondern in Untergliederungspunkten der Nr. 1 BBR PHV erfolgen, erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer doch, dass mit dem ungewöhnlichen und gefährlichen Tun im Sinne von Nr. 1.1.2 BBR PHV nicht eine einzelne Handlung, sondern - ebenso wie bei den übrigen negativen Risikobeschreibungen der voranstehenden Nr. 1.1.1 BBR PHV - ein auf längere Dauer angelegter, von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbarer Bereich besonderer Gefahrenlagen angesprochen ist.
- 28
- Bei einem anderen Klauselverständnis wäre der versprochene Versicherungsschutz weitgehend entwertet; käme es lediglich darauf an, ob die schadenstiftende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich einzustufen wäre, so ließe sich ihre Gefährlichkeit im Versicherungsfall regelmäßig dadurch belegen, dass sie zu einem Schaden geführt hat. Der Versicherungsschutz entfiele mithin schon dann, wenn die schädigende Handlung als ungewöhnlich einzustufen wäre. Der juristisch nicht vorgebildete durchschnittliche Versicherungsnehmer, dem die Bedingungen keine Anhaltspunkte dafür geben, was ein ungewöhnliches Tun ausmacht, müsste befürchten, den Versicherungsschutz in einer Vielzahl von Fällen zu verlieren. Er wird angesichts der im Grundsatz versprochenen Allgefahrendeckung nicht annehmen, dass er eine so weitgehende Einschränkung des Leistungsversprechens erfährt.
- 29
- c) Der für die Haftpflichtversicherung in Nr. 7.1.1 AHB geregelte Deckungsausschluss für vorsätzliche Herbeiführung des Schadens findet in der Forderungsausfallversicherung keine Anwendung, wie sich aus Teil I Nr. 1 Abs. 2 Buchst. a BBR AusfV (entspricht Nr. 10.1.1 Abs. 4 Buchst. a BBR PHV) ergibt.
- 30
- 3. Anders als die Revision meint, scheitert die Forderungsausfalldeckung nicht daran, dass der Schmerzensgeldanspruch des Klägers lediglich mittels Feststellung zur Insolvenztabelle (§ 178 InsO) tituliert ist.
- 31
- a) Allerdings setzt Nr. 4 Buchst. a BBR AusfV (entspricht Nr. 10.1.4 Buchst. a BBR PHV) voraus, dass der Versicherungsnehmer gegen den Dritten einen rechtskräftig gewordenen und vollstreckbaren Titel erwirkt haben muss, der in einem Klammerzusatz "(Urteil, Vollstreckungsbescheid , gerichtlicher Vergleich)" näher erläutert ist. Den aufgezählten Vollstreckungstiteln ausdrücklich gleichgestellt ist lediglich ein notarielles Schuldanerkenntnis mitqualifizierter Unterwerfungsklausel.
- 32
- b) Die Auslegung der Klausel ergibt jedoch, dass auch die widerspruchslose Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle den vorgenannten Anforderungen genügt.
- 33
- aa) Das folgt allerdings noch nicht aus dem Wortlaut der Klausel, denn ihm kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer keinen ausreichend deutlichen Hinweis darauf entnehmen, dass die im Klammerzusatz zur Erläuterung des Begriffs "vollstreckbarer Titel" aufgezählten Vollstreckungstitel lediglich Regelbeispiele sein sollen. Vielmehr erweckt der Klauselwortlaut für sich genommen den Anschein einer abschließenden Aufzählung, weil er keine Zusätze, wie etwa "z.B." oder "u.a." enthält.
- 34
- bb) Dennoch wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Klausel nach ihrem Sinn und Zweck dahin verstehen, dass auch die Feststellung seines Schadensersatzanspruchs zur Insolvenztabelle nach § 178 Abs. 1 InsO dem Erfordernis der Nr. 4 Buchst. a BBR AusfV bzw.
