Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 07. Sept. 2018 - 1 M 104/18

bei uns veröffentlicht am07.09.2018

Gründe

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1. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 5. Kammer - vom 1. August 2018 ist begründet. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, führen dazu, dass der angefochtene Beschluss zu ändern und der gemäß § 123 Abs. 1 VwGO statthafte Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen ist.

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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO - wie hier - die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 1. Juni 2018 - 1 M 57/18 -, juris Rn. 4 m.w.N.).

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Zu Recht wendet die Antragsgegnerin ein, die Antragstellerin habe für die von ihr im Wege des Eilrechtsschutzes der Sache nach begehrte Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst (Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt), mit der eine Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf verbunden ist (§ 4 Abs. 1 LBG LSA, § 12 Abs. 2 PolLVO LSA), nicht den notwendigen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich nicht mit dem insoweit erforderlichen (hohen) Grad an Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Antragstellerin polizeidiensttauglich im Sinne des § 4 Nr. 3 PolLVO LSA ist.

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Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 PolLVO LSA kann in den Vorbereitungsdienst (nur) eingestellt werden, wer die Einstellungsvoraussetzungen nach § 4 PolLVO LSA und die für die Laufbahn und das Einstiegsamt vorgeschriebenen Bildungsvoraussetzungen erfüllt. Zu den Einstellungsvoraussetzungen nach § 4 PolLVO LSA gehört die Polizeidiensttauglichkeit (§ 4 Nr. 3 PolLVO LSA), d.h. die gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst (vgl. Nr. 1.2 PDV 300 „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - Ausgabe 2012 -). Das Vorliegen dieser gesundheitlichen Eignung ist eine Einstellungsvoraussetzung. Ist ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht nicht geeignet, kann er nicht in das Beamtenverhältnis berufen werden. Auch das aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Recht auf Zugang zu einem öffentlichen Amt setzt voraus, dass der Bewerber die tatbestandlichen Voraussetzungen des grundrechtsgleichen Rechts - und damit auch die Eignung für das angestrebte Amt - erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. April 2017 - 2 VR 2.17 -, juris Rn. 12).

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Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht. Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hat das Bundesverwaltungsgericht unter Änderung seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass der Dienstherr einem aktuell dienstfähigen Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen kann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris Rn. 16, und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, juris Rn. 26; OVG Bln-Bbg, Urteil vom 28. März 2018 - 4 B 19.14 -, juris Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2017 - 6 A 2111/14 -, juris Rn. 77). Dieser Prognosemaßstab gilt auch für Einstellungsbewerber, die in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf zwecks Ableistung eines Vorbereitungsdiensts, der nicht als allgemeine Ausbildungsstätte im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG zu qualifizieren ist, berufen werden wollen (vgl. OVG Bln-Bbg, Urteil vom 28. März 2018, a.a.O. Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2017, a.a.O. Rn. 81).

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Diese Grundsätze, die das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt hat, kommen im Fall der Antragstellerin indes deshalb nicht zur Anwendung, weil bereits Zweifel an ihrer gegenwärtig vorhandenen gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst bestehen. Für die zunächst erforderliche aktuelle gesundheitliche Eignung trägt der Einstellungsbewerber die materielle Beweislast; er ist mit dem Risiko der Nichterweislichkeit seiner gesundheitlichen Eignung belastet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. April 2017, a.a.O. Rn. 13; OVG Bln-Bbg, Urteil vom 28. März 2018, a.a.O. Rn. 29).

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Auf der Grundlage der gutachterlichen Einzelfallbeurteilung des Polizeiärztlichen Zentrums vom 20. Juni 2018 hat die Antragsgegnerin die gesundheitliche Eignung der Antragstellerin schlüssig in Frage gestellt. Sie hat darauf verwiesen, dass zu den Aufgaben des Polizeivollzugsdienstes auch der gegebenenfalls mehrstündige (ununterbrochene), weder im zeitlichen Umfang noch in seinem Beginn vorhersehbare Einsatz unter freiem Himmel gehört, bei dem die betreffenden Beamten einer intensiven Sonneneinstrahlung ausgesetzt sein können. Sie hat unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Literatur dargetan, dass UV-Strahlung „auf allen Ebenen der Photokarzinogese eingreift und damit ein komplettes Karzinogen darstellt“ und dass „eine kausale Rolle von UV-Strahlung in der Induktion von Hauttumoren mittlerweile weithin akzeptiert“ ist. Weiter hat sie ausgeführt, dass die Antragstellerin angesichts der operativen Entfernung eines malignen Melanoms („bösartiger schwarzer Hautkrebs“) an ihrem rechten Oberschenkel im November 2015 und des Nichtablaufs der medizinisch gebotenen Heilungsbewährungszeit (Nachbeobachtungs-, Nachsorge-, Kontrollzeit) von fünf Jahren seit der Exzision zu einem in dieser Hinsicht besonders gesundheits- bzw. rückfallgefährdeten Personenkreis zu zählen ist. In dem polizeiärztlichen Gutachten vom 20. Juni 2018 heißt es hierzu, dass erst nach Verstreichen der fünfjährigen Heilungsbewährungszeit das Risiko für ein Rezidiv mit dem der Gesamtbevölkerung vergleichbar und die Frage der Heilung der Krebserkrankung dann (neu) zu beurteilen sei.

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Diese Einschätzung wird gestützt durch die als Anlage zu § 2 der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung erlassenen „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ (AnlVersMedV), die an die Stelle der bis dahin maßgeblichen, mit ihnen inhaltlich aber weitgehend identischen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) getreten sind (vgl. BayLSG, Urteil vom 25. April 2018 - L 2 SB 199/17 -, juris Rn. 71 m.w.N.), auf die die Begutachtung vom 20. Juni 2018 Bezug nimmt. Nach § 2 Satz 2 VersMedV wird die bezeichnete Anlage auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellt und fortentwickelt. Sie ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - ebenso wie die AHP - als antizipiertes Sachverständigengutachten anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R -, juris Rn. 28 m.w.N.). Teil A Nr. 2 Buchst. h AnlVersMedV bestimmt, dass Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, beim Grad der Schädigungsfolgen (GdS) nicht zu berücksichtigen sind, dass die Notwendigkeit des Abwartens einer Heilungsbewährung jedoch eine andere Situation darstellt und dass während der Zeit dieser Heilungsbewährung ein höherer GdS gerechtfertigt ist, als er sich aus dem festgestellten Schaden ergibt. Nach Teil A Nr. 7 Buchst. b AnlVersMedV ist nach Ablauf der Heilungsbewährung auch bei gleichbleibenden Symptomen eine Neubewertung des GdS zulässig, weil der Ablauf der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellt. Teil B Nr. 1 Buchst. c AnlVersMedV sieht vor, dass nach der Behandlung bestimmter Krankheiten, zu denen vor allen bösartige Geschwulstkrankheiten gehören, eine Heilungsbewährung abzuwarten ist.Der Zeitraum des Abwartens einer Heilungsbewährung betrage in der Regel fünf Jahre, wobei maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung der Zeitpunkt sei, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden könne. Gemäß Teil B Nr. 17.13 AnlVersMedV ist nach Entfernung eines malignen Tumors der Haut in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten (Ausnahmen: z.B. Basalzellkarzinome, Bowen-Krankheit, Melanoma in situ); der GdS beträgt während dieser Zeit nach Entfernung eines Melanoms im Stadium I ([pT1 bis T2] pN0 M0) oder eines anderen Hauttumors in den Stadien (pT1 bis T2) pN0 bis N2 M0 50, in anderen Stadien 80.

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Vor diesem Hintergrund sind Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Antragstellerin für den Polizeivollzugsdienst angezeigt. Die Darlegungen der Antragsgegnerin lassen - ohne dass dem tabellarischen GdS als solchem insoweit entscheidende Bedeutung zukäme - die begründete Befürchtung zu, dass mit (längeren) vollzugspolizeilichen Einsätzen im Außendienst für die Antragstellerin, solange sie sich in der Phase der Heilungsbewährung befindet, ein erhöhtes Risiko des Wiederauftretens eines Hauttumors einhergehen würde. Der Dienstherr hätte unter diesen Umständen aus Fürsorgegründen dafür Sorge zu tragen, dass die Antragstellerin möglichst nur unter Verzicht auf solche, für sie potentiell besonders risikoreiche Einsätze verwendet wird.

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Diese Eignungszweifel hat die Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht entkräftet. Aus der Stellungnahme des sie behandelnden Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Phlebologie vom 9. Januar 2018 ergibt sich lediglich, dass sich die Narbenverhältnisse bei der Antragstellerin als reizlos dargestellt hätten, kein Anhalt für ein Rezidiv oder Metastasen bestehe und die letztmalige Laborkontrolle des Tumormarkers S100 vom Oktober 2017 unauffällig gewesen sei. Der Annahme der gesteigerten Gefahr einer erneuten Hautkrebserkrankung bei einer verstärkten Sonnenexposition wird damit nicht entgegengetreten. Auch die Ausführungen in der Beschwerdeerwiderung vom 6. September 2018 erlauben keine positive Eignungsfeststellung. Dass die Antragstellerin gegenwärtig nicht an einem malignen Melanom erkrankt, sondern insofern - nach erfolgreicher chirurgischer Tumorentfernung - „geheilt“ bzw. vollständig beschwerde- und symptomfrei ist, ist nicht geeignet, die Behauptung ihrer derzeitigen gesundheitlichen Eignung glaubhaft zu machen. Ebenso wenig hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass der Vorbehalt einer Heilungsbewährungszeit nicht auf tragfähigen medizinischen Erkenntnissen beruhe und die generalisierende Forderung eines Zeitraums von fünf Jahren in Fällen der vorliegenden Art willkürlich wäre. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Befund, dass auch Melanompatienten, die schon seit zehn Jahren krankheitsfrei seien, ein nicht unerhebliches Rezidivrisiko hätten, noch aus dem Vortrag, dass zwischen 70 bis 80 % der Rezidive bereits zum Ende des dritten Nachsorgejahrs aufträten und die Rezidivquote bei dem Patientenkreis, zu dem die Antragstellerin gehöre (Tumordicke pT2), lediglich bei 12,6 % liege. Im Übrigen räumt auch die Antragstellerin ein, dass sich mehr als 85 % der Rezidive in den ersten fünf Jahren nach der Primärtumorexzision ereigneten. Auch aus der von der Antragstellerin vorgelegten Studie, die sich auf Hautkrebserkrankungen in der kanadischen Provinz Nova Scotia bezieht, kann nicht geschlossen werden, dass das Abwarten einer notwendig typisierenden Heilungsbewährungszeit von fünf Jahren nach aktuellen wissenschaftlichen Maßstäben überholt wäre. Auf die „überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts“ bzw. das Fehlen einer solchen Wahrscheinlichkeit kommt es hier - wie erwähnt - nicht an. Desgleichen ist unerheblich, ob der körperliche und gesundheitliche Zustand der Klägerin „mit einer noch aktuell vorhandenen Erkrankung gleichzusetzen wäre.“ Auch wenn dies verneint wird, ist die Klägerin nicht ohne Weiteres als für den Polizeivollzugsdienst gesundheitlich geeignet anzusehen. Dass es an einem kausalen Zusammenhang zwischen einer zusätzlichen beruflichen UV-Belastung und der etwaigen (Neu-) Entstehung eines malignen Melanoms fehlt oder dass die Zugrundelegung eines solchen Zusammenhangs in den von der Antragsgegnerin gestellten Anforderungen aus (polizei-) medizinischer Sicht jedenfalls sachwidrig wäre - zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass diese Frage in Studien immerhin „kontrovers diskutiert“ wird -, hat die Antragstellerin nicht dargetan und auch nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Gefahr durch anderweitige geeignete Maßnahmen oder Mittel wirksam begegnet werden könnte. Ärztliche Belege dafür, dass aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls bei der Klägerin nicht von einem vergleichsweise erhöhten Risiko eines neuerlichen Hauttumors auszugehen ist, liegen gleichfalls nicht vor.

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2. Angesichts der nunmehr getroffenen Entscheidung im Beschwerdeverfahren erübrigt sich die beantragte Entscheidung über die einstweilige Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 570 Abs. 3 ZPO.

12

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

13

4. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47, 53 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG, wobei ein sechsfacher monatlicher Anwärtergrundbetrag in Höhe von 1.212.82 € (vgl. Anlage 7 zu § 51 Abs. 1 Satz 2 LBesG LSA) zugrunde zu legen war. Der sich daraus ergebende Betrag (7.276,92 €) war angesichts der mit dem Eilantrag begehrten Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache nicht zu halbieren (s. hierzu Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, NVwZ-Beilage 2013, 57).

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5. Die Entscheidung über die Bewilligung der von der Antragstellerin beantragten Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 119 Abs. 1 Satz 2, § 121 ZPO.

15

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 07. Sept. 2018 - 1 M 104/18

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 07. Sept. 2018 - 1 M 104/18

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 07. Sept. 2018 - 1 M 104/18 zitiert 19 §§.

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Gründe

1

1. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 26. April 2018, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

2

Der Beschwerde bleibt schon deshalb der Erfolg versagt, weil sie sich entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mit der tragenden Begründung des Verwaltungsgerichtes dahingehend auseinander setzt, dass der Antrag bereits rechtmissbräuchlich, mithin unzulässig sei. Dafür hätte indes Veranlassung auch deshalb bestanden, weil das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller gleichsam „ins Blaue“ hinein auf der Grundlage bloßer „Vermutungen“ seinen Eilantrag gestellt hat, es ihm - der Sache nach - letztlich um eine bloße Stellenbesetzungsblockade gehe.

3

Unabhängig davon rechtfertigen die Einwendungen des Antragstellers die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

4

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 M 1/07 -, juris [m. w. N.]).

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Zwar dürfte der Antragsteller den erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben, denn vorliegend beabsichtigt die Antragsgegnerin, alle besetzbaren 42 Planstellen zu besetzen, so dass eine streitunbefangene freie, nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG besetzbare Planstelle nicht für den Antragsteller freigehalten werden kann.

