Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Sept. 2014 - 6 B 1064/14
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen einzustellen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Denn mit der im Wege der einstweiligen Anordnung begehrten Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst würde der im Klageverfahren zu verfolgende Anspruch jedenfalls vorübergehend erfüllt. Eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache wäre nur dann gerechtfertigt, wenn dem Antragsteller ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohten und er im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen würde. Letzteres lasse sich jedoch nicht feststellen. Damit fehle es zugleich an der für den Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Antragsteller könne einen Anspruch auf Einstellung nicht aus dem Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 ableiten. Dieses Schreiben enthalte keine verbindliche Einstellungszusage. Dem Antragsgegner sei es auch nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit dessen Tätowierungen an den Unterarmen zu begründen. Der Antragsgegner habe sich nicht widersprüchlich verhalten. Zwar habe er dem Antragsteller mit Schreiben vom 14. Februar 2014 mitgeteilt, dass dieser grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht komme. Hieraus habe der Antragsteller bei verständiger Würdigung aber nicht folgern dürfen, dass der Antragsgegner sich im weiteren Verlauf des Einstellungsverfahrens zur Begründung einer Ablehnung der Einstellung nicht mehr auf die ihm bereits bekannten Tätowierungen berufen werde. Ausgehend von den in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandenden Vorgaben unter Ziffer 3 b) des Erlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07 A - habe der Antragsgegner schließlich zu Recht ein Einstellungshindernis aufgrund der Tätowierungen des Antragstellers angenommen.
5Diese näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
6Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, er habe den Antragsgegner bereits im Juni 2013 von den beiden Tätowierungen an seinen Unterarmen in Kenntnis gesetzt. Da der Antragsgegner ihm mit Schreiben vom 14. Februar 2014 gleichwohl mitgeteilt habe, dass er „grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ komme, habe er davon ausgehen dürfen, dass diese Tätowierungen kein Einstellungshindernis (mehr) darstellten. Mit diesem Einwand dringt die Beschwerde nicht durch.
7Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das angeführte Schreiben keine Einstellungszusage enthält. Eine von der zuständigen Behörde abgegebene schriftliche Erklärung stellt dann eine Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW dar, wenn die Behörde gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft den Willen zum Ausdruck bringt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Ob eine solche selbstverpflichtende Willenserklärung vorliegt, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Maßgeblich ist der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 - 2 C 39.95 -, juris, Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 6 B 1105/13 -, juris, Rn. 4 ff.
9Bei der Auslegung sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch die Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen.
10Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 21; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 38 Rn. 7a.
11Gemessen hieran hat der Antragsgegner mit dem Schreiben vom 14. Februar 2014 kein verbindliches Versprechen zum Ausdruck gebracht, die Einstellung des Antragstellers in jedem Fall vorzunehmen zu wollen. Ein solcher Rechtsbindungswille lässt sich insbesondere nicht aus dem Wortlaut der Erklärung ableiten. Das angeführte Schreiben enthält keine Formulierungen, die bei einem objektiven Empfänger als (verbindliche) Zusage der Einstellung gedeutet werden können. So fehlt es etwa an einer Bezeichnung des Schreibens als „Einstellungszusage“.
12Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013, a.a.O., Rn. 6.
13Im Gegenteil wird auf Seite 2 des genannten Schreibens hervorgehoben: „Eine gegebenenfalls erfolgende Einstellungszusage ergeht gesondert.“ Gegen einen Rechtsbindungswillen des Antragsgegners spricht auch, dass dieser im zweiten Absatz dieses Schreibens lediglich angegeben hat, dass der Antragsteller „grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ komme.
14Erfolglos bleibt der mit der Beschwerde weiter erhobene Einwand, der Antragsgegner habe sich mit der Ablehnung der begehrten Einstellung rechtsmissbräuchlich verhalten. Zur Begründung hat der Antragsteller auch in diesem Zusammenhang ausgeführt, er habe angesichts des Schreibens vom 14. Februar 2014 davon ausgehen dürfen, dass die dem Antragsgegner bereits bekannten Tätowierungen „für die Einstellung keine Rolle mehr spielen“. Dieser Einwand greift nicht durch. Ein widersprüchliches Verhalten ist zwar unter anderem dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Handelnde dadurch für den anderen Teil einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, auf den sich sein Gegenüber verlassen darf.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2010 - 5 C 2.10 -, juris, Rn. 12, mit weiteren Nachweisen.
16Im Streitfall fehlt es indes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, an einem widersprüchlichen Verhalten des Antragsgegners. Ein solches folgt insbesondere nicht daraus, dass der Antragsgegner, dem die streitgegenständlichen Tätowierungen seit dem Eingang der Bewerbungsunterlagen am 11. Juni 2013 bekannt sind, im Schreiben vom 14. Februar 2014 ausgeführt hat, dass eine Einstellung des Antragstellers möglich sei, wenn „bis zum Einstellungstermin keine in Ihrer Person liegende Ablehnungsgründe bekannt werden, z. B. einen Eignungsmangel darstellenden Körperschmuck (Tätowierungen, Piercings etc.)“. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann hieraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die dem Antragsgegner bereits bekannten Tätowierungen „für die Einstellung keine Rolle mehr spielen“ sollten. Ein dahingehender Erklärungsgehalt kann dem angeführten Schreiben bei verständiger Würdigung nicht entnommen werden. Die angeführte Textpassage ist überschrieben mit „wichtiger Hinweis“. Im Anschluss hieran hat der Antragsgegner ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen eine Einstellung „möglich“ ist. Diese Hinweise sind genereller Art. Sie verhalten sich nicht zu etwaigen aus der Bewerbung des Antragstellers ersichtlichen Einstellungshindernissen (wie etwa den der Bewerbung beigefügten Lichtbildern über die Unterarmtätowierungen). Ausgehend vom maßgeblichen Empfängerhorizont ist das Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 allein darauf gerichtet, die Bewerber über die von ihnen im Auswahlverfahren erzielten Ergebnisse sowie darüber zu informieren, dass sie mit dem „erreichten Auswahlergebnis grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ kommen und unter welchen Voraussetzungen („wichtiger Hinweis“) eine Einstellung möglich ist. Zur Frage, ob die streitbefangenen Tätowierungen ein Einstellungshindernis darstellen, verhält es sich nicht.
17Hinzu kommt, dass der Antragsgegner den Antragsteller in der von diesem am 17. Dezember 2013 unterschriebenen „Einwilligungserklärung zur Dokumentation von Köperschmuck“ darauf hingewiesen hatte, dass Köperschmuck (wie beispielsweise Tätowierungen) durch eine „eigens dazu einberufene Kommission bewertet“ werde und „als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht“ sei. Nach Aktenlage hat der Antragsgegner im weiteren Einstellungsverfahren nicht zu erkennen gegeben, dass die beiden Tätowierungen an den Unterarmen der Einstellung nicht (mehr) entgegenstehen.
18Ohne Erfolg macht der Antragsteller weiter geltend, er könne „im Sommer langärmelige Uniformhemden (…) tragen, damit die Tätowierungen nicht sichtbar sind“. Vor diesem Hintergrund sei die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Sie verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser Einwand verfängt nicht.
19Der auf den Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07 A - gestützte Bescheid des Antragsgegners vom 10. März 2014, den Antragsteller aufgrund dessen Tätowierungen an den Unterarmen nicht in den gehobenen Polizeidienst einzustellen, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach Ziffer 3 b) Absatz 1 des Erlasses ist Körperschmuck im sichtbaren Bereich als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht. Unter Körperschmuck sind nach Ziffer 1 des Erlasses alle nicht medizinischen Körpermodifikationen zu verstehen, die (überwiegend permanent) den Körper verändern, wie etwa Tätowierungen. Als Maßstab für die Unterscheidung zwischen dem sichtbaren und dem unsichtbaren Bereich des Körpers gilt die Sommeruniform, die sich über das Tragen kurzärmeliger Hemden beziehungsweise Blusen definiert (Ziffer 1 Abs. 2 bis 4 des Erlasses). Ein Eignungsmangel durch Körperschmuck im sichtbaren Bereich kann nach Ziffer 3 b) Absatz 3 des Erlasses im Rahmen einer individuellen Einzelbewertung verneint werden, wenn ein dezenter Körperschmuck z.B. maximal die durchschnittliche Größe eines Handtellers hat. Diese Voraussetzungen erfüllen die auf die Unterarme des Antragstellers tätowierten Schriftzüge, bei denen es sich um die Namen seiner Töchter „H. N. “ (15 cm x 2,5 cm) und „F. T. “ (16 cm x 2,5 cm) handelt, nicht.
20Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass angesichts dessen, dass das angeführte Einstellungshindernis in das Recht des Bewerbers auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift und über das Merkmal der persönlichen Eignung den Zugang zu einem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) beschränkt, nur dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist und die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst rechtfertigen kann, wenn es geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern, und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris, Rn. 21; Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - 1 B 1006/14 -, juris, Rn. 6.
22Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Entscheidung des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Grundlage seiner Argumentation im Ablehnungsbescheid ist die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion der Polizeiuniform. Dort heißt es:
23„Gemäß Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 29.05.2013 – 403 – 26.00.07. A – ist Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht und kann einen Eignungsmangel darstellen, der für sich genommen bereits einer Einstellung entgegensteht. Bei der Prüfung der vollen Dienstfähigkeit im Rahmen der Einstellungsuntersuchung gilt es im Interesse der späteren Aufgabenwahrnehmung bezogen auf das äußere Erscheinungsbild den Schutz des Vertrauens der Bürgerin und des Bürgers in eine neutrale und seriös auftretende Polizei zu berücksichtigen. Daher wird eine Einschränkung der dienstlichen Verwendbarkeit der Bewerberinnen und Bewerber durch Körperschmuck unter den im Erlass festgelegten Gesichtspunkten berücksichtigt, soweit nicht schon unter medizinischen Gesichtspunkten die Polizeidienstuntauglichkeit vom polizeiärztlichen Dienst festgestellt wird (…). Wie auch durch die Uniform dokumentiert, soll in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrages zurücktreten. Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürfen durch den bei Ihnen vorliegenden Körperschmuck nicht beeinträchtigt sein (Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion).“
24Vgl. zu einem insoweit wortgleichen Ablehnungsbescheid: OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 6 B 523/14 -, juris.
