Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 05. Feb. 2016 - 4 K 2679/15

bei uns veröffentlicht am05.02.2016

Tenor

Der Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen Windpark.
Die Antragsteller sind Eigentümer des Anwesens XXX in Schopfheim, Ortsteil XXX, wo sie auch wohnen. Das Grundstück befindet sich im unbeplanten Innenbereich.
Die Beigeladene beantragte unter dem 18.05.2015 beim Antragsgegner die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Errichtung und Betrieb des Windparks Schopfheim mit fünf Windenergieanlagen auf dem im Außenbereich belegenen Grundstück FlstNr. 2542, Gemarkung Gersbach, in Schopfheim; die Anlagen haben eine Nennleistung von 3.000 kW, eine Nabenhöhe von 149 m und einen Rotordurchmesser von 115,7 m. Dem Antrag waren u.a. eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, ein faunistischer Erfassungsbericht, eine FFH-Verträglichkeitsabschätzung und eine UVP-Vorprüfung beigefügt, die jeweils vom Büro „AAA“ erstellt worden waren. Der geplante Standort der Anlagen befindet sich nördlich des Grundstücks der Antragsteller; der Abstand zwischen dem Grundstück der Antragsteller und der nächstgelegenen der fünf Windenergieanlagen beträgt etwa 1073 m.
Mit Bescheid vom 02.11.2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen unter Anordnung des Sofortvollzugs die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter diversen Nebenbestimmungen, die u.a. Geräuschimmissionen, Schattenwurf, Befeuerung, Wasser-, Boden-, Denkmal-, Natur- und Artenschutz betreffen. In der Folge wurden unter dem 20.01.2016 und 29.01.2016 - ebenfalls unter Anordnung des Sofortvollzugs - zwei Abänderungsbescheide erlassen, die in erster Linie vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Artenschutzes (sog. CEF-Maßnahmen) betreffen.
Die Antragsteller legten gegen den Bescheid vom 02.11.2015 am 11.11.2015 und gegen den Bescheid vom 20.01.2016 am 29.01.2016 Widerspruch ein. Am 18.11.2015 haben die Antragsteller ferner beim Verwaltungsgericht Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 02.11.2015 gestellt. Antragsgegner und Beigeladene sind dem Antrag entgegengetreten.
II.
A. Der Antrag der Antragsteller ist sachdienlich dahin auszulegen, dass sie beantragen, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom 02.11.2015 in Gestalt der Abänderungsbescheide vom 20.01.2016 und 29.01.2016 zur Errichtung und zum Betrieb des Windparks Schopfheim mit fünf Windenergieanlagen auf dem Grundstück FlstNr. 2542, Gemarkung Gersbach in Schopfheim wiederherzustellen. Dieser Antrag ist zulässig.
1. Der Antrag der Antragsteller ist statthaft, da der Antragsgegner die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Nr. I.9 des Genehmigungsbescheides vom 02.11.2015, lit. g) des Abänderungsbescheides vom 20.01.2016 und Nr. II. des Abänderungsbescheides vom 29.01.2016 jeweils mit Sofortvollzug versehen hat. Nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eines Dritten - hier der Antragsteller - (u.a.) die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherstellen.
2. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind die Antragsteller gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt.
2.1 Die Antragsbefugnis folgt entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller allerdings nicht bereits aus der Vorschrift des § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG.
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2.1.1 Diese Regelung räumt dem Einzelnen zwar eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition ein mit der Folge, dass (u.a.) der Verfahrensfehler einer dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügenden UVP-Vorprüfung abweichend von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Begründetheit der Klage führt, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften des UVP-Rechts der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts Einzelner dienen und ob der Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben kann, wie es § 46 VwVfG sonst voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30/10 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris, vom 11.04.2014 - 5 S 534/13 -, juris, und vom 03.07.2014 - 5 S 1282/13 -, juris). Dessen ungeachtet bleibt es jedoch dabei, dass das Vorliegen einer Klage- bzw. Antragsbefugnis im Falle von Individualklägern bzw. -antragstellern - anderes gilt mit Blick auf Art. 11 Abs. 3 Satz 2 UVP-RL für anerkannte Umweltvereinigungen - nur dann zu bejahen ist, wenn es möglich erscheint, dass der Kläger bzw. Antragsteller durch die Zulassung des einer UVP-Vorprüfung unterliegenden Vorhabens in eigenen materiellen Rechtspositionen verletzt ist. § 4 Abs. 3 UmwRG lässt den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet lediglich durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern - insoweit § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis im Rahmen der Zulässigkeit aus.
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2.1.2 Eine abweichende Auslegung des § 4 Abs. 3 UmwRG in dem Sinne, dass die Verfahrensvorschriften der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) - und damit auch die der Richtlinienumsetzung dienende Regelung des § 4 UmwRG - als Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO anzusehen wären und damit unabhängig von einer Betroffenheit des Individualklägers in eigenen materiellen Rechten eine Antrags- bzw. Klagebefugnis gewährten, ist zur Überzeugung der Kammer nicht geboten und wird auch durch das Unionsrecht nicht gefordert.
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Insofern gilt, was das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 2011 zur Auslegung von § 4 Abs. 3 UmwRG ausgeführt hat (BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30/10 -, juris), nämlich dass § 4 Abs. 3 UmwRG nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens betrifft und für die Beurteilung der Klagebefugnis keine Bedeutung hat. Nach dem hier anzuwendenden Art. 11 Abs. 1 lit. b) UVP-Richtlinie kann ein Rechtsbehelf durch das nationale Recht davon abhängig gemacht werden, dass der Kläger eine Rechtsverletzung geltend macht. Hierbei ist es gemäß Abs. 3 der Vorschrift Sache der Mitgliedstaaten zu bestimmen, welches die Rechte sind, deren Verletzung zu einem Rechtsbehelf in Umweltangelegenheiten führen kann. Dass ein subjektives Recht einem Einzelnen nur zuerkannt wird, sofern er durch die Zulassungsentscheidung überhaupt betroffen wird, widerspricht, so das Bundesverwaltungsgericht, weder dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren (Art. 11 Abs. 3 Satz 1 UVP-Richtlinie), noch dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip, das ebenso wenig wie das deutsche Recht eine Popular- oder Interessentenklage erfordert.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
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Das von den Antragstellern zitierte Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (- C-72/12 - < Altrip >, juris) enthält zu der Frage, inwieweit die Zulässigkeit einer Klage von der Beeinträchtigung einer materiellen Rechtsposition des Rechtsbehelfsführers abhängig gemacht werden darf, gerade keine Aussagen; vielmehr führt der EuGH ausdrücklich aus, da den Gründen der Vorlageentscheidung nicht zu entnehmen sei, ob eine Prüfung dieses Kriteriums für den Ausgangsrechtsstreit zweckdienlich sein könne, bestehe für ihn kein Anlass, sich dazu zu äußern, ob ein solches Kriterium gegen das Unionsrecht verstößt.
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Auch der neueren EuGH-Rechtsprechung lässt sich nicht entnehmen, dass eine Regelung wie § 42 Abs. 2 VwGO der UVP-Richtlinie widerspricht. Im Gegenteil hat der EuGH in einem die österreichische Rechtslage betreffenden Vorabentscheidungsverfahren mit Urteil vom 16.04.2015 (- C-570/13 - , juris) klargestellt, dass nicht alle unter den Begriff der „betroffenen Öffentlichkeit“ nach Art. 11 Abs. 1, Art. 1 Abs. 2 UVP-Richtlinie fallenden natürlichen und juristischen Personen oder Organisationen ein Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs i.S.v. Art. 11 UVP-Richtlinie haben müssen, sondern nur diejenigen, die entweder ein ausreichendes Interesse haben oder eine Rechtverletzung geltend machen, je nachdem, welche dieser Voraussetzungen in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Dem nationalen Gesetzgeber steht es, so der EuGH, frei, die Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung, Handlung oder Unterlassung i.S.v. Art. 11 UVP-Richtlinie geltend machen kann, auf individuelle Rechte zu beschränken, die nach nationalem Recht als subjektiv-öffentliche Rechte qualifiziert werden können. Was der EuGH in diesem Zusammenhang lediglich forderte, war die Möglichkeit desjenigen, der die Kriterien des nationalen Rechts für das Vorliegen einer Rechtsverletzung erfüllt, die behördliche Entscheidung betreffend die Nichtdurchführung einer UVP-Prüfung anzufechten; letztere Möglichkeit war nach vom EuGH zu beurteilenden österreichischer Rechtslage - anders als im deutschen Recht gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG - nicht gegeben.
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Nichts anderes ergibt sich aus dem jüngst ergangenen, die deutsche Rechtslage betreffenden Urteil des EuGH (vom 15.10.2015 - C-137/14 - , juris). Dort hat der Gerichtshof nicht nur das Erfordernis einer Klage- bzw. Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) für Klagen Einzelner nicht in Frage gestellt, sondern sogar weitergehend entschieden, dass ein Mitgliedstaat dann, wenn er für die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen Einzelner gegen auf Grundlage der UVP-Richtlinie gefallene Entscheidungen die Möglichkeit einer Verletzung eines subjektiven Rechts fordert, er auch im Rahmen der Begründetheitsprüfung die Aufhebung der Verwaltungsentscheidung von der Verletzung eines subjektiven Rechts auf Seiten des Klägers abhängig machen darf, wie dies in § 113 Abs. 1 VwGO geregelt ist. Selbst Generalanwalt Wathelet, der in seinen Schlussanträgen in dieser Sache (vom 21.05.2015, Celex) eine gegenüber dem EuGH weiter gehende Ausdehnung des Rechtsschutzes vorgeschlagen hatte, stellte in seinen Schlussanträgen ausdrücklich klar, dass die in § 42 Abs. 2 VwGO enthaltene Zulässigkeitsvoraussetzung in Art. 11 UVP-Richtlinie ausdrücklich vorgesehen sei (dies übersieht VG Würzburg, Urteil vom 19.05.2015 - W 4 K 14.604 u.a. -, juris).
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Auch im Lichte der EuGH-Rechtsprechung ist daher daran festzuhalten, dass es keinen von einer Antrags- bzw. Klagebefugnis losgelösten, allein auf die Verletzung objektiv-rechtlicher Vorschriften betreffend die Umweltverträglichkeitsprüfung gestützten Aufhebungsanspruch Einzelner gibt (so aber OVG NRW, Beschluss vom 24.06.2015 - 8 B 315/15 -, juris, und Urteil vom 25.02.2015 - 8 A 959/10 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 28.11.2014 - 3 L 224/13 -, juris; in diese Richtung tendierend auch VG Würzburg, Urteil vom 19.05.2015 - W 4 K 14.604 u.a. -, juris), die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs vielmehr vom Vorliegen einer Antrags- bzw. Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO und damit von der Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte abhängt (so etwa auch BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30/10 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11.04.2014 - 5 S 534/13 -, juris, vom 30.10.2014 - 10 S 3450/11 -, juris, und vom 03.07.2014 - 5 S 1282/13 -, juris; OVG Nieders., Urteil vom 08.05.2012 - 12 KS 5/10 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 30.09.2015 - Au 4 K 14.1302 u.a. -, juris; VG Stade, Urteil vom 15.09.2014 - 1 A 2114/12 -, juris; Bunge, UmwRG, § 4 Rn. 59; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 2015, § 42 Abs. 2 Rn. 214; Fehling/Kastner/Störmer, HK-VerwR, 4. Aufl., § 42 VwGO Rn. 186; Ziekow, NuR, 2014, 299; Beier, UPR 2016, 48).
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2.2 Dessen ungeachtet ist eine Antragsbefugnis vorliegend zu bejahen. Die Antragsteller machen zurecht geltend, sie könnten durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung in eigenen Rechten verletzt sein. Sie sind Eigentümer des Anwesens XXX in Schopfheim, Ortsteil XXX, wo sie auch wohnen. Das Hausgrundstück liegt in Entfernung von laut Antragsgegner etwa 1073 m zur nächstgelegenen der fünf Windenergieanlagen. Die Schallimmissionsprognose von „AAA“ vom 23.04.2015, errechnet für den Immissionsort Nr. XXX - XXX -, der der vom Grundstück der Antragsteller aus nächstgelegene, näher an den geplanten Windenergieanlagen befindliche Schallimmissionsort ist, zwar eine voraussichtliche Immissionsbelastung durch die fünf geplanten Windenergieanlagen von (nur) 38 dB(A), so dass die für das Grundstück der Antragsteller zu erwartenden Immissionen aller Voraussicht nach um mindestens 7 dB(A) unterhalb des dort zulässigen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) liegen. Dennoch ist es nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht von vornherein und nach jeglicher Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die Antragsteller durch den Betrieb der genehmigten fünf Windenergieanlagen schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein werden (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris, der bei einem Abstand von 1.500 m zu sieben genehmigten Windenergieanlagen ohne weiteren Begründungsaufwand von einer Klagebefugnis ausging).
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B. Der Antrag der Antragsteller ist jedoch nicht begründet.
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1. Die Anordnung des Sofortvollzugs in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 02.11.2015 wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet; Gleiches gilt für die entsprechenden Begründungen in den Abänderungsbescheiden vom 20.01.2016 und 29.01.2016.
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Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten (vgl. zum Folgenden VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris; Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 -, juris). Außerdem sollen dem Betroffenen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Schließlich soll die Begründung der Sofortvollzugsanordnung Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Anordnung sein. Aus der Sofortvollzugsanordnung muss daher hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragsteller bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten.
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Gemessen an diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung in den Bescheiden vom 20.11.2015 (Seiten 37 - 38), vom 20.01.2016 (Seiten 4 - 5) und vom 29.01.2016 (Seiten 2 - 3) nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner begründet die Anordnung der sofortigen Vollziehung damit, dass die Beigeladene zeitnah mit Errichtung und Inbetriebnahme der Windenergieanlage beginnen wolle, um wirtschaftliche Nachteile durch Rückgang der EEG-Vergütung auszuschließen. Andernfalls sei mit erheblichen Ertragsausfällen zu rechnen, die möglicherweise dazu führten, dass vom Vorhaben Abstand genommen werde. Der Sofortvollzug entspreche mit Blick auf die Zwecksetzungen sowohl des EEG als auch des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg auch öffentlichen Interessen. Diese Begründung lässt die für die Behörde maßgeblichen, auf diesen Fall bezogenen Gründe hinreichend klar erkennen.
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2. Auch in materieller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 02.11.2015 in der Fassung der Abänderungsbescheide vom 20.01.2016 und 29.01.2016 rechtlich nicht zu beanstanden.
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In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element auch dieser Interessenabwägung aber ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. In Fällen der Drittanfechtung - wie vorliegend - ist ferner im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass sich nicht allein das öffentliche Vollzugsinteresse und das private Interesse an einer Beibehaltung des Status quo gegenüberstehen; eine vorläufige gerichtliche Regelung muss vielmehr auch das Interesse der durch den Verwaltungsakt begünstigten Beigeladenen an der ihr eingeräumten Rechtsposition berücksichtigen.
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Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Widersprüche der Antragsteller gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 02.11.2015 in der Fassung der Abänderungsbescheide vom 20.01.2016 und 29.01.2016 voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Denn die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt nach summarischer Prüfung zum einen nicht gegen (auch) dem Schutz der Antragsteller dienende Normen (dazu sogleich unter 2.1). Zum anderen dürfte auch das Ergebnis der UVP-Prüfung des Antragsgegners, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, nicht an einem der gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Fehler leiden, so dass den Antragstellern voraussichtlich kein Aufhebungsanspruch gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG zusteht (dazu unter 2.2).
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2.1 Der Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 02.11.2015 in der Fassung der Abänderungsbescheide vom 20.01.2016 und 29.01.2016 verletzt die Antragsteller voraussichtlich nicht ihren geschützten Nachbarrechten. Nur auf die Verletzung eigener Rechte aber können sich die Antragsteller als Nachbarn berufen; eine über die Prüfung derartiger subjektiver Rechte der Antragsteller hinausgehende umfassende objektiv-rechtliche Prüfung der angegriffenen Bescheide findet im Rahmen von Nachbarrechtsbehelfen nicht statt (st. Rspr., vgl. nur Bayer. VGH, Beschluss vom 02.09.2013 - 14 ZB 13.1193 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 -, juris).
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2.1.1 Insbesondere sind die Antragsteller voraussichtlich durch die zu Genehmigung gestellten fünf Windenergieanlagen auf dem Rohrenkopf keinen schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusch- oder Lichtimmissionen ausgesetzt.
28 
Der hier genehmigte Windpark mit fünf Windenergieanlagen bedarf nach § 4 BImSchG i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs 1 der 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 19 BImSchG.
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Diese Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass (u.a.) die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Verpflichtungen erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Nach § 5 Abs. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen u.a. so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können und Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist drittschützend; wird ein Nachbar durch eine genehmigungsbedürftige Anlage schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne von §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt, kann er dies in einem gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichteten Verfahren mit Erfolg geltend machen (st. Rspr., vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 -, juris, und Beschluss vom 22.10.2015 - 10 S 1773/15 -, juris).
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2.1.1.1 Das mit einem Wohnhaus bebaute Anwesen der Antragsteller, das in einem Abstand von etwa 1100 m zum geplanten Windpark liegt, befindet sich im Einwirkungsbereich der Windenergieanlagen; die Antragsteller können sich mithin als Grundstückseigentümer und Nachbarn grundsätzlich auf eine Verletzung von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG berufen.
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2.1.1.2 Es ist nach Aktenlage jedoch nicht ersichtlich, dass die Antragsteller durch die streitgegenständlichen fünf Windenergieanlagen schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder Belästigungen im Sinne von §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein werden.
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2.1.1.2.1 Dies gilt zunächst im Hinblick auf Schall.
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Für anlagenbezogene Lärmimmissionen wird der in § 3 Abs. 1 BImSchG definierte unbestimmte Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen durch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) in ihrer Fassung vom 26. August 1998 konkretisiert. Ihr kommt eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1/13 -, juris, und vom 29.11.2012 - 4 C 8/11 -, juris).
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Das Anwesen der Antragsteller befindet sich nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligter in einem Dorfgebiet. Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte betragen nach Nr. 6.1 lit. c) TA Lärm 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts. Nach der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose von „AAA“ vom 23.04.2015 wurden für den dem Grundstück der Antragsteller am nächsten gelegenen Immissionspunkt Nr. XXX - XXX - ein Beurteilungspegel von 38 dB(A) ermittelt. Der maßgebliche Immissionsrichtwert nachts wird damit dort - und, nachdem das Grundstück der Antragsteller sich noch um einige Meter weiter von den Windenergieanlagen entfernt befindet, aller Voraussicht nach auch auf diesem Grundstück - um 7 dB(A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB(A) eingehalten mit der Folge, dass die Genehmigung für den Windpark selbst dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Ohnehin aber existieren ausweislich Punkt 1.4 der Schallprognose in unmittelbarer Nähe keine Windenergieanlagen oder sonstige Werksgebäude, die als Vorbelastung zu berücksichtigen wären, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
35 
Die Schallprognose ist aus Sicht der Kammer inhaltlich nicht zu beanstanden. Dass sie von der Beigeladenen in Auftrag gegeben wurde, steht - wie sich auch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4a Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV ergibt - ihrer Verwertbarkeit nicht entgegen, soweit sie unter Beachtung der einschlägigen technischen Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt wurde (vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 22.05.2006 - 8 B 2122/05 -, juris, und OVG Saarland, Beschluss vom 04.05.2010 - 3 B 77/10 -, juris), was nach Auffassung der Kammer der Fall ist.
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Den Antragstellern ist es nicht gelungen, die Schallprognose substantiiert in Frage zu stellen.
37 
Soweit die Antragsteller vortragen, durch die Vielzahl, Höhe und Leistung der Anlagen werde es zu hohen, die Grenzwerte überschreitenden Schallwerten kommen, stellen diese pauschalen Behauptungen die detaillierten Ergebnisse der Schallprognose, die auf Grundlage der auch vom Winderlass Baden-Württemberg vorgeschriebenen DIN ISO 9613-2 erstellt wurde und deren Berechnungen (u.a.) Höhe, Leistung und Zahl der Windenergieanlagen zugrunde gelegt wurden, nicht in Frage. Durch die Schallprognose wurden gerade die Immissionen des Gesamtanlagenkomplexes - und nicht etwa, wovon die Antragsteller auszugehen scheinen, einer einzelnen Windenergieanlage - prognostisch untersucht mit dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Nachtimmissionsrichtwerte in der Nachbarschaft des Grundstücks der Antragsteller um voraussichtlich 7 dB(A) unterschritten sein werden.
38 
Ferner wenden die Antragsteller ein, es fehle an einer Prognose, die „auf der sicheren Seite liegt“. In der Tat wurde in der Rechtsprechung immer wieder betont, dass die prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Immissionsrichtwerte „auf der sicheren Seite“ liegen müsse, was erfordere, dass der bei einer Referenzmessung an einer typgleichen Anlage festgestellte Wert um einen Sicherheitszuschlag von regelmäßig mindestens 2 dB(A) erhöht wird (vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 13.07.2006 - 8 B 39/06 -, juris, und vom 12.02.2013 - 8 A 96/12 -, juris; Scheidler, WiVerw 2011, 113, 117). Dies ist hier aber der Fall. Denn den Berechnungen wurde in der Schallprognose der höchste Messwert, der sich aus der Aufstellung der Schallleistungspegel durch ENERCON (vgl. Dokument Schallleistungspegel der ENERCON E-115 Betriebsmodus 0s / BM 0s, Stand 02.2015) ergibt, nämlich 105 dB(A), zuzüglich eines Sicherheitszuschlags für den oberen Vertrauensbereich von 2,5 dB(A) zugrunde gelegt. Ferner sind die Gutachter von einem worst-case-Fall ausgegangen, indem die Immissionen der einzelnen Immissionspunkte so berechnet wurden, dass der Immissionspunkt von jeder Anlage aus gesehen, was rein tatsächlich gar nicht möglich ist, in Mitwindrichtung steht. Trotzdem kam es durchgehend an allen von den Gutachtern untersuchten Immissionspunkten zu einer deutlichen Unterschreitung der jeweils geltenden Immissionsrichtwerte nachts. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer keine Anhaltspunkte für die Annahme der Antragsteller, die Immissionsprognose liege nicht „auf der sicheren Seite“.
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Nicht weiterführend ist auch der Hinweis der Antragsteller darauf, dass die Werte aus dem Winderlass und die hier vorgeschlagenen Abstände zur Wohnbebauung angesichts der heute gängigen Anlagen „weit überkommen“ seien. Denn selbst wenn das der Fall wäre, wäre dies angesichts des Umstands, dass der im Winderlass Baden-Württemberg als Orientierungsrahmen vorgeschlagene Mindestabstand zwischen Windenergieanlagen und Wohngebieten von 700 m im Falle der Antragsteller um etwa 50% überschritten ist, für das vorliegende Verfahren nicht von Relevanz.
40 
Was den Verweis der Antragsteller auf die Pflicht zur Berücksichtigung von Vor- und Fremdbelastungen betrifft, so fehlt es bereits an Angaben dazu, welche derartigen Belastungen - die die Gutachter nicht gesehen haben (vgl. Punkt 1.4 der Schallprognose) - vorliegend in die Berechnungen hätten einbezogen werden müssen. Auch dazu, inwieweit die Geländeformationen Anlass hätten geben müssen, im Rahmen der Schallprognose das Auftreten walzenähnlicher Schallkonstellationen zu berücksichtigen, fehlen jegliche konkrete Angaben.
41 
Ungeachtet der Ergebnisse der Schallprognose wurde der Beigeladenen in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 02.11.2015 in den Nebenbestimmungen unter Nr. II.2.1.4 die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nachts von - betreffend den Immissionspunkt XXX (XXX) - 45 dB(A) zur Auflage gemacht und der Schutz des Wohngebäudes der Antragsteller damit ausreichend gewährleistet. Sollte es entgegen dieser Auflage dennoch zu höheren Lärmbelastungen für die Antragsteller kommen, hieße dies, dass der Windpark nicht in einer der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben wird. Die in der Auflage festgeschriebenen Lärmgrenzwerte werden ausweislich der Schallimmissionsprognose bei regelmäßigem Betrieb eingehalten; belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Begrenzung der Immissionen faktisch nur auf dem Papier steht, legen auch die Antragsteller nicht dar. Daher wäre eine - derzeit nicht absehbare und wohl allenfalls theoretisch denkbare - Überschreitung der Lärmgrenzwerte im konkreten Fall keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs etwa durch Erlass ergänzender Anordnungen auf Grundlage von § 17 BImSchG (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 16.05.2011 - 8 A 372/09 -, juris).
42 
2.1.1.2.2 Auch soweit die Antragsteller auf die Beeinträchtigungen durch Schlag- bzw. Standschatten verweisen, kann ihr Antrag keinen Erfolg haben.
43 
Zwar fallen die sog. bewegten Schatten als „ähnliche Umweltauswirkungen“ unter den Begriff der Immissionen des § 3 Abs. 2 BImSchG. Gleiches gilt für Standschatten bei abgeschalteter Anlage. Vorliegend kann jedoch offen bleiben, bei der Überschreitung welcher zeitlichen Grenze der von Windenergieanlagen ausgehende Schattenwurf zur Annahme einer schädlichen Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 Abs. 1, 2 BImSchG führt und ob insoweit die in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ des LAI genannten, von Nachbarn hinzunehmenden Beschattungsdauern von 30 Stunden im Jahr und 30 Minuten am Tag zur Konkretisierung höchstzulässiger Beschattungen herangezogen werden können (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris). Denn ausweislich der Schattenwurfprognose von „AAA“ vom 17.04.2015 besteht für den Immissionsort XXX - XXX -, wie auch für die umliegenden Immissionsorte, keinerlei Immissionsbelastung durch die fünf Windenergieanlagen durch Schattenwurf. Diese Prognose, die von den Antragstellern im Übrigen nicht in Zweifel gezogen wurde, ist für die Kammer - bereits aufgrund des Umstands, dass sich die geplanten Windenergieanlagen sämtlich nördlich von XXX befinden - unmittelbar nachvollziehbar.
44 
2.1.1.2.3 Auch die von den Antragstellern gerügte, unter Nr. II.2.7 der angefochtenen Genehmigung vom 02.11.2015 der Beigeladenen zur Auflage gemachte Luftsicherheitskennzeichnung der Windenergieanlagen, insbesondere die dort vorgesehene Nachtbefeuerung, welche in den Wohnungen wahrnehmbar sei und die Nachtruhe unerträglich störe, stellt sich ihnen gegenüber aller Voraussicht nach nicht als schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG dar. Gegen die Annahme unzumutbarer Lichtimmissionen spricht neben der Entfernung des Wohnhauses der Antragsteller von über 1000 m zur nächstgelegenen Windenergieanlage bereits die Ausrichtung der Leuchtfeuer-Kennzeichnungen himmelwärts zum Flugverkehr hin; es findet gerade keine gezielte Ausrichtung oder gar Bündelung der Befeuerung zur Erdoberfläche bzw. in Richtung der topographisch niedriger gelegenen Wohngebiete statt (Bayer. VGH, Beschluss vom 16.12.2015 - 22 AS 15.40042 -, juris). In der Rechtsprechung wurde bereits bei in einer Entfernung von 700 m bis 800 m zu einem Wohnanwesen - folglich deutlich geringeren Entfernungen als sie hier in Rede stehen - die Befürchtung, dass von der nächtlichen Befeuerung rechtlich erhebliche Beeinträchtigungen ausgehen sollten, als nicht nachvollziehbar bezeichnet (Bayer. VGH, Beschluss vom 3.2.2009 - 22 CS 08.3194 -, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 09.07.2014 - Au 4 S 14.945 -, juris); dieser Auffassung schließt sich die Kammer jedenfalls für die hier in Rede stehenden Abstände an. Hinzu kommt vorliegend, dass gemäß Nr. II.2.1.14 der Auflagen zum Bescheid vom 02.11.2015 zur Verminderung der Belästigungswirkung für die Anwohner die Blinkfrequenzen der Befeuerungseinrichtungen der Windenergieanlagen untereinander zu synchronisieren sind und außerdem gemäß Nr. II.2.1.15 die Nennlichtstärke mittels Sichtweitenmessungen zu steuern ist. Dass es trotz der Entfernung und der von der Beigeladenen zu ergreifenden technischen Maßnahmen auf dem Anwesen und insbesondere im Wohnhaus der Antragsteller infolge der Befeuerung der Windenergieanlagen zu unzumutbaren Beeinträchtigungen im Sinne von § 3 BImSchG kommen könnte, hält die Kammer für fernliegend.
45 
2.1.2 Den Antragstellern steht aller Voraussicht nach auch nicht deshalb ein nachbarliches Abwehrrecht gegen die genehmigten Windenergieanlagen zu, weil - wie sie geltend machen - von diesen optisch bedrängende Wirkungen ausgingen, die sich ihnen gegenüber als rücksichtslos darstellten.
46 
Für Außenbereichsvorhaben wie die hier in Rede stehenden Windkraftanlagen ist das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu verorten, welches auch privilegierten Vorhaben entgegenstehen kann und über § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG auch im immissionsschutzrechtlichen Verfahren Berücksichtigung findet. Die fünf streitgegenständlichen Windenergieanlagen verstoßen jedoch aller Voraussicht nach nicht gegen das Rücksichtnahmegebot.
47 
Die Antragsteller machen geltend, die fünf Windenergieanlagen hätten eine optisch bedrängende Wirkung. Sie bildeten eine gartenzaunartige Barriere in der Blickrichtung betroffener Anwohner. Diesem Anblick könnten sich die Anwohner nicht entziehen.
48 
Das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme erfasst auch Fallkonstellationen, in denen von einem Bauvorhaben eine optische bedrängende Wirkung auf bewohnte Nachbargrundstücke ausgeht (BVerwG, Beschluss vom 11.12.2006 - 4 B 72/06 -, juris). Ob dies bei Windkraftanlagen der Fall ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, wobei insbesondere die durch die Höhe der Anlagen sowie die Befeuerungseinrichtungen verursachten Einwirkungen auf bewohnte Grundstücke zu berücksichtigen sind. In der Rechtsprechung haben sich im Hinblick auf Windenergieanlagen Anhaltspunkte dafür entwickelt, wann diesen eine optisch bedrängende Wirkung zukommt; so geht die Rechtsprechung als grober Richtschnur davon aus, dass bei einem Abstand zwischen Wohnhaus und Windenergieanlage, der mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der Anlage (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) beträgt, ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot regelmäßig ausscheidet, weil bei diesem Abstand sowohl die Baukörperwirkung als auch die Rotorbewegung der Anlagen regelmäßig so weit in den Hintergrund treten, dass ihnen keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung mehr beigemessen werden kann; ist dagegen der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, tritt diese regelmäßig derart unausweichlich in das Sichtfeld mit der Folge, dass die Wohnnutzung unzumutbar beeinträchtigt wird (OVG NRW, Urteil vom 09.08.2006 - 8 A 3726/05 -, juris, und Beschluss vom 27.07.2015 - 8 B 390/15 -, juris; OVG RP, Beschluss vom 10.03.2011 - 8 A 11215/10 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 01.03.2011 - 9 B 121/11 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 13.10.2015 - 22 ZB 15/1186 -, juris). Diesen groben Anhaltswerten schließt sich die Kammer an.
49 
Die Gesamthöhe der streitgegenständlichen Anlagen beträgt bei einer Nabenhöhe von 149 m und einem Rotordurchmesser von 115,71 m knapp 206,90 m. Der Abstand bereits der am nächsten zum Grundstück der Antragsteller belegenen Windenergieanlage (WEA 1) entspricht mit über 1070 m etwa der fünffachen Gesamthöhe der jeweiligen Anlage; bei den nächstgelegenen Anlagen WEA 3 und WEA 2 bemisst sich der Abstand bereits auf das etwa 6,6-fache bzw. 7,3-fache der Gesamthöhe der Anlagen. Nach der oben genannten groben Faustformel ist bei diesen Abständen tendenziell eher nicht von einer optisch bedrängenden Wirkung auszugehen. Eine solche ergibt sich auch nicht aus den besonderen Umständen im konkreten Fall. Zwar soll nicht nur eine Windenergieanlage, sondern ein Windpark mit fünf Anlagen dieser Größe errichtet werden. Die deutlich wechselnden Entfernungen der Anlagen zum Grundstück der Antragsteller und die damit verbundene Staffelung sowie der erhebliche Abstand zwischen den einzelnen Anlagen vermeiden jedoch, dass der Windpark wie eine Wand aus Anlagen in Erscheinung tritt. Auch sind ausweislich des Schallgutachtens von „AAA“ vom 23.04.2015 (DECI BEL - Detaillierte Ergebnisse, Seite 9) jedenfalls vom Immissionspunkt Nr. XXX, der sich nur wenige Meter vom Grundstück der Antragsteller entfernt befindet, nur drei der Windenergieanlagen (WEA 1 bis 3) sichtbar; möglicherweise gilt dies auch für das Grundstück der Antragsteller. Auch von einer „umzingelnden“ Wirkung der Anlagen, der sich die Antragsteller nicht entziehen könnten, kann auch dann, wenn alle fünf Anlagen vom Grundstück der Antragsteller aus sichtbar wären, angesichts des Umstands, dass sich die Anlagen ausnahmslos nördlich des Grundstücks der Antragsteller befinden, somit lediglich von den straßenseitigen Fenstern ihres Wohnhauses aus unmittelbar wahrnehmbar sind, nicht ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten vermag das Gericht den Windenergieanlagen deshalb keine optisch erdrückende Wirkung gegenüber dem Wohnanwesen der Antragsteller beizumessen. Windenergieanlagen erweisen sich nicht bereits dann als rücksichtslos, wenn sie von benachbarten Grundstücken aus ganz oder teilweise wahrgenommen werden können, sondern sie müssen in ihren optischen Auswirkungen ein Ausmaß erreichen, das einem Nachbarn nicht mehr zugemutet werden kann. Dies aber ist nach Aktenlage nicht der Fall.
50 
2.1.3 Nach Aktenlage gibt es auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller durch Errichtung oder Betrieb der genehmigten fünf Windenergieanlagen in einem anderen subjektiven Recht verletzt sein könnten.
51 
2.1.3.1 So können die Antragsteller mit ihrer ausführlich begründeten und belegten Auffassung, die artenschutzrechtliche Prüfung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, kein Gehör finden.
52 
Im Mittelpunkt des Vortrags der Antragsteller im Verwaltungsverfahren stand von Anfang an der Vorwurf, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung von „AAA“ - (Stand Mai 2015 mit Nachträgen) sei unzureichend erfolgt. Insbesondere halten sie die Methodik betreffend die Erhebung und Bewertung der den Rotmilan betreffenden Daten für fehlerhaft und begründen dies mit vielfältigen Argumenten wie der wetterbedingt fehlenden Eignung des Jahres 2013 für die Aufnahme und Begutachtung von Greifvögeln, der unzureichenden Zahl und Dauer der Beobachtungen oder der unvollständigen Ermittlung von Rotmilanhorsten im Einwirkungsbereich der Anlagen. Auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Anlagen auf Zugvögel, Auerwild und Fledermäuse sowie auf den Wildwechsel halten die Antragsteller die erfolgte artenschutzrechtliche Prüfung für unzureichend und methodisch fehlerhaft.
53 
Mit diesem Vortrag aber können sie bereits aus grundsätzlichen Erwägungen nicht gehört werden.
54 
Zwar gehört, insoweit ist den Antragstellern zuzustimmen, zu dem der Regelung des § 6 Abs. 1 BImSchG zu entnehmenden Prüfprogramm der Immissionsschutzbehörde auch eine artenschutzrechtliche Prüfung, deren Aufgabe es ist zu klären, ob und inwieweit durch das zur Genehmigung gestellte Vorhaben der Tatbestand des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt ist. Ist dies der Fall, weil sich durch das Vorhaben das Risiko für bestimmte geschützte Tiere signifikant erhöht, so ist dieser Umstand ein im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, welcher über § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG Eingang auch in das Prüfprogramm des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens findet, beachtlicher öffentlicher Belang des Naturschutzes. Dieser Belang kann sich im Einzelfall - abhängig auch davon, ob etwa eine naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt werden kann - gegenüber einem zur Genehmigung gestellten Vorhaben auch dann durchsetzen, wenn dieses nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig ist (BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1/12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 30.07.2009 - 8 A 2357/08 -, juris).
55 
Bei den von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB erfassten Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege handelt es sich jedoch um öffentliche Belange. Die gesetzlichen Anforderungen an den Schutz von Natur und Umwelt dienen ausschließlich dem allgemeinen öffentlichen Interesse und sind nicht (auch) dem Schutz der Nachbarn zugeordnet. Selbst wenn folglich die Annahme des Antragsgegners, dass das artenschutzrechtliche Konfliktpotential des zur Genehmigung gestellten Vorhabens als gering zu bewerten sei, etwa in Bezug auf den Rotmilan oder den Auerhahn unzutreffend sein sollte, folgte hieraus keine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller als Nachbarn.
56 
Zwar können sich die Antragsteller über § 4 Abs. 3, 1 UmwRG auch auf die Verletzung naturschutzrechtlicher - und damit ihrem Wesen nach allein öffentlicher - Belange berufen. Diese Ausweitung nachbarlicher Rechtspositionen beschränkt sich jedoch auf den Bereich einer nicht oder fehlerhaft durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. - im vorliegenden Fall - Vorprüfung des Einzelfalls. Die Regelung des § 4 Abs. 3, 1 UmwRG ist dagegen kein allgemeines Einfallstor für die Berücksichtigung öffentlicher Naturschutzbelange im Rahmen von Nachbarrechtsbehelfen; sie entbindet Nachbarn außerhalb ihres Anwendungsbereichs insbesondere nicht von der Geltendmachung der Verletzung subjektiver Rechtspositionen. Ungeachtet der Frage, inwieweit artenschutzrechtliche Belange in die standortbezogene Vorprüfung gemäß § 3c Satz 2 UVPG einfließen (dazu unter2.2), können sich die Antragsteller daher auch im Lichte der durch das Umweltrechtsbehelfgesetz geschaffenen erweiterten Klagemöglichkeiten Privater jedenfalls im Rahmen des § 35 BauGB lediglich auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots berufen; allein diesem, nicht dagegen den sonstigen Belangen des § 35 Abs. 3 BauGB kommt nachbarschützende Funktion zu (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21.01.1983 - 4 C 59/79 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.11.2014 - 10 S 1920/14 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 22 ZB 07/224 -, juris).
57 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von den Antragstellern zitierten Beschluss des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (vom 29.01.2009 - 1 EO 346/08 -, juris). Zwar prüfte das Gericht auf den Rechtsbehelf eines Dritten gegen einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 BauGB vollumfänglich durch. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall handelte es sich bei der Antragstellerin im dort zu entscheidenden Verfahren jedoch nicht um Private, sondern um die Belegenheitsgemeinde. Diese könne sich, so das Oberverwaltungsgericht, gegenüber einem Außenbereichsvorhaben auf eigenem Gemeindegebiet grundsätzlich immer auf ihre Planungshoheit berufen. Bereits aus dem folgenden Halbsatz, nämlich dass für die Frage des Drittschutzes der geltend gemachten Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB in derartigen Fällen kein Raum, das Vorhaben vielmehr auf seine objektive Rechtmäßigkeit gemäß § 35 BauGB hin zu überprüfen sei, wird jedoch deutlich, dass auch das Thüringische Oberverwaltungsgericht der - soweit ersichtlich einhelligen - Rechtsprechung folgt, wonach private Dritte sich gegenüber Außenbereichsvorhaben nur auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots berufen können. Auch in dem von den Antragstellern in Bezug genommenen Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vom 03.11.2015 - 9 B 1051/15 u.a. -) war Antragstellerin die Standortgemeinde, kein privater Nachbar.
58 
Die ausführlichen Ausführungen der Antragsteller zu einem Verstoß der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gegen Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gründen sich auf die unzutreffende Prämisse einer in diesem Nachbarrechtsverfahren erfolgenden vollumfänglichen Überprüfung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf ihre Übereinstimmung mit objektivem Recht; sie sind daher von vornherein nicht geeignet, einen Erfolg ihres Rechtsschutzantrags zu begründen.
59 
2.1.3.2 Keinen Erfolg haben die Antragsteller ferner mit ihrem Vortrag, die Windenergieanlagen erbrächten bei den gegebenen Windverhältnissen von allenfalls 6,0 m/s nur etwa 20% ihrer Nennleistung, arbeiteten folglich nicht effektiv, dienten somit nicht, wie es § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB voraussetze, der Nutzung der Windenergie und seien daher nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert.
60 
Selbst wenn dies zuträfe, wenn die genehmigten Windenergieanlagen mithin objektiv rechtswidrig, weil nicht privilegiert im Außenbereich zulässig, wären, begründete dies nicht den Erfolg des vorliegenden Antrags der Antragsteller. § 35 BauGB ist, wie bereits erörtert, nachbarschützend einzig und allein in Bezug auf das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 BauGB dagegen sind nicht dem Schutz der Antragsteller als Nachbarn zu dienen bestimmt mit der Folge, dass ihre - unterstellte - Verletzung nicht zu einem Erfolg des Rechtsbehelfs der Antragsteller führen könnte (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.10.2011 - 8 S 2223/11 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 25.10.2010 - 2 CS 10/2344 -, juris; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.06.2015 - 2 S 3/15 -, juris).
61 
2.1.3.3 Auch soweit sich die Antragsteller auf Belange des Tourismus berufen, die dem genehmigten Windpark entgegenstünden - Stichwort reine Natur, Gesundheit, Wohlbefinden, einmalige Erholungslandschaft -, und auf die erheblichen negativen Auswirkungen der Windenergieanlagen auf das Landschaftsbild verweisen, vermag dies einen Erfolg ihres Antrags nicht zu begründen. Selbst wenn insoweit die Belange der natürlichen Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert, wie sie in § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB normiert sind, vom Antragsgegner nicht hinreichend gewürdigt worden sein sollten, fehlt es insoweit ersichtlich an einer wehrfähigen Rechtsposition der Antragsteller.
62 
2.1.3.4 Gleiches gilt für den Vortrag der Antragsteller, aufgrund früherer Bergbauaktivitäten im Bereich des Rohrenkopfs könne es zu Geländeeinbrüchen kommen, zumal der Verlauf der Stollen nicht bekannt sei, für ihren Einwand, der Betrieb der Windkraftanlagen werde Auswirkungen auf den Betrieb des Flughafens Basel/Mulhouse/Freiburg, sowohl für den Landeanflug der Flugzeuge wie auch die im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB relevante Funktionstüchtigkeit der Radaranlagen und Richtfunkstrecken haben, und für den Hinweis darauf, dass die Zuwegungen zu den Windenergieanlagen während der Bauzeit gänzlich unzureichend seien. Auch hier fehlt es jeweils ersichtlich an einer möglichen Verletzung von dem Schutze (auch) der Antragsteller dienenden Rechtsvorschriften.
63 
2.1.3.5 Auch soweit die Antragsteller auf mögliche historische Glaswüstungen im Bereich des Rohrenkopfs verweisen, machen sie sich den öffentlichen Belang des Denkmalschutzes zu eigen, dem im Übrigen durch Nr. II.2.4 der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 02.11.2015 Rechnung getragen wurde.
64 
2.1.3.6 Schließlich können sich die Antragsteller auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Auswirkungen der geplanten Windkraftanlagen auf Wasserschutzgebiete nicht hinreichend untersucht worden seien. Denn auch Grundwasser- und Gewässerschutz dienen ausschließlich öffentlichen Interessen; soweit die Antragsteller der Sache nach die Verletzung von Vorschriften des Wasserrechts rügen, kann daraus mithin keine subjektive Rechtsverletzung folgen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 22 ZB 07.224 -, juris). Im Übrigen trägt die angefochtene Genehmigung unter Nr. I.7 durch die Pflicht zur Vorlage eines hydrologischen/hydrogeologischen Gutachtens mindestens zwei Monate vor Baubeginn dem öffentlichen Belang des (Grund-)Wasserschutzes hinreichend Rechnung.
65 
2.2 Die Antragsteller haben ferner voraussichtlich keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG in seiner aktuellen, seit dem 26.11.2015 geltenden Fassung.
66 
2.2.1 Zwar ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) UmwRG anwendbar, weil die streitgegenständlichen Genehmigungsbescheide Entscheidungen nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG darstellen und nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG wegen der insgesamt fünf beantragten und genehmigten, in engen Zusammenhang stehenden Windkraftanlagen eine standortbezogene Vorprüfung der UVP-Pflicht des Einzelfalls gemäß § 3a, § 3c Satz 2 UVPG durchzuführen war.
67 
2.2.2 Auch scheitert ein auf § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG beruhender Aufhebungsanspruch der Antragsteller nicht bereits daran, dass diese die Verletzung von Vorschriften rügen, welche allein dem Schutz der Umwelt, nicht aber der Gewährleistung eigener materieller subjektiver Rechte der Antragsteller zu dienen bestimmt sind. Denn gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b) i.V.m. Abs. 3 UmwRG können Beteiligte im Sinne von § 61 Nr. 1, 2 VwGO die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 UmwRG bereits dann verlangen, wenn (u.a.) eine auf Grundlage des § 3c UVPG durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die aufgrund einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf Antrag eines Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Verfahrensfehlers aufzuheben ist, ohne dass es darauf ankäme, ob die verletzte Vorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dient (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.10.2015 - 7 C 15/13 -, juris, vom 20.12.2011 - 9 A 30/10 -, juris und vom 18.12.2014 - 4 C 36/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris).
68 
2.2.3 Nach summarischer Prüfung genügt die vom Antragsgegner durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des zur Genehmigung gestellten Windparks auf dem Rohrenkopf jedoch den Anforderungen des § 3c Satz 2 UVPG, ist auch inhaltlich nachvollziehbar und entspricht damit dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG.
69 
2.2.3.1 Für Vorhaben, die, wie der zur Genehmigung gestellte Windpark mit fünf Windenergieanlagen, nicht der allgemeinen Vorprüfung des § 3c Satz 1 UVPG, sondern nur der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Satz 2 UVPG unterfallen, ist im Regelfall keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen, da nach der gesetzlichen Wertung eine solche aufgrund der geringen Größe und Leistung der jeweiligen Anlage grundsätzlich nicht erforderlich erscheint (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 03.02.2014 - 4 L 17/14.NW -, juris; Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., § 3c Rn. 16; Schink, NVwZ 2004, 1182). Die standortbezogene Vorprüfung soll bei diesen, die Schwellenwerte einer allgemeinen Vorprüfung nach Satz 1 der Vorschrift nicht erreichenden Vorhaben lediglich gewährleisten, dass der konkrete Standort der erfassten Projekte in den Blick genommen wird. In der hier einschlägigen Anlage 2 zum UVPG werden für den Standort des Vorhabens Schutzkriterien wie etwa Schutzgebiete nach dem BNatSchG oder Wasserschutzgebiete benannt. Nur dann, wenn ein Vorhaben eine Gefährdung spezifischer ökologischer Schutzfunktionen im Sinne einer Unvereinbarkeit mit den konkreten Festsetzungen der einschlägigen Schutzgebietsausweisung befürchten lässt, ist es nach § 3c Satz 2 UVPG ausnahmsweise UVP-pflichtig; die hier erforderliche überschlägige Vorprüfung der Behörde beinhaltet eine prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris; Bayer. VGH, Beschlüsse vom 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 -, juris, und vom 08.06.2015 - 22 CS 15.686 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 03.02.2014 - 4 L 17/14.NW -, juris; Schink, NVwZ 2004, 1182).
70 
Der gerichtliche Prüfungsumfang einer auf Grundlage einer standortbezogenen UVP-Vorprüfung ergangenen behördlichen Entscheidung über die (Nicht-)Durchführung einer UVP-Prüfung ist, zumal im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, nicht unbeschränkt, vielmehr gilt insoweit Folgendes:
71 
Die aufgrund überschlägiger Prüfung im Rahmen des § 3c Satz 2 i.V.m. Satz 1 UVPG getroffene behördliche Einschätzung ist aufgrund ihres prognostischen Charakters in gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt, nämlich allein daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3a Satz 4 UVPG). Gefordert ist eine auf Grundlage der von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebenen Begründung erfolgende Plausibilitätskontrolle, die sich daran orientiert, ob die Behörde den Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst hat, sie die Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten hat, ob sie das anzuwendende Recht erkannt, insbesondere den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt und ob sie keine sachfremden Erwägungen vorgenommen hat (vgl. dazu § 4a Abs. 2 UmwRG). Die behördliche Vorprüfung darf sich nicht in einer oberflächlichen Abschätzung erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum u.a. hinsichtlich der Frage zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (BVerwG, Urteile vom 18.12.2014 - 4 C 36/13 -, juris, und vom 20.12.2011 - 9 A 31/10 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 19.08.2015 - 22 ZB 15.457 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.05.2015 - 2 M 33/15 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 19.03.2012 - 9 B 1916/11 -, juris).
72 
Der gerichtliche Prüfungsmaßstab im vorläufigen Rechtsschutzverfahren wird gemäß § 4a Abs. 4 i.V.m. 3 UmwRG weiter dahingehend modifiziert, dass die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs voraussetzt, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“ (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 16.09.2014 - 7 VR 1/14 -, juris). Diese Modifikation dient dazu, im Zusammenhang mit der europarechtlich gebotenen Ausweitung der Verbandsklage einen Ausgleich zwischen der umweltrechtsschützenden Zielsetzung von Verbandsklagen einerseits und den Belangen der von Verbandsklagen Betroffenen andererseits sicherzustellen (BT-Drs. 17/10957). Je berechtigter und gewichtiger Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist folglich der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 -, juris).
73 
2.2.3.2 Unter Berücksichtigung der genannten Maßstäbe kann die Kammer nicht feststellen, dass die vom Antragsgegner durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des zur Genehmigung gestellten Windparks auf dem Rohrenkopf dem in § 3a Satz 4 UVPG vorgegebenen Maßstab nicht genügte und aufgrund dessen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 02.11.2015 in Fassung der Abänderungsbescheide vom 20.01.2016 und 29.01.2016 wiederherzustellen wäre.
74 
Dies wäre nämlich nach dem eben Gesagten nur dann der Fall, wenn die Kammer aufgrund summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Plausibilität der aufgrund überschlägiger Prüfung erfolgten behördlichen Entscheidung, im vorliegenden Verfahren nicht ausnahmsweise eine UVP-Prüfung durchzuführen, hätte. Dies aber ist nicht der Fall. Die Kammer hat nach summarischer Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Plausibilität der vom Antragsgegner getroffenen prognostischen Einschätzung, durch die fünf Windenergieanlagen auf dem Rohrenkopf sei keine Gefährdung spezifischer ökologischer Schutzfunktionen zu befürchten.
75 
2.2.3.2.1 Der Antragsgegner hat seine Entscheidung auf Grundlage der durch das von der Beigeladenen beauftragte Büro „AAA“ erstellten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c UVPG, Stand Juni 2015, getroffen. In dieser Vorprüfung wurde das Vorhaben einschließlich der geplanten Zuwegungen u.a. anhand der in Anlage 2 zum UVPG genannten Schutzkriterien überprüft; zu diesem Zweck wurden u.a. die möglichen durch das Vorhaben betroffenen umweltsensiblen Gebiete unter Berücksichtigung von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes geprüft und die jeweiligen Auswirkungen des Vorhabens bewertet.
76 
Dass Entscheidungsgrundlage des Antragsgegners für seine in eigener Verantwortung zu treffende prognostische Entscheidung maßgeblich ein von der Beigeladenen in Auftrag gegebenes Gutachten war, begegnet vorliegend umso weniger Bedenken, als die UVP-Vorprüfung durch den Antragsgegner nicht ungeprüft übernommen worden ist. Vielmehr waren, wie sich aus den umfänglichen Verwaltungsakten ergibt, Methodik und Schlussfolgerungen sowohl der Vorprüfung als auch der von dieser in Bezug genommenen weiteren Gutachten, zu denen etwa die FFH-Verträglichkeitsprüfung sowie die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung zählen, während des gesamten Genehmigungsverfahrens immer wieder Gegenstand intensiver und kritischer fachlicher Auseinandersetzung zwischen den Fachabteilungen des Antragsgegners und der Beigeladenen und mündeten in diverse Nachträge zu den durchgeführten (Vor-)Prüfungen. Auch aus dem Vermerk des Antragsgegners vom 24.08.2015 ergibt sich, dass sich der Antragsgegner die fachliche Einschätzung von „AAA“ zu eigen gemacht hat. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Behörde ein Einschätzungsspielraum u.a. hinsichtlich der Frage zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, begegnet das Vorgehen des Antragsgegners keinen rechtlichen Bedenken.
77 
2.2.3.2.2 Die in der UVP-Vorprüfung getroffene Einschätzung des Antragsgegners, eine UVP-Prüfung sei für das Vorhaben nicht erforderlich, ist für die Kammer nach summarischer Prüfung nicht unplausibel.
78 
2.2.3.2.2.1 Die Entscheidung ist zunächst formell nicht zu beanstanden. Gemäß § 3a UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Die Entscheidung ist gemäß § 3a Satz 2 2. HS UVPG bekannt zu geben. Gemäß § 3c Satz 6 UVPG sind Durchführung und Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren.
79 
Der Antragsgegner als zuständige Behörde ist am 24.08.2015 auf Basis der ihm vorliegenden Unterlagen, in erster Linie des Berichts von „AAA“ zu der Einschätzung gelangt, dass durch das Vorhaben keine Umweltauswirkungen zu erwarten seien, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machten. Diese Entscheidung wurde, wie es mit § 3a Satz 2 2. HS UVPG vereinbar ist und § 21 UVwG entspricht, auf der Internetseite des Landkreises Lörrach unter „öffentliche Bekanntmachungen“ eingestellt, somit bekannt gegeben. Die Entscheidung wurde schließlich auch durch den Aktenvermerk vom 24.08.2015 hinreichend dokumentiert. Zwar enthält der Vermerk selbst nur das Entscheidungsergebnis - keine UVP-Prüfung erforderlich -; an einer überschlägigen Beschreibung der relevanten Standortmerkmale und der durch das Vorhaben verursachten nachteiligen Umweltauswirkungen sowie deren Bewertung, wie es für eine inhaltlich nachvollziehbare Dokumentation erforderlich ist (vgl. dazu etwa den „Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten“, Endfassung vom 14.08.2003), fehlt es. Dies ist aber insoweit unschädlich, als der Antragsgegner zum einen auf die von „AAA“ durchgeführte UVP-Vorprüfung verweist, die sich ihrerseits an den Kriterien von Nr. 2 Anlage 2 zum UVPG orientiert und diese, wie im „Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten“ vorgesehen ist, im Einzelnen abarbeitet und bewertet, und sich zum anderen - wenn auch nur rudimentär - dem Vermerk entnehmen lässt, dass der Antragsgegner sich die dortigen Erkenntnisse, Ausführungen und Bewertungen zu eigen macht und auf dieser Grundlage nach seiner eigenen fachlichen Einschätzung ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, eine UVP-Prüfung sei nicht erforderlich (vgl. zu den Anforderungen an die Dokumentation BVerwG, Beschluss vom 28.02.2013 - 7 VR 13/12 -, juris; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008 - 8 D 22/07.AK -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 30.09.2015 - Au 4 K 14/1302 u.a. -, juris).
80 
2.2.3.2.2.2 Die UVP-Vorprüfung leidet nach summarischer Prüfung auch weder an einem der gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Ermittlungsfehler, der so schwer wöge, dass er auf die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses durchschlüge, noch liegt das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung. Vielmehr genügt die Vorprüfung nach Aktenlage voraussichtlich dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG.
81 
Die Gutachter des Büros „AAA“ und ihnen folgend der Antragsgegner haben ihrer Prüfung die in Nr. 2 Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien zugrunde gelegt und in diesem Zusammenhang alle unter Nr. 2.3 Anlage 2 zum UVPG genannten Schutzkriterien auf ihr Vorliegen und ihre Relevanz für das zur Genehmigung gestellte Vorhaben überprüft.
82 
Dabei stellten sie fest, dass die Flächen, die für die fünf Windenergieanlagen in Anspruch genommen werden, selbst keinem besonderen Schutz im Sinne von Nr. 2.3 Anlage 2 zum UVPG unterlägen, allerdings Zuwegungen teilweise entlang von bzw. durch FFH-Gebiete führten; der geringste Abstand zwischen einer der Anlagen selbst und dem nächstgelegenen FFH-Gebiet betrage 320 m, zum SPA-Gebiet Südschwarzwald mindestens 2000 m. Im Untersuchungsgebiet befänden sich ferner diverse, in der Dokumentation der Vorprüfung im Einzelnen aufgelistete Biotope; die Offenlandbiotope hielten zum jeweils nächstgelegenen Standort einer Windkraftanlage einen Abstand von mindestens 340 m, die Waldbiotope von mindestens 45 m ein und einige Biotope grenzten an Zuwegungen an. Naturschutzgebiete nach § 23 BNatSchG, Nationalparke und nationale Naturmonumente nach § 24 BNatSchG, Biosphärenreservate und Landschaftsschutzgebiete gemäß §§ 25, 26 BNatSchG, geschützte Landschaftsbestandteile nach § 29 BNatSchG, Wasserschutzgebiete nach § 51 WHG, Gebiete, in denen die in Vorschriften der Europäischen Union festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten seien und Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte seien im Untersuchungsgebiet nicht vorhanden. Dass diese Feststellungen unvollständig oder unzutreffend wären, ist nicht ersichtlich und wurde auch von den Antragstellern nicht geltend gemacht.
83 
Im Rahmen der Beurteilung des Vorhabens kamen die Gutachter unter Berufung auf die durchgeführte ausführliche FFH-Verträglichkeitsvorprüfung, welche ihrerseits auf die Ergebnisse der artenschutzrechtlichen Bestandsaufnahme sowie der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung rekurriert, zu dem Ergebnis, dass durch das geplante Vorhaben keine bau-, anlagen- und betriebsbezogenen Beeinträchtigungen der Erhaltungszustände der Arten und Lebensraumtypen zu erwarten seien. Auch für die Biotope seien unter Einhaltung der angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu erwarten.
84 
An der Plausibilität der auf dem Gutachten von „AAA“ beruhenden prognostischen Entscheidung des Antragsgegners, es ergäben sich bei der Durchführung des geplanten Vorhabens keine erheblichen Umweltauswirkungen auf die einschlägigen Kriterien gemäß Anlage 2 zum UVPG, bestehen nach summarischer Prüfung für die Kammer keine ernstlichen Zweifel.
85 
Insbesondere erscheint die im Zentrum der Prüfungen stehende Prognoseentscheidung, Beeinträchtigungen von FFH- bzw. SPA-Gebieten seien durch die geplanten Windkraftanlagen nicht zu befürchten, plausibel.
86 
Zurecht haben die Gutachter ihre UVP-Vorprüfung nicht bereits unter Verweis auf die fehlende besondere Unterschutzstellung der von den Anlagen in Anspruch genommenen Flächen beendet. Denn eine Beeinträchtigung von Schutzgebieten ist nicht bereits ohne weiteres im Hinblick darauf zu verneinen, dass das Vorhaben selbst außerhalb des Schutzgebieten liegt; vielmehr erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass durch das Vorhaben die Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Schutzgebieten und Gebietsteilen - etwa durch die Unterbrechung von Flugrouten oder Wanderkorridoren - beeinträchtigt werden oder ein Funktionsverlust des eigentlichen Schutzgebietes - etwa durch Gefahr einer Barrierewirkung - droht, so dass eine standortbezogene Vorprüfung im Einzelfall auch mit Blick auf Vorhaben, die sich außerhalb eines Schutzgebietes befinden, zur Erforderlichkeit einer UVP-Prüfung führen kann (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 22.11.2012 - 7 K 2633/10 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.03.2013 - 2 M 154/12 -, juris [jeweils zur Prüfung nach § 34 Abs. 2 BNatSchG]; OVG Nieders., Urteil vom 17.10.2013 - 12 KN 277/11 -, juris).
87 
An der Plausibilität der prognostische Entscheidung des Antragsgegners, Beeinträchtigungen der im Einwirkungsbereich der Anlagen befindlichen FFH- bzw. SPA-Gebiete - dies sind die FFH-Gebiete 8313-341 („Weidfelder bei Gersbach und an der Wehra“) und 8213-311 („Gletscherkessel Präg und Weidfelder im Oberen Wiesetal“) sowie das SPA-Gebiet 8114-441 („Südschwarzwald“) - seien durch die geplanten Windkraftanlagen nicht zu befürchten, bestehen jedoch keine ernsthaften Zweifel. Die diesbezüglichen Ausführungen in der von „AAA“ vorgenommenen standortbezogenen Vorprüfung und der dort in Bezug genommenen FFH-Vorprüfung sind in sich schlüssig und nachvollziehbar und tragen die darauf beruhende Feststellung des Antragsgegners, eine UVP-Prüfung sei nicht erforderlich. Erhebliche Ermittlungs- oder Beurteilungsfehler sind für die Kammer nicht ersichtlich; auch bestehen für die Kammer keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die vom Vorhabenträger vorgelegten Gutachten, die bei den zuständigen Stellen des Antragsgegners einer kritischen fachlichen Überprüfung unterzogen wurden, keine geeignete bzw. eine unzureichende Grundlage für eine aufgrund überschlägiger Prüfung zu treffende Entscheidung über die Notwendigkeit einer UVP-Prüfung dargestellt hätten.
88 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von den Antragstellern gegen die UVP-Vorprüfung vorgebrachten Einwendungen; aus ihnen ergibt sich nicht, dass der Antragsgegner seinen Einschätzungsspielraum überschritten hätte.
89 
2.2.3.2.2.2.1 Die Antragsteller halten insbesondere, wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, die von den Gutachtern gewählte Methodik betreffend die Erhebung und Bewertung der den Rotmilan betreffenden Daten für fehlerhaft, und begründen dies mit vielfältigen Argumenten; entgegen der Auffassung der Gutachter komme es, so die Antragsteller, durch die geplanten Windenergieanlagen auf dem Rohrenkopf, wo sich ein Dichtezentrum des Rotmilans befinde, durchaus zu Gefährdungen des Rotmilans. Damit können sie jedoch nicht gehört werden.
90 
Die Antragsteller greifen mit ihren Einwänden der Sache nach in erster Linie die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung an, die von „AAA“ im Mai 2015 erstellt und in der Folge durch Nachträge ergänzt worden und wie sie der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 02.11.2015 in der Fassung der Abänderungsbescheide vom 20.01.2016 und 29.01.2016 zugrunde gelegt worden ist. Offenbar sind die Antragsteller der Auffassung, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei bereits immer dann erforderlich - mithin die Entscheidung nach § 3c Satz 2 UVPG, keine UVP-Prüfung durchzuführen, in einem zur Rechtswidrigkeit auch der darauf beruhenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führenden Umfang fehlerhaft -, wenn möglich erscheine, dass ein Vorhaben gegen das Verletzungs- und Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstößt.
91 
Dies aber trifft nicht zu. Denn auch unabhängig von der Frage, ob und ggf. inwieweit sich der individuenbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG prinzipiell für die standort- und damit schutzgebietsbezogene UVP-Vorprüfung des § 3c Satz 2 UVPG fruchtbar machen lässt (vgl. dazu mit verschiedenen Ansätzen VG Osnabrück, Urteil vom 29.07.2015 - 3 A 46/13 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.03.2013 - 2 M 154/12 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 20.08.2014 - 22 ZB 14.94 -, juris), ist im Rahmen der standortbezogenen UVP-Vorprüfung des § 3c Satz 2 UVPG zu berücksichtigen, dass das Erfordernis einer UVP-Prüfung stets einen Bezug zwischen den betroffenen Umweltbelangen und den Schutzkriterien im Sinne von Nr. 2.3 Anlage 2 zum UVPG voraussetzt. Mögliche Beeinträchtigungen sind im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung des § 3c Satz 2 UVPG - anders als bei der allgemeinen Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG - nur dann von Relevanz, wenn dadurch eine Gefährdung gerade spezifischer ökologischer Schutzfunktionen im Sinne einer Unvereinbarkeit mit konkreten Festsetzungen der einschlägigen Schutzgebietsausweisung zu befürchten ist. Auszugehen ist daher von Art und Umfang des dem betreffenden Gebiet jeweils konkret zugewiesenen Schutzes. Allein der Umstand, dass durch ein Vorhaben ein Gebiet mit rechtlich anerkanntem Schutzstatus tangiert wird, löst im Rahmen der standortbezogenen UVP-Prüfung ebenso wenig gleichsam automatisch die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens aus wie eine allgemeine Umweltrelevanz des Vorhabens oder dessen mögliche Beeinträchtigung der in Anlage 2 zum UVPG Nr. 2.1 und Nr. 2.2 genannten Nutzungs- und Qualitätskriterien (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Beschlüsse vom 10.03.2014 - 4 L 87/14.NV, juris, und vom 03.02.2014 - 4 L 17/14.NW -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 20.11.2013 - RO 7 K 12.1328 -, juris; Schink, NVwZ 2004, 1182; Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. I, Stand 2015, § 3c UVPG Rn. 33 f.; BR-DrS. 674/00 vom 10.11.2000, S. 115 f.; s. auch „Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten“, Endfassung vom 14.08.2003).
92 
An diesem Bezug zwischen den von dem Windpark auf dem Rohrenkopf möglicherweise betroffenen Umweltbelangen und den Schutzkriterien im Sinne von Nr. 2.3 Anlage 2 zum UVPG fehlt es jedoch, was die Rotmilane betrifft.
93 
Als Schutzkriterium kommt insoweit allein das dem Vogelschutz dienende SPA-Gebiet 8114-441 - Südschwarzwald - in Betracht. Nachdem die geplanten Windenergieanlagen einen Abstand zum SPA-Gebiet von mindestens 2000 m haben, ist bereits fraglich, inwieweit die geplanten Anlagen eine Beeinträchtigung dieses Gebiets unter den Aspekten der Unterbrechung von Flugrouten oder einer Barrierewirkung mit sich bringen könnten; dies gilt umso mehr, als einiges dafür spricht, dass Greifvögel wie der Rotmilan auf Windenergieanlagen nicht mit einem ausgeprägten Meideverhalten reagieren, sie folglich durch die Anlagen zumal bei einem Abstand von 2000 m zum Rand des Schutzgebietes voraussichtlich nicht maßgeblich daran gehindert wären, dass Schutzgebiet zu erreichen und sich darin aufzuhalten (vgl. dazu ausführlich VG Arnsberg, Urteil vom 22.11.2012 - 7 K 2633/10 -, juris). Aber auch abgesehen davon dürfte nach summarischer Prüfung durch eine - unterstellte - Gefährdung des Rotmilans infolge von Errichtung und Betrieb der geplanten fünf Windenergieanlagen eine Gefährdung spezifischer ökologischer Schutzfunktionen im Sinne einer Unvereinbarkeit mit den konkreten Festsetzungen der einschlägigen Schutzgebietsausweisung des SPA-Gebiets Südschwarzwald mit der Folge einer UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens nicht eintreten. Denn anders als etwa der Schwarzmilan (wissenschaftliche Bezeichnung Milvus migrans) wurde der Rotmilan (Milvus milvus) nicht in den Schutzzweck des SPA-Gebiets 8114-441 aufgenommen (vgl. Standard-Datenbogen, Stand Mai 2014, abrufbar unter http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/207458/, sowie Anlage 1 der Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten vom 05.02.2010, abrufbar unter http://www2.lubw.baden-wuerttemberg.de/public/abt2/dokablage/upload/10_132/919027000101/vsg-vo_ anlage1.pdf); folglich gibt es im SPA-Gebiet Südschwarzwald in Bezug auf den Rotmilan auch keine Erhaltungs- oder Entwicklungsziele, die durch die geplanten Anlagen gefährdet werden könnten. Eine mit dem Vorhaben potentiell einhergehende Gefährdung des Rotmilans wäre daher zwar möglicherweise im Rahmen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG relevant, mit ihr ginge jedoch keine Beeinträchtigung eines der in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien einher; nur auf die Beeinträchtigung dieser spezifischen Schutzkriterien und nicht auf allgemeine Umweltbeeinträchtigungen aber kommt es im Rahmen einer standortbezogenen Einzelfallprüfung an (vgl. dazu auch Bayer. VGH, Beschluss vom 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 -, juris; Schink, NVwZ 2004, 1182).
94 
Offenbleiben kann vorliegend, ob sich eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Prüfung im Einzelfall auch daraus ergeben kann, dass im Rahmen einer standortbezogenen UVP-Vorprüfung die Gefährdung bestimmter Tier- oder Pflanzenarten - wie hier nach Auffassung der Antragsteller des Rotmilans - in einem zwar nicht förmlich in die Schutzgebietsliste aufgenommenen, jedoch ähnlich sensitiven Lebensraum in Rede steht (so ausdrücklich unter Berufung auf den nicht abschließenden Charakter der Aufzählung Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. I, Stand 2015, § 3c UVPG Rn. 22; ähnlich - ohne nähere Begründung oder Entscheidungsrelevanz - auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 03.02.2014 - 4 L 17/14.NW -, juris). Eine solche Ausweitung der Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG wäre zur Überzeugung der Kammer jedenfalls auf enge Ausnahmefälle etwa einer bewusst sachwidrig unterlassenen oder sich jedenfalls aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten förmlich aufdrängenden Unterschutzstellung zu beschränken, weil ansonsten die vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Unterscheidung zwischen einer allgemeinen und einer standortbezogenen UVP-Vorprüfung zu verwischen drohte; zu denken wäre etwa an sog. „faktische Vogelschutzgebiete“ (vgl. dazu und zu den strengen Anforderungen für die Annahme eines derartigen faktischen Schutzgebietes auch vor dem Hintergrund eines zwischenzeitlich zusammenhängenden Netzes von Schutzgebieten in Deutschland BVerwG, Beschluss vom 13.03.2008 - 9 VR 9/07 -, juris und Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28/05 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 382/13 -, juris) oder „potentielle FFH-Gebiete“ (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 14.04.2011 - 4 B 77/09 -, juris; Bayer. VGH, Urteil vom 19.02.2014 - 8 A 11.40040 u.a. -, juris). Für eine derartige Ausnahmesituation einer sich förmlich aufdrängenden Erforderlichkeit der Unterschutzstellung des Rohrenkopfs als einem Habitat, das für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beitrüge oder prioritäre Lebensraumtypen beherberge, bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Solche haben auch die Antragsteller, die insoweit besonderen Darlegungsanforderungen unterliegen, nicht aufgezeigt.
95 
2.2.3.2.2.2.2 Des Weiteren tragen die Antragsteller vor, das Zugvogelverhalten sei nicht hinreichend geprüft worden, obwohl dies zwingender Bestandteil der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hätte sein müssen, sei doch das Gebiet des Rohrenkopfs ein Überfluggebiet zahlreicher Arten wie Kormorane, Graureiher, Wildgänse und Kraniche. Auch mit diesem Vortrag unterliegen die Antragsteller dem Irrtum, eine - unterstellt - fehlerhafte artenschutzrechtliche Prüfung wirke sich per se auf die Plausibilität der auf § 3c Satz 2 UVPG gestützten Entscheidung, keine UVP-Prüfung durchzuführen, aus. Dass dies nicht der Fall ist, wurde bereits ausgeführt. Inwieweit - unterstellte - Gefahren ziehender Großvögel durch die zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen die konkreten Schutzausweisungen des SPA-Gebiets 8114-441 - Südschwarzwald -, welche die von den Antragstellern genannten Vogelarten nicht enthalten, sollten gefährden können, bzw. inwieweit der Rohrenkopf aufgrund seiner Bedeutung für Zugvögel als Schutzgebiet hätte ausgewiesen werden müssen, legen die Antragsteller bereits nicht dar. Nur ergänzend sei daher auf die ausführlichen Ausführungen in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (hier Seiten 72 ff.) betreffend ziehende Großvögel verwiesen.
96 
2.2.3.2.2.2.3 Ferner berufen sich die die Antragsteller darauf, dass das vom Aussterben bedrohte Auerwild in der UVP-Vorprüfung nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Das Auerwild werde durch große Windkraftanlagen aus seinen Refugien vertrieben; eine Wiederansiedlung nach erfolgter Vertreibung sei zum Scheitern verurteilt. Der Rohrenkopf sei im schwarzwaldweiten „Aktionsplan Auerhuhn im Schwarzwald“ als Auerhuhn-relevante Fläche ausgewiesen.
97 
Auch insoweit leidet die Vorprüfung jedoch nicht an schwerwiegenden, auf die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung, die Durchführung einer UVP-Prüfung sei nicht erforderlich, durchschlagenden Ermittlungs- oder Bewertungsfehlern.
98 
Ob der unter der Leitung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg und unter Mitarbeit verschiedener Behörden, Umweltverbände und Wissenschaftler erstellte „Aktionsplan Auerhuhn im Schwarzwald“ durch Qualifizierung des Rohrenkopfs als Auerhuhn-relevante Fläche (Kategorie 3, damit geringste Schutzkategorie) diesem in Bezug auf das Auerhuhn ein den ausdrücklich in Anlage 2 zum UVPG genannten Kriterien ähnliches Schutzkriterium verleiht mit der Folge, dass den Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf das Auerhuhn im Rahmen der standortbezogenen UVP-Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG Beachtung zu schenken ist, erscheint fraglich und dürfte mit Blick auf die hier fehlende gesetzliche Determinierung derartiger politischer Programme und Aktionspläne eher abzulehnen sein. Dies kann jedoch letztlich hier dahinstehen. Denn in der Sache vermögen die Ausführungen der Antragsteller die Plausibilität der behördlichen Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Aktionsplans „Auerhuhn im Schwarzwald“ nach summarischer Prüfung nicht in Frage zu stellen.
99 
In der durch das Büro „AAA“ erstellten speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Stand Mai 2015) und den als Grundlage für die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durchgeführten faunistischen Bestandsaufnahmen (Stand Mai 2015), deren Ergebnisse jeweils über die FFH-Verträglichkeitsabschätzung (Seite 15) auch in die UVP-Vorprüfung Eingang gefunden haben, führte das Planungsbüro betreffend das Auerhuhn aus, dass das Untersuchungsgebiet als Auerhuhn-relevante Fläche Kategorie 3 („weniger problematisch“) eingestuft worden sei; dies bedeute, dass der Bereich aktuell oder potentiell von Auerhühnern genutzt werde, jedoch nicht zu den Schwerpunkten der Besiedlung gehöre. Das Untersuchungsgebiet werde gutachterlicherseits als überwiegend ungeeigneter Auerhuhnlebensraum bewertet, da wichtige Habitatelemente wie der Wechsel von dichten und lichten Waldbereichen, Lichtungen und Kahlflächen oder strukturreiche Bodenvegetation fehlten. Aus dem Untersuchungsgebiet selbst seien bisher keine direkten oder indirekten Nachweise eines Auerhuhns bekannt; solche Nachweise seien insbesondere auch während der Brutvogelkartierungen in den Jahren 2013/14 nicht gelungen. Die nächsten Sichtungen von Auerhühnern hätten in 4 km bzw. 5 km Entfernung vom Untersuchungsgebiet stattgefunden, die nächste potentiell geeignete Fläche liege ca. 1,5 km nordöstlich der geplanten Windenergieanlage Nr. 5. Diesen Erkenntnissen, die durch die im Oktober 2015 durchgeführten Auerhuhn-Kartierungen im Nachhinein bestätigt wurden, treten die Antragsteller nicht substantiiert entgegen. Sie machen im Wesentlichen abstrakte Ausführungen zur Gefährdung des Auerhuhns, zu dem häufig unachtsamen Verhalten von Freizeitsportlern und dazu, dass das Auerhuhn durch große Windenergieanlagen vertrieben werde, ohne dass nach bisherigen Erfahrungen die Möglichkeit bestehe, es nach erfolgter Vertreibung an ehemaligen Refugien wieder anzusiedeln. Diese Ausführungen, mögen sie in der Sache auch zutreffend sein, setzen sich mit der gutachterlichen, vom Antragsgegner geteilten Einschätzung, im konkreten Bereich der Windenergieanlagen sei ein Auerhuhnbestand nicht nachgewiesen und dieser Bereich eigne sich aufgrund seiner Vegetation auch nicht als Auerhuhnlebensraum, sei daher aus artenschutzrechtlicher Sicht unproblematisch, in keinster Weise auseinander und machen diese daher nicht unplausibel.
100 
Ist der Antragsgegner mithin nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle des geplanten Windparks auf dem Rohrenkopf keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vorliegen, an die die UVP-Pflicht bei Vorhaben im Sinne des § 3c Satz 2 UVPG anknüpft, konnte er die UVP-Vorprüfung bereits an dieser Stelle beenden (vgl. zur Zulässigkeit einer Abschichtung des Prüfprogramms vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 10.03.2014 - 4 L 87/14.NW -, juris; Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. I, Stand 2015, § 3c UVPG Rn. 34).
101 
Zusammenfassend hält die Kammer nach summarischer Prüfung das Ergebnis der überschlägigen UVP-Vorprüfung für plausibel; jedenfalls aber bestehen zur Überzeugung der Kammer keine ernstliche Zweifel an der Plausibilität der behördlichen Entscheidung, im vorliegenden Verfahren nicht ausnahmsweise eine UVP-Prüfung auf Grundlage von § 3c Satz 2 UVPG durchzuführen.
102 
3. Lässt sich nach alldem im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Prüfung nicht feststellen, dass der Rechtsbehelf der Antragsteller wahrscheinlich zum Erfolg führen wird, so überwiegen nach Auffassung der Kammer die öffentlichen und privaten Interessen daran, die genehmigten Windenergieanlagen bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu errichten, das gegenläufige Interesse der Antragsteller.
103 
Ob allein das Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme des Windparks mit der Folge erhöhter Einspeisevergütungen ein besonderes Vollzugsinteresse begründen könnte, erscheint fraglich. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienstchancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören; der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl im Regelfall nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris, m.w.N.).
104 
Ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges ergibt sich im vorliegenden Fall indes aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern. Dieses Ziel hat im EEG seinen Ausdruck gefunden, dessen Zielsetzung darin besteht, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung zu verringern, Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern; um dies zu erreichen soll der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2025 40% bis 45% betragen (vgl. § 1 EEG). Zu berücksichtigen ist auch der mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgte Zweck, die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg zu verringern, und zwar bis zum Jahr 2020 um mindestens 25% im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990, wobei dem Ausbau erneuerbarer Energien insoweit eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. §§ 4, 5 KlimaschutzG BW). Anerkannt ist, dass sich aus diesen politischen Zielsetzungen, die in einschlägigen Normen ihren rechtlichen Niederschlag gefunden haben, ein besonderes öffentliches Interesse ergeben kann (vgl. Bayer. VGH; Beschluss vom 16.12.2015 - 22 AS 15.40042 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 01.03.2011 - 9 B 121/11 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - 11 S 13/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris). Soweit die Antragsteller geltend machen, die Windenergieanlagen seien an den vorgesehenen Standorten nicht wirtschaftlich, so begründen sie ihre Einschätzung allein mit Daten des Windatlasses Baden-Württemberg; mit den durch die Beigeladene erfolgten und im Hinblick auf Gesamtunsicherheiten gewichteten Windmessungen, die sämtlich deutlich über den Daten des Windatlasses liegen, und der daraus errechneten Energieertragsabschätzung setzen sie sich nicht auseinander. Im Übrigen sind Aspekte der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens bzw. der damit zusammenhängenden Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals solche, die sich allenfalls auf das Gewicht des privaten Interesses der Beigeladenen auswirkten; dies ändert aber nichts am Bestehen eines besonderen öffentlichen Interesses daran, durch einen prognostizierten jährlichen mittleren Parkenergieertrag von 44,5 GWh/a den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms zeitnah zu erhöhen.
105 
B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
106 
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
107 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Dabei orientiert sich das Gericht an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18.07.2013, wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000,-- EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kommt gemäß Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013 nicht in Betracht, weil die von den Antragstellern begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (im Hinblick auf die Errichtung der Windenergieanlagen) vorwegnimmt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 05. Feb. 2016 - 4 K 2679/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 05. Feb. 2016 - 4 K 2679/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 05. Feb. 2016 - 4 K 2679/15 zitiert 34 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 4 Verfahrensfehler


