Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Nov. 2014 - 2 L 39/13

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:1124.2L39.13.0A
bei uns veröffentlicht am24.11.2014

Gründe

I.

1

Die Klägerin betreibt eine Schweinezuchtanlage in der Gemarkung C.. Mit Bescheid vom 04.05.2006 wurde ihr für die Anlage eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG erteilt. Im Jahr 2009 stellte sich heraus, dass die tatsächlich errichteten Gebäude erheblich von den im Bescheid vom 04.05.2006 genehmigten Bauten abwichen. Mit bauaufsichtlicher Verfügung vom 07.02.2011 ordnete der Beklagte daraufhin gegenüber der Klägerin u.a. an, dass die Nutzung des Futterhauses (Nr. 1.2) und der offenen Bergehalle (Nr. 1.3) sofort nach Zustellung dieser Verfügung einzustellen sei. Darüber hinaus drohte der Beklagte für den Fall, dass die Klägerin den einzelnen Anordnungen der Verfügung nicht nachkomme, ein Zwangsgeld von je 40.000,00 € an. Mit Bescheid vom 22.02.2011 (GA Bl. 20) ordnete er die sofortige Vollziehung der Verfügung vom 07.02.2011 an. Bei einer Kontrolle am 29.03.2011 stellte der Beklagte u.a. fest, dass die Nutzung des Futterhauses und der Bergehalle entgegen den Anordnungen unter Nr. 1.2 und 1.3 der Verfügung vom 07.02.2011 nicht eingestellt worden war. Mit Festsetzungsverfügung vom 01.06.2011 setzte er zur Durchsetzung dieser Anordnungen ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 40.000,00 € gegen die Klägerin fest. Zugleich drohte er für den Fall, dass die Klägerin den Anordnungen bis zum 14.06.2011 nicht nachkomme, ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von jeweils 60.000,00 € an.

2

Am 27.06.2011 hat die Klägerin gegen die Festsetzungsverfügung des Beklagten vom 01.06.2011 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben. Mit Baugenehmigung vom 10.01.2013 (GA Bl. 98) hat der Beklagte die abweichende Bauausführung von Anlagenteilen der Tierhaltungsanlage der Klägerin nachträglich genehmigt. Die Baugenehmigung wurde unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass eine bestandskräftige Genehmigung der zuständigen Behörde über die ordnungsgemäße Ausbringung der Gülle vorgelegt wird.

3

Mit Urteil vom 18.01.2013 – 4 A 168/11 MD – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Festsetzungsverfügung des Beklagten vom 01.06.2011 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die zu vollstreckende Grundverfügung sei bestandskräftig, da die Klägerin gegen den Bescheid vom 07.02.2011 keinen Rechtsbehelf eingelegt habe. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieser Grundverfügung seien nicht ersichtlich. Der Bescheid sei hinsichtlich der sich aus ihm ergebenden Pflichten und der Androhung des Zwangsgeldes hinreichend bestimmt. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Frist für die Einstellung der Nutzungen mit "sofort" zu unbestimmt sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob es im Hinblick auf die von ihr betriebene Schweinemastanlage bei einer geordneten Abwicklung des Betriebes einer Übergangsfrist bedurft hätte, denn das Fehlen einer derartigen Frist könne nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Rechtswidrigkeit der Grundverfügung führen. Auf die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung komme es aber für die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung nicht an. Die Klägerin habe die ihr angedrohten Zwangsgelder in zwei Fällen verwirkt, indem sie die ihr in den Nr. 1.2 und 1.3 auferlegten Pflichten aus der Verfügung vom 07.02.2011 nicht beachtet habe. Bedenken gegen die Höhe des Zwangsgeldes bestünden nicht. Der Zwangsgeldfestsetzung stehe auch nicht die erteilte Baugenehmigung entgegen. Da diese unter einer aufschiebenden Bedingung ergangen sei, liege noch keine Beendigung der ungenehmigten Nutzung vor, auf deren Verhinderung die zwangsgeldbewehrte Nutzungsuntersagung abziele. Darüber hinaus könne ein Zwangsgeld für einen Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot auch dann noch festgesetzt werden, wenn ein weiterer Verstoß hiergegen nicht mehr möglich sei. Entscheidend sei allein, dass der Verstoß nach der Anordnung und während der Zeit, in der die vollziehbare Ordnungsverfügung noch gegolten habe, erfolgt sei. So liege der Fall hier. Die Zwangsgeldfestsetzung sei auch nicht wegen der dem Beklagten zuzurechnenden Verzögerungen bei der Erteilung der Baugenehmigung bzw. wegen der unmittelbar bevorstehenden Erteilung dieser Genehmigung treuwidrig. Zumindest zum Zeitpunkt der Zwangsgeldfestsetzung am 01.06.2011 habe die Erteilung der Baugenehmigung nicht unmittelbar bevor gestanden, da zwischen den Beteiligten streitig gewesen sei, ob es dazu noch der Vorlage weiterer Unterlagen durch die Klägerin bedürfe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte die Ausreichung der Baugenehmigung bewusst verzögert habe, um die Festsetzung von Zwangsgeldern zu ermöglichen. Ob der Beklagte zu Recht wiederholt Nachforderungen zum Bauantrag gestellt habe, bedürfe keiner Überprüfung.

4

Am 07.02.2013 hat die Klägerin gegen die aufschiebende Bedingung in der Baugenehmigung vom 10.01.2013 Klage zum Verwaltungsgericht – 4 A 62/13 MD – erhoben (GA Bl. 197). Am 12.02.2013 hat sie das festgesetzte Zwangsgeld in Höhe von 80.000,00 € auf Grund einer Zahlungsaufforderung des Beklagten vom 29.01.2013 gezahlt (GA Bl. 246). Mit Bescheid vom 30.08.2013 (GA Bl. 234) hat der Beklagte die Baugenehmigung vom 10.01.2013 ergänzt und unter Nr. 3 bestätigt, dass die aufschiebende Bedingung erfüllt sei.

II.

5

A. Im vorliegenden Verfahren ist – entgegen der Ansicht des Beklagten – kein gesetzlicher Parteiwechsel auf der Beklagtenseite eingetreten. Zwar trat am 01.09.2013 die Neufassung des § 59 Abs. 2 BauO LSA in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und zur Regelung der Zuständigkeiten für die Marktüberwachung vom 26.06.2013 (GVBl. S. 356) in Kraft mit der Folge, dass die bislang auf der Grundlage des § 59 Abs. 2 BauO LSA a.F. bestehende Zuständigkeit des Beklagten zur Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörde im Hinblick auf die von der Klägerin betriebene Tierhaltungsanlage wegfiel und auf den Altmarkkreis S überging. Dies führt im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zu einem Wechsel des Beklagten, da eine Anfechtungsklage auch nach einem Zuständigkeitswechsel weiter gegen die Körperschaft bzw. Behörde gerichtet bleibt, die ursprünglich (richtig) verklagt worden war (VG Dessau, Urt. v. 23.01.2003 – 4 A 7/02 –, Juris RdNr. 35; Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 78 RdNr. 61). Das ist im vorliegenden Verfahren der Beklagte.

6

B. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

7

I. Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 –, Juris RdNr. 15). Das ist vorliegend nicht der Fall.

