Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 25. Okt. 2016 - 8 K 745/14
Tenor
Das Verfahren hinsichtlich der Kläger zu 1. und 3. wird eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin zu 1. und ihre Tochter, die am 00.00.0000 geborene Klägerin zu 2., sowie der am 00.00.0000 geborene Kläger zu 3., Ehemann der Klägerin zu 1. und Vater der Klägerin zu 2., sind nach ihren Angaben armenische Staatsangehörige. Sie reisten erstmals im Jahr 1999 in das Bundesgebiet ein und stellten einen Asylantrag. Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt am 7. Oktober 1999 gab die Klägerin zu 1. an, dass ihre Papiere beim Schlepper verblieben seien. Sie habe einen Reisepass gehabt, der 1996 ausgestellt worden sei. Der Kläger zu 3. gab an, dass sein alter Pass 1985 und sein neuer Pass 1995 ausgestellt worden seien. Der Asylantrag der Kläger wurde mit Bescheid vom 2. November 1999 abgelehnt. Die eingelegten Rechtsmittel hatten keinen Erfolg. In der Folgezeit wurden die Kläger von der Beklagten geduldet.
3Im Rahmen des Verfahrens zur Beschaffung von Passersatzpapieren teilte die armenische Botschaft im Juli 2006 der Beklagten mit, dass Passersatzpapiere für die Kläger nicht ausgestellt werden könnten, da Staatsbürger mit entsprechenden Personalien in Armenien nicht registriert seien. Die Beklagte forderte die Kläger daraufhin dazu auf, richtige Angaben über ihre Identität zu machen. Im Dezember 2006 wurden die Kläger der armenischen Botschaft vorgeführt. Sie verblieben bei ihren bisherigen Angaben zu ihrer Identität, die von der Botschaft als nachweislich falsch erachtet wurden. Die Zentrale Ausländerbehörde veranlasste daraufhin im Juni 2007 eine Expertenanhörung durch armenische Experten. Hieran nahm nur der Kläger zu 3. teil. Die Anhörung kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei ihm und auch den Klägerinnen zu 1. und 2. um armenische Staatsangehörige handele.
4Im Juli 2008 beantragten die Kläger erstmals die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
5Unter dem 13. Dezember 2010 wandten die Kläger sich schriftlich an das armenische Konsulat in Berlin und baten um Übersendung eines Antrags für Ausstellung eines Personalausweises oder Reisepasses. Dieses teilte mit Schreiben vom 25. Januar 2011 mit, dass die Kläger zu 1. und 3. unter den von ihnen angegebenen Personalien nie einen armenischen Nationalpass erhalten hätten und nicht als armenische Staatsangehörige erfasst seien.
6Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 forderte die Beklagte die Kläger auf, einen Anwalt oder Verwandte in Armenien zu bemühen, Dokumente zu beschaffen, die ihre Identität belegen könnten. Unter dem 13. Januar 2012 lehnte der frühere Prozessbevollmächtigte der Kläger die Beauftragung eines armenischen Anwalts mangels finanzieller Möglichkeiten ab.
7Mit Ordnungsverfügungen vom 19. März 2014 lehnte die Beklagte die Anträge der Kläger auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Zur Begründung stellte die Beklagte vor allem darauf ab, dass die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 3. falsche Angaben zu ihren Personalien gemacht hätten. Jedenfalls aber hätten sie sich nicht ausreichend um die Erlangung armenischer Nationalpässe bemüht, da sie einen Vertrauensanwalt in Armenien nicht eingeschaltet hätten. Die Klägerin zu 2. müsse sich das Fehlverhalten ihrer Eltern zurechnen lassen. Zum Ermessen nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG führte die Beklagte hinsichtlich der Klägerin zu 2. aus, dass von dem Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung und des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes möglicherweise abgesehen werden könnte, da hierfür ihre Eltern und nicht sie selbst die Verantwortlichkeit trügen. Dies gelte aber nicht für das Erfordernis der Klärung der Identität und der Erfüllung der Passpflicht. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund weltweiter Terrorismusgefahren könne es nicht angehen, dass Personen, die an der Klärung ihrer Identität nicht mitwirkten, der Zugang zu einem Aufenthaltstitel geebnet werde. Die Versagung des Aufenthaltstitels sei deshalb auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich. Die faktischen und rechtlichen Nachteile, die mit einer Duldung verbunden seien, könnten das öffentliche Interesse nicht überwiegen. Spätestens mit Eintritt der Volljährigkeit könne die Klägerin zu 2. sich zudem selbst um Passpapiere bemühen. Die Entscheidung sei auch unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Zwar sei zu Gunsten der Klägerin zu 2. zu berücksichtigen, dass sie sich bereits seit dem Kleinkindalter in Deutschland aufhalte. Dem stehe jedoch das überragende staatliche Interesse gegenüber, zu wissen wer sich im Bundesgebiet aufhalte. Die hierdurch berührten Sicherheitsbelange überstrahlten deutlich das Privatinteresse, vor allem deshalb, da es nur um die Versagung eines Aufenthaltstitels und nicht um eine Aufenthaltsbeendigung gehe.
8Die Kläger haben am 16. April 2014 Klage erhoben. Sie wiederholen und vertiefen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Sie hätten alles Zumutbare unternommen, um an armenische Pässe zu gelangen. Insbesondere hätten sie ihre Personalien wahrheitsgemäß angegeben. Ein gegenüber der Stadt F. gestellter Antrag auf Übernahme der Kosten für die Beauftragung eines Anwalts in ihrem Heimatland sei abgelehnt worden.
9Im Rahmen der mündlichen Verhandlung führt der Kläger zu 3. aus, dass nach der Geburt der Klägerin zu 2. das Krankenhaus eine Urkunde erstellt habe, die beim Schlepper verblieben sei. Bei einer Behörde habe er die Geburt hingegen nicht angezeigt, da er hierfür 300 US-Dollar hätte bezahlen müssen. Die Klägerin zu 2. gibt an, dass sie im Bundesgebiet zunächst den Hauptschulabschluss absolviert habe, danach eine Lehre als Frisörin begonnen, sich dann aber nach einem Monat anders entschlossen und nunmehr ihren Realschulabschluss für Sommer 2017 geplant habe. Sie besuche derzeit das Berufskolleg F. im Bereich "Gesundheitswesen und Soziales".
10Die Kläger zu 1. und 3. haben in der mündlichen Verhandlung ihre Klagen zurückgenommen.
11Die Klägerin zu 2. beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 19. März 2014 zu verpflichten, der Klägerin zu 2. eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Beklagte wiederholt und vertieft die Begründung des Ablehnungsbescheids. Die Identität der Kläger sei weiterhin nicht geklärt. Sie hätten nachweislich falsche Angaben getätigt.
16Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
17Entscheidungsgründe:
18Soweit die Kläger zu 1. und 3. ihre Klagen zurückgenommen haben, wird das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt. Im Übrigen, d.h. betreffend die Klägerin zu 2., ist die zulässige Klage unbegründet.
19Die Klägerin zu 2. hat weder einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis noch auf erneute Bescheidung ihres Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die ablehnende Ordnungsverfügung vom 19. März 2014 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
20Die Klägerin zu 2. hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
21Ein Ausreisehindernis in diesem Sinne kommt zunächst wegen der Passlosigkeit der Klägerin zu 2. in Betracht. Allerdings ist es nicht hinreichend sicher, ob eine Abschiebung nicht zumindest mit Passersatzpapieren möglich wäre, da eine armenische Expertenkommission die armenische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. anerkannt hatte. Dies bedarf aber keiner weiteren Aufklärung, da der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Passlosigkeit zumindest der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG entgegensteht. Hiernach darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
22Die Klägerin zu 2. hat zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Passlosigkeit nicht erfüllt. Da sie zwischenzeitlich volljährig ist, kommt es nicht (mehr) darauf an, ob ihren Eltern ein Verschulden zu Last gelegt werden kann, das ihr zuzurechnen sein könnte.
23Es ist die ureigene Angelegenheit eines Ausländers, seine Identität aufzuklären und sich bei der für ihn zuständigen Auslandsvertretung um die Ausstellung eines Ausweispapiers zu bemühen. Der Besitz eines gültigen Passes zählt zu den Obliegenheiten eines Ausländers (vgl. § 3 Abs. 1 AufenthG). Jener ist ferner Regelvoraussetzung für die Erteilung eines jeden Aufenthaltstitels (vgl. § 5 Abs. 1 AufenthG) und damit auch für die hier erstrebte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Zudem verdeutlicht § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, dass ein Ausländer bei der Beschaffung von Identitätspapieren alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen hat. Diese müssen sich neben dem Bemühen um einen Pass oder Passersatz auch auf die Beschaffung sonstiger Urkunden und Dokumente unabhängig vom Aussteller richten, sofern sie zu dem Zweck geeignet sind, die Ausländerbehörde bei der Geltendmachung und Durchsetzung einer Rückführungsmöglichkeit zu unterstützen. Deshalb hat ein ausreisepflichtiger Ausländer alle zur Erfüllung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Maßnahmen, und damit auch die zur Beschaffung eines gültigen Passes oder Passersatzpapiers, grundsätzlich ohne besondere Aufforderung durch die Ausländerbehörde unverzüglich einzuleiten. Dabei hat er - nicht die Ausländerbehörde - sich gegebenenfalls unter Einschaltung von Mittelspersonen in seinem Heimatland um erforderliche Dokumente und Auskünfte zu bemühen, wobei es grundsätzlich auch zumutbar ist, einen Rechtsanwalt im Herkunftsstaat zu beauftragen. Erwartet werden muss in diesem Zusammenhang, dass mit der größtmöglichen Sorgfalt in nachvollziehbarer Weise Nachforschungen angestellt werden. Deren Art und Umfang bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls,
24vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Juni 2008 – 18 E 471/08 -, juris, Rn. 5 ff.
25Grundsätzlich sind sämtliche Handlungen zumutbar, die zur Beschaffung eines zur Ausreise oder zur Abschiebung notwendigen Dokuments erforderlich sind und nur vom Ausländer persönlich vorgenommen werden können. Eine Mitwirkungshandlung, die von vornherein erkennbar aussichtslos ist, kann dem Ausländer nicht abverlangt werden,
26vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2006 - 1 B 54/06 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 2008 - 17 A 2250/07 -, juris, Rn. 35.
27Gemessen hieran hat die Klägerin zu 2. zumutbare Anforderungen zur Erlangung eines Passes, die nicht von vornherein erkennbar aussichtslos sind, nicht unternommen.
28Es liegen ausreichende Anknüpfungspunkte vor, die der Klägerin zu 2. Nachforschungen zu ihrer Identität und darauf aufbauend die Beschaffung eines Passes möglich machen könnten.
29Die Kammer geht dabei davon aus, dass die Klägerin zu 2. sich hinsichtlich ihrer Identität auf die Angaben ihrer Eltern verlassen muss. Sie ist noch im Kleinkindalter in das Bundesgebiet eingereist und kann deshalb nur auf die Angaben ihrer Eltern zurückgreifen. Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern der Klägerin 2. eine falsche Identität der Klägerin zu 2. gegenüber den Behörden angegeben und gleichzeitig der Klägerin zu 2. ihre wahre Identität eröffnet haben, sind nicht ersichtlich.
30Aus den Angaben des Vaters der Klägerin zu 2. im Rahmen der mündlichen Verhandlung lässt sich ableiten, dass der Klägerin der Beweis ihrer Identität gegenüber den armenischen Behörden möglich sein könnte, auch wenn diese bislang mitgeteilt hatten, unter den Personalien der Klägerin zu 2. keine Person registriert zu haben. Der Vater der Klägerin zu 2. führte aus, dass ein Krankenhaus die Geburt der Klägerin zu 2. dokumentiert habe. Die Urkunde sei aber beim Schlepper verlieben. Die vom Krankenhaus dokumentierte Geburt könnte aber eine Möglichkeit für die Klägerin zu 2. bieten, ihre Identität und Staatsangehörigkeit zu beweisen und einen Pass zu erlangen. Auch wenn hierbei Schwierigkeiten entstehen sollten und nicht unwahrscheinlich sind, ist es im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zumindest nicht erkennbar aussichtslos, die Unterlagen erneut von dem fraglichen Krankenkaus zu beschaffen. Im Hinblick hierauf kann die Kammer offen lassen, ob die weitere Angabe des Vaters, eine staatliche Registrierung der Klägerin zu 2. sei nicht erfolgt, glaubhaft ist. Hieran könnten zumindest Zweifel bestehen, da die angeblich hierfür zu bezahlenden 300 US-Dollar übertrieben hoch erscheinen.
31Die Klägerin zu 2. wird nach aller Voraussicht für die Beschaffung von Dokumenten aus Armenien auf die Einschaltung von Mittelspersonen in Armenien, etwa in Form eines Anwalts, angewiesen sein. Sie kann ihrer Obliegenheit zur Passbeschaffung aber nicht damit entgegentreten, hieran wegen fehlender finanzieller Mittel gehindert zu sein.
32Dabei kann die Kammer offen lassen, ob der Einwand finanzieller Mittel schon deshalb ausgeschlossen ist, da dieses Risiko der Lebenssphäre des Ausländers zuzurechnen sein könnte. Denn zumindest erfasst die Obliegenheit des Ausländers nach dem vorstehend beschriebenen Maßstab, alle zumutbaren Anstrengungen hinsichtlich der Passbeschaffung zu unternehmen, die nicht erkennbar aussichtslos sind, also auch alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Finanzierung der notwendigen Maßnahmen für eine Passbeschaffung zu unternehmen. Dies bedeutet, dass ein Ausländer, der Sozialleistungen bezieht - so wie die Klägerin zu 2. -, sich ausreichend und nachhaltig um die Übernahme der Kosten durch den Sozialleistungsträger bemüht haben muss. Diesem Erfordernis ist die Klägerin zu 2. nicht nachgekommen.
33Ausreichende Bemühungen in diesem Sinne setzen voraus, dass der Ausländer zunächst ermitteln muss, welche Kosten für die Beauftragung von Mittelspersonen, etwa in Form eines Anwalts, in seinem Heimatland anfallen werden. Denn so lange diese Kosten nicht zumindest ungefähr benannt sind, wird ein Sozialleistungsträger schon wegen eines nicht hinreichend konkretisierten Antrags keine Kostenzusage geben können. Der Ausländer muss von seiner Seite aus alles getan haben, um die Bewilligung eines Antrags gegenüber dem Sozialleistungsträger zu erreichen.
34Dies hat die Klägerin zu 2. nicht getan. Zwar hat sie nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung die Kosten für einen Rechtsanwalt im Internet recherchiert. Die Ergebnisse der Recherche und die zu erwartenden Kosten hat sie aber in keiner Form nachvollziehbar dokumentiert. Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand, dass die Stadt F. einen von der Klägerin zu 2. gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten (mit einer fragwürdigen Begründung) abgelehnt hat, keine ausreichende Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit abgeleitet werden.
