Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 13. Juni 2013 - 2 M 16/13

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2013:0613.2M16.13.0A
bei uns veröffentlicht am13.06.2013

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen am 22.03.2012 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Umnutzung einer bestehenden Legehennenanlage mit 76.000 Tierplätzen in Käfighaltung in eine Anlage mit 98.740 Hähnchenmastplätzen sowie alternativ die Umstellung von Hähnchenmast auf Legehennenhaltung in Volieren mit 73.440 Tieren. Sie ist Eigentümerin des unmittelbar östlich an das Grundstück der Beigeladenen angrenzenden Grundstücks. Die darauf errichteten Lagerhallen nutzt die Antragstellerin zur Unterbringung von Ernteerzeugnissen und Getreide (Futter- und Nahrungsmittelgetreide). Die Futtermittel verwendet sie für ihren eigenen, nicht auf diesem Grundstück gelegenen Hähnchenmastbetrieb.

2

Gegen die für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigung hat die Antragstellerin am 16.05.2012 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auf ihren am 31.07.2012 gestellten Antrag hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt und zur Begründung ausgeführt:

3

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, und die danach vorzunehmende Abwägung der wechselseitigen Interessen falle zugunsten der Antragstellerin aus. Die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletze möglicherweise die drittschützende Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG. Zwar existierten derzeit keine medizinisch begründbaren Grenzwerte für Emissionen oder Immissionen von Bioaerosolen bzw. luftgetragenen Krankheitserregern, und ein wissenschaftlicher Konsens über einzuhaltende Mindestabstände bestehe nicht. Dies gelte nicht nur für eine etwaige Einwirkung von Bioaerosolen auf die menschliche Gesundheit bzw. auf andere Tiere, sondern auch für die hier in Rede stehende und von der Antragstellerin befürchtete Einwirkung dieser Mikroorganismen auf die von ihr produzierten und gelagerten Lebens- und Futtermittel. Jedoch könnten die konkreten Verhältnisse im Einzelfall Anlass geben, ausnahmsweise – etwa wegen eines besonders hohen Infektionsrisikos – eine vom genehmigten Vorhaben ausgehende Gefahr im Sinn des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG für den benachbarten Grundstückseigentümer anzunehmen. In den Blick zu nehmen seien dabei u. a. die Lage des Vorhabens in Bezug auf die vorherrschende Windrichtung, etwaige ungünstige topographische Bedingungen und die Ableitbedingungen für die Stallabluft beim genehmigten Vorhaben. Gemessen daran erscheine es hier jedenfalls möglich, dass von dem streitigen Vorhaben eine Gefährdung des Betriebs der Antragstellerin im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG ausgehe. Von Bedeutung sei, dass die genehmigte Anlage in der Hauptwindrichtung liege und der Abstand zwischen der nächstgelegenen Lagerhalle auf dem Grundstück der Antragstellerin und dem nächstgelegenen Stall auf dem Grundstück des Beigeladenen nur etwa 6 m betrage. Zu berücksichtigen in Bezug auf das zu beurteilende Übertragungsrisiko seien ferner die Ableitbedingungen für die Stallabluft auf dem Grundstück des Beigeladenen zum einen sowie die Art der Belüftung der Lagerhallen auf dem Grundstück der Antragstellerin zum anderen. Letztere erfolgt durch eine Unterflurbelüftung, bei der ungefilterte Außenluft von Gebläsen angesaugt, in die Hallen geleitet und durch das Lagergut gedrückt werde. Entsprechend dem Betriebskonzept des Beigeladenen solle die in den vier Ställen der Mehrzweckgeflügelanlage anfallende Stallabluft jeweils gefasst über im First sowie in den südlichen Giebelwänden befindliche Ventilatoren abgeführt werden. Technische Maßnahmen, die vor allem die Abgabe von Staub und Ammoniak aus der geplanten Anlage reduzieren (z. B. Luftwäscher, Abluftreinigung), seien bislang nicht vorgesehen.

4

Ferner erweise sich die im Genehmigungsbescheid getroffene Vollziehungsanordnung als rechtswidrig, weil die Begründung des öffentlichen Interesses durch den Antragsgegner die Vollziehungsanordnung offensichtlich nicht trage. Soweit der Antragsgegner auf das überwiegende Vollziehungsinteresse der begünstigten Beigeladenen abstelle, treffe er in der Sache eine Anordnung nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO und keine nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Fall 1 VwGO. Die Voraussetzungen des § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO lägen nicht vor, weil diese Vorschrift ausschließlich die nachträgliche Anordnung der sofortigen Vollziehung betreffe.

II.

5

A. Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet.

6

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die ihr erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederhergestellt.

7

1. Die Anordnung des Sofortvollzugs begegnet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Bedenken. Insbesondere ist sie nicht schon deshalb rechtswidrig, weil sie bereits mit Erteilung der Immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und damit vor Einlegung eines Rechtsbehelfs durch die Antragstellerin ausgesprochen wurde. Zwar hat der Senat entschieden, § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO betreffe nur die Anordnung nach Erlass des Verwaltungsakts undnach Einlegung eines Rechtsbehelfs; die ursprüngliche mit dem Verwaltungsakt verbundene Anordnung der sofortigen Vollziehung werde von § 80a Abs.1 Nr. 1 VwGO hingegen nicht erfasst (Beschl. d. Senats v. 12.09.2011 – 2 M 85/11 –; a.A. etwa: Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., RdNr. 8). Er hat aber auch klargestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits vor Einlegung des Rechtsbehelfs auf der Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO möglich sei. Der Antragsgegner hat hier den Sofortvollzug ausdrücklich auf diese Vorschrift gestützt (vgl. S. 29 des Genehmigungsbescheides).

8

2. Allerdings bedarf es in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei Anordnung des Sofortvollzugs zugunsten eines Beteiligten eines besonderen Interesses des Beteiligten, das über das regelmäßige Interesse am Gebrauchmachen des ihm günstigen Verwaltungsakts hinausgeht. So kann es unbillig sein, wenn ein Baubewerber möglicherweise jahrelang auf die Verwirklichung seines genehmigten Bauvorhabens und damit auf die Nutzung seines Eigentums warten muss (vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 80 RdNr. 92). Dabei kommt – im Verhältnis zur Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse – den Erfolgsaussichten von (möglichen) Rechtsbehelfen gesteigerte Bedeutung zu. Wenn durch ein und dieselbe behördliche Maßnahme nicht nur ein Bürger belastet oder begünstigt wird, sondern zwei oder mehrere in unterschiedlicher Weise berührt werden, nämlich einer (oder mehrere) belastet und ein anderer begünstigt wird, so ist, wenn nicht schon ein öffentliches Interesse den Ausschlag gibt, mit der Anordnung einer sofortigen Vollziehung in erster Linie zwischen widerstreitenden Bürgerinteressen zu entscheiden; der vom Rechtsstaatsgedanken gebotene Schutz des Einzelnen gegenüber der Übermacht des Staates, der, um die Wirksamkeit des in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Grundrechts zu gewährleisten, eine sofortige Vollziehung von staatlichen Maßnahmen gegenüber dem Bürger nur in den engen und strengen Grenzen des § 80 Abs. 2 Satz Nr. 1 bis 4 1. Alt. VwGO zulässt, tritt daher zurück; die Anordnung der sofortigen Vollziehung hat in solchen Fällen mehr schiedsrichterlichen Charakter (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.11.1965 – IV CB 224.65 –, BayVBl 1966, 279). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es bei im Ergebnis nicht erfolgreichen Einwendungen von Nachbarn zu finanziellen Mehrbelastungen eines Vorhabenträgers oder Bauherrn kommen kann, die allein aus prozessualen Gründen „das Aus“ für ein Vorhaben bedeuten können, ohne dass sich im Hauptsacheverfahren die dagegen gerichteten Vorbehalte als rechtlich erheblich herausstellen (OVG RP, Beschl. v. 03.04.2012 – 1 B 10136/12 –, BauR 2012, 1362, RdNr. 9 in Juris). Ordnet – wie hier – die Behörde mit Erlass des Genehmigungsbescheids und damit noch vor Einlegung eines Rechtsbehelfs die sofortige Vollziehung an, kommt es wesentlich darauf an, inwieweit mögliche Rechtsbehelfe Aussicht auf Erfolg haben werden.