8

1. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Zwangsgeldfestsetzung vom 01.06.2011 sei deshalb rechtswidrig, weil die Voraussetzungen der Vollstreckung nicht vorgelegen hätten, da die Grundverfügung vom 07.02.2011 mit der Anordnung, die Nutzung des Futterhauses und der offenen Bergehalle sei "sofort" einzustellen, in zeitlicher Hinsicht zu unbestimmt gewesen sei, denn der Betroffene habe nicht erkennen könne, ab wann mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen sei. Der Klägerin ist zwar darin zu folgen, dass die Verwaltungsvollstreckung nach § 53 Abs. 1 SOG LSA nur auf der Grundlage eines inhaltlich hinreichend bestimmten – vollstreckungsfähigen – Verwaltungsakts möglich ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Bestimmtheitsmangel zur Nichtigkeit oder "nur" zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führt (vgl. VGH BW, Urt. v. 10.01.2013 – 8 S 2919/11 –, Juris RdNr. 22). Zu Unrecht geht die Klägerin aber davon aus, dass die Anordnung, die Nutzung des Futterhauses und der offenen Bergehalle sei "sofort" nach Zustellung der Verfügung vom 07.02.2011 einzustellen, in zeitlicher Hinsicht zu unbestimmt sei. Für die Klägerin war vielmehr ohne weiteres ersichtlich, dass das Nutzungsverbot unmittelbar mit Zustellung der Verfügung vom 07.02.2011 – eben "sofort" – wirksam werden sollten, die Klägerin also mit Zustellung der Verfügung nicht mehr berechtigt war, das Futterhaus und die offene Bergehalle zu nutzen. Es war auch nicht unklar, ab wann sie mit einer Vollstreckung zu rechnen hatte. Vor dem Hintergrund des § 53 Abs. 1 SOG LSA war dies ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom 22.02.2011, mit dem die sofortige Vollziehung angeordnet wurde, bzw. mit Eintritt der Bestandskraft der Verfügung vom 07.02.2011 der Fall. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass in der Rechtsprechung die Anordnung, einer Handlungspflicht sei "unverzüglich" nachzukommen, als zu unbestimmt beurteilt worden ist (vgl. VG Wiesbaden, Urt. v. 01.09.2008 – 7 K 576/08.WI –, Juris RdNr. 10; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 09.01.2012 – 16 L 1319/11 –, Juris RdNr. 30), vermag dies nicht zu überzeugen. Zunächst enthält die Aufforderung, etwas "unverzüglich" zu tun, wegen der Legaldefinition des Begriffs in § 121 BGB als "ohne schuldhaftes Zögern" ein Verschuldenselement, welches dem Begriff "sofort" nicht zukommt. Vor allem beziehen sich die von der Klägerin angeführten Entscheidungen auf Handlungspflichten, während es im vorliegenden Fall um eine Unterlassungspflicht geht. Insoweit hat der Gesetzgeber in § 59 Abs. 1 Satz 3 SOG LSA ausdrücklich geregelt, dass bei der Erzwingung einer Unterlassung eine Frist nicht bestimmt zu werden braucht. Dementsprechend ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Behörde – wie hier – anordnet, dass eine Unterlassungspflicht "sofort" beachtet werden muss. Unklarheiten ergeben sich hieraus nicht.

9

Nicht zum Erfolg führt der Hinweis der Klägerin auf die in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, eine Fristsetzung auf "sofort" dürfe nur erfolgen, wenn die sofortige Durchsetzung der Grundverfügung zur Gefahrenabwehr unabweisbar notwendig sei (vgl. VGH BW, Beschl. v. 08.05.2009 – 11 S 1013/09 –, Juris RdNr. 7, OVG BB, Beschl. v. 11.09.2014 – OVG 10 S 8.13 –, Juris RdNr. 5). Eine entgegen diesen Anforderungen angeordnete "sofort" wirksame Unterlassungspflicht führt allein dazu, dass die Angemessenheit und Zumutbarkeit der Frist fraglich sind. Dies berührt jedoch nur die für die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung nicht relevante (vgl. OVG NW, Beschl. v. 19.12.2012 – 12 B 1339/12 –, Juris RdNr. 3) Rechtmäßigkeit der Grundverfügung, nicht aber deren Bestimmtheit.

10

2. Zu Unrecht macht die Klägerin sinngemäß geltend, die mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.06.2011 vorgenommene Zwangsgeldfestsetzung sei durch die Erteilung der Baugenehmigung vom 10.01.2013, spätestens jedoch mit der in dem Bescheid vom 30.08.2013 enthaltenen Bestätigung der Erfüllung der aufschiebenden Bedingung rechtswidrig geworden, da hiermit die formelle Illegalität der untersagten Nutzungen beendet worden sei und weitere Verstöße gegen die in der Verfügung vom 07.02.2011 enthaltenen Unterlassungspflichten nicht mehr drohten.

11

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldfestsetzung nach §§ 54, 56 SOG LSA ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 23.04.2009 – 11 ME 478/08 –, Juris RdNr. 30; HessVGH, Urt. v. 29.11.2013 – 6 A 2210/12 –, Juris RdNr. 22 zum jeweiligen Landesrecht; a.A. zu § 74 Abs. 2 Satz 2 AuslG§ 63 abs. 2 und 3 aufenthg> BVerwG, Urt. v. 14.03.2006 – BVerwG 1 C 11.05 –, Juris RdNr. 9; dem folgend: OVG NW, Urt. v. 09.02.2012 – 5 A 2152/10 –, Juris RdNr. 29; SächsOVG, Urt. v. 16.04.2013 – 4 A 265/12 –, Juris RdNr. 27 und Beschl. v. 05.08.2014 – 3 B 477/13 –, Juris RdNr. 4, für das jeweilige Landesrecht). Soweit – wie hier – kein Widerspruchsverfahren stattfindet, ist der Zeitpunkt des Erlasses des Festsetzungsbescheides maßgeblich. Der für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsakts maßgebliche Zeitpunkt beurteilt sich nach dem materiellen Recht (BVerwG, Urt. v. 31.03.2004 – BVerwG 8 C 5.03 –, Juris RdNr. 35), wobei dies bei der Anfechtungsklage im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2006 – BVerwG 5 B 90.05 -, Juris RdNr. 6). Hiervon kann abweichend ein anderer Zeitpunkt entscheidend sein, wenn das jeweils anzuwendende materielle Recht den Zeitpunkt ausdrücklich vorgibt, Besonderheiten dies rechtfertigen oder eine Auslegung der einschlägigen Normen die Anwendung eines abweichenden Zeitpunkts als sachgerecht erscheinen lässt (HessVGH, Urt. v. 29.11.2013 – 6 A 2210/12 – a.a.O.). In Anwendung dieser Grundsätze ist bei der gerichtlichen Überprüfung einer Zwangsgeldfestsetzung auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Dies folgt aus § 54 Abs. 3 SOG LSA, wonach Zwangsmittel auch neben einer Strafe oder Geldbuße angewandt und solange wiederholt und gewechselt werden können, bis der Verwaltungsakt befolgt worden ist oder sich auf andere Weise erledigt hat. Hiermit kommt zum Ausdruck, dass die Anwendung, Wiederholung oder Auswechslung von Zwangsmitteln, wozu auch die Festsetzung eines Zwangsgeldes gehört, rechtmäßig ist, solange der Zweck der Verwaltungszwangs noch nicht erreicht, also eine Befolgung oder Erledigung des durchzusetzenden Verwaltungsakts noch nicht eingetreten ist. Auf die nachfolgende Entwicklung kommt es insoweit nicht an. Dieser kann nach der Festsetzung eines Zwangsgeldes im Rahmen der Beitreibung Rechnung getragen werden.

12

Nach diesen Grundsätzen ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Festsetzungsverfügung vom 01.06.2011 maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen des Verwaltungszwangs und der Festsetzung eines Zwangsgeldes vor. Insbesondere hatte die Klägerin gegen die sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungen unter Nr. 1.2 und Nr. 1.3 der bauaufsichtlichen Verfügung vom 07.02.2011 verstoßen, indem sie die Nutzung des Futterhauses und der offenen Bergehalle trotz Untersagung nicht einstellte. Im Zeitpunkt der Festsetzung des Zwangsgeldes waren die Anordnungen unter Nr. 1.2 und Nr. 1.3 der bauaufsichtlichen Verfügung vom 07.02.2011 auch nicht im Sinne des § 54 Abs. 3 SOG LSA befolgt worden. Die Verfügung hatte sich in diesem Zeitpunkt auch nicht auf andere Weise erledigt. Die Erteilung der Baugenehmigung vom 10.01.2013 sowie der Erlass des Bescheides vom 30.08.2013 erfolgten erst nach dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung maßgeblichen Zeitpunkt. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 01.06.2011 waren weitere Verstöße gegen die in der Verfügung vom 07.02.2011 enthaltenen Nutzungsuntersagungen möglich. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob bei der Vollstreckung von Untersagungsverfügungen die Festsetzung eines Zwangsgeldes nicht mehr erfolgen darf, wenn kein weiterer Verstoß mehr zu erwarten ist (vgl. einerseits NdsOVG, Beschl. v. 23.04.2009 – 11 ME 478/08 – a.a.O. RdNr. 42 ff. und andererseits OVG LSA, Urt. v. 13.03.1996 – 2 L 60/95 –, Juris RdNr. 27 ff. sowie OVG NW, Urt. v. 09.02.2012 – 5 A 2152/10 – a.a.O. RdNr. 25 ff.).