25Das Bundesverwaltungsgericht hat sich insbesondere im - die Haarlänge uniformierter Polizeibeamter betreffenden - Urteil vom 2. März 2006, a.a.O., auf welches auch das Verwaltungsgericht seine Ausführungen stützt, zur Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform bzw. zum Bedürfnis des Staates nach angemessener Repräsentation durch uniformierte Polizeibeamte geäußert. Hiernach soll die Polizeiuniform sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Eindruck der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Bei der danach gebotenen Ermittlung des Rahmens des Üblichen hat sich der Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält. Danach fallen Erscheinungsformen aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, die unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sie die Mehrheit der Bevölkerung für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen doch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird.
26Das Verwaltungsgericht hat hieran angeknüpft und festgestellt, dass die Tätowierungen des Antragstellers an den Unterarmen die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion der Polizeiuniform beeinflussen können. Es könne bislang nicht festgestellt werden, dass in der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ein Wechsel der Anschauungen dergestalt stattgefunden habe, dass auch bei einem Polizeivollzugsbeamten als Repräsentant der Staatsgewalt größere sichtbare Tätowierungen allgemein toleriert würden. Alleine die Größe der Tätowierungen könnte Anlass zu entsprechenden Nachfragen oder Anwürfen durch Dritte sein, denn unzweifelhaft stellten sich solche Tätowierungen als Ausdruck einer sehr individuellen „Note“ eines Polizeivollzugsbeamten dar. Sie stünden im starken Kontrast zu der ansonsten durch die Uniform vorgegebenen und gewollten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes und böten schon von daher in der Bevölkerung Ansatzpunkte zumindest für Diskussionen ‑ auch im Hinblick auf die Akzeptanz hoheitlicher Entscheidungen -, die im Ergebnis dazu führen könnten, den betreffenden Polizeivollzugsbeamten wegen des äußeren Erscheinungsbildes abzulehnen oder zumindest gegen ihn Misstrauen hervorzurufen.
27Vgl. auch VG Darmstadt, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris, Rn. 53.
28Diesen zutreffenden und näher begründeten Feststellungen setzt das Beschwerdevorbringen nichts Durchgreifendes entgegen. Nach alledem sind die hier im Streit stehenden landeseinheitlichen Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck im angeführten Erlass vom 29. Mai 2013 geeignet, das Vertrauen der Bürger in eine neu- trale und seriös auftretende Polizei zu schützen.
29Der Umstand, dass es sich bei den beiden in Rede stehenden Tätowierungen um die Namen der Töchter des Antragstellers handelt, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Für einen Dritten ist bereits nicht erkennbar, dass es sich bei den Namen „H. N. “ und „F. T. “ um die Töchter des Antragstellers handelt. Davon abgesehen ändert dieser Umstand nichts daran, dass es sich um sogenannte großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich handelt, die nach Ziffer 3 b) des angeführten Erlasses „nicht erwünscht“ sind.
30Ohne Erfolg macht die Beschwerde sinngemäß geltend, die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst sei nicht erforderlich, da ihm als „milderes Mittel“ aufgegeben werden könnte, im Sommer langärmelige Uniformhemden zu tragen, die seine Tätowierungen nicht sichtbar werden lassen.
31In diesem Sinne: VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 - 2 K 778/14 -, juris, Rn. 66 bis 68; VG Aachen, Urteil vom 29. November 2012 - 1 K 1518/12 -, juris, Rn. 28 bis 29.
32Dieser Einwand verhilft der Beschwerde bereits deswegen nicht zum Erfolg, weil es grundsätzlich der Entscheidung des Dienstherrn vorbehalten bleibt, wie er die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei verwirklicht.
33Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014, a.a.O., Rn. 19.
34Mit der Dienstkleidungsordnung der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 405/401-63.01.01 - vom 21. Januar 2014 (im Folgenden: Dienstkleidungsordnung), hat der Dienstherr von seiner in § 45 LBG NRW geregelten Befugnis Gebrauch gemacht, Bestimmungen über die Dienstkleidung, etwa das Tragen der Uniform, zu erlassen. Nach Ziffer 1.3 der Dienstkleidungsordnung ist ein einheitliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit sicherzustellen, wenn Uniform getragen wird. Aufgrund seiner Organisationsgewalt ist der Dienstherr berechtigt, den Dienstkleidungsträgern in Gestalt von Verwaltungsvorschriften auch Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa für die Gestaltung der Haar- und Barttracht, das Tragen von Schmuck oder für Tätowierungen zu machen.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, a.a.O., Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014, a.a.O., Rn. 34.
36In Ergänzung der Dienstkleidungsbestimmungen hat das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen durch den angeführten Erlass vom 29. Mai 2013 für Bewerber um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck aufgestellt, die sich auch auf Tätowierungen erstrecken. Diese Bestimmungen sind - wie ausgeführt - geeignet, aber auch erforderlich, um „die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten“ sicherzustellen (Neutralitäts- und Repräsentanzfunktion, Ziffer 3 b) des letztgenannten Erlasses). Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht dem Dienstherrn ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von der Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt.
37Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Januar 1999 - 2 C 11.98 -, juris, Rn. 12 und 13, vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, a.a.O., Rn. 21.
38Mit den im Streit stehenden Bestimmungen über Körperschmuck im sichtbaren Bereich hat das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen die Grenzen seines Einschätzungsspielraums nicht überschritten. Die Erwägung der obersten Dienstbehörde, dass „in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrages zurücktreten“ soll (vgl. Ziffer 3 b) des Erlasses), ist nicht zu beanstanden.
39Die von der obersten Dienstbehörde im Erlass vom 29. Mai 2013 aufgestellten landeseinheitlichen Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck wahren auch die Grenzen der Zumutbarkeit für die Bewerber. Denn selbst im sichtbaren Bereich befindliche Tätowierungen - wie beispielsweise auf den Unterarmen - stehen der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht ausnahmslos entgegen. Eine „positive Entscheidung“ der beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW zur Bewertung von Körperschmuck eingerichteten Kommission kommt nach Ziffer 3 b) des Erlasses bei Tätowierungen „von minderer Größe in Betracht, die keine Botschaft transportieren oder zumindest weltanschaulich neutral bleiben“ (wie etwa Namen mit nachweislich rein privatem Hintergrund, kleinere Blumenmotive oder abstrakte Ornamente, Herzchen, Sterne, Pfeile, Pfotenabdrücke oder aus wenigen Worten bestehende Sinnsprüche).
40Ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme, weist der Senat darauf hin, dass das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, dass der Antragsgegner auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht darauf verwiesen werden kann, einem Bewerber, der im sichtbaren Bereich großflächige Tätowierungen aufweist, aufzugeben, im Dienst langärmelige Hemden zu tragen. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers vernachlässigt den mit dem Erlass entsprechender dienstlicher Anweisungen, der Kontrolle ihrer Befolgung und gegebenenfalls ihrer Durchsetzung verbundenen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für den Dienstherrn und damit den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität.
41Soweit sich die Beschwerde pauschal auf die Klageschrift vom 1. April 2014 (VG Arnsberg – 2 K 989/14) und die Antragsbegründung vom 17. Juli 2014 im erstinstanzlichen Verfahren bezieht, genügt sie den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht, weil es an einer Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung mangelt.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 GKG.
43Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Sept. 2014 - 6 B 1064/14
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.
(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.
(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf bis zu 7.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Der angefochtene Beschluss erweist sich aus anderen als den vom Verwaltungsgericht dargestellten Gründen jedenfalls im Ergebnis als richtig, mit der Folge, dass die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO zurückzuweisen ist. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, dazu Stellung zu nehmen.
4Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, den Antragsteller bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage gleichen Rubrums – VG Aachen 1 K 1467/13 – „zu der am 1. September 2013 beginnenden Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst zuzulassen und ihn insoweit nicht wegen der an seinen Armen befindlichen Tätowierungen auszuschließen“. Der Sache nach liegt hierin die Verpflichtung, den Antragsteller zum Beamten auf Widerruf zwecks Absolvierung des Vorbereitungsdienstes zu ernennen. Das ergibt sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einem möglichen Widerruf des Beamtenverhältnisses nach einem eventuellen Misserfolg des Antragstellers im zugehörigen Klageverfahren und ist von den Beteiligten auch so verstanden worden.
5Der vom Verwaltungsgericht demnach sinngemäß festgestellte Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf ergibt sich jedenfalls aus der Einstellungszusage des Antragsgegners mit Schreiben vom 9. August 2013. Eine von der zuständigen Behörde abgegebene schriftliche Erklärung stellt dann eine Zusicherung i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW dar, wenn die Behörde gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft den Willen zum Ausdruck bringt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Ob eine solche selbstverpflichtende Willenserklärung vorliegt, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Maßgeblich ist der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte.
6Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 - 2 C 39.95 -, BVerwGE 102, 81.
7Für eine Zusicherung i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW spricht insbesondere die ausdrückliche Bezeichnung des Schreibens als „Einstellungszusage“ in der einleitenden Formulierung des zweiten Absatzes. Schon die in § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW enthaltene Definition des Rechtsbegriffs „Zusicherung“, die maßgeblich auf eine behördliche „Zusage“, einen Verwaltungsakt zu erlassen, abstellt, zeigt, dass die Verwendung des Begriffs „Zusage“ bzw. „Einstellungszusage“ ein verbindliches Versprechen zum Ausdruck bringt, die Einstellung vorzunehmen, und damit eine Zusicherung im Rechtssinne indiziert. Diese Einschätzung wird bekräftigt durch die dem Antragsteller in dem Schreiben ausgesprochenen Glückwünsche sowie die Hinweise zu seinem Dienstantritt.