35Die Klägerin zu 2. kann gegen die Verweisung auf die Inanspruchnahme eines Sozialleistungsträgers auch nicht einwenden, dass ein entsprechender Antrag offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätte. Die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags dürften vielmehr offen, also eben nicht offensichtlich aussichtslos, sein.
36Die Übernahme von Kosten für die Passbeschaffung kommt für Ausländer, die Leistungen nach dem AsylbLG beziehen, zunächst auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 Alt. 4 AsylbLG in Betracht. Hiernach können sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind. Bei der ausländerrechtlichen Pflicht der Erlangung eines Passes handelt es sich sowohl nach der verwaltungsgerichtlichen als auch der sozialgerichtlichen Rechtsprechung um eine verwaltungsrechtliche Mitwirkungspflicht im Sinne der Vorschrift,
37vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Juni 2008 - 18 E 471/08 -, juris, Rn. 14, m.w.N.; LSG NRW, Urteil vom 10. März 2008 - L 20 AY 16/07 -, juris, Rn. 34; Deibel, in: Dohm, GK-AsylbLG, § 6 Rn. 244, 246; Frerichs, in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 6 AsylbLG, Rn. 93, 95.
38Vorliegend dürfte ein Anspruch der Klägerin zu 2. auf Grund von § 6 Abs. 1 AsylbLG aber deshalb nicht mehr in Betracht kommen, da die Klägerin zu 2. gegenwärtig sogenannte Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG bezieht. Nach dieser Vorschrift ist abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Aufenthaltsdauer in diesem Sinne hat die Klägerin zu 2. erfüllt. Zu Gunsten der Klägerin zu 2. geht die Kammer auch davon aus, dass diese ihren Aufenthalt nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne der Vorschrift beeinflusst hat. Würde man hingegen von einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung des Aufenthalts ausgehen, würde der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG entgegenstehen, da die Klägerin zu 2. dann nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert wäre.
39Soweit man die Klägerin als (rechtmäßige) Bezieherin von Analogleistungen im Sinne von § 2 Abs. 1 AsybLG erachtet, kommt ein Anspruch auf die zuschussweise Übernahme der Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts in ihrem Heimatstaat zwecks Beschaffung eines Nationalpasses aus § 73 Satz 1 SGB XII in Betracht.
40Nach § 73 Satz 1 SGB XII können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Hierbei gilt es zu beachten, dass auf Grund des seit dem 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Gesetzes zur Ermittlung des Regelbedarfs nach § 28 SGB XII die Kosten für die Beschaffung von Ausweispapieren im Regelbedarf abgebildet sind. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/3404 S. 64): "Bei sonstigen Dienstleistungen werden die neufestgelegten Gebühren von 28,80 EUR bezogen auf zehn Jahre für den Personalausweis, die künftig auch hilfebedürftige Personen zu entrichten haben, zusätzlich berücksichtigt. [...] Zusätzlich wird unter der Position "Sonstige Dienstleitungen, nicht genannte" ein Betrag von 0,25 EUR berücksichtigt. (Daraus ergeben sich 3,00 EUR im Jahr und für die Gültigkeitsdauer des neuen Personalausweises insgesamt 30.00 EUR.)“ Da die Kosten für eine Passbeschaffung bereits in dem Regelsatz nach § 28 SGB XII enthalten sind, bleibt nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für eine zuschussweise Übernahme der Passbeschaffungskosten eines Ausländers gemäß § 73 Satz 1 SGB XII kein Raum. Denn die Vorschrift setzt eine unbenannte Bedarfslage voraus, die eine gewisse Vergleichbarkeit mit den ansonsten von der Sozialhilfe abgedeckten Lebenslagen aufweist, und die in den sonstigen Bereichen des Sozialrechts keine abschließende Regelung erfährt. Am letzteren fehlt es, da die Kosten für ein Ausweispapier im Regelbedarf abgebildet werden,
41vgl. LSG NRW, Urteil vom 18. Mai 2015 - L 20 SO 355/13 -, juris, Rn. 36; SG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2013 - S 20 75/13 -, juris, Rn. 21; vgl. zur Rechtslage vor dem 1. Januar 2011, als die Kosten noch nicht im Regelsatz enthalten waren, hingegen LSG NRW, Urteil vom 23. Mai 2011 - L 20 AY 19/08 -, juris, Rn. 35.
42Vorliegend geht es aber gerade nicht um Passbeschaffungskosten im engeren Sinne, wie der Entrichtung einer Gebühr für den Ausweis oder die Fahrtkosten zu einem Konsulat, sondern um die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der in (einem ersten Schritt) geeignete Dokumente im Heimatstaat zum Beweis der Identität der Klägerin 2. beschaffen soll, die es ihr (in einem zweiten Schritt) erst ermöglichen sollen, einen erfolgversprechenden Antrag auf Erteilung eines armenischen Nationalpasses zu stellen. Eine Regelung für die Übernahme von Kosten der Einschaltung eines Rechtsanwalts im Heimatland zur Beschaffung von Dokumenten zum Nachweis der eigenen Identität existiert nicht, sodass § 73 Satz 1 SGB XII nicht schon deshalb gesperrt wäre, weil die Erfüllung des Bedarfs bereits abschließend geregelt wäre.
43Soweit man entgegen der Ansicht der Kammer davon ausgeht, dass auch die Kosten zur Beschaffung von Dokumenten im Regelsatz enthalten sind, müsste die Klägerin zu 2. sich darauf verweisen lassen, einen Anspruch nach § 37 Abs. 1 SGB XII geltend zu machen. Kann im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden, sollen nach dieser Vorschrift auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden,
44vgl. zum Anspruch nach § 37 Abs. 1 SGB XII im Falle der Beschaffung eines Passes LSG NRW, Urteil vom 18. Mai 2015 - L 20 SO 355/13 -, a.a.O., Rn. 52 f.
45Geht man mit der Kammer hingegen davon aus, dass die anfallenden Kosten nicht im Regelsatz enthalten sind, hält die Kammer es für offen, ob die Klägerin zu 2. mit Erfolg einen Antrag nach § 73 Satz 1 SGB XII stellen kann. Der Begriff der Lebenslage im Sinne der Vorschrift ist mit Blick auf das System der im SGB XII geregelten Leistungen zur Deckung verschiedener Bedarfssituationen zu verstehen, deren Deckung zur Führung eines menschenwürdigen Lebens unerlässlich ist, vgl. § 1 Satz 1 SGB XII. Voraussetzung ist deshalb, dass ein besonderer, atypischer Bedarf begründet ist. Daher ist bei der Erbringung von Sozialhilfeleistungen, die der Gesetzgeber nicht bereits ausdrücklich in den §§ 27-74 SGB XII erfasst hat, zu verlangen, dass ohne die Leistungserbringung eine Verletzung des verfassungsrechtlich gesicherten Existenzminimums, der Menschenwürde oder eines anderen Grundrechts eintreten würde,
46vgl. für Fälle mit SGB II Bezug: BSG, Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 13/10 R -, juris, Rn. 17, m.w.N.; für Fälle ohne SGB II Bezug BayLSG, Beschluss vom 27. Januar 2016 - L 8 SO 306/14 B ER -, juris, Rn. 16; Böttiger, in: jurisPK-SGB XII, § 73 Rn. 25.
47Ob aufgrund der spezifischen ausländerrechtlichen Situation der Klägerin ein grundrechtlicher Bedarf im vorgenannten Sinne für die Übernahme der Kosten, die die Identität der Klägerin beweisen sollen, angenommen werden kann, ist bislang in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt. Es könnte aber einen verfassungsrechtlich relevanten, nicht auflösbaren Wertungswiderspruch bedeuten, die beschriebenen Kosten zur Klärung der Identität und dem Erhalt eines Passes nicht zu übernehmen, wenn der Aufenthalt eines Ausländers im Bundesgebiets rechtlich oder tatsächlich zwingend ist, etwa weil ein Ausreisehindernis im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG vorliegt, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aber allein daran scheitert, dass die Identität nicht geklärt ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG) und die Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllt wird. Denn dann würde der betroffene Ausländer trotz eines zwingend notwendigen Aufenthalts im Bundesgebiet daran gehindert, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten und müsste sich dauerhaft auf den Duldungsstatus trotz der damit verbundenen Nachteile verweisen lassen. Die Kammer braucht die Frage, ob eine Auslegung von § 73 Satz 1 SGB XII in diesem Sinne gerechtfertigt ist, nicht zu entscheiden. Im Hinblick auf den bei § 25 Abs. 5 Satz 4 AufentG anzulegenden Maßstab ist es ausreichend, dass eine Auslegung im vorgenannten Sinne und damit ein Antrag gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erkennbar aussichtslos sind. Dies ist im Hinblick auf die vorstehenden Argumente der Fall. Insbesondere liegen auch keine anderslautenden Judikate der sozialgerichtlichen Rechtsprechung hierzu vor. Aus der ausländerrechtlichen Perspektive des § 25 Abs. 5 Satz 4 AufentG ist es der Klägerin deshalb zuzumuten, zunächst einen - substantiierten - Antrag gegenüber dem Sozialleistungsträger zu stellen und anschließend ggf. sozialgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Dass ein von der Klägerin zu 2. gestellter Antrag vom Sozialamt der Stadt F. abgelehnt worden ist, ist deshalb unerheblich, da die Klägerin zu 2. sich gegen die Ablehnung nicht zu Wehr gesetzt hat.
48Die fehlende Vorlage eines Passes durch die Klägerin zu 2. hat weiterhin zur Folge, dass der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG auch die Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG entgegensteht. Gründe für einen Ausnahmefall von der Regel liegen nicht vor, da die Klägerin zu 2. - wie vorstehend ausgeführt - die ihr zumutbaren Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung nicht erfüllt hat. Die im Hinblick auf § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Beklagten, von dem Erfordernis der Passpflicht auch nicht im Ermessenswege nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG abzusehen, ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hatte in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung ausgeführt, dass die Klägerin zu 2. mit Eintritt der Volljährigkeit selbst die Möglichkeit haben wird, sich einen Reisepass und Identitätsdokumente zu beschaffen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte diese Erwägung im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO zulässig dahingehend ergänzt, dass Anhaltspunkte vorlägen, die Nachforschungen der Klägerin zu 2. zu ihrer Identität erlaubten. Diese Erwägungen werden dem Zweck der Erfüllung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) und der Absehensvorschrift (§ 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG) gerecht, da die von der Beklagten von der Klägerin zu 2. verlangten Aufklärungsmaßnahmen dieser zumutbar sind, wie vorstehend bereits ausgeführt wurde. Auf die weiteren Ermessenserwägungen der Beklagten kommt es deshalb nicht an.
49Da die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht vorliegt, bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG noch ein Ausreisehindernis aus einem anderen Grund als der Passlosigkeit in Betracht kommt.
50Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG, deren besondere Erteilungsvoraussetzungen vorliegen dürften, und der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG steht die Nichterfüllung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) ebenfalls entgegen. Es bestand keine Veranlassung für die Beklagte, das Absehensermessen nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG für diese Aufenthaltstitel anders auszuüben.
51Hinsichtlich der Kläger zu 1. und 3 folgt die Kostenentscheidung aus § 155 Abs. 2 VwGO. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Klägerin zu 2. folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 25. Okt. 2016 - 8 K 745/14
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 25. Okt. 2016 - 8 K 745/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Ein Ausländer ist verpflichtet,
- 1.
seinen Pass, seinen Passersatz oder seinen Ausweisersatz und - 2.
seinen Aufenthaltstitel oder eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung
- 1.
ihm nach § 7 Absatz 1 des Passgesetzes der deutsche Pass versagt, nach § 8 des Passgesetzes der deutsche Pass entzogen worden ist oder gegen ihn eine Anordnung nach § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes ergangen ist, wenn Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer beabsichtigt, das Bundesgebiet zu verlassen oder - 2.
die Voraussetzungen für eine Untersagung der Ausreise nach § 10 Absatz 1 des Passgesetzes vorliegen und die Vorlage, Aushändigung und vorübergehende Überlassung des ausländischen Passes oder Passersatzes zur Durchführung oder Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich sind.
(2) Ein Ausländer, der einen Pass oder Passersatz weder besitzt noch in zumutbarer Weise erlangen kann, genügt der Ausweispflicht mit der Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung, wenn sie mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen und als Ausweisersatz bezeichnet ist.
(3) Besitzt der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken sowie alle Urkunden, sonstigen Unterlagen und Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Kommt der Ausländer seiner Verpflichtung nicht nach und bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist, können er und die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden. Der Ausländer hat die Maßnahme zu dulden.
(3a) Die Auswertung von Datenträgern ist nur zulässig, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat nach Maßgabe von Absatz 3 erforderlich ist und der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch die Auswertung von Datenträgern allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. Der Ausländer hat die notwendigen Zugangsdaten für eine zulässige Auswertung von Datenträgern zur Verfügung zu stellen. Die Datenträger dürfen nur von einem Bediensteten ausgewertet werden, der die Befähigung zum Richteramt hat. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch die Auswertung von Datenträgern erlangt werden, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen.
(4) Wird nach § 5 Abs. 3 oder § 33 von der Erfüllung der Passpflicht (§ 3 Abs. 1) abgesehen, wird ein Ausweisersatz ausgestellt. Absatz 3 bleibt hiervon unberührt.
(1) Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerläßlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind. Die Leistungen sind als Sachleistungen, bei Vorliegen besonderer Umstände als Geldleistung zu gewähren.
(2) Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen und die besondere Bedürfnisse haben, wie beispielsweise unbegleitete Minderjährige oder Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wird die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe gewährt.
(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf
- 1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie - 2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
- 1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird; - 2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.
(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.
(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.
(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).
(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.
(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.
(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.
(6) (weggefallen)
(1) Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. Zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten werden Schutzimpfungen entsprechend den §§ 47, 52 Absatz 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und die medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen erbracht. Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.
(2) Werdenden Müttern und Wöchnerinnen sind ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren.
(3) Die zuständige Behörde stellt die Versorgung mit den Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sicher. Sie stellt auch sicher, dass den Leistungsberechtigten frühzeitig eine Vervollständigung ihres Impfschutzes angeboten wird. Soweit die Leistungen durch niedergelassene Ärzte oder Zahnärzte erfolgen, richtet sich die Vergütung nach den am Ort der Niederlassung des Arztes oder Zahnarztes geltenden Verträgen nach § 72 Absatz 2 und § 132e Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Die zuständige Behörde bestimmt, welcher Vertrag Anwendung findet.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.
(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.
(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.
(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.
(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch
- 1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder - 2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.
(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).
Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.07.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die teilweise Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines türkischen Reisepasses als Zuschuss.
3Der 1947 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er lebt seit mehr als 35 Jahren in der Bundesrepublik und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis.
4Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen (Zustand nach Magenkarzinom mit Gastrektomie und Anlage eines Ersatzmagens [März 2010] sowie nachfolgender Tumorkachexie, Lungenemphysem, degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei Zustand nach cervicaler Spinalkanalstenose, spastische Hemiparese links) erkannte ihm das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 100 einschließlich des Merkzeichens "G" zu.