6

Der Anordnungsgrund besteht in Beförderungskonkurrentenstreitigkeiten in der Gefahr der Vereitelung des Primärrechtsschutzes durch die Besetzung der streitbefangenen Stelle(n) mit einem Konkurrenten. Deshalb führt allein die rechtmäßige exklusive Freihaltung einer weiteren Stelle für den unterlegenen Bewerber zum Wegfall des Anordnungsgrundes, da ihm dies eine hinreichend sichere Rechtsposition vermittelt und damit die Gefahr der Vereitelung des Primärrechtsschutzes beseitigt. Eine rechtmäßige Zusicherung liegt dabei nur dann vor, wenn die weitere Stelle bereits vor Abschluss des aktuellen Auswahlverfahrens verfügbar geworden ist und bereits in dieses Auswahlverfahren einbezogen worden war (siehe zum Vorstehenden: BVerwG; Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02, juris Rn. 16, 21 [m. w. N.]; BayVGH, Beschluss vom  12. September 2017 - 6 CE 17.1220 -, juris Rn. 16 - 19; VGH BW, Beschluss vom  14. Dezember 2017 - 4 S 2099/17 -, juris Rn. 5 f., 8 ff.).

7

Der Antragsteller hat indes den erforderlichen Anordnungsanspruch, d. h. nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers in dem hier streitigen Auswahlverfahren verletzt hat.

8

Beamte haben gegenüber dem Dienstherrn bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (BVerwG in ständiger Rechtsprechung, etwa, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 36.04 -, juris [m. z. N.]). Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet (so genannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. hierzu: BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2002 - 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, und Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370 [m. z. N.]).

9

Die Entscheidung über die Auswahl unter mehreren Bewerbern steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wobei das Ermessen insofern gebunden ist, als die Entscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (Art. 33 Abs. 2 GG). Der Bewerber hat dementsprechend (nur) einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, welcher dann verletzt ist, wenn die für den Bewerber nachteilige Auswahlentscheidung unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer fehlerhaften Ausübung von Ermessens- bzw. Beurteilungsspielräumen beruht (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006  - 1 M 216/06 -, Beschluss vom 14. Mai 2002 - 3 M 76/02 - [m. w. N.]). Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der Ernennungsbehörde durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der behördlichen Entscheidung darauf beschränkt sind, die Einhaltung seiner Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (siehe: OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich  erscheint (BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200).

10

Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt des Weiteren die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, NVwZ-RR 2009, 604, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007  - 2 BvR 206/07-, NVwZ 2007, 1178). Für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung kommt es dabei allein auf die Erwägungen an, die der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Eignung der Kandidaten angestellt hat. Mit dieser Entscheidung wird zugleich die Sach- und Rechtslage fixiert, die maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist. Zwar können Ermessenserwägungen sowie Einschätzungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum besteht, in entsprechender Anwendung des § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Hierzu gehört indes nicht die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Entscheidung tragenden Gründe. Derartige Erwägungen sind vielmehr unzulässig und bei der gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigungsfähig. Gegenteiliges folgt auch nicht aus § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG (i. V. m. § 1 VwVfG LSA), da die Nachholung einer Begründung hiernach bereits dokumentierte materielle Auswahlerwägungen voraussetzt (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom  25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, IÖD 2011, 2; Beschluss vom 16. Dezember 2008  - 1 WB 19.08 -, a. a. O.; zudem: OVG LSA, Beschluss vom 26. Oktober 2010  - 1 M 125/10 -, juris [m. w. N.]).

11

Hiervon ausgehend hat der Antragsteller den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da er für die zu besetzende(n) Stelle(n) ohne Rechtsfehler von dem (weiteren) Besetzungsverfahren ausgeschlossen worden ist.

12

Es kann offen bleiben, von wem der abschließende Auswahlvermerk und die Entscheidung über den Ausschluss des Antragstellers vom weiteren Auswahlverfahren letztlich zu zeichnen sind. Entgegen der Annahme der Beschwerde ist der abschließende Auswahlvermerk jedenfalls vom Behördenleiter - im konkreten Fall durch seine amtliche Vertreterin - gezeichnet und damit verantwortet worden (Bl. 1 der Beiakte B als Anlage zur Vorlage an die Personalvertretung). Bestandteil des Auswahlvermerkes vom  11. April 2018 ist dessen Anlage 1h, mit der zugleich der Vermerk vom 10. April 2018 über den Ausschluss des Antragstellers vom weiteren Auswahlverfahren inkorporiert wird.

13

Dass die Auswahlerwägungen nicht nur in einem einzigen Dokument schriftlich fixiert sind, ist zunächst rechtlich nicht zu erinnern. Denn es ist nicht erforderlich, dass sich die schriftlichen (wesentlichen) Auswahlerwägungen vollumfänglich in nur einem einzigen Schriftstück wiederfinden müssten. Vielmehr genügt es, dass - wie hier erfolgt - sich das abschließende Dokument erkennbar auf zeitlich vorangegangene schriftlich fixierte Erwägungen bezieht und sich zu eigen macht (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 16. Januar 2013 - 1 M 1/13 -, Urteil vom 9. April 2008 - 1 L 25/08 -, jeweils juris). Denn die maßgeblichen Erwägungen sind auch in einem solchen Fall insgesamt schriftlich fixiert und sind sowohl für die Bewerber als auch für die Verwaltungsgerichte ohne Weiteres eigenständig nachvollziehbar. Insbesondere bleibt erkennbar, ob die Entscheidung des Dienstherrn Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung der Bewerbungen bietet (OVG LSA, Beschluss vom 23. Juni 2016 - 1 M 95/16 -).

14

Die Einwendungen des Antragstellers zu seinem Ausschluss aus dem weiteren Auswahlverfahren tragen auch in der Sache nicht.

15

Während der Begriff der fachlichen Leistung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG auf die Arbeitsergebnisse des Beamten bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, auf Fachwissen und Fachkönnen abzielt und mit dem Begriff der Befähigung die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung umschrieben werden, erfasst der - im gegebenen Fall allein streitige - Begriff der Eignung im engeren Sinne Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften (vgl.: BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u. a. -, NJW 2004, 1935; BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147 [m. w. N.]). Die Gewichtung der einzelnen Gesichtspunkte obliegt der - gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren - Beurteilung des Dienstherrn (so BVerwG, a. a. O. [m. w. N.]; OVG LSA, Beschluss vom 22. Februar 2006 - 1 L 18/06 -, juris).

16

Dementsprechend ist der Dienstherr u. a. berechtigt, einen Beamten allein schon für die Dauer einer gegen ihn durchgeführten disziplinarischen Untersuchung und des gegebenenfalls anschließenden förmlichen Disziplinarverfahrens wegen der damit begründeten Zweifel an dessen Eignung von einer an sich möglichen Beförderung auszuschließen (vgl. etwa: BVerwG, Beschluss vom 24. September 1992 - 2 B 56.92 -, Buchholz 236.1 § 42 SG Nr. 1 [m. w. N.]). Insoweit verfügt der Dienstherr im Rahmen der gesetzlichen Bindungen über einen weiteren Beurteilungsspielraum (OVG LSA, Beschluss vom 22. Februar 2006, a. a. O.). Ein laufendes Disziplinarverfahren gegen einen Beamten „berechtigt“ den Dienstherrn lediglich, diesen von einem Beförderungs-(auswahl)verfahren auszuschließen. Dementsprechend „kann“ der Dienstherr einen mit einem laufenden Disziplinarverfahren belasteten Beamten von einem (Beförderungs-) Auswahlverfahren ausschließen, „muss“ dies jedoch nicht. Es handelt sich mithin ebenso um eine Ermessensentscheidung, wie die (weitere) Auswahlentscheidung zwischen den für das (Beförderungs-)Amt in Betracht kommenden Bewerbern. Insofern übt der Dienstherr gleichermaßen sein (Auswahl-)Ermessen in Bezug auf den der weiteren Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Bewerberkreis aus. Wird aber der Bewerberkreis nach Ermessensgesichtspunkten durch den Dienstherrn bestimmt, hat er seine den Bewerberkreis betreffenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich zu fixieren (OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 1 M 1/11 -, juris). Selbst wenn solche Erwägungen nicht im Rahmen der schriftlich fixierten Auswahlgründe niederzulegen wären, müsste sich im Hinblick auf § 114 Satz 1 VwGO jedenfalls den Verwaltungsakten zwingend entnehmen lassen, dass die Behörde erkannt hat, eine Ermessensentscheidung treffen zu können, eine solche auch getroffen hat und welche leitenden Gründe sie für diese Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat. Das vollständige Nachholen von Ermessenserwägungen ist indes - wie bereits eingangs ausgeführt - gemäß § 114 Satz 2 VwGO ausgeschlossen (OVG LSA, Beschluss vom 22. Februar 2006, a. a. O.).

17

Dies zugrunde legend genügen die im Auswahlvermerk vom 11. April 2018 inkorporierten und im Vermerk vom 10. April 2018 schriftlich fixierten Erwägungen der Antragsgegnerin - entgegen der Annahme der Beschwerde - (noch) den an die insoweit gebotenen Ermessenserwägungen zu stellenden Anforderungen.

18

Die Antragsgegnerin hat zu Beginn des Vermerkes erkennen lassen, dass sie von einem ihr obliegenden Ermessen ausgeht, indem sie darauf verweist, dass vorliegend ein Beförderungshindernis vorliegen „kann“ und insoweit „im Einzelfall“ zu prüfen ist, ob hiernach Eignungszweifel bestehen. Die nachfolgenden Erwägungen lassen nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin - dem widersprechend - gleichwohl von einer gleichsam gebundenen Entscheidung ausgegangen wäre. Die Beschwerde zeigt ebenso wenig Mängel in der Ermessensausübung schlüssig auf; insbesondere sind weder Umstände dargetan oder dahingehend erkennbar, dass die Antragsgegnerin von ihrem Ermessen zweckwidrig oder von einem falschen Sachverhalt ausgehend Gebrauch gemacht hätte. Ausweislich des Vermerkes vom 10. April 2018 hat sie sich u. a. mit dem Gewicht der disziplinarischen Vorwürfe, der Validität der Anschuldigungen sowie dem zu erwartenden zeitlichen Abschluss des Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller befasst. All dies lässt (noch) zureichend erkennen, dass die Antragsgegnerin von einer Abwägungs- und damit Ermessensentscheidung ausgegangen ist und welche sachlichen Gesichtspunkte sie hierbei zugrunde gelegt hat. Sachwidrig sind diese Erwägungen im Übrigen nicht; Gegenteiliges zeigt auch die Beschwerde nicht (schlüssig) auf. Die Ausführungen der Antragsgegnerin sind insbesondere einzelfallbezogen und nicht floskelhaft.

19

Dass die Antragsgegnerin keine weitergehenden Ausführungen dazu gemacht hat, dass aus ihrer Sicht hier kein Ausnahmefall gegeben ist, ist vorliegend unschädlich, da hierzu im konkreten Fall kein spezifischer Anlass bestanden hat. Ebenso wenig macht die Beschwerde derartige Gesichtspunkte geltend bzw. plausibel. Es ist schon regelmäßig nicht geboten, die dem Beamten zur Last gelegten Vorwürfe dem Disziplinarverfahren vorgreifend zu bewerten und auf dieser Grundlage abzuschätzen, wie das Verfahren ausgehen wird. Vielmehr ergeben sich die Eignungszweifel grundsätzlich bereits aus dem Umstand, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren überhaupt geführt wird. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, etwa dann, wenn der im Disziplinarverfahren erhobene Vorwurf eines Dienstvergehens offensichtlich unbegründet oder gar rechtsmissbräuchlich ist, besteht Anlass zu - der Niederlegung von - weiteren Ermessenserwägungen (vgl. auch: OVG NW, Beschluss vom 12. Dezember 2011  - 6 B 1213/11 -, juris Rn. 4 ff [m. w. N.]).

20

Da nach alledem nicht davon auszugehen ist, dass der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt ist, kann er vorliegend auch keine erneute Auswahlentscheidung beanspruchen.

21

Auf das weitere Beschwerdevorbringen kam es nach alledem ebenso wenig wie auf die - vom Senat nicht erbetene - Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin entscheidungserheblich an.

22

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

23

3. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Insofern war für das Beschwerdeverfahren die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr nach der Besoldungsgruppe A 10 LBesO LSA zuzüglich der allgemeinen ruhegehaltfähigen Stellenzulage nach Nr. 13. lit. b) der Vorbemerkungen der Besoldungsordnungen A und B i. V. m. der Anlage 8 (87,21 € monatlich) zu zahlenden Bezüge im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung zugrunde zu legen. Dabei geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass der Antragsteller der  8. Erfahrungsstufe (3.559,46 € monatlich) zugeordnet ist. Der sich daraus ergebende Betrag war nicht im Hinblick auf ein bloßes Neubescheidungsbegehren weiter zu reduzieren (siehe: OVG LSA, Beschlüsse vom 15. April 2014 - 1 M 31/14 und 1 M 33/14 -, juris [m. w. N.]).

24

4. Dieser Beschluss ist  unanfechtbar  (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Sind durch die Verwendung des beschafften Grundstücks zur Sicherung gegen Gefahren und Nachteile für die Nachbargrundstücke Vorkehrungen auf dem beschafften Grundstück erforderlich, so hat sie derjenige durchzuführen, der das Grundstück erwirbt (Erwerber). Sind Vorkehrungen der in Satz 1 bezeichneten Art außerhalb des beschafften Grundstücks erforderlich, so hat sie der durch die Vorkehrung Begünstigte durchzuführen, sofern nicht gesetzlich anderes bestimmt ist. Die Kosten, die aufgewandt werden müssen, um die für die Vorkehrungen notwendigen Einrichtungen durchzuführen und zu unterhalten, trägt der Erwerber unter Berücksichtigung der Vorteile, die dem Begünstigten infolge der Vorkehrung erwachsen, die Kosten der Unterhaltung jedoch nur, soweit sie über den Umfang der bestehenden Verpflichtungen zur Unterhaltung der bisherigen Anlage hinausgehen.