9

Gemessen daran begegnet die Anordnung des Sofortvollzuges im Interesse der Beigeladenen hier keinen durchgreifenden Bedenken. Der Antragsgegner hat hierzu im Genehmigungsbescheid ausgeführt, die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebrachten Einwendungen hätten sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungen und Abwägungen als unbegründet erwiesen. Das überwiegende Interesse der Beigeladenen sei begründet. Im Falle der Verzögerung des Vorhabens durch Bau- oder Betriebsstillstand werde dem Unternehmen ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden zugefügt. Mögliche Drittklagen bewirkten eine Situation der Unsicherheit und des finanziellen Risikos für den Genehmigungsinhaber, die es unmöglich machten, wirtschaftliche Entscheidungen mit längerfristigen Perspektiven zu treffen.

10

3. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessensabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs treffen. Kann – wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen – keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (vgl. zum Ganzen: BverwG, Beschl. v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 [7 C 21.7 C 21.09] –, Juris, RdNr. 13). Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Genehmigung angegriffen, bestimmt sich die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, nach dem materiellen Recht, also der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs; Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsse (BVerfG, Beschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466/08 –, NvwZ 2009, 240 [242], RdNr. 21 in Juris). Ist der Ausgang der Hauptsache offen, stehen sich divergierende Interessen von der Ausgangsbasis her gleichberechtigt gegenüber, wobei gleichwohl die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unterhalb der Offensichtlichkeit in die Interessensabwägung mit einfließen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119, RdNr. 13 in Juris).

11

Danach führt die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses der Antragstellerin gegen das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beigeladenen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse überwiegt. Die von der Antragstellerin erhobene Klage wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletzt nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich keine dem Schutz der Antragstellerin dienenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbesondere nicht § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG (nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG).

12

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG in der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung geltenden Fassung sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können (Nr. 1) und Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung (Nr. 2). Der im Einwirkungsbereich der Anlage wohnende Dritte kann eine dem Betreiber erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung mittels des ihm in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG eingeräumten Schutz- und Abwehrrechts anfechten; eine derart drittschützende Wirkung der Vorsorgepflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2) besteht hingegen nicht, weil diese Regelung nicht der Begünstigung eines individualisierbaren Personkreises, sondern dem Interesse der Allgemeinheit daran dient, potentiell schädlichen Umwelteinwirkungen generell und auch dort vorzubeugen, wo sie keinem bestimmten Emittenten zuzuordnen sind (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 – 7 C 19.02 –, BVerwGE 119, 329 [332], RdNr. 11 in Juris, m.w.N.).

13

Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Sie dient der Abwehr erkannter Gefahren und der Vorbeugung gegenüber künftigen Schäden, die durch solche Gefahren hervorgerufen werden können. Eine Gefahr liegt nach der klassischen Begriffsdefinition dort vor, wo „aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden". Daran fehlt es bei Ungewissheit über einen Schadenseintritt. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein, sofern diese nach Art und Umfang verhältnismäßig sind. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst mithin mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, weshalb noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht. Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge, solche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren. Ob bei ungewissem Kausalzusammenhang zwischen Umwelteinwirkungen und Schäden eine Gefahr oder ein Besorgnispotential anzunehmen ist, hängt vom Erkenntnisstand über den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts ab. Die Grenze zwischen drittschützender Schutzpflicht und gefahrenunabhängiger Risikovorsorge bei Ungewissheit über die Schädlichkeit von Umweltauswirkungen für die menschliche Gesundheit ist bisher nicht für alle Schadstoffe in einem Verfahren nach § 48 BImSchG festgelegt worden, das das hinzunehmende Risiko für den Einzelnen und für die Allgemeinheit aufgrund fachlichen Sachverstands, politischer Legitimation und verantwortbarer Bewertung konkretisiert. Bei potentiell gesundheitsgefährdenden Stoffen, für die nach naturwissenschaftlichen Erkenntnissen keine Wirkungsschwelle bestimmt werden kann, jenseits derer Gesundheitsrisiken nicht bestehen, begnügt sich die TA Luft damit, den erforderlichen Schutz der menschlichen Gesundheit durch die Verpflichtung des Anlagenbetreibers sicherzustellen, Emissionen solcher Stoffe unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit so weit wie möglich zu begrenzen (vgl. zum Gazen: BVerwG, Urt. v. 11.12.2003, a.a.O., RdNr. 12 f. in Juris, m.w.N.).

14

Zwar spricht Vieles dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 14.01.2010 – 8 B 1015/09 –, UPR 2011, 33 [35]; RdNr. 58 in Juris). Es entspricht aber auch allgemeiner Auffassung, dass bei Bioaerosolen bzw. luftgetragenen Krankheitserregern derzeit Risiken nicht abschließend quantifizierbar und kausale Verursachungszusammenhänge nicht hinreichend bekannt sind und dass wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Erkenntnisse darüber fehlen, von welcher Wirkschwelle an konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personen ausgehen. Die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst in jüngster Zeit durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen zudem. Die Absterberate während der Transmission durch Einflüsse wie zum Beispiel durch UV-Licht, Temperatur und Wirkungen von Luftradikalen ist unbekannt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, Beschl. v. 22.03.2012 – 22 ZB 12.149, 22 ZB 122 ZB 12.151 –, Juris, RdNr. 16; NdsOVG, Beschl. v. 09.08.2011 – 12 LA 55/10 –, NvwZ-RR 2012, 18, RdNr. 10 in Juris; OVG NW, Beschl. v. 14.01.2010, a.a.O., RdNr. 60). Auch der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber gibt, welche Gefährdung von Keimen aus Massentierhaltungsanlagen auf die Wohnbevölkerung ausgehen, insbesondere wie weit der Staub und Endotoxine der Stallluft getragen werden (vgl. Urt. d. Senats v. 06.02.2004 – 2 L 5/00 –, Juris, RdNr. 54).

15

Ebenso ist die Prognose mit Unsicherheiten behaftet, dass es ggf. von einem Mastbetrieb ausgehend zu Krankheiten in einer benachbarten Tierhaltung kommen werde. Messbare Größen für Keime in Tierhaltungsbetrieben oder überhaupt Erkenntnisse darüber, ab welcher Keimzahl generell oder für bestimmte Erreger von einer Schädlichkeit ausgegangen werden muss, also einen Immissionsgrenzwert, gibt es auch insoweit nicht. Zuverlässige wie auch den Bedürfnissen der Praxis entsprechende Mindestabstände zur Minimierung des Risikos einer Übertragung von Tierkrankheiten zwischen benachbarten Tierhaltungen können daher ebenfalls nicht angegeben werden; solche wurden daher bislang auch nicht in Rechtsvorschriften oder Regelwerken festgelegt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, Urt. v. 24.03.2011 – 22 B 10.2316 –, DVBl 2011, 773 [774 f.], RdNr. 23 f.).