52013 war der Kläger in der Gesetzlichen Pflegeversicherung der Pflegestufe I zugeordnet und erhielt Pflegegeld. Inzwischen besteht Pflegestufe II. Im Oktober 2012 wurde für ihn eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge eingerichtet.
6Der Kläger lebt mit seiner Ehefrau, die ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besitzt und unter Betreuung steht, sowie einer gemeinsamen Tochter in einer Mietwohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Die Ehefrau verfügte im September 2012 über Einkünfte aus einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (637,72 EUR) und aus einer Werksrente (157,10 EUR). Die Tochter bezog Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Jobcenter der StädteRegion B.
7Seit November 2012 erhält der Kläger vom Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung, der ihm zuvor schon eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zuerkannt hatte, Regelaltersrente (Zahlbetrag Stand November 2012: 174,65 EUR). Daneben bezieht der Kläger noch eine türkische Rente (65 EUR monatlich).
8Seit Januar 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger durchgehend aufstockende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Im Leistungszeitraum November 2012 bis Oktober 2013 wurde ihm unter Berücksichtigung von Mehrbedarfszuschlägen wegen kostenaufwändiger Ernährung (38,20 EUR) und wegen Mobilitätseinschränkung (58,65 EUR) sowie unter Anrechnung seiner Altersrente, der türkischen Rente und überschießender Renteneinkünfte seiner Ehefrau ab Januar 2013 monatlich ein Betrag von 59,05 EUR ausgezahlt (Bescheid vom 21.11.2012, Änderungsbescheid vom 19.12.2012).
9Am 18.02.2013 beantragte der Kläger durch seinen gesetzlichen Vertreter die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines neuen türkischen (Reise-)Passes i.H.v. 208 EUR als Zuschuss (nach § 73 SGB XII), hilfsweise als Darlehen. Er benötige einen neuen Reisepass, um seiner Passpflicht in Deutschland zu genügen. Sein alter Pass sei nicht mehr gültig.
10Mit Bescheid vom 21.02.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Kosten für die Beschaffung des Passes seien bereits im Regelsatz berücksichtigt (Bezugnahme auf LSG NRW, Beschluss vom 28.01.2013 - L 12 AS 1836/12 NZB). Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, den erforderlichen Betrag anzusparen. Ggf. könne gemäß § 37 Abs.1 SGB XII ein Darlehen gewährt werden, wenn der Kläger einen gesonderten Antrag stelle und die Höhe der Passkosten im Einzelnen nachweise.
11Dagegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, im Regelsatz seien die Kosten für die Beschaffung eines (deutschen) Personalausweises mit nur etwa 0,25 EUR monatlich berücksichtigt. Demgegenüber seien die Passbeschaffungskosten für türkische Staatsangehörige mit 208 EUR sehr hoch. Die Ausführungen des Landessozialgerichts NRW (a.a.O.) seien auf seinen Fall nicht übertragbar, weil sie sich auf die Rechtslage zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bezögen; im Übrigen seien die Passkosten im dortigen Fall wesentlich geringer gewesen. Gemäß § 3 AufenthG dürften sich Ausländer nur mit einem gültigen Pass in der Bundesrepublik aufhalten. Ein Verstoß gegen die Passpflicht werde mit Freiheitsentziehung oder Bußgeld geahndet (§ 95 AufenthG).
12Auf gesonderten Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte ihm unter Abzug der mit dem Regelsatz als abgegolten angesehenen Kosten für die Beschaffung eines deutschen Personalausweises (28,80 EUR) zwischenzeitlich ein Darlehen gemäß § 37 Abs. 1 SGB XII i.H.v. 179,20 EUR (Bescheid vom 28.02.2013). Zur Begründung führte sie aus, die Beschaffung eines Passes werde nur in größeren zeitlichen Abständen erforderlich. Dieser Sondersituation, die einen höheren unabweisbaren Bedarf verursache, könne durch Gewährung des Darlehens Rechnung getragen werden.
13Am 15.03.2013 stellte das türkische Konsulat dem Kläger einen neuen Pass mit einer Geltungsdauer bis zum 13.02.2023 aus. Hierfür musste der Kläger eine Gebühr von 211 EUR entrichten. Die Beklagte erhöhte den Darlehensbetrag dementsprechend auf 182,20 EUR (Bescheid vom 16.04.2013). Das Darlehen wurde zwischenzeitlich in voller Höhe an die Beklagte zurückgeführt. Einen Ausweisersatz (§ 48 Abs. 2 AufenthG) hätte die Ausländerbehörde dem Kläger nicht ausgestellt.
14Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2013 wies die Widerspruchsbehörde nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21.02.2013 zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Passbeschaffungskosten als Zuschuss. Eine besondere (atypische) Lebenslage im Sinne von § 73 SGB XII sei nicht erkennbar. Eine solche Lebenslage bestehe insbesondere nicht bei lediglich allgemeiner Einkommensarmut oder Bedarfslagen, die bereits von § 27 SGB XII erfasst würden. § 73 SGB XII sei keine allgemeine Auffangregelung. Über die Verwendung der pauschal gewährten Regelsätze (nach § 27a Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 28 SGB XII) könnten alle Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei hätten sie den unregelmäßigen Anfall von Bedarfen - z.B. Passkosten - zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit eines neuen Passes sei dem Kläger bekannt gewesen, so dass er die dazu erforderlichen Mittel aus den Regelsatzleistungen hätte ansparen können. Dass Passbeschaffungskosten keine atypische Bedarfslage im Sinne des § 73 SGB XII begründeten, ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Sozialgerichts Aachen (Urteil vom 05.06.2012 - S 20 SO 179/11) und des Landessozialgerichts NRW (Beschlüsse vom 03.01.2011 - L 7 AS 460/10 B und vom 25.02.2011 - L 19 AS 2003/10 B). Der Einwand des Klägers, die Entscheidungen des Landessozialgerichts NRW beträfen die Grundsicherung für Arbeitssuchende, verfange nicht, denn die gesetzlichen Vorgaben für die Bemessung der Regelsätze bzw. der Regelleistung im SGB XII und im SGB II seien identisch. Ihre Passpflicht könnten die Betroffenen - wie gerade der vorliegende Fall zeige - jedenfalls dann erfüllen, wenn sie ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII in Anspruch nähmen.
15Am 22.05.2013 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Er hat sich ergänzend auf Entscheidungen des erkennenden Senats (vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08, vom 10.03.2008 - L 20 AY 16/07 und vom 14.09.2007 - L 20 B 67/07 AY ER) zu der entsprechenden Problematik im Anwendungsbereich des AsylbLG bezogen. Der im Widerspruchsbescheid benannten Entscheidung des Landessozialgerichts NRW vom 03.01.2011 - L 7 AS 460/10 B sei nicht zu folgen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn sie die Rechtsprechung des Landessozialgerichts NRW zum AsylbLG nicht für auf das SGB XII übertragbar halte. Sowohl im Regelsatz nach dem SGB XII als auch in den Leistungen nach dem AsylbLG seien die Kosten für einen ausländischen Ausweis nicht enthalten; berücksichtigt seien lediglich (mit 28,80 EUR) die Kosten für die Beschaffung eines deutschen Personalausweises. Es liege in der Natur der Sache, dass Kosten für einen ausländischen Pass nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingeflossen seien; denn diese fielen nur bei ausländischen Leistungsberechtigten an. In seinem Fall überstiegen die Kosten für die Passbeschaffung diejenigen für ein deutsches Ausweispapier um mehr als 700 %; wäre dies berücksichtigt worden, hätte der Regelsatz entsprechend höher sein müssen. Er hätte die Passkosten über Jahre ansparen müssen. Das Landessozialgericht NRW habe im Beschluss vom 25.02.2011 - L 19 AS 2003/10 B entschieden, dass Passkosten kein laufender Bedarf seien und deshalb § 27a Abs. 4 S.1 SGB XII nicht zur Anwendung komme. Damit aber sei (insbesondere unter Berücksichtigung der Urteile des erkennenden Senats vom vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08 und des BSG vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R) der Anwendungsbereich des § 73 SGB XII eröffnet. Die Betroffenen befänden sich bei ihrer Verpflichtung zur Passbeschaffung in einer mit sonstigen atypischen Bedarfslagen vergleichbaren Situation. Wegen der bei Nichterfüllung der Passpflicht drohenden Sanktionen bestehe ein grundrechtlicher Bezug zu Art. 2 Abs. 1 GG; wegen Benachteiligung im Vergleich zu anderen Leistungsberechtigten nach dem SGB XII werde zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG verstoßen. Die Rechtsprechung des 7. und 19. Senats des Landessozialgerichts NRW habe zur Folge, dass betroffene Leistungsberechtigte bei nur darlehensweiser Unterstützung über Jahre hinweg unterhalb des Existenzminimums lebten und nicht mehr in der Lage seien, durch Ansparen andere im Regelsatz pauschal berücksichtigte Aufwendungen zu decken. In seinem Fall komme hinzu, dass er inzwischen pflegebedürftig nach der Pflegestufe II sei, seine Ehefrau ebenfalls die hohen Kosten für einen türkischen Pass aus ihrer Rente finanzieren müsse und er eine Versicherung für die Rückführung in sein Heimatland für den Todesfall (50 EUR jährlich) sowie eine Rechtsschutzversicherung (201,27 EUR jährlich) bedienen müsse.
16Der Kläger hat beantragt,
17die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 sowie unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 28.02.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.04.2013 zu verurteilen, ihm Kosten für die Beschaffung des türkischen Reisepasses i.H.v. 182,20 EUR als Zuschuss zu zahlen.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Sache hat sie nicht weiter vorgetragen.
21Mit Urteil vom 16.07.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Anders als nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht seien seit dem 01.01.2011 durch § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (RBEG) - unter Abteilung 12 (andere Waren und Dienstleistungen) - Kosten für die Beschaffung von Ausweispapieren im Regelbedarf berücksichtigt. Dies sei auch der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404 S. 64) zu entnehmen. Seit dem 01.01.2011 könne deshalb § 73 SGB XII in solchen Fällen nicht angewandt werden; denn die Aufwendungen für die Beschaffung von Pässen beruhten seither nicht mehr auf einer sog. unbenannten Bedarfslage. Vielmehr gehörten Passkosten seither zum notwendigen Lebensunterhalt im Sinne der §§ 27, 27a, 28 SGB XII; ihre Übernahme nach § 27 a Abs. 4 S.1 SGB XII scheide aus, da es sich nicht um einen laufenden Bedarf handele.
22Gegen das Urteil richtet sich die am 13.08.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Seine Aufwendungen für die Verlängerung des türkischen Passes seien mit den Kosten für die Ausstellung bzw. Verlängerung eines deutschen Personalausweises, die Eingang in die Regelsatzbemessung gefunden hätten, nicht vergleichbar. Weder die Art des Papieres (einerseits bloßes Ausweispapier, andererseits Pass) noch die Kosten entsprächen einander. Wenn überhaupt, habe eine Ansparmöglichkeit aus dem Regelsatz erst seit dem 01.01.2011 und damit nur für wenige Monate vor der notwendigen Erneuerung seines Passes bestanden. Das der Beklagten in § 73 S. 2 SGB XII für eine Zuschussgewährung zustehende Ermessen sei aufgrund der Besonderheiten seines Einzelfalles auf Null reduziert.
23Der Kläger beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.07.2013 zu ändern und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 21.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von 182,20 EUR für Passbeschaffungskosten zu gewähren.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
28Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
29Entscheidungsgründe:
30I. Die wegen Zulassung der Berufung durch das Sozialgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
311. Gegenstand des Verfahrens ist (abweichend von der Rechtsauffassung des Sozialgerichts) allein der Bescheid vom 21.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 (§ 95 SGG). Die Bescheide vom 28.02.2013 und 16.04.2013 (Übernahme der Passbeschaffungskosten als Darlehen) sind - unbeschadet dessen, dass sie sich zwischenzeitlich durch Rückzahlung des Darlehens ohnehin erledigt haben (§ 39 Abs. 2 SGB X) - auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens gewesen. Denn eine Leistungsgewährung durch Darlehen (§ 37 Abs. 1 SGB XII) stellt im Vergleich zur Leistung als Zuschuss (nach dem SGB XII) kein "Minus", sondern ein "aliud" dar (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2013 - B 8 SO 4/12 R Rn. 11; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2011 - L 2 SO 5226/10 Rn. 29 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 31.03.1992 - 9b RAr 17/90; BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 5/09 Rn. 10). Durch die Bescheide vom 28.02.2013 und 16.04.2013 wurde der Bescheid vom 21.02.2013, mit dem allein die Übernahme der Passbeschaffungskosten als Zuschuss abgelehnt wurde, mithin weder abgeändert noch (teilweise) ersetzt. Ob etwas anderes gelten könnte, wenn die Beklagte die Darlehensgewährung nicht auf § 37 Abs. 1 SGB XII, sondern auf § 73 (S. 2) SGB XII gestützt hätte, kann der Senat offen lassen.
32Ob unter dem Gesichtspunkt der Meistbegünstigung (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 7/13 R Rn. 20 m.w.N.) das Begehren des Klägers auch so verstanden werden muss, dass es auf die Erhöhung der Regelbedarfsleistung nach § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII (und damit im Sinne von § 44 SGB X auf eine Überprüfung der Leistungsbescheide vom 31.11.2012 und 19.12.2012) gerichtet ist, bedarf ebenfalls keiner Klärung; denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zu (dazu später).
332. Die auf (erneute, nunmehr zuschussweise) Auszahlung des Betrages von 182,20 EUR gerichtete und damit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, 56 SGG) statthafte (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2013 - B 8 SO 4/12 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 21.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
34a) Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen im Rahmen ihrer sachlichen (§ 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 AG-SGB XII und § 1 der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII in der StädteRegion B) und örtlichen (§ 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII) Zuständigkeit getroffen. Die gemäß § 116 Abs. 2 SGB XII erforderliche Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erteilung des Widerspruchsbescheides hat stattgefunden.
35b) Auch materiell-rechtlich ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Denn das SGB XII (als das für den Kläger in Ansehung seines Alters und seines Aufenthaltsstatus einschlägige Regime der Existenzsicherung) enthält keine Anspruchsgrundlage für eine zuschussweise Übernahme seiner Passbeschaffungskosten.
36aa) Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 73 (S. 1) SGB XII.
37Die Vorschrift verlangt eine sonstige Lebenslage, die den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigt. Dies ist der Fall bei einer sog. unbenannten Bedarfslage, welche eine gewisse Vergleichbarkeit mit den ansonsten von der Sozialhilfe abgedeckten Lebenslagen aufweist (atypische Bedarfslage). Eine unbenannte Bedarfslage liegt vor, wenn der Lebenssachverhalt weder einer der anderen in § 8 SGB XII genannten Hilfearten unterfällt, noch in den sonstigen Bereichen des (Sozial-)Rechts eine abschließende Regelung erfährt (vgl. zum Ganzen Urteil des Senats vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08 Rn. 31 ff. m.w.N.; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, 24. Erg.-Lfg. VIII/11, K § 73 Rn. 5; ähnlich Böttiger in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 73 Rn. 21; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 73 Rn. 4; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 73 Rn. 5).