(2) Vorkehrungen im Sinne des Absatzes 1 sind die Anlage, Veränderung oder Verlegung von Wirtschaftswegen, Gräben, Vorflutanlagen, Einfriedigungen und ähnlichen Anlagen sowie die Errichtung von Sicherheitsvorrichtungen.

(3) Die zuständige Behörde (§ 8) bestimmt von Amts wegen oder auf Antrag des Erwerbers, des durch die Vorkehrung Begünstigten, einer Gemeinde oder eines Landkreises, welche Vorkehrungen zu treffen sind, und regelt die Unterhaltung der notwendigen Einrichtungen. Sie bestimmt weiter, in welchem Umfang der Erwerber die Kosten der Vorkehrung außerhalb des beschafften Grundstücks und der Unterhaltung der Einrichtungen zu tragen hat. Die zuständige Behörde überwacht, sofern nicht gesetzlich anderes bestimmt ist, die Durchführung der Vorkehrungen und die Unterhaltung der Einrichtungen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.10.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger aufgrund seiner Morbus Crohn-Erkrankung ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 zusteht.

Aufgrund des Antrags des 1965 geborenen Klägers vom 17.06.2011 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 21.07.2011 einen GdB von 40 aufgrund der Gesundheitsstörung „Morbus Crohn mit Fistelbildung, Einzel-GdB: 40“ fest.

Dagegen legte der Kläger am 02.08.2011 Widerspruch ein und brachte vor, er habe seit einigen Jahren auf Dauer erhebliche Probleme beim Sitzen. Den Grund hierfür habe er sich zunächst nicht erklären können. Am 19.11.2010 habe er eine Notoperation im Krankenhaus F. gehabt. Dabei sei ein Analabszess in der linken inneren Gesäßhälfte gespalten worden. Bei den weiteren Nachuntersuchungen, insbesondere bei der am 12.04.2011 durchgeführten Kernspintomografie mit Kontrastmittel, sei eine Fistel festgestellt worden, die seine Probleme beim Sitzen erkläre. Diese Fistel beginne in der linken Gesäßhälfte, gehe hufeisenförmig um das Rektum. Dabei drücke das Steißbein beim Sitzen auf die Fistel, was große Schmerzen zur Folge habe, weshalb er einen Steharbeitsplatz beantragt habe. Die Fistel gehe im weiteren Verlauf auf der rechten Darmseite 20 bis 25 cm nach oben und trete dort in den Darm ein, wo Dünn- und Dickdarm ineinander übergingen. Er trage seit der Operation im November 2010 Tag und Nacht Flockenwindeln, da Sekret aus dem Abszess und aus der Fistel (Darmflüssigkeit) austräten. Er sehe sich gezwungen, mehrmals täglich zu spülen (mit Dusche oder Bidet). Ein Verkleben bzw. eine Geruchsentwicklung wäre sehr unangenehm.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2011 zurück.

Einen Verschlimmerungsantrag vom 31.01.2012 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.02.2012 ab.

Am 17.07.2012 wurde der Kläger im Universitätsklinikum G. im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 16.07.2012 bis zum 30.07.2012 operiert. Nach dem Abschlussbericht vom 30.07.2012 erfolgte eine offene Ileozökalresektion, eine Sigmaübernähung (Sigma, Sigmoid = der S-förmige letzte Abschnitt des Dickdarms vor dem Enddarm) und Omentumplastik.

Eine Histologie der Schleimhäute des Ileum, des Coecum und des Colon ascendens ergaben einen unauffälligen Befund ohne Hinweis auf eine spezifische Entzündung.

Den Verschlimmerungsantrag vom 02.07.2012 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 08.11.2012 ab. Die Gesundheitsstörung werde nunmehr wie folgt bezeichnet:

Entzündliche Darmerkrankung (Crohn-Krankheit), mit Teilverlust des Dickdarms operierte Fistelbildung.

Vom 18.07.2013 bis zum 18.08.2013 wurde der Kläger im Rahmen einer stationären Rehamaßnahme im Reha-Zentrum B. B. behandelt. Nach deren Entlassungsbericht vom 27.08.2013 war es hinsichtlich einer postoperativen cologenen Diarrhoe und Vitamin-B12-Substitution bis zur letzten Koloskopie im Februar 2013 zu einer Remission gekommen. Der Patient befinde sich in gutem Ernährungs- und Kräftezustand (Größe: 180 cm, Gewicht: 73,3 kg). Der Morbus Crohn sei derzeit nicht aktiv. Unter Alkoholkarenz und laktose- und ballaststoffarmer leichter Vollkost habe der Kläger eine Stuhlfrequenz von zwischen drei und sechs Mal täglich protokolliert. Am Ende sei die Stuhlfrequenz auf dreimal täglich gesenkt worden. Als Diagnosen wurden angegeben: Morbus Crohn, Gallensäure- und Vitamin-B 12-Malabsorption nach Ileozökalresektion, toxischnutritiver Leberschaden und bekannte Laktoseintoleranz.

Am 19.09.2013 stellte der Kläger erneut einen Verschlimmerungsantrag. Er machte geltend, bei der Operation im Jahr 2012 sei auch die Bauhin-Klappe entfernt worden, wodurch es zu einem unkontrollierten Fluss zwischen Dünn- und Dickdarm gekommen sei. Gleichzeitig sei das Ileum gekürzt worden. Deshalb bestünden die Durchfälle konstant weiter fort. Von dem Verlust der Bauhin-Klappe habe er erst jetzt erfahren.

Mit Bescheid vom 22.10.2013 lehnte der Beklagte den Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 19.09.2013 ab.

Am 31.10.2013 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und brachte vor, dass er zusätzlich an einer sehr ausgeprägten Laktoseintoleranz leide, die seine Durchfälle verstärkten. Außerdem seien die meisten Medikamente, die es zur Stuhlunterdrückung gebe, nicht für ihn geeignet, da sie Laktose enthielten. Das einzig geeignete Medikament sei Imodium Akut Lingual. Damit könne er zwar die Darmtätigkeit einigermaßen eindämmen, jedoch leide er unter der psychischen Belastung, die damit verbunden sei, dass er ständig sich vergewissern müsse, wo die nächste Toilette sei. Trotz Einnahme dieses Medikaments könne es nämlich zu akutem unwiderstehlichen Stuhldrang kommen.

Sein Leiden sei wie folgt zu beschreiben:

* ein stark ausgeprägtes Toilettenverhalten von mindestens drei Stuhlgängen am Tag. Je nach Verzehr von Lebensmitteln, die Laktose enthielten, bis zu 15 Stuhlgänge; der Tag werde hier überwiegend auf der Toilette verbracht.

* In Zeiten eines leichten Morbus Crohn-Schubes steigere sich die Zahl der Toilettengänge. Ein schwerer Schub lege seinen Tagesablauf auf die Toilette fest.

* Erschwerend wirke sich der Verlust der Bauhin-Klappe aus, da diese zu einem unkontrollierten Fluss des Stuhles vom Dünnzum Dickdarm und umgekehrt führe.

* Alle drei vorgenannten Komponenten würden sich gegenseitig verstärken.

Der Internist und Gastroenterologe Dr. O. bescheinigte in seinem Attest vom 04.12.2013 Stuhlgang drei bis siebenmal täglich, unter kontinuierlicher Einnahme von Imodium mindestens einmal täglich. Im Übrigen bestünden ein Kurzdarmsyndrom und ein Gallensäureverlustsyndrom.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2014 als unbegründet zurück.

Am 06.05.2015 stellte der Kläger erneut einen - den hier streitgegenständlichen - Verschlimmerungsantrag. Als verschlimmerte oder neue hinzugekommene Gesundheitsstörungen wurden angegeben: Schlafstörungen, psychische Belastung (Toilettennähe), anhaltende Diarrhoe, angehender Bluthochdruck (durch Medikamente), bis zu zehnmal tägliche Toilettengänge, Fieber und Schweißausbrüche bei einem Schub. Beantragt wurde die Erhöhung des GdB auf mindestens 50 sowie die Feststellung des Merkzeichens RF.

In der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 12.05.2015 wurde der GdB unverändert bei 40 gesehen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen nur ältere Befunde vor.

Mit dem hier streitgegenständlichen „Änderungsbescheid“ vom 02.06.2015 lehnte der Beklagte den am 06.05.2015 eingegangenen Antrag nach § 48 SGB X ab. Der GdB betrage wie bisher 40.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10.06.2015 Widerspruch ein. Darin bat der Kläger um eine Erhöhung des GdB auf 50.

Die Fachärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. V. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 21.07.2015 aus, dass in der Kontroll-Koloskopie im Februar 2013 die fortbestehende Remission der Erkrankung nachgewiesen worden sei. Seitdem seien keine Basistherapie und keine erneuten Darmspiegelungen erforderlich gewesen. Anlässlich der gastroenterologischen Reha-Behandlung sei die Untersuchung des Abdomens unauffällig gewesen. Hinsichtlich der angegebenen Stuhlfrequenz von 3 bis 6 Mal täglich sei zu Recht auf den Alkohol- und Nikotinabusus (20 Zigaretten täglich) mit bekannter abführender Wirkung hingewiesen worden. Entsprechend sei es zu einer deutlichen Besserung nach Reduktion des Abusus auf Stuhlfrequenz von durchschnittlich dreimal täglich gekommen. Der Ernährungs- und Kräftezustand sei anhaltend unbeeinträchtigt (180 cm, 73,3 kg, BMI 22,8 kg/Quadratmeter, Normalgewicht). Es bestehe keine Mangelernährung, das Vitamin B12 sei bei Bedarf substituierbar. Der Gesamt-GdB liege bei 20.

Mit Schreiben vom 17.08.2015 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme des Feststellungsbescheides und Feststellung eines GdB von 20 an.

Der Allgemeinmediziner Dr. T. bestätigte in seinem Attest vom 17.09.2015, dass der Kläger angebe, in seinem Leben massiv beeinträchtigt zu sein. Er brauche täglich Imodium, ansonsten könne er sein Alltagsleben nicht mehr führen. Trotz der Einnahme von Imodium habe er eine Stuhlfrequenz von 6 bis 8 bzw. bis 10 Mal täglich, großteils auch Diarrhoen.

Der Gastroenterologe Dr. O. schrieb in seinem Attest vom 11.12.2015, dass weiterhin starke Durchfälle 3 bis 7 mal täglich vorlägen. Der Kläger berichte, dass er täglich das Medikament Loperamid einnehmen müsse, um eine etwas festere Stuhlkonsistenz zu erreichen. Außerdem bestünden Hinweise auf ein Kurzdarmsyndrom und ein Gallensäureverlustsyndrom. Letzteres hänge mit der Entfernung des Ileum zusammen, bei dem auch die Ileozökalklappe entfernt worden sei, was eine bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarmes begünstige.

Mit auf § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestütztem Bescheid vom 17.02.2016 nahm der Beklagte die Bescheide vom 22.10.2013, 28.01.2014 und 02.06.2015 mit Wirkung ab dem Tag nach Bekanntgabe dieses Rücknahmebescheides zurück, soweit festgestellt worden sei, dass der GdB 40 betrage. Der GdB betrage nunmehr 20. In der Begründung wurde ausgeführt, die Bescheide seien rechtswidrig, da sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte ergeben hätten, insbesondere habe der Reha-Abschlussbericht vom 27.08.2013, in dem die eindeutige Remission belegt gewesen sei, bereits beim Antrag auf Neufeststellung vom 16.09.2013 vorgelegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2016, zur Post gegeben am 22.03.2016, wies der Beklagte den Widerspruch vom 10.06.2015 gegen den Bescheid vom 02.06.2015 als unbegründet zurück und wies gleichzeitig darauf hin, dass der Bescheid vom 17.02.2016 gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Vorverfahrens geworden sei. In den Gründen wurde ausgeführt, dass folgende Gesundheitsstörung vorliege:

Entzündliche Darmerkrankung (Crohn-Krankheit) mit Teilverlust des Dünndarms und Teilverlust des Dickdarms, operierte Fistelbildung, Einzel-GdB: 20.

Dagegen hat der Kläger am 21.03.2016 beim Sozialgericht (SG) Augsburg Klage erhoben.

Der Kläger hat vorgebracht, im Juli 2012 sei die Darmteilentfernung erfolgt. Es liege eine deutlich erhöhte Stuhlfrequenz von 3 bis 7 Mal täglich vor mit dünner Konsistenz. Allein die Darmteilresektion bedinge einen GdB von 20. Hier kämen noch häufig rezidivierende und lang anhaltende Beschwerden hinzu, so dass der GdB höher ausfallen müsse. Ebenfalls unberücksichtigt geblieben seien die psychische Belastung und der Leberschaden.

Das SG hat mehrere Befundberichte eingeholt. Nach dem Koloskopiebericht des Dr. O. vom 21.03.2016 bestand eine Ileitis terminalis Crohn mit makroskopischen Zeichen geringer Aktivität. Im Befundbericht vom 18.05.2016 bezeichnete Dr. O. den Befund des Morbus Crohn als „weitgehend in Remission“. Der Kläger habe Stuhlgang „bis dreimal täglich“, derzeit immer wieder Durchfälle, keine Bauchschmerzen. Im Arztbrief des Dr. O. vom 06.02.2013 hieß es in der Anamnese, der Patient komme jetzt zur Kontrolluntersuchung, er habe keine Beschwerden außer ständiger Diarrhoe. Der Morbus Crohn wird als „derzeit in Vollremission“ bezeichnet.

Dann hat das SG den Internisten Dr. K. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 30.06.2016 nach ambulanter Untersuchung des Klägers folgende Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt:

Darmerkrankung (Crohn-Krankheit) mit Teilverlust des Dünndarms und des Dickdarms einschließlich der Bauhin-Klappe mit persistierenden entzündlichen Reizerscheinungen und Kurzdarmsyndrom mit operierter Fistelbildung sowie Narbenbildung im Analkanal, Analspasmus, häufige Stuhlentleerungen und zeitweisen Kontinenzstörungen bei Laktoseintoleranz und Hinweisen für eine mittelschwere Pankreasinsuffizienz.