16

Nichts anderes gilt für Fälle, in denen die Möglichkeit besteht, dass Keime nicht unmittelbar von einer Tierhaltungsanlage zu einer anderen benachbarten Tierhaltungsanlage übertragen werden, sondern lediglich mittelbar über Futtermittel, die in benachbarten Gebäuden gelagert werden. Hier dürfte sich noch viel weniger abschätzen lassen, in welchem Umfang und wie lange dort Keime überleben und inwieweit die von diesen Futtermitteln versorgten Tiere dadurch einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

17

Nach der bisher vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung sind – worauf die Vorinstanz hingewiesen hat – zwar Ausnahmefälle denkbar, in denen gleichwohl eine Verletzung der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger in Betracht kommt, etwa bei einem besonders hohen Infektionsrisiko (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22.03.2012, a.a.O.). Dies mag in Betracht kommen, wenn das Vorhaben in unmittelbarer Nähe zu anderen von Menschen bewohnten Anlagen oder auch anderen Tierhaltungsanlagen errichtet werden soll, die betroffenen Anlagen in der Hauptwindrichtung liegen und zudem ungünstige Ableitbedingungen der Stallluft gegeben sind. Dies mag sich damit rechtfertigen lassen, dass als nachteilige Wirkungen von Bioaerosolen hauptsächlich gesundheitliche Beeinträchtigungen in Gestalt von Atemwegs- und Allergieerkrankungen bekannt geworden sind.

18

Hinreichende wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko für Mensch oder Tier durch Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger auch dann besteht, wenn in der (unmittelbaren) Nachbarschaft Nahrungs- oder Futtermittel gelagert werden, liegen jedoch bislang – soweit ersichtlich – nicht vor. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass in der Fachliteratur die luftgetragene Kontamination von Futter- oder Nahrungsmitteln mit Bioaerosolen praktisch nicht diskutiert werde. Die Ungewissheit eines Schadenseintritts ist auch im vorliegenden Verfahren daran deutlich geworden, dass die mit dem Vorhaben befassten Fachleute das Infektionsrisiko durch Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger unterschiedlich eingeschätzt haben. Die Mitarbeiterin im Referat 203 des Antragsgegners, Frau Dr. P., vertrat in ihren Stellungnahmen vom 04.11.2010 und 13.05.2011 (Bl. 306 und 328 der Beiakte C) die Auffassung, es bestehe aufgrund der Nähe der beiden Betriebe zueinander die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung des Nahrungs- und Futtermittelgetreides. Die Diplomveterinärmedizinerin W. hat in ihrer Stellungnahme vom 04.07.2012 (Anlage K 4 zur Antragsschrift vom 31.07.2012) ausgeführt, dass über die Abluft Keime in das Getreidelager getragen würden, so dass mit dem Futter als Vektor auch pathogene Keine in die Ställe der Antragstellerin gelangen könnten. Hingegen hat die Leiterin des Fachbereichs „Immissionsprognostische Gutachten“ des Ingenieurbüros E. in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 31.01.2013 (Anlage 2 zum Schriftsatz vom 04.02.2013) die Ansicht vertreten, dass in der Fachliteratur die luftgetragene Kontamination des Futters keine Rolle spiele. Stets werde eine schädigende Wirkung allein über die Atemwege genannt, und zwar auch deshalb, weil die Konzentration an Keimen durch direkte Kontamination/Keimübertragung weitaus höher sei als durch luftgetragene. Dies werde schon daran deutlich, dass die Staubkonzentration innerhalb eines Stalles im mg/m³-Bereich um Potenzen höher liege als außerhalb an den Immissionsorten im µg/m³-Bereich. Futter könne nur durch direkte Berührung, beispielsweise durch keimtragende Vögel oder Nagetiere während der Hallenlagerung so kontaminiert werden, dass tatsächlich eine Gefahr für die das Futter aufnehmenden Tiere bestehe.

19

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 19.2, 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 13. Juni 2013 - 2 M 16/13

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 13. Juni 2013 - 2 M 16/13 zitiert 10 §§.

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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 13. Januar 2012 wird abgeändert. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragsteller wird nach Maßgabe der folgenden Anordnung abgelehnt:

Den Beigeladenen wird aufgegeben, die Belegung der Teststrecke auf dem Flugplatz M... für Zwecke der Beigeladenen zu 2) mit einem Vorlauf von einer Woche schriftlich an den Antragsgegner zu melden, bei kürzerer Buchung der Strecke unverzüglich.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten beider Beigeladenen haben die Antragsteller zu je 3/8, die Antragsgegnerin zu 1/8 und die Beigeladenen zu je 1/16 zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die vorläufige Inbetriebnahme eines Automobil-, Test- und Erprobungszentrums auf dem Konversionsgelände Flugplatz M... Die Beigeladene zu 1) wendet sich als neuer Eigentümer und Investor des Geländes mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz (7 L 1074/11), mit dem es auf den Antrag der Antragsteller die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen nach §§ 4, 6, 10 und 16 BlmSchG erteilten Genehmigung des Antragsgegners vom 16.09.2011 wiederhergestellt hat. Die Beigeladene zu 2) ist Mieterin und Betreiberin der Anlage.

2

Die Antragstellerin zu 1) ist Miteigentümerin des Grundstücks I... K... ..., ... K..., der Antragsteller zu 2) des Grundstücks A... W... ..., ... K... Südwestlich der Gemeinde K... liegt in ungefähr 1.300 m Entfernung der frühere Heeresflugplatz der Bundeswehr (G...-P...-Kaserne). Die Gesamtfläche von 188 ha verteilt sich auf die Verbandsgemeinden M... und P... Diese haben den Zweckverband "Konversion Flugplatz M..." gegründet und ihm die Bauplanungshoheit zur städtebaulichen Fortentwicklung der Flächen übertragen. Die bereits eingeleiteten Bauleitplanverfahren (Änderung der Flächennutzungspläne der Gemeinden M... und P... und zur erstmaligen Aufstellung eines Bebauungsplans) sind derzeit noch nicht abgeschlossen.

3

Nach den Festlegungen eines städtebaulichen Vertrages vom 03.02.2009 zwischen dem Zweckverband Konversion Flugplatz M..., dem Land Rheinland-Pfalz und der Beigeladenen zu 1) soll die Liegenschaft – ein früherer Standort der Bundeswehr – einer gewerblich-industriellen Folgenutzung zugeführt werden. In dem Konversionsvertrag wird die Weiternutzung der vorhandenen Infrastruktur in Form der vormaligen Start- und Landebahn samt Nebenbereichen als ein Fahrzeugentwicklungszentrum ermöglicht.

4

Unter dem 16.09.2011 genehmigte der Antragsgegner der Beigeladenen zu 1) die Errichtung und den Betrieb eines Automobil-, Test- und Erprobungszentrums auf dem Konversionsgelände Flugplatz M... (Bl. 42 GA). Der Genehmigung beigefügt waren verschiedene Auflagen zum Immissionsschutz sowie zahlreiche weitere Nebenbestimmungen. Die Genehmigung erging im Hinblick auf den künftigen Bebauungsplan „Konversion Flugplatz M...“ der nach Darstellung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Planreife erreicht hat. Zur Sicherstellung der Einhaltung der im Bebauungsplan vorgesehenen Lärm-Emissionskontingente sieht die streitgegenständliche Genehmigung vom 16.09.2011 zugunsten der betroffenen Wohngebiete der Umgebung den Einsatz eines sog. Monitoringsystems vor, wodurch die Schallemissionen der Anlage durch Vergleich mit berechneten Schwellenwerten kontinuierlich überwacht werden sollen.