38Die Notwendigkeit der Beschaffung eines neuen türkischen Passes des Klägers stellte keine solche unbenannte Bedarfslage dar. Denn sie ist bereits von den in § 8 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGB XII genannten Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII erfasst.
39Der Kläger stand 2013 bereits im Leistungsbezug bei der Beklagten, die ihm laufend Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und damit - entsprechend der Anlage zu § 28 SGB XII - Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 gewährte (vgl. § 42 Nr. 1 SGB XII). In diesen Leistungen sind seit dem 01.01.2011 Aufwendungen für die Beschaffung bzw. Ausstellung eines deutschen Personalausweises berücksichtigt (vgl. § 5 Abs. 1 RBEG und Abteilung 12 Nr. 82 EVS-Code 1270 900, BT-Drs. 17/3404 S. 63).
40Mit diesen Ausweiskosten fließt ein Bedarf in den Regelsatz ein, wie er "seiner Art nach" auch vom Kläger für seinen türkischen Pass zu decken war. Er war auf die Erneuerung seines türkischen Passes angewiesen, um seiner sich aus den §§ 3, 48 AufenthG ergebenden Passpflicht zu genügen. Für deutsche Staatsangehörige bestimmt § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (PAuswG) eine Pflicht zum Besitz eines Personalausweises. Die Gleichartigkeit dieser Ausweispflichten für Inländer und Ausländer ergibt sich aus der beiden Personengruppen gleichermaßen auferlegten Pflicht zum Besitz eines Ausweispapiers (§ 1 Abs. 1 S. 1 PAuswG, § 3 Abs. 1 AufenthG) sowie dazu, diesen Ausweis auf Verlangen vorzulegen (§ 1 Abs. 1 S. 2 PAuswG, § 48 Abs. 1 AufenthG). Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist für Inländer wie Ausländer gleichermaßen bußgeldbewehrt (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 PAuswG; § 98 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 AufenthG).
41Allein der Umstand, dass die Passbeschaffungskosten für den Kläger (bzw. für Ausländer wohl regelmäßig) höher sind als die Kosten für einen deutschen Personalausweises, führt nach Ansicht des Senats nicht etwa dazu, dass es sich bei den Kosten für einen Auslandspass um etwas wesentlich, "der Art nach" anderes handelt als bei den Kosten für einen Personalausweis, und dass der Anwendungsbereich von § 73 SGB XII eröffnet wäre. Ein vom Kläger gesehener Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt bei dieser Lesart der Vorschrift nicht vor. Entsprechen sich für In- und Ausländer die gesetzliche Ausweis- bzw. Passflicht und verfolgen sie dementsprechend kongruente Zwecke, und ist der damit einhergehende Beschaffungsbedarf für Ausweispapiere im Regelsatz seiner Art nach berücksichtigt, so ist die Anwendung von 73 SGB XII von vornherein verschlossen.
42Der Senat setzt sich insoweit nicht etwa in Widerspruch zu seinem Urteil vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08 (Rn. 34 bis 36), auf das sich der Kläger jedoch stützt. Denn diese Entscheidung erging noch zur früheren, bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage. Seinerzeit waren Gebühren für die Beschaffung eines Ausweispapiers noch nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingeflossen. Hierauf hat der erkennende Senat bereits in seiner damaligen Entscheidung (a.a.O. Rn. 35) hingewiesen.
43Soweit der Gesetzgeber im Leistungsregime des AsylbLG zwischen der (Personal-) Ausweispflicht für Inländer und der Passpflicht für Berechtigte nach dem AsylbLG differenziert, indem er die Kosten für einen Personalausweis für das ab dem 01.03.2015 geänderte AsylbLG aus der Kalkulation der dortigen Leistungen mit der Begründung herausgenommen hat (vgl. BT-Drs. 18/2592 S. 22 unten, ferner Schwabe, ZfF 2015 S. 49 ff. [59]), dass die Aufwendungen für die Beschaffung von Auslandspässen im Einzelfall nach § 6 AsylbLG zu übernehmen seien, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Vielmehr lässt sich der Berücksichtigung von Ausweiskosten bei der Bemessung des Regelsatzes bzw. der Regelleistung (im SGB XII und SGB II) entnehmen, dass er eine individualisierte Berücksichtigung solcher Kosten im Einzelfall im Bereich des SGB XII (und des SGB II) gerade nicht wollte. Soweit nach Maßgabe des AsylbLG keine Grundleistungen nach §§ 3 ff. des Gesetzes mehr bezogen werden, sondern Leistungen entsprechend dem SGB XII nach § 2 AsylbLG, gelten im Übrigen im Bereich des AsylbLG ohnehin keine anderen Maßstäbe als im SGB XII.
44Für die Lesart des Senats sprechen im Übrigen auch systematische Gründe. § 73 S. 1 SGB XII greift nicht bereits dann ein, wenn wegen Fehlens einzelner Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf sonstige im SGB XII aufgeführte Hilfen gerade nicht besteht oder dessen Rechtsfolgen als unzureichend empfunden werden. Insbesondere darf eine "sonstige Lebenslage" nicht allein deshalb angenommen werden, um die (auf die betroffene Lebenslage eigentlich zugeschnittene) Darlehensregelung des § 37 SGB XII zu umgehen (vgl. zum Ganzen auch Böttiger in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 73 Rn. 22 f. m.w.N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.05.2014 - L 2 SO 1431/14 Rn. 25; Urteil des erkennenden Senats vom 23.09.2013 - L 20 SO 279/12 Rn. 41. Soweit das Bundessozialgericht in der Vergangenheit in der vereinzelt gebliebenen Entscheidung vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R Rn. 21 ff. [zur Frage der Übernahme von Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts von Eltern mit ihren Kindern] die Anwendung von § 73 S. 1 SGB XII auch bei solchen Bedarfslagen für möglich gehalten hat, die - jedenfalls zum Teil - bereits von der Regelleistung erfasst waren, folgt der Senat dem nicht; spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. sowie der nachfolgenden Einführung von § 21 Abs. 6 SGB II ist diese Rechtsprechung ohnehin überholt).
45bb) Ob eine Überprüfung des klägerischen Begehrens anhand von § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII aus prozessualen Gründen überhaupt in Betracht kommt (s.o. 1.), kann der Senat offen lassen. Denn sollte dies der Fall sein, ergäbe sich jedenfalls auch dann kein Leistungsanspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung seines neuen türkischen Passes.
46(1) Denn § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII findet von vornherein nur Anwendung, wenn es um die Deckung laufender, nicht nur einmaliger Bedarfe geht.
47Zwar folgt dies nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Die Vorschrift ist jedoch systematisch allein auf Fälle regelhaft wiederkehrender und nicht nur einmaliger Bedarfe zugeschnitten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 26.05.2014 - L 9 SO 474/13 Rn. 46 f.; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 27a Rn. 57 m.w.N.; Schmidt in Oestreicher u.a., SGB XII, Stand: EL 64 November 2011, § 27a Rn. 35 f.; Dauber in Mergler/Zink, SGB XII, 23. Lfg. August 2013, § 27a Rn. 34; Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 27a Rn. 86 f. m.w.N., der jedoch selbst eine andere Auffassung vertritt [s.u.]).
48So hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.12.1994 - 5 C 55/92 Rn. 11 m.w.N.) bereits zur Vorgängervorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 BSHG entschieden, diese komme nur dann zur Anwendung, wenn der Hilfesuchende einen laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf geltend mache, welcher bei der generalisierenden Bemessung der Regelsatzleistungen nicht berücksichtigt worden sei und (weil einzelfallabhängig) auch nicht habe berücksichtigt werden können. Für § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII kann nichts anderes gelten (vgl. LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.).
49Soweit insofern eingewandt wird, das SGB XII habe die Unterscheidung zwischen laufenden und einmaligen Bedarfen weitgehend aufgegeben (so Gutzler in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 27a Rn. 86 f.), leugnet dies die im Zusammenhang mit der den Regelsätzen zugrundeliegende Ansparkonzeption für einmalige Bedarfe mit § 37 Abs. 1 SGB XII eingeführte Möglichkeit, insoweit unvorhergesehene Bedarfsspitzen (nur) im Wege eines rückzahlbaren Darlehens aufzufangen (LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.). Würde § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII auch einmalige Bedarfe erfassen, entstünde ein systematischer Widerspruch; denn sowohl § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII als auch § 37 Abs. 1 SGB XII setzen einen "unabweisbaren" Bedarf voraus. Fänden beide Regelungen auf einmalige Bedarfe Anwendung, wäre nicht auszumachen, in welchen Fällen einmalige vom Regelsatz umfasste Bedarfe als leistungserhöhender Zuschuss (§ 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII) und wann lediglich als Darlehen (§ 37 Abs. 1 SGB XII) zu übernehmen wären.
50Selbst wenn sich dieser Widerspruch zwischen § 37 Abs. 1 SGB XII und § 27a Abs. 4 S. 1 2. Var. SGB XII (mit Gutzler, a.a.O. Rn. 86.1) durch eine Abgrenzung danach auflösen ließe, ob eine von der in den Regelbedarfen typisierend erfassten abweichende Bedarfslage vorliegt (dann § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII) oder nicht (dann § 37 Abs. 1 SGB XII), könnte dies nicht überzeugen. Denn eine Anwendungsbeschränkung des § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII auf laufende Bedarfe erscheint ferner für eine "harmonisierenden Auslegung" zum SGB II notwendig (LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.). Die Parallelvorschrift des § 21 Abs. 6 SGB II sieht zusätzliche zuschussweise Leistungen ausdrücklich nur bei laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfen vor. Existiert danach bei einmaligen Bedarfen im Grundsicherungsregime des SGB II nur die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II, so kann mit Rücksicht auf Art. 3 Abs. 1 GG im Grundsicherungsregime des SGB XII nichts anderes gelten.
51Soweit für die Grundsicherung nach dem SGB II erwogen wird, beim Auftreten atypischer, einmaliger Bedarfe § 21 Abs. 6 SGB II analog anzuwenden (vgl. Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 30 ff.; Behrend in jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2015, § 24 Rn. 35), erscheint fraglich, ob damit nicht die gesetzlich erkennbar aufrecht erhaltene Trennung zwischen einmaligen und laufenden Bedarfen unterlaufen und eine Regelungslücke angenommen würde, die gar nicht existiert. Das Gesetz macht zudem (durch abschließende Aufzählung in § 31 SGB XII bzw. § 24 Abs. 3 SGB II) deutlich, in welchem Umfang neben Regelsatzleistungen einmalige Bedarfe zu decken sein sollen. Einer Entscheidung hierzu bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil es sich bei den Passkosten um einen der Art nach vom Regelbedarf umfassten, mithin gerade nicht um einen atypischen Bedarf im vorgenannten Sinne handelt.
52(2) Findet § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII nur bei laufenden Bedarfen Anwendung, kann die Vorschrift dem Kläger keinen Anspruch vermitteln. Denn seine Passkosten sind ein lediglich einmaliger Bedarf.
53Das Gesetz selbst definiert einmalige Bedarfe nicht. Angesichts der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 6 SGB II (vgl. BT-Drs. 17/1465 S. 9 oben; ferner Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 21 Rn. 68 m.w.N.) liegt es zumindest nahe, (auch im SGB XII) die Abgrenzung zu laufenden Bedarfen danach vorzunehmen, ob der Bedarf in einem Bewilligungszeitraum zumindest einmal auftritt. Da der Kläger Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bezieht, die gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB XII jeweils für ein Jahr bewilligt werden, und da die Passkosten ausweislich der Gültigkeitsdauer des im März 2013 tatsächlich ausgestellten Passes alle zehn Jahre anfallen, handelte es sich bei ihnen nicht um einen laufenden Bedarf. Ob die Abgrenzung stets mit Blick auf den jeweiligen Bewilligungszeitraum vorzunehmen ist, kann offen bleiben. Denn selbst bei einer Einzelfallbetrachtung unabhängig vom Bewilligungszeitraum (vgl. dazu etwa Schmidt a.a.O. Rn. 36 unter Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 12.12.2007 - L 12 SO 18/06) ist jedenfalls ein nur alle zehn Jahre anfallender Bedarf als (jeweils) einmalig anzusehen.
54Pass- oder Personalausweisbeschaffungskosten sind auch nicht deshalb laufende Bedarfe, weil Personalausweiskosten rechnerisch mit ihrem monatlichen Anteil (d.h. bezogen auf die Regelbedarfsstufe 1 mit etwa 0,25 EUR pro Monat) in den Regelsatz eingeflossen sind. Anknüpfungspunkt ist insoweit nicht etwa ein entsprechender laufender monatlicher Ansparbedarf (der dementsprechend wegen teurerer Auslandspässe individuell höher zu bemessen wäre). Denn dem Ansparkonzept liegt nicht die Vorstellung zugrunde, dass monatlich für eine Vielzahl verschiedener Bedarfe stetig jeweils eine ebensolche Vielzahl kleinerer Beträge zurückzulegen sei. Es berücksichtigt vielmehr, dass einmalige Bedarfe jeweils nur gelegentlich anfallen; die insgesamt angesparten Mittel können dann jeweils für einen gerade entstandenen konkreten Bedarf eingesetzt werden, da andere einmalige Bedarfe regelmäßig erst zu anderen Zeiten anfallen. Leistungsberechtigte haben also in wirtschaftlicher Vorausplanung jeweils zu entscheiden, ob und für welche nicht laufend anfallenden Bedarfe sie den als Ansparbetrag im Regelsatz enthaltenen Betrag ansparen möchten. Treffen mehrere, ggf. kostenträchtigere einmalige Bedarfe doch einmal zeitlich so zusammen, dass auch bei vorausschauender Planung nicht genügend angesparte Mittel zur Verfügung stehen, kann dem durch ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII Rechnung getragen werden, das hernach ratenweise zu tilgen ist; insofern ist das Darlehen lediglich gleichsam ein nachgelagertes Gegenstück der Vorab-Ansparung.
55c) Konnten die Passkosten des Klägers als einmaliger Bedarf nach allem nur als Darlehen gemäß § 37 Abs. 1 SGB XII übernommen werden, so dringt der Kläger auch mit dem Einwand nicht durch, er habe im Laufe seines bisherigen (zu kurzen) Leistungsbezuges den aufzuwendenden Betrag noch gar nicht ansparen können. Denn eine Bedarfsspitze kann auch deshalb bestehen, weil noch keine ausreichende Ansparzeit zur Verfügung gestanden hat; ihr kann deshalb gerade mit einem Darlehen wirksam begegnet werden. Auch hier verlagert die Rückzahlung des Darlehens das Ansparen gleichsam nur in Zeit nach der Bedarfsdeckung.