8Auch die fünf in dem Schreiben ausdrücklich angeführten „Bedingungen“, von denen der Antragsgegner seine „Einstellungszusage“ abhängig macht, bestätigen den in dem Schreiben zum Ausdruck gebrachten und für eine Zusicherung maßgeblichen Rechtsbindungswillen des Antragsgegners. Insbesondere kann der Umstand, dass das fragliche Schreiben überhaupt Bedingungen benennt, nicht als Indiz gegen eine verbindliche Einstellungszusage gewertet werden, da eine Zusicherung mit Bedingungen oder auch mit anderen Nebenbestimmungen (vgl. § 36 VwVfG NRW) versehen werden kann.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2004 - 9 B 111/03 -, juris.
10Würde das Schreiben lediglich eine unverbindliche Absichtserklärung beinhalten, hätte es im Gegenteil einer solchen ausdrücklichen und detaillierten Formulierung der einer Einstellung (noch) entgegenstehenden Bedingungen nicht bedurft. Mit Blick auf die nicht ohne Weiteres wieder rückgängig zu machende Verbeamtung sind diese Vorbehalte gerade dahin zu verstehen, dass damit sicher gestellt werden soll, dass die (ausgesprochene) verbindliche Verpflichtung zur Einstellung nur dann wegfallen soll, wenn tatsächlich einer der vom Antragsgegner als relevant angesehenen Hinderungsgründe eintreten werde.
11Der Umstand, dass der Antragsgegner im ersten Absatz des genannten Schreibens das Wort „beabsichtigt“ verwandt hat, bringt nicht eine bloße und als solche unverbindliche Absichtserklärung zum Ausdruck, stellt also die Annahme einer Zusicherung nicht in Frage. Denn diese Formulierung kann nicht isoliert betrachtet werden; sie fällt vielmehr im Zusammenhang mit den oben aufgezeigten, für eine Zusicherung sprechenden Anhaltspunkten nicht entscheidend ins Gewicht.
12Vgl. zu einem wortgleich verfassten Schreiben auch Senatsbeschluss vom 4. Oktober 2013 – 6 B 1081/13 –, nrwe.de.
13Keine abweichende Einschätzung folgt schließlich daraus, dass dem Antragsteller hier die wegen seiner Tätowierungen bestehenden rechtlichen Bedenken des Antragsgegners gegen eine Einstellung ebenso bekannt gewesen sind wie der Umstand, dass am selben Tag, an dem das Schreiben verfasst wurde (9. August 2013) die zuständige „Körperschmuckkommission“ die vorhandenen Tätowierungen nochmals im Einzelnen dokumentierte. Dem Antragsgegner ist zwar zuzugeben, dass solche Begleitumstände mit Blick auf den für die Auslegung des Schreibens maßgeblichen Empfängerhorizont nicht von vornherein ohne Belang sind. Gleichwohl stellen sie hier die Annahme einer verbindlichen Zusicherung im Ergebnis nicht durchgreifend in Frage. Denn in Anbetracht der Formbedürftigkeit einer Zusicherung ist dem – wie oben dargestellt – hier mit gewichtigen Gründen für das Vorliegen einer Zusicherung sprechenden Wortlaut des Bescheides eine größere Bedeutung beizumessen als den darin nicht erwähnten Begleitumständen.
14Vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006 – 5 C 10.05 –, BVerwGE 126, 33.
15Dies gilt umso mehr, als der Antragsgegner andere Umstände, die einer Einstellung gegebenenfalls noch entgegenstehen könnten – wie unvollständige Bewerbungsunterlagen, nachträgliche haushaltsrechtliche Beschränkungen, Bekanntwerden von Ablehnungsgründen, nachträgliche Feststellung von negativen ärztlichen Befunden oder nachträglicher Eintritt der Polizeidienstuntauglichkeit –, in dem Schreiben ausdrücklich im einzelnen als „Einstellungsbedingungen“ aufgeführt hat.
16Die nach Vorstehendem anzunehmende Zusicherung entfaltet auch nach wie vor Bindungswirkung. Insbesondere hat der Antragsgegner sie nicht aufgehoben bzw. nach § 48 VwVfG NRW wirksam zurückgenommen. Soweit er darauf hinweist, er habe das Schreiben vom 9. August 2013 durch seinen ablehnenden Bescheid vom 30. August 2013 „unzweifelhaft konkludent aufgehoben“, verkennt er die einschränkenden Voraussetzungen, an die gem. § 38 Abs. 2 VwVfG NRW in Verbindung mit § 48 VwVfG NRW die wirksame Rücknahme einer Zusicherung geknüpft ist. Als begünstigender und – unterstellt – rechtswidriger Verwaltungsakt kann die Zusicherung nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW in Verbindung mit § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG NRW zurückgenommen werden.
17Der Ablehnungsbescheid vom 30. August 2013 könnte danach allenfalls dann als konkludente Rücknahme der besagten Zusicherung gelten, wenn sich die Behörde dabei zweifelsfrei der tatbestandlichen Erfordernisse für eine rückwirkende Beseitigung dieser Zusicherung und ihres nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW grundsätzlich bestehenden Ermessensspielraums bewusst gewesen wäre. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich. Dem Bescheid vom 30. August 2013 lässt sich auch in Verbindung mit den sonstigen Umständen nicht entnehmen, dass die Behörde Ermessenserwägungen in Bezug auf die Rücknahme der Zusicherung angestellt hat. In diesem Zusammenhang wären überdies, da es um die Rücknahme eines Verwaltungsaktes geht, der keine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist (§ 48 Abs. 2 VwVfG NRW), Vertrauensschutzgesichtspunkte zu Gunsten des Klägers bei der Ermessensausübung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW zu berücksichtigen gewesen (§ 48 Abs. 3 VwVfG NRW).
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2008 – 6 A 2144/05 –, nrwe.de, m.w.N.
19Da § 38 Abs. 2 VwVfG NRW mit der Verweisung auf §§ 44 und 48 VwVfG NRW klarstellt, dass auch eine rechtswidrige Zusicherung, sofern sie nicht nichtig ist, bis zur Aufhebung volle Bindungswirkung entfaltet,
20vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2008, a.a.O.; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 13. Auflage 2012, § 38 Rdnr. 33.
21gibt das Beschwerdevorbringen auch keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob der Einstellung des Antragstellers in das Beamtenverhältnis auf Widerruf ansich Hinderungsgründe entgegenstehen, insbesondere die großflächigen Tätowierungen des Antragstellers einen Eignungsmangel begründen.
22Schließlich bestehen keine Bedenken gegen den Inhalt der einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts. Der Antragsgegner argumentiert unter Bezugnahme auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. März 2011 – 2 L 190/11 –, juris, im Kern wie folgt: Komme er der einstweiligen Anordnung nach und stelle den Antragsteller in das Beamtenverhältnis auf Widerruf ein, so sei es ihm, (auch) wenn das Hauptsacheverfahren für den Antragsteller negativ ausfalle, verwehrt, seine Entlassung auf die Tätowierungen und den damit verbundenen „absoluten Eignungsmangel“ zu stützen, weil ihm dieser Mangel bei der Einstellung bereits bekannt gewesen sei. Damit fehle der einstweiligen Anordnung der vorläufige Charakter. Diese in ihrem Ausgangspunkt zutreffende Argumentation greift hier zu kurz.
23Abgesehen davon, dass die Ausnahmevoraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache unter den hier vorliegenden Gegebenheiten erfüllt sind, sind die Bedenken des Antragsgegners auch sonst nicht berechtigt:
24Nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG können Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden. Die Entlassung ist somit grundsätzlich in das pflichtgemäße Ermessen der Verwaltung gestellt. Die fehlerfreie Ausübung des Ermessens erfordert vor allem, dass die Entlassung aus einem sachlichen Grund erfolgt. Es genügt grundsätzlich jeder sachliche Grund für die Entlassung. Als sachlicher Grund kommt u.a. eine fehlende persönliche Eignung in Betracht.
25Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. September 2009 - 6 A 3083/06 -, ZBR 2010, 92.
26Grundsätzlich ist die persönliche Eignung bereits vor der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zu prüfen. Ein Eignungsmangel, der dem Dienstherrn bereits bei der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf bekannt war, kann grundsätzlich nicht als - alleiniger oder primärer - Entlassungsgrund herangezogen werden. Als Entlassungsgrund kommen daher im Allgemeinen nur Eignungsmängel in Betracht, die erst im Beamtenverhältnis auf Widerruf aufgetreten oder bekannt geworden sind.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1981 - 2 C 48.78 -, BVerwGE 62, 267; Zängl in Fürst, GKÖD, Bd. I, Loseblattslg. Stand: August 2013, § 32 BBG Rdnr. 16; v.Roetteken in v.Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Loseblattslg. Stand: Juni 2013, § 23 Rdnr. 428.
28Diesen Grundsätzen liegt das Verbot des venire contra factum proprium zu Grunde. Der Dienstherr handelt treuwidrig, zumindest aber ermessensfehlerhaft, wenn er sich ohne Rechtfertigung in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzt.
29Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. April 1956 - 2 A 21/55 -, ZBR 1956, 262; v.Roetteken, a.a.O.