13

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Beitreibung des Zwangsgeldes nicht gegen Rechtsvorschriften verstieß. Gemäß § 56 Abs. 3 Satz 2 SOG LSA unterbleibt die Beitreibung, sobald die betroffene Person die gebotene Handlung ausführt oder die zu duldende Maßnahme gestattet. Der Wortlaut dieser Vorschrift betrifft keine Unterlassungsgebote. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass bei Verstößen gegen Unterlassungspflichten kein Beitreibungsverbot gilt (OVG LSA, Urt. v. 13.03.1996 – 2 L 60/95 – a.a.O. RdNr. 30; a.A. für das brandenburgische Landesrecht OVG BB, Urt. v. 19.05.2011 – OVG 10 B 7.10 –, Juris RdNr. 23). Die Zahlungsaufforderung des Beklagten sowie die Entgegennahme der Zahlung der Klägerin vom 12.02.2013 sind demzufolge rechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Nicht durchdringen kann die Klägerin mit ihrem Vorbringen, die Zwangsgeldfestsetzung sei treuwidrig bzw. unverhältnismäßig, da sie bereits am 29.03.2011 die nachgeforderten Bauunterlagen an den Beklagten übergeben habe und dieser mit Schreiben vom 24.06.2011 bestätigt habe, dass die Bauvorlagen vollständig nachgereicht worden seien. Von einer Unverhältnismäßigkeit des Zwangsgeldes kann allenfalls dann gesprochen werden, wenn im Zeitpunkt der Festsetzung bereits abzusehen war, dass die abweichend von der Änderungsgenehmigung vom 04.05.2006 errichteten Gebäude offensichtlich genehmigungsfähig waren. Hiervon kann jedoch – in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht – nicht ausgegangen werden, da zwischen den Beteiligten die Erforderlichkeit weiterer Unterlagen streitig war und bis zur Erteilung der Baugenehmigung vom 10.01.2013 noch weitere 1 ½ Jahre vergingen. Dass dies allein auf eine unsachgemäße Verzögerung durch den Beklagten zurückging, ist nicht ersichtlich.

15

4. Ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führt die erstmals mit Schriftsatz vom 28.10.2013 geltend gemachte Rüge, die erneute Zwangsgeldandrohung unter Nr. 2 der Festsetzungsverfügung vom 01.06.2011 sei rechtswidrig gewesen. Soweit Zulassungsgründe erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt werden, können sie die Zulassung der Berufung nicht rechtfertigen, es sei denn, sie haben lediglich ergänzenden Charakter und waren bereits in der fristgerechten Zulassungsbegründung enthalten oder angekündigt worden (SächsOVG, Beschl. v. 01.03.2011 – 3 A 131/10 -, Juris RdNr. 4 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a RdNr. 50). Hiernach kann eine Berufungszulassung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht auf Grund der im Schriftsatz vom 28.10.2013 erstmals geltend gemachten Rechtswidrigkeit der erneuten Zwangsgeldandrohung in der Verfügung vom 01.06.2011 erfolgen, denn die fristgerecht eingereichte Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung vom 22.03.2013 richtete sich allein gegen die in dieser Verfügung vorgenommene Zwangsgeldfestsetzung.

16

II. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn der Fall eine klärungsbedürftige Frage aufwirft. Das ist nicht der Fall, wenn – im Fall von Landesrecht – das angerufene Berufungsgericht die aufgeworfene Frage bereits grundsätzlich entschieden hat (OVG MV, Beschl. v. 15.01.2009 – 2 L 299/98 –, Juris RdNr. 4; Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124 RdNr. 38). So liegt es hier. Bei der von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob ein Zwangsgeld auch dann noch festgesetzt werden kann, wenn ein weiterer Verstoß gegen das Unterlassungsgebot nicht mehr möglich ist, handelt es sich um eine landesrechtliche Frage, die vom Senat bereits mit Urteil vom 13.03.1996 – 2 L 60/95 – grundsätzlich entschieden worden ist. Darüber hinaus ist die aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich, da in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Festsetzungsbescheides vom 01.06.2011 weitere Verstöße gegen die in der bauaufsichtlichen Verfügung des Beklagten vom 07.02.2011 enthaltenen Nutzungsverbote noch möglich waren.

17

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

18

D. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Nov. 2014 - 2 L 39/13

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Nov. 2014 - 2 L 39/13

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Nov. 2014 - 2 L 39/13 zitiert 10 §§.