- 35
- (1) Der Versicherungsnehmer wird den Regelungen in Nr. 4 BBR AusfV und in Nr. 10.1.4 BBR PHV entnehmen, dass der Versicherer die Ausfalldeckung erst dann leisten will, wenn der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Möglichkeiten, den begehrten Schadensersatz direkt vom Schädiger zu erhalten, ausgeschöpft hat. Deshalb fordern Nr. 4 Buchst. b BBR AusfV und Nr. 10.1.4 Buchst. b BBR PHV gleichlautend, der Versicherungsnehmer müsse den Fehlschlag oder die Aussichtslosigkeit einer Zwangsvollstreckung gegen den Schädiger nachweisen. Daraus wird der Versicherungsnehmer folgern, es komme für die Ausfalldeckung entscheidend darauf an, dass er zunächst erfolglos versucht, seinen Schadensersatz im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, falls diese nicht von vorn herein aussichtslos erscheint. Das Erfordernis, einen vollstreckbaren Titel gegen den Schädiger zu erwirken, wird der Versicherungsnehmer als Voraussetzung dieser Zwangsvollstreckung verstehen. Ihm erschließt sich aber nicht, dass mit der Aufzählung im Klammerzusatz der Nr. 4 Buchst. a BBR AusfV bzw. der Nr. 10.1.4 Buchst. a BBR PHV die Ausfalldeckung gerade im Fall der Insolvenz des Schädigers, bei der der Ausfall der Schadensersatzforderung besonders wahrscheinlich ist, ausgeschlossen werden soll.
- 36
- (2) Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schädigers eröffnet, kann der Geschädigte gegen ihn weder einen Haftpflichtprozess noch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (weiter)betreiben (vgl. §§ 86, 89 InsO, 240 ZPO). Auch einen Vergleich kann er nicht mit dem Schuldner abschließen, weil die Befugnis, über das Vermögen des Schuldners zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergeht (§ 80 Abs. 1 InsO). Stattdessen ist er darauf verwiesen, seine Schadensersatzforderung gemäß §§ 174 ff. InsO zur Insolvenztabelle anzumelden, wobei der Eintrag für eine festgestellte Forderung nach Betrag und Rang wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern wirkt (§ 178 Abs. 3 InsO). Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens kann ein Gläubiger, dessen Forderung festgestellt ist, aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben (§ 201 Abs. 2 Satz 1 InsO), wenn die Forderung im Prüfungstermin vom Schuldner nicht bestritten worden ist.
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- (3) Vor diesem Hintergrund wird der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass er im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schädigers mit der Eintragung seiner Forderung in die Insolvenztabelle die von Nr. 4 Buchst. a BBR AusfV bzw. der Nr. 10.1.4 Buchst. a BBR PHV geforderten Bemühungen, seinen Anspruch auf rechtlichem Wege durchzusetzen, erfüllt und insbesondere einen vollstreckbaren Titel erwirkt hat.
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- Bei einem anderen Verständnis der Klausel käme der Aufzählung dreier Vollstreckungstitel im Klammerzusatz anstelle einer vermeintlich verbraucherfreundlichen Erläuterung des Begriffes "vollstreckbarer Titel" in Wahrheit die Funktion eines Ausschlusses der Ausfallversicherungsleistung in Fällen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zu. Das Versicherteninteresse bei Risikoausschlussklauseln geht in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherte braucht nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass eine Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. (Senatsurteile vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11, r+s 2013, 382 Rn. 41; vom 23. November 1994 - IV ZR 48/94, VersR 1995, 162 unter 3 b; vom 27. Juni 2012 - IV ZR 212/10, VersR 2012, 1253 Rn. 20). Dem könnte die hier in Rede stehende Aufzählung, die keinerlei Hinweis darauf gibt, dass mit ihr eine weit reichende Einschränkung des Leistungsversprechens verbunden sein soll bei einem abweichenden Verständnis, nicht genügen.