5

Gegen die Genehmigung haben die Antragsteller mit getrennten Schreiben vom 28.09. und 17.10.2011 zunächst ohne Begründung Widerspruch erhoben. Unter dem 06.10.2011 ordnete der Antragsgegner mit gesondertem Bescheid die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 16.09.2011 an (Bl. 61 ff GA). Mit dem angegriffenen Beschluss vom 13.01.2012 hat das Verwaltungsgericht Koblenz die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom 16.09.2011 wiederhergestellt. Bereits zuvor – am 05.01.2012 – hatte die Beigeladene zu 1) die Wirkungen des Bebauungsplans für sich und ihre Rechtsnachfolger nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB schriftlich anerkannt (Bl. 378 GA).

6

Die Beigeladene zu 1) hat am 01.02.2012 Beschwerde erhoben und unter dem 15.02.2012 ausführlich begründet. Mit der Beschwerde eingereicht wurde ein Bescheid des Antragsgegners vom gleichen Tag, in dem die Begründung des Sofortvollzugs über mehrere Seiten ergänzt wurde (Bl. 553 GA). Unter dem 02.03.2012 hat die Beigeladene zu 1) ergänzend eine Zwischenregelung im Sinne einer vorläufigen Genehmigung beantragt, was der Senat mit Beschluss vom 07.03.2012 zurückgewiesen hat. Die Antragsteller sind der Beschwerde in ihrem Schriftsatz vom 20.03.2012 umfassend entgegen getreten.

II.

7

1. Die Beschwerde der Beigeladenen ist überwiegend begründet, weil eine umfassende Güter- und Interessenabwägung nach §§ 80a Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 5 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache ergibt, dass das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das Verwirklichungsinteresse der Beigeladenen nicht überwiegt. Dabei ist hinsichtlich der Erfolgsaussichten in der Hauptsache auf eine etwaige Verletzung von subjektiv-rechtlichen, also nachbarschützenden Normen abzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), während es hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 3 VwGO auf die Einhaltung der dortigen formalen Voraussetzungen ankommt.

8

2. Bei der rechtlichen Beurteilung ist zunächst im Rahmen der dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nicht um den "Normalfall" der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes handelt, an dem lediglich die erlassende Behörde und der Adressat der Regelung selbst beteiligt sind. Es liegt vielmehr ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung vor, durch den ein Dreiecksverhältnis entsteht: Von den Rechtswirkungen der Genehmigung werden die erlassende Behörde, der begünstigte Genehmigungsinhaber und die von der Genehmigung betroffenen Nachbarn erfasst. Mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung wird in diesen Fällen mithin regelmäßig in erster Linie zwischen widerstreitenden Bürgerinteressen entschieden. Der vom Rechtsstaatsgedanken gebotene Schutz des Einzelnen gegenüber Eingriffen des Staates, der im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG eine sofortige Vollziehung von staatlichen Maßnahmen gegenüber dem Bürger nur in den engeren Grenzen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 1. Alt. VwGO zulässt, tritt daher zurück. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hat in solchen Fällen mehr schiedsrichterlichen Charakter, wobei die voraussichtlichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ein zentraler, aber nicht der alleinige Maßstab der gerichtlichen Entscheidung sind. Dem trägt auch § 80 Abs. 2 Nr. 4, 2. Alt. VwGO Rechnung, wonach auf das "überwiegende Interesse eines Beteiligten" zur Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgestellt werden kann. Ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten im Sinne der Vorschrift ist daher dann nicht anzunehmen, wenn das von ihm eingelegte Rechtsmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss (vgl. BVerfG; Beschluss vom 01.10.2008, 1 BvR 2466/08 BRS 73 Nr. 164 (2008); früher schon BVerwG, Beschluss vom 22.11.1965, DVBl 1966, 273).

9

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es bei im Ergebnis nicht erfolgreichen Einwendungen von Nachbarn zu finanziellen Mehrbelastungen eines Vorhabenträgers oder Bauherren kommen kann, die allein aus prozessualen Gründen „das Aus“ für ein Vorhaben bedeuten können, ohne dass sich im Hauptsacheverfahren die dagegen gerichteten Vorbehalte als rechtlich erheblich herausstellen. Zudem kann bei der Interessenabwägung unterschieden werden zwischen den Fällen in denen das Objekt der Genehmigung erst noch zu errichten ist (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 29.02.2012, 1 B 11389/11.OVG – Erweiterung Bleirecycling-Anlage) und denen, wo schon ein mittels Investitionen eingerichteter Betrieb vorhanden ist, so dass jeder Monat der Nichtnutzung zu erheblichen finanziellen Verlusten bis hin zur Aufgabe des Vorhabens führen kann. Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die Wiederherstellung des Sofortvollzuges anzuordnen, jedoch von ergänzenden Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft abhängig zu machen (§ 80 Abs. 5 S. 4 VwGO).

10

3. Die Begründung des Sofortvollzuges der streitgegenständlichen Genehmigung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO war ordnungsgemäß.

11

a. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO normiert formelle Rechtsmäßigkeitsvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes. Die Vollziehungsanordnung ist grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht lediglich formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung des § 80 Abs. 3 VwGO hat dabei insbesondere den Zweck, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollziehungsanordnung veranlasst haben, ihre Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 84 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 22.01.2001, NJW 2001, 3427). Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gebietet aber nicht, dass die Behörde mit substantiierten tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen das besondere Vollzugsinteresse begründet (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13.03.2003, NVwZ-RR 2003, 724).

12

b. Diese Voraussetzungen waren vorliegend schon mit der Begründung des Bescheides vom 06.10.2011 erfüllt. Der Antragsgegner hat zur Begründung gemäß der Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO nach Darlegung der Interessen der Beigeladenen ausgeführt, dass aufgrund der zahlreichen Nebenbestimmungen der angefochtenen Genehmigung sowie der damit einhergehenden ständigen Überwachung gewährleistet sei, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren sowie rechtlich erhebliche Nachteile und Belästigungen nicht hervorgerufen werden können. In dem hier vorliegenden Dreiecksverhältnis ist auch zu beachten, dass die Nachbarn bis dahin ihre vorliegenden Widersprüche nicht begründet hatten. Dass in diesem Zusammenhang seitens des Antragsgegner oder der Beigeladenen (noch) keine konkreten Schadensbeträge angeführt werden, ist unschädlich, da auf der Hand liegt, dass die Vorhaltung einer solchen Anlage nach deren Einrichtung zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führt, wenn die Anlagen bis zum rechtskräftigen Abschluss der eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren nicht betrieben und keine Einnahmen zur Kostendeckung erzielt werden können.

13

c. Darüber hinaus ist zu sehen, dass aus der Eigenschaft als formelle Rechtsmäßigkeitsvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit folgt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Erwägungen der Behörde auch inhaltlich – im Sinne des objektiven Rechts und der Interessen der Beteiligten – vollständig zutreffend sind. Dies ist erst bei der umfassenden von dem Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO zu prüfen. Dieser „Vollprüfung“ muss sich die streitgegenständliche Genehmigung, nicht jedoch bereits die Anordnung der Vollziehbarkeit stellen. Nach alledem dürfen die Anforderungen an eine Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO nicht überspannt werden (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13.03.2003; zuletzt OVG RP, Beschluss vom 09.02.2011, 10 B 11312/10).