Den GdB hat der Sachverständige seit Mai 2015 durchgehend auf 40 geschätzt. Hierfür sind folgende Überlegungen maßgebend gewesen: Die Darmteilentfernung mit Kurzdarmsyndrom aufgrund der Resektion von Teilen des endständigen Dünndarms und des aufsteigenden Dickdarms mit den damit verbundenen häufigen Stuhlentleerungen und Verwachsungsbeschwerden in Form von Krämpfen bis hin zur Verschlusssymptomatik sei mit einem Einzel-GdB von 30 in Kenntnis des noch guten Ernährungszustandes zu bewerten. Die zusätzlich bestehenden Analbeschwerden mit Sphinkterspasmus, chronischem Analekzem aufgrund der häufigen Durchfälle (durchschnittlich dreimal täglich bis in Ausnahmefällen achtmal täglich), den damit verbundenen Schmerzen aufgrund des Sphinkterspasmus und dem gleichzeitig bestehenden Hämorrhoidalleiden seien mit einem Einzel-GdB von 20 bis 30 zu bewerten. Insgesamt sei dies zu einem Gesamt-GdB von 40 zusammenzufassen, insbesondere auch hinsichtlich der sozialen und kommunikativen Beeinträchtigungen, die bereits zu einer Änderung des Lebensstils geführt hätten.

Hierbei seien noch nicht einmal die Hinweise auf eine leicht- bis mittelschwere Pankreasinsuffizienz berücksichtigt, die zusätzlich für die dünne Stuhlkonsistenz mitverantwortlich sein und bei späterer Bestätigung trotz des normalen Ernährungszustandes einen Gesamt-GdB von 50 rechtfertigen könnte.

Die Funktionsbehinderung des Hüftgelenks liege im Einzel-GdB unter 10 und habe keinen Einfluss auf den Gesamt-GdB.

Das Körpergewicht hat bei der Untersuchung durch Dr. K. 82 kg betragen.

Der Beklagte hat mittels der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 02.09.2016 eingewandt, ein Kurzdarmsyndrom liege mangels Entfernung größerer Darmabschnitte nicht vor und zwar weder nach der alten Definition (restliche Dünndarmlänge weniger als 100/150 cm bei normaler Länge des Dünndarms von ca. 3 m) noch nach der neuen Definition (Darmversagen nach ausgedehnter Resektion mit der Unfähigkeit wegen einer eingeschränkten resorptiven Fähigkeit des Darms, die Protein-, Energie-, Flüssigkeits- und Mikronährstoffbilanz mit einer konventionellen Diät aufrechtzuerhalten). Eine mittelschwere Pankreasinsuffizienz sei nicht gesichert, ebenso keine relevante toxische Polyneuropathie. Der Kläger befinde sich mit einem Gewicht von 82 kg und einer Größe von 180 cm mit einem BMI von 25,31 kg/Quadratmeter in einem sehr guten, beginnend überreichlichen Ernährungszustand und dies bei Normalkost. Außer in Bezug auf Vitamin B12, das substituiert werden müsse, gebe es keinerlei Hinweise auf eine Resorptionsstörung. Das Gewicht sei in den letzten drei Jahren vom Juli 2013 sogar um 9 kg angestiegen von damals 73,3 kg auf jetzt 82 kg. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stehe die Durchfallneigung. Von fachärztlicher Seite sei eine cologene Diarrhoe diagnostiziert worden, da nach Ileozökalresektion die vor allem im Ileum stattfindende Resorption der Gallensäuren und auch des Vitamin B12 beeinträchtigt sei. Die cologene Diarrhoe könne sehr effektiv durch einen Gallensäurebinder (Cholestyramin) behandelt werden. Dies sei im Rahmen der Rehamaßnahme auch mit großem Erfolg geschehen. Im Rahmen der jetzigen Begutachtung habe der Kläger kein Gallensäure bindendes Präparat mehr angegeben. Es sei möglich, dass die nun erneut angegebene Häufung der Durchfälle mit der fehlenden Einnahme eines entsprechenden Präparats zusammenhänge. Außerdem würden die Durchfälle durch Nikotin und Alkohol verstärkt, der Kläger rauche auch jetzt noch 20 Zigaretten pro Tag. Zum Alkoholkonsum habe er zwar nur wenig angegeben, die Sonografie zeige aber eine leichte Vergrößerung der Leber, und die Gamma-GT sei auf über das Doppelte des Normwerts erhöht gewesen.

Daher sei ein GdB von 20 sachgerecht.

Der Sachverständige Dr. K. hat dazu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17.10.2016 ausgeführt, es seien die distale Hälfte des Ileums und die Ileozökalklappe entfernt worden. Allein dies könne schwere Diarrhoe und Malabsorption induzieren, auch wenn nur kürzere Dünndarmabschnitte entfernt worden seien. Daher sei von einem funktionellen Kurzdarmsyndrom auszugehen. Eine Korrektur der Behandlung sei nicht Gegenstand der Begutachtung. Die Behandlung der der Symptomatik zugrunde liegenden übermäßigen Ausscheidung von Gallensäuren, die möglicherweise eine Verminderung der Symptomatik bringen könnte, werde zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht durchgeführt. Als weiteres Kriterium liege eine Funktionsstörung des Afterschließmuskels vor.

Auf Antrag des Klägers hat das Gericht den Internisten und Gastroenterologen Dr. H. zum Sachverständigen ernannt, der in seinem Gutachten vom 17.07.2017 eine deutliche Verschlechterung in den letzten Monaten angenommen hat. Es lägen rezidivierende krampfartige abdominelle Schmerzzustände mit konsekutivem Anstieg der Stuhlfrequenz vor. Von einer stabilen und kompletten Remission könne nicht ausgegangen werden, zumindest liege eine milde Aktivität vor. Es könne zusätzlich ein Reizdarmsyndrom angenommen werden. Dr. H. hat für die chronisch entzündliche Darmerkrankung mit persistierender Analfistel und Folgekomplikationen sowie chronischer Diarrhoe einen GdB von 60 angesetzt, für ein Reizdarmsyndrom einen GdB von 40 und für deine dauerhafte Einschränkung der analen Kontinenz einen GdB von 50. Die Laktoseintoleranz spiele für den GdB keine Rolle, da der Patient sie durch sein Ernährungsverhalten gezielt beeinflussen könne. Den Gesamt-GdB hat er seit Mai 2015 mit 60 bemessen. Ein Protokoll über die Stuhlfrequenzen vom 01.05.2017 bis zum 11.05.2017 lag bei. Das Gewicht betrage 78,5 kg bei einer Körpergröße von 177 cm, was einem BMI von 25,22 entspreche (leichtes Übergewicht).

Der Kläger arbeite im Dienstleistungssektor in München. Die Arbeitszeit betrage im Durchschnitt 8 Stunden. Die Arbeit umfasse eine überwiegend sitzende Bürotätigkeit mit Mandantenkontakt. Der Kläger teile sich das Büro mit weiteren Mitarbeitern. Mit seinem Tätigkeitsbereich sei er sehr zufrieden. Allerdings reagiere er von seiner Grunderkrankung her sehr „empfindlich“ auf die intermittierend verstärkte Stressbelastung. Aufgrund der häufigen Stuhlfrequenz und bei verstärkter Flatulenz müsse er ca. 3 bis 5 mal täglich seinen Arbeitsplatz zusätzlich verlassen, er nutze dies aber auch für eine Zigarettenpause. Er pendele täglich eine Wegstrecke von einfach 80 km mit dem Auto. Um unterwegs schnell eine Toilette aufsuchen zu können, sei er mit einem speziellen Schlüssel versorgt, mit dem er spezielle Toiletten unterwegs öffnen könne.

Dr. V. erwiderte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.09.2017, gerade die neu erhobenen Befunde bestätigten den GdB von 20. Der Kräfte- und Ernährungszustand habe sich nicht verschlechtert. Die Befunde sprächen gegen entzündliche Darmaktivitäten, der Rektalbefund zeige eine reizlose Haut, was eindeutig gegen anhaltende häufige Durchfälle oder eine Stuhlinkontinenz spreche. Die Entzündungsparameter seien nicht erhöht. Die generellen Ausführungen zum möglichen Verlauf und prognostische Erwägungen seien nicht zielführend.

In der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2017 hat der Vorsitzende die Rücknahme des Bescheides vom 17.02.2016 angeregt. Den Beklagten seien die Befunde bereits seit mehreren Jahren, jedenfalls länger als zwei Jahre, bekannt gewesen.

Daraufhin gab der Beklagte in der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 26.10.2017 folgendes Teilanerkenntnis ab: Der Beklagte sagte zu, den Bescheid vom 17.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2016 zurückzunehmen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, unter Abänderung des Bescheides vom 02.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2016 den Beklagten zu verurteilen, beim Kläger ab dem 06.05.2015 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

Das SG hat mit Urteil vom 26.10.2017 (Az. S 8 SB 116/16) die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Ein Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 21.07.2011 nach § 48 SGB X bestehe nicht, weil keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die für den Bescheid maßgeblich gewesen seien, eingetreten sei. Das Gericht hat sich der Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. K. angeschlossen. Schwere Auswirkungen des Morbus Crohn seien nicht vorhanden, weil sich auch unter Berücksichtigung des zum Kläger in der mündlichen Verhandlung mit aktuell 75 kg angegebenen Körpergewichts keine erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes zeige. Außerdem habe der Sachverständige Dr. H. Mehrfachbewertungen derselben Einschränkungen vorgenommen.

Der Kläger hat gegen das Urteil des SG, das ihm am 06.11.2017 zugestellt worden ist, am 05.12.2017 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.

Am 12.12.2017 hat der Beklagte einen Ausführungsbescheid bezüglich des Teilanerkenntnisses erlassen, mit dem er den Bescheid vom 17.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2016 zurückgenommen hat.

Zur Begründung seiner Berufung verweist der Kläger darauf, dass dem Sachverständigen Dr. H. bei der Bildung des Gesamt-GdB lediglich ein formaler Fehler unterlaufen sei, in der Sache seien seine Feststellungen jedoch zutreffend und rechtfertigten einen GdB von mindestens 50.

Das LSG hat mit Schreiben vom 15.03.2018 dem Kläger mitgeteilt, dass keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen vorgesehen seien.

Mit Schreiben vom 21.03.2018, dem Kläger zugestellt am 23.03.2018, hat das LSG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 25.04.2018 bestimmt.

Mit Schreiben vom 29.03.2018 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers um Verlegung des Termins vom 25.04.2018 gebeten und mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ein Gutachten nach § 109 SGG zu beantragen.

Auf die Aufforderung des Gerichts hin, die Verhinderung glaubhaft zu machen, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine E-Mail-Korrespondenz vorgelegt, nach der am 20.03.2018 für den 25.04.2018 ein Hilfeplangespräch vereinbart wurde, allerdings noch unter dem Vorbehalt, dass in der Woche darauf der Termin mit der betroffenen Familie abgestimmt werden müsse.

Mit Schreiben vom 09.04.2018 hat das Gericht dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dass die Terminsverlegung abgelehnt werde, da beim Prozessbevollmächtigten des Klägers kein Gerichtstermin, sondern ein frei vereinbarter Besprechungstermin bestehe, der im Übrigen zum Zeitpunkt des Zugangs der Ladung nur vorgemerkt gewesen sei, vorbehaltlich einer endgültigen Abstimmung mit der betroffenen Familie.

Mit Schreiben vom 10.04.2018 hat der Kläger die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG durch Prof. Dr. W., Direktor der Klinik G., Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, beantragt. Sein Prozessbevollmächtigter hat diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2018 wiederholt und zusätzlich auf die Amtsermittlungspflicht nach § 106 SGG gestützt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.10.2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 02.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger ab dem 06.05.2015 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 26.10.2017 die Klage abgewiesen.

Die unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide auf Feststellung eines GdB von 50 ab dem Tag der Stellung des Verschlimmerungsantrags vom 06.05.2015 bezogene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft und zulässig.

Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil sich im Zeitraum seit der Stellung des Verschlimmerungsantrags vom 06.05.2015 bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung kein GdB von 50 und damit keine wesentliche Veränderung der für die Feststellung eines GdB von 40 durch Bescheid vom 21.07.2011 maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X feststellen lässt.

Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der seit dem 01.01.2018 geltenden Fassung stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung (GdB) zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB oder gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird. Menschen mit Behinderungen sind gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können; eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 152 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).

Die gleiche Regelung wie jetzt in § 152 Abs. 1 SGB IX fand sich in § 69 der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung des SGB IX. Dabei waren mit Wirkung vom 30.12.2016 die Worte „zum Zeitpunkt der Antragstellung“ in Absatz 1 Satz 1 eingefügt worden. Der Absatz 1 Satz 2 betreffend die rückwirkende Feststellung für Zeiten vor Antragstellung war ebenfalls mit Wirkung vom 30.12.2016 eingefügt worden. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung waren Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abwichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt war.