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- (4) Der Versicherungsnehmer kann anhand des Bedingungstextes auch kein schützenswertes Interesse des Versicherers erkennen, der Eintragung in die Insolvenztabelle die Anerkennung als Vollstreckungstitel zu versagen. Auch die Revision zeigt ein solches Interesse des Versicherers nicht auf. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Anerkennung der Insolvenztabelleneintragung als Vollstreckungstitel für die Forderungsausfallversicherung ein erhöhtes Risiko falscher Titulierung von Ansprüchen einhergeht. Zwar handelt es sich bei der Eintragung in die Insolvenztabelle um keine gerichtliche Entscheidung über den Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers, dies ist aber auch bei einem gerichtlichen Vergleich oder einem Schuldanerkenntnis des Schädigers nicht der Fall, die nach der Bedingungslage genügen sollen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 27.06.2013- 2 O 206/12 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 20.06.2014- 10 U 927/13 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag Nr. … Deckung wegen des Vorfalles vom 9. Februar 2009 (behaupteter Schaden auf dem Grundstück der K. -GmbH, B. 61, B. , infolge Baumfällens) zu gewähren.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 661,16 € zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger fordert von seinem Privathaftpflichtversicherer Deckungsschutz wegen eines Vorfalles vom 9. Februar 2009. Dem Versicherungsvertrag aus dem Jahre 2005 liegen neben Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) "Besondere Bedingungen, Risikobeschreibungen und Zusatzbedingungen … Stand 08/01" (im Folgenden: BBR) zugrunde. Darin heißt es unter A. I.: "Versichert ist … die gesetzliche Haftpflicht des Versiche- rungsnehmers (VN) als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens - mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art oder einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäf- tigung, …"
- 2
- Am 9. Februar 2009 fällte der Kläger auf dem von ihm bewohnten Grundstück seiner Eltern mit Hilfe einer Motorkettensäge drei circa 20 m hohe Pappeln mit einem Brusthöhendurchmesser von jeweils etwa 60 cm. Während die ersten beiden Bäume wie vom Kläger beabsichtigt auf das elterliche Grundstück fielen, stürzte der dritte Baum wider Erwarten auf ein Nachbargrundstück und verursachte dort Sachschäden an einem Gebäudedach, einem Schornstein, einer Satellitenantenne und einer Wäschespinne. Die Eigentümerin nimmt den Kläger deswegen auf Schadensersatz in Höhe von 7.181,75 € in Anspruch.
- 3
- Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, weil der Schaden bei einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung des Klägers eingetreten sei.
- 4
- Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
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- Das Rechtsmittel hat Erfolg.
- 6
- I. Das Berufungsgericht geht davon aus, der Ausschlussgrund einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung werde nicht schon dadurch erfüllt, dass die schadenstiftende Handlung ungewöhnlich und gefährlich sei. Vielmehr müsse der Schaden im Rahmen einer allgemeinen Betätigung verursacht sein, die ihrerseits ungewöhnlich und gefährlich sei. Dafür sei eine Tätigkeit von gewisser - nicht notwendig längerer - Dauer erforderlich; eine impulsive oder spontane Handlung reiche nicht aus. Soweit das Landgericht hierzu auf frühere Garten- und Baumfällarbeiten des Klägers abgestellt habe, stehe nicht fest, ob diese bereits ungewöhnlich und gefährlich gewesen seien. Entscheidend und für die Anwendung der Ausschlussklausel ausreichend sei aber, dass der Kläger am fraglichen Tage insgesamt drei Bäume gefällt habe. Das genüge für die Annahme einer Beschäftigung von einer gewissen Dauer, zumal der Kläger planvoll vorgegangen sei. Die Beschäftigung sei auch gefährlich gewesen, weil sie in Anbetracht der besonderen Größe und des Standortes der Bäume das Risiko eines Fremdschadens erhöht habe. Des Weiteren seien von Privatleuten durchgeführteBaumfällarbeiten einer solchen Größenordnung jedenfalls in der Nähe von Wohnbebauung selbst in ländlichen Gebieten ungewöhnlich.
- 7
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 8
- Die Beklagte hat dem Kläger den begehrten Deckungsschutz zu gewähren.
- 9
- 1. In der Privathaftpflichtversicherung verspricht der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz unter anderem für den Fall, dass Letzterer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses, das die Beschädigung von Sachen zur Folge hat, für diese Folgen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird (vgl. § 1 Nr. 1 AHB; § 100 VVG).
- 10
- Diese Voraussetzungen sind hier unstreitig erfüllt.
- 11
- 2. Entgegen der Annahme der Vorinstanzen kann die Beklagte den Versicherungsschutz nicht deshalb verweigern, weil sich die Gefahren einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung im Sinne des Risikoausschlusses aus A. I. BBR verwirklicht hätten.
- 12
- a) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkennt, sind die Voraussetzungen dieser Ausschlussklausel nicht bereits dann erfüllt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Der Leistungsausschluss ist vielmehr auf die seltenen Ausnahmefälle beschränkt, in denen die schadenstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrerseits "ungewöhnlich und gefährlich" ist und deshalb in erhöhtem Maße die Gefahr der Vornahme schadenstiftender Handlungen in sich birgt (Senatsurteile vom 17. Januar 1996 - IV ZR 86/95, VersR 1996, 495 unter II 2 a; vom 25. Juni 1997 - IV ZR 269/96, BGHZ 136, 142, 146 unter II; vom 10. März 2004 - IV ZR 169/03, VersR 2004, 591 unter 3 a, jeweils m.w.N.).