14

4. Darüber hinaus entspricht die nachgeschobene umfangreiche Begründung vom 15.02.2012 (Bl. 553 GA) offensichtlich vollständig diesen Anforderungen. Der Senat schließt sich der Ansicht an, dass die nachträgliche Ergänzung der Gründe des Sofortvollzuges vom 15.02.2012 gemäß § 80 Abs. 3 VwGO nach dem Rechtsgedanken des § 45 Abs. 2 VwVfG grundsätzlich im Laufe des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nachgeholt werden kann (ebenso OVG MV, Beschluss vom 20.01.1998, NVwZ-RR 1999, 409; BayVGH, Beschluss vom 06.03.1997, BayVBl 1998, 373). Dabei sollte die Heilungsmöglichkeit bis zum Abschluss des gerichtlichen Eilverfahrens entsprechend den Grundsätzen zu § 114 Satz 2 VwGO zur materiellen Befugnis ausgelegt werden, so dass zumindest eine Ergänzung der Erwägungen möglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.09.2006, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr 115). Es wäre auch ein prozessökonomisch fragwürdiges Ergebnis, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit aufgrund eines Mangels nach § 80 Abs. 3 VwGO aufzuheben wäre, aber dann sofort wieder erneut ergehen dürfte. Darüber hinaus hätte die Antragsgegnerin dem Bescheid vom 15.02.2012 mit seiner umfassenden Begründung auch eine erneute Anordnung des Sofortvollzugs beifügen können. Der Gegenseite entstehen dadurch keine prozessualen Nachteile, da sie in solchen Fällen mit einer Erledigungserklärung nach § 161 Abs. 2 VwGO reagieren kann.

15

5. Es ist im Rahmen der für das einstweilige Rechtsschutzverfahren maßgeblichen Prüfung nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche Genehmigung zugunsten der Beigeladenen rechtswidrig ist und damit aufzuheben wäre.

16

a. Ein Rechtsverstoß folgt zunächst nicht aus der zu Beginn des Verfahrens zunächst noch fehlenden Anerkennung nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB. Nach dieser Vorschrift ist in Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ein Vorhaben schon vor Abschluss des Planverfahrens zulässig, wenn die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung durchgeführt worden ist und anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht und die Erschließung gesichert ist. Zudem muss der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennen.

17

b. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der hier maßgebliche Bebauungsplan „Konversionsgebiet Flugplatz M...“ die nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erforderliche „Planreife“ erreicht hat, nachdem die Bürger- und Behördenbeteiligung bereits Ende Februar 2011 abgeschlossen waren und gegenteilige Erkenntnisse im Verfahren nicht ersichtlich wurden. Der Inhalt dieses Bebauungsplanes ergibt sich aus den in der Akte befindlichen Textfestsetzungen und Begründungen. Dabei ist es naheliegend, dass die geplante Nutzung auch den Festlegungen des städtebaulichen Vertrages vom 03.02.2009 entspricht, ohne dass dies hier näherer Ausführung bedürfte.

18

c. Es ist indessen nicht davon auszugehen, dass die nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB erforderliche schriftliche Erklärung der Beigeladenen zu 1) derzeit (noch) fehlt. Zutreffend ist zwar, dass sich eine Erklärung zunächst nicht in den Verwaltungsakten befand und insofern diese formale Voraussetzung nicht erfüllt war. Zutreffend ist auch, dass die Erklärung nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB grundsätzlich vor der Entscheidung der Behörde als Voraussetzung für die städtebauliche Zulässigkeit eines Vorhabens vorzuliegen hat. Dies schließt indessen nicht aus, dass die notwendige Erklärung im laufenden gerichtlichen Verfahren nachgereicht wird. Entsprechend den Grundsätzen des § 45 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG können derartige Verfahrenshandlungen noch bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Es wäre indessen auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten verfehlt, den streitgegenständlichen Bescheid wegen des ursprünglichen Fehlens der Erklärung nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB aufzuheben, um ihn dann mit gleichem Inhalt und derselben beigefügten Erklärung erneut zu erlassen bzw. erlassen zu müssen.

19

d. Im Übrigen kann das Begehren der Antragsteller schon deswegen aufgrund von § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nicht zum Erfolg führen, weil insofern eine Verletzung drittschützender Rechte nicht dargetan ist. Denn § 33 BauGB kann nur in dem Umfang Drittschutz vermitteln, in dem die antizipiert angewandten künftigen Festsetzungen des Bebauungsplanes selbst dem Drittschutz dienen (OVG NRW, Beschluss vom 15.02.1991, NWVBl 1991, 267). Eine losgelöste Berufung auf § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB unabhängig von dem Inhalt der Baugenehmigung und des Bebauungsplans ist dagegen nicht anzuerkennen. So besteht etwa auch ein Nachbarschutz gegenüber einer Veränderungssperre selbst dann nicht, wenn der Bebauungsplan zugunsten der Nachbarn später nachbarschützende Vorschriften enthält (BVerwG, Beschluss vom 05.12.1988, BauR 1989, 1861). Inhalt des Anerkenntnisses nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Antragstellers für sich und seine Rechtsnachfolger, die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans gegen sich gelten zu lassen, d.h. alles zu unterlassen, was mit den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vereinbar ist. Würde man dem Nachbarn auch zugestehen, dass eine in Rede stehende Verletzung des § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ihn zur Anfechtung berechtigt, würde dies über die Funktion des subjektiven Rechts hinausgehen. Welche Rechtsschutzlücke für die Antragsteller aus einer entsprechenden Handhabung bei § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB folgen soll, haben diese hier aber nicht dargetan.

20

6. Auch im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Überprüfung ist nicht festzustellen, dass die Genehmigung vom 16.09.2011 offensichtlich rechtswidrig wäre. Es ist nach Aktenlage auf der Grundlage der im einstweiligen Rechtsschutz möglichen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon auszugehen, dass ein rechtmäßiger Betrieb der Teststrecke unter Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA-Lärm und Beachtung der Emissionskontingentierung auf der Grundlage der streitgegenständlichen Genehmigung grundsätzlich möglich sein wird. Im Übrigen können hierzu aber auch aus dem laufenden Betreib weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Für die hier maßgebliche Interessenabwägung im Einzelnen gilt Folgendes:

21

a. Die Nutzung des Flugplatzes (auch) als automobiles Testzentrum entspricht den Konversionszielen des Landes Rheinland-Pfalz und den planungsrechtlichen Zielen der beteiligten Gemeinden. Insbesondere sieht der genannte städtebauliche Vertrag „Konversion Flugplatz M...“ dieser Parteien mit der Beigeladenen zu 1) als Investor vom 03.02.2009 dies für den Flugplatz ausdrücklich vor (Auszug § 3 Abs. 2a):

22

Die Parteien sind sich darüber einig, dass die vorhandene Start- und Landebahn auch zukünftig genutzt wird. Die für diese beabsichtigte zivile Luftverkehrsnutzung erforderliche luftverkehrsrechtliche Änderungsgenehmigung ist zwischenzeitlich von der M... Flugplatz GmbH beantragt worden. Die vorhandene Start- und Landebahn samt Nebenbereichen (Taxiways und Grünflächen) – Anlage 5 - soll zudem zukünftig als Fahrzeugentwicklungszentrum genutzt werden. soweit dies immissionsschutzrechtlich zulässig ist und den Festsetzungen der luftverkehrlichen Änderungsgenehmigung sowie der verbindlichen Bauleitplanung nicht widerspricht.

23

Unabhängig von dem Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sollen nur Testfahrten und Motorentests mit Fahrzeugen zulässig sein, die nach der Straßenverkehrszulassungsordnung zugelassen sind oder zugelassen werden können oder deren Lärmemissionen geringer sind.