Nach § 153 Abs. 2 SGB IX - bis 31.12.2017: § 70 Abs. 2 SGB IX in der ab 15.01.2015 geltenden Fassung (Gesetz vom 07.01.2015, BGBl. II S. 15) - wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Zwar ist von dieser Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden, indes bestimmt § 241 Abs. 5 SGB IX - wie bis zum 31.12.2017 bereits § 159 Abs. 7 SGB IX in der ab 15.01.2015 geltenden Fassung -, dass - soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX (vormals § 70 Abs. 2 SGB IX) erlassen ist - die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab 01.07.2011 (BGBl. I S. 2904) erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten. Bis zum 14.01.2015 war ein entsprechender Verweis in § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX enthalten. Durch diesen Verweis gelten entsprechend die Maßstäbe der am 01.01.2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), insbesondere die als Anlage zu

§ 2 VersMedV erlassenen „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ (VG). In den VG sind unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden. Diese sind nach den VG, Teil A, Nr. 2 auch für die Feststellung des GdB maßgebend. Bis zum 31.12.2008 waren dagegen die Anhaltspunkte für die Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (nachfolgend: Anhaltspunkte - AHP) maßgeblich, bei denen es sich nach der Rechtsprechung um antizipierte Sachverständigengutachten mit normähnlicher Wirkung handelte (aus der umfangreichen Rspr. siehe nur BSG, Urteil vom 18.09.2003 - Az. B 9 SB 3/02 R - Rdnr. 21 bei juris = BSGE 91, 205 und BSG, Urteil vom 24.04.2008 - Az. B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 9, Rdnr. 25). Die Versorgungsmedizin-Verordnung ist mit den Anhaltspunkten weitgehend inhaltlich identisch; ihr Erlass sollte nur das rechtsstaatliche Defizit beseitigen, das den Anhaltspunkten, die keine Rechtsnorm im formellen Sinne darstellten, anhaftete. Soweit sich aus den Anhaltspunkten gegenüber der Versorgungsmedizin-Verordnung keine Besonderheiten ergeben, wird daher im Folgenden ausschließlich Letztere zitiert, auch soweit Zeitabschnitte vor dem 01.01.2009 betroffen sein sollten. Das BSG verweist bezüglich der rechtlichen Beurteilung der als Anlage zur VersorgMedV erlassenen versorgungsmedizinischen Grundsätze auf seine Rechtsprechung zu den Anhaltspunkten und schreibt ihnen die gleiche rechtliche Wirkung wie den Anhaltspunkten zu (BSG, Urteil vom 17.04.2013 - Az. B 9 SB 3/12 R - Rdnr. 28).

Im vorliegenden Fall ist ein GdB lediglich für ein Funktionssystem zu bilden, nämlich für das Funktionssystem Verdauung (Teil A Nr. 2 Buchst. e VG). Andere Funktionssysteme sind nicht betroffen, insbesondere liegt die Funktionsbehinderung des Hüftgelenks im Bereich eines Einzel-GdB von unter 10 und spielt deshalb für die Bildung des Gesamt-GdB keine Rolle, wie der Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.06.2016 festgestellt hat.

Nach Teil B Nr. 10.2.2 VG sind chronische Darmstörungen (irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion) wie folgt zu bewerten:

* ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen mit einem GdB von 0 bis 10

* mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen (zum Beispiel Durchfälle, Spasmen) mit einem GdB von 20 bis 30 und

* mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes mit einem GdB von 40 bis 50.

Nach derselben Position der VG ist eine Colitis ulcerosa oder Crohn-Krankheit zu bewerten

* mit geringer Auswirkung (geringe Beschwerden, keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, selten Durchfälle) mit einem GdB von 10 bis 20,

* mit mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufiger Durchfälle) mit einem GdB von 30 bis 40

* mit schwerer Auswirkung (anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle) mit einem GdB von 50 bis 60 und

* mit schwerster Auswirkung (anhaltende oder häufig rezidivierende oder anhaltende schwere Beschwerden, schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, ausgeprägte Anämie) mit einem GdB von 70 bis 80.

Fisteln, Stenosen, postoperative Folgezustände (zum Beispiel Kurzdarmsyndrom, Stoma-Komplikationen), extraintestinale Manifestationen (zum Beispiel Arthritiden), bei Kindern auch Wachstums- und Entwicklungsstörungen, sind zusätzlich zu bewerten.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe kann ein GdB von 50 nicht anerkannt werden.

Ausschlaggebend hierfür ist der Umstand, dass eine Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes nicht vorliegt, vielmehr der Kräfte- und Ernährungszustand als gut zu bezeichnen ist. Substituiert werden muss lediglich das Vitamin B12. Ansonsten bewegte sich das Gewicht des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum im Bereich des Normal- oder sogar leichten Übergewichts, bei der Untersuchung durch Dr. K. sogar bei 82 kg - seit der letzten Untersuchung im Juli 2013 war bei Normalkost das Gewicht um 9 kg angestiegen. Bei der Untersuchung durch Dr. H. zu dessen Gutachten vom 17.07.2017 betrug das Gewicht dann noch 78,5 kg bei einer Körpergröße von 177 cm. Der Morbus Crohn ist seit Jahren inaktiv. Damit liegt keine erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes vor, die bei chronischen Darmstörungen einen GdB von 40 bis 50 oder bei Morbus Crohn wegen schwerer Auswirkung einen GdB von 50 bis 60 rechtfertigen würde.

Die GdBrelevanten Beschwerden des Klägers liegen in den persistierenden Durchfällen, die im Durchschnitt dreimal täglich, zu Spitzenzeiten bis zu siebenmal täglich, aber auch unter ausreichender Behandlung nur einmal täglich auftreten können, und teilweise mit Analspasmen und Schmerzen im Analbereich, einer leichten Inkontinenz sowie einem Analekzem verbunden sind. Die Ursachen dieser Durchfälle sind unklar. Ein Kurzdarmsyndrom im eigentlichen Sinne liegt nicht vor, und zwar nach den Ausführungen von Dr. L. in ihrer Stellungnahme vom 02.09.2016 weder nach der alten Definition (restliche Dünndarmlänge weniger als 100/150 cm bei normaler Länge des Dünndarms von ca. 3 m) noch nach der neuen Definition (Darmversagen nach ausgedehnter Resektion mit der Unfähigkeit wegen einer eingeschränkten resorptiven Fähigkeit des Darms, die Protein-, Energie-, Flüssigkeits- und Mikronährstoffbilanz mit einer konventionellen Diät aufrechtzuerhalten). Dr. K. sieht die Ursache in der Entfernung der unteren Hälfte des Ileums sowie der Bauhin-Klappe. Diskutiert wird weiter ein Gallensäureverlustsyndrom, das möglicherweise durch einen Gallensäurebinder effektiv behandelbar wäre. Ebenso kommt eine Laktoseintoleranz in Betracht, die auch diätetisch behandelbar wäre. Ebenso wird der hohe Konsum von Zigaretten sowie der - vom Kläger bestrittene, aber aufgrund der festgestellten Veränderungen der Leber vermutete - erhöhte Konsum von Alkohol als Ursache diskutiert. Eine Pankreasinsuffizienz wurde lediglich als spekulative Ursache benannt. Letztlich kommt es für die Bewertung des GdB nicht auf die Ursache und die Behandelbarkeit an, sondern auf die tatsächlichen Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger trotz der täglichen Durchfälle in der Lage ist, sowohl ein anstrengendes Berufsleben mit einer einfachen Pendelstrecke von 80 km sowie ständigen Mandantenkontakten als auch sein Familienleben zu meistern, auch wenn er sich gedanklich ständig mit der Frage, wo er die Möglichkeit hat, eine Toilette aufzusuchen, beschäftigen muss. Diese Beeinträchtigung ist sicher erheblich, sie erreicht jedoch nicht das Ausmaß, das erforderlich ist, um eine Schwerbehinderung mit einem GdB von 50 zu rechtfertigen. Wir befinden uns hier allenfalls im Bereich der mittelschweren Auswirkungen des Morbus Crohn, die in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen beispielhaft umschrieben werden mit häufig rezidivierenden oder länger anhaltenden Beschwerden, einer geringen bis mittelschweren Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes und häufigen Durchfällen. Vor dem Hintergrund, dass eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes nicht vorliegt, ist der Kläger mit dem Höchstwert von 40 für diesen Bereich hoch eingestuft. Diese hohe Einstufung ist, wenn überhaupt, dann nur wegen des gleichzeitig vorliegenden Analspasmus und Analekzems gerechtfertigt.

Dem Antrag des Klägers vom 10.04.2018, Prof. Dr. W. nach § 109 SGG als Sachverständigen zu hören, brauchte der Senat nicht nachzukommen. Der Anspruch des Klägers auf gutachterliche Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG ist bereits durch die erstinstanzliche Einholung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. vom 07.07.2017 erfüllt worden. Einem wiederholenden Antrag auf Anhörung von Ärzten muss nur unter besonderen Umständen gefolgt werden, insbesondere muss nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG in erster Instanz nicht erneut ein Gutachten in zweiter Instanz eingeholt werden, wenn nicht besondere Gründe gegeben sind (Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. A. 2017, § 109 Rdnrn. 10b und 11b). Ein besonderer Grund für die Anhörung mehrerer Ärzte kann darin liegen, dass es sich jeweils um Spezialisten handelt, wobei jeder für sein Sachgebiet Stellung nehmen soll. Sind für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig, kann aber nicht pauschal vorgebracht werden, ein Vertreter der Facharztgruppe, zu der der jetzt gewählte Gutachter gehört, verfüge über eine größere Sachkunde; vielmehr muss im Einzelfall dargetan werden, warum der neue Gutachter in dem konkreten Fall wesentliche zusätzliche Aspekte aufzeigen kann. Bei verwandten Fachrichtungen (zum Beispiel Chirurgie/Orthopädie; auch Psychotherapie/Psychosomatik) besteht in der Regel kein Grund für ein weiteres Gutachten. Im vorliegenden Fall wurde in der ersten Instanz mit Dr. H. auf Antrag des Klägers ein Gastroenterologe zum Gutachter bestellt. Der jetzt benannte Prof. Dr. W. ist Viszeralchirurg. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, inwieweit ein Viszeralchirurg wesentliche zusätzliche Aspekte über das gastroenterologische Gutachten hinaus aufzeigen kann. Vielmehr liegen die zu beurteilenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf gastroenterologischem Gebiet. Insoweit sind wesentliche neue Aspekte durch die Begutachtung durch einen Viszeralchirurg nicht zu erwarten. Es handelt sich um verwandte Fachrichtungen, vergleichbar den Fachgebieten Chirurgie und Orthopädie.

Auch von Amts wegen nach § 106 SGG brauchte der Senat kein weiteres Gutachten einzuholen. Der Sachverhalt war aufgrund der Gutachten der Sachverständigen Dr. K. und Dr. H. hinreichend geklärt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 nach dem Schwerbehindertenrecht hat.

2

Mit Bescheid vom 4.12.1998 stellte das beklagte Land bei dem 1972 geborenen Kläger wegen der Funktionsbeeinträchtigung Diabetes mellitus einen GdB von 40 fest. Auf den Änderungsantrag vom 19.11.2004 lehnte der Beklagte nach Beiziehung von Befundberichten und versorgungsärztlichen Stellungnahmen mit Bescheid vom 24.5.2005 die Feststellung eines höheren GdB ab, weil die Nephropathie sowie die Blutdruckbeschwerden des Klägers keinen Einzel-GdB und die Diabetes mellitus-Erkrankung keinen höheren GdB als 40 bedingten. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.11.2005).

3

Die auf Feststellung eines GdB von 50 gerichtete Klage ist durch Urteil des Sozialgerichts (SG) Halle vom 24.3.2006 abgewiesen worden. In den Entscheidungsgründen heißt es: Bei dem Kläger seien die Voraussetzungen für einen GdB von 50 nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) nicht erfüllt, weil es an den dort geforderten ausgeprägten Hypoglykämien bei Diabetes mellitus fehle. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung Folgewirkungen von ausgeprägten Hypoglykämien nicht benennen können und sich bei Arbeitsfähigkeit in gutem Ernährungs- und Allgemeinzustand befunden. Das Blutdruckleiden sei unter Therapie ohne Befund, Folgeerkrankungen seien nicht bekannt. Bei der im Bericht des A. Kreiskrankenhauses W. vom 7.1.2005 diagnostizierten beginnenden diabetischen Nephropathie handele es sich lediglich um eine Auswertung von Laborbefunden. Eine tatsächliche Beeinträchtigung der Nierenfunktion im Sinne der AHP könne daraus nicht gefolgert werden. Die beim Kläger bestehende Spritzenphobie könne nicht anerkannt werden, weil bei diesem die Insulingabe durch eine Insulinpumpe erfolge. Zwar seien einige Blutzuckerwerte grenzwertig, eine ständige Entgleisung der Werte lasse sich jedoch aus den Unterlagen nicht entnehmen.

4

In dem danach vom Kläger veranlassten Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) Befundberichte von Dr. S., Krankenhaus am R. GmbH in S., vom 19.12.2006 und von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. M. vom 14.5.2007 eingeholt. Mit Beschluss vom 7.8.2007 hat das LSG das Ruhen des Verfahrens angeordnet und auf Antrag des Klägers am 8.12.2010 wieder aufgenommen. Sodann hat das LSG weitere Befundberichte des Dipl.-Med. M. vom 20.2.2011 und der Fachärztin für Innere Medizin/Diabetologie W. vom 6.4.2011 beigezogen. Ferner hat das LSG eine vom Beklagten vorgelegte versorgungsärztliche Stellungnahme der Dr. W. vom 2.5.2011 zu den Akten genommen, die eine vom Kläger vorgelegte CD-ROM mit den darauf abgespeicherten Blutzuckertagebüchern (120 Seiten) ausgewertet hat. Nach einer persönlichen Befragung des Klägers im Erörterungstermin vom 13.7.2011 hat das LSG mit Urteil vom 26.4.2012 die Berufung zurückgewiesen. Seine Entscheidung hat es auf folgende Erwägungen gestützt:

5

Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt, da der festgestellte GdB von 40 im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für eine Neufeststellung nach § 48 Abs 1 SGB X rechtmäßig sei. Rechtsgrundlage für die Beurteilung des GdB seien § 69 Abs 1 und Abs 3 SGB IX sowie die Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (AnlVersMedV) vom 10.12.2008. Das zentrale Leiden des Klägers betreffe das Funktionssystem "Innere Sekretion und Stoffwechsel" und werde durch den insulinpflichtigen Diabetes mellitus geprägt. Auf der Grundlage der auch für die Zeit vor ihrem Inkrafttreten zu berücksichtigenden Zweiten Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 14.7.2010 ergebe sich bei dem Kläger ein GdB von 40. Demgegenüber setzte ein GdB von 50 mindestens vier Insulininjektionen pro Tag, ein selbstständiges Anpassen der Insulindosis sowie gravierende und erhebliche Einschnitte in der Lebensführung voraus. Insoweit sei neben dem eigentlichen Therapieaufwand durch die notwendigen Insulininjektionen und die jeweilige Dosisanpassung eine zusätzliche Wertung erforderlich, ob aufgrund eingetretener weiterer Begleitfolgen der Erkrankung gravierende Einschnitte in der Lebensführung vorlägen. Der Therapieaufwand von vier Insulininjektionen pro Tag und eine notwendige Insulinanpassung mittels einer Insulinpumpe seien für sich genommen mit einer erheblichen Teilhabeeinschränkung nicht ohne Weiteres gleichzusetzen. Vergleiche man die Teilhabebeeinträchtigungen für einen GdB von 50 bei einer Colitis ulcerosa, einer Lungenerkrankung, einer psychischen Erkrankung oder einer Herzerkrankung, die häufig auch eine teilweise oder vollständige Erwerbsunfähigkeit nach sich zögen, könne das Merkmal "gravierende und erhebliche Einschnitte in der Lebensführung" nicht ausschließlich therapiebezogen verstanden werden. Daher seien die Stoffwechsellage und die konkreten krankheitsbedingten Auswirkungen bei der Teilhabeeinschränkung zu berücksichtigen.