(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn 1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten


(1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,2. wild lebende Tiere der

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 34 Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten; Ausnahmen


(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erh

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen: 1. Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach a) dem Gesetz

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie5.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 17 Nachträgliche Anordnungen


(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen wer

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 19 Vereinfachtes Verfahren


(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von dies

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 23 Naturschutzgebiete


(1) Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstä

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 29 Geschützte Landschaftsbestandteile


(1) Geschützte Landschaftsbestandteile sind rechtsverbindlich festgesetzte Teile von Natur und Landschaft, deren besonderer Schutz erforderlich ist 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturha

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 51 Festsetzung von Wasserschutzgebieten


(1) Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, 1. Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen,2. das Grundwasser anzureichern oder3. das schädliche Abfließe

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 26 Landschaftsschutzgebiete


(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist1.zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaush

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 24 Nationalparke, Nationale Naturmonumente


(1) Nationalparke sind rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich zu schützende Gebiete, die 1. großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart sind,2. in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzg

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 25 Biosphärenreservate


(1) Biosphärenreservate sind einheitlich zu schützende und zu entwickelnde Gebiete, die 1. großräumig und für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch sind,2. in wesentlichen Teilen ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets, im Üb

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 05. Feb. 2016 - 4 K 2679/15 zitiert oder wird zitiert von 38 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 05. Feb. 2016 - 4 K 2679/15 zitiert 30 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Aug. 2014 - 22 ZB 14.94

bei uns veröffentlicht am 20.08.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Antrags

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2015 - 22 CS 15.2247

bei uns veröffentlicht am 10.12.2015

Tenor I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. August 2015 wird in den Nummern 1 und 2 geändert. II. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Antragsgegner aufgegeben wird, eine

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2015 - 22 AS 15.40042

bei uns veröffentlicht am 16.12.2015

Tenor I. Die Anträge werden mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, eine von ihr auszuwählende, mit dem Vorhaben bisher noch nicht befasste und gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle mit der Erste

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2015 - 22 ZB 15.457

bei uns veröffentlicht am 19.08.2015

Tenor I. Die Beiladung der N. GmbH wird aufgehoben und die V. GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin, diese vertreten durch ihre Geschäftsführer, K.-straße ..., ..., bevollmächtigt: Rechtsanwälte B., D. und Kollegen, J.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Okt. 2015 - 10 S 1773/15

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Juli 2015 - 4 K 4749/14 - geändert.Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 22. Okt. 2015 - 7 C 15/13

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tatbestand 1 Die Kläger wenden sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landes, der die Errichtung der Wasserrückhaltung W./A./N. zum

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 27. Juli 2015 - 8 B 390/15

bei uns veröffentlicht am 27.07.2015

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9. März 2015 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beig

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15

bei uns veröffentlicht am 06.07.2015

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlich

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 24. Juni 2015 - 8 B 315/15

bei uns veröffentlicht am 24.06.2015

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. Februar 2015 geändert. Die aufschiebende Wirkung der bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg erhobenen Klage 4 K 1917/14 wird wiederhergestellt. Der

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Mai 2015 - 2 M 33/15

bei uns veröffentlicht am 18.05.2015

Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) erteilte Plangenehmigung für die Hochwasserschutzanl

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 24. März 2015 - 2 L 184/10

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen. 2 Der Standort der Anlage (Gemarkung A

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. März 2015 - 10 S 1169/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2015

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2012 - 2 K 2898/09 - wird geändert.Die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlich

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 25. Feb. 2015 - 8 A 959/10

bei uns veröffentlicht am 25.02.2015

Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. März 2010 geändert. Der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 18. Dez. 2014 - 4 C 36/13

bei uns veröffentlicht am 18.12.2014

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines "Negativzeugnisses", wonach für die Erweiterung des sogenannten Vorfeldes A des Flughafens A. weder e

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Okt. 2014 - 10 S 3450/11

bei uns veröffentlicht am 30.10.2014

Tenor Die Klagen werden abgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der 2. S

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Sept. 2014 - 7 VR 1/14

bei uns veröffentlicht am 16.09.2014

Gründe I. 1 Der Antragsteller, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gege

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Juli 2014 - 8 B 356/14

bei uns veröffentlicht am 23.07.2014

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 306

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juli 2014 - 5 S 1282/13

bei uns veröffentlicht am 03.07.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Eisenbahn-Bunde

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Juni 2014 - 2 A 104/12

bei uns veröffentlicht am 23.06.2014

Tenor Das Verfahren wird, soweit es aufgrund der Berufungen der Kläger zu 1. und 4. noch anhängig ist, eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. November 2011 ist gegenüber den Klägern zu 1. und 4. wirkungslos. Die Kläger zu

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Apr. 2014 - 5 S 534/13

bei uns veröffentlicht am 11.04.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der Kläger wendet sich gegen die 5., 9., 10. und 11. Plan

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Dez. 2013 - 4 A 1/13

bei uns veröffentlicht am 17.12.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin, eine Gemeinde, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Punkt F. -

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Juni 2013 - 4 C 1/12

bei uns veröffentlicht am 27.06.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Windenergieanlagen im Außenbereich. Sie verfügt über einen positiv

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 21. März 2013 - 2 M 154/12

bei uns veröffentlicht am 21.03.2013

Gründe I. 1 Mit Bescheid vom 06.02.2012 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von neun Windenergieanlagen des Typs E

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 29. Nov. 2012 - 4 C 8/11

bei uns veröffentlicht am 29.11.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinhe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 25. Sept. 2012 - 10 S 731/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

Tenor Die Anträge werden abgelehnt.Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt. Gründe  1 Die beim sachlich zuständigen Verwaltun

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Dez. 2011 - 9 A 31/10

bei uns veröffentlicht am 20.12.2011

Tatbestand 1 Der Kläger, eine im Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen Entwässerungsregelungen für Teilabschnitte der Bundesautob

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 24. Okt. 2011 - 8 S 2223/11

bei uns veröffentlicht am 24.10.2011

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 13. Juli 2011 - 3 K 2083/11 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen K

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 14. Apr. 2011 - 4 B 77/09

bei uns veröffentlicht am 14.04.2011

Gründe 1 Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 10. März 2011 - 8 A 11215/10

bei uns veröffentlicht am 10.03.2011

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 20. September 2010 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Be

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 04. Mai 2010 - 3 B 77/10

bei uns veröffentlicht am 04.05.2010

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. Februar 2010 – 5 L 9/10 – wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich
8 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 05. Feb. 2016 - 4 K 2679/15.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 25. Jan. 2018 - 10 S 1681/17

bei uns veröffentlicht am 25.01.2018

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. Juni 2017 - 11 K 1080/17 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kos

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 27. Juli 2017 - 9 K 753/17

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Der Streitwert wird auf 30.000 EUR festgesetzt. Gründe   I. 1 Die Antragstellerin, die Gem

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 13. März 2017 - 4 K 4916/16

bei uns veröffentlicht am 13.03.2017

Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die vom Landratsamt Lörrach der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.11.2016 wird hinsichtlich der Windenergieanlage 1 wiederhergestellt.Im Übri

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Aug. 2016 - 2 M 43/16

bei uns veröffentlicht am 24.08.2016

Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung der zu ihren Gunsten verfügten Zulassung des vorzeigen Beginns der Errichtung einer Klärschlammtrocknungsanlage. 2 Die Antragstellerin ist Betreiberin einer mit

Referenzen

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die 5., 9., 10. und 11. Planänderung für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof).
Der Kläger, der in Esslingen wohnt und dort eine Rechtsanwaltskanzlei betreibt, nutzt als regelmäßiger Bahnfahrer - sowohl privat als auch beruflich - auch ein- bis zweimal wöchentlich den ca. 10 km entfernten Stuttgarter Hauptbahnhof.
Das Projekt „Stuttgart 21“ steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Verbindung Stuttgart - Ulm - Augsburg für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb im Netz europäischer Magistralen. Es ist in sieben Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Zentrales Element der Neugestaltung des Stuttgarter Bahnknotens sind die Umgestaltung des bestehenden Kopfbahnhofs in einen Durchgangsbahnhof und die neu gestalteten unterirdischen Zulaufstrecken aus allen Richtungen. Der Planabschnitt beginnt und endet jeweils an der Übergangsstelle von der offenen zur bergmännischen Tunnelbauweise. Er führt im Nordwesten vom Fuße des Kriegsbergs quer zur Tallängsrichtung bis zur südöstlichen Bebauung der Willy-Brandt-Straße/Sängerstraße und endet im Südosten etwa auf Höhe der Urbanstraße.
Mit bestandskräftig gewordenem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan der Beigeladenen für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“, Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) in Stuttgart mit den in den Planunterlagen eingetragenen Änderungen nach Maßgabe der im Beschluss angeführten Zusagen, Erlaubnisse und Nebenbestimmungen fest. Nach der Nebenbestimmung VIII.7.1.4 ist ein flächenhafter Eingriff in die Grundgipsschichten (km1GG) unzulässig; ausgenommen sind lediglich das Nesenbachober-haupt, der bergmännisch aufzufahrende Nesenbachdüker im Bereich der Hochscholle sowie Notfallmaßnahmen. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Dichtfunktion der Grundgipsschichten (km1GG) sind danach punktuelle Aufschlüsse (Verbauträger, vertiefte Einzelfundamente, Bohr- und Rammpfähle, Anker, Spieße etc.) maximal auf die Oberfläche der Grundgipsschichten (km1GG) zu begrenzen. Im Begründungsteil wird im Hinblick auf die baubedingten Erschütterungen darauf hingewiesen, dass sich wegen der Belange des Mineral- und Grundwasserschutzes ein genereller Verzicht auf Rammpfähle und der Einsatz von (regelmäßig erschütterungsärmeren) Bohrpfählen nicht habe festschreiben lassen. Denn Bohrungen könnten im Planbereich unter Umständen zu irreversiblen Beeinträchtigungen des Mineralwasservorkommens führen (a.a.O., S. 305, 310).
Mit dem Planvorhaben wurde bereits begonnen.
Am 10.05.2012 erließ das Eisenbahn-Bundesamt - gestützt auf § 76 Abs. 2 VwVfG - einen Bescheid zur 9. Änderung des feststellten Plans. Mit dieser sollte im Wesentlichen das Baukonzept der Teilbaugrube 4 für die Stadtbahn-Folgemaßnahme Heilbronner Straße geändert werden. Anstelle des für die Herstellung einer Bohrpfahlwand zur Baugrubensicherung zunächst vorgesehenen Teilabbruchs des bestehenden Kreuzungsblocks der Fußgängerunterführung im Bereich Heilbronner Straße/Friedrichstraße/Kriegsbergstraße/Ar-nulf-Klett-Platz soll dieser nun als Gesamtbauwerk erhalten bleiben.
Aufgrund der aus den Bohrungen des 5. Erkundungsprogramms sowie dem Brunnenbohrprogramm gewonnenen Erkenntnisse über die Höhenlage der Grundgipsschichten hatte sich insofern eine neue Sachlage ergeben, als deren Oberkante im Bereich der südlichen Baugrubenhälfte entgegen bisheriger Annahmen mehrere Meter höher liegt. Damit reichen die Bohrpfähle, deren Sohltiefen keine nennenswerten Veränderungen aufweisen, anders als vorgesehen auf der östlichen und westlichen Baugrubenseite auf einer Länge von jeweils ca. 40 m durchschnittlich 2 - 3 m (lokal bis zu 5 m) in die Grundgipsschichten hinein.
Gleichzeitig erließ das Eisenbahn-Bundesamt - ebenfalls gestützt auf § 76 Abs. 2 VwVfG - einen Bescheid zur 10. Änderung des feststellten Plans. Dieser hatte eine Gradientenänderung und eine Bautaktoptimierung für die Stadtbahn-Folgemaßnahme Heilbronner Straße zum Gegenstand. Durch die veränderte Höhenlage sollen die Tunnelsohlen der Stadtbahn bereichsweise um bis zu 0,70 m tiefer gelegt werden, um den Fernbahntunnel baulich von den Stadtbahntunneln zu trennen. Aufgrund der Tieferlegung der Tunnelsohlen wird der Grundwasserandrang zunehmen, was eine Grundwassermehrentnahme von unter 1 l/s in der Summe bedingt.
Unter B.2.3 der Bescheide stellte das Eisenbahn-Bundesamt jeweils fest, dass „entsprechend der Einzelfallprüfung nach § 3c UVPG keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung“ bestehe.
10 
Im Zuge der Erstellung der Ausführungsunterlagen hatte die Beigeladene ihre Planungen für die übergeordneten Baustelleneinrichtungsflächen insofern optimiert, als die bisherigen, vier dezentralen Wasseraufbereitungsanlagen an einem zentralen Standort im Bereich des früheren zentralen Omnibusbahnhofes (ZOB) östlich des Hauptbahnhofs gebündelt werden sollten.
11 
Mit Bescheid vom 23.10.2012 stellte das Eisenbahn-Bundesamt im Wege des ergänzenden Verfahrens - gestützt auf § 76 Abs. 3 VwVfG - erneut die die Zentralisierung der Abwasserreinigungsanlagen betreffende 5. Änderung des Plans fest, nachdem der erkennende Senat mit Urteil vom 15.12.2011 - 5 S 2100/11 - einen entsprechenden Bescheid vom 30.04.2010 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt hatte. Die Planänderung umfasst die Errichtung einer zentralen Anlage zum Grundwassermanagement, die Verlegung von Überschusswasserleitungen sowie die Änderung der Standorte von Infiltrationsbrunnen sowie Mess- und Steuerpegeln. Ein erheblicher Teil der Anlagen war inzwischen errichtet worden. Noch nicht verwirklicht waren im Wesentlichen nur die Verlegung der Überschusswasserleitungen durch den alten Rosensteintunnel und - neckarseitig - vom Tunnelmund bis zur Neckarbrücke. Eine Änderung der wasserwirtschaftlichen Tatbestände sollte der noch nicht festgestellten 7. Planänderung vorbehalten bleiben.
12 
Mit einer an die Beigeladene gerichteten „verfahrensleitenden Verfügung“ vom 26.06.2002 hatte das Eisenbahn-Bundesamt zuvor festgestellt, dass „keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe, da sich aus den vorgelegten Unterlagen nach überschlägiger Prüfung ergebe, dass von dem Vorhaben keine entscheidungserheblichen, nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten“ seien.
13 
Mit weiterem Bescheid vom 07.02.2013 stellte das Eisenbahn-Bundesamt - wiederum gestützt auf § 76 Abs. 3 VwVfG - die 11. Änderung des Plans hinsichtlich der Gründungen von Ingenieurbauwerken fest, nachdem im Zuge der weiteren Entwurfsbearbeitung und zugehörigen Berechnungen in Verbindung mit einer vertiefenden Bodenerkundung zahlreiche Ingenieurbauwerke hinsichtlich ihrer Gründung und Ausführung geändert werden sollten. So sollen die Anordnung der Gründungspfähle geändert und ca. 460 zusätzliche Pfähle angeordnet werden. Nach der Nebenbestimmung A.3.1 ist die Einbindelänge der in den Bauwerksplänen dargestellten Gründungspfähle bis maximal zur Oberkante der Grundgipsschicht zu begrenzen. Damit soll sichergestellt werden, dass der ursprüngliche Plan einschließlich seiner Nebenbestimmungen bezüglich der Eingriffstiefe unberührt bleibt.
14 
Mit einer an die Beigeladene gerichteten „verfahrensleitenden Verfügung“ vom 08.01.2013 hatte das Eisenbahn-Bundesamt wiederum festgestellt, dass „keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe, da sich aus den vorgelegten Unterlagen nach überschlägiger Prüfung ergebe, dass von dem Vorhaben keine entscheidungserheblichen, nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten“ seien.
15 
Der Kläger hat am 09.03.2013 sowohl gegen den letzteren - ihm am 18.02.2013 zugestellten - Bescheid als auch gegen die drei anderen Bescheide, die ihm nicht zugestellt worden waren, Klage zum erkennenden Gerichtshof erhoben. Dies begründet er damit, dass alle Bescheide ohne Öffentlichkeitsbeteiligung ergangen seien. Insofern sei er in seinen Beteiligungs- und Anhörungsrechten aus § 9 UVPG und §§ 76 Abs. 1, 73 Abs. 4 VwVfG verletzt. Denn die 5, 9., 10. und 11. Planänderung stünden i.S. des § 3b Abs. 2 UVPG in einem engen Zusammenhang mit dem bereits am 13.05.2011 beantragten 7. Planänderungsverfahren, in dem eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden habe, in deren Rahmen auch er im Oktober 2012 Einwendungen erhoben habe. Insofern wäre die Öffentlichkeit auch in den vier anderen Änderungsverfahren zu beteiligen gewesen. Alle fünf Planänderungsverfahren beträfen Eingriffe in das Grundwasser in der näheren Umgebung des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Diese könnten aber ebenso wie die damit verbundenen Risiken (u.a. von Hangrutschungen) aufgrund ihres natürlichen Zusammenhangs und ihrer Wechselwirkungen nicht unabhängig voneinander bewertet und beurteilt werden. Alle Planänderungen berührten auch seine Belange nach § 2 Abs. 6 UVPG und § 73 Abs. 4 VwVfG, da sie ihn sowohl in seiner Berufsausübung als Rechtsanwalt als auch in seiner privaten Lebensführung beeinträchtigten. Als regelmäßiger Bahnfahrer sei er auf einen funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr angewiesen. Mit den geplanten Eingriffen in das Grundwasser bestehe das Risiko von Hangrutschungen und Erdbeben, was nicht nur den Bahnverkehr rund um den Stuttgarter Hauptbahnhof zum Erliegen bringen, sondern auch sein Leib und Leben als Bahnfahrer gefährden könne. Aufgrund der Verletzung seiner Beteiligungs- und Anhörungsrechte sei er als Teil der betroffenen Öffentlichkeit i. S. des § 2 Abs. 6 UVPG auch gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG klagebefugt; diese Vorschrift begründe ein subjektives Recht des Einzelnen auf eine UVP- bzw. UVP-Vorprüfung i.S. eines absoluten Verfahrensrechts; dies folge letztlich aus Art. 19 Abs. 4 GG. Anderenfalls könne er - mangels eines materiellen Klagerechts - seine davon unabhängigen subjektiv-öffentlichen Rechte nicht durchsetzen. Art. 10a (Art. 11 n.F.) der UVP-Richtlinie lege es nahe, dass Verfahrensfehler in weiterem Umfang beachtlich sein müssten, als dies bisher vom Bundesverwaltungsgericht unter dem einschränkenden Gesichtspunkt der Kausalität angenommen worden sei. Vorliegend bestünde freilich auch die konkrete Möglichkeit, dass ohne die Verfahrensfehler zumindest nicht in der bisherigen Form entschieden worden wäre.
16 
Die Verpflichtung zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auch dann, wenn ein bereits UVP-pflichtiges Vorhaben geändert werde und eine Vorprüfung ergebe, dass die Änderung nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Falle die Verwirklichung eines Änderungsvorhabens zeitlich, räumlich und funktional mit einem anderen Änderungsvorhaben zusammen, gelte zudem § 3b Abs. 2 UVPG entsprechend, wonach die jeweiligen Größenwerte der kumulierenden Änderungsvorhaben gegenseitig anzurechnen seien. Änderungsvorhaben dürften nicht aufgesplittet werden. Da hier eine Kumulationsprüfung - insbesondere mit der 7. Planänderung - unterblieben sei, seien die jeweiligen Vorprüfungen fehlerhaft. Dass insbesondere die 5. Planänderung von der später beantragten 7. Planänderung unabhängig sei, treffe nicht zu. So habe die Beigeladene im 7. Planänderungsantrag gerade auf die Notwendigkeit verwiesen, die Aufbereitungskapazität im Planfeststellungsabschnitt zu erhöhen und die verschiedenen Sammelinfiltrations- und Überschusswasserleitungen entsprechend anzupassen bzw. das Leitungsnetz zu ergänzen. Darüber hinaus sei eine zusätzliche temporäre Wasseraufbereitungsanlage vorgesehen. Damit betreffe die 7. Planänderung aber nicht nur das Grundwasserströmungsmodell, die Prognose-Berechnungen und die Wassermengen. Auch nach dem Urteil des Senats vom 15.12.2011 seien die Infiltrationsbrunnen, Grundwassermessstellen und Rohrleitungen mit dem Betrieb der Wasseraufbereitungsanlage untrennbar verbunden. Sämtliche Anlagenteile müssten daher in einem einheitlichen Planänderungsverfahren bewältigt werden. Auch könnten die erforderlichen Grundwassermengen erst mit der 7. Änderung „umgewälzt“ werden. Durch die vorgesehene Erhöhung der Entnahmemenge werde das Grundwasser noch mehr abgesenkt, woraus sich neue, größere und nicht mehr beherrschbare Risiken ergäben. Sowohl das Absenken wie das Wiedereinleiten von Grundwasser veränderte die Feuchtgehalte und verringerte die Standfestigkeit des Untergrunds. Dies berge für die Hanglagen des Kernerviertels die Gefahr von Hangrutschungen und auch von Erdbeben, wie kanadische Wissenschaftler - bezogen auf ein Erbeben in Spanien von 2011 - nunmehr herausgefunden hätten.
17 
Ein Gesuch des Klägers, die Richter des erkennenden Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist erfolglos geblieben (vgl. Beschl. v. 26.02.2014 - 5 S 534/13 -).
18 
Der Kläger beantragt zuletzt,
19 
festzustellen, dass die Bescheide des Eisenbahn-Bundesamts vom 10.05.2012, 23.10.2012 und vom 07.02.2013 zur 5., 9., 10. und 11. Plan-änderung für das Projekt Stuttgart 21, Umbau des Bahnknotens Stuttgart PFA 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) rechtswidrig sind und nicht vollzogen werden dürfen.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Klage abzuweisen.
22 
Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor: Die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig. Von den angeführten Vorschriften könnte allenfalls § 4 UmwRG eine Klagebefugnis vermitteln. Dies setzte jedoch voraus, dass überhaupt der Anwendungsbereich dieses Gesetzes eröffnet sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil noch nicht einmal eine Vorprüfung vorgesehen sei. Die Klage sei darüber hinaus unbegründet. Die Beklagte habe die richtige Verfahrensart gewählt. Insbesondere sei bei den angegriffenen Planänderungen keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3e UVPG durchzuführen gewesen, nachdem weder ein Tatbestand der Spalte 1 noch der Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG in Rede stehe. In einem weiteren Schriftsatz hat die Beklagte noch ausgeführt: Der Kläger sei auch nicht Beteiligter i. S. des § 4 Abs. 3 UVPG. Die erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchaus - auch unter Berücksichtigung kumulativer Effekte - vorgenommen worden. § 3b Abs. 2 UVPG sei nicht einschlägig, weil die Planänderungen auch gemeinsam keine einschlägigen Größen- und Leistungswerte erreichten oder überschritten. Auch als „Hintergrundbelastung“ führten sie zu keiner UVP-Pflicht.
23 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
24 
die Klage abzuweisen.
25 
Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor: Die Klagen seien bereits unbegründet, weil der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt sei. Auch eine Verletzung von Vorschriften des UVP-Gesetzes könne er nicht erfolgreich rügen. Insofern sei die Klage bereits unzulässig. Allein deshalb, weil der Kläger die Bahn nutze und wiederholt im Stuttgarter Hauptbahnhof ankomme, sei er noch nicht berechtigt gegen die Planänderungen vorzugehen. Eine Verletzung in eigenen Rechten sei jedoch nicht dargetan. Die Änderungen erforderten weder einzeln noch insgesamt eine UVP. Die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG erforderlichen Vorprüfungen seien durchgeführt worden. Sie seien nicht zu beanstanden. Diese erlaubten keine stärkeren Eingriffe in die Umweltschutzgüter. Gegenstand der Planänderungen seien jeweils voneinander unabhängige bauliche oder organisatorische Maßnahmen.
26 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der zur Sache gehörenden Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