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(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. September 2011 - 8 K 4237/09 - geändert. Der Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20. November 2009 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Landwirt. Das Landratsamt Tübingen erteilte ihm am 24.07.2007 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Milchvieh-Laufstalles mit Melkhaus und geschlossener Güllegrube auf einem Grundstück im Außenbereich der Gemeinde ... Nebenbestimmung Nr. 15 zur Baugenehmigung ordnet als "naturschutzrechtliche Maßnahme" an:
"Die geschlossenen Außenwände des Milchviehlaufstalles sind mit einer sägerauen Holzverschalung zu verkleiden. Sollte ein Anstrich erfolgen, ist ein dunkelbrauner Farbton zu verwenden. Sofern das Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet werden sollte, sind die Außenwände in einem landschaftlich unauffälligen Farbton zu gestalten."
Mit einer ergänzenden Änderungsbaugenehmigung vom 16.01.2008 genehmigte das Landratsamt unter Fortgeltung aller Bestandteile der Baugenehmigung vom 24.07.2007 eine geringere Stallbreite, die Verlängerung des Melkhauses, eine geänderte Dachform und die Verschiebung der Güllegrube.
Der Kläger errichtete das Melkhaus ohne Verkleidung mit sägerauer Holzverschalung und strich die Außenwände in grüner Farbe. Das Landratsamt sah darin einen Verstoß gegen die Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007. Es forderte den Kläger nach einem Augenschein unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Vollstreckung der Nebenbestimmung auf, die Außenwände des Melkhauses zur Vermeidung einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in landschaftlich unauffälligem Farbton zu streichen. Der Kläger lehnte eine Änderung des Außenanstrichs ab. Er wandte ein, er habe bei einem Gespräch mit drei Mitarbeitern des Landratsamts vorgeschlagen, die Behörde möge den Farbton festlegen. Ihm sei geantwortet worden, das überlasse man ihm. Er habe sich daraufhin für Grün entschieden, weil es die in der umgebenden Landschaft dominanteste Farbe sei, wie insbesondere ein Vergleich mit Grünland und Maisschlag zeige.
Mit Bescheid vom 15.06.2009 verfügte das Landratsamt gegenüber dem Kläger:
"1. Für den Fall dass Sie Satz 3 der Auflage Nr. 15 (naturschutzrechtliche Auflage) aus der Baugenehmigung vom 24.07.2007 nicht bis spätestens 28.07.2009 nachkommen und die Außenwände des Melkhauses nicht in einem landschaftlich unauffälligen Farbton anstreichen (alternativ mit einer sägerauen Holzverschalung verkleiden), wird gegen Sie ein Zwangsgeld von 400,-- EUR festgesetzt werden.
2. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr in Höhe von 15,-- EUR festgesetzt."
Mit seinem Widerspruch brachte der Kläger vor, die betreffende Nebenbestimmung sei unbestimmt und nicht vollstreckbar. Außerdem sei die Zwangsgeldandrohung ermessensfehlerhaft und verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, weil das Landratsamt ihm die Farbgebung für das Melkhaus auf Nachfrage ausdrücklich selbst überlassen habe.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch mit Bescheid vom 20.11.2009 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.11.2009 zugestellt.
10 
Am 23.12.2009 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 aufzuheben. Der Begriff "landschaftlich unauffälliger Farbton“ sei nirgendwo definiert und auch nicht anhand von Farbskalen bestimmbar. Es wäre dem Landratsamt möglich, den Farbton ebenso genau festzulegen, wie dies für den Fall einer Holzverschalung mit "dunkelbraun" geschehen sei. Die Gefahr, dass einer neuer Farbanstrich aus Sicht des Landratsamtes wiederum als landschaftlich auffällig erscheine, sei ihm nicht zumutbar. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, die Formulierung "landschaftlich unauffälliger Farbton“ meine einen gedeckten Farbton, der im Landschaftsbild nicht heraussteche. Alle bunten, leuchtenden, klaren Farben seien danach unzulässig. Dies folge auch aus dem Zusammenhang mit der für den Fall einer sägerauen Holzverschalung angeordneten Anstrichfarbe "dunkelbraun". Der grellgrüne Anstrich beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft und verunstalte das Orts- und Landschaftsbild. Die vom Kläger angegebenen Mitarbeiter des Landratsamts hätten ihm keine freie Farbauswahl zugestanden, sondern einen landschaftlich unauffälligen Farbton verlangt; insoweit werde auf deren schriftliche Äußerungen vom 06.09.2011 verwiesen.
11 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach informatorischer Anhörung eines sachverständigen Zeugen sowie nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 08.09.2011 abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die Zwangsgeldandrohung sei nach §§ 2, 18, 19, 20 und 23 LVwVG rechtmäßig. Die Nebenbestimmung Nr. 15 sei bestandskräftig und damit nach § 2 Nr. 1 LVwVG vollstreckbar. Die Kammer habe allerdings erhebliche Zweifel, ob sie i. S. des § 37 Abs. 1 LVwVfG inhaltlich hinreichend bestimmt sei. Zwar gebe es einen Kernbereich an Farbtönen, die ohne vernünftige Zweifel und subjektiv verschiedene Bewertungsmöglichkeiten "landschaftlich unauffällig" seien, wie etwa viele Braun-, Grau- und Grüntöne. Das vom Kläger gewählte Grün gehöre dazu nicht, weil es im Landschaftsumfeld nicht anzutreffen sei, sich von diesem sehr deutlich abhebe, geradezu hervorsteche, fremd wirke und damit eindeutig zu den Farbtönen gehöre, welche die Formulierung "landschaftlich unauffällig" ausschließe. Jedoch bleibe darüber hinaus noch ein nicht zu vernachlässigender Bereich an Farbtönen, über deren Einordnung als "landschaftlich unauffällig" durchaus verschiedene vernünftige subjektive Bewertungen möglich seien. Gleichwohl könne offen bleiben, ob die Nebenbestimmung Nr. 15 gegen § 37 Abs. 1 LVwVfG verstoße. Denn der Verstoß wäre jedenfalls nicht offensichtlich und die Nebenbestimmung daher allenfalls rechtswidrig, aber nicht nichtig. Offensichtlichkeit setzte voraus, dass der Verwaltungsakt völlig unverständlich und/oder undurchführbar wäre. Das sei hier nicht der Fall, weil es einen bestimmbaren Kernbereich "landschaftlich unauffälliger" Farbtöne gebe. Insoweit habe die Nebenbestimmung einen vollstreckbaren Inhalt. Einer Vollstreckung stehe auch nicht der Einwand entgegen, Mitarbeiter der Behörde hätten ihm bei einem Gespräch im Landratsamt vor Erteilung der Baugenehmigung die Auswahl der Farbe selbst überlassen. In der mündlichen Verhandlung habe sich zweifelsfrei ergeben, dass dem Kläger in diesem Gespräch und danach stets klar gewesen sei, dass er bei der Farbauswahl keine völlig frei Hand gehabt habe, vielmehr nur im Rahmen dessen, was "in die Landschaft passt". Unter Berücksichtigung dessen sowie aller weiteren Umstände des Einzelfalles sei die Vollstreckung nicht missbräuchlich. Das Urteil wurde dem Kläger am 23.09.2011 zugestellt.
12 
Mit seiner am 20.10.2011 eingelegten und zugleich begründeten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seine Klagebegründung legt ergänzend dar: Die Unbestimmtheit und Nichtvollstreckbarkeit der Nebenbestimmung Nr. 15 folgten aus der Unmöglichkeit, die Grenze zwischen "landschaftlich auffällig“ und "landschaftlich unauffällig“ zu definieren. Es gebe eine Grauzone, in der die Zuordnung eines Farbtons zu dem einen oder anderen in die subjektive Bewertung des Betrachters gestellt sei. Die von ihm gewählte Farbe gehöre zumindest in diese Grauzone. Da sich grüne Farbtöne in der Landschaft wiederfänden, sei sie aber auch zum Kernbereich des Begriffs "landschaftlich unauffälliger Farbton“ zu zählen. Die Auflage habe keinen über eine abstrakt-generelle Regelung entsprechend § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG hinausgehenden Regelungsgehalt. Unklarheiten des Inhalts eines Verwaltungsaktes gingen zudem zu Lasten der Behörde.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichtes Sigmaringen vom 08.09.2011 - 8 K 4237/09 - zu ändern und den Bescheid des Landratsames Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Die Beschreibung der Farbe mit den Worten "landschaftlich unauffällig“ oder "dunkelbraune Töne“ sei im Sinne eines Kernbereichs von Farben hinreichend bestimmbar. Sowohl anhand dieser Formulierung als auch durch Auslegung des Gesamtzusammenhangs ergebe sich, dass für den Kläger eindeutig erkennbar sei, was von ihm gefordert werde. Gegen eine Nichtigkeit im Sinne eines schwerwiegenden offensichtlichen Fehlers spreche auch, dass der Kläger selbst keine offenkundigen Fehler bemerkt habe, da er ansonsten gegen die Auflage vorgegangen wäre. Die Auflage wiederhole nicht lediglich den Regelungsgehalt des § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG, sondern konkretisiere vielmehr dieses allgemeine naturschutzrechtliche Verunstaltungsgebot.
18 
Die Beteiligten haben einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