- 13
- Das ergibt sich aus der Risikobeschreibung in A. I. BBR. Darin werden die von der Versicherung umfassten Gefahren durch Aufzählung negativer Komponenten des Haftpflichtversicherungsrisikos beschrieben (Senatsurteil vom 11. Dezember 1980 - IVa ZR 29/80, BGHZ 79, 145, 148 unter I). Der Schutzbereich der Haftpflichtversicherung wird durch die Wendung "als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens", die für sich genommen keine Einschränkung enthält (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 1997 aaO unter I 2), zunächst erkennbar weit abgesteckt , sodann aber durch die Ausnahmetatbestände nicht nur erläutert, sondern zugleich begrenzt (Senatsurteil vom 10. März 2004 aaO unter 1). Mit den Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes und einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen werden bestimmte Gefahrenbereiche vom Versicherungsschutz ausgenommen und so ein Rahmen für nicht versicherte Handlungen definiert. Das dient insbesondere der Abgrenzung des Schutzbereichs der Privathaftpflichtversicherung zu anderen Haftpflichtversicherungen und soll erläutern, für welche Lebensbereiche es nicht mehr gerechtfertigt ist, den Versicherungsnehmer als von der Privathaftpflichtversicherung geschützte "Privatperson" anzusehen. Gleiches gilt für den Ausschlussgrund der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung. Griffe die Ausschlussklausel hingegen schon dann ein, wenn die den Haftpflichtanspruch auslösende Handlung selbst ungewöhnlich und gefährlich ist, wäre der grundsätzlich auch grob fahrlässige Schadenverursachung abdeckende Versicherungsschutz zumindest teilweise wertlos (Senatsurteil vom 17. Januar 1996 aaO).
- 14
- b) Anders als das Berufungsgericht meint, stellen die Baumfällarbeiten des Klägers vom 9. Februar 2009 keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar.
- 15
- aa) Aus dem Vergleich des Begriffs der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" mit den übrigen im selben Satzeinschub in A. I. BBR enthaltenen Ausnahmen folgt, dass mit der "Beschäftigung" nicht lediglich eine einzelne Handlung, sondern ein Gefahrenbereich gemeint ist, also eine allgemeine, in gewissen Zeitabständen wiederholte oder wiederkehrende Betätigung als Rahmen für die konkrete schadenstiftende Handlung vorausgesetzt wird. Die in A. I. BBR aufgezählten Ausnahmetatbestände führen dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer , auf dessen Verständnis es bei der Klauselauslegung ankommt, vor Augen, dass nur solche Bereiche vom Schutz der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen werden, denen er sich über eine gewisse Dauer widmet. Nicht nur der Beruf - als meist über viele Jahre hinweg dem Erwerb des Lebensunterhalts dienende Tätigkeit -, sondern auch ein Betrieb, ein Dienst oder Amt, schließlich auch ein Ehrenamt oder die verantwortliche Betätigung in Vereinigungen aller Art werden nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mit der Vorstellung verbunden, dass solche Tätigkeiten in der Regel über einen längeren Zeitraum hinweg die Lebensumstände des Betroffenen prägen (vgl. beispielweise für den Begriff des Berufs Senatsurteil vom 11. Dezember 1980 - IVa ZR 29/80, BGHZ 79, 145, 151 f. unter II 2 d).
- 16
- Das führt den Versicherungsnehmer zu der Annahme, auch mit einer ungewöhnlichen und gefährlichen "Beschäftigung" sei ein Verhalten angesprochen, das - ähnlich wie die Ausübung eines Berufes oder Amtes - über eine nicht nur kurze Zeit fortdauert, sondern auf eine längere Dauer angelegt ist und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bildet, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten (vgl. dazu OLG Hamburg VersR 1991, 92 f.; OLG Düsseldorf VersR 1994, 850 f.; ÖOGH VersR 1979, 69). Für diesen Bereich will der Versicherer im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung nicht einstehen. Die Beschäftigung muss ein Ausmaß annehmen, das es rechtfertigt, den Versicherungsnehmer mit Blick auf dieses eigenständige Betätigungsfeld nicht mehr als von der Versicherung geschützte Privatperson anzusehen. In diesem Verständnis wird der Versicherungsnehmer dadurch bestärkt, dass die Klausel nicht von einer ungewöhnlichen und gefährlichen "Handlung", sondern von einer "Beschäftigung" spricht, was dem Wortsinne nach auf etwas zielt, wofür der Versicherungsnehmer nicht nur punktuell, sondern wiederholt Arbeits- oder Freizeit aufwendet (vgl. OLG Hamm r+s 2005, 334 f.).