27 
Die nur mehr auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Bescheide zur 5., 9., 10., und 11. Planänderung gerichtete Anfechtungsklage (vgl. § 42 Abs. 1 VVwGO) ist bereits unzulässig.
28 
Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Bescheid zur 11. Planänderung vom 07.02.2013 richtet, innerhalb eines Monats nach der am 18.02.2013 gegenüber dem Kläger bewirkten Zustellung und damit rechtzeitig beim erkennenden Gerichtshof erhoben worden (§§ 18d Satz 2, 18b Nr. 5 AEG, § 74 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
29 
Soweit sich die Klage gegen den Bescheid zur 5. Planänderung vom 23.10.2012 und die Bescheide zur 9. und 10. Planänderung vom 10.05.2012 richtet, war sie zwar nicht innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden, doch hatte diese Frist gegenüber dem Kläger mangels einer an ihn bewirkten Zustellung (vgl. § 18 Nr. 5 AEG) insoweit nicht zu laufen begonnen, sodass er, nachdem sein Recht hierzu nicht verwirkt war, auch nach deren Ablauf Klage erheben konnte. Die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO, die hier freilich eingehalten wäre, galt hier nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.06.1968 - IV B 221.67 -, BayVBl 1969, 26). Denn ein besonderes Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, bestand bei einer Entfernung (des Wohn- bzw. Kanzleiorts) vom Projektstandort von ca. 10 km nicht, sodass sich der Kläger, sollte er sichere Kenntnis von der Erteilung der Bescheide erhalten haben oder diese Kenntnis gehabt haben müssen, nicht so behandeln lassen müsste, als seien ihm die Planänderungsbescheide bereits zu einem dieser Zeitpunkte amtlich bekannt gegeben worden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.05.2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431).
30 
Einer vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 18d und b AEG, §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 VwVfG).
31 
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO ist der erkennende Verwaltungsgerichtshof auch erstinstanzlich zuständig. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von öffentlichen Eisenbahnen betreffen. Die Vorschrift schließt auch den Bau eines neuen Bahnhofs für den Personenverkehr ein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.07.2008 - 9 A 21.08 -, Buchholz 310 § 48 VwGO Nr. 3).
32 
Eine ein Vorhaben nach § 18e Abs. 1 AEG betreffende Streitigkeit, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig wäre (vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO), liegt ebenfalls nicht vor. Die in der Anlage zu § 18e Abs. 1 Nr. 4 AEG bezeichneten Vorhaben für den Aus- und Neubau von Schienenwegen umfassen nicht die Knotenpunkte, an denen die Schienenwege mit dem bestehenden Netz verbunden sind (vgl. Senatsbeschl. v. 11.11.2013 - 5 S 1036/13 -).
33 
Dem Kläger fehlt für seine Anfechtungsklage jedoch bereits die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann nicht geltend machen, durch die angefochtenen Planänderungen in seinen Rechten verletzt zu sein. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern der Kläger gerade durch die Verwirklichung der vier Planänderungsvorhaben unter Verletzung einer zumindest auch seinem Schutz dienenden Vorschrift unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt sein könnte.
34 
Dass mit den angefochtenen Planänderungsbescheiden unmittelbar in seine subjektiv-öffentlichen Rechte eingegriffen würde, ist von vornherein nicht zu erkennen, nachdem insbesondere Grundeigentum des Klägers nicht in Anspruch genommen wird. Der Kläger ist auch nicht in eigentumsähnlicher Weise an einem der von den Vorhaben in Anspruch genommenen Grundstücke berechtigt.
35 
Der Kläger kann sich als Anknüpfungspunkt für eine Klagebefugnis auch nicht auf das aus dem fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG) folgende Recht auf gerechte Abwägung berufen. Das Abwägungsgebot verlangt zwar nicht nur die Berücksichtigung privater Rechte, sondern auch sonstiger abwägungserheblicher privater Belange. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich überhaupt um die Geltendmachung eigener Belange handelt. Weder kann sich der Kläger zum Sachwalter fremder Interessen machen noch steht ihm die Befugnis zu, öffentliche rechtliche Belange klageweise durchzusetzen. Das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr ist jedoch ein solcher öffentlicher Belang. Daran ändert auch nichts, dass jeder Bahnreisende - als Teil der Allgemeinheit - ein entsprechendes Interesse hat. Dieses (öffentliche) Interesse dürfte auch nicht aufgrund des hergestellten Bezugs zu seiner Berufsausübung und privaten Lebensführung zugleich einen privaten Belang des Klägers darstellen (vgl. hierzu, wenn auch krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, § 2 UVPG Rn. 217; auch BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 -, Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 zur „optischen Verunstaltung eines dörflichen Kerns“). Jedenfalls wäre ein solcher privater Belang rechtlich nicht geschützt und - neben dem entsprechenden öffentlichen Interesse - nur geringwertig, sodass eine Verletzung des Rechts auf gerechte Abwägung gerade seiner abwägungserheblichen Belange unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht käme.
36 
Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, mit den im Zuge der Umbaumaßnahmen erforderlichen Eingriffen in das Grundwasser seien Risiken - wie Hangrutschungen und Erdbeben - verbunden, die letztlich auch seine körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als regelmäßiger Nutzer der Bahn beeinträchtigen könnten, vermag ihm auch dies keine Klagebefugnis zu vermitteln. Es ist schon nicht zu erkennen, inwiefern solche Risiken für ihn als Bahnreisenden - unabhängig von der nicht streitgegenständlichen, noch nicht einmal verbeschiedenen 7. Planänderung - gerade aufgrund der angefochtenen Planänderungen bestehen sollten (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -). Auch der Kläger zeigt dies nicht auf. Mit Ausnahme der lediglich die - weit vom Kernerviertel entfernte - Teilbaugrube 4 betreffende 9. Planänderung sind schon keine Eingriffe in die Grundgipsschichten vorgesehen. In der die Anordnung von Gründungspfählen betreffenden 11. Planänderung wird die maximale Einbindelänge ausdrücklich auf die Oberkante der Grundgipsschicht begrenzt (vgl. Nebenbestimmung A.3.1). Die 10. Planänderung bedingt zwar aufgrund der - ebenfalls weit vom Kernerviertel entfernt vorgesehenen - Tieferlegung der Tunnelsohlen der Stadtbahn eine Grundwassermehrentnahme, allerdings von unter 1 l/s in der Summe. Die 5. Planänderung befasst sich schließlich - soweit in vorliegendem Zusammenhang von Interesse - nur mit der Konzeption zur Messung teilbaugrubenspezifischer Förderraten und -mengen, die Gegenstand bereits anderweit erteilter wasserrechtlicher Erlaubnisse waren, sowie mit der hochwassersichereren Ausführung der hierzu vorgesehenen Infiltrationsbrunnen und Steuerpegel.
37 
Unabhängig davon obläge die Pflicht zu weitergehenden Ermittlungen, etwa zum tatsächlichem Verlauf der Grundgipsschichten, und entsprechenden Bewertungen, sollte dies - im Hinblick auf die nicht unproblematischen Untergrundverhältnisse in Stuttgart (Anhydrit, Mineralwasservorkommen) - auch vor Erlass der hier streitgegenständlichen Bescheide angezeigt gewesen sein, keinesfalls gegenüber Bahnreisenden, die sich während der Umbaumaßnahmen mehr oder weniger zufällig vorübergehend in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs aufhalten. Denn auch die Pflicht, bei Errichtung einer Anlage auch andere als unwägbare nachteilige Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG - insbesondere schädliche direkte Einwirkungen auf Gewässer und Boden - zu vermeiden, obliegt außer gegenüber der Allgemeinheit lediglich gegenüber den betroffenen Nachbargrundstücken (vgl. § 909 BGB) bzw. den an diesen Berechtigten und allenfalls noch gegenüber den dort Wohnenden. Bei solchen direkten Einwirkungen wird der geschützte Personenkreis zudem wesentlich enger als bei unwägbaren Einwirkungen abzugrenzen sein. Nicht zu diesem Kreis gehören jedenfalls Personen, die sich nur gelegentlich im Bereich solcher Nachbargrundstücke aufhalten, an denen sie sich derartigen Umweltwirkungen ausgesetzt glauben. Bloß gelegentliche Aufenthalte zu privaten Zwecken oder aus Anlass der Berufsausübung, wie sie bei jedem Nutzer der Bahn in Rede stehen, begründen damit noch kein zur Klage berechtigendes Nachbarschaftsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982 - 7 C 50.78 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6; auch Vallendar, in: Beck’scher AEG Komm., 2006, § 18 Rn. 285, 287).
38 
Abgesehen davon kann in vorliegendem Zusammenhang nicht unterstellt werden, dass der Bahnbetrieb entgegen § 4 Abs. 1 u. 3 AEG aufrechterhalten bliebe, sollte sich im Zuge der zugelassenen Änderungsmaßnahmen das vom Kläger befürchtete Risiko eines Hangrutsches verwirklichen und dies die Sicherheit des laufenden Bahnbetriebs im Bereich des Stuttgarter Hauptbahnhofs gefährden. Schließlich dient die Planfeststellung auch nicht dem Zweck, Einfluss auf die die den privatrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen der Beigeladenen und ihren Kunden vorbehaltene Sphäre zu nehmen (vgl. Vallendar, a.a.O., § 18 Rn. 285).
39 
Kommt die Verletzung einer materiellen Rechtsposition danach von vornherein nicht in Betracht, wovon letztlich auch der Kläger ausgeht, vermag er eine Klagebefugnis auch nicht allein daraus herzuleiten, dass nach § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG möglicherweise zu Unrecht von einem Planfeststellungsverfahren bzw. in diesem von einem Anhörungsverfahren abgesehen wurde. Denn die Beachtung von Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen - unabhängig davon, ob er in einem materiellen Recht verletzt ist -, kann ein Einzelner nicht erzwingen. Insofern steht ihm auch kein Anspruch auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 4 B 66.08 -). Denn die Klagebefugnis setzt voraus, dass der Kläger geltend macht, in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO; auch § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wie aus § 46 VwVfG, § 44a VwGO und nicht zuletzt aus § 75 Abs. 1a VwVfG hervorgeht, ist damit eine Verletzung materiellen Rechts gemeint. Denn das Verfahrensrecht, dem insoweit lediglich eine dienende Funktion zukommt (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.06.1992 - 7 C 1.92 -, BVerwGE 90, 255), vermittelt grundsätzlich keine selbständig durchsetzbaren (absoluten) Verfahrenspositionen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.1980 - 4 C 24.77 -, NVwZ 1982, 607; Urt. v. 15.01.1982 - 4 C 26.78 -, BVerwGE 64, 325; Urt. v. 29.05.1981 - 4 C 97.77 -, BVerwGE 62, 243). Inwieweit sich die Nichtbeachtung der von ihm als verletzt angesehenen Anhörungsvorschriften auf eine ihm zustehende (materielle) Rechtsposition ausgewirkt haben könnte, hat der Kläger indes nicht dargetan.
40 
Im Übrigen folgte aus einer Einwendungsberechtigung i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG noch keine Klagebefugnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982, a.a.O.). Der Kläger wäre in einem (in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren durchgeführten) Anhörungsverfahren freilich auch nicht einwendungsberechtigt gewesen. Denn auch zur Erhebung von Einwendungen sind grundsätzlich nur diejenigen berechtigt, die durch das Vorhaben möglicherweise in anerkennenswerten eigenen Belangen berührt, wenn auch nicht notwendigerweise verletzt werden (vgl. Neumann, in: Stel-kens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. A. 2014, § 73 Rn. 71). Nicht zu Einwendungen berechtigt ist, wer nur ein Interesse der Allgemeinheit geltend macht. Das vom Kläger angeführte Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr bzw. -betrieb wäre neben einem entsprechenden öffentlichen Interesse jedenfalls nicht anerkennenswert bzw. schutzwürdig. Sein ferner geltend gemachtes Interesse, während des laufenden Bahnbetriebs durch die zugelassenen Änderungsvorhaben keinen Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt zu sein, wäre aus den obigen Erwägungen jedenfalls nicht berührt.
41 
Soweit der Kläger auf die nach seiner Auffassung entgegen § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung abhebt, die grundsätzlich auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 UVPG erfordert hätte, gilt nichts anderes. Auch darauf kann er sich unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen (materiellen) Rechten nicht berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33; hierzu auch BVerwG, Vorlage-Beschl. v. 10.01.2012 - 7 C 20.11 -, NVwZ 2102, 448; Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
42 
Aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG folgt nichts anderes. Diese Regelung betrifft nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens, hat indes keine Bedeutung für die Klagebefugnis. Insbesondere lässt § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG nicht den Rückschluss auf eine drittschützende Wirkung der in ihr bezeichneten Verfahrenserfordernisse oder gar auf ein selbständig durchsetzbares Verfahrensrecht zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011, a.a.O.; Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.; Beschl. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -; OVG LSA, Urt. v. 25.04.2012 - 2 L 192/09 -; unklar noch Beschl. v. 17.09.2008 - 2 M 146/08 -, NVwZ 2009, 36; Nieders.OVG, Beschl. v. 21.10.2008 - 7 ME 170/07 -, NuR 2009, 58; OVG SH, Urt. v. 08.03.2013 - 1 LB 5/12 -, NordÖR 2013, 437; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011 - 15 ZB 08.1872 -; OVG NW, Urt. v. 03.01.2006 - 20 D 118/03.AK, 20 D 35/04.AK, 20 D 118/04.AK, 20 D 120/04.AK, 20 D 159/04.AK -, NVwZ-RR 2007, 89; offengelassen von OVG Saarl., Beschl. v. 22.11.2007 - 2 B 176/07 -, ZfB 2008, 288; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmweltR Bd. I Komm., 2014, § 4 UmwRG Rn. 45 ff; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 73 Rn. 151; anders u. a. Ziekow, NVwZ 2007, 259; Kment, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 4 UmwRG Rn. 21; Greim, NuR 2014, 81, 87; Wickel, in: Fehling/Kastner, VwR, 3. A. 2013; dazu auch Held, NVwZ 2012, 461, 465; zum Ganzen Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im UmweltR, 2013, S. 119 ff.).
43 
Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG allerdings durchaus Anwendung, da es sich bei den angefochtenen Bescheiden um Entscheidungen i. S. des § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben handelt, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. § 1 UmwRG). Denn für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben bestand bzw. besteht als solches - jedenfalls aufgrund einer tatsächlich durchgeführten Einzelfallprüfung (vgl. PFB, S. 138) - bereits eine UVP-Pflicht (vgl. hierzu Nr. 14.7 oder Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 3e Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 u. 95). Jedoch kann der Kläger allein daraus keine Klagebefugnis herleiten.
44 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (vgl. § 75 Abs. 1a VwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370) einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist; gleiches gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG n.F., wenn, worauf der Kläger abhebt, eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O.). Diese - lediglich die gerichtliche Sachprüfung betreffende - Regelung findet hier ungeachtet dessen auf alle Planänderungen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12 -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Abs. Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG Komm., 4. A. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O. zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.).
45 
Diese Fehler sind - anders als andere Verfahrensfehler, für die es unter gewissen Modifizierungen bei der bisherigen Rechtslage verbleibt (vgl. EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O. bei fehlerhaft durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfung; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 99 ff.; auch BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12, 7 A 22.12) - jedenfalls erheblich, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG ansonsten voraussetzt. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v.07.01.2004 - Rs. C-201/02, Wells - Slg. 2004, I-723 Rn. 54 ff.) Rechnung tragen (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BTDrucks 16/2495 S. 14), der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen kann. Da die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG nach § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar ist, führen die genannten Verfahrensfehler auch insoweit - unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) - zur Begründetheit der Klage. Darin erschöpft sich allerdings der Regelungsgehalt der Bezugnahme. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Stellung der Vorschrift im Gesetz deuten darauf hin, dass die Berufung auf die in Rede stehenden Verfahrensfehler weitergehend auch solchen Personen eröffnet werden sollte, die - wie der Kläger - nicht schon aufgrund einer möglichen Betroffenheit in einem materiellen Recht klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sind. Dies widerspräche Sinn und Zweck der Bezugnahme. Sähe man in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die unabhängig von einer solchen Betroffenheit die Klagebefugnis begründete, würde letztlich eine UVP-Interessentenklage eingeführt. Angesichts des erklärten Willens des Gesetzgebers, für Individualklagen an der Systementscheidung zugunsten eines auf subjektive Rechte zugeschnittenen Rechtsschutzes festzuhalten (vgl. BT-Drucks. 16/2495 S. 7 f. u. 14), ist ein so weitreichendes Verständnis des § 4 Abs. 3 UmwRG nicht zu rechtfertigen. Dass dies nach der neuerlichen Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nunmehr anders zu beurteilen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich solches auch nicht der Regierungsbegründung vom 10.10.2012 entnehmen (vgl. BT-Drucks. 17/10957), in der von einem „subjektiv-öffentlichen Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Rede ist (a.a.O., S. 17). Die Norm lässt vielmehr nach wie vor den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich - insofern § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O., Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
46 
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG rechtfertigt keine andere Beurteilung; denn diese Vorschrift setzt subjektive Rechte voraus und begründet sie nicht (vgl. BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142). Insofern kommt Art. 19 Abs. 4 GG bei einem Verstoß gegen Vorschriften zum Verwaltungsverfahren nur zum Tragen, wenn die einfachgesetzliche Verfahrensnorm überhaupt dem Schutz des Betroffenen dient, wobei die subjektiv-rechtliche Position auf die Fälle beschränkt werden kann, in denen sich die Verletzung des Verfahrensrechts auf materielle Positionen ausgewirkt haben kann (vgl. Jarass, GG, 12. A. 2012, Art. 19 Rn. 49).
47 
Auch Unionsrecht, insbesondere Art. 11 UVP-RL (ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1; entspricht Art. 10a UVP-RL a.F.), der Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten gewähren will, gebietet - auch vor dem Hintergrund der Aarhus-Konvention vom 17.05.2005 (ABl. Nr. L 124 v. 17.05.2005, S. 4) - keine abweichende Beurteilung (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011, a.a.O.).
48 
Aus denselben Erwägungen, aus denen eine Einwendungsbefugnis i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zu verneinen wäre, dürfte der Kläger schon nicht Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit i. S. des § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sein, die indes nach § 9 Abs. 1 UVPG allein zu beteiligen ist. Denn eine Betroffenheit setzt - wie die Abwägungserheblichkeit eines Belangs im Planungsrecht - voraus, dass zumindest „anerkennenswerte“ eigene Belange durch die Entscheidung berührt werden und nicht nur Interessen zum Schutz der Allgemeinheit - wie hier das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnbetrieb - wahrgenommen werden (vgl. hierzu krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, 2009, § 2 UVPG Rn. 217). Abgesehen davon sind auch anerkennenswerte Belange nur berührt, wenn eine Betroffenheit zumindest möglich erscheint (vgl. Appold, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 112; Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218). Hieran fehlte es nicht zuletzt aufgrund der deutlichen Entfernung des Wohn- und Kanzleiorts des Klägers von ca. 10 km zu den in unmittelbarer Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs vorgesehenen, zudem räumlich und sachlich begrenzten Änderungsbaumaßnahmen (vgl. Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218).
49 
Eine erweiternde Auslegung des Begriffs der betroffenen Öffentlichkeit dürfte unionsrechtlich nicht gefordert sein (vgl. Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 111; Greim, a.a.O., S. 214 m.w.N. zum Meinungsstand). Zwar spricht Art. 1 Abs. 2e UVP-RL - im Anschluss an Art. 2 Nr. 5 der Aarhus-Konvention - von der „betroffenen oder wahrscheinlich betroffenen Öffentlichkeit o d e r von der Öffentlichkeit mit einem Interesse daran“, jedoch dürfte dies, soweit keine Nichtregierungsorganisationen in Rede stehen, nicht nebeneinander zu verstehen sein. Vielmehr dürften mit der Wendung - wie in Art. 11 Abs. 1 u. 3 UVP-RL bzw. Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention - lediglich die von den Mitgliedsstaaten alternativ zu wählenden Kriterien angesprochen sein (vgl. hierzu Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 58, die allerdings noch andere Interpretationen für möglich halten). Die gegenteilige Auffassung führte letztlich zu einer Verwischung der auch in Art. 1 Abs. 2 d u. e UVP-RL und Art. 2 Nr. 4 u. 5 Aarhus-Konvention) vorgenommenen Unterscheidung zwischen Öffentlichkeit und betroffener Öffentlichkeit (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21.12 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 40; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.).
50 
Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn das nationale Recht kann nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL den Rechtsbehelf auch eines i. S. des Art. 1 Abs. 2e der UVP-RL Betroffenen davon abhängig machen, dass dieser eine Rechtsverletzung geltend macht (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Hierbei ist es Sache der Mitgliedsstaaten zu bestimmen, welches die Rechte sind, deren Verletzung zu einem Rechtsbehelf in Umweltangelegenheiten führen kann (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 1 UVP-RL); ihnen steht es frei, diese Rechtspositionen auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 44 f.; Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie lässt dabei den Mitgliedsstaaten einen beträchtlichen Spielraum hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung - als Voraussetzung für einen Zugang zu den Gerichten - darstellt (vgl. zum Ganzen EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Dass dieser im Hinblick auf das mit der UVP-Richtlinie verfolgte Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren, überschritten wäre, wenn nicht sichergestellt ist, dass auch Personen - wie der Kläger - Zugang zu den Gerichten haben, die noch nicht einmal einen näheren räumlichen Bezug zu den hier beanstandeten Umbaumaßnahmen haben (vgl. hierzu Ziekow, NVwZ 2010, 793, 794; Greim, a.a.O., S. 215), vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch im Hinblick auf die Schutzgüter der vom Kläger als verletzt angesehenen Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt hier eine vom Unionsrecht gebotene Gewährung eines Zugangs zu den Gerichten fern (vgl. Art. 3 UVP-RL). Denn diese dienen jedenfalls nicht dem (nicht anerkennenswerten) Interesse Einzelner an einem zuverlässigen und funktionsfähigen Bahnbetrieb während eines möglicherweise UVP-pflichtigen Änderungsvorhabens. Was die angeführten Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit während des laufenden Betriebs anbelangt, wären solche vor dem Hintergrund der bestehenden Sicherheitspflichten nach § 4 Abs. 1 u. 3 AEG ohnehin nur theoretischer Natur. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er danach ein etwaiges Anhörungs- bzw. Beteiligungsrecht nach § 9 UVPG nicht gerichtlich durchsetzen könnte, übersieht er, dass dies bereits im Unionsrecht angelegt ist. Denn nach Art. 11 Abs. 1 UVP-RL muss eben nicht jedes Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit eine verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit vor den Gerichten geltend machen können. Schon gar nicht verpflichten die unionsrechtlichen Vorgaben zur Einführung einer Popular- oder Interessentenklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.). Inwiefern dies gegen das Äquivalenz- oder das Effektivitätsprinzip verstoßen könnte (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 83 f. u. 91), vermag der Senat ebenso wenig zu erkennen.
51 
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO bereits als unzulässig abzuweisen. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
52 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.).
53 
Beschluss
vom 29. April 2014
54 
Der Streitwert wird im Anschluss an die vorläufige Streitwertfestsetzung endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Die Werte von jeweils EUR 5.000,-- sind entgegen der Auffassung des Klägers zu addieren (vgl. § 39 Abs. 1 GKG), weil er sich in allen vier Planänderungsverfahren in seinem Anhörungs- und Beteiligungsrecht verletzt sieht. Weder § 3b Abs. 2 UVPG noch § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG lässt sich entnehmen, dass die dabei jeweils zu berücksichtigenden Planänderungen Gegenstand eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens sein müssten. Es soll lediglich gewährleistet werden, dass die Umweltauswirkungen in ihrer Gesamtheit erfasst und beurteilt werden.
55 
Dieses Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

27 
Die nur mehr auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Bescheide zur 5., 9., 10., und 11. Planänderung gerichtete Anfechtungsklage (vgl. § 42 Abs. 1 VVwGO) ist bereits unzulässig.
28 
Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Bescheid zur 11. Planänderung vom 07.02.2013 richtet, innerhalb eines Monats nach der am 18.02.2013 gegenüber dem Kläger bewirkten Zustellung und damit rechtzeitig beim erkennenden Gerichtshof erhoben worden (§§ 18d Satz 2, 18b Nr. 5 AEG, § 74 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
29 
Soweit sich die Klage gegen den Bescheid zur 5. Planänderung vom 23.10.2012 und die Bescheide zur 9. und 10. Planänderung vom 10.05.2012 richtet, war sie zwar nicht innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden, doch hatte diese Frist gegenüber dem Kläger mangels einer an ihn bewirkten Zustellung (vgl. § 18 Nr. 5 AEG) insoweit nicht zu laufen begonnen, sodass er, nachdem sein Recht hierzu nicht verwirkt war, auch nach deren Ablauf Klage erheben konnte. Die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO, die hier freilich eingehalten wäre, galt hier nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.06.1968 - IV B 221.67 -, BayVBl 1969, 26). Denn ein besonderes Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, bestand bei einer Entfernung (des Wohn- bzw. Kanzleiorts) vom Projektstandort von ca. 10 km nicht, sodass sich der Kläger, sollte er sichere Kenntnis von der Erteilung der Bescheide erhalten haben oder diese Kenntnis gehabt haben müssen, nicht so behandeln lassen müsste, als seien ihm die Planänderungsbescheide bereits zu einem dieser Zeitpunkte amtlich bekannt gegeben worden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.05.2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431).
30 
Einer vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 18d und b AEG, §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 VwVfG).
31 
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO ist der erkennende Verwaltungsgerichtshof auch erstinstanzlich zuständig. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von öffentlichen Eisenbahnen betreffen. Die Vorschrift schließt auch den Bau eines neuen Bahnhofs für den Personenverkehr ein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.07.2008 - 9 A 21.08 -, Buchholz 310 § 48 VwGO Nr. 3).
32 
Eine ein Vorhaben nach § 18e Abs. 1 AEG betreffende Streitigkeit, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig wäre (vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO), liegt ebenfalls nicht vor. Die in der Anlage zu § 18e Abs. 1 Nr. 4 AEG bezeichneten Vorhaben für den Aus- und Neubau von Schienenwegen umfassen nicht die Knotenpunkte, an denen die Schienenwege mit dem bestehenden Netz verbunden sind (vgl. Senatsbeschl. v. 11.11.2013 - 5 S 1036/13 -).
33 
Dem Kläger fehlt für seine Anfechtungsklage jedoch bereits die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann nicht geltend machen, durch die angefochtenen Planänderungen in seinen Rechten verletzt zu sein. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern der Kläger gerade durch die Verwirklichung der vier Planänderungsvorhaben unter Verletzung einer zumindest auch seinem Schutz dienenden Vorschrift unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt sein könnte.
34 
Dass mit den angefochtenen Planänderungsbescheiden unmittelbar in seine subjektiv-öffentlichen Rechte eingegriffen würde, ist von vornherein nicht zu erkennen, nachdem insbesondere Grundeigentum des Klägers nicht in Anspruch genommen wird. Der Kläger ist auch nicht in eigentumsähnlicher Weise an einem der von den Vorhaben in Anspruch genommenen Grundstücke berechtigt.
35 
Der Kläger kann sich als Anknüpfungspunkt für eine Klagebefugnis auch nicht auf das aus dem fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG) folgende Recht auf gerechte Abwägung berufen. Das Abwägungsgebot verlangt zwar nicht nur die Berücksichtigung privater Rechte, sondern auch sonstiger abwägungserheblicher privater Belange. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich überhaupt um die Geltendmachung eigener Belange handelt. Weder kann sich der Kläger zum Sachwalter fremder Interessen machen noch steht ihm die Befugnis zu, öffentliche rechtliche Belange klageweise durchzusetzen. Das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr ist jedoch ein solcher öffentlicher Belang. Daran ändert auch nichts, dass jeder Bahnreisende - als Teil der Allgemeinheit - ein entsprechendes Interesse hat. Dieses (öffentliche) Interesse dürfte auch nicht aufgrund des hergestellten Bezugs zu seiner Berufsausübung und privaten Lebensführung zugleich einen privaten Belang des Klägers darstellen (vgl. hierzu, wenn auch krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, § 2 UVPG Rn. 217; auch BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 -, Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 zur „optischen Verunstaltung eines dörflichen Kerns“). Jedenfalls wäre ein solcher privater Belang rechtlich nicht geschützt und - neben dem entsprechenden öffentlichen Interesse - nur geringwertig, sodass eine Verletzung des Rechts auf gerechte Abwägung gerade seiner abwägungserheblichen Belange unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht käme.
36 
Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, mit den im Zuge der Umbaumaßnahmen erforderlichen Eingriffen in das Grundwasser seien Risiken - wie Hangrutschungen und Erdbeben - verbunden, die letztlich auch seine körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als regelmäßiger Nutzer der Bahn beeinträchtigen könnten, vermag ihm auch dies keine Klagebefugnis zu vermitteln. Es ist schon nicht zu erkennen, inwiefern solche Risiken für ihn als Bahnreisenden - unabhängig von der nicht streitgegenständlichen, noch nicht einmal verbeschiedenen 7. Planänderung - gerade aufgrund der angefochtenen Planänderungen bestehen sollten (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -). Auch der Kläger zeigt dies nicht auf. Mit Ausnahme der lediglich die - weit vom Kernerviertel entfernte - Teilbaugrube 4 betreffende 9. Planänderung sind schon keine Eingriffe in die Grundgipsschichten vorgesehen. In der die Anordnung von Gründungspfählen betreffenden 11. Planänderung wird die maximale Einbindelänge ausdrücklich auf die Oberkante der Grundgipsschicht begrenzt (vgl. Nebenbestimmung A.3.1). Die 10. Planänderung bedingt zwar aufgrund der - ebenfalls weit vom Kernerviertel entfernt vorgesehenen - Tieferlegung der Tunnelsohlen der Stadtbahn eine Grundwassermehrentnahme, allerdings von unter 1 l/s in der Summe. Die 5. Planänderung befasst sich schließlich - soweit in vorliegendem Zusammenhang von Interesse - nur mit der Konzeption zur Messung teilbaugrubenspezifischer Förderraten und -mengen, die Gegenstand bereits anderweit erteilter wasserrechtlicher Erlaubnisse waren, sowie mit der hochwassersichereren Ausführung der hierzu vorgesehenen Infiltrationsbrunnen und Steuerpegel.
37 
Unabhängig davon obläge die Pflicht zu weitergehenden Ermittlungen, etwa zum tatsächlichem Verlauf der Grundgipsschichten, und entsprechenden Bewertungen, sollte dies - im Hinblick auf die nicht unproblematischen Untergrundverhältnisse in Stuttgart (Anhydrit, Mineralwasservorkommen) - auch vor Erlass der hier streitgegenständlichen Bescheide angezeigt gewesen sein, keinesfalls gegenüber Bahnreisenden, die sich während der Umbaumaßnahmen mehr oder weniger zufällig vorübergehend in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs aufhalten. Denn auch die Pflicht, bei Errichtung einer Anlage auch andere als unwägbare nachteilige Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG - insbesondere schädliche direkte Einwirkungen auf Gewässer und Boden - zu vermeiden, obliegt außer gegenüber der Allgemeinheit lediglich gegenüber den betroffenen Nachbargrundstücken (vgl. § 909 BGB) bzw. den an diesen Berechtigten und allenfalls noch gegenüber den dort Wohnenden. Bei solchen direkten Einwirkungen wird der geschützte Personenkreis zudem wesentlich enger als bei unwägbaren Einwirkungen abzugrenzen sein. Nicht zu diesem Kreis gehören jedenfalls Personen, die sich nur gelegentlich im Bereich solcher Nachbargrundstücke aufhalten, an denen sie sich derartigen Umweltwirkungen ausgesetzt glauben. Bloß gelegentliche Aufenthalte zu privaten Zwecken oder aus Anlass der Berufsausübung, wie sie bei jedem Nutzer der Bahn in Rede stehen, begründen damit noch kein zur Klage berechtigendes Nachbarschaftsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982 - 7 C 50.78 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6; auch Vallendar, in: Beck’scher AEG Komm., 2006, § 18 Rn. 285, 287).
38 
Abgesehen davon kann in vorliegendem Zusammenhang nicht unterstellt werden, dass der Bahnbetrieb entgegen § 4 Abs. 1 u. 3 AEG aufrechterhalten bliebe, sollte sich im Zuge der zugelassenen Änderungsmaßnahmen das vom Kläger befürchtete Risiko eines Hangrutsches verwirklichen und dies die Sicherheit des laufenden Bahnbetriebs im Bereich des Stuttgarter Hauptbahnhofs gefährden. Schließlich dient die Planfeststellung auch nicht dem Zweck, Einfluss auf die die den privatrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen der Beigeladenen und ihren Kunden vorbehaltene Sphäre zu nehmen (vgl. Vallendar, a.a.O., § 18 Rn. 285).
39 
Kommt die Verletzung einer materiellen Rechtsposition danach von vornherein nicht in Betracht, wovon letztlich auch der Kläger ausgeht, vermag er eine Klagebefugnis auch nicht allein daraus herzuleiten, dass nach § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG möglicherweise zu Unrecht von einem Planfeststellungsverfahren bzw. in diesem von einem Anhörungsverfahren abgesehen wurde. Denn die Beachtung von Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen - unabhängig davon, ob er in einem materiellen Recht verletzt ist -, kann ein Einzelner nicht erzwingen. Insofern steht ihm auch kein Anspruch auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 4 B 66.08 -). Denn die Klagebefugnis setzt voraus, dass der Kläger geltend macht, in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO; auch § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wie aus § 46 VwVfG, § 44a VwGO und nicht zuletzt aus § 75 Abs. 1a VwVfG hervorgeht, ist damit eine Verletzung materiellen Rechts gemeint. Denn das Verfahrensrecht, dem insoweit lediglich eine dienende Funktion zukommt (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.06.1992 - 7 C 1.92 -, BVerwGE 90, 255), vermittelt grundsätzlich keine selbständig durchsetzbaren (absoluten) Verfahrenspositionen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.1980 - 4 C 24.77 -, NVwZ 1982, 607; Urt. v. 15.01.1982 - 4 C 26.78 -, BVerwGE 64, 325; Urt. v. 29.05.1981 - 4 C 97.77 -, BVerwGE 62, 243). Inwieweit sich die Nichtbeachtung der von ihm als verletzt angesehenen Anhörungsvorschriften auf eine ihm zustehende (materielle) Rechtsposition ausgewirkt haben könnte, hat der Kläger indes nicht dargetan.
40 
Im Übrigen folgte aus einer Einwendungsberechtigung i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG noch keine Klagebefugnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982, a.a.O.). Der Kläger wäre in einem (in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren durchgeführten) Anhörungsverfahren freilich auch nicht einwendungsberechtigt gewesen. Denn auch zur Erhebung von Einwendungen sind grundsätzlich nur diejenigen berechtigt, die durch das Vorhaben möglicherweise in anerkennenswerten eigenen Belangen berührt, wenn auch nicht notwendigerweise verletzt werden (vgl. Neumann, in: Stel-kens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. A. 2014, § 73 Rn. 71). Nicht zu Einwendungen berechtigt ist, wer nur ein Interesse der Allgemeinheit geltend macht. Das vom Kläger angeführte Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr bzw. -betrieb wäre neben einem entsprechenden öffentlichen Interesse jedenfalls nicht anerkennenswert bzw. schutzwürdig. Sein ferner geltend gemachtes Interesse, während des laufenden Bahnbetriebs durch die zugelassenen Änderungsvorhaben keinen Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt zu sein, wäre aus den obigen Erwägungen jedenfalls nicht berührt.
41 
Soweit der Kläger auf die nach seiner Auffassung entgegen § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung abhebt, die grundsätzlich auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 UVPG erfordert hätte, gilt nichts anderes. Auch darauf kann er sich unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen (materiellen) Rechten nicht berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33; hierzu auch BVerwG, Vorlage-Beschl. v. 10.01.2012 - 7 C 20.11 -, NVwZ 2102, 448; Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
42 
Aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG folgt nichts anderes. Diese Regelung betrifft nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens, hat indes keine Bedeutung für die Klagebefugnis. Insbesondere lässt § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG nicht den Rückschluss auf eine drittschützende Wirkung der in ihr bezeichneten Verfahrenserfordernisse oder gar auf ein selbständig durchsetzbares Verfahrensrecht zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011, a.a.O.; Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.; Beschl. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -; OVG LSA, Urt. v. 25.04.2012 - 2 L 192/09 -; unklar noch Beschl. v. 17.09.2008 - 2 M 146/08 -, NVwZ 2009, 36; Nieders.OVG, Beschl. v. 21.10.2008 - 7 ME 170/07 -, NuR 2009, 58; OVG SH, Urt. v. 08.03.2013 - 1 LB 5/12 -, NordÖR 2013, 437; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011 - 15 ZB 08.1872 -; OVG NW, Urt. v. 03.01.2006 - 20 D 118/03.AK, 20 D 35/04.AK, 20 D 118/04.AK, 20 D 120/04.AK, 20 D 159/04.AK -, NVwZ-RR 2007, 89; offengelassen von OVG Saarl., Beschl. v. 22.11.2007 - 2 B 176/07 -, ZfB 2008, 288; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmweltR Bd. I Komm., 2014, § 4 UmwRG Rn. 45 ff; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 73 Rn. 151; anders u. a. Ziekow, NVwZ 2007, 259; Kment, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 4 UmwRG Rn. 21; Greim, NuR 2014, 81, 87; Wickel, in: Fehling/Kastner, VwR, 3. A. 2013; dazu auch Held, NVwZ 2012, 461, 465; zum Ganzen Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im UmweltR, 2013, S. 119 ff.).
43 
Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG allerdings durchaus Anwendung, da es sich bei den angefochtenen Bescheiden um Entscheidungen i. S. des § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben handelt, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. § 1 UmwRG). Denn für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben bestand bzw. besteht als solches - jedenfalls aufgrund einer tatsächlich durchgeführten Einzelfallprüfung (vgl. PFB, S. 138) - bereits eine UVP-Pflicht (vgl. hierzu Nr. 14.7 oder Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 3e Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 u. 95). Jedoch kann der Kläger allein daraus keine Klagebefugnis herleiten.
44 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (vgl. § 75 Abs. 1a VwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370) einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist; gleiches gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG n.F., wenn, worauf der Kläger abhebt, eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O.). Diese - lediglich die gerichtliche Sachprüfung betreffende - Regelung findet hier ungeachtet dessen auf alle Planänderungen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12 -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Abs. Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG Komm., 4. A. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O. zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.).
45 
Diese Fehler sind - anders als andere Verfahrensfehler, für die es unter gewissen Modifizierungen bei der bisherigen Rechtslage verbleibt (vgl. EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O. bei fehlerhaft durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfung; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 99 ff.; auch BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12, 7 A 22.12) - jedenfalls erheblich, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG ansonsten voraussetzt. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v.07.01.2004 - Rs. C-201/02, Wells - Slg. 2004, I-723 Rn. 54 ff.) Rechnung tragen (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BTDrucks 16/2495 S. 14), der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen kann. Da die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG nach § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar ist, führen die genannten Verfahrensfehler auch insoweit - unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) - zur Begründetheit der Klage. Darin erschöpft sich allerdings der Regelungsgehalt der Bezugnahme. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Stellung der Vorschrift im Gesetz deuten darauf hin, dass die Berufung auf die in Rede stehenden Verfahrensfehler weitergehend auch solchen Personen eröffnet werden sollte, die - wie der Kläger - nicht schon aufgrund einer möglichen Betroffenheit in einem materiellen Recht klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sind. Dies widerspräche Sinn und Zweck der Bezugnahme. Sähe man in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die unabhängig von einer solchen Betroffenheit die Klagebefugnis begründete, würde letztlich eine UVP-Interessentenklage eingeführt. Angesichts des erklärten Willens des Gesetzgebers, für Individualklagen an der Systementscheidung zugunsten eines auf subjektive Rechte zugeschnittenen Rechtsschutzes festzuhalten (vgl. BT-Drucks. 16/2495 S. 7 f. u. 14), ist ein so weitreichendes Verständnis des § 4 Abs. 3 UmwRG nicht zu rechtfertigen. Dass dies nach der neuerlichen Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nunmehr anders zu beurteilen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich solches auch nicht der Regierungsbegründung vom 10.10.2012 entnehmen (vgl. BT-Drucks. 17/10957), in der von einem „subjektiv-öffentlichen Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Rede ist (a.a.O., S. 17). Die Norm lässt vielmehr nach wie vor den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich - insofern § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O., Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
46 
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG rechtfertigt keine andere Beurteilung; denn diese Vorschrift setzt subjektive Rechte voraus und begründet sie nicht (vgl. BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142). Insofern kommt Art. 19 Abs. 4 GG bei einem Verstoß gegen Vorschriften zum Verwaltungsverfahren nur zum Tragen, wenn die einfachgesetzliche Verfahrensnorm überhaupt dem Schutz des Betroffenen dient, wobei die subjektiv-rechtliche Position auf die Fälle beschränkt werden kann, in denen sich die Verletzung des Verfahrensrechts auf materielle Positionen ausgewirkt haben kann (vgl. Jarass, GG, 12. A. 2012, Art. 19 Rn. 49).
47 
Auch Unionsrecht, insbesondere Art. 11 UVP-RL (ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1; entspricht Art. 10a UVP-RL a.F.), der Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten gewähren will, gebietet - auch vor dem Hintergrund der Aarhus-Konvention vom 17.05.2005 (ABl. Nr. L 124 v. 17.05.2005, S. 4) - keine abweichende Beurteilung (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011, a.a.O.).
48 
Aus denselben Erwägungen, aus denen eine Einwendungsbefugnis i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zu verneinen wäre, dürfte der Kläger schon nicht Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit i. S. des § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sein, die indes nach § 9 Abs. 1 UVPG allein zu beteiligen ist. Denn eine Betroffenheit setzt - wie die Abwägungserheblichkeit eines Belangs im Planungsrecht - voraus, dass zumindest „anerkennenswerte“ eigene Belange durch die Entscheidung berührt werden und nicht nur Interessen zum Schutz der Allgemeinheit - wie hier das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnbetrieb - wahrgenommen werden (vgl. hierzu krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, 2009, § 2 UVPG Rn. 217). Abgesehen davon sind auch anerkennenswerte Belange nur berührt, wenn eine Betroffenheit zumindest möglich erscheint (vgl. Appold, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 112; Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218). Hieran fehlte es nicht zuletzt aufgrund der deutlichen Entfernung des Wohn- und Kanzleiorts des Klägers von ca. 10 km zu den in unmittelbarer Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs vorgesehenen, zudem räumlich und sachlich begrenzten Änderungsbaumaßnahmen (vgl. Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218).
49 
Eine erweiternde Auslegung des Begriffs der betroffenen Öffentlichkeit dürfte unionsrechtlich nicht gefordert sein (vgl. Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 111; Greim, a.a.O., S. 214 m.w.N. zum Meinungsstand). Zwar spricht Art. 1 Abs. 2e UVP-RL - im Anschluss an Art. 2 Nr. 5 der Aarhus-Konvention - von der „betroffenen oder wahrscheinlich betroffenen Öffentlichkeit o d e r von der Öffentlichkeit mit einem Interesse daran“, jedoch dürfte dies, soweit keine Nichtregierungsorganisationen in Rede stehen, nicht nebeneinander zu verstehen sein. Vielmehr dürften mit der Wendung - wie in Art. 11 Abs. 1 u. 3 UVP-RL bzw. Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention - lediglich die von den Mitgliedsstaaten alternativ zu wählenden Kriterien angesprochen sein (vgl. hierzu Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 58, die allerdings noch andere Interpretationen für möglich halten). Die gegenteilige Auffassung führte letztlich zu einer Verwischung der auch in Art. 1 Abs. 2 d u. e UVP-RL und Art. 2 Nr. 4 u. 5 Aarhus-Konvention) vorgenommenen Unterscheidung zwischen Öffentlichkeit und betroffener Öffentlichkeit (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21.12 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 40; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.).
50 
Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn das nationale Recht kann nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL den Rechtsbehelf auch eines i. S. des Art. 1 Abs. 2e der UVP-RL Betroffenen davon abhängig machen, dass dieser eine Rechtsverletzung geltend macht (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Hierbei ist es Sache der Mitgliedsstaaten zu bestimmen, welches die Rechte sind, deren Verletzung zu einem Rechtsbehelf in Umweltangelegenheiten führen kann (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 1 UVP-RL); ihnen steht es frei, diese Rechtspositionen auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 44 f.; Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie lässt dabei den Mitgliedsstaaten einen beträchtlichen Spielraum hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung - als Voraussetzung für einen Zugang zu den Gerichten - darstellt (vgl. zum Ganzen EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Dass dieser im Hinblick auf das mit der UVP-Richtlinie verfolgte Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren, überschritten wäre, wenn nicht sichergestellt ist, dass auch Personen - wie der Kläger - Zugang zu den Gerichten haben, die noch nicht einmal einen näheren räumlichen Bezug zu den hier beanstandeten Umbaumaßnahmen haben (vgl. hierzu Ziekow, NVwZ 2010, 793, 794; Greim, a.a.O., S. 215), vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch im Hinblick auf die Schutzgüter der vom Kläger als verletzt angesehenen Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt hier eine vom Unionsrecht gebotene Gewährung eines Zugangs zu den Gerichten fern (vgl. Art. 3 UVP-RL). Denn diese dienen jedenfalls nicht dem (nicht anerkennenswerten) Interesse Einzelner an einem zuverlässigen und funktionsfähigen Bahnbetrieb während eines möglicherweise UVP-pflichtigen Änderungsvorhabens. Was die angeführten Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit während des laufenden Betriebs anbelangt, wären solche vor dem Hintergrund der bestehenden Sicherheitspflichten nach § 4 Abs. 1 u. 3 AEG ohnehin nur theoretischer Natur. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er danach ein etwaiges Anhörungs- bzw. Beteiligungsrecht nach § 9 UVPG nicht gerichtlich durchsetzen könnte, übersieht er, dass dies bereits im Unionsrecht angelegt ist. Denn nach Art. 11 Abs. 1 UVP-RL muss eben nicht jedes Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit eine verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit vor den Gerichten geltend machen können. Schon gar nicht verpflichten die unionsrechtlichen Vorgaben zur Einführung einer Popular- oder Interessentenklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.). Inwiefern dies gegen das Äquivalenz- oder das Effektivitätsprinzip verstoßen könnte (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 83 f. u. 91), vermag der Senat ebenso wenig zu erkennen.
51 
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO bereits als unzulässig abzuweisen. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
52 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.).
53 
Beschluss
vom 29. April 2014
54 
Der Streitwert wird im Anschluss an die vorläufige Streitwertfestsetzung endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Die Werte von jeweils EUR 5.000,-- sind entgegen der Auffassung des Klägers zu addieren (vgl. § 39 Abs. 1 GKG), weil er sich in allen vier Planänderungsverfahren in seinem Anhörungs- und Beteiligungsrecht verletzt sieht. Weder § 3b Abs. 2 UVPG noch § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG lässt sich entnehmen, dass die dabei jeweils zu berücksichtigenden Planänderungen Gegenstand eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens sein müssten. Es soll lediglich gewährleistet werden, dass die Umweltauswirkungen in ihrer Gesamtheit erfasst und beurteilt werden.
55 
Dieses Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 07.02.2013 über die 11. Planänderung zum Planfeststellungsbeschluss für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ Planfeststellungsabschnitt 1.1. Er ist Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. 1322 der Gemarkung Stuttgart. Das Grundstück befindet sich am Übergang der Planfeststellungsabschnitte 1.1 und 1.2, die bestandskräftig planfestgestellt sind. Es wird für das Vorhaben zu einem geringen Teil dauerhaft und zum überwiegenden Teil vorübergehend in Anspruch genommen, teilweise wird es dinglich beschränkt. Auf dem Grundstück ist die Einfahrt zum sog. Fildertunnel geplant. Das auf dem Grundstück stehende Wohngebäude S... Straße ..., in dem sich die Wohnung des Klägers befand, ist im Oktober 2013 abgerissen worden, nachdem die Beigeladene vorzeitig in den Besitz des Grundstücks eingewiesen worden und ein Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die vorzeitige Besitzeinweisung erfolglos geblieben war (Beschluss des Senats vom 19.09.2013 - 5 S 1546/13 -, juris).
Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 für den Abschnitt 1.1 hatte der Kläger erfolglos Klage erhoben (Senatsurteil vom 06.04.2006 - 5 S 848/05 -). Im Mai 2012 beantragte der Kläger beim Eisenbahn-Bundesamt den Planfeststellungsbeschluss für den Planfeststellungsabschnitt 1.1 aufzuheben. Seinen im Juni 2012 zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte der Senat mit Beschluss vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -, juris) ab. Seine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse für die Abschnitte 1.1 und 1.2 ist mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen worden (- 5 S 2429/12 -).
Mit der hier angefochtenen 11. Planänderung werden eine geänderte Anordnung der Gründungspfähle mehrerer Ingenieurbauwerke (u. a. des Trogs der Bahnhofshalle), die Anordnung zusätzlicher Pfähle und teilweise geänderte Gründungen zugelassen. Auch auf dem Grundstück des Klägers sind zusätzliche Bohrpfähle vorgesehen. Diese dienen der gleichmäßigen Verteilung der Lasten des aufstehenden Bauwerks. Sie wurden erforderlich, weil im Bereich des Südkopfes eine verfüllte Doline angetroffen wurde. Im Zuge des Gründungsgutachtens wurden für die ursprünglich geplante Flachgründung sehr große Setzungen berechnet. Zudem war für den Bereich dieser Doline eine entsprechend reduzierte Bettung zu berücksichtigen. Daher wurde eine kombinierte Pfahl-Plattengründung als vorzugswürdig erachtet.
Eine Anhörung des Klägers während des Verfahrens der 11. Planänderung fand nicht statt. Der Bescheid über die 11. Planänderung vom 07.02.2013 wurde dem Kläger nicht bekannt gegeben und auch nicht öffentlich bekannt gemacht.
Am 20.06.2013 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 07.02.2013 erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt, da er durch die Gründungspfähle erstmals und weitergehend als bisher betroffen sei. Seine Klage sei auch begründet. Der Bescheid leide an Verfahrensfehlern. Es sei bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vorliegenden Planänderung um eine solche von unwesentlicher Bedeutung handele und auf ein Anhörungsverfahren habe verzichtet werden dürfen. Durch den angefochtenen Bescheid würden zusätzliche Eigentumseingriffe zugelassen, zudem seien wasserrechtliche Eingriffe möglich. Die Oberkante der Grundgipsschichten werde nun unterschritten. Außerdem seien Bohrpfähle im Bereich von Dolinen gefährlich. Es seien vertikale Wasserwegsamkeiten zu befürchten. Die Beklagte habe darüber hinaus sein aus § 28 VwVfG folgendes Anhörungsrecht als unmittelbar Betroffener verletzt.
Vor Erlass des Bescheides habe wegen des engen Zusammenhangs zwischen der 11. und der 7. Planänderung sowie wegen der genannten nachteiligen Auswirkungen auf das Wasser eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Da für die 7. Planänderung eine UVP-Pflicht bestehe, müsse dies auch für die 11. Planänderung gelten, weil diese ebenfalls unmittelbar ins Grundwasser eingreife. Ein Aufsplitten eines Verfahrens in mehrere Verfahren zur Umgehung der UVP-Pflicht sei unzulässig.
Der Bescheid sei auch materiell fehlerhaft. Dem Projekt fehle die Planrechtfertigung, da die Gesamtfinanzierung infolge der Verfassungswidrigkeit der für das Land Baden-Württemberg vorgesehenen Finanzierungsanteile ausgeschlossen sei und weil es sich aufgrund der Verringerung der Leistungsfähigkeit des zukünftigen Hauptbahnhofs im Vergleich zum heutigen Bedarf an Zugfahrten bei dem Projekt um einen planerischen Missgriff handele. Der angefochtene Bescheid bestätige erneut, dass im Planfeststellungsabschnitt 1.1 gebaut werden dürfe, auch wenn das Gesamtprojekt noch nicht planfestgestellt sei. Diese Abschnittsbildung sei rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die 11. Planänderung des Eisenbahnbundesamtes vom 07.02.2013 für das Vorhaben „Großprojekt Stuttgart 21, PFA 1.1, 11. Planänderung Gründungen von Ingenieurbauwerken“ zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 für das Vorhaben „Projekt S 21, Planfeststellungsabschnitt 1.1“ aufzuheben.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Sie trägt vor, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser sei durch die 11. Planänderung nicht erstmals oder stärker in seinen Rechten betroffen als durch den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005. Bereits auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 werde das Gebäude S...... Straße ... ersatzlos abgerissen. Der Planfeststellungsbeschluss erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Demgegenüber stellten die hinzukommenden Gründungspfähle im Untergrund keine weitergehende oder erstmalige Belastung dar. Sie befänden sich ausschließlich im Bereich der bereits im ursprünglichen Beschluss für die dingliche Belastung vorgesehenen Fläche. Die Eingriffstiefe bleibe unverändert auf die Oberkante der Grundgipsschichten begrenzt. Die Einzelheiten der Tiefgründungsmaßnahmen überlasse der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 der Ausführungsplanung. Rechtzeitig vor Baubeginn seien dem Eisenbahn-Bundesamt die mit der unteren Wasserbehörde abgestimmten Ausführungspläne, in denen die Tiefgründungsmaßnahmen dargestellt seien, zur Freigabe vorzulegen. Daran habe sich nichts geändert. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe nicht durchgeführt werden müssen. Es sei mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 festgestellt worden, dass eine solche Prüfung nicht erforderlich sei, weil sämtliche Bauwerke bereits Gegenstand des festgestellten Plans gewesen seien. Die geänderte Planung verursache keine zusätzlichen erheblichen Beeinträchtigungen für die Schutzgüter des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Die Trennung der 7. Planänderung von der 11. Planänderung sei zulässig. Die Erhöhung der Grundwasserentnahmemengen, die Gegenstand der 7. Planänderung sei, berühre die 11. Planänderung allenfalls am Rande. Denn durch die mit der 11. Planänderung genehmigten Maßnahmen würden schon keine weitergehenden erheblichen Grundwassermengen verdrängt. Die Finanzierung des Gesamtprojekts sei nicht ausgeschlossen, wie der Senat in mehreren Entscheidungen bestätigt habe.
13 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie trägt vor, die Klage sei schon nicht zulässig, weil der Kläger nicht klagebefugt sei. Er werde durch die 11. Planänderung weder erstmals noch in weitergehendem Umfang in Anspruch genommen als nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005. Die durch die 11. Planänderung geänderte Gründung verlasse nicht den Bereich, der nach dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss ohnehin dinglich belastet sei. Die Klage sei auch nicht begründet. Dies folge schon daraus, dass die 11. Planänderung weder zu einer erstmaligen noch zu einer weitergehenden Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers führe. Unabhängig davon lägen die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht vor. Der Kläger könne nicht überprüfen lassen, ob die 11. Planänderung von unwesentlicher Bedeutung sei. Er habe keine vom materiellen Recht unabhängige, selbständig durchsetzbare Rechtsposition auf Durchführung des „richtigen“ Verwaltungsverfahrens, sondern könne nur verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt würden. Im Übrigen sei die 11. Planänderung offensichtlich von unwesentlicher Bedeutung. Die vorgesehenen 460 zusätzlichen Bohrpfähle unterhalb des ohnehin planfestgestellten neuen Bahnhofsbauwerks ließen die mit der Planung verfolgte Zielsetzung und die bereits getroffene Abwägung aller Belange in ihrer Struktur unberührt. Zusätzliche belastende Auswirkungen von einigem Gewicht seien sowohl auf die Umgebung als auch hinsichtlich der Belange Einzelner auszuschließen. Der Kläger sei an dem Verfahren zur 11. Planänderung nicht zu beteiligen gewesen, da sein Grundstück weder erstmals noch weitergehend in Anspruch genommen werde. Die geltend gemachten Mängel der Planrechtfertigung und Abwägung lägen nicht vor. Die Finanzierung des Großprojekts und die Abschnittsbildung seien rechtmäßig. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Eine „kumulierende Wirkung“ im Zusammenhang mit der 7. Planänderung sei nicht ersichtlich. Die damit beantragte Erhöhung der Entnahme- und Infiltrationsmengen im Rahmen der Bauwasserhaltung habe mit den im Rahmen der 11. Planänderung abgehandelten Gesichtspunkten nichts zu tun.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakte verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
A.
17 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Er wird durch die auf der Grundlage des § 76 Abs. 3 VwVfG erlassene Planänderung weitergehend als bisher betroffen (vgl. zu dieser Voraussetzung die st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B. Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris Rn. 28 und Urteil vom 24.07.2008 - 4 A 3001/07 -, BVerwGE 131, 346). Dies folgt zwar - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht bereits daraus, dass die Tiefe der Gründungspfähle verändert worden wäre. Denn die Beklage hat in der Nebenbestimmung A.3 zum angefochtenen Bescheid ausdrücklich verfügt, dass die Einbindelänge der Gründungspfähle, die u.a. in der Anlage 7.1.4.1 dargestellt sind, bis maximal zur Oberkante der Grundgipsschicht zu begrenzen ist. Der Kläger wird jedoch dadurch weitergehend betroffen, dass nunmehr vorgesehen ist, auf seinem Grundstück Gründungspfähle einzubringen. Dies war bislang nicht der Fall.
18 
Die Beklagte und die Beigeladene bestreiten allerdings eine erstmalige oder weitergehende Betroffenheit unter Hinweis darauf, dass die 11. Planänderung nur den Bereich des Grundstücks des Klägers betreffe, der nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 ohnehin dinglich belastet sei. Der Planfeststellungsbeschluss sehe den vollständigen Abriss des Gebäudes S... Straße ... vor und erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Das Hinzutreten mehrerer Gründungspfähle im Untergrund stelle demgegenüber keine weitere oder erstmalige Belastung dar.
19 
Wirtschaftlich gesehen mag diese Betrachtung zutreffen. Eine wirtschaftliche Betrachtung steht jedoch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. z.B. Beschluss vom 08.03.1988 - 1 BvR 1092/84 -, BVerfGE 78, 58). Danach gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG das Privateigentum „in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers“. Es ist daher eine rechtliche Betrachtung geboten. Nach dieser liegt eine weitergehende Belastung durch die Gründungspfähle vor. Sie stellen im Verhältnis zu dem Bauwerk, das im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vorgesehen war, ein anderes, zusätzliches Bauwerk dar (anders im Fall des BVerwG, Urteil vom 17.09.2004 - 9 VR 3.04 -, NVwZ 2005, 330). Außerdem nehmen sie das Grundstück in deutlich größerer Tiefe und damit in größerem Umfang in Anspruch als bisher. Dies führt zu einer erhöhten Duldungspflicht und damit zu einer weitergehenden Betroffenheit. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der betroffene Bereich ohnehin bereits dinglich belastet sei, denn dies trifft so nicht zu. Der Bereich mag zwar für eine dingliche Belastung vorgesehen sein. Der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 behält die Festlegung der genauen Modalitäten der Dienstbarkeit - für den Fall, dass keine Einigung zustande kommt - jedoch dem Enteignungsverfahren vor (vgl. die Begründung auf S. 228). Dieses ist bisher nicht durchgeführt, eine Dienstbarkeit ist noch nicht eingetragen worden.
B.
20 
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
I.
21 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
1. Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses leidet nicht an den von dem Kläger geltend gemachten formellen Fehlern.
23 
Das Eisenbahn-Bundesamt durfte über die 11. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 im vereinfachten Verfahren nach § 18d AEG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG entscheiden, weil es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handelte. Es durfte deshalb insbesondere auf ein förmliches Anhörungsverfahren nach § 73 VwVfG verzichten.
24 
Unwesentlich ist eine Änderung insbesondere dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleich bleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden sollen. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Belange eines einzelnen Betroffenen durch die Änderung stärker berührt werden als durch die ursprüngliche Planung (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584).
25 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die 11. Planänderung nur eine unwesentliche Änderung des festgestellten Vorhabens zum Gegenstand. Bei der Beurteilung ist auf den Planfeststellungsbeschluss insgesamt abzustellen. Bezogen auf den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs ist die hier in Rede stehende Änderung der Bauwerksgründung unwesentlich. Die Gründung der Bauwerke stellt zwar einen wichtigen Pfeiler des Projekts dar. Mit der 11. Planänderung soll jedoch kein neues, bisher unbekanntes Problem bewältigt werden. Denn es war schon bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 bekannt, dass an die Technik der Bauwerksgründung aufgrund der schwierigen Baugrundverhältnisse besondere Anforderungen zu stellen sind. Diese Technik wird nun an die fortgeschrittene Erkenntnislage über den Baugrund angepasst und teilweise geändert und es werden zusätzliche Gründungspfähle angeordnet. Diese Änderung fällt im Verhältnis zum Gesamtprojekt nicht ins Gewicht, zumal eine Änderung der bisherigen wasserrechtlichen Erlaubnis mit der 11. Planänderung nicht verbunden ist.
26 
Das danach zulässige vereinfachte Planfeststellungsverfahren durfte das Eisenbahn-Bundesamt nach § 76 Abs. 3 VwVfG ohne förmliches Anhörungsverfahren im Sinne des § 73 VwVfG durchführen. Diejenigen, in deren Rechte eingegriffen wird, waren dennoch nach § 28 VwVfG anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 08.08.2013 - 5 S 2327/12 -, juris; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 76 Rn. 37; Dürr, in: Knack/ Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 76 Rn. 35; Bonk/ Neumann, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 76 Rn. 28; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 76 Rn. 14; Ronellenfitsch, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 17d, Rn. 17). Die danach gebotene Anhörung des Klägers ist unterblieben. Dies führt jedoch auf keinen beachtlichen Fehler (vgl. § 46 VwVfG), da offensichtlich ist, dass die unterbliebene Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn die vom Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Einwände sind dieselben, die er bereits in früheren Klageverfahren erhoben hat. Er beruft sich auf den Wegfall des „vorläufigen positiven Gesamturteils“ wegen mangelnder Planrechtfertigung, weil die Finanzierung nicht gesichert und der neue Bahnhof nicht ausreichend leistungsfähig sei. Zu diesen Argumenten hat die Beklagte schon vor Erlass der 11. Planänderung in der Weise Stellung genommen, dass sie sie nicht für durchgreifend erachtet. Diese Ansicht trifft zu.
27 
2. Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes ist materiell rechtmäßig. Im Falle einer Planänderung muss nicht die Planänderung als solche im Sinne einer Planrechtfertigung erforderlich sein. Vielmehr muss jetzt für das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf bestehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584). Die Planrechtfertigung würde fehlen, wenn der Verwirklichung des Gesamtprojekts „Stuttgart 21“ von vornherein unüberwindbare Hindernisse entgegen stünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 7 A 4.12 -, BVerwGE 147, 184). Das ist jedoch nicht der Fall.
28 
Die Planrechtfertigung für das geänderte Vorhaben ergibt sich hier aus der Planrechtfertigung für das Vorhaben in seiner ursprünglichen Gestalt. Durch die 11. Planänderung wird diese Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Dies behauptet auch der Kläger nicht. Er meint aber, es lägen neue Umstände vor, die belegten, dass die ursprüngliche Einschätzung fehlerhaft sei, das Vorhaben sei gerechtfertigt. Dies trifft indessen nicht zu. Dem Projekt „Stuttgart 21“ fehlt - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht die Planrechtfertigung wegen ungesicherter Finanzierung (dazu a)), was zur Folge hätte, dass die Pläne für die Abschnitte 1.3 und 1.6b nicht mehr festgestellt werden könnten. Auch die Rüge des Klägers, der neue Hauptbahnhof sei nicht ausreichend leistungsfähig, greift nicht durch (dazu b)). Schließlich begegnet auch die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken (dazu c)).
29 
a) Der Kläger meint, die Gesamtfinanzierung sei (nunmehr) ausgeschlossen, weil die (neue) Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 aufgrund der vorgesehenen Beteiligung des Landes Baden-Württemberg verfassungswidrig sei. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Er hat bereits in seinen zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüssen vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -) und vom 15.11.2012 (- 5 S 1812/12 -) ausgeführt, dass die Frage der Planrechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der gesicherten Gesamtfinanzierung durch das Senatsurteil vom 06.04.2006 (- 5 S 848/05 -) rechtskräftig entschieden worden ist und der Kläger die Rechtskraftwirkung des Urteils gegen sich gelten lassen muss. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Ein neuer entscheidungserheblicher Sachverhalt, auf den sich die Rechtskraft des Urteils nicht erstrecken würde, liegt nicht vor. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -, mit dem er die Klage des Klägers auf Verpflichtung des Eisenbahn-Bundesamtes zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 abgewiesen hat.
30 
b) Die Rüge des Klägers, dem neuen Hauptbahnhof fehle es an der ausreichenden Leistungsfähigkeit, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
31 
Aufgrund des Urteils des Senats vom 06.04.2006 steht gegenüber dem Kläger rechtskräftig fest, dass der neue Bahnhof ausreichend leistungsfähig ist. Die Feststellung nimmt an der Rechtskraft des Urteils nach § 121 VwGO teil. Denn der Umfang der Rechtskraft einer abweisenden Entscheidung über eine Anfechtungsklage, wie sie hier in Form des Urteils des Senats vom 06.04.2006 vorliegt, erschöpft sich nicht in dem Rechtsschluss, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist, sondern umfasst grundsätzlich auch die Feststellung, dass die Voraussetzungen der unmittelbaren Ermächtigungsgrundlage vorliegen (BVerwG, Urteil vom 07.08.2008 - 7 C 7.08 -, BVerwGE 131, 346).
32 
Der Kläger muss sich die Rechtskraft des Urteils auch im vorliegenden Verfahren entgegenhalten lassen, weil - jedenfalls soweit es die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs betrifft - das ursprünglich planfestgestellte Vorhaben und das Vorhaben in der Gestalt der 11. Planänderung identisch sind und der vom Kläger mit seiner Klage - 5 S 2429/12 - geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 vom 28.01.2005 nicht besteht. Der Senat hat die Klage mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen.
33 
c) Der angefochtene Planänderungsbeschluss weist auch unter dem Gesichtspunkt der Abschnittsbildung keinen Fehler auf, der zu dem Wegfall der Planrechtfertigung führen würde. Dies folgt schon daraus, dass die 11. Plan-änderung auch insoweit nichts am ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ändert, dessen Rechtmäßigkeit rechtskräftig feststeht. Ein neuer Sachverhalt, der von der Rechtskraft des Urteils vom 06.04.2006 nicht erfasst wäre, liegt nicht vor. Der Senat verweist hierzu auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -.
II.
34 
Die Rüge des Klägers, es habe nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden, gegen die verstoßen worden sei, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
35 
1. Der Kläger ist nach § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG berechtigt, diesen Fehler zu rügen. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich bei § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG nicht um eine „andere gesetzliche Bestimmung“ im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO handelt, die Einzelnen eine von der möglichen eigenen Betroffenheit unabhängige Klagebefugnis verleiht, sondern diese Norm (nur) die Begründetheitsprüfung betrifft. Die Verfahrensfehler einer rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) führen abweichend von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Begründetheit der Klage, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften des UVP-Rechts der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts Einzelner dienen. Gleiches gilt für den Verfahrensfehler einer dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügenden Vorprüfung des Einzelfalls (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG findet hier ungeachtet dessen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts vom 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.). Durch § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG wird den Einzelnen folglich eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt. Lediglich für deren Klagebefugnis bleibt es bei dem allgemeinen Erfordernis, dass eine eigene Betroffenheit durch die Zulassung des UVP-pflichtigen Vorhabens möglich erscheint (BVerwG, Urteil vom 02.10.2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367; vgl. auch Beschluss vom 27.06.2014 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014). Hier ist die Klagebefugnis des Klägers - wie oben ausgeführt - gegeben.
36 
2. In der Sache liegt der geltend gemachte Rechtsverstoß jedoch nicht vor. Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht auch für die Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Vorschrift ist hier grundsätzlich anwendbar, weil für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben - den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs - jedenfalls aufgrund der durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls (vgl. PFB S. 138) bereits eine UVP-Pflicht bestand (vgl. hierzu Nr. 14.7 und Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 und 95). Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung nachgekommen und hat auch für die beantragte 11. Planänderung eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt. Sie hat mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 gemäß § 3a UVPG festgestellt, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Diese Feststellung unterliegt nach § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung der Beklagten ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
37 
Hiervon ausgehend ist ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 3c UVPG nicht zu erkennen. Das Ergebnis der Vorprüfung ist angesichts des bereits oben dargestellten begrenzten Gegenstands der Planänderung - einer Änderung der Technik des Bauwerksgründung bei fortbestehender Begrenzung der Einbindelänge der Gründungspfähle auf maximal bis zur Oberkante der Grundgipsschicht - auch nachvollziehbar. Zudem ergibt sich aus der Stellungnahme der unteren Wasserbehörde der Stadt Stuttgart, die im Schreiben des Beigeordneten für Städtebau und Umwelt der Landeshauptstadt Stuttgart vom 20.08.2012 an das Eisenbahn-Bundesamt enthalten ist, dass auch bei dem vorgesehenen verdichteten Pfahlraster die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 zu den bauwerksbedingten Veränderungen der Grundwasserpotentiale eingehalten werden. Hinsichtlich der Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Aufrechterhaltung der ursprünglichen Potential- und Grundwasserströmungsverhältnisse bewege sich die Vorhabenträgerin auch bei Umsetzung der beantragten Änderung im zulässigen Rahmen.
38 
Anderes folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der „kumulierenden Wirkung der 7. Planänderung in Verbindung mit der 11. Planänderung“. Denn eine solche „kumulierende Wirkung“ der beiden Planänderungen liegt nicht vor. Nach § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwar auch dann, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben), zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten. Die Vorschrift des § 3b Abs. 2 UVPG ist auf Änderungen eines UVP-pflichtigen Vorhabens entsprechend anzuwenden, wenn diese - wie hier - gleichzeitig verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (vgl. auch Nr. 5.4 der Vollzugshinweise „Anwendung und Auslegung der neuen UVP-Vorschriften“ vom 14.08.2003). Denn zum einen stellt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 a) UVPG auch die Änderung einer technischen Anlage ein „Vorhaben“ im Sinne des Umweltverträglichkeitsgesetzes dar. Zum anderen besteht auch bei Änderungsvorhaben die Gefahr, dass eine Aufteilung in mehrere Änderungen zu dem Zweck erfolgt, eine an sich wegen des Erreichens eines Schwellenwerts notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung zu vermeiden. Eine solche Aufsplitterung soll durch § 3b Abs. 2 UVPG jedoch gerade vermieden werden (vgl. Sangenstedt, in : Landmann/Rohmer, UmwR, § 3b UVPG Rn. 2).
39 
Mehrere Änderungsvorhaben sind entsprechend § 3b Abs. 2 Satz 3 UVPG jedoch nur dann gemeinsam zu betrachten, wenn die Änderungsvorhaben für sich genommen jeweils die Werte für die standortbezogene oder die allgemeine Vorprüfung nach Anlage 1 zum UVPG Spalte 2 erreichen oder überschreiten. Daran fehlt es hier, denn für das Vorhaben, das Gegenstand der 11. Planänderung ist, existieren schon keine Größen- und Leistungswerte. Eine gemeinsame Betrachtung scheidet zudem auch deshalb aus, weil die 11. Planänderung nicht die weitergehende Benutzung von Grundwasser im Sinne von Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG regelt, wie sie in der 7. Planänderung vorgesehen ist. Nach Nr. 13 der Anlage 1 zum UVPG bedarf das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100.000 m³ bis weniger als 10 Mio. m³ einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG. Solche Wassernutzungen sind nicht Gegenstand der 11. Planänderung. Die 7. und die 11. Planänderung sind daher nicht „kumulationstauglich“ (vgl. zu dieser Voraussetzung Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 19). Deshalb ist es auch ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Größen- und Leistungswerte durch eine gemeinsame Betrachtung der beiden Planänderungen erreicht oder überschritten werden. Allenfalls kann die 7. Planänderung für sich betrachtet den Schwellenwert erreichen oder überschreiten.
C.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
41 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
42 
Beschluss vom 2. Juli 2014
43 
Der Streitwert wird § 63 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2., 2.2.1 des Streitwertkatalogs 2004 endgültig auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
17 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Er wird durch die auf der Grundlage des § 76 Abs. 3 VwVfG erlassene Planänderung weitergehend als bisher betroffen (vgl. zu dieser Voraussetzung die st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B. Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris Rn. 28 und Urteil vom 24.07.2008 - 4 A 3001/07 -, BVerwGE 131, 346). Dies folgt zwar - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht bereits daraus, dass die Tiefe der Gründungspfähle verändert worden wäre. Denn die Beklage hat in der Nebenbestimmung A.3 zum angefochtenen Bescheid ausdrücklich verfügt, dass die Einbindelänge der Gründungspfähle, die u.a. in der Anlage 7.1.4.1 dargestellt sind, bis maximal zur Oberkante der Grundgipsschicht zu begrenzen ist. Der Kläger wird jedoch dadurch weitergehend betroffen, dass nunmehr vorgesehen ist, auf seinem Grundstück Gründungspfähle einzubringen. Dies war bislang nicht der Fall.
18 
Die Beklagte und die Beigeladene bestreiten allerdings eine erstmalige oder weitergehende Betroffenheit unter Hinweis darauf, dass die 11. Planänderung nur den Bereich des Grundstücks des Klägers betreffe, der nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 ohnehin dinglich belastet sei. Der Planfeststellungsbeschluss sehe den vollständigen Abriss des Gebäudes S... Straße ... vor und erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Das Hinzutreten mehrerer Gründungspfähle im Untergrund stelle demgegenüber keine weitere oder erstmalige Belastung dar.
19 
Wirtschaftlich gesehen mag diese Betrachtung zutreffen. Eine wirtschaftliche Betrachtung steht jedoch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. z.B. Beschluss vom 08.03.1988 - 1 BvR 1092/84 -, BVerfGE 78, 58). Danach gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG das Privateigentum „in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers“. Es ist daher eine rechtliche Betrachtung geboten. Nach dieser liegt eine weitergehende Belastung durch die Gründungspfähle vor. Sie stellen im Verhältnis zu dem Bauwerk, das im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vorgesehen war, ein anderes, zusätzliches Bauwerk dar (anders im Fall des BVerwG, Urteil vom 17.09.2004 - 9 VR 3.04 -, NVwZ 2005, 330). Außerdem nehmen sie das Grundstück in deutlich größerer Tiefe und damit in größerem Umfang in Anspruch als bisher. Dies führt zu einer erhöhten Duldungspflicht und damit zu einer weitergehenden Betroffenheit. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der betroffene Bereich ohnehin bereits dinglich belastet sei, denn dies trifft so nicht zu. Der Bereich mag zwar für eine dingliche Belastung vorgesehen sein. Der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 behält die Festlegung der genauen Modalitäten der Dienstbarkeit - für den Fall, dass keine Einigung zustande kommt - jedoch dem Enteignungsverfahren vor (vgl. die Begründung auf S. 228). Dieses ist bisher nicht durchgeführt, eine Dienstbarkeit ist noch nicht eingetragen worden.
B.
20 
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
I.
21 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
1. Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses leidet nicht an den von dem Kläger geltend gemachten formellen Fehlern.
23 
Das Eisenbahn-Bundesamt durfte über die 11. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 im vereinfachten Verfahren nach § 18d AEG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG entscheiden, weil es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handelte. Es durfte deshalb insbesondere auf ein förmliches Anhörungsverfahren nach § 73 VwVfG verzichten.
24 
Unwesentlich ist eine Änderung insbesondere dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleich bleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden sollen. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Belange eines einzelnen Betroffenen durch die Änderung stärker berührt werden als durch die ursprüngliche Planung (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584).
25 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die 11. Planänderung nur eine unwesentliche Änderung des festgestellten Vorhabens zum Gegenstand. Bei der Beurteilung ist auf den Planfeststellungsbeschluss insgesamt abzustellen. Bezogen auf den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs ist die hier in Rede stehende Änderung der Bauwerksgründung unwesentlich. Die Gründung der Bauwerke stellt zwar einen wichtigen Pfeiler des Projekts dar. Mit der 11. Planänderung soll jedoch kein neues, bisher unbekanntes Problem bewältigt werden. Denn es war schon bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 bekannt, dass an die Technik der Bauwerksgründung aufgrund der schwierigen Baugrundverhältnisse besondere Anforderungen zu stellen sind. Diese Technik wird nun an die fortgeschrittene Erkenntnislage über den Baugrund angepasst und teilweise geändert und es werden zusätzliche Gründungspfähle angeordnet. Diese Änderung fällt im Verhältnis zum Gesamtprojekt nicht ins Gewicht, zumal eine Änderung der bisherigen wasserrechtlichen Erlaubnis mit der 11. Planänderung nicht verbunden ist.
26 
Das danach zulässige vereinfachte Planfeststellungsverfahren durfte das Eisenbahn-Bundesamt nach § 76 Abs. 3 VwVfG ohne förmliches Anhörungsverfahren im Sinne des § 73 VwVfG durchführen. Diejenigen, in deren Rechte eingegriffen wird, waren dennoch nach § 28 VwVfG anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 08.08.2013 - 5 S 2327/12 -, juris; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 76 Rn. 37; Dürr, in: Knack/ Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 76 Rn. 35; Bonk/ Neumann, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 76 Rn. 28; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 76 Rn. 14; Ronellenfitsch, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 17d, Rn. 17). Die danach gebotene Anhörung des Klägers ist unterblieben. Dies führt jedoch auf keinen beachtlichen Fehler (vgl. § 46 VwVfG), da offensichtlich ist, dass die unterbliebene Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn die vom Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Einwände sind dieselben, die er bereits in früheren Klageverfahren erhoben hat. Er beruft sich auf den Wegfall des „vorläufigen positiven Gesamturteils“ wegen mangelnder Planrechtfertigung, weil die Finanzierung nicht gesichert und der neue Bahnhof nicht ausreichend leistungsfähig sei. Zu diesen Argumenten hat die Beklagte schon vor Erlass der 11. Planänderung in der Weise Stellung genommen, dass sie sie nicht für durchgreifend erachtet. Diese Ansicht trifft zu.
27 
2. Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes ist materiell rechtmäßig. Im Falle einer Planänderung muss nicht die Planänderung als solche im Sinne einer Planrechtfertigung erforderlich sein. Vielmehr muss jetzt für das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf bestehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584). Die Planrechtfertigung würde fehlen, wenn der Verwirklichung des Gesamtprojekts „Stuttgart 21“ von vornherein unüberwindbare Hindernisse entgegen stünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 7 A 4.12 -, BVerwGE 147, 184). Das ist jedoch nicht der Fall.
28 
Die Planrechtfertigung für das geänderte Vorhaben ergibt sich hier aus der Planrechtfertigung für das Vorhaben in seiner ursprünglichen Gestalt. Durch die 11. Planänderung wird diese Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Dies behauptet auch der Kläger nicht. Er meint aber, es lägen neue Umstände vor, die belegten, dass die ursprüngliche Einschätzung fehlerhaft sei, das Vorhaben sei gerechtfertigt. Dies trifft indessen nicht zu. Dem Projekt „Stuttgart 21“ fehlt - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht die Planrechtfertigung wegen ungesicherter Finanzierung (dazu a)), was zur Folge hätte, dass die Pläne für die Abschnitte 1.3 und 1.6b nicht mehr festgestellt werden könnten. Auch die Rüge des Klägers, der neue Hauptbahnhof sei nicht ausreichend leistungsfähig, greift nicht durch (dazu b)). Schließlich begegnet auch die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken (dazu c)).
29 
a) Der Kläger meint, die Gesamtfinanzierung sei (nunmehr) ausgeschlossen, weil die (neue) Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 aufgrund der vorgesehenen Beteiligung des Landes Baden-Württemberg verfassungswidrig sei. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Er hat bereits in seinen zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüssen vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -) und vom 15.11.2012 (- 5 S 1812/12 -) ausgeführt, dass die Frage der Planrechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der gesicherten Gesamtfinanzierung durch das Senatsurteil vom 06.04.2006 (- 5 S 848/05 -) rechtskräftig entschieden worden ist und der Kläger die Rechtskraftwirkung des Urteils gegen sich gelten lassen muss. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Ein neuer entscheidungserheblicher Sachverhalt, auf den sich die Rechtskraft des Urteils nicht erstrecken würde, liegt nicht vor. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -, mit dem er die Klage des Klägers auf Verpflichtung des Eisenbahn-Bundesamtes zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 abgewiesen hat.
30 
b) Die Rüge des Klägers, dem neuen Hauptbahnhof fehle es an der ausreichenden Leistungsfähigkeit, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
31 
Aufgrund des Urteils des Senats vom 06.04.2006 steht gegenüber dem Kläger rechtskräftig fest, dass der neue Bahnhof ausreichend leistungsfähig ist. Die Feststellung nimmt an der Rechtskraft des Urteils nach § 121 VwGO teil. Denn der Umfang der Rechtskraft einer abweisenden Entscheidung über eine Anfechtungsklage, wie sie hier in Form des Urteils des Senats vom 06.04.2006 vorliegt, erschöpft sich nicht in dem Rechtsschluss, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist, sondern umfasst grundsätzlich auch die Feststellung, dass die Voraussetzungen der unmittelbaren Ermächtigungsgrundlage vorliegen (BVerwG, Urteil vom 07.08.2008 - 7 C 7.08 -, BVerwGE 131, 346).
32 
Der Kläger muss sich die Rechtskraft des Urteils auch im vorliegenden Verfahren entgegenhalten lassen, weil - jedenfalls soweit es die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs betrifft - das ursprünglich planfestgestellte Vorhaben und das Vorhaben in der Gestalt der 11. Planänderung identisch sind und der vom Kläger mit seiner Klage - 5 S 2429/12 - geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 vom 28.01.2005 nicht besteht. Der Senat hat die Klage mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen.
33 
c) Der angefochtene Planänderungsbeschluss weist auch unter dem Gesichtspunkt der Abschnittsbildung keinen Fehler auf, der zu dem Wegfall der Planrechtfertigung führen würde. Dies folgt schon daraus, dass die 11. Plan-änderung auch insoweit nichts am ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ändert, dessen Rechtmäßigkeit rechtskräftig feststeht. Ein neuer Sachverhalt, der von der Rechtskraft des Urteils vom 06.04.2006 nicht erfasst wäre, liegt nicht vor. Der Senat verweist hierzu auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -.
II.
34 
Die Rüge des Klägers, es habe nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden, gegen die verstoßen worden sei, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
35 
1. Der Kläger ist nach § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG berechtigt, diesen Fehler zu rügen. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich bei § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG nicht um eine „andere gesetzliche Bestimmung“ im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO handelt, die Einzelnen eine von der möglichen eigenen Betroffenheit unabhängige Klagebefugnis verleiht, sondern diese Norm (nur) die Begründetheitsprüfung betrifft. Die Verfahrensfehler einer rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) führen abweichend von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Begründetheit der Klage, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften des UVP-Rechts der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts Einzelner dienen. Gleiches gilt für den Verfahrensfehler einer dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügenden Vorprüfung des Einzelfalls (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG findet hier ungeachtet dessen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts vom 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.). Durch § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG wird den Einzelnen folglich eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt. Lediglich für deren Klagebefugnis bleibt es bei dem allgemeinen Erfordernis, dass eine eigene Betroffenheit durch die Zulassung des UVP-pflichtigen Vorhabens möglich erscheint (BVerwG, Urteil vom 02.10.2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367; vgl. auch Beschluss vom 27.06.2014 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014). Hier ist die Klagebefugnis des Klägers - wie oben ausgeführt - gegeben.
36 
2. In der Sache liegt der geltend gemachte Rechtsverstoß jedoch nicht vor. Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht auch für die Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Vorschrift ist hier grundsätzlich anwendbar, weil für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben - den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs - jedenfalls aufgrund der durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls (vgl. PFB S. 138) bereits eine UVP-Pflicht bestand (vgl. hierzu Nr. 14.7 und Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 und 95). Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung nachgekommen und hat auch für die beantragte 11. Planänderung eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt. Sie hat mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 gemäß § 3a UVPG festgestellt, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Diese Feststellung unterliegt nach § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung der Beklagten ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
37 
Hiervon ausgehend ist ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 3c UVPG nicht zu erkennen. Das Ergebnis der Vorprüfung ist angesichts des bereits oben dargestellten begrenzten Gegenstands der Planänderung - einer Änderung der Technik des Bauwerksgründung bei fortbestehender Begrenzung der Einbindelänge der Gründungspfähle auf maximal bis zur Oberkante der Grundgipsschicht - auch nachvollziehbar. Zudem ergibt sich aus der Stellungnahme der unteren Wasserbehörde der Stadt Stuttgart, die im Schreiben des Beigeordneten für Städtebau und Umwelt der Landeshauptstadt Stuttgart vom 20.08.2012 an das Eisenbahn-Bundesamt enthalten ist, dass auch bei dem vorgesehenen verdichteten Pfahlraster die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 zu den bauwerksbedingten Veränderungen der Grundwasserpotentiale eingehalten werden. Hinsichtlich der Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Aufrechterhaltung der ursprünglichen Potential- und Grundwasserströmungsverhältnisse bewege sich die Vorhabenträgerin auch bei Umsetzung der beantragten Änderung im zulässigen Rahmen.
38 
Anderes folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der „kumulierenden Wirkung der 7. Planänderung in Verbindung mit der 11. Planänderung“. Denn eine solche „kumulierende Wirkung“ der beiden Planänderungen liegt nicht vor. Nach § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwar auch dann, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben), zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten. Die Vorschrift des § 3b Abs. 2 UVPG ist auf Änderungen eines UVP-pflichtigen Vorhabens entsprechend anzuwenden, wenn diese - wie hier - gleichzeitig verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (vgl. auch Nr. 5.4 der Vollzugshinweise „Anwendung und Auslegung der neuen UVP-Vorschriften“ vom 14.08.2003). Denn zum einen stellt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 a) UVPG auch die Änderung einer technischen Anlage ein „Vorhaben“ im Sinne des Umweltverträglichkeitsgesetzes dar. Zum anderen besteht auch bei Änderungsvorhaben die Gefahr, dass eine Aufteilung in mehrere Änderungen zu dem Zweck erfolgt, eine an sich wegen des Erreichens eines Schwellenwerts notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung zu vermeiden. Eine solche Aufsplitterung soll durch § 3b Abs. 2 UVPG jedoch gerade vermieden werden (vgl. Sangenstedt, in : Landmann/Rohmer, UmwR, § 3b UVPG Rn. 2).
39 
Mehrere Änderungsvorhaben sind entsprechend § 3b Abs. 2 Satz 3 UVPG jedoch nur dann gemeinsam zu betrachten, wenn die Änderungsvorhaben für sich genommen jeweils die Werte für die standortbezogene oder die allgemeine Vorprüfung nach Anlage 1 zum UVPG Spalte 2 erreichen oder überschreiten. Daran fehlt es hier, denn für das Vorhaben, das Gegenstand der 11. Planänderung ist, existieren schon keine Größen- und Leistungswerte. Eine gemeinsame Betrachtung scheidet zudem auch deshalb aus, weil die 11. Planänderung nicht die weitergehende Benutzung von Grundwasser im Sinne von Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG regelt, wie sie in der 7. Planänderung vorgesehen ist. Nach Nr. 13 der Anlage 1 zum UVPG bedarf das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100.000 m³ bis weniger als 10 Mio. m³ einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG. Solche Wassernutzungen sind nicht Gegenstand der 11. Planänderung. Die 7. und die 11. Planänderung sind daher nicht „kumulationstauglich“ (vgl. zu dieser Voraussetzung Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 19). Deshalb ist es auch ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Größen- und Leistungswerte durch eine gemeinsame Betrachtung der beiden Planänderungen erreicht oder überschritten werden. Allenfalls kann die 7. Planänderung für sich betrachtet den Schwellenwert erreichen oder überschreiten.
C.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
41 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
42 
Beschluss vom 2. Juli 2014
43 
Der Streitwert wird § 63 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2., 2.2.1 des Streitwertkatalogs 2004 endgültig auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. Februar 2015 geändert.