19 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts, des Regierungspräsidiums Tübingen und des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn die darin nach § 20 LVwVG verfügte Zwangsgeldandrohung verstößt gegen § 2 LVwVG, weil die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt im Sinne des § 2 LVwVG ist. Sie ist demzufolge ebenso wie die ihr rechtliches Schicksal insoweit teilende (vgl. § 24 LGebG) Gebührenfestsetzung im angefochtenen Bescheid aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Nach § 2 LVwVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn sie unanfechtbar geworden sind oder wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt. Die Vorschrift regelt eine allgemeine Voraussetzung für Maßnahmen, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden, und gilt demzufolge auch bereits für eine Zwangsmittelandrohung nach § 20 LVwVG. Sie ermöglicht nur die Vollstreckung eines im Sinne inhaltlich hinreichender Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 LVwVfG) vollstreckungsfähigen Verwaltungsakts als Grundlage (Titel) der Verwaltungsvollstreckung. Denn die für Einleitung und Durchführung der Verwaltungsvollstreckung erforderliche konkrete Feststellung, dass der Pflichtige seine Verpflichtung aus dem Verwaltungsakt noch nicht erfüllt hat (vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG), ist nur bei einem inhaltlich hinreichend bestimmten Verwaltungsakt möglich. Ist ein Verwaltungsakt wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nicht vollstreckungsfähig, schließt dieser Mangel Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung aus (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 04.11.1980 - 10 S 890/80 - und vom 09.04.1981 - 10 S 2129/80 - VBlBW 1982, 97 <98>; OVG Hamburg, Urteil vom 03.07.1952 - OVG Bf. II 604/51 - VwRspr Bd. 5 Nr. 117; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.01.1998 - 10 B 3029/97 - BRS 60 Nr. 171; Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.07.2012 - 22 ZB 12.204 - juris; Fliegauf/Maurer, LVwVG, 2. Auflage, § 1 Rn. 3; Lemke, Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes und der Länder, 1997, S. 177 f.; Sadler, VwVG, VwZG, 8. Auflage, § 6 Rn. 13; Schneider, LVwVG, § 1 Rn. 4). Das gilt auch dann, wenn der Bestimmtheitsmangel "nur" zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts infolge Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 Abs. 1 LVwVfG) führt. Denn auch ein - bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer - wirksamer, aber inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist nicht vollstreckungsfähig. Insoweit erfährt der tragende Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme auf die Rechtmäßigkeit einer Grundverfügung nicht ankommt (BVerwG, Urteil vom 13.03.1984 - 4 C 31.81 - NJW 1984, 2591 <2592>; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss des 1. Senats vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 - NVwZ 1999, 290), eine Ausnahme. Die Unbestimmtheit der Grundverfügung "infiziert" eine zu ihrer Durchsetzung ergehende Vollstreckungsmaßnahme (vgl. Lemke, a.a.O.).
23 
Das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG erfordert zum einen, dass der Adressat einer Regelung in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum Anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 13.10.2010 - 7 B 50.10 - juris Rn. 8 und Urteil vom 02.07.2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 m.w.N.). Dabei muss sich die “Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 m.w.N.). Will oder muss die Behörde dem Betroffenen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Freiheit überlassen, selbst auszuwählen, mit welchem Mittel das mit dem Verwaltungsakt verfolgte Ziel erreicht werden soll, kann oder muss sie sich auf die Angabe eines Zieles beschränken. Das gilt gerade auch bei Verpflichtungen, welche in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Verfügungsbefugnis über das Grundeigentum eingreifen. Insoweit kann es demzufolge geboten sein, die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gering zu halten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <339, 341>). Auch ein solcher, nur das Ziel regelnder Verwaltungsakt kann vollstreckungsfähig sein, vorausgesetzt, das Ziel ist inhaltlich hinreichend bestimmt bezeichnet (vgl. Lemke, a.a.O. S. 179).
24 
Gemessen daran ist die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 "Sofern das Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet werden sollte, sind die Außenwände in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten." kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt i. S. des § 2 LVwVG. Sie ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.
25 
Die Nebenbestimmung schreibt dem Kläger unter der - hier eingetretenen - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG), dass das genehmigte Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet wird, zur Sicherstellung der gesetzlichen, insbesondere naturschutzrechtlichen (vgl. §§ 13 ff. BNatSchG), Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LBO) ein positives Tun im Sinne einer erzwingbaren Auflage vor (§ 36 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Die Auflage bezeichnet zwar den Gegenstand dieser Handlungspflicht (Außenwände des Melkhauses) hinreichend bestimmt. Das trifft aber nicht für ihren weiteren Regelungsgehalt "in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten" zu. Insoweit ist der im objektiven Erklärungswert der Auflage zum Ausdruck kommende behördliche Wille unterschiedlicher subjektiver Bewertung zugänglich.
26 
Das Landratsamt hat sich zur Erreichung des mit der Auflage verfolgten naturschutzrechtlichen Zieles, eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die farbliche Gestaltung der Außenwände des Melkhauses zu vermeiden, erkennbar darauf beschränken wollen, dem Kläger als Bauherrn lediglich dieses Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten Farbe selbst zu überlassen. Das ist zwar - wie dargelegt - im Grundsatz rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hat ihr naturschutzrechtliches Ziel jedoch, auch wenn die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gegebenenfalls gering zu halten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990. a.a.O.), inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Ihre Formulierung "landschaftlich unauffälliger Farbton" eröffnet einen weiten Wertungsspielraum, der ohne eine weitere Konkretisierung offen lässt, welcher farbliche Außenanstrich noch oder nicht mehr zulässig ist. Sie bezieht sich nach der auch für den Kläger erkennbaren Zielrichtung der - nicht weiter begründeten - Auflage zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 zwar nicht auf irgendeine Landschaft, sondern nur auf diejenige in der Umgebung des Melkhauses. Sie präzisiert aber nicht hinreichend, welche - dem Kläger prinzipiell freigestellte - Farbtöne in dieser Landschaft "auffällig" oder "unauffällig" sind. Zwar mag die Formulierung einzelne für jeden vor Ort und zu jeder Jahreszeit und Witterung eindeutig als landschaftlich auffällig erkennbare Farbtöne wie Rot oder Gelb ausschließen oder umgekehrt für jeden dort eindeutig als landschaftlich unauffällig erkennbare Farbtöne in Dunkelbraun zulassen. Im Übrigen ist jedoch in Anbetracht sowohl der Variationsbreite möglicher Farbtöne (vgl. etwa den RAL-Farbkatalog) und Lichtverhältnisse als auch jahreszeitlich- und witterungsbedingt unterschiedlicher Farben der Landschaft selbst (grüne Wiesen im Sommer, weiße schneebedeckte Wiesen im Winter) eine klare, keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugängliche und insbesondere auch für eine mögliche Vollstreckung der Auflage nötige Abgrenzung eines "landschaftlich auffälligen" von einem "landschaftlich unauffälligen" Farbanstrich des genehmigten Melkhauses in der konkreten Umgebung des Bauvorhabens nicht möglich. Das gilt gerade auch für grüne Farbtöne, wie der RAL-Farbkatalog verdeutlicht.
27 
Will die Behörde eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den Außenanstrich eines Gebäudes im Außenbereich vermeiden, muss sie deshalb entweder dem Bauherrn - vor allem, wenn er damit einverstanden ist - eine Auswahl zulässiger konkreter Farbtöne positiv vorgeben oder aber, wenn sie nicht übermäßig in seine Verfügungsbefugnis eingreifen will, sich darauf beschränken, nur eine Auswahl unzulässiger konkreter Farbtöne zu bezeichnen. Dass dies ohne Weiteres möglich und zumutbar ist, zeigt schon die Tatsache, dass das Landratsamt in Satz 2 derselben Nebenbestimmung für den Anstrich der sägerauen Holzverschalung des Milchviehlaufstalles den Farbton "dunkelbraun" vorgeschrieben hat. Es ist auch nicht Aufgabe des Klägers, sich nach Erlass der Baugenehmigung bei der Behörde nach der Zulässigkeit des von ihm gewählten Farbtons zu erkundigen. Aus § 36 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 1 LVwVfG folgt vielmehr das Gegenteil. Schon aus dem Regelungsgehalt der Auflage selbst muss hinreichend bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein, welcher Farbanstrich vorgeschrieben ist. Unklarheiten muss der Adressat nicht in Eigeninitiative aufklären. Diese gehen vielmehr zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteil vom 12.01.1973 - VII C 3.71 - BVerwGE 41, 306, und vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 <317>; Kopp/Ramsauer VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 5).
28 