30Seinem Sinn und Zweck nach erfasst dieses Verbot jedoch nicht die Fälle, in denen das frühere Verhalten des Dienstherrn allein auf einer einstweiligen Anordnung gründet, die ihn zur Einstellung eines Bewerbers in das Beamtenverhältnis auf Widerruf verpflichtet, und er dieser Verpflichtung nachkommt, obwohl seiner auch im einstweiligen Anordnungsverfahren verlautbarten Ansicht nach ein Eignungsmangel der Einstellung entgegensteht. Die auf der einstweiligen Anordnung gründende Einstellung rechtfertigt für sich genommen auch auf Seiten des Bewerbers nicht die Erwartung, der Dienstherr habe seine Ansicht aufgegeben und werde nach Abschluss des zugehörigen Hauptsacheverfahrens den Eignungsmangel nicht als Entlassungsgrund anführen.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
33Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 2014 verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte die Übernahme des Klägers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes wegen dessen Tätowierungen ablehnen durfte.
3Der am 00. Januar 1990 geborene Kläger bewarb sich am 28. Juni 2013 um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014. Ab September 2013 durchlief er bei dem hierfür zuständigen Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen (LAFP NRW) u.a. den sog. PC-Test und ein Assessment Center. Er erzielte den Rangordnungswert 116,791. Anlässlich der medizinischen Untersuchung wurden durch den Polizeiärztlichen Dienst folgende Tätowierungen des Klägers festgestellt und dokumentiert:
4Am oberen Rücken ist ein großflächiges Herz dargestellt, das von zwei Ankern und zwei Rosen flankiert wird. An der Innenseite des linken Unterarms ist über einem aufgeschlagenen Buch ein mit einer Brille versehener Kopf eines brüllenden Panthers abgebildet, aus dem rückseitig Flammen herausschlagen (Größe: 13,5 x 17 cm). Der rechte Arm ist vollständig tätowiert. An der Außenseite des Unterarms sind über dem Handgelenk ein Kompass und darüber bis zum Ellenbogen ein sog. mexikanischer Zuckerschädel tätowiert, der mit Blumen und Ornamenten geschmückt ist. An der Innenseite des rechten Unterarms findet sich die Darstellung eines Handspiegels, in dem mittig ein Auge abgebildet ist, aus dem Flammen bis zur Armbeuge schlagen. An der Innenseite des Ellenbogens ist ein Diamant dargestellt. Der rechte Oberarm ist an seiner Innenseite mit einem aus je vier Trommeln und Becken bestehenden Schlagzeug sowie Trommelstöcken und an seiner Außenseite mit einer durch Flügel eingefassten Uhr sowie dem Schriftzug „N. “ tätowiert. Die bildlichen Darstellungen sind farblich gestaltet. Der Kläger erläuterte die Bedeutung der Tätowierungen wie folgt: Das Herz stehe für seine Familie und den Familienzusammenhalt; die Anker symbolisierten die Eltern und die Rosen die Geschwister. Mit der Darstellung des Kopfes des Panthers wolle er seine Bewunderung für die Statur dieses Tieres, dessen Stärke und physische Bildung zum Ausdruck bringen. Der Kompass bedeute, dass man ein Ziel vor Augen haben müsse, auch wenn man Umwege gehe. Der mexikanische Zuckerschädel mache einen anderen Umgang mit dem Tod deutlich – mehr Feier als Trauer. Der Spiegel setze einen vorbildhaften Ausspruch des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt um: „Ich möchte in den Spiegel schauen können, bevor ich sterbe, ohne mich übergeben zu müssen“. Der Diamant stehe für Reinheit, das Schlagzeug für seinen erfüllten Kindheitstraum, Schlagzeug zu lernen, und die Uhr mit dem lateinischen Wort für „Bewegung“ für die Sentenz: „Die Zeit geht weiter, auch wenn sie stillzustehen scheint.“
5Die für die Bewertung von Körperschmuck der Bewerber eingerichtete, aus fünf Personen bestehende Kommission des LAFP NRW befasste sich in zwei Sitzungen im November und Dezember 2013 mit den Tätowierungen des Klägers. Hierbei legte sie den Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (Innenministerium) vom 29. Mai 2013 betreffend „Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst – Landeseinheitliche Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck“ (nachfolgend: Einstellungserlass) zugrunde. Sie bewertete die Darstellung des Pantherkopfes aufgrund seiner Größe als „relativen Eignungsmangel“ sowie den Handspiegel und den mexikanischen Zuckerschädel als „absoluten Eignungsmangel“; letzteren wegen seiner Größe und Auffälligkeit, teilweise auch wegen einer „aggressiven Wirkung“. Die übrigen Tätowierungen stellten nach dem Urteil der Kommission kein Einstellungshindernis dar. Allerdings wurde aufgrund einer „ganzheitlichen Betrachtung“ ein Eignungsmangel bejaht mit der Begründung „großflächig, auffällig, teilw. aggressiv“.
6Das LAFP NRW teilte dem Kläger unter Bezugnahme auf die Einschätzung der Auswahlkommission mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 mit, es sei beabsichtigt, seine Bewerbung abzulehnen. Der Kläger nahm mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 Stellung. Er widersprach der Auffassung, dass die Tätowierungen einen Eignungsmangel darstellten und legt ausführlich dar, welche Bedeutung er mit den einzelnen Tätowierungen verbinde und dass angesichts des Anschauungswandels in der Bevölkerung derartige Tätowierungen aufgrund des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch bei einem Polizeivollzugsbeamten zu akzeptieren seien.
7Nach Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten teilte das LAFP NRW dem Kläger unter dem 7. Januar 2014 seine Entscheidung mit, es könne seiner Bitte, ihm eine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zu ermöglichen, nicht entsprechen, weil es ihm aufgrund der Tätowierungen im sichtbaren Bereich an der hierfür nach Art 33 Abs. 2 GG erforderlichen Eignung fehle. In der Amtswahrnehmung solle, wie auch durch die Uniform dokumentiert werde, jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrags zurücktreten. Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürften durch Körperschmuck nicht beeinträchtigt werden (Neutralitäts- und Repräsentanzfunktion). Nach dem Einstellungserlass sei daher Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht und könne einen der Einstellung entgegenstehenden Eignungsmangel begründen. Es gelte, im Interesse der späteren Aufgabenwahrnehmung bezogen auf das äußere Erscheinungsbild den Schutz des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in eine neutrale und seriös auftretende Polizei zu beachten. Daher werde eine Einschränkung der dienstlichen Verwendbarkeit durch Körperschmuck unter den im Einstellungserlass festgelegten Gerichtspunkten berücksichtigt. Aufgrund der Dokumentation, Sichtung und Bewertung seitens der Kommission sei die großflächige Darstellung des Panthers als „relativer Eignungsmangel“ zu bewerten. Das Bild des Handspiegels begründe wegen seiner Größe und extremen Ausdehnung im sichtbaren Bereich des gesamten rechten Unterarms sowie seiner auffälligen Gestaltung einen „absoluten Eignungsmangel“. Diese Bewertung treffe auch auf den geschmückten mexikanischen Zuckerschädel zu. Dieser wirke befremdlich, da der Umgang mit dem Tod in westlichen Kulturen ein anderer sei und weitgehend tabuisiert werde. Ähnlich einem Totenschädel könne die Darstellung des mexikanischen Zuckerschädels mit Gewalt und Aggression in Verbindung gebracht werden. Der Totenschädel diene im Allgemeinen der Symbolisierung oder gar Androhung von physischer Gewalt und Tod. Er sei ein Symbol für einen gewalttätigen, rachsüchtigen und bösartigen Menschen. Darüber hinaus sei auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung der großflächigen, auffälligen und teilweise aggressiven Darstellungen ein Eignungsmangel festzustellen.
8Der Kläger hat am 7. Februar 2014 die vorliegende Klage erhoben, mit der er geltend macht:
9Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte sich in seinem Bescheid überhaupt nicht mit den in seinem Schreiben vom 17. Dezember 2013 vorgebrachten Einwänden auseinandergesetzt habe, fehlt es bereits an einer den Anforderungen des § 28 VwVfG NRW gerecht werdenden vorherigen Anhörung.
10Die Entscheidung sei auch materiell rechtsfehlerhaft. Ihm sei wegen der Tätowierungen die für den gehobenen Polizeivollzugsdienst erforderliche persönliche bzw. charakterliche Eignung nicht abzusprechen. Allein das Vorhandensein auffälliger Tätowierungen im sichtbaren Bereich verstoße nicht gegen das Erfordernis der Neutralität und Professionalität des Polizeivollzugsdienstes. In verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sei zutreffend festgestellt worden, dass sich die gesellschaftlichen Vorstellungen über Tätowierungen als Körperschmuck sowohl in der Bevölkerung insgesamt, als auch im Polizeivollzugsdienst nicht unerheblich geändert hätten und derartige Tätowierungen inzwischen in allen Altersgruppen weit verbreitet und akzeptiert seien. Soweit der Beklagte die gegenteilige Sichtweise vertrete, fehle es bereits an einer hinreichend verlässlichen Grundlage. Jedenfalls gebe es nicht den vom Beklagten bemühten Grundsatz, dass in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrags zurückzutreten habe.