Die aufschiebende Wirkung der bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg erhobenen Klage 4 K 1917/14 wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge jeweils zur Hälfte mit der Maßgabe, dass zwischen ihnen ein Ausgleich ihrer außergerichtlichen Kosten nicht stattfindet.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 22.500,‑ € festgesetzt.


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Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. März 2010 geändert.

Der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene jeweils zu einem Viertel. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die 5., 9., 10. und 11. Planänderung für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof).
Der Kläger, der in Esslingen wohnt und dort eine Rechtsanwaltskanzlei betreibt, nutzt als regelmäßiger Bahnfahrer - sowohl privat als auch beruflich - auch ein- bis zweimal wöchentlich den ca. 10 km entfernten Stuttgarter Hauptbahnhof.
Das Projekt „Stuttgart 21“ steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Verbindung Stuttgart - Ulm - Augsburg für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb im Netz europäischer Magistralen. Es ist in sieben Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Zentrales Element der Neugestaltung des Stuttgarter Bahnknotens sind die Umgestaltung des bestehenden Kopfbahnhofs in einen Durchgangsbahnhof und die neu gestalteten unterirdischen Zulaufstrecken aus allen Richtungen. Der Planabschnitt beginnt und endet jeweils an der Übergangsstelle von der offenen zur bergmännischen Tunnelbauweise. Er führt im Nordwesten vom Fuße des Kriegsbergs quer zur Tallängsrichtung bis zur südöstlichen Bebauung der Willy-Brandt-Straße/Sängerstraße und endet im Südosten etwa auf Höhe der Urbanstraße.
Mit bestandskräftig gewordenem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan der Beigeladenen für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“, Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) in Stuttgart mit den in den Planunterlagen eingetragenen Änderungen nach Maßgabe der im Beschluss angeführten Zusagen, Erlaubnisse und Nebenbestimmungen fest. Nach der Nebenbestimmung VIII.7.1.4 ist ein flächenhafter Eingriff in die Grundgipsschichten (km1GG) unzulässig; ausgenommen sind lediglich das Nesenbachober-haupt, der bergmännisch aufzufahrende Nesenbachdüker im Bereich der Hochscholle sowie Notfallmaßnahmen. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Dichtfunktion der Grundgipsschichten (km1GG) sind danach punktuelle Aufschlüsse (Verbauträger, vertiefte Einzelfundamente, Bohr- und Rammpfähle, Anker, Spieße etc.) maximal auf die Oberfläche der Grundgipsschichten (km1GG) zu begrenzen. Im Begründungsteil wird im Hinblick auf die baubedingten Erschütterungen darauf hingewiesen, dass sich wegen der Belange des Mineral- und Grundwasserschutzes ein genereller Verzicht auf Rammpfähle und der Einsatz von (regelmäßig erschütterungsärmeren) Bohrpfählen nicht habe festschreiben lassen. Denn Bohrungen könnten im Planbereich unter Umständen zu irreversiblen Beeinträchtigungen des Mineralwasservorkommens führen (a.a.O., S. 305, 310).
Mit dem Planvorhaben wurde bereits begonnen.
Am 10.05.2012 erließ das Eisenbahn-Bundesamt - gestützt auf § 76 Abs. 2 VwVfG - einen Bescheid zur 9. Änderung des feststellten Plans. Mit dieser sollte im Wesentlichen das Baukonzept der Teilbaugrube 4 für die Stadtbahn-Folgemaßnahme Heilbronner Straße geändert werden. Anstelle des für die Herstellung einer Bohrpfahlwand zur Baugrubensicherung zunächst vorgesehenen Teilabbruchs des bestehenden Kreuzungsblocks der Fußgängerunterführung im Bereich Heilbronner Straße/Friedrichstraße/Kriegsbergstraße/Ar-nulf-Klett-Platz soll dieser nun als Gesamtbauwerk erhalten bleiben.
Aufgrund der aus den Bohrungen des 5. Erkundungsprogramms sowie dem Brunnenbohrprogramm gewonnenen Erkenntnisse über die Höhenlage der Grundgipsschichten hatte sich insofern eine neue Sachlage ergeben, als deren Oberkante im Bereich der südlichen Baugrubenhälfte entgegen bisheriger Annahmen mehrere Meter höher liegt. Damit reichen die Bohrpfähle, deren Sohltiefen keine nennenswerten Veränderungen aufweisen, anders als vorgesehen auf der östlichen und westlichen Baugrubenseite auf einer Länge von jeweils ca. 40 m durchschnittlich 2 - 3 m (lokal bis zu 5 m) in die Grundgipsschichten hinein.
Gleichzeitig erließ das Eisenbahn-Bundesamt - ebenfalls gestützt auf § 76 Abs. 2 VwVfG - einen Bescheid zur 10. Änderung des feststellten Plans. Dieser hatte eine Gradientenänderung und eine Bautaktoptimierung für die Stadtbahn-Folgemaßnahme Heilbronner Straße zum Gegenstand. Durch die veränderte Höhenlage sollen die Tunnelsohlen der Stadtbahn bereichsweise um bis zu 0,70 m tiefer gelegt werden, um den Fernbahntunnel baulich von den Stadtbahntunneln zu trennen. Aufgrund der Tieferlegung der Tunnelsohlen wird der Grundwasserandrang zunehmen, was eine Grundwassermehrentnahme von unter 1 l/s in der Summe bedingt.
Unter B.2.3 der Bescheide stellte das Eisenbahn-Bundesamt jeweils fest, dass „entsprechend der Einzelfallprüfung nach § 3c UVPG keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung“ bestehe.
10 
Im Zuge der Erstellung der Ausführungsunterlagen hatte die Beigeladene ihre Planungen für die übergeordneten Baustelleneinrichtungsflächen insofern optimiert, als die bisherigen, vier dezentralen Wasseraufbereitungsanlagen an einem zentralen Standort im Bereich des früheren zentralen Omnibusbahnhofes (ZOB) östlich des Hauptbahnhofs gebündelt werden sollten.
11 
Mit Bescheid vom 23.10.2012 stellte das Eisenbahn-Bundesamt im Wege des ergänzenden Verfahrens - gestützt auf § 76 Abs. 3 VwVfG - erneut die die Zentralisierung der Abwasserreinigungsanlagen betreffende 5. Änderung des Plans fest, nachdem der erkennende Senat mit Urteil vom 15.12.2011 - 5 S 2100/11 - einen entsprechenden Bescheid vom 30.04.2010 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt hatte. Die Planänderung umfasst die Errichtung einer zentralen Anlage zum Grundwassermanagement, die Verlegung von Überschusswasserleitungen sowie die Änderung der Standorte von Infiltrationsbrunnen sowie Mess- und Steuerpegeln. Ein erheblicher Teil der Anlagen war inzwischen errichtet worden. Noch nicht verwirklicht waren im Wesentlichen nur die Verlegung der Überschusswasserleitungen durch den alten Rosensteintunnel und - neckarseitig - vom Tunnelmund bis zur Neckarbrücke. Eine Änderung der wasserwirtschaftlichen Tatbestände sollte der noch nicht festgestellten 7. Planänderung vorbehalten bleiben.
12 
Mit einer an die Beigeladene gerichteten „verfahrensleitenden Verfügung“ vom 26.06.2002 hatte das Eisenbahn-Bundesamt zuvor festgestellt, dass „keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe, da sich aus den vorgelegten Unterlagen nach überschlägiger Prüfung ergebe, dass von dem Vorhaben keine entscheidungserheblichen, nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten“ seien.
13 
Mit weiterem Bescheid vom 07.02.2013 stellte das Eisenbahn-Bundesamt - wiederum gestützt auf § 76 Abs. 3 VwVfG - die 11. Änderung des Plans hinsichtlich der Gründungen von Ingenieurbauwerken fest, nachdem im Zuge der weiteren Entwurfsbearbeitung und zugehörigen Berechnungen in Verbindung mit einer vertiefenden Bodenerkundung zahlreiche Ingenieurbauwerke hinsichtlich ihrer Gründung und Ausführung geändert werden sollten. So sollen die Anordnung der Gründungspfähle geändert und ca. 460 zusätzliche Pfähle angeordnet werden. Nach der Nebenbestimmung A.3.1 ist die Einbindelänge der in den Bauwerksplänen dargestellten Gründungspfähle bis maximal zur Oberkante der Grundgipsschicht zu begrenzen. Damit soll sichergestellt werden, dass der ursprüngliche Plan einschließlich seiner Nebenbestimmungen bezüglich der Eingriffstiefe unberührt bleibt.
14 
Mit einer an die Beigeladene gerichteten „verfahrensleitenden Verfügung“ vom 08.01.2013 hatte das Eisenbahn-Bundesamt wiederum festgestellt, dass „keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe, da sich aus den vorgelegten Unterlagen nach überschlägiger Prüfung ergebe, dass von dem Vorhaben keine entscheidungserheblichen, nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten“ seien.
15 
Der Kläger hat am 09.03.2013 sowohl gegen den letzteren - ihm am 18.02.2013 zugestellten - Bescheid als auch gegen die drei anderen Bescheide, die ihm nicht zugestellt worden waren, Klage zum erkennenden Gerichtshof erhoben. Dies begründet er damit, dass alle Bescheide ohne Öffentlichkeitsbeteiligung ergangen seien. Insofern sei er in seinen Beteiligungs- und Anhörungsrechten aus § 9 UVPG und §§ 76 Abs. 1, 73 Abs. 4 VwVfG verletzt. Denn die 5, 9., 10. und 11. Planänderung stünden i.S. des § 3b Abs. 2 UVPG in einem engen Zusammenhang mit dem bereits am 13.05.2011 beantragten 7. Planänderungsverfahren, in dem eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden habe, in deren Rahmen auch er im Oktober 2012 Einwendungen erhoben habe. Insofern wäre die Öffentlichkeit auch in den vier anderen Änderungsverfahren zu beteiligen gewesen. Alle fünf Planänderungsverfahren beträfen Eingriffe in das Grundwasser in der näheren Umgebung des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Diese könnten aber ebenso wie die damit verbundenen Risiken (u.a. von Hangrutschungen) aufgrund ihres natürlichen Zusammenhangs und ihrer Wechselwirkungen nicht unabhängig voneinander bewertet und beurteilt werden. Alle Planänderungen berührten auch seine Belange nach § 2 Abs. 6 UVPG und § 73 Abs. 4 VwVfG, da sie ihn sowohl in seiner Berufsausübung als Rechtsanwalt als auch in seiner privaten Lebensführung beeinträchtigten. Als regelmäßiger Bahnfahrer sei er auf einen funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr angewiesen. Mit den geplanten Eingriffen in das Grundwasser bestehe das Risiko von Hangrutschungen und Erdbeben, was nicht nur den Bahnverkehr rund um den Stuttgarter Hauptbahnhof zum Erliegen bringen, sondern auch sein Leib und Leben als Bahnfahrer gefährden könne. Aufgrund der Verletzung seiner Beteiligungs- und Anhörungsrechte sei er als Teil der betroffenen Öffentlichkeit i. S. des § 2 Abs. 6 UVPG auch gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG klagebefugt; diese Vorschrift begründe ein subjektives Recht des Einzelnen auf eine UVP- bzw. UVP-Vorprüfung i.S. eines absoluten Verfahrensrechts; dies folge letztlich aus Art. 19 Abs. 4 GG. Anderenfalls könne er - mangels eines materiellen Klagerechts - seine davon unabhängigen subjektiv-öffentlichen Rechte nicht durchsetzen. Art. 10a (Art. 11 n.F.) der UVP-Richtlinie lege es nahe, dass Verfahrensfehler in weiterem Umfang beachtlich sein müssten, als dies bisher vom Bundesverwaltungsgericht unter dem einschränkenden Gesichtspunkt der Kausalität angenommen worden sei. Vorliegend bestünde freilich auch die konkrete Möglichkeit, dass ohne die Verfahrensfehler zumindest nicht in der bisherigen Form entschieden worden wäre.
16 
Die Verpflichtung zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auch dann, wenn ein bereits UVP-pflichtiges Vorhaben geändert werde und eine Vorprüfung ergebe, dass die Änderung nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Falle die Verwirklichung eines Änderungsvorhabens zeitlich, räumlich und funktional mit einem anderen Änderungsvorhaben zusammen, gelte zudem § 3b Abs. 2 UVPG entsprechend, wonach die jeweiligen Größenwerte der kumulierenden Änderungsvorhaben gegenseitig anzurechnen seien. Änderungsvorhaben dürften nicht aufgesplittet werden. Da hier eine Kumulationsprüfung - insbesondere mit der 7. Planänderung - unterblieben sei, seien die jeweiligen Vorprüfungen fehlerhaft. Dass insbesondere die 5. Planänderung von der später beantragten 7. Planänderung unabhängig sei, treffe nicht zu. So habe die Beigeladene im 7. Planänderungsantrag gerade auf die Notwendigkeit verwiesen, die Aufbereitungskapazität im Planfeststellungsabschnitt zu erhöhen und die verschiedenen Sammelinfiltrations- und Überschusswasserleitungen entsprechend anzupassen bzw. das Leitungsnetz zu ergänzen. Darüber hinaus sei eine zusätzliche temporäre Wasseraufbereitungsanlage vorgesehen. Damit betreffe die 7. Planänderung aber nicht nur das Grundwasserströmungsmodell, die Prognose-Berechnungen und die Wassermengen. Auch nach dem Urteil des Senats vom 15.12.2011 seien die Infiltrationsbrunnen, Grundwassermessstellen und Rohrleitungen mit dem Betrieb der Wasseraufbereitungsanlage untrennbar verbunden. Sämtliche Anlagenteile müssten daher in einem einheitlichen Planänderungsverfahren bewältigt werden. Auch könnten die erforderlichen Grundwassermengen erst mit der 7. Änderung „umgewälzt“ werden. Durch die vorgesehene Erhöhung der Entnahmemenge werde das Grundwasser noch mehr abgesenkt, woraus sich neue, größere und nicht mehr beherrschbare Risiken ergäben. Sowohl das Absenken wie das Wiedereinleiten von Grundwasser veränderte die Feuchtgehalte und verringerte die Standfestigkeit des Untergrunds. Dies berge für die Hanglagen des Kernerviertels die Gefahr von Hangrutschungen und auch von Erdbeben, wie kanadische Wissenschaftler - bezogen auf ein Erbeben in Spanien von 2011 - nunmehr herausgefunden hätten.
17 
Ein Gesuch des Klägers, die Richter des erkennenden Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist erfolglos geblieben (vgl. Beschl. v. 26.02.2014 - 5 S 534/13 -).
18 
Der Kläger beantragt zuletzt,
19 
festzustellen, dass die Bescheide des Eisenbahn-Bundesamts vom 10.05.2012, 23.10.2012 und vom 07.02.2013 zur 5., 9., 10. und 11. Plan-änderung für das Projekt Stuttgart 21, Umbau des Bahnknotens Stuttgart PFA 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) rechtswidrig sind und nicht vollzogen werden dürfen.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Klage abzuweisen.
22 
Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor: Die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig. Von den angeführten Vorschriften könnte allenfalls § 4 UmwRG eine Klagebefugnis vermitteln. Dies setzte jedoch voraus, dass überhaupt der Anwendungsbereich dieses Gesetzes eröffnet sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil noch nicht einmal eine Vorprüfung vorgesehen sei. Die Klage sei darüber hinaus unbegründet. Die Beklagte habe die richtige Verfahrensart gewählt. Insbesondere sei bei den angegriffenen Planänderungen keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3e UVPG durchzuführen gewesen, nachdem weder ein Tatbestand der Spalte 1 noch der Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG in Rede stehe. In einem weiteren Schriftsatz hat die Beklagte noch ausgeführt: Der Kläger sei auch nicht Beteiligter i. S. des § 4 Abs. 3 UVPG. Die erforderliche allgemeine Vorprüfung sei durchaus - auch unter Berücksichtigung kumulativer Effekte - vorgenommen worden. § 3b Abs. 2 UVPG sei nicht einschlägig, weil die Planänderungen auch gemeinsam keine einschlägigen Größen- und Leistungswerte erreichten oder überschritten. Auch als „Hintergrundbelastung“ führten sie zu keiner UVP-Pflicht.
23 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
24 
die Klage abzuweisen.
25 
Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor: Die Klagen seien bereits unbegründet, weil der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt sei. Auch eine Verletzung von Vorschriften des UVP-Gesetzes könne er nicht erfolgreich rügen. Insofern sei die Klage bereits unzulässig. Allein deshalb, weil der Kläger die Bahn nutze und wiederholt im Stuttgarter Hauptbahnhof ankomme, sei er noch nicht berechtigt gegen die Planänderungen vorzugehen. Eine Verletzung in eigenen Rechten sei jedoch nicht dargetan. Die Änderungen erforderten weder einzeln noch insgesamt eine UVP. Die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG erforderlichen Vorprüfungen seien durchgeführt worden. Sie seien nicht zu beanstanden. Diese erlaubten keine stärkeren Eingriffe in die Umweltschutzgüter. Gegenstand der Planänderungen seien jeweils voneinander unabhängige bauliche oder organisatorische Maßnahmen.
26 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der zur Sache gehörenden Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

27 
Die nur mehr auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Bescheide zur 5., 9., 10., und 11. Planänderung gerichtete Anfechtungsklage (vgl. § 42 Abs. 1 VVwGO) ist bereits unzulässig.
28 
Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Bescheid zur 11. Planänderung vom 07.02.2013 richtet, innerhalb eines Monats nach der am 18.02.2013 gegenüber dem Kläger bewirkten Zustellung und damit rechtzeitig beim erkennenden Gerichtshof erhoben worden (§§ 18d Satz 2, 18b Nr. 5 AEG, § 74 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
29 
Soweit sich die Klage gegen den Bescheid zur 5. Planänderung vom 23.10.2012 und die Bescheide zur 9. und 10. Planänderung vom 10.05.2012 richtet, war sie zwar nicht innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden, doch hatte diese Frist gegenüber dem Kläger mangels einer an ihn bewirkten Zustellung (vgl. § 18 Nr. 5 AEG) insoweit nicht zu laufen begonnen, sodass er, nachdem sein Recht hierzu nicht verwirkt war, auch nach deren Ablauf Klage erheben konnte. Die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO, die hier freilich eingehalten wäre, galt hier nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.06.1968 - IV B 221.67 -, BayVBl 1969, 26). Denn ein besonderes Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, bestand bei einer Entfernung (des Wohn- bzw. Kanzleiorts) vom Projektstandort von ca. 10 km nicht, sodass sich der Kläger, sollte er sichere Kenntnis von der Erteilung der Bescheide erhalten haben oder diese Kenntnis gehabt haben müssen, nicht so behandeln lassen müsste, als seien ihm die Planänderungsbescheide bereits zu einem dieser Zeitpunkte amtlich bekannt gegeben worden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.05.2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431).
30 
Einer vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 18d und b AEG, §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 VwVfG).
31 
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO ist der erkennende Verwaltungsgerichtshof auch erstinstanzlich zuständig. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von öffentlichen Eisenbahnen betreffen. Die Vorschrift schließt auch den Bau eines neuen Bahnhofs für den Personenverkehr ein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.07.2008 - 9 A 21.08 -, Buchholz 310 § 48 VwGO Nr. 3).
32 
Eine ein Vorhaben nach § 18e Abs. 1 AEG betreffende Streitigkeit, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig wäre (vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO), liegt ebenfalls nicht vor. Die in der Anlage zu § 18e Abs. 1 Nr. 4 AEG bezeichneten Vorhaben für den Aus- und Neubau von Schienenwegen umfassen nicht die Knotenpunkte, an denen die Schienenwege mit dem bestehenden Netz verbunden sind (vgl. Senatsbeschl. v. 11.11.2013 - 5 S 1036/13 -).
33 
Dem Kläger fehlt für seine Anfechtungsklage jedoch bereits die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann nicht geltend machen, durch die angefochtenen Planänderungen in seinen Rechten verletzt zu sein. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern der Kläger gerade durch die Verwirklichung der vier Planänderungsvorhaben unter Verletzung einer zumindest auch seinem Schutz dienenden Vorschrift unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt sein könnte.
34 
Dass mit den angefochtenen Planänderungsbescheiden unmittelbar in seine subjektiv-öffentlichen Rechte eingegriffen würde, ist von vornherein nicht zu erkennen, nachdem insbesondere Grundeigentum des Klägers nicht in Anspruch genommen wird. Der Kläger ist auch nicht in eigentumsähnlicher Weise an einem der von den Vorhaben in Anspruch genommenen Grundstücke berechtigt.
35 
Der Kläger kann sich als Anknüpfungspunkt für eine Klagebefugnis auch nicht auf das aus dem fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG) folgende Recht auf gerechte Abwägung berufen. Das Abwägungsgebot verlangt zwar nicht nur die Berücksichtigung privater Rechte, sondern auch sonstiger abwägungserheblicher privater Belange. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich überhaupt um die Geltendmachung eigener Belange handelt. Weder kann sich der Kläger zum Sachwalter fremder Interessen machen noch steht ihm die Befugnis zu, öffentliche rechtliche Belange klageweise durchzusetzen. Das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr ist jedoch ein solcher öffentlicher Belang. Daran ändert auch nichts, dass jeder Bahnreisende - als Teil der Allgemeinheit - ein entsprechendes Interesse hat. Dieses (öffentliche) Interesse dürfte auch nicht aufgrund des hergestellten Bezugs zu seiner Berufsausübung und privaten Lebensführung zugleich einen privaten Belang des Klägers darstellen (vgl. hierzu, wenn auch krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, § 2 UVPG Rn. 217; auch BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 -, Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 zur „optischen Verunstaltung eines dörflichen Kerns“). Jedenfalls wäre ein solcher privater Belang rechtlich nicht geschützt und - neben dem entsprechenden öffentlichen Interesse - nur geringwertig, sodass eine Verletzung des Rechts auf gerechte Abwägung gerade seiner abwägungserheblichen Belange unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht käme.
36 
Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, mit den im Zuge der Umbaumaßnahmen erforderlichen Eingriffen in das Grundwasser seien Risiken - wie Hangrutschungen und Erdbeben - verbunden, die letztlich auch seine körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als regelmäßiger Nutzer der Bahn beeinträchtigen könnten, vermag ihm auch dies keine Klagebefugnis zu vermitteln. Es ist schon nicht zu erkennen, inwiefern solche Risiken für ihn als Bahnreisenden - unabhängig von der nicht streitgegenständlichen, noch nicht einmal verbeschiedenen 7. Planänderung - gerade aufgrund der angefochtenen Planänderungen bestehen sollten (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -). Auch der Kläger zeigt dies nicht auf. Mit Ausnahme der lediglich die - weit vom Kernerviertel entfernte - Teilbaugrube 4 betreffende 9. Planänderung sind schon keine Eingriffe in die Grundgipsschichten vorgesehen. In der die Anordnung von Gründungspfählen betreffenden 11. Planänderung wird die maximale Einbindelänge ausdrücklich auf die Oberkante der Grundgipsschicht begrenzt (vgl. Nebenbestimmung A.3.1). Die 10. Planänderung bedingt zwar aufgrund der - ebenfalls weit vom Kernerviertel entfernt vorgesehenen - Tieferlegung der Tunnelsohlen der Stadtbahn eine Grundwassermehrentnahme, allerdings von unter 1 l/s in der Summe. Die 5. Planänderung befasst sich schließlich - soweit in vorliegendem Zusammenhang von Interesse - nur mit der Konzeption zur Messung teilbaugrubenspezifischer Förderraten und -mengen, die Gegenstand bereits anderweit erteilter wasserrechtlicher Erlaubnisse waren, sowie mit der hochwassersichereren Ausführung der hierzu vorgesehenen Infiltrationsbrunnen und Steuerpegel.
37 
Unabhängig davon obläge die Pflicht zu weitergehenden Ermittlungen, etwa zum tatsächlichem Verlauf der Grundgipsschichten, und entsprechenden Bewertungen, sollte dies - im Hinblick auf die nicht unproblematischen Untergrundverhältnisse in Stuttgart (Anhydrit, Mineralwasservorkommen) - auch vor Erlass der hier streitgegenständlichen Bescheide angezeigt gewesen sein, keinesfalls gegenüber Bahnreisenden, die sich während der Umbaumaßnahmen mehr oder weniger zufällig vorübergehend in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs aufhalten. Denn auch die Pflicht, bei Errichtung einer Anlage auch andere als unwägbare nachteilige Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG - insbesondere schädliche direkte Einwirkungen auf Gewässer und Boden - zu vermeiden, obliegt außer gegenüber der Allgemeinheit lediglich gegenüber den betroffenen Nachbargrundstücken (vgl. § 909 BGB) bzw. den an diesen Berechtigten und allenfalls noch gegenüber den dort Wohnenden. Bei solchen direkten Einwirkungen wird der geschützte Personenkreis zudem wesentlich enger als bei unwägbaren Einwirkungen abzugrenzen sein. Nicht zu diesem Kreis gehören jedenfalls Personen, die sich nur gelegentlich im Bereich solcher Nachbargrundstücke aufhalten, an denen sie sich derartigen Umweltwirkungen ausgesetzt glauben. Bloß gelegentliche Aufenthalte zu privaten Zwecken oder aus Anlass der Berufsausübung, wie sie bei jedem Nutzer der Bahn in Rede stehen, begründen damit noch kein zur Klage berechtigendes Nachbarschaftsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982 - 7 C 50.78 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6; auch Vallendar, in: Beck’scher AEG Komm., 2006, § 18 Rn. 285, 287).
38 
Abgesehen davon kann in vorliegendem Zusammenhang nicht unterstellt werden, dass der Bahnbetrieb entgegen § 4 Abs. 1 u. 3 AEG aufrechterhalten bliebe, sollte sich im Zuge der zugelassenen Änderungsmaßnahmen das vom Kläger befürchtete Risiko eines Hangrutsches verwirklichen und dies die Sicherheit des laufenden Bahnbetriebs im Bereich des Stuttgarter Hauptbahnhofs gefährden. Schließlich dient die Planfeststellung auch nicht dem Zweck, Einfluss auf die die den privatrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen der Beigeladenen und ihren Kunden vorbehaltene Sphäre zu nehmen (vgl. Vallendar, a.a.O., § 18 Rn. 285).
39 
Kommt die Verletzung einer materiellen Rechtsposition danach von vornherein nicht in Betracht, wovon letztlich auch der Kläger ausgeht, vermag er eine Klagebefugnis auch nicht allein daraus herzuleiten, dass nach § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG möglicherweise zu Unrecht von einem Planfeststellungsverfahren bzw. in diesem von einem Anhörungsverfahren abgesehen wurde. Denn die Beachtung von Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen - unabhängig davon, ob er in einem materiellen Recht verletzt ist -, kann ein Einzelner nicht erzwingen. Insofern steht ihm auch kein Anspruch auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 4 B 66.08 -). Denn die Klagebefugnis setzt voraus, dass der Kläger geltend macht, in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO; auch § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wie aus § 46 VwVfG, § 44a VwGO und nicht zuletzt aus § 75 Abs. 1a VwVfG hervorgeht, ist damit eine Verletzung materiellen Rechts gemeint. Denn das Verfahrensrecht, dem insoweit lediglich eine dienende Funktion zukommt (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.06.1992 - 7 C 1.92 -, BVerwGE 90, 255), vermittelt grundsätzlich keine selbständig durchsetzbaren (absoluten) Verfahrenspositionen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.1980 - 4 C 24.77 -, NVwZ 1982, 607; Urt. v. 15.01.1982 - 4 C 26.78 -, BVerwGE 64, 325; Urt. v. 29.05.1981 - 4 C 97.77 -, BVerwGE 62, 243). Inwieweit sich die Nichtbeachtung der von ihm als verletzt angesehenen Anhörungsvorschriften auf eine ihm zustehende (materielle) Rechtsposition ausgewirkt haben könnte, hat der Kläger indes nicht dargetan.
40 
Im Übrigen folgte aus einer Einwendungsberechtigung i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG noch keine Klagebefugnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982, a.a.O.). Der Kläger wäre in einem (in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren durchgeführten) Anhörungsverfahren freilich auch nicht einwendungsberechtigt gewesen. Denn auch zur Erhebung von Einwendungen sind grundsätzlich nur diejenigen berechtigt, die durch das Vorhaben möglicherweise in anerkennenswerten eigenen Belangen berührt, wenn auch nicht notwendigerweise verletzt werden (vgl. Neumann, in: Stel-kens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. A. 2014, § 73 Rn. 71). Nicht zu Einwendungen berechtigt ist, wer nur ein Interesse der Allgemeinheit geltend macht. Das vom Kläger angeführte Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr bzw. -betrieb wäre neben einem entsprechenden öffentlichen Interesse jedenfalls nicht anerkennenswert bzw. schutzwürdig. Sein ferner geltend gemachtes Interesse, während des laufenden Bahnbetriebs durch die zugelassenen Änderungsvorhaben keinen Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt zu sein, wäre aus den obigen Erwägungen jedenfalls nicht berührt.
41 
Soweit der Kläger auf die nach seiner Auffassung entgegen § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung abhebt, die grundsätzlich auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 UVPG erfordert hätte, gilt nichts anderes. Auch darauf kann er sich unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen (materiellen) Rechten nicht berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33; hierzu auch BVerwG, Vorlage-Beschl. v. 10.01.2012 - 7 C 20.11 -, NVwZ 2102, 448; Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
42 
Aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG folgt nichts anderes. Diese Regelung betrifft nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens, hat indes keine Bedeutung für die Klagebefugnis. Insbesondere lässt § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG nicht den Rückschluss auf eine drittschützende Wirkung der in ihr bezeichneten Verfahrenserfordernisse oder gar auf ein selbständig durchsetzbares Verfahrensrecht zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011, a.a.O.; Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.; Beschl. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -; OVG LSA, Urt. v. 25.04.2012 - 2 L 192/09 -; unklar noch Beschl. v. 17.09.2008 - 2 M 146/08 -, NVwZ 2009, 36; Nieders.OVG, Beschl. v. 21.10.2008 - 7 ME 170/07 -, NuR 2009, 58; OVG SH, Urt. v. 08.03.2013 - 1 LB 5/12 -, NordÖR 2013, 437; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011 - 15 ZB 08.1872 -; OVG NW, Urt. v. 03.01.2006 - 20 D 118/03.AK, 20 D 35/04.AK, 20 D 118/04.AK, 20 D 120/04.AK, 20 D 159/04.AK -, NVwZ-RR 2007, 89; offengelassen von OVG Saarl., Beschl. v. 22.11.2007 - 2 B 176/07 -, ZfB 2008, 288; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmweltR Bd. I Komm., 2014, § 4 UmwRG Rn. 45 ff; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 73 Rn. 151; anders u. a. Ziekow, NVwZ 2007, 259; Kment, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 4 UmwRG Rn. 21; Greim, NuR 2014, 81, 87; Wickel, in: Fehling/Kastner, VwR, 3. A. 2013; dazu auch Held, NVwZ 2012, 461, 465; zum Ganzen Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im UmweltR, 2013, S. 119 ff.).
43 
Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG allerdings durchaus Anwendung, da es sich bei den angefochtenen Bescheiden um Entscheidungen i. S. des § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben handelt, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. § 1 UmwRG). Denn für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben bestand bzw. besteht als solches - jedenfalls aufgrund einer tatsächlich durchgeführten Einzelfallprüfung (vgl. PFB, S. 138) - bereits eine UVP-Pflicht (vgl. hierzu Nr. 14.7 oder Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 3e Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 u. 95). Jedoch kann der Kläger allein daraus keine Klagebefugnis herleiten.
44 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (vgl. § 75 Abs. 1a VwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370) einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist; gleiches gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG n.F., wenn, worauf der Kläger abhebt, eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O.). Diese - lediglich die gerichtliche Sachprüfung betreffende - Regelung findet hier ungeachtet dessen auf alle Planänderungen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12 -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Abs. Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG Komm., 4. A. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O. zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.).
45 
Diese Fehler sind - anders als andere Verfahrensfehler, für die es unter gewissen Modifizierungen bei der bisherigen Rechtslage verbleibt (vgl. EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O. bei fehlerhaft durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfung; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 99 ff.; auch BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12, 7 A 22.12) - jedenfalls erheblich, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG ansonsten voraussetzt. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v.07.01.2004 - Rs. C-201/02, Wells - Slg. 2004, I-723 Rn. 54 ff.) Rechnung tragen (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BTDrucks 16/2495 S. 14), der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen kann. Da die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG nach § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar ist, führen die genannten Verfahrensfehler auch insoweit - unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) - zur Begründetheit der Klage. Darin erschöpft sich allerdings der Regelungsgehalt der Bezugnahme. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Stellung der Vorschrift im Gesetz deuten darauf hin, dass die Berufung auf die in Rede stehenden Verfahrensfehler weitergehend auch solchen Personen eröffnet werden sollte, die - wie der Kläger - nicht schon aufgrund einer möglichen Betroffenheit in einem materiellen Recht klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sind. Dies widerspräche Sinn und Zweck der Bezugnahme. Sähe man in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die unabhängig von einer solchen Betroffenheit die Klagebefugnis begründete, würde letztlich eine UVP-Interessentenklage eingeführt. Angesichts des erklärten Willens des Gesetzgebers, für Individualklagen an der Systementscheidung zugunsten eines auf subjektive Rechte zugeschnittenen Rechtsschutzes festzuhalten (vgl. BT-Drucks. 16/2495 S. 7 f. u. 14), ist ein so weitreichendes Verständnis des § 4 Abs. 3 UmwRG nicht zu rechtfertigen. Dass dies nach der neuerlichen Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nunmehr anders zu beurteilen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich solches auch nicht der Regierungsbegründung vom 10.10.2012 entnehmen (vgl. BT-Drucks. 17/10957), in der von einem „subjektiv-öffentlichen Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Rede ist (a.a.O., S. 17). Die Norm lässt vielmehr nach wie vor den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich - insofern § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O., Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
46 
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG rechtfertigt keine andere Beurteilung; denn diese Vorschrift setzt subjektive Rechte voraus und begründet sie nicht (vgl. BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142). Insofern kommt Art. 19 Abs. 4 GG bei einem Verstoß gegen Vorschriften zum Verwaltungsverfahren nur zum Tragen, wenn die einfachgesetzliche Verfahrensnorm überhaupt dem Schutz des Betroffenen dient, wobei die subjektiv-rechtliche Position auf die Fälle beschränkt werden kann, in denen sich die Verletzung des Verfahrensrechts auf materielle Positionen ausgewirkt haben kann (vgl. Jarass, GG, 12. A. 2012, Art. 19 Rn. 49).
47 
Auch Unionsrecht, insbesondere Art. 11 UVP-RL (ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1; entspricht Art. 10a UVP-RL a.F.), der Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten gewähren will, gebietet - auch vor dem Hintergrund der Aarhus-Konvention vom 17.05.2005 (ABl. Nr. L 124 v. 17.05.2005, S. 4) - keine abweichende Beurteilung (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011, a.a.O.).
48 
Aus denselben Erwägungen, aus denen eine Einwendungsbefugnis i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zu verneinen wäre, dürfte der Kläger schon nicht Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit i. S. des § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sein, die indes nach § 9 Abs. 1 UVPG allein zu beteiligen ist. Denn eine Betroffenheit setzt - wie die Abwägungserheblichkeit eines Belangs im Planungsrecht - voraus, dass zumindest „anerkennenswerte“ eigene Belange durch die Entscheidung berührt werden und nicht nur Interessen zum Schutz der Allgemeinheit - wie hier das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnbetrieb - wahrgenommen werden (vgl. hierzu krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, 2009, § 2 UVPG Rn. 217). Abgesehen davon sind auch anerkennenswerte Belange nur berührt, wenn eine Betroffenheit zumindest möglich erscheint (vgl. Appold, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 112; Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218). Hieran fehlte es nicht zuletzt aufgrund der deutlichen Entfernung des Wohn- und Kanzleiorts des Klägers von ca. 10 km zu den in unmittelbarer Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs vorgesehenen, zudem räumlich und sachlich begrenzten Änderungsbaumaßnahmen (vgl. Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218).
49 
Eine erweiternde Auslegung des Begriffs der betroffenen Öffentlichkeit dürfte unionsrechtlich nicht gefordert sein (vgl. Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 111; Greim, a.a.O., S. 214 m.w.N. zum Meinungsstand). Zwar spricht Art. 1 Abs. 2e UVP-RL - im Anschluss an Art. 2 Nr. 5 der Aarhus-Konvention - von der „betroffenen oder wahrscheinlich betroffenen Öffentlichkeit o d e r von der Öffentlichkeit mit einem Interesse daran“, jedoch dürfte dies, soweit keine Nichtregierungsorganisationen in Rede stehen, nicht nebeneinander zu verstehen sein. Vielmehr dürften mit der Wendung - wie in Art. 11 Abs. 1 u. 3 UVP-RL bzw. Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention - lediglich die von den Mitgliedsstaaten alternativ zu wählenden Kriterien angesprochen sein (vgl. hierzu Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 58, die allerdings noch andere Interpretationen für möglich halten). Die gegenteilige Auffassung führte letztlich zu einer Verwischung der auch in Art. 1 Abs. 2 d u. e UVP-RL und Art. 2 Nr. 4 u. 5 Aarhus-Konvention) vorgenommenen Unterscheidung zwischen Öffentlichkeit und betroffener Öffentlichkeit (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21.12 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 40; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.).
50 
Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn das nationale Recht kann nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL den Rechtsbehelf auch eines i. S. des Art. 1 Abs. 2e der UVP-RL Betroffenen davon abhängig machen, dass dieser eine Rechtsverletzung geltend macht (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Hierbei ist es Sache der Mitgliedsstaaten zu bestimmen, welches die Rechte sind, deren Verletzung zu einem Rechtsbehelf in Umweltangelegenheiten führen kann (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 1 UVP-RL); ihnen steht es frei, diese Rechtspositionen auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 44 f.; Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie lässt dabei den Mitgliedsstaaten einen beträchtlichen Spielraum hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung - als Voraussetzung für einen Zugang zu den Gerichten - darstellt (vgl. zum Ganzen EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Dass dieser im Hinblick auf das mit der UVP-Richtlinie verfolgte Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren, überschritten wäre, wenn nicht sichergestellt ist, dass auch Personen - wie der Kläger - Zugang zu den Gerichten haben, die noch nicht einmal einen näheren räumlichen Bezug zu den hier beanstandeten Umbaumaßnahmen haben (vgl. hierzu Ziekow, NVwZ 2010, 793, 794; Greim, a.a.O., S. 215), vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch im Hinblick auf die Schutzgüter der vom Kläger als verletzt angesehenen Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt hier eine vom Unionsrecht gebotene Gewährung eines Zugangs zu den Gerichten fern (vgl. Art. 3 UVP-RL). Denn diese dienen jedenfalls nicht dem (nicht anerkennenswerten) Interesse Einzelner an einem zuverlässigen und funktionsfähigen Bahnbetrieb während eines möglicherweise UVP-pflichtigen Änderungsvorhabens. Was die angeführten Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit während des laufenden Betriebs anbelangt, wären solche vor dem Hintergrund der bestehenden Sicherheitspflichten nach § 4 Abs. 1 u. 3 AEG ohnehin nur theoretischer Natur. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er danach ein etwaiges Anhörungs- bzw. Beteiligungsrecht nach § 9 UVPG nicht gerichtlich durchsetzen könnte, übersieht er, dass dies bereits im Unionsrecht angelegt ist. Denn nach Art. 11 Abs. 1 UVP-RL muss eben nicht jedes Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit eine verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit vor den Gerichten geltend machen können. Schon gar nicht verpflichten die unionsrechtlichen Vorgaben zur Einführung einer Popular- oder Interessentenklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.). Inwiefern dies gegen das Äquivalenz- oder das Effektivitätsprinzip verstoßen könnte (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 83 f. u. 91), vermag der Senat ebenso wenig zu erkennen.
51 
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO bereits als unzulässig abzuweisen. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
52 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.).
53 
Beschluss
vom 29. April 2014
54 
Der Streitwert wird im Anschluss an die vorläufige Streitwertfestsetzung endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Die Werte von jeweils EUR 5.000,-- sind entgegen der Auffassung des Klägers zu addieren (vgl. § 39 Abs. 1 GKG), weil er sich in allen vier Planänderungsverfahren in seinem Anhörungs- und Beteiligungsrecht verletzt sieht. Weder § 3b Abs. 2 UVPG noch § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG lässt sich entnehmen, dass die dabei jeweils zu berücksichtigenden Planänderungen Gegenstand eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens sein müssten. Es soll lediglich gewährleistet werden, dass die Umweltauswirkungen in ihrer Gesamtheit erfasst und beurteilt werden.
55 
Dieses Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