24

b. Diese vertraglichen Vorgaben hat der Zweckverband Konversion Flugplatz M... im Rahmen der Bauleitplanung aufgegriffen und in dem Entwurf von Januar 2011 umfassend berücksichtigt. Auf der Grundlage eines sogenannten „Masterplanes“ erfolgte im August 2010 eine schalltechnische Untersuchung zur Geräuschkontingentierung für den Bebauungsplan Konversionsgebiet Flugplatz M...“ des Ing.-Büro ISU, Bitburg. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Wohn- und Gewerbegebiete wurden im Rahmen der Geräuschkontingentierung Gesamt-Immissionswerte festgelegt (S. 13, 19 Gutachten ISU). Dabei wurde als immissionsempfindliche Nutzung u.a. auch der Wohnbereich östlich des Konversionsgeländes in K... ausdrücklich benannt und berücksichtigt. Sodann wurden Richtungsemissionskontingente für die Tag- und Nachtzeit sowie richtungsabhängige Zusatzkontingente festgelegt.

25

c. Dieses umfassende Konzept der Geräuschkontingentierung der Firma ISU ist hinsichtlich des Betriebs der Test- und Erprobungsstrecke für Kraftfahrzeuge für die streitgegenständliche Genehmigung seitens des schalltechnischen Büros BeSB GmbH, Berlin ausführlich bei der konkreten Umrechnung in Immissionen zunächst im Gutachten vom 25.06.2010 berücksichtigt worden. Dabei wurden hinsichtlich der verschiedenen Rundkurse der Teststrecke ermittelte Dauerschallpegel gebildet, die nicht überschritten werden dürfen. Die aus dem Gutachten ISU resultierenden Emissionskontingente hat das Büro BeSB in Immissionskontingente hinsichtlich der 16 ausgewählten Immissionspunkte (davon 3 in K..., 7 in M... und 2 in T...) umgerechnet. Um eine noch genauere Anpassung an die Vorgaben des Gutachtens ISU zu erreichen, hat BeSB die Werte der im Genehmigungsbescheid als maßgeblich für die Immissionswerte genannten „Tabelle 2“ in einem Ergänzungsgutachten vom 04.01.2011 nochmals korrigiert. Auf der Grundlage dieser Berechnungen und Kontingentierungen wurde das Monitoring-System der permanenten Überwachung der Lärmimmissionen von dem Antragsgegner in die Genehmigung integriert.

26

7. Der Senat hält diese Vorgaben unter Hinzuziehung der im Tenor entsprechend § 80 Abs. 5 S. 4 VwGO ergänzten Auflage auch praktisch für ausreichend, um dem Schutz der Nachbarschaft – jedenfalls bis zu einer Hauptsacheentscheidung – Rechnung zu tragen. Die Begutachtungen der BeSB vom 25.06.2012, vom 04.01.2011 und 20.01.2012 sind hinreichend plausibel und fundiert, um einen (vorläufigen) Betrieb der Anlage zuzulassen. Die gegen die Genehmigung vom 16.09.2011 und der zugrunde liegende Begutachtung vorgetragenen Einwände der Antragsteller greifen auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Gutachten des Instituts ... C... vom 19.12.2011, vom 02.01.2012 und vom 16.03.2012 dagegen (derzeit) nicht durch.

27

a. Dabei ist zunächst nicht zu erkennen, dass das System einer richtungsabhängigen Immissionskontingentierung (DIN 54691) aus der Bauleitplanung für die Regulierung der streitgegenständlichen Anlage grundsätzlich unzulänglich sein sollte (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 08.03.2012, 1 C 10775/11 – ESOVGRP). Weiter ist davon auszugehen, dass die konkret ausgewählten Immissionsorte für eine Beurteilung des notwendigen Immissionsschutzes ausreichend sind. Hinsichtlich der Lage der Wohnorte der Antragsteller sind die Immissionsorte IP 04a (W... Weg ..., K...) und IP 04b (R... 45, K...) als hinreichend repräsentativ anzusehen, denen einen Immissionskontingent von 47,4 bzw. 46,0 dB(A) tags inkl. Zusatzkontingent zugewiesen worden ist.

28

b. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass das von dem Antragsgegner zwingend vorgeschriebene Monitoringsystem gegen das System der TA Lärm verstößt, dessen Funktionsfähigkeit nicht gewährleistet ist und eine Sonderfallprüfung unabdingbar wäre.

29

Für eine Prüfung im Regelfall nach Nr. 3.2.1 TA Lärm ist ein Vergleich des Beurteilungspegels nach Nr. 2.10 TA Lärm mit den Immissionsrichtwerten nach Nr. 6 TA Lärm geboten. Der Beurteilungspegel beruht dabei auf den physikalisch zu ermittelnden Größen für Schalldruck, Schallfrequenz und Dauer der Schalleinwirkungen (Nr. 2.7 i.V.m. Nr. 2.6 TA Lärm). Für die gebotene Einhaltung der Immissionsrichtwerten nach Nr. 6 TA-Lärm gibt es verschiedene Möglichkeiten der Lärmregulierung, wobei aktive und passive Schallschutzmaßnahmen in den Blick zunehmen sind (vgl. zum möglichen Schallschutz auch § 3 des städtebaulichen Vertrags). Dementsprechend stellt es einen zielführender Ansatz dar, durch die Bildung von richtungsbezogenen Emissionskontingenten den Betrieb in einer Weise zu steuern, dass er nachbarverträglich ausgeführt werden kann, unverträglicher Lärm mithin erst gar nicht entstehen kann. Demgegenüber sind die Vorgänge eines automobilen Testzentrums nicht völlig zu antizipieren, so dass der Vorhalt einer unzureichenden Darstellung der Betriebsabläufe aus Sicht des Immissionsschutzes nicht greift, da umgekehrt der zulässige Betrieb von den Emissionskontingenten gedeckelt wird.

30

c. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen summarischen Prüfung ergeben sich für den Senat auch keine ernstlichen Zweifel an der Funktionsfähigkeit des Messsystems. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorhalt, es müsse im Bescheid sichergestellt werden, dass die verantwortlichen Personen vor Ort im Hinblick auf das Monitormessverfahren ausreichend instruiert seien, führt indessen zu weit. Dies ist eine Frage des Verwaltungsvollzugs und nicht notwendigerweise im Genehmigungsbescheid zu regeln. Auch die damit im Zusammenhang stehenden Zweifel an der ordnungsgemäßen Einrichtung der Monitormessvorrichtung führen nicht zum Erfolg des Begehrens der Antragsteller. Zum einen sind diese Zweifel nur unsubstantiiert geäußert worden. Zum anderen hat der Senat aber mit der Auflage einer Meldepflicht der künftigen Streckenbelegung dafür Sorge getragen, dass die zuständige Genehmigungsbehörde bei kritischen Veranstaltungen oder auch stichprobenartig im Normalbetrieb selbst die Messungen fachlich begleiten kann. Dies führt zu einer erheblichen Transparenz des künftigen Betriebs und möglicherweise auch zu validen Ergebnissen für das Hauptsacheverfahren.