56d) Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen veranlasst, namentlich nicht mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. Rn. 115 ff.). Denn die Differenz zwischen den in dem Regelsatz berücksichtigten Kosten für einen Personalausweis (28,80 EUR) und den vom türkischen Konsulat dem Kläger in Rechnung gestellten Gebühren (211 EUR) ist mit 182,20 EUR zwar nicht unerheblich. Da der entsprechende Bedarf jedoch nur alle zehn Jahre anfällt, führt dies bei einer Umrechnung auf den Monat nur zu einem geringen Betrag von ca. 1,52 EUR, um den der Kläger mit höheren Kosten belastet wird als im Falle eines Personalausweises. Es liegt in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Leistungsbezieher je nach ihrem Lebenszuschnitt unterschiedliche Einmalbedarfe haben; diese resultieren etwa aus individuellen Konsumvorlieben und -notwendigkeiten sowie aus individuellen Lebensentscheidungen, welche jeweils besondere Bedarfszuschnitte erzeugen können. Sind die höheren Kosten für den türkischen Pass des Klägers letztlich Folge seiner individuellen Lebensentscheidung, sich - ohne Einbürgerung - über einen langen Zeitraum in Deutschland niederzulassen, so sind sie lediglich individuelle Besonderheiten gerade seines Einzelfalles, so wie in anderen Einzelfällen jeweils andere individuelle Bedarfe anfallen. Die Größenordnung dieser Belastung ist so gering, dass der Kläger auf eine Deckung aus dem individuell einsetzbaren Ansparanteil der Regelleistung verwiesen werden kann (ob bei exorbitanten Gebühren, die ein anderer Staat von seinen in Deutschland lebenden Angehörigen für die Ausstellung von Pässen verlangen könnte, anders zu entscheiden wäre, kann der Senat offenlassen).
57Wenn der Kläger schließlich auf Aufwendungen für eine Rechtsschutzversicherung und eine Versicherung für eine Rückführung in die Türkei nach dem Tode verweist, so führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Es handelt sich dabei um aus dem freihändig einzusetzenden Ansparbetrag aufzuwendende Ausgaben für individuelle Absicherungswünsche, die das Existenzminimum des Klägers nicht betreffen, und die deshalb dem eigenverantwortlichen Ausgabeverhalten im Rahmen des durch die existenzsichernden Leistungen nach dem SGB XII Ermöglichten zuzuweisen sind.
58Offen lassen kann der Senat insoweit, ob ein Verweis des Klägers auf Mittel aus dem im Regelsatz enthaltenen Ansparbetrag auch schon deshalb gerechtfertigt erscheint, weil bei der Bemessung des Regelsatzes in der Abteilung 3 die Verbrauchsausgaben für Herren- und Damenbekleidung sowie für Herren- und Damenschuhe systemwidrig zusammengerechnet worden sind und deshalb ohnehin mehr als die eigentlich für das Existenzminimum notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden (nach Schwabe in ZfF 2013 S.1 ff. [5] belief sich dieser Mehrbetrag im Jahr 2013 auf monatlich 5,27 EUR).
59II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
60III. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.
(1) Kann im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden, sollen auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden.
(2) Der Träger der Sozialhilfe übernimmt für Leistungsberechtigte, die einen Barbetrag nach § 27b Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 erhalten, die jeweils von ihnen bis zur Belastungsgrenze (§ 62 des Fünften Buches) zu leistenden Zuzahlungen in Form eines ergänzenden Darlehens, sofern der Leistungsberechtigte nicht widerspricht. Die Auszahlung der für das gesamte Kalenderjahr zu leistenden Zuzahlungen erfolgt unmittelbar an die zuständige Krankenkasse zum 1. Januar oder bei Aufnahme in eine stationäre Einrichtung. Der Träger der Sozialhilfe teilt der zuständigen Krankenkasse spätestens bis zum 1. November des Vorjahres die Leistungsberechtigten nach § 27b Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 mit, soweit diese der Darlehensgewährung nach Satz 1 für das laufende oder ein vorangegangenes Kalenderjahr nicht widersprochen haben.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 3 erteilt die Krankenkasse über den Träger der Sozialhilfe die in § 62 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches genannte Bescheinigung jeweils bis zum 1. Januar oder bei Aufnahme in eine stationäre Einrichtung und teilt dem Träger der Sozialhilfe die Höhe der der leistungsberechtigten Person zu leistenden Zuzahlungen mit; Veränderungen im Laufe eines Kalenderjahres sind unverzüglich mitzuteilen.
(4) Für die Rückzahlung von Darlehen Absatz 1 können von den monatlichen Regelsätzen Teilbeträge bis zur Höhe von jeweils 5 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 einbehalten werden. Die Rückzahlung von Darlehen nach Absatz 2 erfolgt in gleichen Teilbeträgen über das ganze Kalenderjahr.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.07.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die teilweise Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines türkischen Reisepasses als Zuschuss.
3Der 1947 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er lebt seit mehr als 35 Jahren in der Bundesrepublik und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis.
4Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen (Zustand nach Magenkarzinom mit Gastrektomie und Anlage eines Ersatzmagens [März 2010] sowie nachfolgender Tumorkachexie, Lungenemphysem, degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei Zustand nach cervicaler Spinalkanalstenose, spastische Hemiparese links) erkannte ihm das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 100 einschließlich des Merkzeichens "G" zu.
52013 war der Kläger in der Gesetzlichen Pflegeversicherung der Pflegestufe I zugeordnet und erhielt Pflegegeld. Inzwischen besteht Pflegestufe II. Im Oktober 2012 wurde für ihn eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge eingerichtet.
6Der Kläger lebt mit seiner Ehefrau, die ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besitzt und unter Betreuung steht, sowie einer gemeinsamen Tochter in einer Mietwohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Die Ehefrau verfügte im September 2012 über Einkünfte aus einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (637,72 EUR) und aus einer Werksrente (157,10 EUR). Die Tochter bezog Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Jobcenter der StädteRegion B.
7Seit November 2012 erhält der Kläger vom Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung, der ihm zuvor schon eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zuerkannt hatte, Regelaltersrente (Zahlbetrag Stand November 2012: 174,65 EUR). Daneben bezieht der Kläger noch eine türkische Rente (65 EUR monatlich).
8Seit Januar 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger durchgehend aufstockende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Im Leistungszeitraum November 2012 bis Oktober 2013 wurde ihm unter Berücksichtigung von Mehrbedarfszuschlägen wegen kostenaufwändiger Ernährung (38,20 EUR) und wegen Mobilitätseinschränkung (58,65 EUR) sowie unter Anrechnung seiner Altersrente, der türkischen Rente und überschießender Renteneinkünfte seiner Ehefrau ab Januar 2013 monatlich ein Betrag von 59,05 EUR ausgezahlt (Bescheid vom 21.11.2012, Änderungsbescheid vom 19.12.2012).
9Am 18.02.2013 beantragte der Kläger durch seinen gesetzlichen Vertreter die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines neuen türkischen (Reise-)Passes i.H.v. 208 EUR als Zuschuss (nach § 73 SGB XII), hilfsweise als Darlehen. Er benötige einen neuen Reisepass, um seiner Passpflicht in Deutschland zu genügen. Sein alter Pass sei nicht mehr gültig.
10Mit Bescheid vom 21.02.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Kosten für die Beschaffung des Passes seien bereits im Regelsatz berücksichtigt (Bezugnahme auf LSG NRW, Beschluss vom 28.01.2013 - L 12 AS 1836/12 NZB). Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, den erforderlichen Betrag anzusparen. Ggf. könne gemäß § 37 Abs.1 SGB XII ein Darlehen gewährt werden, wenn der Kläger einen gesonderten Antrag stelle und die Höhe der Passkosten im Einzelnen nachweise.
11Dagegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, im Regelsatz seien die Kosten für die Beschaffung eines (deutschen) Personalausweises mit nur etwa 0,25 EUR monatlich berücksichtigt. Demgegenüber seien die Passbeschaffungskosten für türkische Staatsangehörige mit 208 EUR sehr hoch. Die Ausführungen des Landessozialgerichts NRW (a.a.O.) seien auf seinen Fall nicht übertragbar, weil sie sich auf die Rechtslage zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bezögen; im Übrigen seien die Passkosten im dortigen Fall wesentlich geringer gewesen. Gemäß § 3 AufenthG dürften sich Ausländer nur mit einem gültigen Pass in der Bundesrepublik aufhalten. Ein Verstoß gegen die Passpflicht werde mit Freiheitsentziehung oder Bußgeld geahndet (§ 95 AufenthG).
12Auf gesonderten Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte ihm unter Abzug der mit dem Regelsatz als abgegolten angesehenen Kosten für die Beschaffung eines deutschen Personalausweises (28,80 EUR) zwischenzeitlich ein Darlehen gemäß § 37 Abs. 1 SGB XII i.H.v. 179,20 EUR (Bescheid vom 28.02.2013). Zur Begründung führte sie aus, die Beschaffung eines Passes werde nur in größeren zeitlichen Abständen erforderlich. Dieser Sondersituation, die einen höheren unabweisbaren Bedarf verursache, könne durch Gewährung des Darlehens Rechnung getragen werden.
13Am 15.03.2013 stellte das türkische Konsulat dem Kläger einen neuen Pass mit einer Geltungsdauer bis zum 13.02.2023 aus. Hierfür musste der Kläger eine Gebühr von 211 EUR entrichten. Die Beklagte erhöhte den Darlehensbetrag dementsprechend auf 182,20 EUR (Bescheid vom 16.04.2013). Das Darlehen wurde zwischenzeitlich in voller Höhe an die Beklagte zurückgeführt. Einen Ausweisersatz (§ 48 Abs. 2 AufenthG) hätte die Ausländerbehörde dem Kläger nicht ausgestellt.
14Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2013 wies die Widerspruchsbehörde nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21.02.2013 zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Passbeschaffungskosten als Zuschuss. Eine besondere (atypische) Lebenslage im Sinne von § 73 SGB XII sei nicht erkennbar. Eine solche Lebenslage bestehe insbesondere nicht bei lediglich allgemeiner Einkommensarmut oder Bedarfslagen, die bereits von § 27 SGB XII erfasst würden. § 73 SGB XII sei keine allgemeine Auffangregelung. Über die Verwendung der pauschal gewährten Regelsätze (nach § 27a Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 28 SGB XII) könnten alle Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei hätten sie den unregelmäßigen Anfall von Bedarfen - z.B. Passkosten - zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit eines neuen Passes sei dem Kläger bekannt gewesen, so dass er die dazu erforderlichen Mittel aus den Regelsatzleistungen hätte ansparen können. Dass Passbeschaffungskosten keine atypische Bedarfslage im Sinne des § 73 SGB XII begründeten, ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Sozialgerichts Aachen (Urteil vom 05.06.2012 - S 20 SO 179/11) und des Landessozialgerichts NRW (Beschlüsse vom 03.01.2011 - L 7 AS 460/10 B und vom 25.02.2011 - L 19 AS 2003/10 B). Der Einwand des Klägers, die Entscheidungen des Landessozialgerichts NRW beträfen die Grundsicherung für Arbeitssuchende, verfange nicht, denn die gesetzlichen Vorgaben für die Bemessung der Regelsätze bzw. der Regelleistung im SGB XII und im SGB II seien identisch. Ihre Passpflicht könnten die Betroffenen - wie gerade der vorliegende Fall zeige - jedenfalls dann erfüllen, wenn sie ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII in Anspruch nähmen.
15Am 22.05.2013 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Er hat sich ergänzend auf Entscheidungen des erkennenden Senats (vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08, vom 10.03.2008 - L 20 AY 16/07 und vom 14.09.2007 - L 20 B 67/07 AY ER) zu der entsprechenden Problematik im Anwendungsbereich des AsylbLG bezogen. Der im Widerspruchsbescheid benannten Entscheidung des Landessozialgerichts NRW vom 03.01.2011 - L 7 AS 460/10 B sei nicht zu folgen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn sie die Rechtsprechung des Landessozialgerichts NRW zum AsylbLG nicht für auf das SGB XII übertragbar halte. Sowohl im Regelsatz nach dem SGB XII als auch in den Leistungen nach dem AsylbLG seien die Kosten für einen ausländischen Ausweis nicht enthalten; berücksichtigt seien lediglich (mit 28,80 EUR) die Kosten für die Beschaffung eines deutschen Personalausweises. Es liege in der Natur der Sache, dass Kosten für einen ausländischen Pass nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingeflossen seien; denn diese fielen nur bei ausländischen Leistungsberechtigten an. In seinem Fall überstiegen die Kosten für die Passbeschaffung diejenigen für ein deutsches Ausweispapier um mehr als 700 %; wäre dies berücksichtigt worden, hätte der Regelsatz entsprechend höher sein müssen. Er hätte die Passkosten über Jahre ansparen müssen. Das Landessozialgericht NRW habe im Beschluss vom 25.02.2011 - L 19 AS 2003/10 B entschieden, dass Passkosten kein laufender Bedarf seien und deshalb § 27a Abs. 4 S.1 SGB XII nicht zur Anwendung komme. Damit aber sei (insbesondere unter Berücksichtigung der Urteile des erkennenden Senats vom vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08 und des BSG vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R) der Anwendungsbereich des § 73 SGB XII eröffnet. Die Betroffenen befänden sich bei ihrer Verpflichtung zur Passbeschaffung in einer mit sonstigen atypischen Bedarfslagen vergleichbaren Situation. Wegen der bei Nichterfüllung der Passpflicht drohenden Sanktionen bestehe ein grundrechtlicher Bezug zu Art. 2 Abs. 1 GG; wegen Benachteiligung im Vergleich zu anderen Leistungsberechtigten nach dem SGB XII werde zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG verstoßen. Die Rechtsprechung des 7. und 19. Senats des Landessozialgerichts NRW habe zur Folge, dass betroffene Leistungsberechtigte bei nur darlehensweiser Unterstützung über Jahre hinweg unterhalb des Existenzminimums lebten und nicht mehr in der Lage seien, durch Ansparen andere im Regelsatz pauschal berücksichtigte Aufwendungen zu decken. In seinem Fall komme hinzu, dass er inzwischen pflegebedürftig nach der Pflegestufe II sei, seine Ehefrau ebenfalls die hohen Kosten für einen türkischen Pass aus ihrer Rente finanzieren müsse und er eine Versicherung für die Rückführung in sein Heimatland für den Todesfall (50 EUR jährlich) sowie eine Rechtsschutzversicherung (201,27 EUR jährlich) bedienen müsse.
16Der Kläger hat beantragt,
17die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 sowie unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 28.02.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.04.2013 zu verurteilen, ihm Kosten für die Beschaffung des türkischen Reisepasses i.H.v. 182,20 EUR als Zuschuss zu zahlen.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Sache hat sie nicht weiter vorgetragen.