27 
Die nur mehr auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Bescheide zur 5., 9., 10., und 11. Planänderung gerichtete Anfechtungsklage (vgl. § 42 Abs. 1 VVwGO) ist bereits unzulässig.
28 
Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Bescheid zur 11. Planänderung vom 07.02.2013 richtet, innerhalb eines Monats nach der am 18.02.2013 gegenüber dem Kläger bewirkten Zustellung und damit rechtzeitig beim erkennenden Gerichtshof erhoben worden (§§ 18d Satz 2, 18b Nr. 5 AEG, § 74 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
29 
Soweit sich die Klage gegen den Bescheid zur 5. Planänderung vom 23.10.2012 und die Bescheide zur 9. und 10. Planänderung vom 10.05.2012 richtet, war sie zwar nicht innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden, doch hatte diese Frist gegenüber dem Kläger mangels einer an ihn bewirkten Zustellung (vgl. § 18 Nr. 5 AEG) insoweit nicht zu laufen begonnen, sodass er, nachdem sein Recht hierzu nicht verwirkt war, auch nach deren Ablauf Klage erheben konnte. Die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO, die hier freilich eingehalten wäre, galt hier nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.06.1968 - IV B 221.67 -, BayVBl 1969, 26). Denn ein besonderes Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, bestand bei einer Entfernung (des Wohn- bzw. Kanzleiorts) vom Projektstandort von ca. 10 km nicht, sodass sich der Kläger, sollte er sichere Kenntnis von der Erteilung der Bescheide erhalten haben oder diese Kenntnis gehabt haben müssen, nicht so behandeln lassen müsste, als seien ihm die Planänderungsbescheide bereits zu einem dieser Zeitpunkte amtlich bekannt gegeben worden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1974 - IV C 2.72 -, BVerwGE 44, 294; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.05.2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431).
30 
Einer vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 18d und b AEG, §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 VwVfG).
31 
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO ist der erkennende Verwaltungsgerichtshof auch erstinstanzlich zuständig. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von öffentlichen Eisenbahnen betreffen. Die Vorschrift schließt auch den Bau eines neuen Bahnhofs für den Personenverkehr ein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.07.2008 - 9 A 21.08 -, Buchholz 310 § 48 VwGO Nr. 3).
32 
Eine ein Vorhaben nach § 18e Abs. 1 AEG betreffende Streitigkeit, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig wäre (vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO), liegt ebenfalls nicht vor. Die in der Anlage zu § 18e Abs. 1 Nr. 4 AEG bezeichneten Vorhaben für den Aus- und Neubau von Schienenwegen umfassen nicht die Knotenpunkte, an denen die Schienenwege mit dem bestehenden Netz verbunden sind (vgl. Senatsbeschl. v. 11.11.2013 - 5 S 1036/13 -).
33 
Dem Kläger fehlt für seine Anfechtungsklage jedoch bereits die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Er kann nicht geltend machen, durch die angefochtenen Planänderungen in seinen Rechten verletzt zu sein. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern der Kläger gerade durch die Verwirklichung der vier Planänderungsvorhaben unter Verletzung einer zumindest auch seinem Schutz dienenden Vorschrift unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt sein könnte.
34 
Dass mit den angefochtenen Planänderungsbescheiden unmittelbar in seine subjektiv-öffentlichen Rechte eingegriffen würde, ist von vornherein nicht zu erkennen, nachdem insbesondere Grundeigentum des Klägers nicht in Anspruch genommen wird. Der Kläger ist auch nicht in eigentumsähnlicher Weise an einem der von den Vorhaben in Anspruch genommenen Grundstücke berechtigt.
35 
Der Kläger kann sich als Anknüpfungspunkt für eine Klagebefugnis auch nicht auf das aus dem fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG) folgende Recht auf gerechte Abwägung berufen. Das Abwägungsgebot verlangt zwar nicht nur die Berücksichtigung privater Rechte, sondern auch sonstiger abwägungserheblicher privater Belange. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich überhaupt um die Geltendmachung eigener Belange handelt. Weder kann sich der Kläger zum Sachwalter fremder Interessen machen noch steht ihm die Befugnis zu, öffentliche rechtliche Belange klageweise durchzusetzen. Das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr ist jedoch ein solcher öffentlicher Belang. Daran ändert auch nichts, dass jeder Bahnreisende - als Teil der Allgemeinheit - ein entsprechendes Interesse hat. Dieses (öffentliche) Interesse dürfte auch nicht aufgrund des hergestellten Bezugs zu seiner Berufsausübung und privaten Lebensführung zugleich einen privaten Belang des Klägers darstellen (vgl. hierzu, wenn auch krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, § 2 UVPG Rn. 217; auch BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 -, Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 zur „optischen Verunstaltung eines dörflichen Kerns“). Jedenfalls wäre ein solcher privater Belang rechtlich nicht geschützt und - neben dem entsprechenden öffentlichen Interesse - nur geringwertig, sodass eine Verletzung des Rechts auf gerechte Abwägung gerade seiner abwägungserheblichen Belange unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht käme.
36 
Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, mit den im Zuge der Umbaumaßnahmen erforderlichen Eingriffen in das Grundwasser seien Risiken - wie Hangrutschungen und Erdbeben - verbunden, die letztlich auch seine körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) als regelmäßiger Nutzer der Bahn beeinträchtigen könnten, vermag ihm auch dies keine Klagebefugnis zu vermitteln. Es ist schon nicht zu erkennen, inwiefern solche Risiken für ihn als Bahnreisenden - unabhängig von der nicht streitgegenständlichen, noch nicht einmal verbeschiedenen 7. Planänderung - gerade aufgrund der angefochtenen Planänderungen bestehen sollten (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -). Auch der Kläger zeigt dies nicht auf. Mit Ausnahme der lediglich die - weit vom Kernerviertel entfernte - Teilbaugrube 4 betreffende 9. Planänderung sind schon keine Eingriffe in die Grundgipsschichten vorgesehen. In der die Anordnung von Gründungspfählen betreffenden 11. Planänderung wird die maximale Einbindelänge ausdrücklich auf die Oberkante der Grundgipsschicht begrenzt (vgl. Nebenbestimmung A.3.1). Die 10. Planänderung bedingt zwar aufgrund der - ebenfalls weit vom Kernerviertel entfernt vorgesehenen - Tieferlegung der Tunnelsohlen der Stadtbahn eine Grundwassermehrentnahme, allerdings von unter 1 l/s in der Summe. Die 5. Planänderung befasst sich schließlich - soweit in vorliegendem Zusammenhang von Interesse - nur mit der Konzeption zur Messung teilbaugrubenspezifischer Förderraten und -mengen, die Gegenstand bereits anderweit erteilter wasserrechtlicher Erlaubnisse waren, sowie mit der hochwassersichereren Ausführung der hierzu vorgesehenen Infiltrationsbrunnen und Steuerpegel.
37 
Unabhängig davon obläge die Pflicht zu weitergehenden Ermittlungen, etwa zum tatsächlichem Verlauf der Grundgipsschichten, und entsprechenden Bewertungen, sollte dies - im Hinblick auf die nicht unproblematischen Untergrundverhältnisse in Stuttgart (Anhydrit, Mineralwasservorkommen) - auch vor Erlass der hier streitgegenständlichen Bescheide angezeigt gewesen sein, keinesfalls gegenüber Bahnreisenden, die sich während der Umbaumaßnahmen mehr oder weniger zufällig vorübergehend in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs aufhalten. Denn auch die Pflicht, bei Errichtung einer Anlage auch andere als unwägbare nachteilige Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG - insbesondere schädliche direkte Einwirkungen auf Gewässer und Boden - zu vermeiden, obliegt außer gegenüber der Allgemeinheit lediglich gegenüber den betroffenen Nachbargrundstücken (vgl. § 909 BGB) bzw. den an diesen Berechtigten und allenfalls noch gegenüber den dort Wohnenden. Bei solchen direkten Einwirkungen wird der geschützte Personenkreis zudem wesentlich enger als bei unwägbaren Einwirkungen abzugrenzen sein. Nicht zu diesem Kreis gehören jedenfalls Personen, die sich nur gelegentlich im Bereich solcher Nachbargrundstücke aufhalten, an denen sie sich derartigen Umweltwirkungen ausgesetzt glauben. Bloß gelegentliche Aufenthalte zu privaten Zwecken oder aus Anlass der Berufsausübung, wie sie bei jedem Nutzer der Bahn in Rede stehen, begründen damit noch kein zur Klage berechtigendes Nachbarschaftsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982 - 7 C 50.78 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6; auch Vallendar, in: Beck’scher AEG Komm., 2006, § 18 Rn. 285, 287).
38 
Abgesehen davon kann in vorliegendem Zusammenhang nicht unterstellt werden, dass der Bahnbetrieb entgegen § 4 Abs. 1 u. 3 AEG aufrechterhalten bliebe, sollte sich im Zuge der zugelassenen Änderungsmaßnahmen das vom Kläger befürchtete Risiko eines Hangrutsches verwirklichen und dies die Sicherheit des laufenden Bahnbetriebs im Bereich des Stuttgarter Hauptbahnhofs gefährden. Schließlich dient die Planfeststellung auch nicht dem Zweck, Einfluss auf die die den privatrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen der Beigeladenen und ihren Kunden vorbehaltene Sphäre zu nehmen (vgl. Vallendar, a.a.O., § 18 Rn. 285).
39 
Kommt die Verletzung einer materiellen Rechtsposition danach von vornherein nicht in Betracht, wovon letztlich auch der Kläger ausgeht, vermag er eine Klagebefugnis auch nicht allein daraus herzuleiten, dass nach § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG möglicherweise zu Unrecht von einem Planfeststellungsverfahren bzw. in diesem von einem Anhörungsverfahren abgesehen wurde. Denn die Beachtung von Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen - unabhängig davon, ob er in einem materiellen Recht verletzt ist -, kann ein Einzelner nicht erzwingen. Insofern steht ihm auch kein Anspruch auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 4 B 66.08 -). Denn die Klagebefugnis setzt voraus, dass der Kläger geltend macht, in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO; auch § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wie aus § 46 VwVfG, § 44a VwGO und nicht zuletzt aus § 75 Abs. 1a VwVfG hervorgeht, ist damit eine Verletzung materiellen Rechts gemeint. Denn das Verfahrensrecht, dem insoweit lediglich eine dienende Funktion zukommt (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.06.1992 - 7 C 1.92 -, BVerwGE 90, 255), vermittelt grundsätzlich keine selbständig durchsetzbaren (absoluten) Verfahrenspositionen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.1980 - 4 C 24.77 -, NVwZ 1982, 607; Urt. v. 15.01.1982 - 4 C 26.78 -, BVerwGE 64, 325; Urt. v. 29.05.1981 - 4 C 97.77 -, BVerwGE 62, 243). Inwieweit sich die Nichtbeachtung der von ihm als verletzt angesehenen Anhörungsvorschriften auf eine ihm zustehende (materielle) Rechtsposition ausgewirkt haben könnte, hat der Kläger indes nicht dargetan.
40 
Im Übrigen folgte aus einer Einwendungsberechtigung i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG noch keine Klagebefugnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1982, a.a.O.). Der Kläger wäre in einem (in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren durchgeführten) Anhörungsverfahren freilich auch nicht einwendungsberechtigt gewesen. Denn auch zur Erhebung von Einwendungen sind grundsätzlich nur diejenigen berechtigt, die durch das Vorhaben möglicherweise in anerkennenswerten eigenen Belangen berührt, wenn auch nicht notwendigerweise verletzt werden (vgl. Neumann, in: Stel-kens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. A. 2014, § 73 Rn. 71). Nicht zu Einwendungen berechtigt ist, wer nur ein Interesse der Allgemeinheit geltend macht. Das vom Kläger angeführte Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnverkehr bzw. -betrieb wäre neben einem entsprechenden öffentlichen Interesse jedenfalls nicht anerkennenswert bzw. schutzwürdig. Sein ferner geltend gemachtes Interesse, während des laufenden Bahnbetriebs durch die zugelassenen Änderungsvorhaben keinen Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt zu sein, wäre aus den obigen Erwägungen jedenfalls nicht berührt.
41 
Soweit der Kläger auf die nach seiner Auffassung entgegen § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung abhebt, die grundsätzlich auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 UVPG erfordert hätte, gilt nichts anderes. Auch darauf kann er sich unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen (materiellen) Rechten nicht berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33; hierzu auch BVerwG, Vorlage-Beschl. v. 10.01.2012 - 7 C 20.11 -, NVwZ 2102, 448; Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
42 
Aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG folgt nichts anderes. Diese Regelung betrifft nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens, hat indes keine Bedeutung für die Klagebefugnis. Insbesondere lässt § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG nicht den Rückschluss auf eine drittschützende Wirkung der in ihr bezeichneten Verfahrenserfordernisse oder gar auf ein selbständig durchsetzbares Verfahrensrecht zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011, a.a.O.; Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.; Beschl. v. 02.10.2013 - 9 A 23.12 -; OVG LSA, Urt. v. 25.04.2012 - 2 L 192/09 -; unklar noch Beschl. v. 17.09.2008 - 2 M 146/08 -, NVwZ 2009, 36; Nieders.OVG, Beschl. v. 21.10.2008 - 7 ME 170/07 -, NuR 2009, 58; OVG SH, Urt. v. 08.03.2013 - 1 LB 5/12 -, NordÖR 2013, 437; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011 - 15 ZB 08.1872 -; OVG NW, Urt. v. 03.01.2006 - 20 D 118/03.AK, 20 D 35/04.AK, 20 D 118/04.AK, 20 D 120/04.AK, 20 D 159/04.AK -, NVwZ-RR 2007, 89; offengelassen von OVG Saarl., Beschl. v. 22.11.2007 - 2 B 176/07 -, ZfB 2008, 288; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, UmweltR Bd. I Komm., 2014, § 4 UmwRG Rn. 45 ff; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 73 Rn. 151; anders u. a. Ziekow, NVwZ 2007, 259; Kment, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 4 UmwRG Rn. 21; Greim, NuR 2014, 81, 87; Wickel, in: Fehling/Kastner, VwR, 3. A. 2013; dazu auch Held, NVwZ 2012, 461, 465; zum Ganzen Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im UmweltR, 2013, S. 119 ff.).
43 
Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG allerdings durchaus Anwendung, da es sich bei den angefochtenen Bescheiden um Entscheidungen i. S. des § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben handelt, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. § 1 UmwRG). Denn für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben bestand bzw. besteht als solches - jedenfalls aufgrund einer tatsächlich durchgeführten Einzelfallprüfung (vgl. PFB, S. 138) - bereits eine UVP-Pflicht (vgl. hierzu Nr. 14.7 oder Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 3e Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 u. 95). Jedoch kann der Kläger allein daraus keine Klagebefugnis herleiten.
44 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (vgl. § 75 Abs. 1a VwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, 370) einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist; gleiches gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG n.F., wenn, worauf der Kläger abhebt, eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O.). Diese - lediglich die gerichtliche Sachprüfung betreffende - Regelung findet hier ungeachtet dessen auf alle Planänderungen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12 -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Abs. Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG Komm., 4. A. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, a.a.O. zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.).
45 
Diese Fehler sind - anders als andere Verfahrensfehler, für die es unter gewissen Modifizierungen bei der bisherigen Rechtslage verbleibt (vgl. EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O. bei fehlerhaft durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfung; Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 99 ff.; auch BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12, 7 A 22.12) - jedenfalls erheblich, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG ansonsten voraussetzt. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v.07.01.2004 - Rs. C-201/02, Wells - Slg. 2004, I-723 Rn. 54 ff.) Rechnung tragen (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BTDrucks 16/2495 S. 14), der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen kann. Da die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG nach § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar ist, führen die genannten Verfahrensfehler auch insoweit - unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) - zur Begründetheit der Klage. Darin erschöpft sich allerdings der Regelungsgehalt der Bezugnahme. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Stellung der Vorschrift im Gesetz deuten darauf hin, dass die Berufung auf die in Rede stehenden Verfahrensfehler weitergehend auch solchen Personen eröffnet werden sollte, die - wie der Kläger - nicht schon aufgrund einer möglichen Betroffenheit in einem materiellen Recht klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sind. Dies widerspräche Sinn und Zweck der Bezugnahme. Sähe man in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die unabhängig von einer solchen Betroffenheit die Klagebefugnis begründete, würde letztlich eine UVP-Interessentenklage eingeführt. Angesichts des erklärten Willens des Gesetzgebers, für Individualklagen an der Systementscheidung zugunsten eines auf subjektive Rechte zugeschnittenen Rechtsschutzes festzuhalten (vgl. BT-Drucks. 16/2495 S. 7 f. u. 14), ist ein so weitreichendes Verständnis des § 4 Abs. 3 UmwRG nicht zu rechtfertigen. Dass dies nach der neuerlichen Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nunmehr anders zu beurteilen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich solches auch nicht der Regierungsbegründung vom 10.10.2012 entnehmen (vgl. BT-Drucks. 17/10957), in der von einem „subjektiv-öffentlichen Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Rede ist (a.a.O., S. 17). Die Norm lässt vielmehr nach wie vor den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich - insofern § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O., Beschl. v. 27.06.2013 - 4 B 37.12 -, NuR 2014, 117).
46 
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG rechtfertigt keine andere Beurteilung; denn diese Vorschrift setzt subjektive Rechte voraus und begründet sie nicht (vgl. BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142). Insofern kommt Art. 19 Abs. 4 GG bei einem Verstoß gegen Vorschriften zum Verwaltungsverfahren nur zum Tragen, wenn die einfachgesetzliche Verfahrensnorm überhaupt dem Schutz des Betroffenen dient, wobei die subjektiv-rechtliche Position auf die Fälle beschränkt werden kann, in denen sich die Verletzung des Verfahrensrechts auf materielle Positionen ausgewirkt haben kann (vgl. Jarass, GG, 12. A. 2012, Art. 19 Rn. 49).
47 
Auch Unionsrecht, insbesondere Art. 11 UVP-RL (ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1; entspricht Art. 10a UVP-RL a.F.), der Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten gewähren will, gebietet - auch vor dem Hintergrund der Aarhus-Konvention vom 17.05.2005 (ABl. Nr. L 124 v. 17.05.2005, S. 4) - keine abweichende Beurteilung (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 28.03.2011, a.a.O.).
48 
Aus denselben Erwägungen, aus denen eine Einwendungsbefugnis i. S. des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zu verneinen wäre, dürfte der Kläger schon nicht Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit i. S. des § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sein, die indes nach § 9 Abs. 1 UVPG allein zu beteiligen ist. Denn eine Betroffenheit setzt - wie die Abwägungserheblichkeit eines Belangs im Planungsrecht - voraus, dass zumindest „anerkennenswerte“ eigene Belange durch die Entscheidung berührt werden und nicht nur Interessen zum Schutz der Allgemeinheit - wie hier das Interesse an einem funktionsfähigen und zuverlässigen Bahnbetrieb - wahrgenommen werden (vgl. hierzu krit. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, 2009, § 2 UVPG Rn. 217). Abgesehen davon sind auch anerkennenswerte Belange nur berührt, wenn eine Betroffenheit zumindest möglich erscheint (vgl. Appold, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 112; Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218). Hieran fehlte es nicht zuletzt aufgrund der deutlichen Entfernung des Wohn- und Kanzleiorts des Klägers von ca. 10 km zu den in unmittelbarer Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs vorgesehenen, zudem räumlich und sachlich begrenzten Änderungsbaumaßnahmen (vgl. Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 218).
49 
Eine erweiternde Auslegung des Begriffs der betroffenen Öffentlichkeit dürfte unionsrechtlich nicht gefordert sein (vgl. Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 Rn. 111; Greim, a.a.O., S. 214 m.w.N. zum Meinungsstand). Zwar spricht Art. 1 Abs. 2e UVP-RL - im Anschluss an Art. 2 Nr. 5 der Aarhus-Konvention - von der „betroffenen oder wahrscheinlich betroffenen Öffentlichkeit o d e r von der Öffentlichkeit mit einem Interesse daran“, jedoch dürfte dies, soweit keine Nichtregierungsorganisationen in Rede stehen, nicht nebeneinander zu verstehen sein. Vielmehr dürften mit der Wendung - wie in Art. 11 Abs. 1 u. 3 UVP-RL bzw. Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention - lediglich die von den Mitgliedsstaaten alternativ zu wählenden Kriterien angesprochen sein (vgl. hierzu Storm/Bunge, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 58, die allerdings noch andere Interpretationen für möglich halten). Die gegenteilige Auffassung führte letztlich zu einer Verwischung der auch in Art. 1 Abs. 2 d u. e UVP-RL und Art. 2 Nr. 4 u. 5 Aarhus-Konvention) vorgenommenen Unterscheidung zwischen Öffentlichkeit und betroffener Öffentlichkeit (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21.12 -, Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 40; Urt. v. 02.10.2013, a.a.O.).
50 
Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn das nationale Recht kann nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL den Rechtsbehelf auch eines i. S. des Art. 1 Abs. 2e der UVP-RL Betroffenen davon abhängig machen, dass dieser eine Rechtsverletzung geltend macht (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Hierbei ist es Sache der Mitgliedsstaaten zu bestimmen, welches die Rechte sind, deren Verletzung zu einem Rechtsbehelf in Umweltangelegenheiten führen kann (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 1 UVP-RL); ihnen steht es frei, diese Rechtspositionen auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - Rs. C-115/09, Trianel - NJW 2011, 2779 Rn. 44 f.; Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie lässt dabei den Mitgliedsstaaten einen beträchtlichen Spielraum hinsichtlich der Bestimmung dessen, was eine Rechtsverletzung - als Voraussetzung für einen Zugang zu den Gerichten - darstellt (vgl. zum Ganzen EuGH, Urt. v. 07.11.2013, a.a.O.). Dass dieser im Hinblick auf das mit der UVP-Richtlinie verfolgte Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren, überschritten wäre, wenn nicht sichergestellt ist, dass auch Personen - wie der Kläger - Zugang zu den Gerichten haben, die noch nicht einmal einen näheren räumlichen Bezug zu den hier beanstandeten Umbaumaßnahmen haben (vgl. hierzu Ziekow, NVwZ 2010, 793, 794; Greim, a.a.O., S. 215), vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch im Hinblick auf die Schutzgüter der vom Kläger als verletzt angesehenen Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt hier eine vom Unionsrecht gebotene Gewährung eines Zugangs zu den Gerichten fern (vgl. Art. 3 UVP-RL). Denn diese dienen jedenfalls nicht dem (nicht anerkennenswerten) Interesse Einzelner an einem zuverlässigen und funktionsfähigen Bahnbetrieb während eines möglicherweise UVP-pflichtigen Änderungsvorhabens. Was die angeführten Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit während des laufenden Betriebs anbelangt, wären solche vor dem Hintergrund der bestehenden Sicherheitspflichten nach § 4 Abs. 1 u. 3 AEG ohnehin nur theoretischer Natur. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er danach ein etwaiges Anhörungs- bzw. Beteiligungsrecht nach § 9 UVPG nicht gerichtlich durchsetzen könnte, übersieht er, dass dies bereits im Unionsrecht angelegt ist. Denn nach Art. 11 Abs. 1 UVP-RL muss eben nicht jedes Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit eine verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit vor den Gerichten geltend machen können. Schon gar nicht verpflichten die unionsrechtlichen Vorgaben zur Einführung einer Popular- oder Interessentenklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 -, a.a.O.). Inwiefern dies gegen das Äquivalenz- oder das Effektivitätsprinzip verstoßen könnte (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.06.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 83 f. u. 91), vermag der Senat ebenso wenig zu erkennen.
51 
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO bereits als unzulässig abzuweisen. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
52 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 27.06.2013, a.a.O.).
53 
Beschluss
vom 29. April 2014
54 
Der Streitwert wird im Anschluss an die vorläufige Streitwertfestsetzung endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Die Werte von jeweils EUR 5.000,-- sind entgegen der Auffassung des Klägers zu addieren (vgl. § 39 Abs. 1 GKG), weil er sich in allen vier Planänderungsverfahren in seinem Anhörungs- und Beteiligungsrecht verletzt sieht. Weder § 3b Abs. 2 UVPG noch § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG lässt sich entnehmen, dass die dabei jeweils zu berücksichtigenden Planänderungen Gegenstand eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens sein müssten. Es soll lediglich gewährleistet werden, dass die Umweltauswirkungen in ihrer Gesamtheit erfasst und beurteilt werden.
55 
Dieses Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (im Folgenden: 2. SAG) für das Kernkraftwerk Obrigheim (KWO). Die Kläger, die im Umkreis des KWO von 3 bis 4,5 km Entfernung wohnen, befürchten durch dessen Rückbau Gefahren für Leben, Gesundheit sowie Eigentum, da es infolge eines Störfalls bei den gestatteten Maßnahmen oder eines terroristischen Angriffs auf die Anlage zu einer radioaktiven Verstrahlung ihrer Wohnumgebung kommen könne.
Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen betrieb seit dem Jahre 1968 in der Nähe des Neckars einen Druckwasserreaktor mit einer thermischen Leistung von 1.050 MW. Das Kernkraftwerk wurde auf der Grundlage mehrerer Teilgenehmigungen errichtet und betrieben. Die abschließende Genehmigung für den Betrieb des KWO, die unter anderem den Umgang mit Brennelementen regelte, wurde am 27.10.1992 erteilt. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 22.01.1997 (11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36) die Rechtmäßigkeit dieser Teilbetriebsgenehmigung bestätigt und das abweichende Urteil des Senats vom 07.03.1995 (10 S 2822/92 - ZUR 1996, 33) geändert. Der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen wurde am 26.10.1998 die Genehmigung für die Vornahme von Veränderungen an einem externen Brennelement - Lagerbecken (Errichtung und Betrieb) erteilt. Die Genehmigung gestattete insbesondere den Einbau von Brennelement-Lagergestellen in das externe Brennelement-Lagerbecken im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) sowie die Lagerung von höchstens 980 ausschließlich im betriebseigenen Reaktor eingesetzten abgebrannten Brennelementen sowie von Kernbauteilen; ferner wurde die Notauslagerung eines KWO-Reaktorkerns aus anlagentechnischen Gründen genehmigt. Die Genehmigung ist rechtstechnisch als Änderungsgenehmigung zur abschließenden Teilbetriebsgenehmigung vom 27.10.1992 ausgestaltet. Infolge der Atomgesetz-Novelle 2002 und nach einer Übertragung von Reststrommengen vom Kernkraftwerk Philippsburg I auf das KWO wurde dessen Leistungsbetrieb am 11.05.2005 eingestellt; es folgte die Nachbetriebsphase auf der Grundlage der bisherigen Betriebsgenehmigung.
Mit Schreiben vom 21.12.2004 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Erteilung einer 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das KWO (nachfolgend: 1. SAG). Der Antrag umfasste die endgültige und dauerhafte Betriebseinstellung des KWO, den Stilllegungsbetrieb und den Abbau von nicht mehr benötigten Anlagenteilen im Überwachungsbereich. Die Beigeladene machte sich mit Schreiben vom 15.01.2007 den Antrag ihrer Rechtsvorgängerin zu eigen. Die Überprüfung der Antragsunterlagen durch die Genehmigungsbehörde sowie durch den gemäß § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen führte zu einer Fortschreibung der Unterlagen. Das Vorhaben wurde gemäß § 4 Abs. 1 AtVfV unter anderem im Bundesanzeiger vom 03.06.2006 öffentlich bekannt gemacht. Die erforderlichen Unterlagen wurden vom 14.06.2006 bis 14.08.2006 öffentlich ausgelegt; da innerhalb der Auslegungsfrist keine Einwendungen gegen das Vorhaben eingingen, fand kein Erörterungstermin statt. Im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Gesamtvorhaben durchgeführt. Grundlage hierfür war die von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mit Schreiben vom 24.05.2006 vorgelegte Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Gesamtvorhaben, die zusammen mit dem Sicherheitsbericht, der Kurzbeschreibung, den Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau sowie den Angaben zu den radioaktiven Reststoffen und Abfällen öffentlich ausgelegt wurde. Die beteiligten Fachbehörden äußerten in ihren Stellungnahmen keine Einwände gegen das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit; Einwendungen aus der Öffentlichkeit gingen nicht ein. Am 28.08.2008 erteilte das Umweltministerium Baden-Württemberg die 1. SAG. Ausweislich ihrer Begründung umfasste diese Genehmigung vor allem die endgültige und dauerhafte Betriebseinstellung des KWO, das Stilllegungsreglement, die zulässige Ableitung von radioaktiven Stoffen mit der Abluft und dem Abwasser sowie den Abbau von (allenfalls geringfügig kontaminierten) Anlagenteilen im Überwachungsbereich (1. Abbauschritt). Des Weiteren gestattete die Genehmigung bauliche Änderungen an den beiden Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie deren Nutzungsänderung zur Zwischenlagerung verpackter radioaktiver Abfälle. Genehmigt wurde ferner die Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im internen Brennelementlagerbecken des Reaktorgebäudes und im externen Lagerbecken des Notstandsgebäudes (Bau 37) sowie der Umgang mit Brennelement-/Brennstabbehältern und mit sonstigen radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände. In der Genehmigung wird das Gesamtvorhaben Stilllegung und Abbau des KWO in den Blick genommen und beschrieben, das in drei Abbauschritten erfolgen sollte. In der Begründung der 1. SAG wird darauf hingewiesen, dass die Stilllegung und der Abbau des KWO auf der Basis von drei selbständigen atomrechtlichen Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen erfolgen solle; bei der 1. SAG handele es sich um eine selbständige Genehmigung und nicht um eine Teilgenehmigung im Sinne von § 18 AtVfV.
Mit einer bestandskräftig gewordenen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 gestattete der Beklagte den Einbau einer neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude.
Mit Schreiben vom 15.12.2008 (modifiziert mit Anschreiben vom 30.03.2010) beantragte die Beigeladene die Erteilung einer 2. SAG. Dem Antrag vom 15.12.2008 war eine von der Beigeladenen gefertigte Umwelterheblichkeitsprüfung vom 11.12.2008 beigefügt, die zu dem Ergebnis gelangte, dass die vorliegenden Antragsgegenstände keine Abweichungen gegenüber der bereits für das Gesamtvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung beinhalteten, sodass auch der Antragsgegenstand zu keinen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führe. Ferner ging der Antrag davon aus, dass eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG nicht erforderlich sei, da die Antragsgegenstände nicht von den öffentlich bekannt gemachten Darstellungen abwichen. Die Genehmigungsbehörde führte im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine Öffentlichkeitsbeteiligung durch und hielt eine Umweltverträglichkeitsprüfung der beantragten Maßnahmen nicht für erforderlich. In einem Vermerk vom 26.01.2009 wird festgehalten, dass die Umweltauswirkungen des nunmehr genehmigten Abbauschritts durch die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst und abgedeckt würden; aus dem Vorhaben 2. SAG resultierten keine Wirkungen, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen könnten. Eine UVP-Pflicht ergebe sich deshalb aufgrund der allgemeinen Vorprüfung für das Vorhaben 2. SAG nicht. Von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung werde in Ausübung des behördlichen Ermessens abgesehen, weil bei den beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nachteilige Auswirkungen für Dritte und erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen seien. Eine nochmalige Öffentlichkeitsbeteiligung lasse keinen weiteren Erkenntnisgewinn erwarten, sodass dem Gesichtspunkt der beschleunigten Durchführung der Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen im öffentlichen sowie im privaten Interesse des Genehmigungsinhabers der Vorzug zu geben sei. Die Antragsunterlagen wurden von dem TÜV Süd ET sowie der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GmbH (hinsichtlich des Schutzes gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter) als behördlichen Sachverständigen gemäß § 20 AtG begutachtet. In seinem Gutachten vom März 2011 kommt der TÜV zu dem Ergebnis, dass bei Durchführung des Vorhabens entsprechend den vorgelegten Unterlagen die erforderliche Schadensvorsorge getroffen werde sowie durch die Arbeiten selbst und den danach erreichten Zustand keine unzulässigen Rückwirkungen auf die Umgebung zu besorgen seien.
Am 24.10.2011 erteilte der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den streitgegenständlichen 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigungsbescheid. Nach ihrer Begründung beinhaltet die 2. SAG neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. SAG genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement (S. 32 der Genehmigung). Die 2. SAG gestattet unter anderem den Abbau von (stärker kontaminierten und aktivierten) Anlagenteilen im Reaktorgebäude (Bau 1). Vom Gestattungsumfang erfasst wird insbesondere der Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs, namentlich der beiden Dampferzeuger, des Druckhalters, der beiden Hauptkühlmittelpumpen sowie der Hauptkühlmittelleitungen mit Anschlussleitungen und Armaturen; erfasst ist auch der Abbau des Deckels des Reaktordruckbehälters, von Reaktorhaupt- und Hilfssystemen sowie von Einrichtungen des internen Brennelementlagerbeckens mit Kühlsystemen, Lagergestellen und Manipulierbrücke. Ferner wird der Abbau von Anlagenteilen im Reaktorhilfsanlagengebäude (Bau 2), im Lager für radioaktive Abfälle (Bau 3) sowie im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) genehmigt. Der vom Genehmigungsumfang umfasste Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) betrifft vor allem Einrichtungen des externen Brennelementlagerbeckens wie Kühlsysteme, Beckenreinigungssysteme, Lagergestelle und Manipulierbrücke sowie den Abbau von Notstandssystemen wie Zwischenkühlwassersystem und Nebenkühlwassersystem. Der Abbau dieser Anlagenteile im Notstandsgebäude wird erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO gestattet. Ferner erstreckt sich die 2. SAG nach ihrer Begründung auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen und mit Kernbrennstoffen. Abweichend von der ursprünglichen Konzeption umfasst die 2. SAG nicht mehr den Abbau des Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktorbehältereinbauten und des biologischen Schilds; diese Abbaumaßnahmen wurden in einen nachfolgenden zusätzlichen Genehmigungsschritt verschoben.
Wie sich den der Genehmigung zugrunde liegenden Erläuterungsberichten und dem Sicherheitsbericht entnehmen lässt, sollen die beiden Dampferzeuger mit einer Masse von jeweils ca. 158 t als Ganzes abgebaut und unzerlegt aus dem Reaktorgebäude durch die neu errichtete Materialschleuse ausgeschleust werden. Der Transportvorgang soll mit dem vorhandenen Reaktorgebäudekran in Verbindung mit einer neuen Litzenheberkonstruktion erfolgen, die auf der Gebäudekranbrücke verschiebbar durch Teflon-Gleitschuhe gelagert wird. Die übrigen Großkomponenten des Primärkreislaufs, vor allem der Druckhalter, die Hauptkühlmittelpumpen sowie die Hauptkühlmittelleitungen sollen in mehrere Teile zerlegt und anschließend mit dem Reaktorgebäudekran aus dem Gebäude ausgeschleust werden. Die Komponententeile sollen anschließend zu externen Dienstleistern zur weiteren Bearbeitung verbracht oder auf dem Anlagengelände weiterbehandelt werden.
Zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG befanden sich im Lagerbecken des Reaktorgebäudes keine Brennelemente mehr. Die 342 bestrahlten Brennelemente wurden noch während der Nachbetriebsphase bis Ende März 2007 aus dem internen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude (Bau 37) umgelagert. Eine Rückverbringung in das Reaktorgebäude ist nach den Planungen der Beigeladenen nicht vorgesehen. Vielmehr sollen sämtliche Brennelemente aus dem Nasslager direkt in ein noch zu errichtendes Standort-Trockenlager oder in das bestehende Brennelement-Zwischenlager am Standort Neckarwestheim verbracht werden. Die Genehmigung zur Errichtung des Standortzwischenlagers ist noch nicht erteilt; das Genehmigungsverfahren wurde im Hinblick auf die noch ausstehende abschließende Entscheidung zur Wahl des Standortes für das Zwischenlager zum Ruhen gebracht. Nach den Ermittlungen der Beigeladenen betrug das radioaktive Gesamtaktivitätsinventar der Anlage KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010 maximal 5 x 1018 Bq. Ca. 99% der Gesamtaktivität befindet sich in den bestrahlten 342 Brennelementen. Von den restlichen 1% (ca. 3 x 1016 Bq.) befinden sich ca. 30% in den abzubauenden aktivierten Anlagenteilen und Gebäudestrukturen; die Aktivität ist in dem Material des Reaktordruckbehälters und seinen Einbauten sowie im biologischen Schild fest eingebunden. Ca. 70% (der Restaktivität) ist in den aktivierten Kernbauteilen (Dummyelemente, Steuerelemente, Drosselkörper, Primärquellenfinger etc.) enthalten, die zum großen Teil behandelt und in Gussbehältern verpackt sind. Weniger als 1% liegt als Kontamination vor und befindet sich überwiegend auf den inneren Oberflächen von wenigen noch in Betrieb befindlichen Systemen oder abzubauenden Anlagenteilen im Kontrollbereich.
Die Beigeladene hat inzwischen in Ausnutzung der 2. SAG die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett abgebaut und zu einem externen Dienstleister zur Reststoffbearbeitung verbringen lassen. Nach der Weiterbearbeitung sollen die radioaktiven Reststoffe, die nicht der Freigabe unterfallen, an das KWO zurückgeliefert und zwischengelagert werden. Insgesamt sind von dem mit der 2. SAG genehmigten Abbauumfang zum Stichtag 31.07.2014 im Reaktorgebäude ca. 90% erledigt; von den im Ringraum des Reaktorgebäudes, im Reaktorhilfsanlagengebäude (Bau 2/26) sowie im Lager für radioaktive Abfälle (Bau 3) gestatteten Arbeiten sind zwischen 30 und 45% ausgeführt. Der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) sowie im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) des Kontrollbereichs hat indes noch nicht begonnen. Am 30.04.2013 hat der Beklagte der Beigeladenen eine weitere Genehmigung zum Abbau von Anlagenteilen erteilt. Diese dritte Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (3. SAG) gestattet den Abbau des Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktordruckbehältereinbauten und einzelner baulicher Anlagenteile im Reaktorgebäude wie des biologischen Schilds und des internen Brennelementlagerbeckens im Reaktorraum. Die für eine Entlassung des Standortes aus dem atomrechtlichen Überwachungsregime notwendig abzubauenden restlichen Anlagenteile sollen mit einer 4. SAG genehmigt werden.
10 
Am 27.12.2011 haben die Kläger Klage gegen die 2. SAG erhoben und nachfolgend einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Der Senat hat den Eilantrag mit Beschluss vom 25.09.2012 (10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506) abgelehnt. Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger unter Verweis auf eine von ihnen eingeholte fachliche Stellungnahme der I. GmbH vom 11.06.2012 im Wesentlichen geltend, die Beigeladene habe in ihrem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ihren eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, ein umfassend neues und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang zu setzen, mit dem die Stilllegung und der Abbau des KWO auf eine neue Genehmigungsgrundlage gestellt werden sollte. Bereits aus ihrem Antragsschreiben lasse sich eindeutig die Absicht entnehmen, auch das externe Brennelementlagerbecken im Gebäude 37 in den Gestattungsumfang der 2. SAG einzubeziehen. Dieser Wille der Beigeladenen werde auch in zahlreichen dem Genehmigungsantrag beigefügten Erläuterungsberichten, namentlich in den Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und 15 sowie der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 deutlich. In Übereinstimmung hiermit seien sowohl der amtlich bestellte Gutachter als auch das Umweltministerium als Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass mit der 2. SAG der Betrieb des externen Brennelementlagerbeckens neu geregelt werden solle. Ausgehend von diesem Gestattungsumfang sei die erforderliche Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger nicht gewährleistet. Ihre Klagebefugnis ergebe sich daraus, dass bei zahlreichen von ihnen geltend gemachten Szenarien (gezielter Flugzeugabsturz, Gebäudebrand etc.) mit der vieltausendfachen Überschreitung von Strahlenschutzrichtwerten in der Nachbarschaft der Kläger zu rechnen sei.
11 
Die 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die zwingend erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei. Gemäß § 3b Abs. 1 UVPG und den einschlägigen Vorschriften in der Anlage 1 dieses Gesetzes bestehe die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für jedes beantragte Vorhaben, hier also für jeden einzelnen Genehmigungsschritt und damit auch für die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen. Nach dem Willen der Beigeladenen sei mit der 2. SAG ein vollständig neues Genehmigungsverfahren eingeleitet und die 1. SAG insgesamt ersetzt worden. Daher habe sich die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei Erteilung der 2. SAG eigenständig und völlig neu gestellt. Der untergesetzlichen Vorschrift des § 19 Abs. 1 AtVfV lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen, da dadurch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz als höherrangiges Gesetz nicht geändert werden könne. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 03.03.2011 - Rs. C-50/09) habe die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht lediglich prozeduralen, sondern einen materiell-rechtlichen Gehalt. Hieraus folge, dass eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nur ein nachträglich zu heilender wenig erheblicher Formfehler sei, sondern dass die Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Gestattung des Vorhabens vollständig und umfassend durchgeführt werden müsse. Damit stehe fest, dass ein Nachholen der Umweltverträglichkeitsprüfung im Gerichtsverfahren nicht mehr möglich sei und deren Unterlassen zur Rechtswidrigkeit der darauf aufbauenden Genehmigung führe. In fehlerhafter Weise habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 2. SAG keine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt. Die Genehmigungsbehörde habe dabei übersehen, dass die 2. SAG nach ihren eigenen Feststellungen im Genehmigungsbescheid gegenüber der 1. SAG eigenständig sei und deshalb auch eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig gemacht habe. Im Übrigen weiche der Planungsstand im Antrag zur 2. SAG erheblich von dem im Antrag zur 1. SAG dargestellten ab. Diese erhebliche Modifikation des Vorgehens zeige sich etwa daran, dass nach Erteilung der 1. SAG eine Materialschleuse eingebaut worden sei, die Beigeladene den Abbau der Reaktoreinbauten und des Reaktordruckbehälterunterteils aus dem Gestattungsumfang der 2. SAG ausgenommen und der Beklagte nachträglich die zeitlich unbefristete weitere Zwischenlagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude gestattet habe. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10) könnten die Kläger als nur mittelbar Betroffene das Unterbleiben der Umweltverträglichkeitsprüfung rügen, ohne dass es darauf ankomme, ob sich der Fehler auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben könne.
12 
Ein wichtiger Grund für die Erhebung der Klage sei das Unterbleiben der notwendigen Öffentlichkeitsbeteiligung gewesen. Die Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung ergebe sich aus der Notwendigkeit einer vollwertigen Umweltverträglichkeitsprüfung. Selbst wenn entgegen der Auffassung der Kläger ein Fall der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung mangels UVP-Pflicht der Maßnahme nicht bestehe, sei der Beklagte zur Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung verpflichtet gewesen. Denn gemäß § 4 Abs. 4 AtVfV könne die Genehmigungsbehörde im Falle eines Stilllegungsantrags nur unter bestimmten - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen von der fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung absehen. Ein derartiges Vorgehen sei hier nicht zulässig, da die 2. SAG umfassende zusätzliche Belastungen für die Kläger gestatte. Von besonderer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang, dass sich in der Anlage nach wie vor 342 abgebrannte Brennelemente befänden und nicht die erforderliche Schadensvorsorge etwa gegen den Absturz eines Großraumflugzeugs getroffen werde. Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2 AtVfV für einen Verzicht auf die Öffentlichkeitsbeteiligung entgegen der Auffassung der Kläger vorlägen, sei ein Verzicht hierauf ermessensfehlerhaft. Der Öffentlichkeit seien im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht die erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden, um die Auswirkungen des insgesamt gestatteten Vorhabens sachgerecht beurteilen zu können. So hätten die im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen sich nicht mit der Problematik des Absturzes eines Großraumflugzeuges auseinandergesetzt, was nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwingend erforderlich sei. Auch blieben die im Verfahren zur 1. SAG öffentlich ausgelegten Störfallbetrachtungen deutlich hinter den nach der 2. SAG zu besorgenden Störfallszenarien zurück. Dies folge bereits daraus, dass die im Rahmen der 2. SAG abzubauenden Anlagenteile und Komponenten ein um den Faktor 100.000 größeres Radioaktivitätsinventar im Verhältnis zu den mit der 1. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen aufwiesen. Ferner seien in dem vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht weitere wesentliche Angaben, etwa zu Direktstrahlungen am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung, nicht enthalten gewesen. Insgesamt sei festzustellen, dass für die Bevölkerung in der Umgebung des KWO und damit auch für die Kläger die Prüfung ihrer persönlichen Betroffenheit im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG nur eingeschränkt möglich gewesen sei. Für die Nachbarn des KWO gebe es eine Vielzahl relevanter Aspekte, die im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung zur 2. SAG zu erörtern seien.
13 
Die 2. SAG erweise sich auch aus materiellen Gründen als rechtswidrig. So sei die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche radiologische Charakterisierung der Anlage vor Beginn der Gesamtplanung des Abbaus nicht erfolgt. Die Kläger könnten indes von einer fehlerhaften Abbauplanung auf der Grundlage einer nicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung negativ betroffen werden. Entgegen der ursprünglichen Planung befänden sich aktuell zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG noch 342 abgebrannte Brennelemente aus dem Leistungsbetrieb auf der Anlage. Nach dem Verständnis der Kläger gehöre der Betrieb des Brennelementlagerbeckens in Bau 37 zu dem von der 2. SAG gestatteten Stilllegungsbetrieb. Aus klägerischer Sicht sei kritisch zu hinterfragen, dass für den Weiterbetrieb des Brennelementlagers notwendige Anlagenteile im Rahmen der 2. SAG abgebaut werden sollen. Der Abbau dieser Anlagenteile sei sicherheitstechnisch problematisch, solange sich noch Brennelemente im externen Lagerbecken befänden. Ferner sei der für die Auslagerung erforderliche Transportbehälter für diesen Verwendungszweck nicht zugelassen.
14 
Der Beklagte habe in seiner Störfallbetrachtung vor Erteilung der 2. SAG wesentliche Szenarien nicht berücksichtigt. Dies gelte für den Absturz verschiedener Lasten bei Stilllegung und Abbau der Anlage, für die Erdbebensicherheit sowie den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs. Vor allem stelle die 2. SAG den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter nicht in dem von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geforderten Umfang sicher. Zu Unrecht habe die Genehmigungsbehörde den gezielten Absturz eines Großraumflugzeugs für so unwahrscheinlich gehalten, dass weitere Ermittlungen nicht erforderlich gewesen seien. Der Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges müsse im Rahmen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens betrachtet und gegen dessen Folgen hinreichende Vorkehrungen getroffen werden. Die Genehmigungsbehörde hätte dabei vor allem die weitere Brennelementlagerung im Notstandsgebäude in den Blick nehmen müssen. Bereits überschlägige Berechnungen zeigten, dass im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf das Notstandsgebäude sowohl der Störfallplanungswert als auch der Eingreifrichtwert für den Katastrophenschutz deutlich überschritten würden. Selbst im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Restanlage ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes sei die Strahlenbelastung in der Umgebung sehr hoch. Da der Beklagte für den Fall des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges nicht die nötige Schadensvorsorge getroffen habe, sei die angegriffene Genehmigung auch unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig. Ferner habe der Beklagte die erforderliche Freigaberegelung für Stoffe mit geringem Radioaktivitätsinventar gemäß § 29 StrlSchV nicht in die Genehmigung aufgenommen. Damit seien die zu treffenden Regelungen den Klägern als potentiell Betroffenen nicht zur Prüfung zugänglich; in der Stilllegungsphase könnten radioaktive Stoffe in großen Mengen in die Umgebung freigegeben werden.
15 
Die Kläger beantragen,
16 
die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 24.11.2011 für das Kernkraftwerk Obrigheim aufzuheben.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, die Klage sei bereits unzulässig. Den Klägern fehle sowohl die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO als auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Die von den Klägern vorgebrachten Individualrechte bezögen sich auf den Regelungsgegenstand der 1. SAG oder der Betriebsgenehmigung des externen Brennelementlagerbeckens, nicht aber auf die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen. Selbst wenn die 2. SAG wegfiele, bliebe es bei den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG, die das grundlegende Stilllegungskonzept sowie die Lagerung der abgebrannten Brennelemente im Nasslager während der Stilllegungsphase abschließend legalisiere. Dieser Verwaltungsakt entfalte Feststellungswirkung dahingehend, dass das Stilllegungskonzept der 1. SAG von der Beigeladenen verfolgt werden dürfe. Die Klage habe auch in der Sache keinen Erfolg. Auch in diesem Zusammenhang verkennten die Kläger den Regelungsgehalt der 2. SAG und machten Störfallszenarien geltend, die allein aus dem Betrieb des Nasslagers resultierten. Der Regelungsgegenstand der 2. SAG sei in Abgrenzung zu den bestehenden, für den Stilllegungs- und Abbauprozess relevanten Vorgenehmigungen zu bestimmen. Hiernach sei Regelungsgegenstand der 2. SAG weder der Betrieb und die Errichtung des Notstandsgebäudes mit dem externen Nasslager noch der Stilllegungsbetrieb insgesamt, der eine Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude umfasse. Ausgehend von diesem Regelungsverständnis sei vor Erteilung der 2. SAG weder eine Öffentlichkeitsbeteiligung noch eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen. Bei dem durch die 2. SAG legalisierten Regelungsumfang habe es sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht um „insgesamt geplante Maßnahmen“ gehandelt. Anders als die 1. SAG legalisiere die 2. SAG nicht das Grobkonzept der Stilllegung, sondern entfalte nur einen sehr beschränkten Regelungsgehalt, so dass es sich um „einzelne Maßnahmen“ handle. Das Vorhaben sei deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 11 der Anlage 1 hierzu nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen. Die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles habe prognosefehlerfrei ergeben, dass durch die einzelnen Maßnahmen, die durch die 2. SAG gestattet werden, nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu besorgen seien.
20 
In rechtsfehlerfreier Weise habe der Beklagte von der Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Die Voraussetzungen hierfür lägen entgegen der Auffassung der Kläger gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV vor. Im Sicherheitsbericht zur 2. SAG seien keine zusätzlichen oder anderen Umstände dargelegt, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Der Beklagte habe das ihm eröffnete Ermessen fehlerfrei dahingehend ausgeübt, von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abzusehen. Er habe sich dabei nachvollziehbar von der Erwägung leiten lassen, dass ein öffentliches Interesse am schnellen Abbau der Anlage bestehe und durch eine zusätzliche Öffentlichkeitsbeteiligung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien. Bei der nachträglichen Überprüfung des Ermessens stehe dem Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur ein eingeschränkter Prüfungsumfang zur Verfügung. In rechtsirriger Weise gingen die Kläger davon aus, aufgrund einer angeblichen Fehlerhaftigkeit der 1. SAG müsse vor Erteilung der 2. SAG eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Diese Argumentation der Kläger gehe bereits deshalb fehl, weil deren Einwendungen aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Nach der Grundkonzeption des § 19b AtVfV gebiete auch der zunehmende Detaillierungsgrad der Sicherheitsberichte und sonstigen Unterlagen im Verlaufe des Verfahrens keine zusätzliche Öffentlichkeitsbeteiligung.
21 
Die 2. SAG sei auch materiell rechtmäßig, weil die gemäß § 7 Abs. 3 AtG sinngemäß anwendbaren Erteilungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 AtG vorlägen. Die sinngemäße Anwendung des § 7 Abs. 2 AtG dürfe nicht dazu führen, dass das darin niedergelegte hohe Schutzniveau des heutigen Standes von Wissenschaft und Technik unmittelbar in gleichem Maße auf die stillzulegenden Anlagen und deren Abbau übertragen werde. Vielmehr sei Gegenstand des Rückbaus die Anlage in dem Zustand, der aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen hergestellt worden sei. Die 2. SAG verletze nicht das Recht der Kläger auf Schadensvorsorge nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Die Kläger verkennten, dass der Stilllegungsbetrieb und die damit möglicherweise einhergehenden Wechselwirkungen abschließend im Rahmen der 1. SAG legalisiert worden seien; unabhängig hiervon habe die RSK in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 überzeugend dargelegt, dass die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen rückwirkungsfrei in Bezug auf die Nasslagerung der Brennelemente erfolgen könnten. Die Einwände der Kläger gegen die Störfallbetrachtung richteten sich im Wesentlichen gegen Maßnahmen, die bereits mit der 1. SAG legalisiert worden seien. Deshalb sei vor Erteilung der 2. SAG weder der Absturz verschiedener Lasten noch die Auslegung der Anlage gegen Erdbeben einer Störfallbetrachtung zu unterziehen gewesen. Auch der von den Klägern im Rahmen von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG vorgetragene Einwand, die Anlage sei nicht gegen den zufälligen oder absichtlichen Absturz großer Verkehrsflugzeuge ausgelegt, gehe fehl. Die von den Klägern herangezogene Rechtsprechung beziehe sich lediglich auf die Errichtung von kerntechnischen Anlagen, nicht jedoch auf deren Stilllegung und Abbau. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könnten Einwände gegen die risikokonforme Errichtung einer Anlage nicht mehr gegen die nachträgliche Betriebsgenehmigung geltend gemacht werden. Dies gelte erst recht für die Genehmigung zur Stilllegung und zum Abbau einer kerntechnischen Anlage, an die nicht dieselben Sicherheitsanforderungen zu stellen seien wie an Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen. Dies folge bereits daraus, dass durch den Abbau der kerntechnischen Anlage das hiervon ausgehende Risiko soweit wie möglich beseitigt werden solle.
22 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Zur Begründung stellt sie im Wesentlichen ähnliche Erwägungen wie der Beklagte an. Die Klage sei wegen fehlender Klagebefugnis und des erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzinteresses bereits unzulässig, daneben auch unbegründet. Die 2. SAG sei sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Kläger sei vor Erteilung der 2. SAG keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen. Nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG seien lediglich „die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. § 19b AtVfV enthalte die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Danach seien die insgesamt geplanten Maßnahmen im erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG darzustellen. Anknüpfend hieran bestimme § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstrecke. Nur diese insgesamt geplanten Maßnahmen seien umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau gälten dagegen als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz stelle damit klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann prüfungspflichtig seien, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalles ergebe, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könnten, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt worden seien.
25 
Gemessen hieran sei eine weitere Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der 2. SAG nicht erforderlich gewesen. Im Rahmen der Erteilung der 1. SAG sei eine ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, die das Gesamtvorhaben in den Blick genommen und zutreffend bewertet habe. Die Kläger seien mit Einwendungen gegen die im Rahmen der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen, nachdem diese Genehmigung in Bestandskraft erwachsen sei. Vor Erteilung der 2. SAG habe der Beklagte eine fehlerfreie Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG sei der gerichtliche Prüfungsumfang eingeschränkt; das Verwaltungsgericht habe lediglich nachzuprüfen, ob das Ergebnis der Vorprüfung nachvollziehbar sei und keine schweren entscheidungserheblichen Ermittlungsfehler aufweise. Der Beklagte habe auf Grundlage der Bewertung der von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1, 3 UVPG vom 11.12.2008 ohne Verkennung seines Beurteilungsspielraums von der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen. Entgegen der Auffassung der Kläger enthalte die 2. SAG keine Änderungen gegenüber der Umweltverträglichkeitsprüfung zur 1. SAG, die eine zumindest teilweise neue Untersuchung erforderlich machen würden. Der mit der 2. SAG genehmigte Abbau halte sich im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten „insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ im Sinne von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG. Der Einbau der Materialschleuse stelle keine wesentliche Änderung dar; dem stehe bereits entgegen, dass die Materialschleuse nicht durch die 2. SAG, sondern durch eine Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert worden sei. Auch die Durchführung des Vorhabens in vier anstatt wie ursprünglich geplant drei Genehmigungsschritten stelle keine wesentliche Änderung dar. Entscheidend für die Umweltauswirkungen seien nicht die geplanten Genehmigungsschritte, sondern die - hier unverändert gebliebenen - technischen Abbauschritte. Unzutreffend sei auch die Annahme der Kläger, die weitere Zwischenlagerung der Brennelemente werde durch die 2. SAG gestattet.
26 
In rechtmäßiger Weise habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 2. SAG von einer Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Mit dem Antrag auf Erteilung der 1. SAG habe die Beigeladene entsprechend § 19b Abs. 1 AtVfV Angaben zu den insgesamt geplanten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemacht. Diese im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen hätten der interessierten Öffentlichkeit eine hinreichende Prüfung der Umweltauswirkungen der Gesamtanlage ermöglicht. Der Beklagte habe unter rechtmäßiger Ausübung seines Ermessens von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen. Er habe sich dabei zutreffend von der Erwägung leiten lassen, dass eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn verspreche. Diese Beurteilung sei nicht zu beanstanden, da die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb nicht insgesamt neu legalisiere und vor allem nicht den Betrieb des externen Brennelementlagerbeckens im Notstandsgebäude neu regele. Die von den Klägern in den Blick genommenen Störfallszenarien stellten sich vor Erteilung der 2. SAG nicht und könnten deshalb auch nicht als wesentliche, eine neue Öffentlichkeitsbeteiligung gebietende Änderung angesehen werden. Auch der vor Erteilung der 1. SAG ausgelegte Sicherheitsbericht habe bereits darauf hingewiesen, dass sich zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG noch bestrahlte Brennelemente im externen Lagerbecken befinden könnten. Die Kläger hätten deshalb nicht die Erwartung hegen können, die Anlage sei zum Zeitpunkt der Durchführung der von der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen kernbrennstofffrei.