Nicht gefolgt werden kann der sinngemäßen Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Regelungsgehalt der streitigen Auflage sei jedenfalls hinsichtlich solcher Farbtöne hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig, die "ohne vernünftige Zweifel und ohne vernünftige subjektiv verschiedene Bewertungsmöglichkeiten" als landschaftlich unauffällig oder auffällig anzusehen seien. Einer solchen, gleichsam geltungserhaltend-reduzierenden Auslegung der Nebenbestimmung steht hier bereits der erkennbare Wille der Behörde entgegen, dem Kläger nur das Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten farblichen Gestaltung selbst zu überlassen. Ungeachtet dessen schließen aber auch Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots sowie die berechtigten Interessen des Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts eine solche Auslegung aus. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Unklarheiten im objektiven Erklärungswert gehen zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteile vom 12.01.1973 und vom 18.04.1997, a.a.O.). Nach der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht ließe sich in vielen Fällen unbestimmt weit gefasster Handlungsgebote im Nachhinein ein bestimmbarer und vollstreckungsfähiger "Kern" identifizieren. Denn jedem unbestimmten Handlungsgebot wird zumeist auch irgendeine Handlung zuzuordnen sein, die eindeutig darunter oder auch nicht mehr darunter fällt, unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt den Anforderungen des § 37 Abs. 1 LVwVfG entspricht oder nicht. Dadurch würde der Zweck des Bestimmtheitsgebots unterlaufen, gerade auch die Grenzen des durch den Verwaltungsakt geforderten Handelns hinreichend bestimmt aufzuzeigen. Die Behörde könnte den Verfügungssatz des Handlungsgebots in der Grundverfügung zunächst unbestimmt weit fassen und im Vollstreckungsverfahren geltend machen, jedenfalls ein ganz bestimmtes, von ihr selbst - im Nachhinein bezeichnetes - Handeln sei vom Verwaltungsakt erfasst und der Verwaltungsakt insoweit vollstreckungsfähig. Damit würden Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots verfehlt, dem Adressaten schon mit Erlass der Grundverfügung zu verdeutlichen, welches konkrete Tun von ihm erwartet wird, und eine ohne Weiteres vollstreckungsfähige Grundlage zu schaffen.
29 
Das Landratsamt hat die streitige Auflage schließlich auch nicht nachträglich durch eine präzisierende Ergänzung inhaltlich hinreichend bestimmt gemacht (vgl. zu dieser Möglichkeit Sadler, a.a.O. Rn. 6). Die in der Begründung der angefochtenen Zwangsmittelandrohung und im dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums angestellten Erwägungen zur Auslegung der Auflage sind schon deshalb keine solche Ergänzung, weil sie lediglich zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelandrohung dienen. Ob im Übrigen der vorhandene grüne Anstrich des Melkhauses gegen baurechtliche oder andere öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, insbesondere weil er - wie der Beklagte geltend macht - das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt oder gar verunstaltet, ist für die Rechtmäßigkeit der ausschließlich zur Durchsetzung der Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 ergangenen Zwangsgeldandrohung unerheblich.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
31 
Beschluss vom 10. Januar 2013
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.6.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
20 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn die darin nach § 20 LVwVG verfügte Zwangsgeldandrohung verstößt gegen § 2 LVwVG, weil die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt im Sinne des § 2 LVwVG ist. Sie ist demzufolge ebenso wie die ihr rechtliches Schicksal insoweit teilende (vgl. § 24 LGebG) Gebührenfestsetzung im angefochtenen Bescheid aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Nach § 2 LVwVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn sie unanfechtbar geworden sind oder wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt. Die Vorschrift regelt eine allgemeine Voraussetzung für Maßnahmen, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden, und gilt demzufolge auch bereits für eine Zwangsmittelandrohung nach § 20 LVwVG. Sie ermöglicht nur die Vollstreckung eines im Sinne inhaltlich hinreichender Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 LVwVfG) vollstreckungsfähigen Verwaltungsakts als Grundlage (Titel) der Verwaltungsvollstreckung. Denn die für Einleitung und Durchführung der Verwaltungsvollstreckung erforderliche konkrete Feststellung, dass der Pflichtige seine Verpflichtung aus dem Verwaltungsakt noch nicht erfüllt hat (vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG), ist nur bei einem inhaltlich hinreichend bestimmten Verwaltungsakt möglich. Ist ein Verwaltungsakt wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nicht vollstreckungsfähig, schließt dieser Mangel Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung aus (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 04.11.1980 - 10 S 890/80 - und vom 09.04.1981 - 10 S 2129/80 - VBlBW 1982, 97 <98>; OVG Hamburg, Urteil vom 03.07.1952 - OVG Bf. II 604/51 - VwRspr Bd. 5 Nr. 117; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.01.1998 - 10 B 3029/97 - BRS 60 Nr. 171; Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.07.2012 - 22 ZB 12.204 - juris; Fliegauf/Maurer, LVwVG, 2. Auflage, § 1 Rn. 3; Lemke, Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes und der Länder, 1997, S. 177 f.; Sadler, VwVG, VwZG, 8. Auflage, § 6 Rn. 13; Schneider, LVwVG, § 1 Rn. 4). Das gilt auch dann, wenn der Bestimmtheitsmangel "nur" zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts infolge Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 Abs. 1 LVwVfG) führt. Denn auch ein - bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer - wirksamer, aber inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist nicht vollstreckungsfähig. Insoweit erfährt der tragende Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme auf die Rechtmäßigkeit einer Grundverfügung nicht ankommt (BVerwG, Urteil vom 13.03.1984 - 4 C 31.81 - NJW 1984, 2591 <2592>; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss des 1. Senats vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 - NVwZ 1999, 290), eine Ausnahme. Die Unbestimmtheit der Grundverfügung "infiziert" eine zu ihrer Durchsetzung ergehende Vollstreckungsmaßnahme (vgl. Lemke, a.a.O.).
23 
Das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG erfordert zum einen, dass der Adressat einer Regelung in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum Anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 13.10.2010 - 7 B 50.10 - juris Rn. 8 und Urteil vom 02.07.2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 m.w.N.). Dabei muss sich die “Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 m.w.N.). Will oder muss die Behörde dem Betroffenen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Freiheit überlassen, selbst auszuwählen, mit welchem Mittel das mit dem Verwaltungsakt verfolgte Ziel erreicht werden soll, kann oder muss sie sich auf die Angabe eines Zieles beschränken. Das gilt gerade auch bei Verpflichtungen, welche in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Verfügungsbefugnis über das Grundeigentum eingreifen. Insoweit kann es demzufolge geboten sein, die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gering zu halten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <339, 341>). Auch ein solcher, nur das Ziel regelnder Verwaltungsakt kann vollstreckungsfähig sein, vorausgesetzt, das Ziel ist inhaltlich hinreichend bestimmt bezeichnet (vgl. Lemke, a.a.O. S. 179).
24 
Gemessen daran ist die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 "Sofern das Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet werden sollte, sind die Außenwände in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten." kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt i. S. des § 2 LVwVG. Sie ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.
25 
Die Nebenbestimmung schreibt dem Kläger unter der - hier eingetretenen - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG), dass das genehmigte Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet wird, zur Sicherstellung der gesetzlichen, insbesondere naturschutzrechtlichen (vgl. §§ 13 ff. BNatSchG), Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LBO) ein positives Tun im Sinne einer erzwingbaren Auflage vor (§ 36 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Die Auflage bezeichnet zwar den Gegenstand dieser Handlungspflicht (Außenwände des Melkhauses) hinreichend bestimmt. Das trifft aber nicht für ihren weiteren Regelungsgehalt "in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten" zu. Insoweit ist der im objektiven Erklärungswert der Auflage zum Ausdruck kommende behördliche Wille unterschiedlicher subjektiver Bewertung zugänglich.
26 