6

Dieses Maß der Beeinträchtigung erreiche der Kläger nicht. Es fehlten erhebliche Einschnitte, die so gravierend auf seine Lebensführung einwirkten, dass die Feststellung einer Schwerbehinderteneigenschaft gerechtfertigt werden könne. Der Kläger werde trotz des seine Lebensführung einschränkenden Therapieaufwandes nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben erheblich beeinträchtigt. Es komme zwar zu hypoglykämischen Zuständen, nicht jedoch zu einem hypoglykämischen Schock. Fremdhilfe sei bisher nicht erforderlich gewesen. Es sei eine gute, wenn auch nicht optimale Einstellung gelungen. Der Kläger sei seit Februar 2005 mit einer Insulinpumpe versorgt, mit der er die häufiger auftretenden Hypoglykämien sehr gut ausgleiche, ohne dass Bewusstseinseinschränkungen einträten. Die laut CD-ROM aus der Insulinpumpe ausgelesenen Werte lägen entsprechend den Berichten der behandelnden Ärzte weder in einem besonders niedrigen noch in einem überhöhten Bereich. Dies bestätigten auch die eigenen Angaben des Klägers in der öffentlichen Sitzung des SG vom 24.3.2006 sowie in der nichtöffentlichen Sitzung des LSG vom 13.7.2011. Danach sei es seit 2003 nicht zu schweren Hypoglykämien gekommen, der Kläger benötige vier bis fünf Insulindosen am Tag, die über die Insulinpumpe abgegeben würden. Er müsse alle drei Tage das Reservoir für die Insulinpumpe wechseln.

7

Soweit der Kläger angegeben habe, es werde ihm bei der Arbeit teilweise schwindelig, wenn er sich auf Rohrbrücken befinde oder Treppen schnell hoch und runter laufe, folge hieraus keine andere Bewertung. Solche Zustände seien zum einen nicht ungewöhnlich, zum anderen folge hieraus keine behandlungsbedürftige schwere Auswirkung des Diabetes mellitus. Dass der Kläger die Insulinpumpe ablegen und anschließend wieder neu aktivieren müsse, wenn er zB mit Freunden baden gehe, erschwere zwar die Teilhabe an dieser Freizeitmöglichkeit. Es bleibe ihm jedoch mit einem gewissen zusätzlichen zeitlichen Aufwand möglich, diese Freizeitaktivitäten ebenfalls wahrzunehmen. Die Insulinpumpe als solche habe bei dem Kläger nach der Bewertung seiner Ärzte zu einer wesentlichen Verbesserung der gesundheitlichen Situation beigetragen. Dass bei deren Handhabung während des alltäglichen Lebens gegenüber einem Zuckerkranken, der über Insulinspritzen ausgleiche, andere Schwierigkeiten aufträten, begründe keine Einschränkungen, die einen GdB von 50 bedingten. Dies gelte auch für das besondere Zeiterfordernis bei der Zubereitung von Mahlzeiten. Der Kläger sei nach eigenen Angaben während eines Drittels seiner vollschichtigen Arbeitszeit im gesamten Betriebsgelände unterwegs, ua auf Rohrbrücken und vielen Treppen. Die von ihm angegebenen Nachteile durch seine Stoffwechselerkrankung, die er auch in seinem letzten Schriftsatz vom 25.4.2012 in Form einer stichwortartigen Übersicht dargelegt habe, seien zwar einschränkend und belastend, jedoch nicht gravierend im Sinne der VersMedV. Wesentliche Folgeschäden und beachtliche Mobilitätseinschränkungen seien noch nicht eingetreten.

8

Aus den weiteren Erkrankungen folgten keine Funktionsbeeinträchtigungen, die einen GdB von mehr als 10 bedingten, sodass eine Erhöhung des Gesamt-GdB nicht in Betracht komme. Die beginnende Nephropathie begründe derzeit keine Einschränkungen, bei der Hypertonie handele es sich um eine leichte Form mit keiner oder geringer Leistungsbeeinträchtigung, die medikamentös kontrolliert werden könne.

9

Mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

10

Materiell-rechtlich habe das LSG § 69 Abs 1 und 3 SGB IX verletzt. Das LSG habe die vom Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 2.12.2010 - B 9 SB 3/09 R - aufgestellten Grundsätze missachtet, was zu einer Fehlerhaftigkeit der gesamten Entscheidung führe. Denn das LSG habe seiner Entscheidung allein die VersMedV in der ab dem 22.7.2010 geltenden Fassung (nF) zugrunde gelegt, obwohl auch die Höhe des GdB in dem Zeitraum vom 19.11.2004 bis zum 21.7.2010 streitig sei. Für diesen Zeitraum sei die vorläufige Neufassung der Nr 26.15 AHP unter Beachtung der im Urteil des BSG vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - dargelegten Grundsätze rückwirkend auf Sachverhalte anzuwenden, die vor deren Einführung durch das Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 22.9.2008 lägen (BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a SB 4/07 R -). Danach sei für die Feststellung des GdB neben der Einstellungsqualität auch der Therapieaufwand zu beurteilen, soweit er sich auf die Teilhabe des behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft nachteilig auswirke. Entsprechende Sachverhaltsermittlungen hierzu habe das LSG nicht angestellt.

11

Auf der Grundlage der durchgeführten Ermittlungen habe das LSG den GdB unzutreffend beurteilt. Die dem Bescheid vom 4.12.1998 zugrunde liegenden Funktionseinschränkungen aufgrund des Diabetes mellitus Typ I hätten sich wesentlich geändert, weil bereits der unmittelbare Therapieaufwand erheblich sei. Die instabile Blutzuckerstoffwechsellage mit häufigen stärkeren Hyper- und Hypoglykämien habe den Einsatz einer Insulinpumpentherapie erforderlich gemacht. Dies bedinge einen hohen Therapieaufwand, um eine akzeptable Stoffwechsellage zu erreichen. Gleiches gelte insbesondere für die zeitweise durchgeführte intensivierte Insulintherapie mit einem erforderlichen hohen Maß an Selbstmanagement bei der Berücksichtigung der Kohlenhydrataufnahme aufgrund der Zusammensetzung der jeweiligen Mahlzeiten unter Berücksichtigung von Fetten und Proteinen. Gerade seine hohe Disziplin und vorausschauende Planung sowie seine bewusste Lebensführung führten dazu, dass die Folgen des Diabetes mellitus ohne schwere Hypoglykämien geblieben seien. Dies könne ihm nicht zum Nachteil gereichen.

12

Völlig unberücksichtigt gelassen habe das LSG den Umstand, dass seine Bauchspeicheldrüse auf Dauer durch den Diabetes mellitus irreparabel geschädigt werde und mittlerweile ein Dawn-Phänomen vorliege, welches zwischen drei Uhr und acht Uhr morgens auftrete und eine strengere Überwachung der Insulinpumpentherapie erforderlich mache. Bei der Berücksichtigung von Mobilitätseinschränkungen stelle das LSG unrichtigerweise nur auf die Gehfähigkeit und nicht auch auf die Schwindelanfälle ab, die durch Insulinmangel, wie er bei einer Insulinpumpentherapie entstehen könne, einträten. Zudem habe das LSG die Auswirkungen des Diabetes mellitus auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft an Behinderungen, wie zB einer chronischen Darmerkrankung Colitis ulcerosa, gemessen, die mit seiner Erkrankung nicht vergleichbar seien.

13

Für die Zeit ab dem 22.7.2010 habe das LSG zwar richtigerweise Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV nF zugrunde gelegt. Das LSG missverstehe jedoch die im vorliegenden Fall einschlägige Variante der Nr 15.1, nach der der GdB 50 betrage. Diese Variante beinhalte den Therapieaufwand, der mit täglich mindestens vier Insulininjektionen angegeben werde, und die Insulindosis, die in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der jeweils folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbstständig zu variieren sei. Hier habe der Verordnungsgeber aufgrund des Therapieaufwandes von vornherein vorausgesetzt, dass gerade diese Fallgruppe mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt und der GdB mit 50 festzusetzen sei. Entgegen der Auffassung des LSG bedürfe es nicht zusätzlich noch weiterer, erheblicher Einschnitte in die Lebensführung.

14

Die Intensität der Einschnitte in die Lebensführung und der damit verbundenen nachteiligen Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sei davon abhängig, ob der Therapieaufwand aus medizinischen Gründen nach Ort, Zeit oder Art und Weise festgelegt sei, mit einem Vernachlässigen der Maßnahmen gravierende gesundheitliche Folgen einhergingen oder die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in anderen Lebensbereichen wegen des zeitlichen Umfangs der Therapie erheblich beeinträchtigt werde. Hierzu fehlten ausreichende Feststellungen insbesondere zu den therapiebedingten Einschränkungen in der Lebensführung bzw bei der Gestaltung des Tagesablaufs. Hier habe das LSG nicht berücksichtigt, dass Unterzuckerungen erhebliche Beeinträchtigungen des Kräfte- und Geisteszustandes bedingten. Gerade bei der Insulinpumpentherapie, die keine Insulindepots schaffe, leide er teilweise tagelang an diesen Beeinträchtigungen. Die somit erforderliche sorgfältige Planung des Tagesablaufs schränke ihn in seiner Mobilität im Straßenverkehr sowie bei der Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen und bei der Berufsausübung ein. Schließlich habe sich das LSG auch insoweit nicht mit der VersMedV nF ausreichend auseinandergesetzt, als außergewöhnlich schwer zu regulierende Stoffwechsellagen höhere GdB-Werte bedingen könnten. Eine solche liege aber bei ihm vor, da die Therapie eine Hypoglykämie auslösen könne.

15

Schließlich habe das LSG die psychologischen Auswirkungen seiner Erkrankung gar nicht und die Nephropathie nicht ausreichend berücksichtigt. Die insoweit erforderliche Diät mit eingeschränkter Eiweißaufnahme führe zu einer weiteren Einschränkung der Teilhabe an der Gesellschaft aufgrund einer mangelhaften Regenerationsfähigkeit der Muskulatur. Daher könne Sport nicht intensiv betrieben werden, Erholungsphasen dauerten länger und es träten schneller Erschöpfungszustände ein, was neben der Freizeitgestaltung auch die Berufsausübung beeinträchtige. Bei entsprechender Aufklärung des Therapieaufwandes und richtiger Einschätzung der Erheblichkeit der aus der Erkrankung resultierenden Einschnitte, wäre das LSG ohne Weiteres zu dem Ergebnis gelangt, dass der GdB mit mindestens 50 festzusetzen sei.

16

Das LSG habe zudem sein Recht auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) dadurch verletzt, dass es seinen zuletzt eingereichten Schriftsatz vom 25.4.2012 nicht berücksichtigt und erörtert habe. Das LSG habe ohne richterlichen Hinweis auf eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachvortrags die vorliegenden Tatsachen- und Beweisergebnisse im Zusammenhang mit dem Therapieaufwand bei der Gesamt-GdB-Bewertung gewürdigt. Die Bewertung des Therapieaufwands im Urteil des LSG stelle folglich eine Überraschungsentscheidung dar. Hätte man ihn vorab auf eine Ergänzungsbedürftigkeit im Zusammenhang mit dem erforderlichen Therapieaufwand hingewiesen, so hätte er hierzu weiteren Vortrag gebracht.

17

Auch habe das LSG seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nach § 103 SGG verletzt. Das Gericht hätte von Amts wegen ein Sachverständigengutachten darüber einholen müssen, ob sich die von ihm, dem Kläger, vorgetragenen Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 4.12.1998 zugrunde gelegen haben, tatsächlich eingetreten seien. Dies hätte ua ergeben, dass inzwischen eine erhebliche Teilhabebeeinträchtigung durch Angst vor einer Hypoglykämie vorliege, die unruhige Nächte und Schlafstörungen verursache. Ferner sei eine sorgfältigere Planung des Tagesablaufs erforderlich, die auch die Mobilität im Straßenverkehr sowie die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen betreffe. Es beständen Konzentrationsstörungen mit Auswirkungen auf die Berufsausübung. Trotz Insulinpumpentherapie sei daher eine ständige Kontrolle erforderlich.