27 
Die 2. SAG sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Genehmigungsbehörde habe alle erforderlichen Störfallszenarien betrachtet und sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG getroffen werde. Die Kritik der Kläger verkenne, dass die Zwischenlagerung von radioaktiven Reststoffen in den Lagergebäuden Bau 39 und Bau 52 mit der bestandskräftigen 1. SAG genehmigt worden sei und deshalb nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein könne. Aus diesem Grund seien auch weitere Betrachtungen hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage nicht mehr anzustellen. Ähnliches gelte hinsichtlich des Schutzes vor Störungen und Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG. Der Vortrag der Kläger hinsichtlich eines Flugzeugabsturzes auf die Anlage sei nicht entscheidungserheblich. Denn die 2. SAG gestatte weder die Errichtung noch den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Die Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beziehe sich auf das Kernkraftwerk, wie es tatsächlich vorhanden sei. Ob dieses Kernkraftwerk heute die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung erfülle, z.B. im Hinblick auf den gezielten Flugzeugabsturz, sei für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ohne Bedeutung. Unabhängig hiervon habe die Genehmigungsbehörde vor Erteilung der 1. SAG das Szenario eines zufälligen oder gezielten Flugzeugsabsturzes betrachtet und näher dargelegt, dass die erforderliche Vorsorge getroffen werde.
28 
Dem Senat liegen die Genehmigungsakten des Umweltministeriums vor. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf diese sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
29 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 28.10.2014 die Sachverständigen Dipl.-Phys. N. und Dipl.-Phys. H. angehört, die dabei Ausführungen insbesondere zur radiologischen Charakterisierung der Anlage gemacht haben. Wegen der dabei getätigten Angaben wir auf die gefertigte Anlage zur Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) erhobene Klage ist zulässig (dazu unter 1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (dazu unter 2.). Die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig. Die Kläger sind klagegefugt (dazu unter 1.1), auch steht ihnen das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu (dazu unter 1.2). Indes ist die von den Klägern zur Unterstützung ihres Vorbringens vorgelegte fachliche Begründung des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig (dazu unter 1.3).
32 
1.1 Die Kläger sind klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Kläger kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; sowie vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Störfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - BVerwGE 88, 286; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 C 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Kläger machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallplanungswert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch lässt sich ihrem Vorbringen noch hinreichend entnehmen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365).
33 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Kläger überwiegend Störfallszenarien im Zusammenhang mit der Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude (Bau 37) anführen und hieraus ihre Schlussfolgerung ziehen, die erforderliche Schadensvorsorge sei nicht getroffen. Zum einen kann nicht mit dem für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Offensichtlichkeitsmaßstab ausgeschlossen werden, dass die Lagerung der Brennelemente im Nasslager - wie von den Klägern umfangreich geltend gemacht - von der 2. SAG gedeckt ist; der Frage nach dem Gestattungsumfang der 2. SAG ist deshalb im Rahmen der Begründetheitsprüfung nachzugehen. Zum andern machen die Kläger noch hinreichend substantiiert geltend, dass zumindest im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Anlage selbst ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes die Strahlenbelastung in ihrer Wohnumgebung sehr hoch sein wird und ein Überschreiten des maßgeblichen Störfallplanungswertes bzw. Eingreifrichtwertes dabei nicht auszuschließen ist. Ob die Klagebefugnis auch aus der fehlerhaften Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen folgt, kann offen bleiben. Mit der oben dargestellten Bejahung der Klagebefugnis wegen möglicherweise nicht hinreichender Schadensvorsorge ist die Klage insgesamt zulässig. Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuscheiden und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3.97 - Buchholz 402.25 § 41 BImSchG Nr. 18).
34 
1.2 Schließlich kann den Klägern auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage gegen die 2. SAG nicht abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - RdL 2012, 153). Bei Anwendung dieses Maßstabs steht dem allgemeinen Rechtsschutzinteresse entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen nicht entgegen, dass selbst bei Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung die in Bestandskraft erwachsene 1. SAG fortbestehen würde, die das Stilllegungsreglement legalisierte. In diesem Zusammenhang bedarf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang durch die Erteilung der 1. SAG das dabei geprüfte Konzept der Stilllegung in Bestandskraft erwachsen ist, keiner Klärung. Denn jedenfalls werden mit der 2. SAG zusätzliche Abbaumaßnahmen gestattet, gegen deren Gefahrenpotential sich die Kläger wenden. Die Aufhebung der gegenständlichen Genehmigung ist für die Kläger deshalb nicht unter jedem Gesichtspunkt nutzlos, zumal bei einem eventuell notwendig werdenden Neuerlass der Genehmigung zusätzliche Schutzmaßnahmen verfügt werden könnten.
35 
Das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht auch noch bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fort, obwohl die Beigeladene inzwischen einen erheblichen Teil der mit der 2. SAG legalisierten Abbaumaßnahmen durchgeführt und dabei insbesondere die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett beseitigt und zu einem externen Dienstleister verbracht hat. Zwar leiten die Kläger die von ihnen geltend gemachten Defizite der Schadensvorsorge unter anderem aus Störfallszenarien her, die im Zusammenhang mit dem Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs stehen. Daneben machen die Kläger Defizite der Schadensvorsorge auch im Zusammenhang mit dem Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) geltend, etwa indem sie auf das Problem der Rückwirkungsfreiheit von Abbaumaßnahmen auf die weitere Lagerung der Brennelemente in diesem Gebäude hinweisen. Indes hat der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude noch nicht begonnen, sodass das von den Klägern geltend gemachte Besorgnispotential weiter besteht. Gerade das von den Klägern zu Recht thematisierte Problem der Rückwirkungsfreiheit zeigt, dass das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht bezüglich eines Teils der bereits durchgeführten Abbaumaßnahmen verneint werden kann.
36 
1.3 Die Kläger haben zur Unterstützung ihres Klagevorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zur Klage gegen die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das AKW Obrigheim“ des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können grundsätzlich nicht als Klagebegründung berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2012 - 8 B 58.12 - NVwZ-RR 2013, 341; sowie Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Klagebegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 11.06.2012 enthaltenen rechtlichen Erwägungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Klagebegründungsschrift, den sonstigen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
37 
2. Die gegenständliche 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 leidet weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Kläger in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
38 
2.1 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die 2. SAG nicht formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft (dazu unter 2.1.2) durchgeführt worden oder eine notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben wäre (dazu unter 2.1.3).
39 
2.1.1 Zwar können die Kläger rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
40 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -NuR 2013, 184) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein diesbezüglicher Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt. § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG die Begründetheitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - DVBl. 2012, 501). Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2041).
41 
2.1.1.2 Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
42 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
43 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen, das Gesamtkonzept enthaltenden Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Klägern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
44 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. § 19b Abs. 2 AtVfV stellt klar, dass dann, wenn erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird, von einer Öffentlichkeitsbeteiligung nicht abgesehen werden kann. Anknüpfend an den vorhergehenden Absatz regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung im Falle der erstmaligen Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Die Binnensystematik von § 19b AtVfV ermöglicht deshalb nicht den von den Klägern gezogenen Schluss, Absatz 2 der Bestimmung regele nur die Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung und sei damit im Anwendungsbereich von Absatz 3 der Vorschrift nicht aussagekräftig. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrunde liegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stilllegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
45 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Kläger, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern könne. Die Kläger verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglichkeitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht mithin eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte nur vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
46 
Dieses Auslegungsergebnis steht mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der maßgeblichen Fassung der Richtlinie 97/11/EG (sogenannte UVP-Änderungsrichtlinie) im Einklang. In Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der Richtlinie 97/11/EG wird für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten zur Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren eingeführt. Diese Vorgabe ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.07.2001 (BGBl. I 2001, 1950) ohne Defizite in das nationale Recht umgesetzt worden. Der Gesetzgeber war insbesondere bei Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG nicht gehalten, für einzelne Maßnahmen zur Stilllegung von Reaktoren eine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung vorzusehen. Vielmehr schreibt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/11/EG lediglich vor, dass Projekte des Anhangs I einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach den näheren Bestimmungen der Art. 5 bis 10 zu unterziehen sind. Wie sich bereits der Binnensystematik von Art. 5 der vorgenannten Richtlinie entnehmen lässt, stellt das Unionsrecht als Bezugspunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblich auf den Begriff des „Projekts“ ab. Insbesondere die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie gestellten Anforderungen an vom Projektträger beizubringenden Antragsunterlagen zeigen, dass unter dem Begriff des Projekts das technische Vorhaben insgesamt, nicht aber der Gegenstand des einzelnen Antrags zu verstehen ist. Die Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gewährleistet bei der hier vertretenen Auslegung, dass die unionsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben zur Stilllegung und zur Demontage von Kernkraftwerken und Reaktoren eingehalten werden. Nach dieser Vorschrift sind nach dem oben Gesagten die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau ortsfester Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. Die darüber hinaus für einzelne Stilllegungsmaßnahmen vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG stellt darüber hinaus sicher, dass umweltrelevante Abweichungen der einzelnen Maßnahmen von der bei der Verträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens betrachteten Abbaukonzeption einer zusätzlichen Prüfung zugeführt werden. Jedenfalls seit Einführung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG ist auch gewährleistet, dass im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG wesentliche Fehler im Verfahren der Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG gerichtlich sanktioniert werden.
47 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
48 
Im Übrigen sind die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung auch in der Sache nicht stichhaltig. Fehl geht die Rüge der Kläger, die Beigeladene habe im Genehmigungsantrag für die 1. SAG die geplanten Maßnahmen nur „sehr allgemein und teilweise unbestimmt dargelegt“. Gemäß § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV müssen die bei einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG vorzulegenden Unterlagen lediglich darlegen, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden. Diesem Regelungskonzept ist immanent, dass die mit dem erstmaligen Antrag beizubringenden Unterlagen typischerweise noch nicht den Detaillierungsgrad nachfolgender Genehmigungsschritte aufweisen. Zutreffend dürften die Kläger zwar darauf hinweisen, dass die Darstellungstiefe der „insgesamt geplanten Maßnahmen“ und ihrer Auswirkungen auf die UVP-Schutzgüter gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 AtVfV weniger weitreichend ist als die Darstellungstiefe im Rahmen eines vorläufigen positiven Gesamturteils im Teilgenehmigungsverfahren nach § 18 AtVfV. Wie in den Genehmigungen eindeutig dargestellt ist, handelt es sich bei der 1. SAG und der 2. SAG indes nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV, sondern um jeweils selbständige Genehmigungen, die nicht über ein vorläufiges positives Gesamturteil verbunden sind. Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Unterlagen und die Entscheidung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG sind deshalb in § 19b Abs. 1 AtVfV abschließend geregelt; die in § 18 AtVfV für Teilgenehmigungen statuierten Anforderungen sind hier nicht einschlägig.
49 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG eine e Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Kläger verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden maßgeblich auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.). Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Kläger, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
50 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Des Weiteren wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und  vollständig zu legalisieren.
51 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Beklagte umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Beklagte den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
52 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 ( S. 14 der 2. SAG ) auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Klägern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
53 
Entgegen der Auffassung der Kläger kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. (S. 22 der 2. SAG) Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen teilweise wiederholend zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen. Im Übrigen bezieht sich die von den Klägern herangezogene Nebenbestimmung in A.III.3. auf die Modalitäten des Brennelementtransports, nicht auf den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude.
54 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Indes ist das Antragsschreiben der Beigeladenen vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Beklagten vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Schreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37). Deshalb war entgegen der Auffassung der Kläger eine teilweise Antragsablehnung bei Erlass der 2. SAG nicht geboten.
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Auch der Versuch der Kläger, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein abweichendes Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Klägern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt hat, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gilt jedoch die oben angestellte Erwägung, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
56 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens und der im Betrieb bleibenden Systeme und Anlagen. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Beklagte ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt -aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass der Betrieb des externen Brennelementlagers zum Stilllegungsbetrieb gehört. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Betrieb des externen Nasslagers insgesamt durch die 2. SAG neu legalisiert wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang sich der nach § 20 AtG bestellte Gutachter in seinen Ausführungen vom März 2011 mit dem Betrieb des externen Lagerbeckens beschäftigt hat. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Klägern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Klägern erwähnte E-Mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Beklagten mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
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Nach alldem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt  geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
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2.1.2 Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles leidet nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden Verfahrensfehler. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Be-stimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann vor, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, die durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl. I S. 95) mit Wirkung vom 29.01.2013 erlassen worden ist, ist hier anwendbar, obwohl es für die gerichtliche Überprüfung atomrechtlicher Genehmigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass ankommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288; sowie vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern (vgl. BT-Drs. 17/10957 S. 18; BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669). Auch gilt die neu geschaffene und die bisherige Rechtslage klarstellende (vgl. hierzu BT-Drs. 17/1095 S. 17; sowie BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - a.a.O.) Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen oder leidet sie an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gleichgestellten schwerwiegenden Fehler, ist dieser Mangel nach dem oben Gesagten erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Indes leidet die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Verfahrensfehler.
59 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 UVPG Rn. 26.1). Anknüpfend an diese der zuständige Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen. Der Gesetzgeber bestätigt und konkretisiert damit die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445).
60 
Bei Anwendung dieses Maßstabs leidet die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler. Die Genehmigungsbehörde hat den relevanten Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst, die einschlägigen Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten, keine sachfremden Erwägungen angestellt und das maßgebliche Recht zutreffend angewandt. Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung insbesondere entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das einschlägige Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG zutreffend angewendet.
61 
Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Beklagte hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Beklagte ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Beklagten vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen insgesamt zu eigen gemacht hat.
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2.1.2.2. Die 2. SAG enthält entgegen der Meinung der Kläger keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr halten sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
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2.1.2.2.1. Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Einbau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Den von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit, die Brennstäbe aus dem externen Brennelementlagerbecken störungsfrei abzutransportieren, war deshalb lediglich im Verfahren zur Erteilung der Änderungsgenehmigung zur 1. SAG nachzugehen. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als eine den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch die punktuellen und geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. In Übereinstimmung hiermit wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
64 
2.1.2.2.2. Auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte ist keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem hierauf bezogenen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kontrollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter nebst Reaktordruckbehältereinbauten und biologischem Schild (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer - am 30.04.2013 erteilten und in Bestandskraft erwachsenen - 3. SAG vorbehalten bleiben.
65 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, es könne sich bei der für den 2. Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im 2. Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen kann eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen. Maßgeblich für die Umweltrelevanz ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des 2. Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Kläger, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird. Keiner abschließenden Klärung bedarf die zwischen den Beteiligten kontrovers erörterte Frage, ob der von den Betriebsgenehmigungen gedeckte Zustand einer längeren Öffnung des Reaktordeckels bei umfangreichen Revisionsarbeiten mit der hier in Rede stehenden Situation vergleichbar ist. Dabei spricht jedoch einiges für die Darlegung des Beklagten, dass die Situation eines offen stehenden Reaktordruckbehälters in der Leistungsbetriebsphase in sicherheitstechnischer Hinsicht kritischer zu beurteilen ist als der hier in Rede stehende Zustand.
66 
2.1.2.2.3. Eine wesentliche Änderung ist schließlich nicht dadurch eingetreten, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, sodass die Anlage bei Beginn des 2. Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des 2. Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
67 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Die Dauer dieser Lagerung wurde weder durch die 1. SAG noch durch die gegenständliche Genehmigung eingeschränkt. Vielmehr erstreckt sich der Genehmigungsumfang der 1. SAG nach dem oben Gesagten auf den Stilllegungsbetrieb, der unter anderem die Lagerung der Brennelemente im externen Brennelementlagerbecken des Notstandsgebäudes umfasst (vgl. A I.1.1 der 1. SAG, Seite 2). Übereinstimmend hiermit wird in der Begründung der 1. SAG davon ausgegangen, dass sich die bestrahlten Brennelemente in der Phase des Stilllegungsbetriebs voraussichtlich noch im externen Brennelementlagerbecken befinden werden; die Genehmigung nimmt den Abbau der Anlage und von Anlagenteilen parallel zu dieser Lagerung in den Blick (vgl. B.I.2.4.4.3 der 1. SAG, S. 43). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit zu betrachten, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Dabei ist auszuschließen, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollen nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und die hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Im Sicherheitsbericht wird näher dargelegt, dass die für die Lagerung und Handhabung der bestrahlten Brennelemente erforderlichen Anlagenteile und Systeme erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage stillgesetzt und abgebaut werden. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
68 
Nach alldem hat der Beklagte die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
69 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Hiergegen bestehen auch im Hinblick auf von der Bundesrepublik eingegangene völkerrechtliche Verpflichtungen keine Bedenken (dazu unter 2.1.3.3). Dahingestellt bleibt, ob die Kläger bei einer rechtswidrig unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung in eigenen Rechten verletzt würden (dazu unter 2.1.3.4).
70 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen gemäß § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war nach dem oben Dargelegten für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine e Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
71 
2.1.3.2 Der Beklagte hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer en fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann nach dem oben unter 2.1.3.1 Ausgeführten im Falle der erstmaligen Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nicht von der Auslegung und Bekanntmachung des Vorhabens abgesehen werden. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AtVfV vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
72 
Diese Voraussetzungen liegen für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Nach dieser Bestimmung müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung haben werden. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 nicht entnehmen, dass die vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nicht den oben dargestellten Anforderungen entsprochen hätten. Zwar führt die Reaktorsicherheitskommission aus, dass auf der Basis der vorliegenden Unterlagen eine detaillierte Beurteilung des Gesamtkonzepts zur Stilllegung und zum Abbau des KWO nicht möglich sei, da über Abbaumaßnahmen, ihre vorgesehene Reihenfolge und über Abbaumethoden während des 2. Genehmigungsschritts nur sehr allgemeine Aussagen vorlägen; auch in dem Genehmigungsentwurf werde über die Zulässigkeit der über den 1. Abbauschritt hinausgehenden Maßnahmen keine Aussage getroffen (vgl. S. 7 der Stellungnahme). Indes hat die Reaktorsicherheitskommission in ihrer abschließenden Stellungnahme ausdrücklich bestätigt, dass die vorgelegten Unterlagen im Hinblick auf § 19b AtVfV ausreichend seien (S. 20 der Stellungnahme vom 11./12.12.2007). Diese Auffassung der Reaktorsicherheitskommission steht mit dem Regelungskonzept von § 19b AtVfV im Einklang. § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV erfordert nicht, dass alle Abbauschritte in den mit dem Erstgenehmigungsantrag vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig beschrieben werden. Die Vorschrift erfordert nur, dass „Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung ... oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ in den Antragsunterlagen enthalten sind, die „die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist“.
73 
An der Richtigkeit der Einschätzung der Reaktorsicherheitskommission ändern auch die weiteren Rügen der Kläger nichts, die sich im Kern gegen das vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Verwaltungsverfahren richten. Auch in diesem Zusammenhang sind die Kläger aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG mit Einwendungen gegen deren Rechtmäßigkeit ausgeschlossen. Im Übrigen durften die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Erwartung hegen, etwaige Rügedefizite im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG würden in nachfolgenden Genehmigungsschritten geheilt. Vielmehr wären die Kläger gehalten gewesen, die von ihnen beanstandeten Fehler mit einem Rechtsbehelf gegen die 1. SAG geltend zu machen.
74 
Unabhängig hiervon greifen die Rügen der Kläger auch in der Sache nicht durch. Die Kläger beanstanden vor allem, dem im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht seien keine konkreten Angaben zu der Strahlenbelastung durch Direktstrahlung am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung zu entnehmen; Betroffenen sei es deshalb nicht möglich gewesen, ihre Belastung durch Direktstrahlung zu überprüfen. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ist die Strahlenexposition in der Umgebung während des gesamten Vorhabens in Kapitel 9 (S. 176 ff.) ausreichend dargestellt. In Kapitel 9.2.1 wird die Strahlenexposition durch Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Luft, in Kapitel 9.2.2 durch Ableitung mit dem Abwasser dargestellt; Kapitel 9.4 (S. 182 f.) erörtert die Begrenzung der Strahlenexposition aus Direktstrahlung und aus Ableitungen radioaktiver Stoffe mit der Luft und dem Abwasser. Die von den Klägern vermissten weiteren Angaben zur Direktstrahlung waren im Sicherheitsbericht nicht zwingend veranlasst. Die Direktstrahlung ist lediglich für die Einhaltung des Dosisgrenzwerts nach § 46 StrlSchV von Bedeutung, der die Gesamtstrahlenexposition aus Direktstrahlung sowie sämtlichen Ableitungen und unter Berücksichtigung der radiologischen Vorbelastung am Standort und der Strahlenexposition infolge des geplanten Standortzwischenlagers erfasst. Die Gesamtstrahlenexposition darf den Grenzwert für die effektive Dosis gemäß § 46 Abs. 1 StrlSchV von 1 mSv im Kalenderjahr an keiner Stelle außerhalb des Betriebsgeländes der Anlage überschreiten; einen eigenständigen Grenzwert für die Direktstrahlung gibt es indes nicht. Da der Dosisgrenzwert nach den Darstellungen im Sicherheitsbericht zur 1. SAG deutlich unterschritten wird, waren weitere Darlegungen im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht veranlasst. Auch hinsichtlich der Umgebungsüberwachung waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG keine zusätzlichen oder anderen Umstände im Sinne von § 4 Abs. 2 AtVfV darzulegen, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Die Umgebungsüberwachung wird im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 in Kapitel 5.5 (S. 124) für das Gesamtvorhaben dargestellt. Der Sicherheitsbericht weist darauf hin, dass nach der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen (REI) ein Überwachungsprogramm sowohl durch den Betreiber der Anlage als auch von unabhängigen Messstellen im Auftrag der zuständigen Behörde durchzuführen ist. Weitergehende Darlegungen waren nicht zwingend veranlasst, insbesondere nicht die von den Klägern vermisste konkrete Darstellung der vorgesehenen Orte von Probeentnahmen.
75 
Fehl geht auch die Rüge der Kläger, die Reihenfolge des Abbaus von Systemen und Komponenten für den 2. Genehmigungsschritt sei in den im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nur sehr allgemein beschrieben; eine Überprüfung der Wechselwirkungen zwischen dem Abbau von Systemen und Komponenten im Kontrollbereich (einschließlich Notstandsgebäude) und dem Betrieb des Brennelementlagerbeckens sei nicht ausreichend möglich. Vielmehr ist eine Beschreibung sämtlicher Abbauschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 zur 1. SAG erfolgt (vgl. Kapitel 4, S. 76 ff.). Dort wurden auch die einzelnen zur Anwendung gelangenden Zerlege- und Abbauverfahren beschrieben und dargestellt, nach welchen Methoden die weitere Abbauplanung erfolgen wird. Schließlich enthält der Sicherheitsbericht zur 1. SAG in Kapitel 2.4 (S. 48 bis 54) eine überschlägige Beschreibung des radiologischen Ausgangszustands der Anlage. Der Detaillierungsgrad dieser Darstellung genügt den an einen Sicherheitsbericht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AtVfV zu stellenden Anforderungen. Die von den Klägern vermisste Zuordnung von Abbau- und Zerlegemethoden zu den einzelnen Anlagen und Komponenten ist von Rechts wegen nicht zwingend geboten. Entgegen der Auffassung der Kläger waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG auch nicht zusätzliche Störfallszenarien zu betrachten, die eine ergänzende Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig gemacht hätten. Die Kläger machen auch in diesem Zusammenhang überwiegend Störfallszenarien geltend, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im Notstandsgebäude stehen. Nach dem oben unter 2.1.1.4 Dargelegten ist die Nasslagerung der Brennelemente nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst. Im Sicherheitsbericht zur Erteilung der 2. SAG war deshalb keine weitergehende Betrachtung von Störfallszenarien erforderlich, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im externen Becken stehen. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargestellt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG beschriebenen Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahme überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Beklagten, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
76 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I.2.4.1) ergibt, hat die Genehmigungsbehörde das ihr eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensbetätigung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Beklagte hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien. Entgegen der Auffassung der Kläger war in die Ermessensentscheidung nicht mit besonderem Gewicht einzustellen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG zwischen Juli und August 2006 und damit über fünf Jahre vor Erteilung der 2. SAG durchgeführt wurde. Zwar kann sich in einem derartigen Zeitraum der Kenntnisstand der Öffentlichkeit etwa zur eigenen Betroffenheit ändern. Auch im Rahmen der Ermessensausübung war die Genehmigungsbehörde jedoch nicht verpflichtet, das Gesamtabbauvorhaben  in den Blick zu nehmen, sondern durfte sich auf die mit der 2. SAG genehmigten Maßnahmen beschränken. Dies gilt im besonderen Maße vor dem Hintergrund, dass im vor Erteilung der 1. SAG durchgeführten förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren keinerlei Äußerungen aus der Bevölkerung eingegangen sind. Schließlich stellt auch der von den Klägern herausgestellte Umstand, dass im Gestattungsumfang der 2. SAG mit einem gegenüber der 1. SAG deutlich größeren Aktivitätsinventar umgegangen wird, keinen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt dar. Die Einschätzung des Beklagten hinsichtlich des von einer en Öffentlichkeitsbeteiligung zu erwartenden Erkenntnisgewinns ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
77 
2.1.3.3 Eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG war nicht im Hinblick auf die von der Bundesrepublik Deutschland als Signatarstaat des Übereinkommens vom 25.06.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention; Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. II, S. 1251) geboten. Die Aarhus-Konvention ist nicht nur von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern von der Europäischen Union selbst ratifiziert worden; als sogenanntes gemischtes Abkommen ist sie Teil des Unionsrechts. Dabei spricht vieles dafür, dass hinreichend bestimmte und unbedingte Bestimmungen der Aarhus-Konvention unmittelbar anwendbares EU-Recht darstellen und aufgrund der Ratifikation durch die Bundesrepublik Deutschland auch als innerstaatliches Recht gelten (vgl. hierzu näher OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 B 11266/12 - UPR 2013, 233; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2012 - 8 B 38/08.AK - NuR 2012, 722). Darüber hinaus sind die nationalen Gerichte der Signatarstaaten gehalten, Bestimmungen der Aarhus-Konvention, denen wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten der nationalen Rechtsordnung keine unmittelbare Wirkung zukommt, im Rahmen ihres nationalen Verwaltungsverfahrensrechts und Verwaltungsprozessrechts soweit wie möglich im Einklang mit den Zielen der Konvention zur Anwendung zu bringen (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312).
78 
Entgegen der Auffassung der Kläger gebieten die Bestimmungen der Aarhus-Konvention in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht die Durchführung einer en Öffentlichkeitsbeteiligung. Die von den Klägern herangezogene, allein einschlägige Bestimmung des Art. 6 Abs. 1a i.V.m. Nr. 1 des Anhangs I der Aarhus-Konvention verlangt, dass die Signatarstaaten unter anderem bei der Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchführen. Der Aarhus-Konvention liegt die Erkenntnis zugrunde, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen (Erwägungsgründe, 9. Absatz). Zielsetzung der Konvention ist es, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsvorhaben im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, um hierdurch Vollzugsdefiziten zu Lasten der Umwelt entgegenzuwirken (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206). Zur Erreichung dieser Ziele sehen Art. 6 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention vor, dass die betroffene Öffentlichkeit im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren frühzeitig über das Vorhaben informiert wird, damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des Entscheidungsverfahrens gegeben wird. Nach Art. 6 Abs. 4 der Konvention sorgt jede Vertragspartei für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann. Damit soll der Anforderung von Art. 6 Abs. 8 der Aarhus-Konvention Rechnung getragen werden, wonach die Vertragsparteien sicherstellen, dass das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt werden kann.
79 
Diesen Vorgaben genügt das in § 19b Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2, 4 AtVfV vorgesehene Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Die danach bei Teilgenehmigungen oder - wie hier in Rede stehend - bei aufeinander bezogenen Genehmigungen für ein einheitliches Vorhaben des Abbaus einer kerntechnischen Anlage vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der ersten Genehmigung stellt in besonderem Maße sicher, dass Anregungen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden können, bevor durch Beginn der Maßnahme vollendete Tatsachen geschaffen werden. Auch wird durch die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 4 Abs. 2 und 4 AtVfV sichergestellt, dass eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung weiterer Genehmigungen dann stattfindet, wenn im Sicherheitsbericht zusätzliche oder andere Umstände darzulegen wären, mithin eine wesentliche umweltrelevante Änderung im Verlaufe des Verfahrens eingetreten ist. Weder Art. 6 noch den übrigen Bestimmungen der Aarhus-Konvention lässt sich etwas für die von den Klägern vertretene Auffassung entnehmen, bei aufeinander bezogenen Genehmigungsschritten eines Abbauvorhabens müsse jeder Antragsgegenstand einem neuen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren zugänglich gemacht werden. Mithin war die Genehmigungsbehörde auch im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV auch nicht mit Blick auf die Vorgaben der Aarhus-Konvention gehalten, im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eine e Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
80 
2.1.3.4 Ob bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung die Kläger in eigenen Rechten verletzt würden, kann hiernach dahinstehen. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht jedenfalls, solange der Gesetzgeber nicht Verfahrensteilhaberechte unabhängig von einer potentiellen materiell- rechtlichen Betroffenheit schafft, Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Klägern nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen ist ihnen von der Genehmigungsbehörde jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden.
81 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
82 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Beklagte hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Klägern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Klägern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann die Klage nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge und die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
83 
2.2.1 Der Beklagte durfte die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
84 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungs-gerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die alleinige Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR /07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
85 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Dabei erschöpft sich der Funktionsvorbehalt der Genehmigungsbehörde nicht in der Identifikation der vorsorgerelevanten Risikoszenarien, sondern umfasst auch die konkrete Ausgestaltung des im Bereich der Risikovorsorge erforderlichen Schutzes. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Aus dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge folgt, dass die Exekutive im Rahmen ihrer prognostischen Einschätzung alle wissenschaftlich und technisch vertretbaren Erkenntnisse heranzuziehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Vorsorge bedeutet zudem, dass bei der Beurteilung von Schadenswahrscheinlichkeiten nicht allein auf das vorhandene ingenieurmäßige Erfahrungswissen zurückgegriffen werden darf, sondern Schutzmaßnahmen auch anhand „bloß theoretischer“ Überlegungen und Berechnungen in Betracht gezogen werden müssen, um Risiken aufgrund noch bestehender Unsicherheiten oder Wissenslücken zuverlässig auszuschließen. Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
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2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§§ 46, 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge bestimmt und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300; sowie vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
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Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß §§ 46, 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Kläger sehen Defizite in der Schadensvorsorge dadurch begründet, dass die Beigeladene keine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen habe und sich zum Zeitpunkt der Abbaumaßnahmen noch Kernbrennstoffe in der Anlage befänden. Indes ist der Beklagte willkürfrei ohne Ermittlungs- und Bewertungsdefizite zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einem bestimmungsgemäßen Stilllegungs- und Abbaubetrieb die erforderliche Schadensvorsorge getroffen wird und deshalb nicht die Überschreitung von Grenzwerten droht.
88 
2.2.1.2.1 Vor Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage zumindest in dem Umfang erfolgt, wie dies für die Gewährleistung der erforderlichen Schadensvorsorge notwendig ist. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage vor ihrem Abbau nicht lediglich für die Bemessung der Deckungsvorsorge nach Maßgabe von § 13 AtG i.V.m. der Verordnung über die Deckungsvorsorge nach dem Atomgesetz (AtDeckV), sondern auch für die sachgerechte Planung der Abbaumaßnahmen notwendig ist. So ist eine hinreichende Kenntnis der radiologischen Ausgangssituation für die Wahl der Abbau- und Zerlegeverfahren sowie für eine fehlerfreie Störfallbetrachtung unerlässlich. Aus diesem Grund hat eine sachgerechte radiologische Charakterisierung Bedeutung für die Einhaltung der erforderlichen Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 5 AtG. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der abzubauenden Anlage erfolgt.
89 
Grundlage der 2. SAG ist nach A.II. Nr. 15 der Erläuterungsbericht Nr. 13 „Radiologischer Anlagenzustand“ (Index a vom 22.02.2010). Der Bericht beschreibt den radiologischen Zustand des KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010, schätzt das radioaktive Gesamtinventar der Anlage ab und ordnet dieses einzelnen Komponenten zu. Der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht entnommen werden, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage nicht in ausreichendem Umfang erfolgt wäre. Zwar hat die Reaktorsicherheitskommission in dieser im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass eine umfassende und detaillierte radiologische Charakterisierung der gesamten Anlage Basis für das gesamte Stilllegungs- und Abbaukonzept einschließlich der Transport- und Lagerlogistik sei; da eine solche radiologische Charakterisierung detailliert noch nicht für die gesamte Anlage durchgeführt worden sei, könne dieser Punkt aus Sicht der Kommission noch nicht vollständig bewertet werden. Indes hat die Beigeladene als Reaktion auf diese Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission eine ergänzende radiologische Charakterisierung erstellt, deren Detaillierungsgrad über den im Genehmigungsverfahren zur Erteilung der 1. SAG vorgelegten Erläuterungsbericht hinausgeht. Nach dem Vortrag der Beigeladenen hat die Reaktorsicherheitskommission diese nicht in das Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eingeführte ergänzende radiologische Charakterisierung im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens geprüft und gebilligt. Unabhängig hiervon hat die Beigeladene im Verfahren zur Erteilung der streitgegenständlichen 2. SAG eine zusammenfassende Darstellung der radiologischen Charakterisierung der Anlage mit Schreiben vom 06.07.2010 der Genehmigungsbehörde vorgelegt. Die zuständige Entsorgungskommission hat sich in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 mit der Untersuchung „radiologische Charakterisierung der Anlage“ vom 06.07.2010 auseinandergesetzt und diese gebilligt. Nach Erkenntnis der Entsorgungskommission entsprächen die in den Unterlagen zusammengestellten Daten im Wesentlichen dem Stand in anderen Stilllegungsverfahren und gäben einen groben Überblick über den radiologischen Zustand der Anlage. Für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke seien die Daten im Rahmen der Abbauplanung durch weitere Probenahmen zu verifizieren und zu ergänzen. Die in der radiologischen Charakterisierung noch fehlenden Aktivitätsangaben von relevanten Nukliden wie z.B. H-3 und C-14 hätten keinen Einfluss auf die Konzeption der Maßnahmen und seien spätestens im Rahmen der Abbauplanung zu ergänzen. Dies gelte auch für die bisher nur auf Basis von Wischtesten durchgeführte radiologische Charakterisierung der Gebäudestrukturen im Kontrollbereich; für die Festlegung von abdeckenden Nuklidvektoren seien auch hier Materialproben erforderlich. Zusammengefasst führt die Entsorgungskommission aus, dass sie „insgesamt keine Bedenken gegen das geplante und nunmehr weiter konkretisierte Gesamtkonzept zur Stilllegung und den Abbau der Anlage KWO“ habe (S. 7 der Stellungnahme vom 09.06.2011). Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 keine gegenüber den früheren Forderungen der Reaktorsicherheitskommission zurückbleibenden Anforderungen an die radiologische Charakterisierung der Anlage gestellt. Vielmehr hat die Entsorgungskommission dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beigeladene im Verlaufe des Verfahrens ergänzende, bei Erteilung der 1. SAG noch nicht vorliegende radiologische Charakterisierungen vorgenommen hat. Auch die von den Klägern beanstandete Formulierung in der Stellungnahme der Entsorgungskommission, wonach für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke weitere Probenahmen und die Verifizierung der gewonnenen Daten notwendig sei, ist nicht im Sinne eines herabgesetzten Darstellungsniveaus zu bewerten. Vielmehr ist diese Aussage so zu verstehen, dass ergänzende Probenahmen vor Abbaumaßnahmen lediglich in den nicht zugänglichen Anlagenteilen für statthaft gehalten werden. Im Übrigen haben die Kläger kein plausibles Szenario geltend gemacht, bei dem die von ihnen beanstandete unzureichende radiologische Charakterisierung zu einer von Rechts wegen nicht hinzunehmenden Strahlenexposition führen könnte. Zu Recht räumen die Kläger ein, dass selbst bei einer nicht in jeder Hinsicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung keine Überschreitung der relevanten Dosisgrenzwerte für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb zu erwarten ist. Die Kläger sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, das nach dem oben unter 2.2.1.2 Ausgeführten jedoch nicht drittschützend ist.
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2.2.1.2.2 Auch der Umstand, dass die Anlage KWO zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG und deren bestimmungsgemäßer Ausnutzung nicht kernbrennstofffrei ist, führt nicht zu einem Schadensvorsorgedefizit zu Lasten der Kläger. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die 2. SAG ebenso wie die 1. SAG keine zeitlichen Vorgaben für die Entfernung der bestrahlten Brennelemente aus dem externen Lagerbecken im Notstandsgebäude enthält. Fehl geht indes ihre Annahme, die Kernbrennstofffreiheit der Anlage sei nach den maßgeblichen Regelwerken Grundvoraussetzung für die Vornahme von Abbauarbeiten. Vielmehr fordert Ziff. 2.1 des Leitfadens zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 26.06.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) in Absatz 4 lediglich, dass „solange sich während des Stilllegungsverfahrens noch Kernbrennstoff über den in § 2 Abs. 3 AtG genannten Massen oder Konzentrationen in der Anlage befindet, die dafür notwendigen Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit weiterhin zu erfüllen“ sind. In Übereinstimmung hiermit sehen auch die „Empfehlungen der ESK Leitlinien zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen“ vom 09.09.2010 (Bundesanzeiger 2010, Nr. 187) vor, dass nach Beendigung des auslegungsgemäßen Betriebs die erforderliche Vorsorge gegen Schäden nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu treffen sei. Dazu sei die Einhaltung der Schutzziele Kontrolle der Radioaktivität, Abfuhr der Zerfallswärme, Einschluss der radioaktiven Stoffe und Begrenzung der Strahlenexposition sicherzustellen. Nach Erreichen der Kernbrennstofffreiheit seien nur noch die Schutzziele „Einschluss der radioaktiven Stoffe“ und „Begrenzung der Strahlenexposition“ sicherzustellen. Deshalb sei es zweckmäßig, Kernbrennstofffreiheit möglichst schnell herzustellen. Das Herstellen der Kernbrennstofffreiheit wird dabei ausdrücklich als optionale stilllegungsvorbereitende Maßnahme bezeichnet (vgl. Ziff. 4 der Leitlinien). Auch nach den Empfehlungen der Entsorgungskommission ist die Kernbrennstofffreiheit bzw. der Abtransport der Brennelemente nicht unabdingbare Voraussetzung für die Stilllegung und den Abbau einer kerntechnischen Anlage. In Übereinstimmung hiermit sind sowohl die Reaktorsicherheitskommission in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 zur 1. SAG als auch die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 im Rahmen des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt, dass der Weiterbetrieb des externen Brennelementlagers keine sicherheitsrelevanten Wechselwirkungen mit den gestatteten Abbaumaßnahmen erwarten lasse. So hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 auf die entsprechenden Fragen des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit ausgeführt:
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„Die ESK ist der Auffassung, dass alle geplanten Schritte und Maßnahmen des Stilllegungs- und Abbaukonzeptes technisch machbar und sachgerecht aufeinander abgestimmt sind und nicht von den allgemeinen Angaben zum Gesamtkonzept der Stilllegung, die im Rahmen des Verfahrens zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vorgelegt wurden, abweichen. Vielmehr stellen die geplanten Maßnahmen eine notwendige und sinnvolle Konkretisierung dar…. Die Maßnahmen zu Umgang und Lagerung der bestrahlten Brennelemente im externen Nasslager sowie die spätere Beladung von Transport- und Lagerbehältern und deren Transport in ein Standortzwischenlager wurden nachvollziehbar dargestellt. Durch die Berücksichtigung der Schnittstellen der sicherheitstechnisch relevanten Systeme des externen Nasslagers zu den außerhalb des externen Nasslagers liegenden Teilen dieser Systeme beim Abbau kann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieser Systeme vermieden werden. Damit ist aus Sicht der ESK die Autarkie des externen Nasslagers sichergestellt.“ (S. 6 f. der Stellungnahme vom 09.06.2011).
92 
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang weiter, mit der 2. SAG werde in unzulässiger Weise auch der Abbau von Einrichtungen des Brennelementlagerbeckens genehmigt; dies sei unzulässig, da für das System und die Komponenten keine belastbare radiologische Charakterisierung möglich sei. Auch hierin liegt kein Defizit der Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger. Wie oben unter 2.2.1.2.1 näher dargestellt, hat die Beigeladene in ihrem ergänzenden Bericht vom 06.07.2010 eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen und dabei auch das Notstandsgebäude (Bau 37) in ihre Betrachtung einbezogen. Unschädlich ist der von den Klägern beanstandete Umstand, dass aufgrund der fortdauernden Lagerung der Brennelemente eine weitere Erhöhung der Radioaktivität in Bau 37 möglich erscheint und deshalb noch keine abschließende Charakterisierung des dortigen Aktivitätsinventars möglich war. Es handelt sich dabei um Bereiche, die entsprechend der Stellungnahme der Entsorgungskommission vom 09.06.2011 im Verlaufe der Abbaumaßnahmen weiter zu untersuchen und abschließend zu charakterisieren sind.
93 
2.2.1.3 Die Genehmigungsbehörde durfte auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
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Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Schutzkonzept des § 117 Abs. 16 StrlSchV nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisfortschritte dergestalt überholt, dass es der rechtlichen Prüfung nicht mehr zugrunde zu legen wäre. Dabei kann es bei der von Rechts wegen gebotenen Überprüfung, ob der Verordnungsgeber seinem gesetzlichen Auftrag genügt hat, den Störfallplanungswert unter Kontrolle zu halten und notfalls nachzubessern, nicht darum gehen, von Gerichts wegen einen bestimmten Stand der Wissenschaft festzustellen. Im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtG ist dies vielmehr Aufgabe des Verordnungsgebers, der dabei eine wertende Risikoabschätzung vorzunehmen hat, die nur beschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung folgt dabei schon daraus, dass jede gesetzliche Ermächtigung dem Verordnungsgeber Gestaltungsspielräume eröffnet, in die eine (inzidente) gerichtliche Normenkontrolle nicht eindringen darf. Speziell bei einer Verordnung, die zur Konkretisierung des atomrechtlichen Gebots der Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG dient, darf eine gerichtliche Überprüfung nicht dazu führen, dass sich die politische Verantwortung für die Risikoermittlung und -bewertung von der Exekutive auf die Gerichte verlagert. Dies wäre indes der Fall, wenn die Gerichte hier ihre eigenen Bewertungen an die Stelle der Risikoabschätzung des Verordnungsgebers setzen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.02.1998 - 11 B 5.98 - DVBl. 1998, 596). Der Verordnungsgeber hat sich in § § 117 Abs. 16 StrlSchV für ein konservatives Schutzkonzept entschieden. Einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich bleibt deswegen im Wesentlichen lediglich, ob aufgrund neuerer Erkenntnisse das Schutzkonzept des Verordnungsgebers überholt ist. Dies ist weder ersichtlich noch haben die Kläger hierfür überzeugende Anhaltspunkte dargelegt. Allein der Umstand, dass das Bundesamt für Strahlenschutz in von den Klägern benannten anderen Genehmigungsverfahren anscheinend geringere Grenzwerte zugrunde gelegt hat, sagt nichts darüber aus, ob der in § 117 Abs. 16 StrlSchV durch den Verordnungsgeber festgelegte Wert nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entspricht. Unabhängig hiervon liegen die von dem Gutachter ermittelten Störfallauswirkungen weit unterhalb des maßgeblichen Störfallplanungswertes, sodass sich die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich stellt.
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Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen die Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 (Nr.3.33 des Handbuchs für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz) zugrunde gelegt. In Anwendung dieser Vorgaben haben die Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von Außen (EVA) untersucht und sind zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen weder Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien noch Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
96 
2.2.1.3.1 In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist die Genehmigungsbehörde zu der Erkenntnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen den Absturz von Lasten bei dem Stilllegungsbetrieb und Abbau der Anlage gewährleistet ist. In der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 wurden verschiedene Absturzszenarien dargestellt und deren radiologische Auswirkungen ermittelt; die Gutachter legen überzeugend näher dar, warum die von ihnen betrachteten Absturzszenarien radiologisch repräsentativ sind. Dabei wird der Absturz eines Gussbehälters oder eines Fasses mit kontaminierten Schlämmen im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60), der Absturz von Lasten in den Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie der Absturz von anderweitigen Lasten, insbesondere auch von demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs, in sonstigen Gebäuden untersucht (vgl. Kapitel 3.3 Seite 26 ff. des Technischen Berichts). Damit haben die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter u. a. auch den Absturz von Lagerbehältern in den Gebäuden Bau 39 und 52 untersucht, obwohl die baulichen Änderungsmaßnahmen und die Nutzungsänderung dieser Gebäude zur Lagerung von Abfallgebinden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden sind. Den Einwendungen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung hinsichtlich des Lastenabsturzes in den beiden Lagergebäuden Bau 39 und 52 steht deshalb bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
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Unabhängig hiervon gehen die Rügen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung des Lastenabsturzes auch in der Sache fehl. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Gutachter ... nicht nur den Absturz eines Gussbehälters im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) untersucht, sondern auch den Absturz von Lasten in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick genommen (vgl. Kapitel 3.3.1.2 des Technischen Berichts vom 31.03.2010, Seite 27 f.). Hinsichtlich des Absturzes eines der 200 l Rollreifenfässer, in denen in Bau 39 verpackte Betriebsabfälle gelagert werden, gelangt der Gutachter in Anbetracht der möglichen Absturzhöhen zu der Erkenntnis, dass eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Raumluft nicht zu unterstellen sei. Im Hinblick auf den Absturz eines Abfallbehälters (Container, Gussbehälter) in beiden Lagergebäuden legt der Gutachter nachvollziehbar und überzeugend näher dar, dass nur mit der Freisetzung geringer Mengen radioaktiver Stoffe in den Lagerbereich zu rechnen sei; radiologisch relevante Auswirkungen auf die Umgebung seien nicht zu unterstellen. Gleichwohl untersuchte der Gutachter den Absturz eines mit metallischen radioaktiven Abfällen beladenen Containers im Bedien- und Wartebereich unter konservativen Annahmen und errechnete bei einer maximal möglichen Absturzhöhe von ca. 3,5 m eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung von ca. 18 Bq. Zutreffend wenden die Kläger ein, dass bei der Freisetzungsbetrachtung von in besonderen Verfahren qualifizierten Behältern ausgegangen wird. Indes wird durch die Regelungen in der maßgeblichen 1. SAG sichergestellt, dass lediglich derartige Behälter zum Einsatz gelangen. So wird in Kapitel B.2.4.4.1 (Seite 41) der 1. SAG näher dargelegt, dass nicht an eine Landessammelstelle abzuliefernde radioaktive Abfälle in der Anlage KWO oder in externen Einrichtungen nach speziellen Verfahren in der Weise zu behandeln sind, dass physikalisch-chemisch stabile Abfallprodukte entstehen und der sichere Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleistet ist; die Sicherheitsanforderungen an die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle der einschlägigen RSK-Empfehlungen seien zu beachten. Anknüpfend hieran bestimmt die Nebenbestimmung A.III.9.2 der 2. SAG, dass bei Transporten von radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände technische Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind, die Gefahren für Beschäftigte und die Allgemeinheit vermeiden. Dazu wird Bezug genommen auf die Genehmigungsunterlage A.II.Nr.13, also den Erläuterungsbericht Nr. 11 „Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen“; dort sind Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen detailliert beschrieben. Ferner ist nach der Nebenbestimmung A.III.9.3 zur 2. SAG bei der Vorbehandlung und Konditionierung radioaktiver Abfälle nach den von der Aufsichtsbehörde nach § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen geprüften Prüffolge- und Ablaufplänen, die die wesentlichen Arbeits- und Prüfschritte enthalten, bzw. nach geprüften Fach- und Arbeitsanweisungen vorzugehen. Des Weiteren sehen die verbindlichen Annahmebedingungen für die beiden Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 vor, dass die Abfallgebinde bestimmte Sicherheitsanforderungen zu erfüllen haben. Durch die Gesamtheit dieser Regelungen wird hinreichend sichergestellt, dass Abfälle nur in dazu geeigneten und bestimmten Behältern zwischengelagert werden.
98 
Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass der Absturz eines Castor-Behälters im externen Brennelementlagerbecken nicht in die Störfallbetrachtung einzubeziehen war. Auch in diesem Zusammenhang verkennen die Kläger, dass - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - die Lagerung von Brennelementen im externen Lagerbecken nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG ist. Die von den Klägern beanstandeten Hebeeinrichtungen werden ebenfalls nicht durch die 2. SAG legalisiert und sind deshalb in diesem Verfahren nicht zu betrachten. Zutreffend dürfte die Beigeladene im Übrigen darauf hinweisen, dass die Hebeeinrichtungen im Notstandsgebäude nach den erhöhten Anforderungen der KTA-Regeln ausgelegt sind und deshalb die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Versagens dieser Einrichtungen soweit reduziert ist, dass das verbleibende Risiko in willkürfreier Weise dem Restrisiko zugeordnet werden durfte.