11Die Auswahlkommission, auf deren Bewertung der Beklagte sich stütze, habe ihm anlässlich der ohnehin maximal 5-minütigen Sitzung im Dezember 2013 keine Gelegenheit gegeben, die Motivik und Symbolik der Tätowierungen zu erläutern. Sie und ihm folgend das LAFP NRW hätten deshalb bereits die Bedeutung der Darstellungen verkannt, insbesondere den Zuckerschädel in unzulässiger Weise einem klassischen Totenkopfsymbol gleichgesetzt. Tatsächlich habe der mexikanische Zuckerschädel einen völlig anderen Hintergrund. Er versinnbildliche einen der wichtigsten mexikanischen Feiertage, an dem traditionell der Verstorbenen gedacht werde. Dieser Tag werde nicht als Trauertag, sondern als farbenprächtiges Volksfest begangen. Konditoreien stellten zu diesem Anlass Totenschädel aus Zucker, Schokolade oder als Gebäck – „Calaveras de Dulce“ – her. Er bringe mit der Tätowierung seine Faszination für diesen Umgang mit dem Tod und die hiermit verbundene positive Lebenseinstellung zum Ausdruck. Sämtliche Tätowierungen hätten zudem nach Darstellung und Symbolik Schmuckcharakter und seien nicht Ausdruck einer überzogenen Individualität. Das Bild des Panthers mit Buch und Brille sei eine Metapher für physisch starke Lebewesen, die zudem psychische Stärke in Form von Wissen erlangten. Das sei auch sein Anspruch. Der Handspiegel stehe für den von Helmut Schmidt formulierten Anspruch an sich selbst, vor dem eigenen Ableben reinen Gewissens in den Spiegel sehen zu können.
12Die auf dem Einstellungserlass des Innenministeriums beruhende Praxis des Beklagten, einen absoluten Eignungsmangel bereits dann anzunehmen, wenn die Darstellung die Größe eines Handtellers überschreite („großflächige Tätowierungen“), stelle einen Ermessensfehlgebrauch dar, weil bei dieser Sichtweise wesentliche Aspekte von vornherein ausgeblendet würden. Indem der Beklagte nunmehr im Klageverfahren allein auf die Größe der Darstellungen in sichtbaren Bereich abhebe, bringe er zugleich zum Ausdruck, dass er an der zuvor daneben noch vorgenommenen ganzheitlichen Betrachtung nicht mehr festhalte. Darüber hinaus sei es schwerlich nachzuvollziehen, woraus sich im Rahmen einer solchen Gesamtbetrachtung seiner Tätowierungen die angebliche Aggressivität der Bilder ergeben solle. Denn auch die übrigen Bilder (Herz mit Anker und Rosen, Uhr mit Flügel, Diamant, Kompass, Schlagzeug) hätten eine positive, friedliche und lebensbejahende Bedeutung und transportierten keine anstößige Botschaft oder eine sonstige mit dem Polizeivollzugsdienst unvereinbare Gesinnung.
13Ermessensfehlerhaft sei es zudem, dass der Beklagte sich mit seinem Angebot, auch im Sommer ein langärmliges Diensthemd zu tragen, um die Tätowierungen seiner Unterarme zu verdecken, nicht ernsthaft auseinandergesetzt habe. Der Einheitlichkeit der Uniform sei nicht der Vorrang vor seinem Persönlichkeitsrecht einzuräumen.
14Der Kläger beantragt,
15den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 2014 zu verpflichten, über seine Bewerbung um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er tritt der Klage mit folgenden Erwägungen entgegen:
19Entgegen der Darstellung des Klägers habe er sich vor Erlass des streitbefangenen Bescheides sehr wohl mit dessen Stellungnahme vom 17. Dezember 2013 auseinandergesetzt, was etwa an der Formulierung „unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte muss es auch nach erneuter Würdigung und Prüfung […]“ deutlich werde.
20Es bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis, sondern lediglich darauf, dass über die Bewerbung unter Beachtung des aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG folgenden Prinzips der Bestenauslese entschieden werde. Hiernach sei auch in den Blick zu nehmen, ob der Bewerber die für das Amt erforderliche persönliche und charakterliche Eignung besitze. Es bleibe dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn überlassen, welchen Auslesefaktoren er insoweit das größere Gewicht beimesse. Nach dem Einstellungserlass vom 29. Mai 2013 sei Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht, weil er das Vertrauen der Bürger in eine seriös auftretende Polizei beeinträchtigen könne. Wie auch jüngst das Verwaltungsgericht Darmstadt entschieden habe, habe sich in der Gesellschaft insgesamt eine Anschauung dahin, dass auch bei einem Polizisten als Repräsentant des Staates großflächige Tätowierungen allgemein toleriert würden, noch nicht durchgesetzt.
21Abzustellen sei auf die im sichtbaren Bereich befindlichen Tätowierungen. Als Maßstab gelte die Sommeruniform mit dem kurzärmligen Diensthemd. Das von dem Kläger als milderes Mittel zu einer Einstellungsverweigerung unterbreitete Angebot, ständig ein langärmliges Diensthemd zu tragen, stelle keine an den Sachnotwendigkeiten des polizeilichen Alltags gemessene Alternative dar und sei mit den Vorschriften zur Dienstkleidung nicht vereinbar, die in bestimmten Einsatzsituationen das einheitliche Erscheinungsbild uniformierter Polizeivollzugsbeamter sicherstellten. Der Vertreter des Innenministeriums führte in der mündlichen Verhandlung ergänzend hierzu aus: Es sei zwar im Rahmen der allgemeinen Dienstausübung dem einzelnen Beamten überlassen, welchen nach der Dienstkleidungsordnung zugelassenen Dienstanzug er trage. Es gebe aber besondere Lagen, in denen der Einsatzführer die Anweisung erteilen könne, eine einheitliche Uniform anzulegen. Die hiernach mögliche Anordnung, ein kurzärmliges Diensthemd zu tragen, komme beispielsweise bei Public-Viewing-Veranstaltungen im Sommerhalbjahr in Betracht. Beamte, die wegen des Tragens eines die Tätowierungen verdeckenden langärmligen Diensthemdes diese Anforderungen nicht erfüllten, könnten bei solchen Gelegenheiten nicht eingesetzt werden. Zwar gebe es auch Polizeivollzugsbeamte, die sich während ihrer aktiven Dienstzeit im sichtbaren Bereich großflächig hätten tätowieren lassen; es sei auch zutreffend, dass diesen zur Abwendung weitergehender disziplinarer Maßnahmen aufgeben worden sei, die Tätowierungen mit langärmligen Diensthemden zu bedecken. Auf diese auch von der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bestimmte Verfahrensweise müsse sich das beklagte Land im Rahmen des von dem Grundsatz der Bestenauslese bestimmten Einstellungsverfahrens aber nicht verweisen lassen.
22Die im sichtbaren Bereich angebrachten Tätowierungen des Klägers gingen entgegen dessen Ansicht über einen reinen Schmuckcharakter hinaus, begründeten vielmehr einen absoluten bzw. relativen Eignungsmangel. Ein großflächiger sichtbarer Körperschmuck stelle für sich genommen, also unabhängig von den Motiven, einen unüberwindbaren Eignungsmangel dar. Die Tätowierung des brüllenden Panthers begründe als Körperschmuck im sichtbaren Bereich einen relativen Eignungsmangel. Eine andere Einschätzung wäre im Rahmen einer individuellen Einzelbewertung nur dann möglich, wenn es sich um einen dezenten Körperschmuck handelte, der nicht größer sei als ein Handteller. Das sei aber bei dem Panther nicht der Fall. Der Handspiegel mit dem brennenden Auge werde aufgrund seiner Größe und der extremen Ausdehnung im sichtbaren Bereich sowie seiner auffälligen Gestaltung – völlig unabhängig von den Motiven – als absoluter Eignungsmangel bewertet. Auch der großflächig im sichtbaren Bereich angebrachte mexikanische Zuckerschädel begründe einen absoluten Eignungsmangel. Die Assoziation mit einem Totenschädel sei im Übrigen auch vom Kläger selbst vorgenommen worden, indem er darauf hingewiesen habe, dass in Mexiko aus Anlass des Gedenkens an die Toten Süßigkeiten in Form eines Totenschädels hergestellt würden. Aufgrund der großflächigen und auffälligen Darstellungen sei ein Eignungsmangel zudem im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung aller vorhandenen Tätowierungen im sichtbaren Bereich festzustellen. Die im nicht sichtbaren Bereich angebrachten Tätowierungen begründeten demgegenüber kein Einstellungshindernis.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, insbesondere der darin befindlichen Fotos der Tätowierungen, Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die als Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage zulässige Klage ist begründet.
26Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über seine Bewerbung um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet. Der ablehnende Bescheid des LAFP NRW vom 7. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
27Die von dem Kläger gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides geltend gemachten Bedenken greifen allerdings nicht durch. Dem Kläger war vor Erlass des Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW Gelegenheit gegeben worden, zu der beabsichtigten Ablehnung seiner Bewerbung und den Gründen hierfür Stellung zu nehmen. Selbst wenn mit dem Kläger davon ausgegangen wird, dass der Beklagte sich in seinem Bescheid mit den in der Stellungnahme vom 17. Dezember 2013 geltend gemachten Einwänden nicht bzw. nicht hinreichend auseinandergesetzt hat und dieser Umstand eine Verletzung der Anhörungspflicht zur Folge hat, erweist sich ein derartiger Anhörungsmangel gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 VwVfG NRW als unbeachtlich, weil der Beklagte sich mit den vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gegenargumenten jedenfalls im Klageverfahren auseinandergesetzt hat.
28Der Bescheid vom 7. Januar 2014 steht aber mit dem materiellen Recht nicht in Einklang.
29Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Allerdings gewähren weder diese ein grundrechtsgleiches Recht begründende Norm noch die zu ihrer Konkretisierung ergangenen Vorschriften (§ 9 Abs. 1 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 3 Abs. 1 LVO Pol) einen strikten Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt. Vielmehr liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers in ein Beamtenverhältnis und die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
30Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, BVerfGE 39, 334, und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteile vom 7. Mai 1981 - 2 C 42.79 -, RiA 1981, 217, und vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147; vgl. aber auch BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris Rn. 12 und 24, wonach dem Dienstherrn bei der Feststellung der gesundheitlichen Eignung kein Beurteilungsspielraum zusteht.
31Soweit die Eignung des Bewerbers für das erstrebte Statusamt in Frage steht, kann der Dienstherr Anforderungen nicht nur in fachlicher und gesundheitlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf Merkmale stellen, welche die Persönlichkeit und Charaktereigenschaften des Bewerbers betreffen.