Das Landratsamt hat sich zur Erreichung des mit der Auflage verfolgten naturschutzrechtlichen Zieles, eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die farbliche Gestaltung der Außenwände des Melkhauses zu vermeiden, erkennbar darauf beschränken wollen, dem Kläger als Bauherrn lediglich dieses Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten Farbe selbst zu überlassen. Das ist zwar - wie dargelegt - im Grundsatz rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hat ihr naturschutzrechtliches Ziel jedoch, auch wenn die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gegebenenfalls gering zu halten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990. a.a.O.), inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Ihre Formulierung "landschaftlich unauffälliger Farbton" eröffnet einen weiten Wertungsspielraum, der ohne eine weitere Konkretisierung offen lässt, welcher farbliche Außenanstrich noch oder nicht mehr zulässig ist. Sie bezieht sich nach der auch für den Kläger erkennbaren Zielrichtung der - nicht weiter begründeten - Auflage zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 zwar nicht auf irgendeine Landschaft, sondern nur auf diejenige in der Umgebung des Melkhauses. Sie präzisiert aber nicht hinreichend, welche - dem Kläger prinzipiell freigestellte - Farbtöne in dieser Landschaft "auffällig" oder "unauffällig" sind. Zwar mag die Formulierung einzelne für jeden vor Ort und zu jeder Jahreszeit und Witterung eindeutig als landschaftlich auffällig erkennbare Farbtöne wie Rot oder Gelb ausschließen oder umgekehrt für jeden dort eindeutig als landschaftlich unauffällig erkennbare Farbtöne in Dunkelbraun zulassen. Im Übrigen ist jedoch in Anbetracht sowohl der Variationsbreite möglicher Farbtöne (vgl. etwa den RAL-Farbkatalog) und Lichtverhältnisse als auch jahreszeitlich- und witterungsbedingt unterschiedlicher Farben der Landschaft selbst (grüne Wiesen im Sommer, weiße schneebedeckte Wiesen im Winter) eine klare, keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugängliche und insbesondere auch für eine mögliche Vollstreckung der Auflage nötige Abgrenzung eines "landschaftlich auffälligen" von einem "landschaftlich unauffälligen" Farbanstrich des genehmigten Melkhauses in der konkreten Umgebung des Bauvorhabens nicht möglich. Das gilt gerade auch für grüne Farbtöne, wie der RAL-Farbkatalog verdeutlicht.
27 
Will die Behörde eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den Außenanstrich eines Gebäudes im Außenbereich vermeiden, muss sie deshalb entweder dem Bauherrn - vor allem, wenn er damit einverstanden ist - eine Auswahl zulässiger konkreter Farbtöne positiv vorgeben oder aber, wenn sie nicht übermäßig in seine Verfügungsbefugnis eingreifen will, sich darauf beschränken, nur eine Auswahl unzulässiger konkreter Farbtöne zu bezeichnen. Dass dies ohne Weiteres möglich und zumutbar ist, zeigt schon die Tatsache, dass das Landratsamt in Satz 2 derselben Nebenbestimmung für den Anstrich der sägerauen Holzverschalung des Milchviehlaufstalles den Farbton "dunkelbraun" vorgeschrieben hat. Es ist auch nicht Aufgabe des Klägers, sich nach Erlass der Baugenehmigung bei der Behörde nach der Zulässigkeit des von ihm gewählten Farbtons zu erkundigen. Aus § 36 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 1 LVwVfG folgt vielmehr das Gegenteil. Schon aus dem Regelungsgehalt der Auflage selbst muss hinreichend bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein, welcher Farbanstrich vorgeschrieben ist. Unklarheiten muss der Adressat nicht in Eigeninitiative aufklären. Diese gehen vielmehr zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteil vom 12.01.1973 - VII C 3.71 - BVerwGE 41, 306, und vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 <317>; Kopp/Ramsauer VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 5).
28 
Nicht gefolgt werden kann der sinngemäßen Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Regelungsgehalt der streitigen Auflage sei jedenfalls hinsichtlich solcher Farbtöne hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig, die "ohne vernünftige Zweifel und ohne vernünftige subjektiv verschiedene Bewertungsmöglichkeiten" als landschaftlich unauffällig oder auffällig anzusehen seien. Einer solchen, gleichsam geltungserhaltend-reduzierenden Auslegung der Nebenbestimmung steht hier bereits der erkennbare Wille der Behörde entgegen, dem Kläger nur das Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten farblichen Gestaltung selbst zu überlassen. Ungeachtet dessen schließen aber auch Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots sowie die berechtigten Interessen des Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts eine solche Auslegung aus. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Unklarheiten im objektiven Erklärungswert gehen zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteile vom 12.01.1973 und vom 18.04.1997, a.a.O.). Nach der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht ließe sich in vielen Fällen unbestimmt weit gefasster Handlungsgebote im Nachhinein ein bestimmbarer und vollstreckungsfähiger "Kern" identifizieren. Denn jedem unbestimmten Handlungsgebot wird zumeist auch irgendeine Handlung zuzuordnen sein, die eindeutig darunter oder auch nicht mehr darunter fällt, unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt den Anforderungen des § 37 Abs. 1 LVwVfG entspricht oder nicht. Dadurch würde der Zweck des Bestimmtheitsgebots unterlaufen, gerade auch die Grenzen des durch den Verwaltungsakt geforderten Handelns hinreichend bestimmt aufzuzeigen. Die Behörde könnte den Verfügungssatz des Handlungsgebots in der Grundverfügung zunächst unbestimmt weit fassen und im Vollstreckungsverfahren geltend machen, jedenfalls ein ganz bestimmtes, von ihr selbst - im Nachhinein bezeichnetes - Handeln sei vom Verwaltungsakt erfasst und der Verwaltungsakt insoweit vollstreckungsfähig. Damit würden Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots verfehlt, dem Adressaten schon mit Erlass der Grundverfügung zu verdeutlichen, welches konkrete Tun von ihm erwartet wird, und eine ohne Weiteres vollstreckungsfähige Grundlage zu schaffen.
29 
Das Landratsamt hat die streitige Auflage schließlich auch nicht nachträglich durch eine präzisierende Ergänzung inhaltlich hinreichend bestimmt gemacht (vgl. zu dieser Möglichkeit Sadler, a.a.O. Rn. 6). Die in der Begründung der angefochtenen Zwangsmittelandrohung und im dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums angestellten Erwägungen zur Auslegung der Auflage sind schon deshalb keine solche Ergänzung, weil sie lediglich zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelandrohung dienen. Ob im Übrigen der vorhandene grüne Anstrich des Melkhauses gegen baurechtliche oder andere öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, insbesondere weil er - wie der Beklagte geltend macht - das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt oder gar verunstaltet, ist für die Rechtmäßigkeit der ausschließlich zur Durchsetzung der Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 ergangenen Zwangsgeldandrohung unerheblich.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
31 
Beschluss vom 10. Januar 2013
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.6.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. April 2009 - 8 K 548/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde ist statthaft (vgl. Senatsbeschluss vom 10.12.1999 - 11 S 240/99 - VBlBW 2000, 204) und auch sonst zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller beantragte Durchsuchungsanordnung ist § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG i.V.m. § 15 AsylVfG: Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann der Vollstreckungsbeamte Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges persönliches Besitztum gegen den Willen des Vollstreckungsschuldners nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Allerdings darf es der Vollstreckungsbehörde nur dann ermöglicht werden, in den geschützten räumlich-gegenständlichen Bereich des Vollstreckungsschuldners einzudringen, wenn die Durchsuchungsanordnung einer rechtmäßigen Vollstreckung dienen soll. Das Gericht hat den Antrag der Vollstreckungsbehörde daher zunächst dahingehend zu prüfen, ob die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (§ 2 LVwVG) und die für die im Zuge der Durchsuchung beabsichtigten Zwangsmittel geltenden besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 - BVerfGE 51, 97). Zu prüfen ist auch, ob der Zweck der Vollstreckung noch nicht erreicht, aber durch die Anwendung von Vollstreckungsmitteln erreichbar ist (vgl. § 11 LVwVG). Weiterhin muss die Durchsuchungsanordnung geeignet, erforderlich und angemessen sein (vgl. § 19 Abs. 2 und 3 LVwVG), und ein Vollstreckungsauftrag an den Vollstreckungsbeamten vorliegen, welcher den Anforderungen des § 5 Satz 1 LVwVG entspricht (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - ESVGH 55, 243 = VBlBW 2005, 386; Senatsbeschluss vom 10.12.1999 - 11 S 240/99 - a.a.O.).
Die hiernach gebotene Prüfung ergibt, dass der beantragten Durchsuchungsanordnung rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (§ 2 LVwVG) vorliegen. Mit Verfügung vom 30.03.2009 gibt der Antragsteller dem Antragsgegner auf, im Rahmen der Mitwirkung gemäß § 15 AsylVfG sämtliche in seinem Besitz befindlichen ausländischen Identitätsdokumente wie Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde, Führerschein, Militärausweis, Standesregisterauszüge, Heiratsurkunde, Impfpass, Werks- oder Arbeitsausweise, Diplome oder Berufsabschlüsse, Adressbücher oder -listen, Briefen, die einen Schriftverkehr mit dem Heimatland beinhalten, bzw. Kopien dieser Dokumente herauszugeben. Zwar ist diese Verfügung mangels Bekanntgabe gegenüber dem Antragsgegner noch nicht wirksam geworden. Die Bekanntgabe soll aber unmittelbar vor Beginn der Durchsuchung an den Antragsgegner persönlich erfolgen, so dass die Verfügung zu diesem Zeitpunkt ihm gegenüber wirksam werden wird. Gegen die Bekanntgabe unmittelbar vor Beginn der Vollstreckung bestehen keine Bedenken im Hinblick auf eine hinreichende und angemessene Möglichkeit zur Kenntnisnahme des Inhalts der Verfügung durch den Antragsgegner, da dieser nach Aktenlage über hinreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt. Mit Bekanntgabe wird der auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AsylVfG ergangene Bescheid gemäß § 2 Nr. 2 LVwVG vollstreckbar, da gemäß § 75 AsylVfG die aufschiebende Wirkung eines etwaigen Rechtsbehelfs entfällt.