18

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Sachsen-Anhalt vom 26.4.2012 und des SG Halle vom 24.3.2006 sowie den Bescheid des Beklagten vom 24.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm für die Zeit ab dem 19.11.2004 einen GdB von 50 festzustellen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Er trägt im Wesentlichen vor: Das LSG habe hinsichtlich des zentralen Leidens des Klägers - Diabetes mellitus - zu Recht auch für die Zeit vor dem 22.7.2010 die Zweite Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 14.7.2010, welche am 22.7.2010 in Kraft getreten sei, angewandt. Eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 69 Abs 1 und 3 SGB IX liege nicht vor. Die Bemessung des GdB bei Diabetes mellitus mit 40 sei vorliegend korrekt. Die Lebensführung im Sinne der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sei bei dem Kläger nicht erheblich beeinträchtigt. Dieser gehe einer Tätigkeit in einem großen Industriebetrieb nach und es sei ihm möglich, an Freizeitaktivitäten wie Baden teilzunehmen. Trotz eines erhöhten Maßes an Planung könne die Therapie den unterschiedlichsten Ansprüchen in Beruf und Alltag angepasst werden. Schwere hypoglykämische Entgleisungen seien bisher nicht aufgetreten. Auch sei der Auslegung der VersMedV durch das LSG zu folgen, wonach für die Feststellung eines GdB von 50 zusätzlich zum eigentlichen Therapieaufwand durch die notwendigen Insulininjektionen und Dosisanpassungen die Feststellung einer gravierenden Beeinträchtigung der Lebensführung erforderlich sei, welche beim Kläger derzeit nicht vorliege.

21

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

22

Die Revision des Klägers ist zulässig. Sie ist kraft Zulassung durch das LSG statthaft und innerhalb der gesetzlichen Fristen eingelegt und begründet worden. Die Begründung genügt den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, jedenfalls soweit der Kläger eine fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts geltend macht.

23

Die Revision ist unbegründet.

24

Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, Klage und Berufung sind zulässig. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Aufhebung des Berufungsurteils, mit dem die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt, unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 24.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2005 (§ 95 SGG) bei ihm ab dem 19.11.2004 den GdB mit 50 festzustellen. Dieses prozessuale Ziel verfolgt der Kläger zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG - zur statthaften Klageart vgl BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 SB 3/99 R - SozR 3-3870 § 3 Nr 9 S 21 f; Urteil vom 2.12.2010 - B 9 SB 3/09 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 12 RdNr 11). Die Revision ist jedoch nicht erfolgreich.

25

Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdB von 50 für die Zeit ab 19.11.2004 ist § 48 Abs 1 S 1 SGB X iVm § 69 Abs 1 und 3 SGB IX vom 19.6.2001 (BGBl I 1046) idF des Gesetzes vom 23.4.2004 (BGBl I 606; alter Fassung ) und für die Zeit ab dem 21.12.2007 idF vom 13.12.2007 (BGBl I 2904; nF).

26

Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist(eingehend hierzu für das Schwerbehindertenrecht Senatsurteil vom 12.11.1996 - 9 RVs 5/95 - BSGE 79, 223, 225 = SozR 3-1300 § 48 Nr 57). Von einer solchen ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Änderung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl BSG Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - Juris RdNr 12), während das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB bleibt (BSG Urteil vom 24.6.1998 - B 9 SB 18/97 R - Juris). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist mangels wesentlicher Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine Erhöhung des Gesamt-GdB auf 50 nicht festzustellen.

27

Nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX (in den genannten Fassungen) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs 1 S 4 SGB IX (in beiden Fassungen) die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs 1 S 5 SGB IX aF gelten die im Rahmen des § 30 Abs 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis auf die im Rahmen des § 30 Abs 1 BVG festgelegten Maßstäbe stellt § 69 SGB IX auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden iS der Nr 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesem leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der AHP ab. Gemäß § 69 Abs 1 S 5 SGB IX nF wird zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs 17 BVG erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und § 35 Abs 1 BVG (VersMedV) Bezug genommen, sodass ab 1.1.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl I 2412), die durch die Verordnungen vom 14.7.2010 (BGBl I 928) und zuletzt 11.10.2012 (BGBl I 2122) geändert worden ist, anstelle der AHP Grundlage für die Feststellung des GdB ist (vgl auch BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 16 f). Als Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (AnlVersMedV) veröffentlicht worden, in denen ua die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) iS des § 30 Abs 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind auch für die Feststellung der GdB maßgebend (vgl Teil A Nr 2 AnlVersMedV).

28

Die AHP und die zum 1.1.2009 in Kraft getretene AnlVersMedV stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar (stRspr des BSG; vgl Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 25 mwN; vgl auch zur Rechtslage nach dem Schwerbehindertengesetz: BVerfG Beschluss vom 6.3.1995 - 1 BvR 60/95 - SozR 3-3870 § 3 Nr 6 S 11 f), die nicht nur die Regelung des § 69 SGB IX konkretisieren, sondern auch den Behinderungsbegriff der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Behinderung" (deren Weiterentwicklung wurde im Mai 2001 von der Weltgesundheitsorganisation als ICF verabschiedet) als Grundlage des Bewertungssystems berücksichtigen, auch wenn dieses Klassifikationsmodell in den AHP und der AnlVersMedV bislang nicht überall konsequent umgesetzt worden ist(vgl VersMedV, Einleitung S 5, 1. Aufl 2009). Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (vgl BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 28; BSG Urteil vom 29.8.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSGE 67, 204, 208 f = SozR 3-3870 § 4 Nr 1 S 5 f; dazu auch Masuch, SozSich 2004, 314, 315; Straßfeld, SGb 2003, 613).

29

Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs 3 S 1 SGB IX (beider genannten Fassungen) nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (s § 2 Abs 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den AHP/der AnlVersMedV genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB (vgl Nr 19 Abs 1 AHP und Teil A Nr 3 Buchst a AnlVersMedV) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der AHP/AnlVersMedV feste Grade angegeben sind (vgl Nr 19 Abs 2 AHP und Teil A Nr 3 Buchst b AnlVersMedV; vgl auch BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - aaO RdNr 18).

30

Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl Urteil vom 29.11.1956 - 2 RU 121/56 - BSGE 4, 147, 149 f; Urteil vom 9.10. 1987 - 9a RVs 5/86 - BSGE 62, 209, 212 f = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - aaO RdNr 23 mwN). Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Darüber hinaus sind vom Tatsachengericht die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Rechtlicher Ausgangspunkt sind stets § 2 Abs 1, § 69 Abs 1 und 3 SGB IX(vgl BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - aaO RdNr 16 bis 21 mwN); danach sind insbesondere die Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft maßgebend.

31

Zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus - der zentralen Gesundheitsstörung des Klägers - hat der Senat bereits in mehreren Urteilen Stellung genommen. Mit Urteil vom 24.4.2008 (- B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9) hat er sich mit den Bewertungsgrundsätzen der früheren Nr 26.15 AHP (Ausgaben 1996 und 2004) befasst. Mit Urteil vom 11.12.2008 (- B 9/9a SB 4/07 R - Juris) hat er sich zu der vorläufigen Neufassung des Abschnitts Diabetes mellitus in Nr 26.15 der AHP geäußert. Mit Urteil vom 23.4.2009 (- B 9 SB 3/08 R - Juris) hat der erkennende Senat Teil B Nr 15 AnlVersMedV vom 10.12.2008 als nichtig angesehen, weil darin, wie in der vorläufigen Neufassung der AHP allein die Einstellungsqualität und - noch - nicht der die Teilhabe beeinträchtigende Therapieaufwand berücksichtigt worden war. Schließlich hat der Senat mit Urteil vom 2.12.2010 (- B 9 SB 3/09 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 12) zu Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV idF vom 14.7.2010 entschieden, dass diese Vorschrift mit § 69 SGB IX vereinbar und wirksam ist und auf sie auch in der Zeit vor ihrem Inkrafttreten zurückgegriffen werden kann(aaO RdNr 30 ff insbesondere 38). Diese Rechtsprechung hat der Senat nochmals mit Urteil vom 25.10.2012 (- B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 29 f) bestätigt.

32

Im vorliegenden Fall ist bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung iS des § 48 Abs 1 SGB X der Zeitraum ab der letztmaligen Feststellung des Gesamt-GdB mit Bescheid vom 4.12.1998 zu beurteilen. Formal betrachtet sind ab Stellung des Verschlimmerungsantrages durch den Kläger im November 2004 für die Zeit vom 1.11.2004 bis zum Ende des Jahres 2008 die AHP (Ausgaben 1996, 2004, 2005 und 2008) und für die Zeit ab dem 1.1.2009 die VersMedV idF vom 10.12.2008 heranzuziehen. Entsprechend den Urteilen des erkennenden Senats vom 23.4.2009, 2.12.2010 und 25.10.2012 (jeweils aaO) sind diese Vorschriften jedoch nicht zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus Erkrankungen geeignet. Insoweit kann entgegen der Auffassung des Klägers auf die Neufassung der Vorschrift Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV idF vom 14.7.2010 zurückgegriffen werden. Für die Zeit ab dem 22.7.2010 ist die Regelung in Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV nF zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus unmittelbar anzuwenden.

33

Die Vorschrift in Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV nF hat folgenden Inhalt, der sich zwar unmittelbar auf die Feststellung des GdS bezieht, jedoch für die Bemessung des GdB entsprechend gilt (vgl Teil A Nr 2 AnlVersMedV):

34

15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.

Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbstständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50.

Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.

35

Hierzu hat der erkennende Senat bereits im Einzelnen ausgeführt, dass diese neugefassten Beurteilungsgrundsätze den Vorgaben seiner Rechtsprechung in den Urteilen vom 24.4.2008, 11.12.2008 und 23.4.2009 (jeweils aaO) genügen und Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmungen nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen könnten, nicht ersichtlich sind (Urteil vom 2.12.2010, aaO, RdNr 26 und Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 33).

36

Soweit es die hier streitige Feststellung eines GdB von 50 betrifft, enthält Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV nF seinem Wortlaut nach drei Beurteilungskriterien: täglich mindestens vier Insulininjektionen, selbstständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung sowie eine (durch erhebliche Einschnitte) gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung. Diese Kriterien sind nach Auffassung des Senats nicht jeweils gesondert für sich genommen starr anzuwenden; vielmehr sollen sie eine sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustandes erleichtern (BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 34).

37

Insoweit ist es nicht erforderlich, dass ausnahmslos an allen Tagen eine Anzahl von vier Insulininjektionen durchgeführt wird. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass eine Bewertung des GdB, die sich ausschließlich an der Zahl der Insulininjektionen pro Tag orientiert, nicht überzeugt. Vielmehr ist der Therapieaufwand neben der Einstellungsqualität zu beurteilen (s Urteil vom 24.4.2008, aaO RdNr 40). Dazu hat der Senat ausgeführt, dass der GdB relativ niedrig anzusetzen sein wird, wenn mit geringem Therapieaufwand eine ausgeglichene Stoffwechsellage erreicht wird, und der GdB bei (in beeinträchtigender Weise) wachsendem Therapieaufwand und/oder abnehmendem Therapieerfolg (instabiler Stoffwechsellage) höher einzuschätzen sein wird (aaO). Obwohl die Begründung der Zweiten Verordnung zur Änderung der VersMedV insoweit inhaltlich keine konkrete Aussage trifft (BR-Drucks 285/10), wollte der Verordnungsgeber der Rechtsprechung des BSG erklärtermaßen folgen (s BR-Drucks 285/10 S 3). Es ist daher davon auszugehen, dass er bei der Neufassung des Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV zum 22.7.2010 die Zahl von vier Insulininjektionen am Tag nicht als absoluten Grenzwert angesehen hat (BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO RdNr 35).

38

Des Weiteren verlangt das Erfordernis einer "selbstständigen" Variation in der Insulindosis kein "ständiges" Anpassen der Dosis. Entscheidend ist die Abhängigkeit der jeweiligen Dosierung vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung. Sie kann demnach unter Umständen auch mehrfach gleich bleiben. In keinem Fall ist insoweit allein auf die Anzahl von zusätzlichen Korrekturinjektionen abzustellen (BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO RdNr 36).

39

Entgegen der Ansicht des Klägers reicht ein Erfüllen dieser beiden, auf den Therapieaufwand bezogenen Beurteilungskriterien nicht aus, um den GdB mit 50 festzustellen. Vielmehr muss die betreffende Person durch Auswirkungen des Diabetes mellitus auch insgesamt gesehen erheblich in der Lebensführung beeinträchtigt sein. Das kommt in Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV durch die Verwendung des Wortes "und" deutlich zum Ausdruck. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, dass bei einem entsprechenden Therapieaufwand immer eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vorliegt. Je nach den persönlichen Fähigkeiten und Umständen der betreffenden Person kann sich die Anzahl der Insulininjektionen und die Anpassung der Dosis nämlich unterschiedlich stark auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken. Abgesehen davon ist für die Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus auch die jeweilige Stoffwechsellage bedeutsam (vgl auch Teil B Nr 15.1 Abs 3 AnlVersMedV; allgemein dazu BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 40), die im Rahmen der Prüfung des dritten Merkmals (gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung) berücksichtigt werden kann. Die durch erhebliche Einschnitte bewirkte gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung kann mithin auf Besonderheiten der Therapie beruhen, etwa wenn ein Erkrankter aufgrund persönlicher Defizite für eine Injektion erheblich mehr Zeit benötigt, als ein anderer im Umgang mit den Injektionsutensilien versierter Mensch. Einschnitte in der Lebensführung zeigen sich daneben auch bei einem unzulänglichen Therapieerfolg, also an der Stoffwechsellage des erkrankten Menschen (BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 37).

40

Dieser Auslegung steht - wie das LSG zutreffend erkannt hat - nicht entgegen, dass es in Satz 1 im letzten Teilsatz des Abs 4 heißt: "erleiden auf Grund dieses Therapieaufwandes eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung". Diese Formulierung mag zwar sprachlich unklar erscheinen und in einem gewissen Widerspruch zu den zuvor aufgeführten drei Merkmalen stehen, sie ändert jedoch nichts an der durch § 69 SGB IX gebotenen umfassenden Betrachtung des Gesamtzustandes. Jedenfalls kann aus ihr nicht der Schluss gezogen werden, der Verordnungsgeber habe eine Mindestzahl von mit selbstständiger Dosisanpassung verbundenen Insulininjektionen für die Feststellung eines GdB von 50 ausreichen lassen wollen (vgl BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 38).