- 17
- Umgekehrt erkennt der Versicherungsnehmer, dass es auf die Ungewöhnlichkeit oder Gefährlichkeit der schadenstiftenden Handlung selbst nicht ankommt. Entspringt sie einem vom Versicherungsschutz generell ausgenommenen Gefahrenbereich, etwa der beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers oder einer ungewöhnlich und gefährli- chen Beschäftigung, so greift der Leistungsausschluss unabhängig davon , ob auch das unmittelbar schadenverursachende Verhalten als ungewöhnlich und gefährlich anzusehen ist.
- 18
- bb) Die Baumfällarbeiten des Klägers vom 9. Februar 2009 erfolgten nicht im Rahmen einer solchen ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung.
- 19
- (1) Soweit der Kläger in der Vergangenheit auf dem elterlichen Grundstück bereits des Öfteren Gartenarbeiten verrichtet und mitunter auch Bäume beschnitten oder gefällt hat, nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass dadurch eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung nicht belegt ist. Gartenarbeiten - auch an Bäumen - zählen in der Regel zu den normalen Handlungen von Privatleuten. Dafür, dass bereits von früheren Baumfällarbeiten des Klägers besondere Gefahren ausgegangen wären, ist nichts ersichtlich.
- 20
- (2) Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin gefolgt werden, der Kläger habe dadurch, dass er am 9. Februar 2009 nacheinander drei Bäume gefällt hat, bereits eine Tätigkeit von ausreichend langer Dauer entfaltet, um eine Beschäftigung im Sinne der Ausschlussklausel anzunehmen. Das Berufungsgericht hat lediglich die Einzelakte eines einmaligen , insgesamt auf wenige Stunden beschränkten, punktuellen Geschehens verknüpft (vgl. dazu OLG Hamm r+s 2000, 12 f.; OLG Koblenz VersR 1996, 444), ohne damit einen vom Kläger geschaffenen besonderen Gefahrenbereich darzulegen, der darauf angelegt war, über einen längeren, d.h. zumindest mehrere Wochen dauernden Zeitraum die mit dem Fällen großer Bäume verbundenen Gefahrenlagen mit einer gewis- sen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten zu lassen (vgl. zu einem ähnlichen Fall: OLG Karlsruhe VersR 1988, 1175). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger am 9. Februar 2009 planvoll vorgegangen ist. Zwar hat die Rechtsprechung mehrfach eine "Beschäftigung" im Sinne der Ausschlussklausel bei spontanen oder impulsiven Handlungen, etwa der Begehung von Straftaten oder einer Flucht vor der Polizei, zu Recht verneint (OLG Düsseldorf VersR 1994, 850 f.; r+s 1997, 11; OLG Koblenz VersR 1996, 444; OLG Hamburg VersR 1991, 92 f.; OLG Saarbrücken VersR 2002, 351 f.; OLG Frankfurt am Main VersR 1996, 964, 965; a.A. OLG Jena VersR 2006, 1064 f.). Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass eine "Beschäftigung" schon dann vorliegt, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht spontan oder impulsiv, sondern planvoll verhält. Vielmehr vermag auch ein planvolles Vorgehen des Versicherungsnehmers die aufgezeigten Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der Beschäftigung nicht zu erfüllen oder zu ersetzen, solange es sich - wie hier - auf ein punktuelles Geschehen von wenigen Stunden beschränkt.
- 21
- III. Gemäß § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB hat die Beklagte , welche die Versicherungsleistung mit Schreiben vom 20. Februar 2009 endgültig abgelehnt hat, die dem Kläger daraufhin entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 535,60 € (1,3 Gebühren aus §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 VV-RVG) zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20 € und Mehrwertsteuer in Höhe von 105,56 € zu ersetzen.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 20.11.2009- 4 O 1064/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 31.03.2010- 7 U 1916/09 -