21Mit Urteil vom 16.07.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Anders als nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht seien seit dem 01.01.2011 durch § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (RBEG) - unter Abteilung 12 (andere Waren und Dienstleistungen) - Kosten für die Beschaffung von Ausweispapieren im Regelbedarf berücksichtigt. Dies sei auch der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404 S. 64) zu entnehmen. Seit dem 01.01.2011 könne deshalb § 73 SGB XII in solchen Fällen nicht angewandt werden; denn die Aufwendungen für die Beschaffung von Pässen beruhten seither nicht mehr auf einer sog. unbenannten Bedarfslage. Vielmehr gehörten Passkosten seither zum notwendigen Lebensunterhalt im Sinne der §§ 27, 27a, 28 SGB XII; ihre Übernahme nach § 27 a Abs. 4 S.1 SGB XII scheide aus, da es sich nicht um einen laufenden Bedarf handele.
22Gegen das Urteil richtet sich die am 13.08.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Seine Aufwendungen für die Verlängerung des türkischen Passes seien mit den Kosten für die Ausstellung bzw. Verlängerung eines deutschen Personalausweises, die Eingang in die Regelsatzbemessung gefunden hätten, nicht vergleichbar. Weder die Art des Papieres (einerseits bloßes Ausweispapier, andererseits Pass) noch die Kosten entsprächen einander. Wenn überhaupt, habe eine Ansparmöglichkeit aus dem Regelsatz erst seit dem 01.01.2011 und damit nur für wenige Monate vor der notwendigen Erneuerung seines Passes bestanden. Das der Beklagten in § 73 S. 2 SGB XII für eine Zuschussgewährung zustehende Ermessen sei aufgrund der Besonderheiten seines Einzelfalles auf Null reduziert.
23Der Kläger beantragt,
24das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.07.2013 zu ändern und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 21.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von 182,20 EUR für Passbeschaffungskosten zu gewähren.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
28Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
29Entscheidungsgründe:
30I. Die wegen Zulassung der Berufung durch das Sozialgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
311. Gegenstand des Verfahrens ist (abweichend von der Rechtsauffassung des Sozialgerichts) allein der Bescheid vom 21.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 (§ 95 SGG). Die Bescheide vom 28.02.2013 und 16.04.2013 (Übernahme der Passbeschaffungskosten als Darlehen) sind - unbeschadet dessen, dass sie sich zwischenzeitlich durch Rückzahlung des Darlehens ohnehin erledigt haben (§ 39 Abs. 2 SGB X) - auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens gewesen. Denn eine Leistungsgewährung durch Darlehen (§ 37 Abs. 1 SGB XII) stellt im Vergleich zur Leistung als Zuschuss (nach dem SGB XII) kein "Minus", sondern ein "aliud" dar (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2013 - B 8 SO 4/12 R Rn. 11; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2011 - L 2 SO 5226/10 Rn. 29 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 31.03.1992 - 9b RAr 17/90; BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 4 AS 5/09 Rn. 10). Durch die Bescheide vom 28.02.2013 und 16.04.2013 wurde der Bescheid vom 21.02.2013, mit dem allein die Übernahme der Passbeschaffungskosten als Zuschuss abgelehnt wurde, mithin weder abgeändert noch (teilweise) ersetzt. Ob etwas anderes gelten könnte, wenn die Beklagte die Darlehensgewährung nicht auf § 37 Abs. 1 SGB XII, sondern auf § 73 (S. 2) SGB XII gestützt hätte, kann der Senat offen lassen.
32Ob unter dem Gesichtspunkt der Meistbegünstigung (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 7/13 R Rn. 20 m.w.N.) das Begehren des Klägers auch so verstanden werden muss, dass es auf die Erhöhung der Regelbedarfsleistung nach § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII (und damit im Sinne von § 44 SGB X auf eine Überprüfung der Leistungsbescheide vom 31.11.2012 und 19.12.2012) gerichtet ist, bedarf ebenfalls keiner Klärung; denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zu (dazu später).
332. Die auf (erneute, nunmehr zuschussweise) Auszahlung des Betrages von 182,20 EUR gerichtete und damit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, 56 SGG) statthafte (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2013 - B 8 SO 4/12 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 21.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
34a) Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen im Rahmen ihrer sachlichen (§ 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 AG-SGB XII und § 1 der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII in der StädteRegion B) und örtlichen (§ 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII) Zuständigkeit getroffen. Die gemäß § 116 Abs. 2 SGB XII erforderliche Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erteilung des Widerspruchsbescheides hat stattgefunden.
35b) Auch materiell-rechtlich ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Denn das SGB XII (als das für den Kläger in Ansehung seines Alters und seines Aufenthaltsstatus einschlägige Regime der Existenzsicherung) enthält keine Anspruchsgrundlage für eine zuschussweise Übernahme seiner Passbeschaffungskosten.
36aa) Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 73 (S. 1) SGB XII.
37Die Vorschrift verlangt eine sonstige Lebenslage, die den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigt. Dies ist der Fall bei einer sog. unbenannten Bedarfslage, welche eine gewisse Vergleichbarkeit mit den ansonsten von der Sozialhilfe abgedeckten Lebenslagen aufweist (atypische Bedarfslage). Eine unbenannte Bedarfslage liegt vor, wenn der Lebenssachverhalt weder einer der anderen in § 8 SGB XII genannten Hilfearten unterfällt, noch in den sonstigen Bereichen des (Sozial-)Rechts eine abschließende Regelung erfährt (vgl. zum Ganzen Urteil des Senats vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08 Rn. 31 ff. m.w.N.; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, 24. Erg.-Lfg. VIII/11, K § 73 Rn. 5; ähnlich Böttiger in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 73 Rn. 21; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 73 Rn. 4; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 73 Rn. 5).
38Die Notwendigkeit der Beschaffung eines neuen türkischen Passes des Klägers stellte keine solche unbenannte Bedarfslage dar. Denn sie ist bereits von den in § 8 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGB XII genannten Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII erfasst.
39Der Kläger stand 2013 bereits im Leistungsbezug bei der Beklagten, die ihm laufend Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und damit - entsprechend der Anlage zu § 28 SGB XII - Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 gewährte (vgl. § 42 Nr. 1 SGB XII). In diesen Leistungen sind seit dem 01.01.2011 Aufwendungen für die Beschaffung bzw. Ausstellung eines deutschen Personalausweises berücksichtigt (vgl. § 5 Abs. 1 RBEG und Abteilung 12 Nr. 82 EVS-Code 1270 900, BT-Drs. 17/3404 S. 63).
40Mit diesen Ausweiskosten fließt ein Bedarf in den Regelsatz ein, wie er "seiner Art nach" auch vom Kläger für seinen türkischen Pass zu decken war. Er war auf die Erneuerung seines türkischen Passes angewiesen, um seiner sich aus den §§ 3, 48 AufenthG ergebenden Passpflicht zu genügen. Für deutsche Staatsangehörige bestimmt § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (PAuswG) eine Pflicht zum Besitz eines Personalausweises. Die Gleichartigkeit dieser Ausweispflichten für Inländer und Ausländer ergibt sich aus der beiden Personengruppen gleichermaßen auferlegten Pflicht zum Besitz eines Ausweispapiers (§ 1 Abs. 1 S. 1 PAuswG, § 3 Abs. 1 AufenthG) sowie dazu, diesen Ausweis auf Verlangen vorzulegen (§ 1 Abs. 1 S. 2 PAuswG, § 48 Abs. 1 AufenthG). Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist für Inländer wie Ausländer gleichermaßen bußgeldbewehrt (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 PAuswG; § 98 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 AufenthG).
41Allein der Umstand, dass die Passbeschaffungskosten für den Kläger (bzw. für Ausländer wohl regelmäßig) höher sind als die Kosten für einen deutschen Personalausweises, führt nach Ansicht des Senats nicht etwa dazu, dass es sich bei den Kosten für einen Auslandspass um etwas wesentlich, "der Art nach" anderes handelt als bei den Kosten für einen Personalausweis, und dass der Anwendungsbereich von § 73 SGB XII eröffnet wäre. Ein vom Kläger gesehener Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt bei dieser Lesart der Vorschrift nicht vor. Entsprechen sich für In- und Ausländer die gesetzliche Ausweis- bzw. Passflicht und verfolgen sie dementsprechend kongruente Zwecke, und ist der damit einhergehende Beschaffungsbedarf für Ausweispapiere im Regelsatz seiner Art nach berücksichtigt, so ist die Anwendung von 73 SGB XII von vornherein verschlossen.
42Der Senat setzt sich insoweit nicht etwa in Widerspruch zu seinem Urteil vom 23.05.2011 - L 20 AY 19/08 (Rn. 34 bis 36), auf das sich der Kläger jedoch stützt. Denn diese Entscheidung erging noch zur früheren, bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage. Seinerzeit waren Gebühren für die Beschaffung eines Ausweispapiers noch nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingeflossen. Hierauf hat der erkennende Senat bereits in seiner damaligen Entscheidung (a.a.O. Rn. 35) hingewiesen.
43Soweit der Gesetzgeber im Leistungsregime des AsylbLG zwischen der (Personal-) Ausweispflicht für Inländer und der Passpflicht für Berechtigte nach dem AsylbLG differenziert, indem er die Kosten für einen Personalausweis für das ab dem 01.03.2015 geänderte AsylbLG aus der Kalkulation der dortigen Leistungen mit der Begründung herausgenommen hat (vgl. BT-Drs. 18/2592 S. 22 unten, ferner Schwabe, ZfF 2015 S. 49 ff. [59]), dass die Aufwendungen für die Beschaffung von Auslandspässen im Einzelfall nach § 6 AsylbLG zu übernehmen seien, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Vielmehr lässt sich der Berücksichtigung von Ausweiskosten bei der Bemessung des Regelsatzes bzw. der Regelleistung (im SGB XII und SGB II) entnehmen, dass er eine individualisierte Berücksichtigung solcher Kosten im Einzelfall im Bereich des SGB XII (und des SGB II) gerade nicht wollte. Soweit nach Maßgabe des AsylbLG keine Grundleistungen nach §§ 3 ff. des Gesetzes mehr bezogen werden, sondern Leistungen entsprechend dem SGB XII nach § 2 AsylbLG, gelten im Übrigen im Bereich des AsylbLG ohnehin keine anderen Maßstäbe als im SGB XII.
44Für die Lesart des Senats sprechen im Übrigen auch systematische Gründe. § 73 S. 1 SGB XII greift nicht bereits dann ein, wenn wegen Fehlens einzelner Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf sonstige im SGB XII aufgeführte Hilfen gerade nicht besteht oder dessen Rechtsfolgen als unzureichend empfunden werden. Insbesondere darf eine "sonstige Lebenslage" nicht allein deshalb angenommen werden, um die (auf die betroffene Lebenslage eigentlich zugeschnittene) Darlehensregelung des § 37 SGB XII zu umgehen (vgl. zum Ganzen auch Böttiger in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 73 Rn. 22 f. m.w.N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.05.2014 - L 2 SO 1431/14 Rn. 25; Urteil des erkennenden Senats vom 23.09.2013 - L 20 SO 279/12 Rn. 41. Soweit das Bundessozialgericht in der Vergangenheit in der vereinzelt gebliebenen Entscheidung vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R Rn. 21 ff. [zur Frage der Übernahme von Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts von Eltern mit ihren Kindern] die Anwendung von § 73 S. 1 SGB XII auch bei solchen Bedarfslagen für möglich gehalten hat, die - jedenfalls zum Teil - bereits von der Regelleistung erfasst waren, folgt der Senat dem nicht; spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. sowie der nachfolgenden Einführung von § 21 Abs. 6 SGB II ist diese Rechtsprechung ohnehin überholt).
45bb) Ob eine Überprüfung des klägerischen Begehrens anhand von § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII aus prozessualen Gründen überhaupt in Betracht kommt (s.o. 1.), kann der Senat offen lassen. Denn sollte dies der Fall sein, ergäbe sich jedenfalls auch dann kein Leistungsanspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung seines neuen türkischen Passes.
46(1) Denn § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII findet von vornherein nur Anwendung, wenn es um die Deckung laufender, nicht nur einmaliger Bedarfe geht.
47Zwar folgt dies nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Die Vorschrift ist jedoch systematisch allein auf Fälle regelhaft wiederkehrender und nicht nur einmaliger Bedarfe zugeschnitten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 26.05.2014 - L 9 SO 474/13 Rn. 46 f.; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 27a Rn. 57 m.w.N.; Schmidt in Oestreicher u.a., SGB XII, Stand: EL 64 November 2011, § 27a Rn. 35 f.; Dauber in Mergler/Zink, SGB XII, 23. Lfg. August 2013, § 27a Rn. 34; Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 27a Rn. 86 f. m.w.N., der jedoch selbst eine andere Auffassung vertritt [s.u.]).
48So hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.12.1994 - 5 C 55/92 Rn. 11 m.w.N.) bereits zur Vorgängervorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 BSHG entschieden, diese komme nur dann zur Anwendung, wenn der Hilfesuchende einen laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf geltend mache, welcher bei der generalisierenden Bemessung der Regelsatzleistungen nicht berücksichtigt worden sei und (weil einzelfallabhängig) auch nicht habe berücksichtigt werden können. Für § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII kann nichts anderes gelten (vgl. LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.).
49Soweit insofern eingewandt wird, das SGB XII habe die Unterscheidung zwischen laufenden und einmaligen Bedarfen weitgehend aufgegeben (so Gutzler in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 27a Rn. 86 f.), leugnet dies die im Zusammenhang mit der den Regelsätzen zugrundeliegende Ansparkonzeption für einmalige Bedarfe mit § 37 Abs. 1 SGB XII eingeführte Möglichkeit, insoweit unvorhergesehene Bedarfsspitzen (nur) im Wege eines rückzahlbaren Darlehens aufzufangen (LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.). Würde § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII auch einmalige Bedarfe erfassen, entstünde ein systematischer Widerspruch; denn sowohl § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII als auch § 37 Abs. 1 SGB XII setzen einen "unabweisbaren" Bedarf voraus. Fänden beide Regelungen auf einmalige Bedarfe Anwendung, wäre nicht auszumachen, in welchen Fällen einmalige vom Regelsatz umfasste Bedarfe als leistungserhöhender Zuschuss (§ 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII) und wann lediglich als Darlehen (§ 37 Abs. 1 SGB XII) zu übernehmen wären.
50Selbst wenn sich dieser Widerspruch zwischen § 37 Abs. 1 SGB XII und § 27a Abs. 4 S. 1 2. Var. SGB XII (mit Gutzler, a.a.O. Rn. 86.1) durch eine Abgrenzung danach auflösen ließe, ob eine von der in den Regelbedarfen typisierend erfassten abweichende Bedarfslage vorliegt (dann § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII) oder nicht (dann § 37 Abs. 1 SGB XII), könnte dies nicht überzeugen. Denn eine Anwendungsbeschränkung des § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII auf laufende Bedarfe erscheint ferner für eine "harmonisierenden Auslegung" zum SGB II notwendig (LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.). Die Parallelvorschrift des § 21 Abs. 6 SGB II sieht zusätzliche zuschussweise Leistungen ausdrücklich nur bei laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfen vor. Existiert danach bei einmaligen Bedarfen im Grundsicherungsregime des SGB II nur die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II, so kann mit Rücksicht auf Art. 3 Abs. 1 GG im Grundsicherungsregime des SGB XII nichts anderes gelten.