32Hiernach können auch Tätowierungen einer Einstellung als Beamter entgegenstehen. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dieser Körperschmuck aufgrund seines Inhalts einen Mangel der charakterlichen Eignung erkennen lässt. Diese fehlt, wenn Art und Inhalt der Tätowierungen auf eine innere Einstellung bzw. Gesinnung des Bewerbers schließen lassen, die mit den Grundpflichten eines Beamten (Dienst- und Treuepflicht sowie deren besondere Ausprägungen, vgl. §§ 33 und 34 BeamtStG) schlechterdings unvereinbar ist.
33Vgl. etwa Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (280).
34Ein derartiges Einstellungshindernis kann dem Kläger indessen nicht entgegengehalten werden. Soweit der Beklagte aufgrund der aus seiner Sicht „aggressiven“ Darstellung des mexikanischen Zuckerschädels einen charakterlichen Eignungsmangel annimmt, bewegt er sich nicht im Rahmen allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe. Denn diese Körpermodifikation ist nicht Ausdruck einer inneren Einstellung des Klägers, die mit dem Amt eines Polizeivollzugsbeamten unvereinbar wäre. Eine dahingehende Annahme kann zwar naheliegen, wenn ein oder mehrere abgebildete Motive eine inhaltlichen Aussage treffen, die Rückschlüsse auf Wesenszüge und Verhaltensweisen des Tätowierten zulassen, die nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die der Beruf des Polizeivollzugsbeamten erfordert (vgl. § 34 Satz 3 BeamtStG). Derartige Schlussfolgerungen dürften regelmäßig bei Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen sowie extremistischen, Gewalt verherrlichenden oder gegen die Menschenwürde verstoßenden Darstellungen angebracht sein (vgl. hierzu auch Ziffer 3 lit. a) Spiegelstrich 2 des Einstellungserlasses). Soweit der Beklagte eine in diesem Sinne verwerfliche Gesinnung des Klägers daraus herleitet, dass dieser sich einen mexikanischen Zuckerschädel hat tätowieren lassen, geht er bereits von unzutreffenden tatsächlichen Bewertungsgrundlagen aus. Zwar stellt auch der Zuckerschädel eine Beziehung zum Tod her, weil seine Darstellung ihren Ausgang in einem Totenschädel nimmt. Die vom Beklagten hieraus gezogene Schlussfolgerung, der Kläger bringe deshalb mit dem mexikanischen Zuckerschädel eine innere Einstellung zum Ausdruck, die üblicherweise mit der Darstellung eines Totenschädels verbunden werde, ist indessen in keiner Weise gerechtfertigt. Denn der mexikanische Zuckerschädel wird gerade nicht mit „Gewalt und Aggression“ in Verbindung gebracht und dient auch nicht „der Symbolisierung oder gar Androhung von physischer Gewalt und Tod“ – Assoziationen, die der Beklagte mit dem Totenschädel verbindet. Er versinnbildlicht vielmehr die in der mexikanischen Kultur verwurzelte Einstellung zum Tod und die Art und Weise, wie der Verstorbenen gedacht wird. Hiernach ist der Tod Teil des Lebens. Nach altmexikanischem Glauben kommen die Toten einmal im Jahr zu Besuch aus dem Jenseits und feiern gemeinsam mit den Lebenden in einem farbenprächtigen Volksfest ein fröhliches Wiedersehen mit Musik, Tanz und gutem Essen. Hierzu gehört traditionell die Herstellung von reichlich geschmückten und verzierten Totenschädeln aus Zucker, Schokolade oder als Gebäck. Mit dem Zuckerschädel auf seinem Unterarm will gerade auch der Kläger seine Faszination für diesen Umgang mit dem Tod und die hiermit verbundene positive Lebenseinstellung zum Ausdruck bringen. Dem hat der Beklagte nichts Überzeugendes entgegengesetzt. Es besteht auch keinerlei Anlass, die Erläuterungen des Klägers in Zweifel zu ziehen. Von der dargestellten Bedeutung des Zuckerschädels hat sich der Beklagte ausweislich des Inhalts der Verwaltungsakte durch entsprechende Informationen aus dem Internet selbst Kenntnis verschafft (vgl. die Ausdrucke auf Bl. 32 bis 37 der Beiakte). Dass der Zuckerschädel als etwas betrachtet wird, von dem man sich nicht zu fürchten braucht, vielmehr als etwas, dem man jederzeit mit Ironie begegnen kann (vgl. den im Verwaltungsvorgang befindlichen Ausdruck aus Wikipedia), wird auch durch die von dem Kläger gewählte farbenfrohe Darstellung bestätigt. Die mit Blumen gefüllten Augenhöhlen sind als solche nicht mehr erkennbar. Eine Rose ziert die Stirn. Die Nase ist in Herzform dargestellt. Die Umrisse des Schädels sind durch Ornamente aufgelockert. Insgesamt weckt die Darstellung des Kopfes, abgesehen vielleicht von den freiliegenden Zahnreihen, eher freundliche oder gar lustige Empfindungen.
35Die „ganzheitliche Betrachtung“ der im sichtbaren und im nicht sichtbaren Bereich befindlichen Tätowierungen des Klägers begründet keine darüber hinausgehenden Bedenken gegen dessen charakterliche Eignung. Das entspricht inzwischen auch der Einschätzung des Beklagten, wie die Terminsvertreterin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat. Dem tritt die Kammer bei. Zudem bieten die im nicht sichtbaren Bereich befindlichen Darstellungen aufgrund ihres Inhalts keinen Anhalt dafür, dass der Kläger für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten charakterlich ungeeignet sein könnte. Denn die dort tätowierten Darstellungen (Herz mit Anker und Rosen, Uhr mit Flügel, Diamant, Kompass, Schlagzeug) vermitteln eine eher positive, friedliche und lebensbejahende Einstellung und transportieren auch keine anstößige Botschaft oder eine sonstige mit dem Polizeivollzugsdienst unvereinbare Gesinnung. Zwar wäre ein Mangel der charakterlichen Eignung bei „ganzheitlicher Betrachtung“ auch dann in Betracht zu ziehen, wenn die Tätowierungen aufgrund ihres Ausmaßes Anhaltspunkte für eine übersteigerte Individualität („Narzismus“) lieferten. Das könnte bei vollständiger oder ganz weitgehender Tätowierung des Körpers in Erwägung zu ziehen sein. Die Tätowierungen des Klägers sind aber von einem derartigen Umfang noch deutlich entfernt. Gegen einen aufgrund der Gesamtbetrachtung der Tätowierungen anzunehmenden Eignungsmangel wegen „übersteigerter Individualität“ spricht im Falle des Kläger zudem, dass der Beklagte weitere und zwar durchweg positive Erkenntnisse hinsichtlich der charakterlichen Eignung des Klägers hat gewinnen können. Denn in dem Assessment Center hat der Kläger etwa in den Prüfungsfeldern „Teamfähigkeit“, „Kooperationsfähigkeit“, „Neutralität“, also bei solchen Merkmalen, die gerade Gegenbegriffe zur „übersteigerten Individualität“ bilden, deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt.
36Ein der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst entgegenstehender Mangel der persönlichen Eignung ist gleichfalls nicht gegeben. Mit Blick auf den Körperschmuck kann ein solcher Eignungsmangel etwa dann gegeben sein, wenn der Bewerber den besonderen Anforderungen des angestrebten Amtes von seinem Auftreten her nicht gerecht wird. Dem Dienstherrn ist im Rahmen seines Einstellungsermessens die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild des künftigen (Polizeivollzugs-)Beamten stellen. Hierzu zählt die in § 45 und § 113 Abs. 1 LBG NRW geregelte Befugnis, Bestimmungen über die Dienstkleidung, etwa das Tragen der Uniformen, zu treffen. Das ist für die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen durch Erlass einer Dienstkleidungsordnung geschehen (vgl. zuletzt Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales – 405 / 401 - 63.01.01 – vom 21. Januar 2014, MBl. NRW. Seite 45 bis 66; nachfolgend: Dienstkleidungsordnung). Diese Befugnis schließt zugleich grundsätzlich auch das Recht zu akzessorischen Regelungen ein, die sicherstellen sollen, dass die Entscheidung zur Einführung von Dienstkleidung durch individuelle Gestaltungselemente wie Haar- und Barttracht, Schmuck und Tätowierungen nicht in Frage gestellt wird. Derartige die Bekleidungsvorschriften konkretisierende normative Regelungen können durch Verwaltungsvorschriften getroffen werden, weil es sich um eine Aufgabe der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt handelt.
37BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, BVerwGE 125, 85 = juris Rn.18, m.w.N.; Schachel in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil C § 45 Rn. 3 und 5.
38In Ergänzung der Dienstkleidungsbestimmungen hat der Beklagte durch die Übernahme der bundeseinheitlichen PDV 300 (Nr. 3.1 der Anlage 1) sowie durch den ministeriellen Einstellungserlass vom 29. Mai 2013 für Bewerber um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst landeseinheitliche Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck aufgestellt, zu dem insbesondere Tätowierungen zählen. Der Einstellungserlass differenziert hierbei zwischen Körperschmuck im sichtbaren und im unsichtbaren Bereich des Körpers, wobei als Maßstab die Sommeruniform gilt (vgl. Ziffer 1). Damit soll offenbar Bezug genommen werden auf die in den Anlagen 1 und 2 der Dienstkleidungsordnung eröffnete Möglichkeit, bei entsprechenden Wetterlagen ein „Diensthemd kurz“ (kurzärmliges Diensthemd) zu tragen. Nach Ziffer 3 lit. a) Spiegelstrich 3 des Einstellungserlasses stellt ein „auffälliger und großflächiger sichtbaren Körperschmuck […] – völlig unabhängig von den Motiven – für sich genommen schon einen unüberwindbaren Eignungsmangel dar“. Zwar ist an dieser Stelle nicht weitergehend erläutert, wann der Beklagte von einer großflächigen und auffälligen Darstellung ausgeht. Aufschluss geben soll insoweit augenscheinlich die Beschreibung des „relativen Eignungsmangels“ in Ziffer 3 lit. b) des Einstellungserlasses. Hiernach kann ein Eignungsmangel verneint werden bei einem „dezenten Körperschmuck“. Dieser ist anzunehmen, wenn er bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllt und „maximal die durchschnittliche Größe eines Handtellers hat“. Ausgehend hiervon stellen sich allerdings die Abbildungen des Panthers, des Handspiegels und des mexikanischen Zuckerschädels, die sämtlich größer sind als ein durchschnittlich großer Handteller, jeweils als „großflächiger (und auffälliger) sichtbarer Körperschmuck“ dar, die nach dem Einstellungserlass einen unüberwindbaren Eignungsmangel begründen.