31

d. Die von den Antragstellern weiterhin angezweifelten Möglichkeiten der Einhaltung der Immissionskontingente kann ebenfalls im weiteren Betrieb geprüft und nachgewiesen werden. Es ist gerade nicht so, dass erst eine umfassende Begutachtung mit immer neuen Parametern Klarheit hinsichtlich der Lärmbelastung schafft. Vielmehr ist es sachdienlich, dem Betreiber die Möglichkeit im Rahmen der vorläufigen Vollziehung zu geben, die Funktionsfähigkeit seines Lärmschutzkonzepts unter Beweis zu stellen. Umgekehrt wäre bei einem Nichtbetrieb bis zur Hauptsacheentscheidung ausschließlich auf weitere theoretische Berechnungen abzustellen. Gleichwohl schließt der Senat nicht aus, dass weitere Sachverhaltsermittlungen etwa durch Einholung eines „neutralen Sachverständigengutachtens“ angezeigt seien könnten.

32

e. Der Senat folgt nicht der Darlegung der Antragsteller, dass eine worst-case-Betrachtung im vorliegenden Fall zwingend zu einem anderen Ergebnis führen müsste. Der Gutachter der Antragsgegner und der Beigeladenen (Ing.-Büro ... GmbH) hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Testfahrten mit besonders lauten Sportwagen insbesondere zur besseren Messbarkeit und Unterscheidbarkeit der verschiedenen Geräuschquellen durchgeführt worden sei. Daraus lässt sich zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beigeladenen nicht schließen, dass eine solche geräuschintensive Nutzung dauerhaft über einen längeren Zeitraum anzunehmen wäre. Vielmehr ist – wie bereits ausgeführt – die Nutzung der Teststrecke davon abhängig, dass die Fahrzeuge zumindest die Möglichkeit einer Straßenverkehrszulassung besitzen. Dies schließt von vorneherein den Einsatz von Formel 1-Fahrzeugen oder ähnlich motorisierter Automobile auf der Teststrecke aus. Hinzu kommt im Rahmen der Interessenabwägung, dass im bisherigen Betrieb nach den glaubhaften Angaben des Antragsgegners die einzuhaltenden Schwellenwerte nicht überschritten wurden (vgl. exempl. Schreiben vom 06.03.2012, Bl. 650 GA).

33

f. Ebenfalls nicht durchzudringen vermögen die Antragsteller mit der Einwendung, dass lediglich Schallausbreitungsberechnungen auf Basis des beanstandeten Monitorings vorgenommen und keine Messungen durchgeführt worden seien. Schon im Hinblick darauf, dass derzeit kein Betrieb auf der Strecke stattfindet, ist das Festhalten an der Methode der Schallausbreitungsberechnung vorliegend nicht zu beanstanden. Die Antragsteller können nicht im Rahmen ihres Rechtsschutzbegehrens eine vorläufige Einstellung des Betriebes bis zur abschließenden Entscheidung der Hauptsache fordern und zugleich tatsächliche Lärmausbreitungsmessungen verlangen.

34

g. Schließlich führen die von dem Verwaltungsgericht beanstandeten Nebenbestimmungen des Bescheides im Rahmen der Prüfung im Eilverfahren nicht zur Suspendierung der Genehmigung. Die hier insbesondere streitige Nebenbestimmung (Auflage I 2) lautet:

35

Die einzuhaltenden Schwellenwerte sind während des Betriebes zu beobachten und zu bewerten. Sollte sich im Fahrbetrieb herausstellen, dass die Schwellenwerte voraussichtlich erreicht bzw. überschritten werden, so ist der Betrieb entsprechend zu reduzieren bzw. einzustellen. Das Messmonitoring ist von einer nach §§ 26, 28 BImSchG benannten Stelle durchzuführen.

36

Auflage I 2 ist als permanente Pflicht des jeweiligen Betreibers zu verstehen und setzt – wie von den Beteiligten zutreffend erkannt – einen gewissen Sachverstand der jeweiligen damit beauftragten Personen voraus. Dies ist jedoch – wie bereits angedeutet – eine Frage des Verwaltungsvollzuges und kann nicht abstrakt für die Zukunft festgelegt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die nach §§ 26, 28 BImSchG beauftragte Stelle entsprechende Schwachstellen in der Messung aufgreifen und mit den vor Ort beauftragten Personen abstellen würde. Hier gilt, dass Verstöße gegen diese Regelung zwar nicht unmittelbar seitens des Antragsgegners oder der SGD-Nord geahndet werden könnten. Eine solche Regelung wäre indessen auch ein atypischer Ausnahmefall, der in einem Genehmigungsbescheid regelmäßig nicht gefordert werden kann.

37

Auch die Auflage I 4 stellt die Rechtmäßigkeit der Genehmigung insgesamt nicht in Frage. Diese lautet:

38

Fahrzeuge, die bzgl. ihrer Schallemission als grenzwertig einzustufen sind, sind mit zwei Messungen vor dem Betrieb auf die Einhaltung folgender Grenzwerte zu überprüfen: - Nahfeldmessmethode: Grenzwert 100 dB(A) - beschleunigte Vorbeifahrt: Grenzwert 95 dB(A) (nach DMSB Geräuschvorschriften 2009) Die Messergebnisse sind mindestens 1 Jahr aufzubewahren und auf Verlangen der SGD Nord, Regionalstelle Gewerbeaufsicht Koblenz, in Klarschrift vorzulegen.

39

Hier kann zunächst in Ermangelung anderer Erkenntnisse nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die vor Ort beauftragten Personen des Betreibers nicht über die erforderliche Sachkunde verfügen, ein Kraftfahrzeug als „grenzwertig“ einzustufen. Der Senat gesteht den Angriffen gegen diese Bestimmung zu, dass die Regelung dem Anwender einen gewissen Spielraum überlässt, der im Moment der Reaktion des jeweiligen Anwenders nicht näher überprüfbar ist. Wie auch sonst bei Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Verwaltung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23.02.2011, NVwZ 2011, 1142) obliegt die Aufgabe der Präzisierung und Konkretisierung - ungeachtet der etwaigen nachfolgenden uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung - zunächst den zuständigen Verwaltungsbehörden. Die streitgegenständliche Bestimmung dient der Vermeidung von Pegelspitzen durch Vorabaussonderung bestimmter Fahrzeuge und zwar zugunsten der Nachbarn. Soweit keine verwertbaren Daten des Herstellers vorliegen, muss die Einschätzung der sachkundigen Bearbeitung durch Mitarbeiter vor Ort vorbehalten sein. Dabei ist der Begriff „grenzwertig“ offensichtlich zunächst so zu verstehen, dass mutmaßlich ein Grenzwert 100 dB(A) bzw. 95 dB(A) bei beschleunigter Vorbeifahrt erreicht bzw. gerade nicht erreicht wird. Entscheidend ist aber, dass die nur vermeintlich vollzugslose Bestimmung (lex imperfecta) bei Fehleinschätzung des Betreibers dazu führt, dass das Emissionskontingent wesentlich schneller erreicht wird, so dass sich der Betreiber durch solche Vorgänge schon kurzfristig selbst schadet. Zudem dürfte im Rahmen der Auswertung des Monitorings nachträglich feststellbar sein, dass „unzulässige“ Fahrzeuge im Einsatz waren, was ggf. im Hauptsacheverfahren näher aufgeklärt werden kann. Durch das permanente Monitoring, die Aufbewahrungspflichten hinsichtlich der Messergebnisse für ein Jahr und die vom Senat zusätzlich angeordnete Ankündigung von geräuschintensiven Nutzungen der Teststrecke lässt es als fernliegend erscheinen, wegen der nicht vollständig vorhersehbaren Handhabung des Begriffs „grenzwertig“ seitens des Betreibers der Genehmigung den vorläufigen Vollzug zu versagen.