51Soweit für die Grundsicherung nach dem SGB II erwogen wird, beim Auftreten atypischer, einmaliger Bedarfe § 21 Abs. 6 SGB II analog anzuwenden (vgl. Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 30 ff.; Behrend in jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2015, § 24 Rn. 35), erscheint fraglich, ob damit nicht die gesetzlich erkennbar aufrecht erhaltene Trennung zwischen einmaligen und laufenden Bedarfen unterlaufen und eine Regelungslücke angenommen würde, die gar nicht existiert. Das Gesetz macht zudem (durch abschließende Aufzählung in § 31 SGB XII bzw. § 24 Abs. 3 SGB II) deutlich, in welchem Umfang neben Regelsatzleistungen einmalige Bedarfe zu decken sein sollen. Einer Entscheidung hierzu bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil es sich bei den Passkosten um einen der Art nach vom Regelbedarf umfassten, mithin gerade nicht um einen atypischen Bedarf im vorgenannten Sinne handelt.
52(2) Findet § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII nur bei laufenden Bedarfen Anwendung, kann die Vorschrift dem Kläger keinen Anspruch vermitteln. Denn seine Passkosten sind ein lediglich einmaliger Bedarf.
53Das Gesetz selbst definiert einmalige Bedarfe nicht. Angesichts der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 6 SGB II (vgl. BT-Drs. 17/1465 S. 9 oben; ferner Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 21 Rn. 68 m.w.N.) liegt es zumindest nahe, (auch im SGB XII) die Abgrenzung zu laufenden Bedarfen danach vorzunehmen, ob der Bedarf in einem Bewilligungszeitraum zumindest einmal auftritt. Da der Kläger Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bezieht, die gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB XII jeweils für ein Jahr bewilligt werden, und da die Passkosten ausweislich der Gültigkeitsdauer des im März 2013 tatsächlich ausgestellten Passes alle zehn Jahre anfallen, handelte es sich bei ihnen nicht um einen laufenden Bedarf. Ob die Abgrenzung stets mit Blick auf den jeweiligen Bewilligungszeitraum vorzunehmen ist, kann offen bleiben. Denn selbst bei einer Einzelfallbetrachtung unabhängig vom Bewilligungszeitraum (vgl. dazu etwa Schmidt a.a.O. Rn. 36 unter Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 12.12.2007 - L 12 SO 18/06) ist jedenfalls ein nur alle zehn Jahre anfallender Bedarf als (jeweils) einmalig anzusehen.
54Pass- oder Personalausweisbeschaffungskosten sind auch nicht deshalb laufende Bedarfe, weil Personalausweiskosten rechnerisch mit ihrem monatlichen Anteil (d.h. bezogen auf die Regelbedarfsstufe 1 mit etwa 0,25 EUR pro Monat) in den Regelsatz eingeflossen sind. Anknüpfungspunkt ist insoweit nicht etwa ein entsprechender laufender monatlicher Ansparbedarf (der dementsprechend wegen teurerer Auslandspässe individuell höher zu bemessen wäre). Denn dem Ansparkonzept liegt nicht die Vorstellung zugrunde, dass monatlich für eine Vielzahl verschiedener Bedarfe stetig jeweils eine ebensolche Vielzahl kleinerer Beträge zurückzulegen sei. Es berücksichtigt vielmehr, dass einmalige Bedarfe jeweils nur gelegentlich anfallen; die insgesamt angesparten Mittel können dann jeweils für einen gerade entstandenen konkreten Bedarf eingesetzt werden, da andere einmalige Bedarfe regelmäßig erst zu anderen Zeiten anfallen. Leistungsberechtigte haben also in wirtschaftlicher Vorausplanung jeweils zu entscheiden, ob und für welche nicht laufend anfallenden Bedarfe sie den als Ansparbetrag im Regelsatz enthaltenen Betrag ansparen möchten. Treffen mehrere, ggf. kostenträchtigere einmalige Bedarfe doch einmal zeitlich so zusammen, dass auch bei vorausschauender Planung nicht genügend angesparte Mittel zur Verfügung stehen, kann dem durch ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII Rechnung getragen werden, das hernach ratenweise zu tilgen ist; insofern ist das Darlehen lediglich gleichsam ein nachgelagertes Gegenstück der Vorab-Ansparung.
55c) Konnten die Passkosten des Klägers als einmaliger Bedarf nach allem nur als Darlehen gemäß § 37 Abs. 1 SGB XII übernommen werden, so dringt der Kläger auch mit dem Einwand nicht durch, er habe im Laufe seines bisherigen (zu kurzen) Leistungsbezuges den aufzuwendenden Betrag noch gar nicht ansparen können. Denn eine Bedarfsspitze kann auch deshalb bestehen, weil noch keine ausreichende Ansparzeit zur Verfügung gestanden hat; ihr kann deshalb gerade mit einem Darlehen wirksam begegnet werden. Auch hier verlagert die Rückzahlung des Darlehens das Ansparen gleichsam nur in Zeit nach der Bedarfsdeckung.
56d) Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen veranlasst, namentlich nicht mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. Rn. 115 ff.). Denn die Differenz zwischen den in dem Regelsatz berücksichtigten Kosten für einen Personalausweis (28,80 EUR) und den vom türkischen Konsulat dem Kläger in Rechnung gestellten Gebühren (211 EUR) ist mit 182,20 EUR zwar nicht unerheblich. Da der entsprechende Bedarf jedoch nur alle zehn Jahre anfällt, führt dies bei einer Umrechnung auf den Monat nur zu einem geringen Betrag von ca. 1,52 EUR, um den der Kläger mit höheren Kosten belastet wird als im Falle eines Personalausweises. Es liegt in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Leistungsbezieher je nach ihrem Lebenszuschnitt unterschiedliche Einmalbedarfe haben; diese resultieren etwa aus individuellen Konsumvorlieben und -notwendigkeiten sowie aus individuellen Lebensentscheidungen, welche jeweils besondere Bedarfszuschnitte erzeugen können. Sind die höheren Kosten für den türkischen Pass des Klägers letztlich Folge seiner individuellen Lebensentscheidung, sich - ohne Einbürgerung - über einen langen Zeitraum in Deutschland niederzulassen, so sind sie lediglich individuelle Besonderheiten gerade seines Einzelfalles, so wie in anderen Einzelfällen jeweils andere individuelle Bedarfe anfallen. Die Größenordnung dieser Belastung ist so gering, dass der Kläger auf eine Deckung aus dem individuell einsetzbaren Ansparanteil der Regelleistung verwiesen werden kann (ob bei exorbitanten Gebühren, die ein anderer Staat von seinen in Deutschland lebenden Angehörigen für die Ausstellung von Pässen verlangen könnte, anders zu entscheiden wäre, kann der Senat offenlassen).
57Wenn der Kläger schließlich auf Aufwendungen für eine Rechtsschutzversicherung und eine Versicherung für eine Rückführung in die Türkei nach dem Tode verweist, so führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Es handelt sich dabei um aus dem freihändig einzusetzenden Ansparbetrag aufzuwendende Ausgaben für individuelle Absicherungswünsche, die das Existenzminimum des Klägers nicht betreffen, und die deshalb dem eigenverantwortlichen Ausgabeverhalten im Rahmen des durch die existenzsichernden Leistungen nach dem SGB XII Ermöglichten zuzuweisen sind.
58Offen lassen kann der Senat insoweit, ob ein Verweis des Klägers auf Mittel aus dem im Regelsatz enthaltenen Ansparbetrag auch schon deshalb gerechtfertigt erscheint, weil bei der Bemessung des Regelsatzes in der Abteilung 3 die Verbrauchsausgaben für Herren- und Damenbekleidung sowie für Herren- und Damenschuhe systemwidrig zusammengerechnet worden sind und deshalb ohnehin mehr als die eigentlich für das Existenzminimum notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden (nach Schwabe in ZfF 2013 S.1 ff. [5] belief sich dieser Mehrbetrag im Jahr 2013 auf monatlich 5,27 EUR).
59II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
60III. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.
Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.
Tenor
-
Die Revision des Beigeladenen und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. November 2009 werden zurückgewiesen.
-
Der Beigeladene hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
-
Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger begehrt Erstattung der Kosten für den bei ihm anfallenden Mehrbedarf für Hygiene.
- 2
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Der im Jahre 1968 geborene Kläger ist an HIV erkrankt. Er bezieht neben einer privaten Berufsunfähigkeitsrente vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Durch Bescheid vom 2.11.2007 bzw Änderungsbescheid vom 8.11.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von November 2007 bis April 2008 Leistungen in Höhe von monatlich 172,66 Euro. Der Kläger begehrte mit seinem Widerspruch zusätzliche Leistungen wegen vermehrter Aufwendungen für Hygiene im Zusammenhang mit seiner HIV-Erkrankung. Der Beklagte lehnte dies mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2007 ab.
- 3
-
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Er hat eine Stellungnahme der Aidshilfe eingereicht, woraus der typische, nicht durch die Regelleistung abgedeckte Bedarf von HIV-Infizierten ersichtlich werde. Er leide krankheitsbedingt an verstärkter Schweißbildung, müsse sich häufiger duschen, mindestens zweimal täglich die Wäsche und alle ein bis zwei Tage die Bettwäsche wechseln. Zudem habe er einen vermehrten Bedarf an Toilettenpapier und müsse Medikamente einnehmen, die er bis zur Zuzahlungsgrenze selbst bezahlen müsse. Der Kläger hatte diesen Mehrbedarf zunächst mit 20,45 Euro monatlich beziffert.
- 4
-
Das SG hat das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe beigeladen und durch Urteil vom 10.11.2009 den Beigeladenen verurteilt, dem Kläger in der Zeit vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 dem Grunde nach einen Mehraufwand für Hygienebedarf zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage im Hauptantrag gegen den Grundsicherungsträger sei unbegründet. Das SGB II sehe eine Berücksichtigung von krankheitsbedingten Mehraufwendungen gesetzlich nicht vor. Nach § 21 SGB II seien nur die Leistungen für Mehrbedarfe zu gewähren, die dort ausdrücklich normiert worden seien. Auch eine Zuerkennung des geltend gemachten Hygienebedarfs als unabweisbarer Bedarf nach § 23 Abs 1 SGB II komme nicht in Betracht. Jedoch sei der Hilfsantrag zulässig und begründet. Nach § 75 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne der Beigeladene als Träger der Sozialhilfe verurteilt werden. Dass der Kläger ein weiteres Klageverfahren direkt gegen den Beigeladenen führe, stünde einer Verurteilung nicht entgegen. Der Anspruch folge aus § 73 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Der Rückgriff auf das SGB XII sei hier nicht gemäß § 5 Abs 2 SGB II und § 21 SGB XII ausgeschlossen. § 73 SGB XII ermögliche als Auffangklausel in sonstigen Lebenslagen den Einsatz von Sozialhilfemitteln. Auf diese Norm könne dann zurückgegriffen werden, wenn das SGB II einen strukturellen Mangel aufweise, weil es einen bestimmten Bedarfstypus nicht regele. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Aus den eingereichten Attesten werde ersichtlich, dass der Kläger an den Folgen einer fortgeschrittenen, chronischen HIV-Infektion leide. Es bestünden erhebliche chronische gastrointestinale Beschwerden wie rezidivierender Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, die auch einen dauerhaft erhöhten Hygienebedarf und einen Mehraufwand an Hygienemitteln bedingten. Infolge der Chronizität der Beschwerden des Klägers handele es sich um einen dauerhaft erhöhten Bedarf von nicht lediglich untergeordneter Bedeutung. Der Kläger sei nicht in der Lage, durch Umschichtung der mit der Regelleistung pauschal abgegoltenen Bedarfe die notwendigen Aufwendungen zu bestreiten, ohne dauerhaft eine wesentliche Unterdeckung in anderen Bereichen in Kauf nehmen zu müssen. Die Erkrankung bedinge mithin dauerhaft eine Bedarfslage, die sich von der Bedarfslage anderer erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Normalfall deutlich unterscheide. Soweit § 73 SGB XII dem Sozialhilfeträger Ermessen einräume, sei dieses hier auf die Verpflichtung zur Leistungserbringung reduziert. Nicht zu entscheiden sei, nach entsprechender Klarstellung des Klagebegehrens, in welcher Höhe der Bedarf zuzuerkennen sei. Für die Verurteilung des Beigeladenen reiche es aus, wenn feststehe, dass der Höhe nach überhaupt irgend ein Geldbetrag zu zahlen sei.
- 5
-
Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner vom SG durch Beschluss vom 23.12.2009 zugelassenen Sprungrevision. Er rügt eine Verletzung der §§ 21 und 73 SGB XII. Die Annahme des SG, bei Vorliegen eines strukturellen Mangels im SGB II könne auf § 73 SGB XII zurückgegriffen werden, sei vom Gesetz nicht gedeckt. Wenn das SGB II strukturelle Mängel aufweisen sollte, dann müssten diese vom Gesetzgeber selbst im Rahmen des SGB II beseitigt werden. Nach dem SGB II werde die Regelleistung als Pauschale gewährt, mit der alle Bedarfstatbestände des täglichen Lebens abgegolten seien. Es fehle im SGB II an einer gesetzlichen Möglichkeit, die Regelleistung an einen bestimmten besonderen Bedarf anzupassen. Für die Gewährung einer Leistung nach § 73 SGB XII sei darüber hinaus zwingend erforderlich, dass eine sonstige Lebenslage, also eine besondere, atypische Bedarfslage vorliege, was etwa der Fall bei neuen, dem Gesetzgeber so bisher überhaupt nicht bekannten Lebens- und Bedarfslagen wäre. Der Kläger zähle hingegen Symptome einer Erkrankung auf, unter denen eine Vielzahl oder sogar jeder HIV-Infizierte/Aidskranke mehr oder weniger leide. Wäre der Kläger leistungsberechtigt nach dem SGB XII, so hätte darüber hinaus auch geprüft werden müssen, ob eine abweichende Bedarfsfeststellung nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in Betracht käme. Hierzu hätte der Kläger im Einzelnen nachweisen müssen, dass er im konkreten Fall einen höheren Bedarf habe. Schließlich stünden Leistungen nach § 73 SGB XII ausdrücklich im Ermessen des Beigeladenen. Die Entscheidung des SG, dass das Ermessen hier "auf Null" reduziert sei, sei inhaltlich nicht nachvollziehbar begründet worden.
- 6
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Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des SG Berlin vom 10. November 2009 zu ändern und die Klage auch gegen den Beigeladenen abzuweisen.
- 7
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Der Kläger beantragt,
die Revision des Beigeladenen zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils des SG Berlin und des Bescheids vom 2. November 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Dezember 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 dem Grunde nach einen Mehrbedarf für Hygieneaufwendungen zu gewähren.