Es fehlt indessen an den besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, die bei dem jeweils angewendeten Zwangsmittel zu beachten sind. Auch diese müssen hier vorliegen, denn die Durchsuchung dient der Durchsetzung eines im Verwaltungsvollstreckungsrecht vorgesehenen Zwangsmittels, das als solches rechtmäßig anzuwenden ist (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. m.w.N.).
Mit der Durchsuchung sollen solche Gegenstände aufgefunden werden, die der Antragsgegner entgegen der aus Ziff. 1 der Verfügung vom 30.03.2009 folgenden Verpflichtung nicht „sofort“ den die Verfügung übergebenden Polizeibeamten aushändigt. Die Herausgabeverpflichtung sollte demnach im Wege des unmittelbaren Zwanges durch Wegnahme (§ 28 LVwVG) vollstreckt werden. Dieses Zwangsmittel wird dem Antragsgegner zwar in Ziff. 2 der Verfügung vom 30.03.2009 angedroht, doch fehlt es entgegen § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG an der Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erfüllung der Verpflichtung. Die Bestimmung einer Frist dient dazu, den Justizgewährungsanspruch, welcher in der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG enthalten ist, zu verwirklichen (BVerwGE 16, 289<291>). Die Behörde verletzt den Anspruch des Bürgers auf wirksamen Rechtsschutz, wenn sie ihre Maßnahme ohne zwingenden Grund so kurzfristig anordnet, dass ihm keine ausreichende Zeit verbleibt, um bei dem Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen (BVerwGE 17, 83). Eine Fristsetzung auf „sofort“, wie sie hier erfolgt ist, darf nur erfolgen, wenn eine sofortige Durchsetzung der Grundverfügung zur Gefahrenabwehr unabweisbar notwendig ist. So wird man etwa dem Halter eines gefährlichen Hundes aufgeben können, sein Tier ab sofort in der Öffentlichkeit an der Leine zu führen (vgl. - mit weiteren Beispielsfällen - Sadler, VwVG/VwZG, 6. Aufl., § 13 VwVG Rn. 14). Die Voraussetzungen für eine Fristsetzung auf „sofort“ sind somit kaum geringer als die des § 21 LVwVG, der bei Gefahr im Verzug ein Abweichen von § 20 Abs. 1 LVwVG ermöglicht (vgl. hierzu ausführlich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. m.w.N.). Eine derartige, aus der Natur der Sache folgende Notwendigkeit zur Bemessung der Frist auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung ist hier nicht erkennbar. Eine besondere Eilbedürftigkeit wohnt der Verpflichtung zur Herausgabe von Passdokumenten und Identitätsnachweisen nicht inne.
Dies sieht auch der Antragsteller nicht anders, der die Durchsetzung der dem Antragsgegner in Ziff. 1 der Verfügung auferlegten Verpflichtung nicht durch den Zeitablauf, sondern durch die Warnfunktion einer Zwangsmittelandrohung gefährdet sieht. Sein Hinweis auf die Verfahrensweise bei Erlass der Durchsuchungsanordnung verfängt aber nicht. Der Antragsteller kann sich nicht auf die Rechtsprechung berufen, wonach bei der Gefahr einer Vollstreckungsvereitelung die gem. Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich gebotene Anhörung des Vollstreckungsschuldners unterbleiben kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 - BVerfGE 57, 346 <359 f.>). Denn diese Erwägung bezieht sich nur auf die gerichtliche Ermächtigung zu dieser Modalität der Vollstreckung; am Erfordernis, dass die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen müssen, ändert sich dadurch nichts (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. zu § 21 LVwVG; zur zivilprozessualen Zwangsvollstreckung vgl. Heßler in: Münchner Kommentar zur ZPO, Bd. 2, 3. Aufl., § 758 a Rn. 52).
Ein Wertungswiderspruch liegt in dieser Unterscheidung nicht. Es vermag bereits wenig zu überzeugen, dass durch die Beachtung der Förmlichkeiten des Verwaltungsvollstreckungsrechts die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Vollstreckung spürbar verringert wird. Die Ankündigungswirkung allein der Androhung unmittelbaren Zwangs, die den Anforderungen an eine Zwangsmittelandrohung genügt (vgl. Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 8. Aufl., § 13 VwVG Rn. 7 m.w.N.), bleibt noch sehr allgemein und lässt den Betroffenen, insbesondere wenn sie unter Setzung einer angemessenen Frist erfolgt, nicht unbedingt eine bevorstehende Wohnungsdurchsuchung erwarten. Dem Senat ist auch bekannt, dass die vom Regierungspräsidium Tübingen offenbar regelmäßig praktizierte Verfahrensweise nicht einer allgemeinen Verwaltungspraxis im Land entspricht. So droht etwa das Regierungspräsidium Stuttgart in derartigen Fällen regelmäßig unter Setzung einer angemessenen Frist die Anwendung unmittelbaren Zwangs an, bevor es beim Verwaltungsgericht eine Durchsuchungsanordnung beantragt.
10 
Eine Fristbestimmung ist nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz LVwVG entbehrlich, da weder eine Duldung noch eine Unterlassung erzwungen werden soll.
11 
Die Vorschrift des § 21 LVwVG, die bei Gefahr im Verzug ein Abweichen von § 20 Abs. 1 LVwVG ermöglicht, wird vom Antragsteller nicht in Anspruch genommen. Deren Voraussetzungen liegen im Übrigen nach dem oben Ausgeführten ebenfalls nicht vor (vgl. hierzu ausführlich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. m.w.N.).
12 
Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist der Senat darauf hin, dass - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - bei ordnungsgemäßer Androhung des Zwangsmittels unter Setzung einer angemessenen Frist vorliegend der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem Erlass der Durchsuchungsanordnung nicht entgegenstünde. Die Durchsuchung des Zimmers des Antragsgegners einschließlich von ihm genutzter Nebenräume wäre zum Zweck der Wegnahme der in seinem Besitz befindlichen Passdokumente und sonstigen Identitätsnachweise im Wege des unmittelbaren Zwangs gegen Sachen (§§ 18, 19 Abs. 1 Nr. 3, 26 Abs. 1 Satz 1 und 28 LVwVG) geeignet und erforderlich. Zwar reicht es für eine Durchsuchungsanordnung nicht aus, dass die Behörde auf Grund ihrer Erfahrung davon ausgeht, dass der abgelehnte Asylbewerber in seiner Wohnung über Nachweise verfügt, die seine Staatsangehörigkeit oder Identität belegen (so auch VG Stuttgart, Beschluss vom 21.01.2005 - 4 K 58/05 - InfAuslR 2005, 166). Hier stützt sich der Antrag auf Erlass der Durchsuchungsanordnung indes nicht lediglich auf einen derartigen generellen Verdacht. Vielmehr besteht aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Antragsgegners der konkret begründete Verdacht, dass sich jedenfalls einige der fraglichen Dokumente in den von ihm genutzten Räumen tatsächlich finden lassen: Im Asylverfahren hatte der Antragsgegner noch angegeben, er habe keine Papiere mitgenommen und verfüge in seiner Heimat über einen abgelaufenen Reisepass, einen Personalausweis und weitere Dokumente. Am 10.04.2008 gab er an, er habe einen algerischen Reisepass, der aber nicht bei ihm sei. Am 26.05.2008 erklärte er, sein Reisepass sei „noch nicht“ bei ihm. Ausweislich einer Stellungnahme des Landratsamts ... vom 13.06.2008 hat der Antragsgegner sich dort dahingehend eingelassen, dass sein Reisepass sich in Europa, aber nicht bei ihm befinde. Im Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 11.11.2008 heißt es, der Antragsgegner besitze einen abgelaufenen algerischen Reisepass. Ausweislich des über die Vorführung am 18.11.2008 gefertigten Aktenvermerks (/ 41 der Akten) hat der Antragsgegner dort schließlich angegeben, dass er seinen Pass versteckt habe.
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
14 
Ein Streitwert muss nicht festgesetzt werden, weil bei Erfolglosigkeit der Beschwerde eine vom Streitwert unabhängige Gerichtsgebühr von 50,00 EUR anzusetzen ist (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein Beförderungsunternehmer darf Ausländer nur in das Bundesgebiet befördern, wenn sie im Besitz eines erforderlichen Passes und eines erforderlichen Aufenthaltstitels sind.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur einem Beförderungsunternehmer untersagen, Ausländer entgegen Absatz 1 in das Bundesgebiet zu befördern und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld androhen. Widerspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung; dies gilt auch hinsichtlich der Festsetzung des Zwangsgeldes.

(3) Das Zwangsgeld gegen den Beförderungsunternehmer beträgt für jeden Ausländer, den er einer Verfügung nach Absatz 2 zuwider befördert, mindestens 1 000 und höchstens 5 000 Euro. Das Zwangsgeld kann durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle festgesetzt und beigetrieben werden.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann mit Beförderungsunternehmern Regelungen zur Umsetzung der in Absatz 1 genannten Pflicht vereinbaren.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.