40

h. Der Senat lässt offen, ob es vorliegend eines ergänzenden Sachverständigengutachtens unter Einschluss einer Sonderfallprüfung nach Ziffer 3.2.2 TA Lärm bedarf. Dies dürfte von weiteren tatsächlichen Feststellungen abhängen. Für eine etwaige ergänzende Prüfung im Sonderfall gemäß Ziffer 3.2.2 TA Lärm gelten folgende Grundsätze:

41

aa. Im Rahmen einer Regelfallprüfung werden in pauschalierter Weise bereits die Ton- und Informationshaltigkeit (Nr. A.2.5.2 und A.3.3.5 des Anhangs TA Lärm), die Impulshaltigkeit (Nr. A.2.5.3 und A.3.3.6 des Anhangs TA Lärm), der Anteil tieffrequenter Geräusche (Nr. 7.3 TA Lärm) sowie Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit (Nr. 6.5 TA Lärm) durch Zuschläge berücksichtigt. Liegen jedoch im Einzelfall besondere Umstände vor, die bei der Regelfallprüfung keine Berücksichtigung finden, nach Art und Gewicht jedoch wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können, ob die Anlage zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, so ist ergänzend zu prüfen, ob sich unter Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalls eine abweichende Beurteilung ergibt. Dies stellt sich als eine notwendige Konsequenz des auf den Regelfall zugeschnittenen Beurteilungsverfahrens dar, das im Hinblick auf die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG in atypischen Fällen Abweichungen zu Gunsten oder zu Lasten des Betreibers der Anlage erfordert (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4, B 3.6, Nr. 3 TA Lärm, Rn. 51ff).

42

bb. In Nr. 3.2.2 Satz 2 TA Lärm werden beispielhaft Umstände genannt, die Anlass zu einer solchen Sonderfallprüfung geben können (vgl. Hansmann, TA Lärm, Nr. 3.2.2, Rn. 31). Als Umstände, die eine Sonderfallprüfung erforderlich machen können, kommen nach den Regelbeispielen der Nr. 3.2.2 S. 2 TA Lärm insbesondere in Betracht: Schwierigkeiten der Summenpegelbildung, Auswirkungen auf die Akzeptanz durch besondere Standortbindung und positive Einstellung der Betroffenen, künftig absehbare Verbesserungen sowie Herkömmlichkeit und soziale Adäquanz der Geräuschimmission.

43

Die Regelbeispiele des Nr. 3.2.2 S. 2 TA Lärm sind indessen grundsätzlich nur als Umstände zu verstehen, die trotz einer negativen Regelfallprüfung zur Genehmigungsfähigkeit der Anlage führen können (Hansmann, TA Lärm, Nr. 3.2.2, Rn. 34). Daher ergibt sich die Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung vorliegend nicht daraus, weil die von der genehmigten Test- und Erprobungsstrecke ausgehenden Geräuschemissionen möglicherweise „nicht sozialadäquat“ seien. Das Merkmal der sozialen Adäquanz soll vielmehr regelmäßig dazu dienen, bestimmte Vorgänge, die zum menschlichen Zusammenleben dazugehören und von der Gesellschaft positiv bewertet werden, nicht aus Gründen des Lärmschutzes untersagen zu müssen (vgl. Hansmann, TA Lärm, Nr. 3.2.2, Rn. 41 m.w.N; BVerwG, Urteil vom 12.12.1991, NJW 1992, 1779; Rechtsprechungsnachweise bei Feldhaus a.a.O., B 3.6, Nr. 3 TA Lärm, Rn. 71). Eine solche positive soziale Adäquanz kann die Rennstrecke nicht für sich in Anspruch nehmen. Umgekehrt sind in der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bisher keine Vorhaben als sozialinadäquat eingestuft worden, welche ansonsten TA-konform errichtet wurden. Solche Entscheidungen werden von den Beteiligten auch nicht benannt.

44

cc. Dagegen lässt sich die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, „ob tieffrequente Geräusche – über ein Regelfallmaß hinaus – auftreten und gesondert behandelt werden müssen“ im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend beurteilen. Allerdings kann die Genehmigung aus diesem Grund nicht suspendiert werden, weil ein erhebliches Potential dieser Geräusche bisher nicht plausibel dargelegt worden ist. Tieffrequente Geräusche sind gesondert in Ziffer 7.3 der TA Lärm geregelt und legaldefiniert als Geräusche, „die vorherrschende Energieanteile im Frequenzbereich unter 90 Hz besitzen“. Der Senat folgt im vorläufigen Verfahren der Einschätzung der Gutachter ... GmbH dass "erhebliche Energieanteile unterhalb von 90 Hz bei normaler bis sportlicher Fahrt“ mit Kraftfahrzeugen nicht über das Normalmaß erzeugt werden. Es ist daher derzeit – für einen Testbetrieb auf der Strecke – nicht davon auszugehen, dass vermehrt solche tieffrequenten Geräusche auftreten, die zu schädlichen Umwelteinwirkungen oder erheblichen Belästigungen führen könnten. Allerdings kann den Einwendungen der ... C... (siehe u.a. Schreiben vom 16.03.2012) im weiteren Verfahren näher nachgegangen werden.

45

dd. Nicht vollständig aufklärbar im Eilverfahren ist insbesondere auch die Frage, ob die von ... C... reklamierte Lästigkeit durch Pegelschwankungen (abruptes Bremsen, Anfahren etc. – vgl. u.a. Bl. 742 GA) in dieser beschriebenen Weise besteht, ob also tatsächlich eine am Wohnort der Antragsteller spürbare und erhebliche Lästigkeit durch Impulshaltigkeit feststellbar sein wird. Die diesbezüglichen Ausführungen der A... vom 16.03.2012 können bisher nicht als widerlegt gelten. Allerdings kann vor dem Hintergrund der beschriebenen Interessenabwägung dieser Frage im weiteren Verfahren nachgegangen werden, ohne dass insofern die Anlage stillzulegen wäre, zumal bei den bisherigen Messungen die maßgeblichen allgemeinen Grenzwerte laut den Auskünften des Antragsgegners stets eingehalten wurden. Zudem können gerade die Erkenntnisse aus dem Betrieb einschließlich des laufenden Monitorings diesbezüglich weitere Daten liefern. Die weitere Aufklärung dieser Fragen kann demgemäß dem Hauptsachverfahren vorbehalten werden, wobei etwa auch ein behördliches oder gerichtliches Gutachten in Betracht kommen dürfte.

46

ee. Dagegen stellt die „Besonderheit“, dass beim vorgesehenen Betrieb „naturgemäß Fahr- und Ruhezeiten“ abwechseln, nicht zwingend einen Umstand im Sinne von Ziffer 3.2.2 Satz 2 Buchstabe b TA Lärm dar, nach dem eine Sonderfallprüfung angezeigt wäre. Der Betrieb eines Automobil- und Testzentrums ist vielmehr für sich genommen wegen seiner wechselnden Einsatzzeiten noch kein nach der TA Lärm zu betrachtender Sonderfall. Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass sich bei einer nach dem Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftigen Anlage lautere Phasen mit leiseren Phasen abwechseln und diese schwankende Belastung in einen Beurteilungspegel umgerechnet wird. Sollte sich aus den zuvor genannten Punkten (Impulshaltigkeit bzw. Lästigkeit und Tieffrequenzen) die Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung ergeben, wären indessen auch die wechselnden Einsatzzeiten in einer wertenden Gesamtabwägung zu berücksichtigen (vgl. hierzu Feldhaus, a.a.O., B 3.6, Nr. 3 TA- Lärm, Rn. 53).

47

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

48

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.