- 8
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Der Kläger trägt vor, er lege ausdrücklich Anschlussrevision ein, weil die Verurteilung des beigeladenen Trägers der Sozialhilfe gemäß § 75 Abs 2 und Abs 5 SGG nur subsidiär gegenüber einer Verurteilung des Beklagten sei. Sie komme nur dann in Betracht, wenn die vorrangig zu prüfende Klage gegen den Beklagten keinen Erfolg habe. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) stehe nunmehr aber fest, dass es einen verfassungsrechtlichen Anspruch direkt gegen den Beklagten bei unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfen gebe. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) habe am 18.2.2010 in dem Verfahren B 4 AS 29/09 R entschieden, dass der vom BVerfG nunmehr anerkannte Anspruch aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 Grundgesetz (GG) zur Deckung eines solchen wiederkehrenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfs auch in einem laufenden und noch nicht abgeschlossenen Verfahren, dh auch für die Vergangenheit, zu berücksichtigen sei. Deshalb sei auch im vorliegenden Fall vorrangig der Beklagte zu verurteilen.
- 9
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Der Beklagte beantragt,
die Revision des Beigeladenen und die Anschlussrevision
des Klägers zurückzuweisen.
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Das BVerfG habe in einem Beschluss vom 24.3.2010 (1 BvR 395/09) klargestellt, dass die Härtefallregelung nicht für Zeiten vor der Entscheidung des Ersten Senats des BVerfG vom 9.2.2010 gelten solle. Mithin fehle es im vorliegenden Verfahren für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 an einer Anspruchsgrundlage iS des § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), um ihn - den Beklagten - verurteilen zu können.
Entscheidungsgründe
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Die im Übrigen statthafte und zulässige Sprungrevision des Beigeladenen (§ 161 SGG) ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Beigeladenen dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger den aus seiner Aidserkrankung resultierenden Mehrbedarf für Hygiene gemäß § 73 SGB XII zu gewähren(hierzu unter 2.). Eine Verurteilung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 6 SGB II kam nicht in Betracht, weil es zum streitgegenständlichen Zeitpunkt keine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers im SGB II gab (1.). Hieran hat sich auch durch das Urteil des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 - SGb 2010, 227) nichts geändert, weshalb auch die Anschlussrevision des Klägers zurückzuweisen war (3.).
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Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Hygienemehrbedarf für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 30.4.2008. Der Beigeladene konnte hier gemäß § 75 Abs 5 SGG in der ab 1.8.2006 (idF des sog Fortentwicklungsgesetzes vom 20.7.2006, BGBl I 1706) geltenden Fassung verurteilt werden (zur Verurteilung des Sozialhilfeträgers bereits vor Änderung des § 75 Abs 5 SGG vgl BSGE 97, 242 = SozR 4-2200 § 20 Nr 1). Dass der Kläger einen weiteren Rechtsstreit gegen den hier Beigeladenen führt, in dem er dessen (direkte) Verurteilung zur Tragung des Hygienebedarfs auf Grundlage der Vorschriften des Fünften Kapitels des SGB XII fordert (S 47 SO 985/08), steht dem nicht entgegen. Dieser Rechtsstreit berührt die Zulässigkeit der Verurteilung des Beigeladenen nicht, zumal die Klage gegen den Beigeladenen in dem gesonderten Rechtsstreit S 47 SO 945/08 später beim SG eingegangen ist. Entgegen der Rechtsansicht des SG könnte die Klage in jenem Rechtsstreit aber wegen anderweitiger Rechtshängigkeit im Hinblick auf das vorliegende Verfahren unzulässig sein (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 94 RdNr 7c).
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1. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abgewiesen, weil es für den vom Kläger geltend gemachten Mehrbedarf für Hygieneartikel im streitigen Zeitraum im SGB II keine Rechtsgrundlage gab.
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Der 7b. Senat des BSG hat im Einzelnen in seinem Urteil vom 7.11.2006 begründet (BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; vgl auch das Urteil des erkennenden Senats vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - Schülermonatskarte - SozR 4-4200 § 7 Nr 15), dass die Regelungen des SGB II keine Erhöhung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus zulassen. Die Gewährung eines Mehr- oder Sonderbedarfs im SGB II ist nur in den ausdrücklich gesetzlich normierten Fällen möglich. Weder § 21 SGB II in der zum streitigen Zeitpunkt geltenden Fassung noch § 23 Abs 1 SGB II stellten eine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers dar. Letzteres folgt schon daraus, dass es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Hygienebedarf um einen wiederkehrenden Bedarf handelt, der nur schwer einer darlehensweisen Gewährung zugänglich ist. Insoweit hat der Senat später klargestellt, dass für fortlaufende bzw wiederkehrende Bedarfe § 23 Abs 1 SGB II mit der Möglichkeit einer Darlehensgewährung ausscheidet(vgl zuletzt Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - RdNr 27).
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2. Zu Recht hat das SG weiterhin entschieden, dass dem Kläger gegen den Beigeladenen ein Anspruch aus § 73 SGB XII zusteht. Hiernach können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Der 7b. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 7.11.2006 (aaO; vgl auch Urteil des Senats vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - Schülermonatskarte - aaO) im Einzelnen dargelegt, wann ein solcher - ausnahmsweiser - Rückgriff auf § 73 SGB XII möglich ist(vgl aaO RdNr 22 ff; kritisch hierzu allerdings etwa Münder, NZS 2008, 617).
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a) Erforderlich ist zunächst, dass eine sog atypische Bedarfslage vorliegt, weshalb etwa ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für Schulbücher über § 73 SGB XII ausscheidet, weil es sich hier um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt(vgl Urteil des Senats vom 19.8.2010 - B 14 AS 47/09 R). Durch das Abstellen auf eine sog atypische Bedarfslage soll verhindert werden, dass die Norm zu einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II mutiert.
- 17
-
Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist mithin eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zu Recht hat das SG ausgeführt, dass die vom Kläger geltend gemachten Bedarfe hier eine sachliche Nähe zu den sog Hilfen zur Gesundheit gemäß §§ 47 ff SGB XII aufweisen. Eine derartige Bedarfslage ist hier darin zu sehen, dass die vom Kläger geltend gemachten Hygienebedarfe auch im System des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht befriedigt werden können. Zugleich ist auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert. Es handelt sich nicht um hinzunehmende Bagatellbedürfnisse oder Bedürfnisse ohne Grundrechtsbezug (hierzu Urteil des Senats vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - RdNr 21), vielmehr ist das Recht des Klägers auf Leben (Gesundheit) und körperliche Unversehrtheit gemäß Art 2 Abs 2 GG berührt (zur Bedeutung dieses Grundrechts im Sozialrecht vgl insbesondere BVerfGE 115, 25 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5).
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Entgegen dem Vorbringen der Revision ist es nicht Voraussetzung des Vorliegens eines atypischen Bedarfs iS des § 73 SGB XII, dass ein solcher Bedarf nur im Einzel- oder Ausnahmefall vorliegt. Gerade bei der vom BSG in seinem Grundsatzurteil vom 7.11.2006 (aaO) zu beurteilenden Konstellation der Kosten des Umgangsrechts nach Scheidung oder Trennung der Eltern handelte es sich um einen Bedarf, der in einer Vielzahl von Fällen vorliegt. Maßgebend für die Atypik einer Bedarfslage ist vielmehr, dass ein den Grundrechtsbereich tangierender Bedarf ungedeckt bleibt, der - worauf auch das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 hinweist - vom Rechtssystem "eigentlich" gedeckt werden müsste. So liegen die Verhältnisse auch hier.
- 19
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Auf Grund des Revisionsvorbringens ist nochmals (vgl bereits BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f) darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nicht um eine Frage des erhöhten Bedarfs entsprechend § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII handelt. Das BSG hat bereits damals das systematische Argument, dass das SGB XII nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in seinem für SGB II-Leistungsempfänger verschlossenen Dritten Kapitel bereits die Möglichkeit zur Erhöhung der Leistungssätze biete und deshalb im Sozialhilferecht die Anwendung des § 73 SGB XII ausschließe, was in der Folge auch für SGB II-Leistungsbezieher gelte, angesichts der besonderen Bedeutung des betroffenen Grundrechts zurückgewiesen. Dies gilt in gleichem Maße unter Berücksichtigung der Bedeutung des Grundrechts aus Art 2 Abs 2 GG.
- 20
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b) Die Leistungen, die der Sozialhilfeträger an den Kläger zu erbringen hat, rechtfertigen auch den Einsatz öffentlicher Mittel iS des § 73 SGB XII. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 7.11.2006 (aaO) unter dem Prüfungsgesichtspunkt der Rechtfertigung des Einsatzes öffentlicher Mittel ausdrücklich auf die Möglichkeit des Sozialhilfeträgers hingewiesen, im Rahmen der Ermessenserwägungen die Kosten für das Umgangsrecht (etwa bei der Zurücklegung sehr großer Distanzen oder sehr hoher Kosten) zu beschränken. Hieraus kann im Umkehrschluss auch gefolgert werden, dass auch zu geringe Kosten ggf einen Einsatz öffentlicher Mittel nicht mehr rechtfertigen. Macht ein Kläger nur Bagatellbeträge geltend, so kann eine Verurteilung nach § 73 SGB XII möglicherweise hieran scheitern, weil dann trotz vorliegender Grundrechtsbetroffenheit die entsprechenden Kosten selbst zu tragen wären. Letztlich kann dies hier offen bleiben, weil der Kläger seine zusätzlichen Hygienekosten zunächst auf 20,45 Euro monatlich beziffert hat (und nur auf Anraten des SG zu einem Zahlungsantrag dem Grunde nach übergegangen ist). Jedenfalls bei regelmäßig monatlich anfallenden Kosten in dieser Höhe scheitert ein Klagebegehren nicht bereits an einer in § 73 SGB XII unter dem Gesichtspunkt der Rechtfertigung des Mitteleinsatzes enthaltenen "Bagatellgrenze".
- 21
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c) Hinsichtlich des Bestehens des Anspruchs dem Grunde nach hat das SG zu Recht den Beigeladenen direkt zur Leistung verurteilt. Zwar eröffnet § 73 SGB XII dem Leistungsträger (hier dem Beigeladenen) Ermessen. Hier war jedoch das Ermessen auf Null geschrumpft. Die Verurteilung des Beigeladenen rechtfertigt sich im Übrigen auch daraus, dass auf Grund der besonderen rechtlichen Strukturen im Verhältnis von SGB II, SGB XII und Verfassungsrecht es dem Verwaltungsträger nicht mehr möglich sein darf, seine Leistungspflicht nach einer Verurteilung im Rahmen einer Ermessensentscheidung nochmals grundsätzlich in Frage zu stellen. Zu Recht hat das SG allerdings dem Sozialhilfeträger im Rahmen seiner grundsätzlich bestehenden Leistungspflicht die Möglichkeit eingeräumt, die vom Kläger geltend gemachten Kosten der Höhe nach zu überprüfen.
- 22
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3. Auch die Anschlussrevision des Klägers war zurückzuweisen. Soweit der Kläger hilfsweise geltend macht, nunmehr sei auf Grund des Urteils des BVerfG vom 9.2.2010 (aaO) der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu verurteilen, ist dies nicht zutreffend. Es kann von daher dahinstehen, ob dem Kläger insofern überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite gestanden hätte, weil er vor dem SG bereits die Verurteilung des Beigeladenen (ebenfalls ein öffentlich-rechtlicher Träger) erreicht hatte. Der Senat geht davon aus, dass der vom BVerfG geforderte verfassungsrechtliche Anspruch bei unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfen nur dann eingreift, wenn nicht bereits auf Grund einfach-gesetzlicher Regelungen eine Leistungsgewährung möglich ist.
- 23
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Das BVerfG hat in seinem Urteil (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Zugleich hat das BVerfG aber deutlich gemacht, dass es die Rechtsprechung des BSG zu § 73 SGB XII billigt(so schon explizit der Beschluss des BVerfG vom 7.11.2007 - 1 BvR 1840/07) und lediglich kritisiert, dass diese Rechtsprechung keine Gewähr dafür biete, "dass sämtliche atypischen Bedarfslagen berücksichtigt werden" (BVerfG Urteil vom 9.2.2010, aaO). Gerade die Unsicherheit des Anwendungsbereichs der Ausnahmevorschrift des § 73 SGB XII hat das BVerfG dazu bewogen, eine eigenständige Rechtsgrundlage im SGB II für Fälle wie den vorliegenden zu fordern. Hieraus folgt zugleich, dass der vom BVerfG geforderte verfassungsrechtliche Anspruch nicht notwendig ist, soweit dem Begehren des Klägers - jedenfalls für die Vergangenheit - bereits durch die Rechtsprechung zu § 73 SGB XII Rechnung getragen werden kann. So liegen die Verhältnisse hier. Da der Kläger bereits einen (einfachgesetzlichen) Anspruch gegen den Beigeladenen aus § 73 SGB XII hat (hierzu soeben unter 2.), stellt sich die weitere Problematik, inwieweit der vom BVerfG ergänzend geforderte verfassungsrechtliche Anspruch auf Deckung fortlaufender atypischer Bedarfe auch für in der Vergangenheit liegende Zeiträume anwendbar sein muss (vgl hierzu insbesondere das Urteil des 4. Senats des BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - SozR 4-1100 Art 1 Nr 7) nicht. Da das BVerfG - wie ausgeführt - die Rechtsprechung des BSG zu § 73 SGB XII ausdrücklich gebilligt hat(vgl auch Beschluss vom 7.11.2007 - 1 BvR 1840/07), ist daher davon auszugehen, dass eine Leistungspflicht gemäß § 73 SGB XII dem zusätzlich - lediglich im Notfall eines aus Verfassungsgründen zu deckenden Bedarfs, der bislang einfachgesetzlich nicht abgedeckt wurde - eingreifenden verfassungsrechtlichen Anspruch vorgeht.
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Bei dem Anspruch nach § 73 SGB XII handelt es sich um einen von der Rechtsprechung aus verfassungsrechtlichen Gründen geschaffenen Hilfsanspruch für Leistungsempfänger des SGB II, der diesen ausnahmsweise einen Rückgriff auf das SGB XII ermöglicht. Der Kläger wird in Zukunft seinen Anspruch ohnehin unmittelbar auf § 21 Abs 6 SGB II stützen können, der auf Grund der Entscheidung des BVerfG mit Wirkung zum 3.6.2010 (durch das Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 27.5.2010, BGBl I 671) in das SGB II eingefügt worden ist. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/1465 S 9 zu Nr 2) wird ausdrücklich der dauerhafte Hygienebedarf von HIV-Infizierten als Beispielsfall für die neue gesetzliche Härtefallklausel erwähnt. Für den in der Vergangenheit liegenden - hier streitigen Zeitraum - war hingegen eine einfach-rechtliche Anspruchsgrundlage nur in § 73 SGB XII gegeben.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer
- 1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt, - 3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist, - 4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und - 5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
- 1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen, - 2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind, - 3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder - 4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.
(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn
- 1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder - 2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.
(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.
(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.
(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.
(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.
(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
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mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.