39Der auf diese Bestimmungen des Einstellungserlasses gestützte Sichtweise des Beklagten, wonach die im sichtbaren Bereich befindlichen Tätowierungen des Klägers auf einen Eignungsmangel führen, ist indessen nicht uneingeschränkt zuzustimmen.
40Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild, die – wie etwa das Verbot von Tätowierungen oder Vorgaben zur Haarlänge – über den Dienst hinaus in den Bereich der privaten Lebensgestaltung hineinreichen, sind nur zulässig, wenn sie geeignet und erforderlich sind, um dienstliche Erfordernisse, hier also die mit der Uniformpflicht verfolgten Ziele, zu fördern, sich hierbei auf nachvollziehbare Erwägungen stützen und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahren.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 21; VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn.45, m.w.N.
42Zwar kann die Verpflichtung von Polizeivollzugsbeamten, im Dienst die vorgeschriebene Uniform zu tragen, zum einen durch das Erfordernis gerechtfertigt sein, die Legitimation der Beamten für polizeiliche Maßnahmen äußerlich kundzutun. Ob dieser Zweck der Uniform durch individuelle Merkmale des Beamten, wie Bart- und Haartracht oder Körperschmuck, in Frage gestellt wird, ist aber fraglich.
43Verneinend für längere Haare (Zopf): BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 24.
44Eine andere Bewertung könnten sichtbare großflächige Tätowierungen allerdings erfahren angesichts der weiteren Funktion einer Uniform. Diese soll auch die Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck bringen und ein sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person des handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Anschein der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt (sog. Neutralitäts- und Akzeptanzfunktion der Uniform).
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 25; ferner: Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (277).
46Bereits die Annahme des Beklagten, dass großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich, auch wenn sie keine mit dem beamtenrechtlichen Neutralitätsgebot unvereinbare Botschaft transportieren, Anlass zu Provokationen bieten und geeignet sein können, die Toleranz der von polizeilichen Maßnahmen Betroffenen übermäßig zu beanspruchen und zudem Anlass für Anwürfe durch Dritte zu bieten, unterliegt jedoch gewissen Zweifeln. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass auch derartige Tätowierungen Ausdruck einer individuellen „Note“ eines Polizeivollzugsbeamten sind und einen gewissen Kontrast bilden zu dem ansonsten durch die Uniform vorgegebenen äußeren Erscheinungsbild der Beamten, sodass sie denjenigen Personen, die potentiell von einem Polizeieinsatz betroffen sind, Anlass für Diskussionen über die Akzeptanz derart auftretender Beamter bieten können.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 26; VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 53.
48Indessen hat sich der Dienstherr bei der Ermittlung dessen, ob Tätowierungen eines uniformierten Polizeivollzugsbeamten im Bereich der Unterarme dessen Individualität übermäßig hervorheben und deshalb aus dem Rahmen des Üblichen und somit auch von ihm Hinzunehmenden fallen, an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält. Bestimmte Erscheinungsformen fallen daher nur dann aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, wenn sie unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn die Mehrheit der Bevölkerung sie für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen doch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird.
49BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 25 und 26, m.w.N.
50Keiner weiteren Begründung bedarf in diesem Zusammenhang, dass von dem Bewertungsspielraum des Dienstherrn nicht gedeckt wäre, wenn Bewerber aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen würden, weil sie – immer noch – von Teilen der Bevölkerung wegen des Geschlechts oder der Rasse oder wegen ihrer religiösen oder politischen Anschauungen (vgl. Art. 3 Abs. 3 GG) abgelehnt werden. Im Hinblick auf den im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Körperschmuck von Menschen ist augenfällig, dass der Umfang von Tätowierungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich zugenommen hat und Tätowierungen heutzutage nicht mehr nur in bestimmten Gesellschaftsschichten und Altersgruppen anzutreffen sind.
51Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 1 L 277/12 -, juris Rn. 7; VG Köln, Beschluss vom 23. August 2013 - 19 L 993/12 -, juris Rn. 20; VG Weimar, Beschluss vom 13. August 2012 - 4 E 824/12 We -, juris Rn. 25; VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14. Februar 2002 - 9 G 411/02 -, juris Rn. 8.
52Ausgehend von dem durch das Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstab könnten daher Zweifel angebracht sein, ob auch Personen mit nach Inhalt und Darstellungsweise nicht anstößigen Tätowierungen im sichtbaren Bereich in weiten Kreisen der Bevölkerung Vorbehalte begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird. Nicht zu verkennen ist andererseits, dass tätowierte Menschen auch heute noch in bestimmten Bevölkerungs- oder Berufsgruppen – nunmehr nicht mehr nur bei Strafgefangenen, Seeleuten oder im „Milieu“, sondern etwa auch bei (Spitzen-)Sportlern und Künstlern – überproportional vertreten sind, während es in bestimmten Berufsfeldern – Banken, Versicherungen, Handel – der Verkehrssitte bzw. dem „dresscode“ entspricht, gerade keine (sichtbaren) Tattoos oder sonstigen Körperschmuck zu tragen.
53Vgl. hierzu auch VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 57; Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (121).
54Belastbare Erkenntnisse dafür, dass Letzteres auch auf den Beruf des Polizeivollzugsbeamten zutrifft, hat der Beklagte jedoch nicht aufgezeigt. Sie drängen sich auch ansonsten nicht auf. Aktuelle Umfrageergebnisse, die hierüber Auskunft geben könnten, liegen – soweit ersichtlich – nicht vor. Den im Jahr 2001 in den Ländern Niedersachsen und Rheinland-Pfalz durchgeführten Erhebungen zur Akzeptanz uniformierter Polizeivollzugsbeamter mit Körperschmuck (Haartracht, Ohrschmuck, Tätowierungen), bei denen rund 35 bzw. 51 v. H. der Befragten sichtbare Tätowierungen als „stark störend“ bzw. „nicht akzeptabel“ empfanden,
55vgl. die Hinweise bei Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (279), und Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (120, Fn. 57),
56kommt angesichts der in den letzten mehr als zehn Jahren zu verzeichnenden deutlichen Zunahme von Tätowierungen, die zugleich einen gestiegenen „Gewöhnungseffekt“ in der Bevölkerung nahelegen, eine hinreichende Aussagekraft eher nicht mehr zu. Nach allem verwundert es nicht, dass heute insoweit völlig kontroverse Positionen vertreten werden.
57Gegen die Annahme eines Eignungsmangels auch bei großflächigen (sichtbaren) Tätowierungen von Polizeivollzugsbeamten: VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14. Februar 2002 - 9 G 411/02 -, juris Rn. 8; VG Aachen, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 1 L 277/12 -, juris Rn. 7; Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (281); Muckel, Einstellung in den Polizeidienst trotz Tätowierung, JA 2013, 238.Ebenso bezüglich eines Polizeivollzugsbeamten, der sein Haar in Form eines ungefähr 15 cm über den Hemdkragen reichenden sog. Pferdeschwanzes trug: BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn.29.Kein Einstellungshindernis bei „dezenten“ Tätowierungen: VG Köln, Beschluss vom 23. August 2013 - 19 L 993/12 -, juris Rn. 12 ff; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 9. April 2014 - 1 L 150/14 – (n.v.), bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 6 B 523/14 -, juris Rn. 9; VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 67.Für einen Eignungsmangel bei großflächigen (sichtbaren) Tätowierungen: Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (120 ff.); VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 52 ff. und 68, allerdings unter Hervorhebung der Aufgaben der Bundespolizei, bestätigt durch Hess. VGH, Beschluss vom 11. Juli 2014 - 1 B 1006/14 -, juris, bislang nur als Pressemitteilung vorliegend.
58Ausgehend davon, dass insoweit kein einheitliches oder auch nur deutlich überwiegendes Meinungsbild festzustellen ist und es zudem an hinreichend belastbaren tatsächlichen Erkenntnissen hinsichtlich der Akzeptanz sichtbar tätowierter Polizeivollzugsbeamter fehlt, sind auch Zweifel daran angebracht, ob eine Ausgangssituation anzunehmen ist, in der dem Dienstherrn ein – hier mit Einstellungserlass vom 29. Mai 2013 konkretisierter – Einschätzungsspielraum dahingehend einzuräumen ist, an den Unterarmen großflächig tätowierten Bewerbern den Zugang zum Polizeivollzugsdienst zu verwehren.
59So für den „Zweifelsfall“: BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn.26.