99 
2.2.1.3.2 Die Genehmigungsbehörde durfte von Rechts wegen davon ausgehen, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen Erdbeben getroffen ist. Die Kläger machen in diesem Zusammenhang geltend, die Erdbebensicherheit des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens sei im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG nicht nachgewiesen worden. Die im Genehmigungsverfahren erfolgte Bezugnahme auf frühere Untersuchungen sei im Hinblick auf die inzwischen eingetretenen Änderungen nicht ausreichend; auch bezüglich der Restanlage sei anzunehmen, dass keine neuen Betrachtungen zum Bemessungserdbeben vorgenommen worden seien. Ferner habe die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit eines Folgebrandes nach einem Erdbeben nicht untersucht.
100 
Die Bedenken der Kläger hinsichtlich der Erdbebensicherheit beziehen sich demnach überwiegend auf die Brennstofflagerung im externen Notstandsgebäude. Ob dieses ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG jedoch ohne Belang, da durch diese - wie wiederholt dargelegt - weder Errichtung noch Betrieb des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens legalisiert werden. Zutreffend weist die Beigeladene im Übrigen darauf hin, dass eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung den tatsächlich vorhandenen technischen Zustand eines Kernkraftwerks in den Blick nimmt. Ob diese Anlage auch nach derzeitigem Erkenntnisstand ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit einer Abbaugenehmigung ohne Belang. Die Erdbebensicherheit ist bei Erteilung der 2. SAG nur insoweit zu untersuchen, als konkrete Anforderungen an die genehmigten Abbauarbeiten oder des geänderten Stilllegungsreglements zu erfüllen sind. Unabhängig hiervon hat das Gutachtensbüro ... in seinem technischen Bericht vom 31.03.2010 den „Störfall Erdbeben“ betrachtet und als radiologisch repräsentative Ereignisse das Leerlaufen des Abwasserverdampfers in Bau 2, das Auslaufen von Verdampferkonzentraten im Abfallbehandlungsgebäude sowie den Einsturz der Lagergebäude (Bau 39 und 52) zu Beginn und Ende des Vorhabens betrachtet. Die Gutachter gelangen dabei zu einem maximalen Wert der effektiven Dosis von 0,17 mSv bei einem Erdbeben gegen Ende des Vorhabens; dieser Wert liegt rund drei Größenordnungen unter dem Störfallplanungswert von 50 mSv. Da der Gutachter damit die im Gestattungsumfang der 2. SAG maximal zu gegenwärtigen Erdbebenauswirkungen zugrunde gelegt und den Einsturz der relevanten Lagergebäude unterstellt hat, stellt sich die von den Klägern aufgeworfenen Problematik des Bemessungserdbebens nicht.
101 
2.2.1.3.3 Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den zufälligen Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges getroffen worden.
102 
Die Kläger kritisieren die Störfallbetrachtung zur 2. SAG im Hinblick auf den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs und machen geltend, die dort zugrunde gelegten Ermittlungen zur Absturzwahrscheinlichkeit für ein Militärflugzeug aus dem Jahre 2000 seien im Hinblick auf die veränderte Sicherheitslage nicht mehr hinreichend belastbar. Der Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs könne in Anbetracht der Konflikte im Kosovo und Afghanistan und der deutschen Reaktion hierauf nicht mehr ohne Weiteres dem Restrisiko zugeordnet werden. Die Konservativität der vom Gutachter angenommenen Randbedingungen sei den Unterlagen nicht zu entnehmen; nicht nachvollziehbar sei, warum der Gutachter bei seinem Störfallszenario mit Brand geringere Auswirkungen annehme als bei einem Absturz ohne Brand.
103 
Das Szenario zufälliger Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs wird in der 2. SAG  betrachtet. Vielmehr nimmt die Begründung der streitgegenständlichen Genehmigung (B.I.3.3.5, S. 48) im Wesentlichen lediglich auf die entsprechenden Ausführungen in der 1. SAG und das dort bewertete Störfallszenario Bezug. In der 1. SAG wird der zufällige Flugzeugabsturz unter B.II.4.3.9 (S. 99 f.) abgehandelt. Die Genehmigungsbehörde geht davon aus, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes schon für den Leistungsbetrieb der Anlage als vernachlässigbar gering zu bewerten sei. Der unter konservativen Annahmen ermittelte Wert für die Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine bestätige die Einstufung als sehr seltenes Ereignis; dies gelte auch für die Stilllegung und den Abbau. Die Lage des Kernkraftwerkes und die Wirkung vorgelagerter Gebäude verminderten zudem die Wahrscheinlichkeit, dass ein relevantes Gebäude der Anlage KWO getroffen werde. Unabhängig hiervon weise insbesondere das Notstandsgebäude, in dem die bestrahlten Brennelemente bis zu ihrem Abtransport gelagert würden, eine Auslegung gegen Flugzeugabsturz auf. Weiterhin sei der Flugzeugabsturz auf die bestehenden Lagergebäude (Bau 39 und 52) untersucht worden, in denen die beim Abbau der Anlage anfallenden radioaktiven Reststoffe gelagert werden sollten. Die radiologische Belastung der Umgebung infolge des auslegungsüberschreitenden Ereignisses Flugzeugabsturz wird von der Genehmigungsbehörde als so niedrig bewertet, dass weitere Maßnahmen zur Minimierung der radiologischen Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Umgebung nicht erforderlich seien. In den von der Störfallbetrachtung vom 31.03.2010 in Bezug genommenen früheren Untersuchungen wird von einer Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine auf die relevanten Gebäude am Standort (insbesondere das Notstandsgebäude) von kleiner als 4 * 10 -8 a -1 ausgegangen. Ferner wurden die Auswirkungen eines Absturzes einer Militärmaschine mit vollem und leerem Tank (mit und ohne Brand) auf die Lagergebäude Bau 39 und 52 zu Beginn und Ende des Abbauvorhabens untersucht. Der dabei maximal ermittelte Wert für die effektive Dosis betrug am Anlagenzaun ca. 9,5 mSv und wurde für den Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude Bau 39 ermittelt; beim Absturz einer Militärmaschine mit vollem Tank auf dieses Gebäude wurde ein Wert für die effektive Dosis am Anlagenzaun von 7,8 mSv ermittelt (vgl. den auf S. 68 der Störfallbetrachtung wiedergegebenen Bericht der ... Systemplanung „Radiologische Auswirkungen eines unterstellten Absturzes eines Militärflugzeugs auf die Lagergebäude ...“).
104 
Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob der Beklagte das Szenario des zufälligen Absturzes einer schnell fliegenden Militärmaschine willkürfrei und ohne Verstoß gegen Ermittlungs- und Bewertungsfehler dem Restrisiko zuordnen durfte. Unzutreffend dürfte jedenfalls der in der 2. SAG (Begründung S. 48) wohl vertretene Standpunkt sein, auslegungsüberschreitende Ereignisse seien in jedem Fall dem Restrisiko zuzuordnen und weitere Minimierungsmaßnahmen hierfür nicht erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.) ist der Drittschutz nicht auf die erforderliche Schadensvorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt. Das deterministische Konzept der Auslegungsstörfälle (§ 49 Abs. 1 StrlSchV) regelt nur die Schadensvorsorge gegen - radiologisch relevante - Störfälle und schließt damit die erforderliche Vorsorge gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse nicht aus. Die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG beschränkt sich nicht auf Auslegungsstörfälle (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Dabei sind jedoch auch hinsichtlich des Störfallszenarios eines zufälligen Flugzeugabsturzes weder die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude noch die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick zu nehmen, da diese nicht vom Genehmigungsumfang der 2. SAG umfasst sind. In überzeugender Weise hat der Gutachter des TÜV Süd H. in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, warum bei dem Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude 39 eine effektive Dosis von 9,5 mSV und mithin ein höherer Wert als bei dem Absturz einer Maschine mit vollem Tank ermittelt worden ist. Der Gutachter hat dies in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend damit erklärt, dass bei dem Absturz eines Flugzeuges mit vollem Tank zwar ein zusätzlicher thermischer Antrieb entstehe, dieser jedoch zu einer weiträumigeren Verteilung des Quellterms führe; an den maßgeblichen Beurteilungspunkten trete daher eine geringere Dosisleistung auf. Damit hat der Gutachter die Einwände der Kläger, wonach regelmäßig ein Störfall mit Brand wegen des damit einhergehenden Eintrags einer zusätzlichen thermischen Last zu einem zusätzlichen Freisetzungsantrieb und damit zu höheren Belastungen führe, in überzeugender Weise widerlegt. Der von den Klägern beauftragte Gutachter Dipl-Phys. N. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Ausführungen des amtlich bestellten Gutachters aus physikalischer Sicht überzeugend seien.
105 
2.2.2 Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG zu Gunsten der Kläger gegeben ist.
106 
In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Kläger ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
107 
Die Kläger sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (dazu unter 2.2.2.1) als auch auf die Restanlage (dazu unter 2.2.2.2) als nicht gewährleistet an. Sie beanstanden in diesem Zusammenhang, dass im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine eigene Störfallbetrachtung hinsichtlich des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges, insbesondere eines Airbus A 380, auf das Notstandsgebäude vorgenommen worden sei. Der 2. SAG sei lediglich zu entnehmen, dass ein gezielter Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude unterstellt werde; aus der Genehmigung sei jedoch nicht ersichtlich, von welchem Radioaktivitätsinventar im Reaktorgebäude für den Zeitpunkt des Absturzes ausgegangen werde sowie welcher Flugzeugtyp betrachtet und welche Lastannahmen getroffen worden seien. Der gezielte Flugzeugabsturz gehöre nicht zum Restrisiko; er müsse nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.) auch für den Airbus A 380 zugrunde gelegt werden.
108 
2.2.2.1 Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auf das Störfallszenario des gezielten Absturzes eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37). Im Ansatz zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG  betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Indes ist diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung dagegen nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Kläger deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
109 
Im Übrigen könnten die Kläger selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelementlagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 -a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Kläger diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Klägern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Kläger im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des (geänderten) Betriebsreglements.
110 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt habe und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial mehr aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Kläger insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ in Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb bewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dabei sowohl der Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv als auch der Eingreifrichtwert für Umsiedlungen gemäß ICRP 63 und SSK eingehalten wird. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wurden bei dieser Untersuchung als im Hinblick auf das Aktivitätsinventar relevante Gebäude das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude, das Reaktorhilfsanlagengebäude, das Abfallbehandlungsgebäude sowie die Lagergebäude Bau 39 und 52 betrachtet. Da die Ergebnisse der Untersuchungen der Beigeladenen dem Beklagten als Verschlusssache übersandt worden und nicht zu der Genehmigungsakte gelangt sind, kann freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht und ob sie hinreichend konservativ erfolgt ist.
111 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher Bay.VGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beigeladene darüber hinaus bei ihrer Betrachtung auch die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf die Umsiedlung nach den „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ herangezogen (vgl. zu dieser Notwendigkeit OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.06.2013 - 4 KS 3/08 - NordÖR 2014, 67) und deren Unterschreitung festgestellt.
112 
2.2.2.2 Zu Recht durfte die Genehmigungsbehörde auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf die Restanlage für getroffen ansehen. Dabei sind ähnliche Erwägungen wie oben unter 2.2.1.3.2 hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage maßgeblich. Die gegenständliche 2. SAG nimmt das Kernkraftwerk in den Blick, wie es aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen errichtet und tatsächlich vorhanden ist. Für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ist deshalb ohne Belang, ob dieses Kernkraftwerk auch nach heutigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung unter dem Gesichtspunkt des gezielten Flugzeugabsturzes erfüllt. Das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nur insoweit von Bedeutung, als es spezielle Anforderungen an das Betriebsreglement oder den Abbau von Anlagenteilen stellt, die durch die gegenständliche Genehmigung legalisiert werden. Für das Bestehen derartiger spezifischer Anforderungen im Hinblick auf die Gefahr eines gezielten Flugzeugabsturzes ist jedoch nichts ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass bei Betrachtung eines gezielten Flugzeugabsturzes auf die Restanlage unter Ausklammerung des externen Brennelementlagerbeckens der nach dem oben Gesagten maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen bzw. die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf Umsiedlungsmaßnahmen unterschritten werden. Dies folgt bereits daraus, dass nach der von der Beigeladenen gefertigten radiologischen Charakterisierung sich ein ganz erheblicher Teil des Gesamtaktivitätsinventars (ca. 99 %) in den bestrahlten 342 Brennelementen befindet, die derzeit im externen Lagerbecken im Notstandsgebäude aufbewahrt werden. Auch muss in diesem Zusammenhang konsequenterweise das in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 befindliche Aktivitätsinventar außer Betracht bleiben, da diese Lagerung nach dem unter 2.2.1.3.1 Ausgeführten nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst ist.
113 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
114 
2.2.3 Die Klage kann nicht mit Erfolg auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge (dazu unter 2.2.3.1) oder die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV (dazu unter 2.2.3.2) gestützt werden.
115 
2.2.3.1 Ohne Erfolg machen die Kläger der Sache nach geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Kläger bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG legalisiere die weitere Lagerung der Brennelemente in dem externen Becken des Notstandsgebäudes; die Beigeladene habe nicht den erforderlichen Nachweis - etwa durch eine sog. Kalthandhabung - geführt, dass die Brennelemente direkt aus dem Nasslager in das geplante Standorttrockenlager verbracht werden könnten. Dabei machen die Kläger mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und  zu legalisieren. Der von den Klägern aufgeworfenen Frage nach der Auslagerungsmöglichkeit der Brennelemente war deshalb vor Erteilung der bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 nachzugehen, mit der die Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude genehmigt wurde. Der Beklagte hat in Übereistimmung hiermit vor Erteilung der Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Kläger mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht gefahrlos möglich sei.
116 
2.2.3.2 Ohne Erfolg rügen die Kläger, die angegriffene 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die nach § 29 StrlSchV notwendige Freigabeentscheidung für radioaktive Reststoffe nicht enthalte. Die Freigaberegelung werde für KWO nicht - wie in anderen Stilllegungsverfahren üblich - im Rahmen der Stilllegungsgenehmigung vorgenommen, sondern einem separaten Verfahren vorbehalten. Damit werde den Klägern die Möglichkeit genommen, ihre potentielle Betroffenheit prüfen zu können. Die Freigabeentscheidung könne die Anwohner indes direkt betreffen, soweit sie mit den in den konventionellen Stoffkreislauf abgegebenen radioaktiven Stoffen in Kontakt kämen.
117 
Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht in der gegenständlichen Genehmigung erfolgt. Vielmehr enthält die 2. SAG unter Kapitel D.2.1 (Seite 54) den Hinweis, dass in ihr nicht die Freigabe nach § 29 StrlSchV geregelt werde; die Freigabe sowie das Freigabeverfahren werde gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV in gesonderten Bescheiden des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geregelt. Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV kann die zuständige Behörde in einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG oder in einem gesonderten Bescheid das Verfahren zur Erfüllung der Anforderungen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie zur Feststellung nach § 29 Abs. 3 StrlSchV festlegen. Es besteht mithin keine rechtliche Verpflichtung, dieses Verfahren in der Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG festzulegen. Der Beklagte hat von der in § 29 Abs. 4 StrlSchV gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Freigabe nicht in der Stilllegungsgenehmigung, sondern in besonderen Bescheiden zu regeln. Unabhängig hiervon dürfte die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG drittschützenden Bereich der Schadensvorsorge, sondern die im Allgemeininteresse liegende und Individualrechte Dritter grundsätzlich nicht berührende Entsorgung betreffen (vgl. hierzu Bay.VGH, Gerichtsbescheid vom 17.08.1994 - 22 A 93.40047 - NVwZ-RR 1995, 136). Im Übrigen legen die Kläger nicht dar, inwieweit sie durch eine fehlerhafte oder unterbliebene Freigabeentscheidung in eigenen schützenswerten Belangen betroffen werden. Ihr Hinweis, sie könnten als Beschäftigte in Abfallverwertungs- oder Deponiebetrieben mit fehlerhaft freigegebenem radioaktiven Material in Betracht kommen, bleibt spekulativ.
118 
Nach alldem erweist sich die 2. SAG auch als materiell rechtmäßig.
119 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
120 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
121 
Beschluss vom 28.10.2014
122 
Der Streitwert des Klageverfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 6.2 und Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
123 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) erhobene Klage ist zulässig (dazu unter 1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (dazu unter 2.). Die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen zulässig. Die Kläger sind klagegefugt (dazu unter 1.1), auch steht ihnen das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu (dazu unter 1.2). Indes ist die von den Klägern zur Unterstützung ihres Vorbringens vorgelegte fachliche Begründung des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig (dazu unter 1.3).
32 
1.1 Die Kläger sind klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Kläger kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669; sowie vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133). Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Störfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - BVerwGE 88, 286; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 C 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Kläger machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallplanungswert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch lässt sich ihrem Vorbringen noch hinreichend entnehmen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365).
33 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Kläger überwiegend Störfallszenarien im Zusammenhang mit der Lagerung der Brennelemente im Notstandsgebäude (Bau 37) anführen und hieraus ihre Schlussfolgerung ziehen, die erforderliche Schadensvorsorge sei nicht getroffen. Zum einen kann nicht mit dem für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Offensichtlichkeitsmaßstab ausgeschlossen werden, dass die Lagerung der Brennelemente im Nasslager - wie von den Klägern umfangreich geltend gemacht - von der 2. SAG gedeckt ist; der Frage nach dem Gestattungsumfang der 2. SAG ist deshalb im Rahmen der Begründetheitsprüfung nachzugehen. Zum andern machen die Kläger noch hinreichend substantiiert geltend, dass zumindest im Falle des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf die Anlage selbst ohne Berücksichtigung des Notstandsgebäudes die Strahlenbelastung in ihrer Wohnumgebung sehr hoch sein wird und ein Überschreiten des maßgeblichen Störfallplanungswertes bzw. Eingreifrichtwertes dabei nicht auszuschließen ist. Ob die Klagebefugnis auch aus der fehlerhaften Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen folgt, kann offen bleiben. Mit der oben dargestellten Bejahung der Klagebefugnis wegen möglicherweise nicht hinreichender Schadensvorsorge ist die Klage insgesamt zulässig. Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuscheiden und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3.97 - Buchholz 402.25 § 41 BImSchG Nr. 18).
34 
1.2 Schließlich kann den Klägern auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage gegen die 2. SAG nicht abgesprochen werden. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -BVerwGE 121, 1; Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - RdL 2012, 153). Bei Anwendung dieses Maßstabs steht dem allgemeinen Rechtsschutzinteresse entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen nicht entgegen, dass selbst bei Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung die in Bestandskraft erwachsene 1. SAG fortbestehen würde, die das Stilllegungsreglement legalisierte. In diesem Zusammenhang bedarf die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang durch die Erteilung der 1. SAG das dabei geprüfte Konzept der Stilllegung in Bestandskraft erwachsen ist, keiner Klärung. Denn jedenfalls werden mit der 2. SAG zusätzliche Abbaumaßnahmen gestattet, gegen deren Gefahrenpotential sich die Kläger wenden. Die Aufhebung der gegenständlichen Genehmigung ist für die Kläger deshalb nicht unter jedem Gesichtspunkt nutzlos, zumal bei einem eventuell notwendig werdenden Neuerlass der Genehmigung zusätzliche Schutzmaßnahmen verfügt werden könnten.
35 
Das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht auch noch bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fort, obwohl die Beigeladene inzwischen einen erheblichen Teil der mit der 2. SAG legalisierten Abbaumaßnahmen durchgeführt und dabei insbesondere die Großkomponenten des Primärkreislaufs in den Anlagenräumen des Reaktorgebäudes komplett beseitigt und zu einem externen Dienstleister verbracht hat. Zwar leiten die Kläger die von ihnen geltend gemachten Defizite der Schadensvorsorge unter anderem aus Störfallszenarien her, die im Zusammenhang mit dem Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs stehen. Daneben machen die Kläger Defizite der Schadensvorsorge auch im Zusammenhang mit dem Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude (Bau 37) geltend, etwa indem sie auf das Problem der Rückwirkungsfreiheit von Abbaumaßnahmen auf die weitere Lagerung der Brennelemente in diesem Gebäude hinweisen. Indes hat der mit der 2. SAG genehmigte Abbau von Anlagenteilen im Notstandsgebäude noch nicht begonnen, sodass das von den Klägern geltend gemachte Besorgnispotential weiter besteht. Gerade das von den Klägern zu Recht thematisierte Problem der Rückwirkungsfreiheit zeigt, dass das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht bezüglich eines Teils der bereits durchgeführten Abbaumaßnahmen verneint werden kann.
36 
1.3 Die Kläger haben zur Unterstützung ihres Klagevorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zur Klage gegen die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für das AKW Obrigheim“ des Gutachtensbüros I. GmbH vom 11.06.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können grundsätzlich nicht als Klagebegründung berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.2012 - 8 B 58.12 - NVwZ-RR 2013, 341; sowie Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Klagebegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 11.06.2012 enthaltenen rechtlichen Erwägungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Klagebegründungsschrift, den sonstigen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
37 
2. Die gegenständliche 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 leidet weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Kläger in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
38 
2.1 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die 2. SAG nicht formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft (dazu unter 2.1.2) durchgeführt worden oder eine notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben wäre (dazu unter 2.1.3).
39 
2.1.1 Zwar können die Kläger rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
40 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -NuR 2013, 184) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein diesbezüglicher Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt. § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG die Begründetheitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - DVBl. 2012, 501). Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2041).
41 
2.1.1.2 Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
42 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
43 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen, das Gesamtkonzept enthaltenden Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Klägern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
44 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. § 19b Abs. 2 AtVfV stellt klar, dass dann, wenn erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird, von einer Öffentlichkeitsbeteiligung nicht abgesehen werden kann. Anknüpfend an den vorhergehenden Absatz regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung im Falle der erstmaligen Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Die Binnensystematik von § 19b AtVfV ermöglicht deshalb nicht den von den Klägern gezogenen Schluss, Absatz 2 der Bestimmung regele nur die Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung und sei damit im Anwendungsbereich von Absatz 3 der Vorschrift nicht aussagekräftig. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrunde liegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stilllegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
45 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Kläger, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern könne. Die Kläger verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglichkeitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht mithin eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der 1. Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte nur vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
46 
Dieses Auslegungsergebnis steht mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der maßgeblichen Fassung der Richtlinie 97/11/EG (sogenannte UVP-Änderungsrichtlinie) im Einklang. In Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der Richtlinie 97/11/EG wird für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten zur Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren eingeführt. Diese Vorgabe ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.07.2001 (BGBl. I 2001, 1950) ohne Defizite in das nationale Recht umgesetzt worden. Der Gesetzgeber war insbesondere bei Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG nicht gehalten, für einzelne Maßnahmen zur Stilllegung von Reaktoren eine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung vorzusehen. Vielmehr schreibt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/11/EG lediglich vor, dass Projekte des Anhangs I einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach den näheren Bestimmungen der Art. 5 bis 10 zu unterziehen sind. Wie sich bereits der Binnensystematik von Art. 5 der vorgenannten Richtlinie entnehmen lässt, stellt das Unionsrecht als Bezugspunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblich auf den Begriff des „Projekts“ ab. Insbesondere die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie gestellten Anforderungen an vom Projektträger beizubringenden Antragsunterlagen zeigen, dass unter dem Begriff des Projekts das technische Vorhaben insgesamt, nicht aber der Gegenstand des einzelnen Antrags zu verstehen ist. Die Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gewährleistet bei der hier vertretenen Auslegung, dass die unionsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben zur Stilllegung und zur Demontage von Kernkraftwerken und Reaktoren eingehalten werden. Nach dieser Vorschrift sind nach dem oben Gesagten die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau ortsfester Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig. Die darüber hinaus für einzelne Stilllegungsmaßnahmen vorgesehene Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG stellt darüber hinaus sicher, dass umweltrelevante Abweichungen der einzelnen Maßnahmen von der bei der Verträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens betrachteten Abbaukonzeption einer zusätzlichen Prüfung zugeführt werden. Jedenfalls seit Einführung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG ist auch gewährleistet, dass im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG wesentliche Fehler im Verfahren der Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG gerichtlich sanktioniert werden.
47 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
48 
Im Übrigen sind die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung auch in der Sache nicht stichhaltig. Fehl geht die Rüge der Kläger, die Beigeladene habe im Genehmigungsantrag für die 1. SAG die geplanten Maßnahmen nur „sehr allgemein und teilweise unbestimmt dargelegt“. Gemäß § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV müssen die bei einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG vorzulegenden Unterlagen lediglich darlegen, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden. Diesem Regelungskonzept ist immanent, dass die mit dem erstmaligen Antrag beizubringenden Unterlagen typischerweise noch nicht den Detaillierungsgrad nachfolgender Genehmigungsschritte aufweisen. Zutreffend dürften die Kläger zwar darauf hinweisen, dass die Darstellungstiefe der „insgesamt geplanten Maßnahmen“ und ihrer Auswirkungen auf die UVP-Schutzgüter gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 AtVfV weniger weitreichend ist als die Darstellungstiefe im Rahmen eines vorläufigen positiven Gesamturteils im Teilgenehmigungsverfahren nach § 18 AtVfV. Wie in den Genehmigungen eindeutig dargestellt ist, handelt es sich bei der 1. SAG und der 2. SAG indes nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV, sondern um jeweils selbständige Genehmigungen, die nicht über ein vorläufiges positives Gesamturteil verbunden sind. Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Unterlagen und die Entscheidung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG sind deshalb in § 19b Abs. 1 AtVfV abschließend geregelt; die in § 18 AtVfV für Teilgenehmigungen statuierten Anforderungen sind hier nicht einschlägig.
49 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG eine e Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Kläger verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden maßgeblich auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.). Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Kläger, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. Notstandsgebäude (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
50 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Des Weiteren wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und  vollständig zu legalisieren.
51 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Beklagte umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Beklagte den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
52 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 ( S. 14 der 2. SAG ) auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Klägern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
53 
Entgegen der Auffassung der Kläger kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. (S. 22 der 2. SAG) Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen teilweise wiederholend zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen. Im Übrigen bezieht sich die von den Klägern herangezogene Nebenbestimmung in A.III.3. auf die Modalitäten des Brennelementtransports, nicht auf den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude.
54 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Indes ist das Antragsschreiben der Beigeladenen vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Beklagten vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Schreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37). Deshalb war entgegen der Auffassung der Kläger eine teilweise Antragsablehnung bei Erlass der 2. SAG nicht geboten.
55 
Auch der Versuch der Kläger, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein abweichendes Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Klägern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt hat, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gilt jedoch die oben angestellte Erwägung, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
56 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens und der im Betrieb bleibenden Systeme und Anlagen. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Beklagte ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt -aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Zutreffend weisen die Kläger zwar darauf hin, dass der Betrieb des externen Brennelementlagers zum Stilllegungsbetrieb gehört. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Betrieb des externen Nasslagers insgesamt durch die 2. SAG neu legalisiert wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang sich der nach § 20 AtG bestellte Gutachter in seinen Ausführungen vom März 2011 mit dem Betrieb des externen Lagerbeckens beschäftigt hat. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Klägern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Klägern erwähnte E-Mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Beklagten mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
57 
Nach alldem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt  geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
58 
2.1.2 Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles leidet nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden Verfahrensfehler. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Be-stimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann vor, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, die durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl. I S. 95) mit Wirkung vom 29.01.2013 erlassen worden ist, ist hier anwendbar, obwohl es für die gerichtliche Überprüfung atomrechtlicher Genehmigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass ankommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288; sowie vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern (vgl. BT-Drs. 17/10957 S. 18; BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669). Auch gilt die neu geschaffene und die bisherige Rechtslage klarstellende (vgl. hierzu BT-Drs. 17/1095 S. 17; sowie BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30.10 - a.a.O.) Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen oder leidet sie an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gleichgestellten schwerwiegenden Fehler, ist dieser Mangel nach dem oben Gesagten erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Indes leidet die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Verfahrensfehler.
59 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3 UVPG Rn. 26.1). Anknüpfend an diese der zuständige Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen. Der Gesetzgeber bestätigt und konkretisiert damit die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445).
60 
Bei Anwendung dieses Maßstabs leidet die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler. Die Genehmigungsbehörde hat den relevanten Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst, die einschlägigen Verfahrensregeln und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten, keine sachfremden Erwägungen angestellt und das maßgebliche Recht zutreffend angewandt. Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung insbesondere entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das einschlägige Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG zutreffend angewendet.
61 
Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Beklagte hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Beklagte ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Beklagten vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen insgesamt zu eigen gemacht hat.
62 
2.1.2.2. Die 2. SAG enthält entgegen der Meinung der Kläger keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr halten sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
63 
2.1.2.2.1. Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Einbau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Den von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit, die Brennstäbe aus dem externen Brennelementlagerbecken störungsfrei abzutransportieren, war deshalb lediglich im Verfahren zur Erteilung der Änderungsgenehmigung zur 1. SAG nachzugehen. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als eine den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass durch die punktuellen und geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. In Übereinstimmung hiermit wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
64 
2.1.2.2.2. Auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte ist keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem hierauf bezogenen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kontrollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter nebst Reaktordruckbehältereinbauten und biologischem Schild (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer - am 30.04.2013 erteilten und in Bestandskraft erwachsenen - 3. SAG vorbehalten bleiben.
65 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, es könne sich bei der für den 2. Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im 2. Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen kann eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen. Maßgeblich für die Umweltrelevanz ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des 2. Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Kläger, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird. Keiner abschließenden Klärung bedarf die zwischen den Beteiligten kontrovers erörterte Frage, ob der von den Betriebsgenehmigungen gedeckte Zustand einer längeren Öffnung des Reaktordeckels bei umfangreichen Revisionsarbeiten mit der hier in Rede stehenden Situation vergleichbar ist. Dabei spricht jedoch einiges für die Darlegung des Beklagten, dass die Situation eines offen stehenden Reaktordruckbehälters in der Leistungsbetriebsphase in sicherheitstechnischer Hinsicht kritischer zu beurteilen ist als der hier in Rede stehende Zustand.
66 
2.1.2.2.3. Eine wesentliche Änderung ist schließlich nicht dadurch eingetreten, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Kläger freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, sodass die Anlage bei Beginn des 2. Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Kläger nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des 2. Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
67 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Die Dauer dieser Lagerung wurde weder durch die 1. SAG noch durch die gegenständliche Genehmigung eingeschränkt. Vielmehr erstreckt sich der Genehmigungsumfang der 1. SAG nach dem oben Gesagten auf den Stilllegungsbetrieb, der unter anderem die Lagerung der Brennelemente im externen Brennelementlagerbecken des Notstandsgebäudes umfasst (vgl. A I.1.1 der 1. SAG, Seite 2). Übereinstimmend hiermit wird in der Begründung der 1. SAG davon ausgegangen, dass sich die bestrahlten Brennelemente in der Phase des Stilllegungsbetriebs voraussichtlich noch im externen Brennelementlagerbecken befinden werden; die Genehmigung nimmt den Abbau der Anlage und von Anlagenteilen parallel zu dieser Lagerung in den Blick (vgl. B.I.2.4.4.3 der 1. SAG, S. 43). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit zu betrachten, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Dabei ist auszuschließen, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollen nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und die hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Im Sicherheitsbericht wird näher dargelegt, dass die für die Lagerung und Handhabung der bestrahlten Brennelemente erforderlichen Anlagenteile und Systeme erst nach dem Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage stillgesetzt und abgebaut werden. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
68 
Nach alldem hat der Beklagte die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
69 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Kläger war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Hiergegen bestehen auch im Hinblick auf von der Bundesrepublik eingegangene völkerrechtliche Verpflichtungen keine Bedenken (dazu unter 2.1.3.3). Dahingestellt bleibt, ob die Kläger bei einer rechtswidrig unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung in eigenen Rechten verletzt würden (dazu unter 2.1.3.4).
70 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen gemäß § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war nach dem oben Dargelegten für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine e Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
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2.1.3.2 Der Beklagte hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer en fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Gemäß § 19b Abs. 2 Satz 1 AtVfV kann nach dem oben unter 2.1.3.1 Ausgeführten im Falle der erstmaligen Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung nicht von der Auslegung und Bekanntmachung des Vorhabens abgesehen werden. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AtVfV vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
72 
Diese Voraussetzungen liegen für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Nach dieser Bestimmung müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung haben werden. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 nicht entnehmen, dass die vor Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nicht den oben dargestellten Anforderungen entsprochen hätten. Zwar führt die Reaktorsicherheitskommission aus, dass auf der Basis der vorliegenden Unterlagen eine detaillierte Beurteilung des Gesamtkonzepts zur Stilllegung und zum Abbau des KWO nicht möglich sei, da über Abbaumaßnahmen, ihre vorgesehene Reihenfolge und über Abbaumethoden während des 2. Genehmigungsschritts nur sehr allgemeine Aussagen vorlägen; auch in dem Genehmigungsentwurf werde über die Zulässigkeit der über den 1. Abbauschritt hinausgehenden Maßnahmen keine Aussage getroffen (vgl. S. 7 der Stellungnahme). Indes hat die Reaktorsicherheitskommission in ihrer abschließenden Stellungnahme ausdrücklich bestätigt, dass die vorgelegten Unterlagen im Hinblick auf § 19b AtVfV ausreichend seien (S. 20 der Stellungnahme vom 11./12.12.2007). Diese Auffassung der Reaktorsicherheitskommission steht mit dem Regelungskonzept von § 19b AtVfV im Einklang. § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV erfordert nicht, dass alle Abbauschritte in den mit dem Erstgenehmigungsantrag vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig beschrieben werden. Die Vorschrift erfordert nur, dass „Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung ... oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen“ in den Antragsunterlagen enthalten sind, die „die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist“.
73 
An der Richtigkeit der Einschätzung der Reaktorsicherheitskommission ändern auch die weiteren Rügen der Kläger nichts, die sich im Kern gegen das vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Verwaltungsverfahren richten. Auch in diesem Zusammenhang sind die Kläger aufgrund der Bestandskraft der 1. SAG mit Einwendungen gegen deren Rechtmäßigkeit ausgeschlossen. Im Übrigen durften die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Erwartung hegen, etwaige Rügedefizite im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG würden in nachfolgenden Genehmigungsschritten geheilt. Vielmehr wären die Kläger gehalten gewesen, die von ihnen beanstandeten Fehler mit einem Rechtsbehelf gegen die 1. SAG geltend zu machen.
74 
Unabhängig hiervon greifen die Rügen der Kläger auch in der Sache nicht durch. Die Kläger beanstanden vor allem, dem im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Sicherheitsbericht seien keine konkreten Angaben zu der Strahlenbelastung durch Direktstrahlung am Anlagenzaun und der Umgebungsüberwachung zu entnehmen; Betroffenen sei es deshalb nicht möglich gewesen, ihre Belastung durch Direktstrahlung zu überprüfen. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ist die Strahlenexposition in der Umgebung während des gesamten Vorhabens in Kapitel 9 (S. 176 ff.) ausreichend dargestellt. In Kapitel 9.2.1 wird die Strahlenexposition durch Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Luft, in Kapitel 9.2.2 durch Ableitung mit dem Abwasser dargestellt; Kapitel 9.4 (S. 182 f.) erörtert die Begrenzung der Strahlenexposition aus Direktstrahlung und aus Ableitungen radioaktiver Stoffe mit der Luft und dem Abwasser. Die von den Klägern vermissten weiteren Angaben zur Direktstrahlung waren im Sicherheitsbericht nicht zwingend veranlasst. Die Direktstrahlung ist lediglich für die Einhaltung des Dosisgrenzwerts nach § 46 StrlSchV von Bedeutung, der die Gesamtstrahlenexposition aus Direktstrahlung sowie sämtlichen Ableitungen und unter Berücksichtigung der radiologischen Vorbelastung am Standort und der Strahlenexposition infolge des geplanten Standortzwischenlagers erfasst. Die Gesamtstrahlenexposition darf den Grenzwert für die effektive Dosis gemäß § 46 Abs. 1 StrlSchV von 1 mSv im Kalenderjahr an keiner Stelle außerhalb des Betriebsgeländes der Anlage überschreiten; einen eigenständigen Grenzwert für die Direktstrahlung gibt es indes nicht. Da der Dosisgrenzwert nach den Darstellungen im Sicherheitsbericht zur 1. SAG deutlich unterschritten wird, waren weitere Darlegungen im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG nicht veranlasst. Auch hinsichtlich der Umgebungsüberwachung waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG keine zusätzlichen oder anderen Umstände im Sinne von § 4 Abs. 2 AtVfV darzulegen, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen ließen. Die Umgebungsüberwachung wird im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 in Kapitel 5.5 (S. 124) für das Gesamtvorhaben dargestellt. Der Sicherheitsbericht weist darauf hin, dass nach der Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen (REI) ein Überwachungsprogramm sowohl durch den Betreiber der Anlage als auch von unabhängigen Messstellen im Auftrag der zuständigen Behörde durchzuführen ist. Weitergehende Darlegungen waren nicht zwingend veranlasst, insbesondere nicht die von den Klägern vermisste konkrete Darstellung der vorgesehenen Orte von Probeentnahmen.
75 
Fehl geht auch die Rüge der Kläger, die Reihenfolge des Abbaus von Systemen und Komponenten für den 2. Genehmigungsschritt sei in den im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG ausgelegten Unterlagen nur sehr allgemein beschrieben; eine Überprüfung der Wechselwirkungen zwischen dem Abbau von Systemen und Komponenten im Kontrollbereich (einschließlich Notstandsgebäude) und dem Betrieb des Brennelementlagerbeckens sei nicht ausreichend möglich. Vielmehr ist eine Beschreibung sämtlicher Abbauschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 zur 1. SAG erfolgt (vgl. Kapitel 4, S. 76 ff.). Dort wurden auch die einzelnen zur Anwendung gelangenden Zerlege- und Abbauverfahren beschrieben und dargestellt, nach welchen Methoden die weitere Abbauplanung erfolgen wird. Schließlich enthält der Sicherheitsbericht zur 1. SAG in Kapitel 2.4 (S. 48 bis 54) eine überschlägige Beschreibung des radiologischen Ausgangszustands der Anlage. Der Detaillierungsgrad dieser Darstellung genügt den an einen Sicherheitsbericht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AtVfV zu stellenden Anforderungen. Die von den Klägern vermisste Zuordnung von Abbau- und Zerlegemethoden zu den einzelnen Anlagen und Komponenten ist von Rechts wegen nicht zwingend geboten. Entgegen der Auffassung der Kläger waren im Sicherheitsbericht für die 2. SAG auch nicht zusätzliche Störfallszenarien zu betrachten, die eine ergänzende Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig gemacht hätten. Die Kläger machen auch in diesem Zusammenhang überwiegend Störfallszenarien geltend, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im Notstandsgebäude stehen. Nach dem oben unter 2.1.1.4 Dargelegten ist die Nasslagerung der Brennelemente nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst. Im Sicherheitsbericht zur Erteilung der 2. SAG war deshalb keine weitergehende Betrachtung von Störfallszenarien erforderlich, die im Zusammenhang mit der Brennstofflagerung im externen Becken stehen. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargestellt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG beschriebenen Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahme überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Beklagten, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
76 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I.2.4.1) ergibt, hat die Genehmigungsbehörde das ihr eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensbetätigung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Beklagte hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien. Entgegen der Auffassung der Kläger war in die Ermessensentscheidung nicht mit besonderem Gewicht einzustellen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung zur 1. SAG zwischen Juli und August 2006 und damit über fünf Jahre vor Erteilung der 2. SAG durchgeführt wurde. Zwar kann sich in einem derartigen Zeitraum der Kenntnisstand der Öffentlichkeit etwa zur eigenen Betroffenheit ändern. Auch im Rahmen der Ermessensausübung war die Genehmigungsbehörde jedoch nicht verpflichtet, das Gesamtabbauvorhaben  in den Blick zu nehmen, sondern durfte sich auf die mit der 2. SAG genehmigten Maßnahmen beschränken. Dies gilt im besonderen Maße vor dem Hintergrund, dass im vor Erteilung der 1. SAG durchgeführten förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren keinerlei Äußerungen aus der Bevölkerung eingegangen sind. Schließlich stellt auch der von den Klägern herausgestellte Umstand, dass im Gestattungsumfang der 2. SAG mit einem gegenüber der 1. SAG deutlich größeren Aktivitätsinventar umgegangen wird, keinen für die Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt dar. Die Einschätzung des Beklagten hinsichtlich des von einer en Öffentlichkeitsbeteiligung zu erwartenden Erkenntnisgewinns ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
77 
2.1.3.3 Eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG war nicht im Hinblick auf die von der Bundesrepublik Deutschland als Signatarstaat des Übereinkommens vom 25.06.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention; Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. II, S. 1251) geboten. Die Aarhus-Konvention ist nicht nur von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern von der Europäischen Union selbst ratifiziert worden; als sogenanntes gemischtes Abkommen ist sie Teil des Unionsrechts. Dabei spricht vieles dafür, dass hinreichend bestimmte und unbedingte Bestimmungen der Aarhus-Konvention unmittelbar anwendbares EU-Recht darstellen und aufgrund der Ratifikation durch die Bundesrepublik Deutschland auch als innerstaatliches Recht gelten (vgl. hierzu näher OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 B 11266/12 - UPR 2013, 233; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2012 - 8 B 38/08.AK - NuR 2012, 722). Darüber hinaus sind die nationalen Gerichte der Signatarstaaten gehalten, Bestimmungen der Aarhus-Konvention, denen wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten der nationalen Rechtsordnung keine unmittelbare Wirkung zukommt, im Rahmen ihres nationalen Verwaltungsverfahrensrechts und Verwaltungsprozessrechts soweit wie möglich im Einklang mit den Zielen der Konvention zur Anwendung zu bringen (BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312).
78 
Entgegen der Auffassung der Kläger gebieten die Bestimmungen der Aarhus-Konvention in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht die Durchführung einer en Öffentlichkeitsbeteiligung. Die von den Klägern herangezogene, allein einschlägige Bestimmung des Art. 6 Abs. 1a i.V.m. Nr. 1 des Anhangs I der Aarhus-Konvention verlangt, dass die Signatarstaaten unter anderem bei der Demontage oder Stilllegung von Kernkraftwerken oder Reaktoren ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchführen. Der Aarhus-Konvention liegt die Erkenntnis zugrunde, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen (Erwägungsgründe, 9. Absatz). Zielsetzung der Konvention ist es, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsvorhaben im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, um hierdurch Vollzugsdefiziten zu Lasten der Umwelt entgegenzuwirken (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206). Zur Erreichung dieser Ziele sehen Art. 6 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention vor, dass die betroffene Öffentlichkeit im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren frühzeitig über das Vorhaben informiert wird, damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des Entscheidungsverfahrens gegeben wird. Nach Art. 6 Abs. 4 der Konvention sorgt jede Vertragspartei für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann. Damit soll der Anforderung von Art. 6 Abs. 8 der Aarhus-Konvention Rechnung getragen werden, wonach die Vertragsparteien sicherstellen, dass das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt werden kann.
79 
Diesen Vorgaben genügt das in § 19b Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2, 4 AtVfV vorgesehene Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Die danach bei Teilgenehmigungen oder - wie hier in Rede stehend - bei aufeinander bezogenen Genehmigungen für ein einheitliches Vorhaben des Abbaus einer kerntechnischen Anlage vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der ersten Genehmigung stellt in besonderem Maße sicher, dass Anregungen der Öffentlichkeit berücksichtigt werden können, bevor durch Beginn der Maßnahme vollendete Tatsachen geschaffen werden. Auch wird durch die entsprechend anwendbare Vorschrift des § 4 Abs. 2 und 4 AtVfV sichergestellt, dass eine e Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung weiterer Genehmigungen dann stattfindet, wenn im Sicherheitsbericht zusätzliche oder andere Umstände darzulegen wären, mithin eine wesentliche umweltrelevante Änderung im Verlaufe des Verfahrens eingetreten ist. Weder Art. 6 noch den übrigen Bestimmungen der Aarhus-Konvention lässt sich etwas für die von den Klägern vertretene Auffassung entnehmen, bei aufeinander bezogenen Genehmigungsschritten eines Abbauvorhabens müsse jeder Antragsgegenstand einem neuen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren zugänglich gemacht werden. Mithin war die Genehmigungsbehörde auch im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV auch nicht mit Blick auf die Vorgaben der Aarhus-Konvention gehalten, im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eine e Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
80 
2.1.3.4 Ob bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung die Kläger in eigenen Rechten verletzt würden, kann hiernach dahinstehen. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht jedenfalls, solange der Gesetzgeber nicht Verfahrensteilhaberechte unabhängig von einer potentiellen materiell- rechtlichen Betroffenheit schafft, Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Klägern nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen ist ihnen von der Genehmigungsbehörde jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden.
81 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
82 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Beklagte hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Klägern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Klägern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann die Klage nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge und die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
83 
2.2.1 Der Beklagte durfte die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
84 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungs-gerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die alleinige Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR /07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
85 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Dabei erschöpft sich der Funktionsvorbehalt der Genehmigungsbehörde nicht in der Identifikation der vorsorgerelevanten Risikoszenarien, sondern umfasst auch die konkrete Ausgestaltung des im Bereich der Risikovorsorge erforderlichen Schutzes. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Aus dem Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge folgt, dass die Exekutive im Rahmen ihrer prognostischen Einschätzung alle wissenschaftlich und technisch vertretbaren Erkenntnisse heranzuziehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Vorsorge bedeutet zudem, dass bei der Beurteilung von Schadenswahrscheinlichkeiten nicht allein auf das vorhandene ingenieurmäßige Erfahrungswissen zurückgegriffen werden darf, sondern Schutzmaßnahmen auch anhand „bloß theoretischer“ Überlegungen und Berechnungen in Betracht gezogen werden müssen, um Risiken aufgrund noch bestehender Unsicherheiten oder Wissenslücken zuverlässig auszuschließen. Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
86 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§§ 46, 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge bestimmt und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300; sowie vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
87 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß §§ 46, 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Kläger sehen Defizite in der Schadensvorsorge dadurch begründet, dass die Beigeladene keine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen habe und sich zum Zeitpunkt der Abbaumaßnahmen noch Kernbrennstoffe in der Anlage befänden. Indes ist der Beklagte willkürfrei ohne Ermittlungs- und Bewertungsdefizite zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einem bestimmungsgemäßen Stilllegungs- und Abbaubetrieb die erforderliche Schadensvorsorge getroffen wird und deshalb nicht die Überschreitung von Grenzwerten droht.
88 
2.2.1.2.1 Vor Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der Anlage zumindest in dem Umfang erfolgt, wie dies für die Gewährleistung der erforderlichen Schadensvorsorge notwendig ist. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage vor ihrem Abbau nicht lediglich für die Bemessung der Deckungsvorsorge nach Maßgabe von § 13 AtG i.V.m. der Verordnung über die Deckungsvorsorge nach dem Atomgesetz (AtDeckV), sondern auch für die sachgerechte Planung der Abbaumaßnahmen notwendig ist. So ist eine hinreichende Kenntnis der radiologischen Ausgangssituation für die Wahl der Abbau- und Zerlegeverfahren sowie für eine fehlerfreie Störfallbetrachtung unerlässlich. Aus diesem Grund hat eine sachgerechte radiologische Charakterisierung Bedeutung für die Einhaltung der erforderlichen Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 5 AtG. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG ist eine ausreichende radiologische Charakterisierung der abzubauenden Anlage erfolgt.
89 