41

Diese Bestimmung des Inhalts des Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV nF hat der Senat allein aufgrund einer Auslegung des Wortlauts der Vorschrift vor dem Hintergrund seiner zitierten Rechtsprechung gewonnen (vgl BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 39). Unklarheiten, die nur mit Hilfe medizinischen oder anderweitigen Sachverstands beseitigt werden können, sind nicht ersichtlich. Aus diesem Grund ist vorliegend eine Befragung des zuständigen Sachverständigenbeirats beim BMAS nicht erforderlich.

42

Auf dieser rechtlichen Grundlage verlangt die Bewertung des GdB eine am jeweiligen Einzelfall orientierte Beurteilung, die alle die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinflussenden Umstände berücksichtigt. Gemessen an diesen Kriterien, ist das Berufungsurteil rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat danach keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50, weder allein wegen des bei ihm bestehenden Diabetes mellitus noch unter Berücksichtigung weiterer Gesundheitsstörungen.

43

Nach den Feststellungen des LSG führt der Kläger eine Insulinpumpentherapie durch mit bis zu fünf Insulininjektionen am Tag und einer ständigen Dosisanpassung. Der Kläger wird trotz des seine Lebensführung einschränkenden Therapieaufwandes nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben erheblich beeinträchtigt. Betrachtet man die therapiebedingten und auch erkrankungsbedingten Einschränkungen in der konkreten Lebensführung des Klägers, so lässt sich nach den Feststellungen des LSG eine gravierende Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (Beruf, Freizeitgestaltung) noch nicht erkennen. Trotz des Entstehens von hypoglykämischen Zuständen ist es bisher noch nie zu schweren hypoglykämischen Entgleisungen mit erforderlicher Fremdhilfe gekommen. Der Kläger gleicht die unterschiedlichen Stoffwechsellagen mit der Insulinpumpe sehr gut aus.

44

Soweit der Kläger die Feststellungen des LSG zum Therapieaufwand und zu den der Gesamt-GdB-Bewertung zugrundeliegenden gesundheitlichen Einschränkungen mit der Begründung angreift, das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es insoweit seinen zuletzt eingereichten Schriftsatz vom 25.4.2012 nicht berücksichtigt und erörtert habe, dringt er damit nicht durch. Der in §§ 62, 128 Abs 2 SGG konkretisierte Anspruch auf rechtliches Gehör(Art 103 Abs 1 GG) soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht haben äußern können (s § 128 Abs 2 SGG; vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12; BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). In diesem Rahmen besteht jedoch weder eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage, noch die Pflicht bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen; denn das Gericht kann und darf das Ergebnis der Entscheidung, die in seiner nachfolgenden Beratung erst gefunden werden soll, nicht vorwegnehmen. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern. Art 103 Abs 1 GG gebietet vielmehr lediglich dann einen Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 84, 188, 190).

45

Die Bewertung des Therapieaufwands sowie des Gesamt-GdB ist grundsätzlich eine tatrichterliche Aufgabe, die eine Auswertung der im Verfahren insgesamt vorliegenden Tatsachen und Beweise einschließt. Hierbei handelt es sich nicht um einen komplizierten tatsächlichen Umstand; der dem Kläger insgesamt bekannte Sachverhalt ist ohne juristische oder anderweitige besondere Kenntnisse zu erfassen gewesen. Insofern waren dazu Hinweise des LSG an den rechtskundig vertretenen Kläger nicht erforderlich. Auch sonst war entgegen der Darstellung des Klägers eine Sachlage, bei der er nicht damit zu rechnen brauchte, dass das LSG den Therapieaufwand im Rahmen der Feststellung des Gesamt-GdB anspricht und wertet, vor der Entscheidung des LSG nicht gegeben. Zudem musste dem Kläger schon aufgrund des Inhalts des Widerspruchsbescheides, des Urteils des SG sowie seiner persönlichen Befragungen klar sein, dass es neben dem Therapieaufwand maßgeblich auch darauf ankommt, dass er durch Auswirkungen des Diabetes mellitus insgesamt erheblich in der Lebensführung beeinträchtigt ist. Dieses Verständnis hat der Kläger durch sein Vorbringen selbst erkennen lassen, mit dem er sich bemüht hat, dem LSG eine erhebliche, gravierende Beeinträchtigung seiner Lebensführung darzulegen. Im Übrigen kommt im Berufungsurteil (s S 16 des Abdrucks) hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass das LSG den Schriftsatz des Klägers vom 25.4.2012 in Erwägung gezogen hat.

46

Entgegen der Ansicht des Klägers sind weitere detaillierte Tatsachenfeststellungen, insbesondere durch Einholung eines Gutachtens, nicht erforderlich gewesen. Soweit der Kläger rügt, das LSG hätte von Amts wegen gemäß § 103 SGG ein Sachverständigengutachten darüber einholen müssen, ob sich die von ihm vorgetragenen Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 4.12.1998 zugrunde gelegen haben, wesentlich geändert hätten, greift diese Rüge nicht durch. Denn das LSG hat den Therapieaufwand im Rahmen der beim Kläger erfolgenden Insulinpumpentherapie auf der Grundlage der vorliegenden Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte dahin gewürdigt, dass er für sich genommen die betreffenden Voraussetzungen in Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV erfüllt. Für die Beurteilung, ob beim Kläger eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensführung durch den Diabetes mellitus vorliegt, bedarf es auf der Grundlage der getroffenen medizinischen Feststellungen und der eigenen Angaben des Klägers keiner besonderen Sachkunde. Diese kann der Tatrichter ohne sachverständige Unterstützung selbst vornehmen (vgl BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 46). Das LSG hat sich ersichtlich neben den eigenen Angaben des Klägers auch auf die Einschätzungen der behandelnden Ärzte Dipl.-Med. M., Dr. S. und W. in deren beigezogenen Befundberichten gestützt. Dabei sind auch die von dem Kläger diesen gegenüber geschilderten einschränkenden Umstände (zB Schwierigkeiten bei der Insulinpumpentherapie im Falle hypoglykämischer Zustände) berücksichtigt worden. Zudem hat das LSG insbesondere die Angaben des Klägers in der öffentlichen Sitzung des SG vom 24.3.2006 sowie in der nichtöffentlichen Sitzung des LSG am 13.7.2011 gewürdigt, wonach es bei ihm nicht zu schweren Hypoglykämien gekommen ist und er entsprechende Folgewirkungen nicht benennen konnte.

47

Die benötigten vier bis fünf Insulindosen pro Tag werden über die Insulinpumpe abgegeben, deren Reservoir der Kläger alle drei Tage wechseln muss. Die von dem Beklagten ausgewertete CD-ROM mit den aufgezeichneten Insulingaben hat weder besonders niedrige noch besonders überhöhte Werte ergeben. Auch die im Nachhinein erweiterten Angaben des Klägers, es werde ihm bei der Arbeit teilweise schwindelig, wenn er sich auf Rohrbrücken befinde oder Treppen schnell hoch und runter laufe, hat das LSG in seine Feststellung miteinbezogen und keine behandlungsbedürftigen schweren Auswirkungen des Diabetes mellitus festgestellt. Dabei hat es insbesondere das erforderliche Ablegen der Insulinpumpe beim Badengehen des Klägers mit Freunden und deren anschließend erforderliche Aktivierung gewürdigt. Dadurch wird nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Wertung des LSG die Teilhabe an diesen Freizeitmöglichkeiten zwar erschwert; diese können aber dennoch wahrgenommen werden. Insgesamt hat die Insulinpumpe als solche nach der Bewertung der Ärzte des Klägers bei diesem zu einer wesentlichen Verbesserung der gesundheitlichen Situation beigetragen.

48

In diese Überlegungen hat das LSG auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 25.4.2012 angegebenen Nachteile seiner Stoffwechselerkrankung (Dawn-Phänomen) miteinbezogen und weiter festgestellt, dass diese zwar einschränkend und belastend seien, nicht jedoch gravierend im Sinne der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Hierzu hat der Kläger selbst mit seiner Revision dargelegt, dass aus diesen Umständen lediglich die Notwendigkeit einer strengeren Überwachung der Insulinpumpentherapie folge. Soweit der Kläger vorträgt, eine erhebliche Teilhabebeeinträchtigung ergebe sich auch dadurch, dass bei ihm Angst vor Hypoglykämien unruhige Nächte und Schlafstörungen auslöse, handelt es sich um erst mit der Revision vorgebrachte Umstände, die nicht vom LSG festgestellt und daher für die Revision unbeachtlich sind (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 5). Entsprechendes gilt für die erstmals mit der Revision erfolgte Angabe weiterer diabetesbedingter Beeinträchtigungen.

49

Im Übrigen setzt sich der Kläger kritisch mit der Beweiswürdigung des LSG auseinander, ohne damit eine durchgreifende Verfahrensrüge anzubringen. Er hat nicht beachtet, dass eine Verletzung des insoweit einschlägigen § 128 Abs 1 SGG grundsätzlich erst dann vorliegt, wenn das LSG gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt oder andere spezifische Beweisfehler gemacht hat.

50

Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG ist es zudem - auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens - auszuschließen, dass der GdB des Klägers in Anwendung von Teil B Nr 15.1 Abs 5 AnlVersMedV einen Wert von 50 erreicht. Nach dieser Vorschrift können außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen jeweils höhere GdB-Werte bedingen. Ausgehend von einem GdB von 40 wäre danach eine Erhöhung auf 50 theoretisch möglich. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind jedoch zweifelsfrei nicht erfüllt, da entsprechende Stoffwechsellagen bei dem Kläger vom LSG nicht festgestellt worden sind. Die bloße Möglichkeit, dass zukünftig derartige schwerwiegende Stoffwechsellagen eintreten können, genügt den Anforderungen nicht.

51

Schließlich geht die von dem Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Ansicht fehl, er dürfe wegen seines konsequenten Therapieverhaltens und seiner vernünftigen Lebensführung in Bezug auf seine Erkrankung bei der Festsetzung des GdB nicht gegenüber einem behinderten Menschen benachteiligt werden, der bei gleicher Krankheitslage wegen einer nicht so konsequent durchgeführten Therapie eine schlechtere Stoffwechsellage aufweise und dem deswegen einer höherer GdB als ihm zuerkannt werde. Dabei übersieht der Kläger, dass die Beurteilung des GdB im Schwerbehindertenrecht ausschließlich final, also orientiert an dem tatsächlich bestehenden Zustand des behinderten Menschen zu erfolgen hat, ohne dass es auf die Verursachung der dauerhaften Gesundheitsstörung ankommt (vgl Oppermann in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl 2012, § 69 SGB IX RdNr 23 mwN). Das gilt sowohl hinsichtlich unbeeinflussbarer Kausalzusammenhänge (s dazu BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 20 mwN) als auch für Vorgänge, auf die der Betroffene Einfluss nehmen kann oder die er sogar selbst zu verantworten hat. Insofern kommt es nicht darauf an, welche Folgen eine Vernachlässigung der Diabetes-Therapie bei dem Kläger haben würde (vgl BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 48).

52

Hinsichtlich der anderen beim Kläger vorliegenden Erkrankungen hat das LSG gemessen an den maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen den jeweiligen Einzel-GdB des Klägers rechtsfehlerfrei festgestellt. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG liegt bei dem Kläger eine beginnende Nephropathie ohne derzeitige Einschränkungen sowie eine leichte Form der Hypertonie ohne oder mit nur geringer Leistungsbeeinträchtigung vor, die medikamentös kontrolliert werden kann. Grundlage für die Bemessung des Einzel-GdB sind insoweit für die Zeit ab Antragstellung im November 2004 zunächst die AHP 2004, anschließend bis zum Ende des Jahres 2007 die AHP 2005, danach bis zum Ende des Jahres 2008 die AHP 2008 und für die Zeit ab dem 1.1.2009 die VersMedV (s jeweils die Einleitung). Bei Anwendung der für die GdB-Bewertung bei einer beginnenden Nephropathie ohne Einschränkungen sowie bei einer leichten Form der Hypertonie maßgeblichen Tabellen in den jeweiligen Fassungen der Nr 26.12 bzw 26.9 AHP, die zum 1.1.2009 unverändert in Teil B Nr 12.1.1 bzw Nr 9.3 AnlVersMedV übernommen worden sind, ergibt sich für Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion ebenso wie für eine leichte Form der Hypertonie ohne oder mit geringen Leistungsbeeinträchtigungen ein Einzel-GdB von 0 bis 10. Weitere mit einem Einzel-GdB festzustellende Gesundheitsstörungen, insbesondere hinsichtlich der Bauspeicheldrüse oder des Dawn-Phänomens, hat das LSG nicht festgestellt, weil hierzu weder vom Kläger noch von den behandelnden Ärzten Befunde oder funktionale Einschränkungen mitgeteilt worden sind.

53

Den Gesamt-GdB hat das LSG rechtsfehlerfrei mit 40 festgestellt. Dabei ist es nach Nr 18 und 19 der jeweiligen Fassungen der AHP, die in Teil A Nr 2. und 3. AnlVersMedV unverändert übernommen worden sind, von der Funktionsbeeinträchtigung ausgegangen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und hat dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen geprüft, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen von Ausnahmefällen abgesehen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Dies ist nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des LSG bei dem Kläger der Fall, weil danach die neben dem mit 40 zu bewertenden Diabetes mellitus bestehenden Erkrankungen der beginnenden Nephropathie und der leichten Form der Hypertonie jeweils nur mit einem Einzel-GdB von 0 bis 10 zu bewerten sind.

54

Bei der Prüfung eines Gesamt-GdB von 50 verbietet sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht ein Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern. Vielmehr sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der GdB-Tabelle der AHP/AnlVersMedV feste Grade angegeben sind (vgl Nr 19 Abs 2 AHP und Teil A Nr 3 Buchst b AnlVersMedV; auch BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 18). Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die beim Kläger bestehenden Erkrankungen nach den Feststellungen des LSG insgesamt noch nicht mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen eine Schwerbehinderung mit einem Gesamt-GdB von 50 begründen.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.

(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.