60Letztlich kann jedoch die Frage, ob mit großflächigen Tätowierungen an den Unterarmen auftretende Polizeivollzugsbeamte auch heute noch bei weiten Kreisen der Bevölkerung auf Vorbehalte stoßen oder jedenfalls ein „Zweifelsfall“ anzunehmen ist, in dem die der (potentielle) Dienstherr von seinem Einschätzungsspielraum Gebrauch machen kann, offen bleiben. Denn die hierauf gestützte Ablehnung der Bewerbung des Klägers greift in dessen Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) ein, ohne sich auf ausreichende Gründe des Gemeinwohls stützen zu können und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Diese Reglementierung des Einstellungsverfahrens beschränkt das von Art. 2 Abs. 1 GG umfasste Recht des Klägers, über die Gestaltung der äußeren Erscheinung auch im Dienst eigenverantwortlich zu bestimmen,
61vgl. BVerwG Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 -, juris Rn.16, m.w.N.,
62über Gebühr.
63Indem der Beklagte gemäß Ziffer 1 des Einstellungserlasses das dienstliche Interesse an einem einheitlichen Erscheinungsbild der Polizeivollzugsbeamten – soweit vorliegend von Interesse – ausnahmslos an der „Sommeruniform“ ausrichtet, die das Tragen kurzärmliger Diensthemden vorsieht und somit Tätowierungen am Unterarm überhaupt erst sichtbar werden lässt, überschreitet er die Grenzen der Zumutbarkeit für die hiervon betroffenen Bewerber. Denn das Erfordernis, im Dienst Dienstkleidung zu tragen und dabei bestimmte Erscheinungsformen zu wahren, kann auch auf eine in das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers weniger einschneidende Art und Weise erreicht werden. Als milderes Mittel gegenüber der vollständigen Verweigerung des Zugangs zum Beruf des Polizeivollzugsbeamten ist der Dienstherr auf die Möglichkeit zu verweisen, dem Beamten das Tragen eines Uniformhemdes mit langem Ärmel aufzugeben.
64Ebenso VG Aachen, Urteil vom 29. November 2012 - 1 K 1518/12 -, juris Rn. 27 ff., und Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (281 f.); a.A. VG Darmstadt, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris Rn. 60, und Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116 (122).
65Die auch vom Beklagten vertretende gegenteilige Auffassung, die darauf abhebt, dass dem Dienstherrn ein letztlich unangreifbarer Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei eingeräumt sei, verkennt in dieser Allgemeinheit, dass auch die Beschränkung des Erscheinungsbildes kein Selbstzweck ist, sich vielmehr an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen muss. Die demnach gebotene Abwägung der widerstreitenden Rechtspositionen führt nach Auffassung der Kammer nicht dazu, dass sich das dienstliche Interesse an einem „uniformen“ Auftreten durchsetzt.
66Soweit der Beklagte das Erfordernis des einheitlichen Auftretens uniformierter Polizeivollzugsbeamter auf die „Sommeruniform“ erstreckt, ist ihm bereits entgegen zu halten, dass die Dienstkleidungsordnung eine derartige Uniform nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich vorschreibt oder definiert. Laut Anlage 1 der Dienstkleidungsordnung zählen zur „Grundausstattung“ des Polizeivollzugsbeamten im Außendienst „Hemden / Blusen blau wahlweise langarm / kurzarm“. Wie durch das Wort „wahlweise“ verdeutlicht wird, liegt es hiernach grundsätzlich im Ermessen des Beamten, ob er mit Blick auf bestimmte Witterungsverhältnisse von der „Erleichterung“ eines kurzärmligen Hemdes Gebrauch macht oder nicht. Bestätigt wird diese Sichtweise auch durch Anlage 2 („Kombination von Uniformteilen“) der Dienstkleidungsordnung, wonach das „Diensthemd kurz“ weder im Außen- noch im Innendienst „verpflichtend“, vielmehr lediglich in Kombination mit der Cargohose bzw. der Tuchjacke und der Uniformhose „zulässig“ ist. Dass dies auch der Praxis entspricht, hat der Terminsvertreter des Innenministeriums in der mündlichen Verhandlung bestätigt, indem er ausgeführt hat, dass es den Beamten im Rahmen des allgemeinen Streifendienstes erlaubt sei, nach ihren persönlichen Vorlieben und (Temperatur-)Empfindungen den Dienst kurz- oder langärmlig zu versehen. Hiernach besteht der Dienstherr im Allgemeinen also gerade nicht auf einem Auftreten der Beamten in einheitlicher Uniform mit kurzen Ärmeln. Ein „einheitliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit“ ist vielmehr im Sinne der Nr. 1.3 Abs. 2 Dienstkleidungsordnung auch dann sichergestellt, wenn einige der gemeinsam Dienst verrichtenden Beamten kurzärmlig und andere langärmlig Dienst verrichten. Das macht zugleich deutlich, dass durch die individuelle Auswahl einer (allgemein zugelassenen) Uniform auch aus der Sicht des Dienstherrn die Funktionsfähigkeit des Polizeivollzugsdienstes insgesamt oder bestimmter Teilbereiche grundsätzlich nicht gefährdet ist.
67Der Beklagte hat auch nicht überzeugend darlegen können, dass es in nennenswertem Umfang “besondere Lagen“ gibt, in denen zur Wahrung eines einheitlichen Auftretens der Polizeivollzugsbeamten das Tragen gerade von kurzärmligen Diensthemden durch sämtliche beteiligten Beamten – außerhalb spezieller Verwendungen wie Wachbataillon oder Polizeiorchester – zwingend notwendig ist. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob ein solches Erfordernis bei dem von ihm als einziges Beispiel angeführten Einsatz bei Public-Viewing-Veranstaltungen im Sommer tatsächlich besteht. Abgesehen davon, dass derartige Einsätze, bei denen es erfahrungsgemäß zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen kann, auch bei höheren Temperaturen eine besondere Schutzkleidung erfordern dürften, hat der Beklagte nicht aufzeigen können, dass es gerade der einheitlichen Ausstattung mit kurzärmligen Diensthemden bedarf, um auf die Zielgruppe derartiger Einsätze, also die Besucher von Public-Viewing-Veranstaltungen, einzuwirken. Bereits aus diesem Grunde vermag auch das Argument des Beklagten, ein an den Unterarmen tätowierter Polizeivollzugsbeamter könne aufgrund des Tragens langärmliger Diensthemden an besonderen Einsätzen nicht teilnehmen, sodass seine Verwendung spürbar eingeschränkt sei, nicht zu überzeugen.
68Dass ein Verzicht auf das kurzärmlige Diensthemd zu Problemen in der praktischen Umsetzung führt, ist fernliegend. Der Kläger hat wiederholt seine Bereitschaft erklärt und diese auch in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, die Uniform mit langärmligen Hemden auch dann zu tragen, wenn das bei hohen Außentemperaturen mit Unannehmlichkeiten verbunden sein sollte. Zudem hätte der Dienstherr es in der Hand, dem Kläger eine entsprechende Weisung zu erteilen.
69Ebenso VG Aachen, Urteil vom 29. November 2012 - 1 K 1518/12 -, juris Rn. 28, und Windhöfel, Die Eignung für den Polizeivollzugsdienst als rechtsstaatliches Problem, NWVBl. 2013, 276 (281).
70Dafür, dass der Dienstbetrieb durch einen Verzicht auf das Tragen kurzärmliger Diensthemden nicht in einem Umfang leidet, der dem Dienstherrn unzumutbar wäre, spricht im Übrigen dessen eigener Umgang mit bereits im aktiven Dienst stehenden Polizeivollzugsbeamten, die sich nachträglich an den Unterarmen großflächig haben tätowieren lassen. Der Beklagte hat vorgetragen, dass gegen derartige Beamte wegen Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten mit den Mitteln des Disziplinarrechts zwar vorgegangen werde, zugleich aber eingeräumt, dass auf diesem Wege nicht etwa die Entfernung aus dem Dienst betrieben, vielmehr die Lösung des Problems dadurch herbeigeführt werde, dass den Beamten aufgegeben werde, die Tätowierungen durch langärmlige Diensthemden zu bedecken. Diese Verfahrensweise macht deutlich, dass selbst der Beklagte einem einheitlichen Auftreten der Beamten gerade in kurzärmliger Uniform nur eine eher untergeordnete Bedeutung beimisst. Vor diesem Hintergrund vermag auch sein Argument nicht zu überzeugen, der Kläger könne sich auf diesen – auch von der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bestimmten – Umgang mit aktiven Beamten nicht mit Erfolg berufen, weil er im Rahmen des von dem Grundsatz der Bestenauslese bestimmten Einstellungsverfahrens Bewerber ausschließen könne, die den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht in vollem Umfang entsprächen.
71Der Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
73Das Gericht lässt die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Sie wirft hinsichtlich der Vereinbarkeit großflächiger Tätowierungen mit dem Polizeivollzugsdienst, namentlich hinsichtlich der Frage, ob einem Bewerber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zugestanden werden muss, diese mit einem langärmligen Dienstherrn zu verdecken, obergerichtlich und höchstrichterlich noch nicht geklärte Fragen auf, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung der Kammer als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sind und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung des Rechts haben.
74Beschluss
75Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.
76Gründe:
77Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 sowie Sätze 2 und 3 GKG in der bei Klageerhebung gültig gewesenen Fassung (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG).
(1) In der Niederschrift über die Verhandlung ist festzustellen,
- 1.
welche Geldentschädigung der Entschädigungsberechtigte fordert, - 2.
ob und in welcher Höhe der Entschädigungsberechtigte eine zusätzliche Geldentschädigung fordert, - 3.
ob und in welcher Höhe der Bund eine Ausgleichszahlung fordert, - 4.
ob der Entschädigungsberechtigte eine Naturalwertrente fordert.
(2) In der Niederschrift ist ferner festzustellen, welche Geldentschädigung, welche Naturalwertrente oder welche zusätzliche Geldentschädigung der Bund und welche Ausgleichszahlung der Entschädigungsberechtigte zu leisten bereit ist. Die Niederschrift ist von demjenigen zu unterschreiben, der eine solche Erklärung abgibt.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.