Grundlage der 2. SAG ist nach A.II. Nr. 15 der Erläuterungsbericht Nr. 13 „Radiologischer Anlagenzustand“ (Index a vom 22.02.2010). Der Bericht beschreibt den radiologischen Zustand des KWO zum Bezugszeitpunkt 01.01.2010, schätzt das radioaktive Gesamtinventar der Anlage ab und ordnet dieses einzelnen Komponenten zu. Der Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom 11./12.12.2007 kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht entnommen werden, dass die radiologische Charakterisierung der Anlage nicht in ausreichendem Umfang erfolgt wäre. Zwar hat die Reaktorsicherheitskommission in dieser im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass eine umfassende und detaillierte radiologische Charakterisierung der gesamten Anlage Basis für das gesamte Stilllegungs- und Abbaukonzept einschließlich der Transport- und Lagerlogistik sei; da eine solche radiologische Charakterisierung detailliert noch nicht für die gesamte Anlage durchgeführt worden sei, könne dieser Punkt aus Sicht der Kommission noch nicht vollständig bewertet werden. Indes hat die Beigeladene als Reaktion auf diese Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission eine ergänzende radiologische Charakterisierung erstellt, deren Detaillierungsgrad über den im Genehmigungsverfahren zur Erteilung der 1. SAG vorgelegten Erläuterungsbericht hinausgeht. Nach dem Vortrag der Beigeladenen hat die Reaktorsicherheitskommission diese nicht in das Verfahren zur Erteilung der 2. SAG eingeführte ergänzende radiologische Charakterisierung im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens geprüft und gebilligt. Unabhängig hiervon hat die Beigeladene im Verfahren zur Erteilung der streitgegenständlichen 2. SAG eine zusammenfassende Darstellung der radiologischen Charakterisierung der Anlage mit Schreiben vom 06.07.2010 der Genehmigungsbehörde vorgelegt. Die zuständige Entsorgungskommission hat sich in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 mit der Untersuchung „radiologische Charakterisierung der Anlage“ vom 06.07.2010 auseinandergesetzt und diese gebilligt. Nach Erkenntnis der Entsorgungskommission entsprächen die in den Unterlagen zusammengestellten Daten im Wesentlichen dem Stand in anderen Stilllegungsverfahren und gäben einen groben Überblick über den radiologischen Zustand der Anlage. Für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke seien die Daten im Rahmen der Abbauplanung durch weitere Probenahmen zu verifizieren und zu ergänzen. Die in der radiologischen Charakterisierung noch fehlenden Aktivitätsangaben von relevanten Nukliden wie z.B. H-3 und C-14 hätten keinen Einfluss auf die Konzeption der Maßnahmen und seien spätestens im Rahmen der Abbauplanung zu ergänzen. Dies gelte auch für die bisher nur auf Basis von Wischtesten durchgeführte radiologische Charakterisierung der Gebäudestrukturen im Kontrollbereich; für die Festlegung von abdeckenden Nuklidvektoren seien auch hier Materialproben erforderlich. Zusammengefasst führt die Entsorgungskommission aus, dass sie „insgesamt keine Bedenken gegen das geplante und nunmehr weiter konkretisierte Gesamtkonzept zur Stilllegung und den Abbau der Anlage KWO“ habe (S. 7 der Stellungnahme vom 09.06.2011). Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 keine gegenüber den früheren Forderungen der Reaktorsicherheitskommission zurückbleibenden Anforderungen an die radiologische Charakterisierung der Anlage gestellt. Vielmehr hat die Entsorgungskommission dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beigeladene im Verlaufe des Verfahrens ergänzende, bei Erteilung der 1. SAG noch nicht vorliegende radiologische Charakterisierungen vorgenommen hat. Auch die von den Klägern beanstandete Formulierung in der Stellungnahme der Entsorgungskommission, wonach für die konkrete Durchführung der einzelnen Abbaugewerke weitere Probenahmen und die Verifizierung der gewonnenen Daten notwendig sei, ist nicht im Sinne eines herabgesetzten Darstellungsniveaus zu bewerten. Vielmehr ist diese Aussage so zu verstehen, dass ergänzende Probenahmen vor Abbaumaßnahmen lediglich in den nicht zugänglichen Anlagenteilen für statthaft gehalten werden. Im Übrigen haben die Kläger kein plausibles Szenario geltend gemacht, bei dem die von ihnen beanstandete unzureichende radiologische Charakterisierung zu einer von Rechts wegen nicht hinzunehmenden Strahlenexposition führen könnte. Zu Recht räumen die Kläger ein, dass selbst bei einer nicht in jeder Hinsicht ausreichenden radiologischen Charakterisierung keine Überschreitung der relevanten Dosisgrenzwerte für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb zu erwarten ist. Die Kläger sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, das nach dem oben unter 2.2.1.2 Ausgeführten jedoch nicht drittschützend ist.
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2.2.1.2.2 Auch der Umstand, dass die Anlage KWO zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG und deren bestimmungsgemäßer Ausnutzung nicht kernbrennstofffrei ist, führt nicht zu einem Schadensvorsorgedefizit zu Lasten der Kläger. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die 2. SAG ebenso wie die 1. SAG keine zeitlichen Vorgaben für die Entfernung der bestrahlten Brennelemente aus dem externen Lagerbecken im Notstandsgebäude enthält. Fehl geht indes ihre Annahme, die Kernbrennstofffreiheit der Anlage sei nach den maßgeblichen Regelwerken Grundvoraussetzung für die Vornahme von Abbauarbeiten. Vielmehr fordert Ziff. 2.1 des Leitfadens zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau von Anlagen oder Anlagenteilen nach § 7 des Atomgesetzes vom 26.06.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) in Absatz 4 lediglich, dass „solange sich während des Stilllegungsverfahrens noch Kernbrennstoff über den in § 2 Abs. 3 AtG genannten Massen oder Konzentrationen in der Anlage befindet, die dafür notwendigen Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit weiterhin zu erfüllen“ sind. In Übereinstimmung hiermit sehen auch die „Empfehlungen der ESK Leitlinien zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen“ vom 09.09.2010 (Bundesanzeiger 2010, Nr. 187) vor, dass nach Beendigung des auslegungsgemäßen Betriebs die erforderliche Vorsorge gegen Schäden nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu treffen sei. Dazu sei die Einhaltung der Schutzziele Kontrolle der Radioaktivität, Abfuhr der Zerfallswärme, Einschluss der radioaktiven Stoffe und Begrenzung der Strahlenexposition sicherzustellen. Nach Erreichen der Kernbrennstofffreiheit seien nur noch die Schutzziele „Einschluss der radioaktiven Stoffe“ und „Begrenzung der Strahlenexposition“ sicherzustellen. Deshalb sei es zweckmäßig, Kernbrennstofffreiheit möglichst schnell herzustellen. Das Herstellen der Kernbrennstofffreiheit wird dabei ausdrücklich als optionale stilllegungsvorbereitende Maßnahme bezeichnet (vgl. Ziff. 4 der Leitlinien). Auch nach den Empfehlungen der Entsorgungskommission ist die Kernbrennstofffreiheit bzw. der Abtransport der Brennelemente nicht unabdingbare Voraussetzung für die Stilllegung und den Abbau einer kerntechnischen Anlage. In Übereinstimmung hiermit sind sowohl die Reaktorsicherheitskommission in ihrer Stellungnahme vom 11./12.12.2007 zur 1. SAG als auch die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 im Rahmen des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt, dass der Weiterbetrieb des externen Brennelementlagers keine sicherheitsrelevanten Wechselwirkungen mit den gestatteten Abbaumaßnahmen erwarten lasse. So hat die Entsorgungskommission in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2011 auf die entsprechenden Fragen des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit ausgeführt:
91 
„Die ESK ist der Auffassung, dass alle geplanten Schritte und Maßnahmen des Stilllegungs- und Abbaukonzeptes technisch machbar und sachgerecht aufeinander abgestimmt sind und nicht von den allgemeinen Angaben zum Gesamtkonzept der Stilllegung, die im Rahmen des Verfahrens zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vorgelegt wurden, abweichen. Vielmehr stellen die geplanten Maßnahmen eine notwendige und sinnvolle Konkretisierung dar…. Die Maßnahmen zu Umgang und Lagerung der bestrahlten Brennelemente im externen Nasslager sowie die spätere Beladung von Transport- und Lagerbehältern und deren Transport in ein Standortzwischenlager wurden nachvollziehbar dargestellt. Durch die Berücksichtigung der Schnittstellen der sicherheitstechnisch relevanten Systeme des externen Nasslagers zu den außerhalb des externen Nasslagers liegenden Teilen dieser Systeme beim Abbau kann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieser Systeme vermieden werden. Damit ist aus Sicht der ESK die Autarkie des externen Nasslagers sichergestellt.“ (S. 6 f. der Stellungnahme vom 09.06.2011).
92 
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang weiter, mit der 2. SAG werde in unzulässiger Weise auch der Abbau von Einrichtungen des Brennelementlagerbeckens genehmigt; dies sei unzulässig, da für das System und die Komponenten keine belastbare radiologische Charakterisierung möglich sei. Auch hierin liegt kein Defizit der Schadensvorsorge zu Lasten der Kläger. Wie oben unter 2.2.1.2.1 näher dargestellt, hat die Beigeladene in ihrem ergänzenden Bericht vom 06.07.2010 eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage vorgenommen und dabei auch das Notstandsgebäude (Bau 37) in ihre Betrachtung einbezogen. Unschädlich ist der von den Klägern beanstandete Umstand, dass aufgrund der fortdauernden Lagerung der Brennelemente eine weitere Erhöhung der Radioaktivität in Bau 37 möglich erscheint und deshalb noch keine abschließende Charakterisierung des dortigen Aktivitätsinventars möglich war. Es handelt sich dabei um Bereiche, die entsprechend der Stellungnahme der Entsorgungskommission vom 09.06.2011 im Verlaufe der Abbaumaßnahmen weiter zu untersuchen und abschließend zu charakterisieren sind.
93 
2.2.1.3 Die Genehmigungsbehörde durfte auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04. 2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
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Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Schutzkonzept des § 117 Abs. 16 StrlSchV nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisfortschritte dergestalt überholt, dass es der rechtlichen Prüfung nicht mehr zugrunde zu legen wäre. Dabei kann es bei der von Rechts wegen gebotenen Überprüfung, ob der Verordnungsgeber seinem gesetzlichen Auftrag genügt hat, den Störfallplanungswert unter Kontrolle zu halten und notfalls nachzubessern, nicht darum gehen, von Gerichts wegen einen bestimmten Stand der Wissenschaft festzustellen. Im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtG ist dies vielmehr Aufgabe des Verordnungsgebers, der dabei eine wertende Risikoabschätzung vorzunehmen hat, die nur beschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Diese Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung folgt dabei schon daraus, dass jede gesetzliche Ermächtigung dem Verordnungsgeber Gestaltungsspielräume eröffnet, in die eine (inzidente) gerichtliche Normenkontrolle nicht eindringen darf. Speziell bei einer Verordnung, die zur Konkretisierung des atomrechtlichen Gebots der Schadensvorsorge gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG dient, darf eine gerichtliche Überprüfung nicht dazu führen, dass sich die politische Verantwortung für die Risikoermittlung und -bewertung von der Exekutive auf die Gerichte verlagert. Dies wäre indes der Fall, wenn die Gerichte hier ihre eigenen Bewertungen an die Stelle der Risikoabschätzung des Verordnungsgebers setzen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.02.1998 - 11 B 5.98 - DVBl. 1998, 596). Der Verordnungsgeber hat sich in § § 117 Abs. 16 StrlSchV für ein konservatives Schutzkonzept entschieden. Einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich bleibt deswegen im Wesentlichen lediglich, ob aufgrund neuerer Erkenntnisse das Schutzkonzept des Verordnungsgebers überholt ist. Dies ist weder ersichtlich noch haben die Kläger hierfür überzeugende Anhaltspunkte dargelegt. Allein der Umstand, dass das Bundesamt für Strahlenschutz in von den Klägern benannten anderen Genehmigungsverfahren anscheinend geringere Grenzwerte zugrunde gelegt hat, sagt nichts darüber aus, ob der in § 117 Abs. 16 StrlSchV durch den Verordnungsgeber festgelegte Wert nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entspricht. Unabhängig hiervon liegen die von dem Gutachter ermittelten Störfallauswirkungen weit unterhalb des maßgeblichen Störfallplanungswertes, sodass sich die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich stellt.
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Die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen die Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 (Bundesanzeiger 2009, Nr. 162a) sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 (Nr.3.33 des Handbuchs für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz) zugrunde gelegt. In Anwendung dieser Vorgaben haben die Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von Außen (EVA) untersucht und sind zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen weder Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien noch Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
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2.2.1.3.1 In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist die Genehmigungsbehörde zu der Erkenntnis gelangt, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen den Absturz von Lasten bei dem Stilllegungsbetrieb und Abbau der Anlage gewährleistet ist. In der Störfallbetrachtung des Gutachtensbüros ... vom 31.03.2010 wurden verschiedene Absturzszenarien dargestellt und deren radiologische Auswirkungen ermittelt; die Gutachter legen überzeugend näher dar, warum die von ihnen betrachteten Absturzszenarien radiologisch repräsentativ sind. Dabei wird der Absturz eines Gussbehälters oder eines Fasses mit kontaminierten Schlämmen im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60), der Absturz von Lasten in den Lagergebäuden (Bau 39 und Bau 52) sowie der Absturz von anderweitigen Lasten, insbesondere auch von demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs, in sonstigen Gebäuden untersucht (vgl. Kapitel 3.3 Seite 26 ff. des Technischen Berichts). Damit haben die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter u. a. auch den Absturz von Lagerbehältern in den Gebäuden Bau 39 und 52 untersucht, obwohl die baulichen Änderungsmaßnahmen und die Nutzungsänderung dieser Gebäude zur Lagerung von Abfallgebinden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden sind. Den Einwendungen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung hinsichtlich des Lastenabsturzes in den beiden Lagergebäuden Bau 39 und 52 steht deshalb bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
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Unabhängig hiervon gehen die Rügen der Kläger gegen die Störfallbetrachtung des Lastenabsturzes auch in der Sache fehl. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Gutachter ... nicht nur den Absturz eines Gussbehälters im Abfallbehandlungsgebäude (Bau 60) untersucht, sondern auch den Absturz von Lasten in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick genommen (vgl. Kapitel 3.3.1.2 des Technischen Berichts vom 31.03.2010, Seite 27 f.). Hinsichtlich des Absturzes eines der 200 l Rollreifenfässer, in denen in Bau 39 verpackte Betriebsabfälle gelagert werden, gelangt der Gutachter in Anbetracht der möglichen Absturzhöhen zu der Erkenntnis, dass eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Raumluft nicht zu unterstellen sei. Im Hinblick auf den Absturz eines Abfallbehälters (Container, Gussbehälter) in beiden Lagergebäuden legt der Gutachter nachvollziehbar und überzeugend näher dar, dass nur mit der Freisetzung geringer Mengen radioaktiver Stoffe in den Lagerbereich zu rechnen sei; radiologisch relevante Auswirkungen auf die Umgebung seien nicht zu unterstellen. Gleichwohl untersuchte der Gutachter den Absturz eines mit metallischen radioaktiven Abfällen beladenen Containers im Bedien- und Wartebereich unter konservativen Annahmen und errechnete bei einer maximal möglichen Absturzhöhe von ca. 3,5 m eine Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung von ca. 18 Bq. Zutreffend wenden die Kläger ein, dass bei der Freisetzungsbetrachtung von in besonderen Verfahren qualifizierten Behältern ausgegangen wird. Indes wird durch die Regelungen in der maßgeblichen 1. SAG sichergestellt, dass lediglich derartige Behälter zum Einsatz gelangen. So wird in Kapitel B.2.4.4.1 (Seite 41) der 1. SAG näher dargelegt, dass nicht an eine Landessammelstelle abzuliefernde radioaktive Abfälle in der Anlage KWO oder in externen Einrichtungen nach speziellen Verfahren in der Weise zu behandeln sind, dass physikalisch-chemisch stabile Abfallprodukte entstehen und der sichere Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleistet ist; die Sicherheitsanforderungen an die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle der einschlägigen RSK-Empfehlungen seien zu beachten. Anknüpfend hieran bestimmt die Nebenbestimmung A.III.9.2 der 2. SAG, dass bei Transporten von radioaktiven Stoffen auf dem Anlagengelände technische Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind, die Gefahren für Beschäftigte und die Allgemeinheit vermeiden. Dazu wird Bezug genommen auf die Genehmigungsunterlage A.II.Nr.13, also den Erläuterungsbericht Nr. 11 „Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen“; dort sind Lagerung und Transport von radioaktiven Reststoffen und radioaktiven Abfällen detailliert beschrieben. Ferner ist nach der Nebenbestimmung A.III.9.3 zur 2. SAG bei der Vorbehandlung und Konditionierung radioaktiver Abfälle nach den von der Aufsichtsbehörde nach § 20 AtG zugezogenen Sachverständigen geprüften Prüffolge- und Ablaufplänen, die die wesentlichen Arbeits- und Prüfschritte enthalten, bzw. nach geprüften Fach- und Arbeitsanweisungen vorzugehen. Des Weiteren sehen die verbindlichen Annahmebedingungen für die beiden Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 vor, dass die Abfallgebinde bestimmte Sicherheitsanforderungen zu erfüllen haben. Durch die Gesamtheit dieser Regelungen wird hinreichend sichergestellt, dass Abfälle nur in dazu geeigneten und bestimmten Behältern zwischengelagert werden.
98 
Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen, dass der Absturz eines Castor-Behälters im externen Brennelementlagerbecken nicht in die Störfallbetrachtung einzubeziehen war. Auch in diesem Zusammenhang verkennen die Kläger, dass - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - die Lagerung von Brennelementen im externen Lagerbecken nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG ist. Die von den Klägern beanstandeten Hebeeinrichtungen werden ebenfalls nicht durch die 2. SAG legalisiert und sind deshalb in diesem Verfahren nicht zu betrachten. Zutreffend dürfte die Beigeladene im Übrigen darauf hinweisen, dass die Hebeeinrichtungen im Notstandsgebäude nach den erhöhten Anforderungen der KTA-Regeln ausgelegt sind und deshalb die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Versagens dieser Einrichtungen soweit reduziert ist, dass das verbleibende Risiko in willkürfreier Weise dem Restrisiko zugeordnet werden durfte.
99 
2.2.1.3.2 Die Genehmigungsbehörde durfte von Rechts wegen davon ausgehen, dass die erforderliche Schadensvorsorge gegen Erdbeben getroffen ist. Die Kläger machen in diesem Zusammenhang geltend, die Erdbebensicherheit des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens sei im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG nicht nachgewiesen worden. Die im Genehmigungsverfahren erfolgte Bezugnahme auf frühere Untersuchungen sei im Hinblick auf die inzwischen eingetretenen Änderungen nicht ausreichend; auch bezüglich der Restanlage sei anzunehmen, dass keine neuen Betrachtungen zum Bemessungserdbeben vorgenommen worden seien. Ferner habe die Genehmigungsbehörde die Möglichkeit eines Folgebrandes nach einem Erdbeben nicht untersucht.
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Die Bedenken der Kläger hinsichtlich der Erdbebensicherheit beziehen sich demnach überwiegend auf die Brennstofflagerung im externen Notstandsgebäude. Ob dieses ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG jedoch ohne Belang, da durch diese - wie wiederholt dargelegt - weder Errichtung noch Betrieb des Notstandsgebäudes und des dortigen Brennelementlagerbeckens legalisiert werden. Zutreffend weist die Beigeladene im Übrigen darauf hin, dass eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung den tatsächlich vorhandenen technischen Zustand eines Kernkraftwerks in den Blick nimmt. Ob diese Anlage auch nach derzeitigem Erkenntnisstand ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt ist, ist für die Rechtmäßigkeit einer Abbaugenehmigung ohne Belang. Die Erdbebensicherheit ist bei Erteilung der 2. SAG nur insoweit zu untersuchen, als konkrete Anforderungen an die genehmigten Abbauarbeiten oder des geänderten Stilllegungsreglements zu erfüllen sind. Unabhängig hiervon hat das Gutachtensbüro ... in seinem technischen Bericht vom 31.03.2010 den „Störfall Erdbeben“ betrachtet und als radiologisch repräsentative Ereignisse das Leerlaufen des Abwasserverdampfers in Bau 2, das Auslaufen von Verdampferkonzentraten im Abfallbehandlungsgebäude sowie den Einsturz der Lagergebäude (Bau 39 und 52) zu Beginn und Ende des Vorhabens betrachtet. Die Gutachter gelangen dabei zu einem maximalen Wert der effektiven Dosis von 0,17 mSv bei einem Erdbeben gegen Ende des Vorhabens; dieser Wert liegt rund drei Größenordnungen unter dem Störfallplanungswert von 50 mSv. Da der Gutachter damit die im Gestattungsumfang der 2. SAG maximal zu gegenwärtigen Erdbebenauswirkungen zugrunde gelegt und den Einsturz der relevanten Lagergebäude unterstellt hat, stellt sich die von den Klägern aufgeworfenen Problematik des Bemessungserdbebens nicht.
101 
2.2.1.3.3 Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den zufälligen Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeuges getroffen worden.
102 
Die Kläger kritisieren die Störfallbetrachtung zur 2. SAG im Hinblick auf den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs und machen geltend, die dort zugrunde gelegten Ermittlungen zur Absturzwahrscheinlichkeit für ein Militärflugzeug aus dem Jahre 2000 seien im Hinblick auf die veränderte Sicherheitslage nicht mehr hinreichend belastbar. Der Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs könne in Anbetracht der Konflikte im Kosovo und Afghanistan und der deutschen Reaktion hierauf nicht mehr ohne Weiteres dem Restrisiko zugeordnet werden. Die Konservativität der vom Gutachter angenommenen Randbedingungen sei den Unterlagen nicht zu entnehmen; nicht nachvollziehbar sei, warum der Gutachter bei seinem Störfallszenario mit Brand geringere Auswirkungen annehme als bei einem Absturz ohne Brand.
103 
Das Szenario zufälliger Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs wird in der 2. SAG  betrachtet. Vielmehr nimmt die Begründung der streitgegenständlichen Genehmigung (B.I.3.3.5, S. 48) im Wesentlichen lediglich auf die entsprechenden Ausführungen in der 1. SAG und das dort bewertete Störfallszenario Bezug. In der 1. SAG wird der zufällige Flugzeugabsturz unter B.II.4.3.9 (S. 99 f.) abgehandelt. Die Genehmigungsbehörde geht davon aus, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes schon für den Leistungsbetrieb der Anlage als vernachlässigbar gering zu bewerten sei. Der unter konservativen Annahmen ermittelte Wert für die Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine bestätige die Einstufung als sehr seltenes Ereignis; dies gelte auch für die Stilllegung und den Abbau. Die Lage des Kernkraftwerkes und die Wirkung vorgelagerter Gebäude verminderten zudem die Wahrscheinlichkeit, dass ein relevantes Gebäude der Anlage KWO getroffen werde. Unabhängig hiervon weise insbesondere das Notstandsgebäude, in dem die bestrahlten Brennelemente bis zu ihrem Abtransport gelagert würden, eine Auslegung gegen Flugzeugabsturz auf. Weiterhin sei der Flugzeugabsturz auf die bestehenden Lagergebäude (Bau 39 und 52) untersucht worden, in denen die beim Abbau der Anlage anfallenden radioaktiven Reststoffe gelagert werden sollten. Die radiologische Belastung der Umgebung infolge des auslegungsüberschreitenden Ereignisses Flugzeugabsturz wird von der Genehmigungsbehörde als so niedrig bewertet, dass weitere Maßnahmen zur Minimierung der radiologischen Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Umgebung nicht erforderlich seien. In den von der Störfallbetrachtung vom 31.03.2010 in Bezug genommenen früheren Untersuchungen wird von einer Absturzhäufigkeit einer schnell fliegenden Militärmaschine auf die relevanten Gebäude am Standort (insbesondere das Notstandsgebäude) von kleiner als 4 * 10 -8 a -1 ausgegangen. Ferner wurden die Auswirkungen eines Absturzes einer Militärmaschine mit vollem und leerem Tank (mit und ohne Brand) auf die Lagergebäude Bau 39 und 52 zu Beginn und Ende des Abbauvorhabens untersucht. Der dabei maximal ermittelte Wert für die effektive Dosis betrug am Anlagenzaun ca. 9,5 mSv und wurde für den Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude Bau 39 ermittelt; beim Absturz einer Militärmaschine mit vollem Tank auf dieses Gebäude wurde ein Wert für die effektive Dosis am Anlagenzaun von 7,8 mSv ermittelt (vgl. den auf S. 68 der Störfallbetrachtung wiedergegebenen Bericht der ... Systemplanung „Radiologische Auswirkungen eines unterstellten Absturzes eines Militärflugzeugs auf die Lagergebäude ...“).
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Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob der Beklagte das Szenario des zufälligen Absturzes einer schnell fliegenden Militärmaschine willkürfrei und ohne Verstoß gegen Ermittlungs- und Bewertungsfehler dem Restrisiko zuordnen durfte. Unzutreffend dürfte jedenfalls der in der 2. SAG (Begründung S. 48) wohl vertretene Standpunkt sein, auslegungsüberschreitende Ereignisse seien in jedem Fall dem Restrisiko zuzuordnen und weitere Minimierungsmaßnahmen hierfür nicht erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.) ist der Drittschutz nicht auf die erforderliche Schadensvorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt. Das deterministische Konzept der Auslegungsstörfälle (§ 49 Abs. 1 StrlSchV) regelt nur die Schadensvorsorge gegen - radiologisch relevante - Störfälle und schließt damit die erforderliche Vorsorge gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse nicht aus. Die erforderliche Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG beschränkt sich nicht auf Auslegungsstörfälle (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Dabei sind jedoch auch hinsichtlich des Störfallszenarios eines zufälligen Flugzeugabsturzes weder die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude noch die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 in den Blick zu nehmen, da diese nicht vom Genehmigungsumfang der 2. SAG umfasst sind. In überzeugender Weise hat der Gutachter des TÜV Süd H. in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, warum bei dem Absturz einer Militärmaschine mit leerem Tank auf das Lagergebäude 39 eine effektive Dosis von 9,5 mSV und mithin ein höherer Wert als bei dem Absturz einer Maschine mit vollem Tank ermittelt worden ist. Der Gutachter hat dies in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend damit erklärt, dass bei dem Absturz eines Flugzeuges mit vollem Tank zwar ein zusätzlicher thermischer Antrieb entstehe, dieser jedoch zu einer weiträumigeren Verteilung des Quellterms führe; an den maßgeblichen Beurteilungspunkten trete daher eine geringere Dosisleistung auf. Damit hat der Gutachter die Einwände der Kläger, wonach regelmäßig ein Störfall mit Brand wegen des damit einhergehenden Eintrags einer zusätzlichen thermischen Last zu einem zusätzlichen Freisetzungsantrieb und damit zu höheren Belastungen führe, in überzeugender Weise widerlegt. Der von den Klägern beauftragte Gutachter Dipl-Phys. N. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Ausführungen des amtlich bestellten Gutachters aus physikalischer Sicht überzeugend seien.
105 
2.2.2 Zu Recht ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG zu Gunsten der Kläger gegeben ist.
106 
In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Kläger ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - a.a.O.). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
107 
Die Kläger sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (dazu unter 2.2.2.1) als auch auf die Restanlage (dazu unter 2.2.2.2) als nicht gewährleistet an. Sie beanstanden in diesem Zusammenhang, dass im Verfahren zur Erteilung der 2. SAG keine eigene Störfallbetrachtung hinsichtlich des Absturzes eines großen Verkehrsflugzeuges, insbesondere eines Airbus A 380, auf das Notstandsgebäude vorgenommen worden sei. Der 2. SAG sei lediglich zu entnehmen, dass ein gezielter Flugzeugabsturz auf das Reaktorgebäude unterstellt werde; aus der Genehmigung sei jedoch nicht ersichtlich, von welchem Radioaktivitätsinventar im Reaktorgebäude für den Zeitpunkt des Absturzes ausgegangen werde sowie welcher Flugzeugtyp betrachtet und welche Lastannahmen getroffen worden seien. Der gezielte Flugzeugabsturz gehöre nicht zum Restrisiko; er müsse nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.) auch für den Airbus A 380 zugrunde gelegt werden.
108 
2.2.2.1 Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auf das Störfallszenario des gezielten Absturzes eines großen Verkehrsflugzeugs auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37). Im Ansatz zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG  betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Indes ist diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung dagegen nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Kläger deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
109 
Im Übrigen könnten die Kläger selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelementlagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 -a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Kläger diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Klägern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Kläger im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des (geänderten) Betriebsreglements.
110 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt habe und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial mehr aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Kläger insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ in Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsgenehmigung nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb bewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dabei sowohl der Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv als auch der Eingreifrichtwert für Umsiedlungen gemäß ICRP 63 und SSK eingehalten wird. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wurden bei dieser Untersuchung als im Hinblick auf das Aktivitätsinventar relevante Gebäude das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude, das Reaktorhilfsanlagengebäude, das Abfallbehandlungsgebäude sowie die Lagergebäude Bau 39 und 52 betrachtet. Da die Ergebnisse der Untersuchungen der Beigeladenen dem Beklagten als Verschlusssache übersandt worden und nicht zu der Genehmigungsakte gelangt sind, kann freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht und ob sie hinreichend konservativ erfolgt ist.
111 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher Bay.VGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beigeladene darüber hinaus bei ihrer Betrachtung auch die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf die Umsiedlung nach den „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ herangezogen (vgl. zu dieser Notwendigkeit OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.06.2013 - 4 KS 3/08 - NordÖR 2014, 67) und deren Unterschreitung festgestellt.
112 
2.2.2.2 Zu Recht durfte die Genehmigungsbehörde auch die erforderliche Schadensvorsorge gegen den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf die Restanlage für getroffen ansehen. Dabei sind ähnliche Erwägungen wie oben unter 2.2.1.3.2 hinsichtlich der Erdbebensicherheit der Anlage maßgeblich. Die gegenständliche 2. SAG nimmt das Kernkraftwerk in den Blick, wie es aufgrund der bestandskräftigen Genehmigungen errichtet und tatsächlich vorhanden ist. Für die Rechtmäßigkeit der Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ist deshalb ohne Belang, ob dieses Kernkraftwerk auch nach heutigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen für eine Errichtungsgenehmigung unter dem Gesichtspunkt des gezielten Flugzeugabsturzes erfüllt. Das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ ist für die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nur insoweit von Bedeutung, als es spezielle Anforderungen an das Betriebsreglement oder den Abbau von Anlagenteilen stellt, die durch die gegenständliche Genehmigung legalisiert werden. Für das Bestehen derartiger spezifischer Anforderungen im Hinblick auf die Gefahr eines gezielten Flugzeugabsturzes ist jedoch nichts ersichtlich noch von den Klägern vorgetragen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass bei Betrachtung eines gezielten Flugzeugabsturzes auf die Restanlage unter Ausklammerung des externen Brennelementlagerbeckens der nach dem oben Gesagten maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen bzw. die Eingreifrichtwerte im Hinblick auf Umsiedlungsmaßnahmen unterschritten werden. Dies folgt bereits daraus, dass nach der von der Beigeladenen gefertigten radiologischen Charakterisierung sich ein ganz erheblicher Teil des Gesamtaktivitätsinventars (ca. 99 %) in den bestrahlten 342 Brennelementen befindet, die derzeit im externen Lagerbecken im Notstandsgebäude aufbewahrt werden. Auch muss in diesem Zusammenhang konsequenterweise das in den Lagergebäuden Bau 39 und 52 befindliche Aktivitätsinventar außer Betracht bleiben, da diese Lagerung nach dem unter 2.2.1.3.1 Ausgeführten nicht vom Gestattungsumfang der 2. SAG umfasst ist.
113 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
114 
2.2.3 Die Klage kann nicht mit Erfolg auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge (dazu unter 2.2.3.1) oder die unterbliebene Freigabeentscheidung gemäß § 29 StrlSchV (dazu unter 2.2.3.2) gestützt werden.
115 
2.2.3.1 Ohne Erfolg machen die Kläger der Sache nach geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Kläger bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG legalisiere die weitere Lagerung der Brennelemente in dem externen Becken des Notstandsgebäudes; die Beigeladene habe nicht den erforderlichen Nachweis - etwa durch eine sog. Kalthandhabung - geführt, dass die Brennelemente direkt aus dem Nasslager in das geplante Standorttrockenlager verbracht werden könnten. Dabei machen die Kläger mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und  zu legalisieren. Der von den Klägern aufgeworfenen Frage nach der Auslagerungsmöglichkeit der Brennelemente war deshalb vor Erteilung der bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 nachzugehen, mit der die Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude genehmigt wurde. Der Beklagte hat in Übereistimmung hiermit vor Erteilung der Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Kläger mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht gefahrlos möglich sei.
116 
2.2.3.2 Ohne Erfolg rügen die Kläger, die angegriffene 2. SAG sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die nach § 29 StrlSchV notwendige Freigabeentscheidung für radioaktive Reststoffe nicht enthalte. Die Freigaberegelung werde für KWO nicht - wie in anderen Stilllegungsverfahren üblich - im Rahmen der Stilllegungsgenehmigung vorgenommen, sondern einem separaten Verfahren vorbehalten. Damit werde den Klägern die Möglichkeit genommen, ihre potentielle Betroffenheit prüfen zu können. Die Freigabeentscheidung könne die Anwohner indes direkt betreffen, soweit sie mit den in den konventionellen Stoffkreislauf abgegebenen radioaktiven Stoffen in Kontakt kämen.
117 
Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht in der gegenständlichen Genehmigung erfolgt. Vielmehr enthält die 2. SAG unter Kapitel D.2.1 (Seite 54) den Hinweis, dass in ihr nicht die Freigabe nach § 29 StrlSchV geregelt werde; die Freigabe sowie das Freigabeverfahren werde gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV in gesonderten Bescheiden des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geregelt. Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Gemäß § 29 Abs. 4 StrlSchV kann die zuständige Behörde in einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG oder in einem gesonderten Bescheid das Verfahren zur Erfüllung der Anforderungen nach § 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie zur Feststellung nach § 29 Abs. 3 StrlSchV festlegen. Es besteht mithin keine rechtliche Verpflichtung, dieses Verfahren in der Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG festzulegen. Der Beklagte hat von der in § 29 Abs. 4 StrlSchV gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Freigabe nicht in der Stilllegungsgenehmigung, sondern in besonderen Bescheiden zu regeln. Unabhängig hiervon dürfte die Freigabe gemäß § 29 StrlSchV nicht den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG drittschützenden Bereich der Schadensvorsorge, sondern die im Allgemeininteresse liegende und Individualrechte Dritter grundsätzlich nicht berührende Entsorgung betreffen (vgl. hierzu Bay.VGH, Gerichtsbescheid vom 17.08.1994 - 22 A 93.40047 - NVwZ-RR 1995, 136). Im Übrigen legen die Kläger nicht dar, inwieweit sie durch eine fehlerhafte oder unterbliebene Freigabeentscheidung in eigenen schützenswerten Belangen betroffen werden. Ihr Hinweis, sie könnten als Beschäftigte in Abfallverwertungs- oder Deponiebetrieben mit fehlerhaft freigegebenem radioaktiven Material in Betracht kommen, bleibt spekulativ.
118 
Nach alldem erweist sich die 2. SAG auch als materiell rechtmäßig.
119 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
120 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
121 
Beschluss vom 28.10.2014
122 
Der Streitwert des Klageverfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nr. 6.2 und Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
123 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 07.02.2013 über die 11. Planänderung zum Planfeststellungsbeschluss für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ Planfeststellungsabschnitt 1.1. Er ist Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. 1322 der Gemarkung Stuttgart. Das Grundstück befindet sich am Übergang der Planfeststellungsabschnitte 1.1 und 1.2, die bestandskräftig planfestgestellt sind. Es wird für das Vorhaben zu einem geringen Teil dauerhaft und zum überwiegenden Teil vorübergehend in Anspruch genommen, teilweise wird es dinglich beschränkt. Auf dem Grundstück ist die Einfahrt zum sog. Fildertunnel geplant. Das auf dem Grundstück stehende Wohngebäude S... Straße ..., in dem sich die Wohnung des Klägers befand, ist im Oktober 2013 abgerissen worden, nachdem die Beigeladene vorzeitig in den Besitz des Grundstücks eingewiesen worden und ein Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die vorzeitige Besitzeinweisung erfolglos geblieben war (Beschluss des Senats vom 19.09.2013 - 5 S 1546/13 -, juris).
Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 für den Abschnitt 1.1 hatte der Kläger erfolglos Klage erhoben (Senatsurteil vom 06.04.2006 - 5 S 848/05 -). Im Mai 2012 beantragte der Kläger beim Eisenbahn-Bundesamt den Planfeststellungsbeschluss für den Planfeststellungsabschnitt 1.1 aufzuheben. Seinen im Juni 2012 zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte der Senat mit Beschluss vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -, juris) ab. Seine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse für die Abschnitte 1.1 und 1.2 ist mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen worden (- 5 S 2429/12 -).
Mit der hier angefochtenen 11. Planänderung werden eine geänderte Anordnung der Gründungspfähle mehrerer Ingenieurbauwerke (u. a. des Trogs der Bahnhofshalle), die Anordnung zusätzlicher Pfähle und teilweise geänderte Gründungen zugelassen. Auch auf dem Grundstück des Klägers sind zusätzliche Bohrpfähle vorgesehen. Diese dienen der gleichmäßigen Verteilung der Lasten des aufstehenden Bauwerks. Sie wurden erforderlich, weil im Bereich des Südkopfes eine verfüllte Doline angetroffen wurde. Im Zuge des Gründungsgutachtens wurden für die ursprünglich geplante Flachgründung sehr große Setzungen berechnet. Zudem war für den Bereich dieser Doline eine entsprechend reduzierte Bettung zu berücksichtigen. Daher wurde eine kombinierte Pfahl-Plattengründung als vorzugswürdig erachtet.
Eine Anhörung des Klägers während des Verfahrens der 11. Planänderung fand nicht statt. Der Bescheid über die 11. Planänderung vom 07.02.2013 wurde dem Kläger nicht bekannt gegeben und auch nicht öffentlich bekannt gemacht.
Am 20.06.2013 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 07.02.2013 erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt, da er durch die Gründungspfähle erstmals und weitergehend als bisher betroffen sei. Seine Klage sei auch begründet. Der Bescheid leide an Verfahrensfehlern. Es sei bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vorliegenden Planänderung um eine solche von unwesentlicher Bedeutung handele und auf ein Anhörungsverfahren habe verzichtet werden dürfen. Durch den angefochtenen Bescheid würden zusätzliche Eigentumseingriffe zugelassen, zudem seien wasserrechtliche Eingriffe möglich. Die Oberkante der Grundgipsschichten werde nun unterschritten. Außerdem seien Bohrpfähle im Bereich von Dolinen gefährlich. Es seien vertikale Wasserwegsamkeiten zu befürchten. Die Beklagte habe darüber hinaus sein aus § 28 VwVfG folgendes Anhörungsrecht als unmittelbar Betroffener verletzt.
Vor Erlass des Bescheides habe wegen des engen Zusammenhangs zwischen der 11. und der 7. Planänderung sowie wegen der genannten nachteiligen Auswirkungen auf das Wasser eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Da für die 7. Planänderung eine UVP-Pflicht bestehe, müsse dies auch für die 11. Planänderung gelten, weil diese ebenfalls unmittelbar ins Grundwasser eingreife. Ein Aufsplitten eines Verfahrens in mehrere Verfahren zur Umgehung der UVP-Pflicht sei unzulässig.
Der Bescheid sei auch materiell fehlerhaft. Dem Projekt fehle die Planrechtfertigung, da die Gesamtfinanzierung infolge der Verfassungswidrigkeit der für das Land Baden-Württemberg vorgesehenen Finanzierungsanteile ausgeschlossen sei und weil es sich aufgrund der Verringerung der Leistungsfähigkeit des zukünftigen Hauptbahnhofs im Vergleich zum heutigen Bedarf an Zugfahrten bei dem Projekt um einen planerischen Missgriff handele. Der angefochtene Bescheid bestätige erneut, dass im Planfeststellungsabschnitt 1.1 gebaut werden dürfe, auch wenn das Gesamtprojekt noch nicht planfestgestellt sei. Diese Abschnittsbildung sei rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die 11. Planänderung des Eisenbahnbundesamtes vom 07.02.2013 für das Vorhaben „Großprojekt Stuttgart 21, PFA 1.1, 11. Planänderung Gründungen von Ingenieurbauwerken“ zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 für das Vorhaben „Projekt S 21, Planfeststellungsabschnitt 1.1“ aufzuheben.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Sie trägt vor, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser sei durch die 11. Planänderung nicht erstmals oder stärker in seinen Rechten betroffen als durch den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005. Bereits auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 werde das Gebäude S...... Straße ... ersatzlos abgerissen. Der Planfeststellungsbeschluss erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Demgegenüber stellten die hinzukommenden Gründungspfähle im Untergrund keine weitergehende oder erstmalige Belastung dar. Sie befänden sich ausschließlich im Bereich der bereits im ursprünglichen Beschluss für die dingliche Belastung vorgesehenen Fläche. Die Eingriffstiefe bleibe unverändert auf die Oberkante der Grundgipsschichten begrenzt. Die Einzelheiten der Tiefgründungsmaßnahmen überlasse der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 der Ausführungsplanung. Rechtzeitig vor Baubeginn seien dem Eisenbahn-Bundesamt die mit der unteren Wasserbehörde abgestimmten Ausführungspläne, in denen die Tiefgründungsmaßnahmen dargestellt seien, zur Freigabe vorzulegen. Daran habe sich nichts geändert. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe nicht durchgeführt werden müssen. Es sei mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 festgestellt worden, dass eine solche Prüfung nicht erforderlich sei, weil sämtliche Bauwerke bereits Gegenstand des festgestellten Plans gewesen seien. Die geänderte Planung verursache keine zusätzlichen erheblichen Beeinträchtigungen für die Schutzgüter des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Die Trennung der 7. Planänderung von der 11. Planänderung sei zulässig. Die Erhöhung der Grundwasserentnahmemengen, die Gegenstand der 7. Planänderung sei, berühre die 11. Planänderung allenfalls am Rande. Denn durch die mit der 11. Planänderung genehmigten Maßnahmen würden schon keine weitergehenden erheblichen Grundwassermengen verdrängt. Die Finanzierung des Gesamtprojekts sei nicht ausgeschlossen, wie der Senat in mehreren Entscheidungen bestätigt habe.
13 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie trägt vor, die Klage sei schon nicht zulässig, weil der Kläger nicht klagebefugt sei. Er werde durch die 11. Planänderung weder erstmals noch in weitergehendem Umfang in Anspruch genommen als nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005. Die durch die 11. Planänderung geänderte Gründung verlasse nicht den Bereich, der nach dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss ohnehin dinglich belastet sei. Die Klage sei auch nicht begründet. Dies folge schon daraus, dass die 11. Planänderung weder zu einer erstmaligen noch zu einer weitergehenden Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers führe. Unabhängig davon lägen die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht vor. Der Kläger könne nicht überprüfen lassen, ob die 11. Planänderung von unwesentlicher Bedeutung sei. Er habe keine vom materiellen Recht unabhängige, selbständig durchsetzbare Rechtsposition auf Durchführung des „richtigen“ Verwaltungsverfahrens, sondern könne nur verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt würden. Im Übrigen sei die 11. Planänderung offensichtlich von unwesentlicher Bedeutung. Die vorgesehenen 460 zusätzlichen Bohrpfähle unterhalb des ohnehin planfestgestellten neuen Bahnhofsbauwerks ließen die mit der Planung verfolgte Zielsetzung und die bereits getroffene Abwägung aller Belange in ihrer Struktur unberührt. Zusätzliche belastende Auswirkungen von einigem Gewicht seien sowohl auf die Umgebung als auch hinsichtlich der Belange Einzelner auszuschließen. Der Kläger sei an dem Verfahren zur 11. Planänderung nicht zu beteiligen gewesen, da sein Grundstück weder erstmals noch weitergehend in Anspruch genommen werde. Die geltend gemachten Mängel der Planrechtfertigung und Abwägung lägen nicht vor. Die Finanzierung des Großprojekts und die Abschnittsbildung seien rechtmäßig. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Eine „kumulierende Wirkung“ im Zusammenhang mit der 7. Planänderung sei nicht ersichtlich. Die damit beantragte Erhöhung der Entnahme- und Infiltrationsmengen im Rahmen der Bauwasserhaltung habe mit den im Rahmen der 11. Planänderung abgehandelten Gesichtspunkten nichts zu tun.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakte verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
A.
17 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Er wird durch die auf der Grundlage des § 76 Abs. 3 VwVfG erlassene Planänderung weitergehend als bisher betroffen (vgl. zu dieser Voraussetzung die st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B. Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris Rn. 28 und Urteil vom 24.07.2008 - 4 A 3001/07 -, BVerwGE 131, 346). Dies folgt zwar - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht bereits daraus, dass die Tiefe der Gründungspfähle verändert worden wäre. Denn die Beklage hat in der Nebenbestimmung A.3 zum angefochtenen Bescheid ausdrücklich verfügt, dass die Einbindelänge der Gründungspfähle, die u.a. in der Anlage 7.1.4.1 dargestellt sind, bis maximal zur Oberkante der Grundgipsschicht zu begrenzen ist. Der Kläger wird jedoch dadurch weitergehend betroffen, dass nunmehr vorgesehen ist, auf seinem Grundstück Gründungspfähle einzubringen. Dies war bislang nicht der Fall.
18 
Die Beklagte und die Beigeladene bestreiten allerdings eine erstmalige oder weitergehende Betroffenheit unter Hinweis darauf, dass die 11. Planänderung nur den Bereich des Grundstücks des Klägers betreffe, der nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 ohnehin dinglich belastet sei. Der Planfeststellungsbeschluss sehe den vollständigen Abriss des Gebäudes S... Straße ... vor und erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Das Hinzutreten mehrerer Gründungspfähle im Untergrund stelle demgegenüber keine weitere oder erstmalige Belastung dar.
19 
Wirtschaftlich gesehen mag diese Betrachtung zutreffen. Eine wirtschaftliche Betrachtung steht jedoch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. z.B. Beschluss vom 08.03.1988 - 1 BvR 1092/84 -, BVerfGE 78, 58). Danach gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG das Privateigentum „in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers“. Es ist daher eine rechtliche Betrachtung geboten. Nach dieser liegt eine weitergehende Belastung durch die Gründungspfähle vor. Sie stellen im Verhältnis zu dem Bauwerk, das im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vorgesehen war, ein anderes, zusätzliches Bauwerk dar (anders im Fall des BVerwG, Urteil vom 17.09.2004 - 9 VR 3.04 -, NVwZ 2005, 330). Außerdem nehmen sie das Grundstück in deutlich größerer Tiefe und damit in größerem Umfang in Anspruch als bisher. Dies führt zu einer erhöhten Duldungspflicht und damit zu einer weitergehenden Betroffenheit. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der betroffene Bereich ohnehin bereits dinglich belastet sei, denn dies trifft so nicht zu. Der Bereich mag zwar für eine dingliche Belastung vorgesehen sein. Der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 behält die Festlegung der genauen Modalitäten der Dienstbarkeit - für den Fall, dass keine Einigung zustande kommt - jedoch dem Enteignungsverfahren vor (vgl. die Begründung auf S. 228). Dieses ist bisher nicht durchgeführt, eine Dienstbarkeit ist noch nicht eingetragen worden.
B.
20 
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
I.
21 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
1. Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses leidet nicht an den von dem Kläger geltend gemachten formellen Fehlern.
23 
Das Eisenbahn-Bundesamt durfte über die 11. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 im vereinfachten Verfahren nach § 18d AEG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG entscheiden, weil es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handelte. Es durfte deshalb insbesondere auf ein förmliches Anhörungsverfahren nach § 73 VwVfG verzichten.
24 
Unwesentlich ist eine Änderung insbesondere dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleich bleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden sollen. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Belange eines einzelnen Betroffenen durch die Änderung stärker berührt werden als durch die ursprüngliche Planung (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584).
25 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die 11. Planänderung nur eine unwesentliche Änderung des festgestellten Vorhabens zum Gegenstand. Bei der Beurteilung ist auf den Planfeststellungsbeschluss insgesamt abzustellen. Bezogen auf den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs ist die hier in Rede stehende Änderung der Bauwerksgründung unwesentlich. Die Gründung der Bauwerke stellt zwar einen wichtigen Pfeiler des Projekts dar. Mit der 11. Planänderung soll jedoch kein neues, bisher unbekanntes Problem bewältigt werden. Denn es war schon bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 bekannt, dass an die Technik der Bauwerksgründung aufgrund der schwierigen Baugrundverhältnisse besondere Anforderungen zu stellen sind. Diese Technik wird nun an die fortgeschrittene Erkenntnislage über den Baugrund angepasst und teilweise geändert und es werden zusätzliche Gründungspfähle angeordnet. Diese Änderung fällt im Verhältnis zum Gesamtprojekt nicht ins Gewicht, zumal eine Änderung der bisherigen wasserrechtlichen Erlaubnis mit der 11. Planänderung nicht verbunden ist.
26 
Das danach zulässige vereinfachte Planfeststellungsverfahren durfte das Eisenbahn-Bundesamt nach § 76 Abs. 3 VwVfG ohne förmliches Anhörungsverfahren im Sinne des § 73 VwVfG durchführen. Diejenigen, in deren Rechte eingegriffen wird, waren dennoch nach § 28 VwVfG anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 08.08.2013 - 5 S 2327/12 -, juris; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 76 Rn. 37; Dürr, in: Knack/ Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 76 Rn. 35; Bonk/ Neumann, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 76 Rn. 28; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 76 Rn. 14; Ronellenfitsch, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 17d, Rn. 17). Die danach gebotene Anhörung des Klägers ist unterblieben. Dies führt jedoch auf keinen beachtlichen Fehler (vgl. § 46 VwVfG), da offensichtlich ist, dass die unterbliebene Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn die vom Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Einwände sind dieselben, die er bereits in früheren Klageverfahren erhoben hat. Er beruft sich auf den Wegfall des „vorläufigen positiven Gesamturteils“ wegen mangelnder Planrechtfertigung, weil die Finanzierung nicht gesichert und der neue Bahnhof nicht ausreichend leistungsfähig sei. Zu diesen Argumenten hat die Beklagte schon vor Erlass der 11. Planänderung in der Weise Stellung genommen, dass sie sie nicht für durchgreifend erachtet. Diese Ansicht trifft zu.
27 
2. Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes ist materiell rechtmäßig. Im Falle einer Planänderung muss nicht die Planänderung als solche im Sinne einer Planrechtfertigung erforderlich sein. Vielmehr muss jetzt für das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf bestehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584). Die Planrechtfertigung würde fehlen, wenn der Verwirklichung des Gesamtprojekts „Stuttgart 21“ von vornherein unüberwindbare Hindernisse entgegen stünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 7 A 4.12 -, BVerwGE 147, 184). Das ist jedoch nicht der Fall.
28 
Die Planrechtfertigung für das geänderte Vorhaben ergibt sich hier aus der Planrechtfertigung für das Vorhaben in seiner ursprünglichen Gestalt. Durch die 11. Planänderung wird diese Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Dies behauptet auch der Kläger nicht. Er meint aber, es lägen neue Umstände vor, die belegten, dass die ursprüngliche Einschätzung fehlerhaft sei, das Vorhaben sei gerechtfertigt. Dies trifft indessen nicht zu. Dem Projekt „Stuttgart 21“ fehlt - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht die Planrechtfertigung wegen ungesicherter Finanzierung (dazu a)), was zur Folge hätte, dass die Pläne für die Abschnitte 1.3 und 1.6b nicht mehr festgestellt werden könnten. Auch die Rüge des Klägers, der neue Hauptbahnhof sei nicht ausreichend leistungsfähig, greift nicht durch (dazu b)). Schließlich begegnet auch die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken (dazu c)).
29 
a) Der Kläger meint, die Gesamtfinanzierung sei (nunmehr) ausgeschlossen, weil die (neue) Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 aufgrund der vorgesehenen Beteiligung des Landes Baden-Württemberg verfassungswidrig sei. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Er hat bereits in seinen zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüssen vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -) und vom 15.11.2012 (- 5 S 1812/12 -) ausgeführt, dass die Frage der Planrechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der gesicherten Gesamtfinanzierung durch das Senatsurteil vom 06.04.2006 (- 5 S 848/05 -) rechtskräftig entschieden worden ist und der Kläger die Rechtskraftwirkung des Urteils gegen sich gelten lassen muss. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Ein neuer entscheidungserheblicher Sachverhalt, auf den sich die Rechtskraft des Urteils nicht erstrecken würde, liegt nicht vor. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -, mit dem er die Klage des Klägers auf Verpflichtung des Eisenbahn-Bundesamtes zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 abgewiesen hat.
30 
b) Die Rüge des Klägers, dem neuen Hauptbahnhof fehle es an der ausreichenden Leistungsfähigkeit, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
31 
Aufgrund des Urteils des Senats vom 06.04.2006 steht gegenüber dem Kläger rechtskräftig fest, dass der neue Bahnhof ausreichend leistungsfähig ist. Die Feststellung nimmt an der Rechtskraft des Urteils nach § 121 VwGO teil. Denn der Umfang der Rechtskraft einer abweisenden Entscheidung über eine Anfechtungsklage, wie sie hier in Form des Urteils des Senats vom 06.04.2006 vorliegt, erschöpft sich nicht in dem Rechtsschluss, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist, sondern umfasst grundsätzlich auch die Feststellung, dass die Voraussetzungen der unmittelbaren Ermächtigungsgrundlage vorliegen (BVerwG, Urteil vom 07.08.2008 - 7 C 7.08 -, BVerwGE 131, 346).
32 
Der Kläger muss sich die Rechtskraft des Urteils auch im vorliegenden Verfahren entgegenhalten lassen, weil - jedenfalls soweit es die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs betrifft - das ursprünglich planfestgestellte Vorhaben und das Vorhaben in der Gestalt der 11. Planänderung identisch sind und der vom Kläger mit seiner Klage - 5 S 2429/12 - geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 vom 28.01.2005 nicht besteht. Der Senat hat die Klage mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen.
33 
c) Der angefochtene Planänderungsbeschluss weist auch unter dem Gesichtspunkt der Abschnittsbildung keinen Fehler auf, der zu dem Wegfall der Planrechtfertigung führen würde. Dies folgt schon daraus, dass die 11. Plan-änderung auch insoweit nichts am ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ändert, dessen Rechtmäßigkeit rechtskräftig feststeht. Ein neuer Sachverhalt, der von der Rechtskraft des Urteils vom 06.04.2006 nicht erfasst wäre, liegt nicht vor. Der Senat verweist hierzu auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -.
II.
34 
Die Rüge des Klägers, es habe nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden, gegen die verstoßen worden sei, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
35 
1. Der Kläger ist nach § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG berechtigt, diesen Fehler zu rügen. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich bei § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG nicht um eine „andere gesetzliche Bestimmung“ im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO handelt, die Einzelnen eine von der möglichen eigenen Betroffenheit unabhängige Klagebefugnis verleiht, sondern diese Norm (nur) die Begründetheitsprüfung betrifft. Die Verfahrensfehler einer rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) führen abweichend von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Begründetheit der Klage, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften des UVP-Rechts der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts Einzelner dienen. Gleiches gilt für den Verfahrensfehler einer dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügenden Vorprüfung des Einzelfalls (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG findet hier ungeachtet dessen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts vom 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.). Durch § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG wird den Einzelnen folglich eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt. Lediglich für deren Klagebefugnis bleibt es bei dem allgemeinen Erfordernis, dass eine eigene Betroffenheit durch die Zulassung des UVP-pflichtigen Vorhabens möglich erscheint (BVerwG, Urteil vom 02.10.2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367; vgl. auch Beschluss vom 27.06.2014 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014). Hier ist die Klagebefugnis des Klägers - wie oben ausgeführt - gegeben.
36 
2. In der Sache liegt der geltend gemachte Rechtsverstoß jedoch nicht vor. Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht auch für die Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Vorschrift ist hier grundsätzlich anwendbar, weil für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben - den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs - jedenfalls aufgrund der durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls (vgl. PFB S. 138) bereits eine UVP-Pflicht bestand (vgl. hierzu Nr. 14.7 und Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 und 95). Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung nachgekommen und hat auch für die beantragte 11. Planänderung eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt. Sie hat mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 gemäß § 3a UVPG festgestellt, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Diese Feststellung unterliegt nach § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung der Beklagten ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
37 
Hiervon ausgehend ist ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 3c UVPG nicht zu erkennen. Das Ergebnis der Vorprüfung ist angesichts des bereits oben dargestellten begrenzten Gegenstands der Planänderung - einer Änderung der Technik des Bauwerksgründung bei fortbestehender Begrenzung der Einbindelänge der Gründungspfähle auf maximal bis zur Oberkante der Grundgipsschicht - auch nachvollziehbar. Zudem ergibt sich aus der Stellungnahme der unteren Wasserbehörde der Stadt Stuttgart, die im Schreiben des Beigeordneten für Städtebau und Umwelt der Landeshauptstadt Stuttgart vom 20.08.2012 an das Eisenbahn-Bundesamt enthalten ist, dass auch bei dem vorgesehenen verdichteten Pfahlraster die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 zu den bauwerksbedingten Veränderungen der Grundwasserpotentiale eingehalten werden. Hinsichtlich der Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Aufrechterhaltung der ursprünglichen Potential- und Grundwasserströmungsverhältnisse bewege sich die Vorhabenträgerin auch bei Umsetzung der beantragten Änderung im zulässigen Rahmen.
38 
Anderes folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der „kumulierenden Wirkung der 7. Planänderung in Verbindung mit der 11. Planänderung“. Denn eine solche „kumulierende Wirkung“ der beiden Planänderungen liegt nicht vor. Nach § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwar auch dann, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben), zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten. Die Vorschrift des § 3b Abs. 2 UVPG ist auf Änderungen eines UVP-pflichtigen Vorhabens entsprechend anzuwenden, wenn diese - wie hier - gleichzeitig verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (vgl. auch Nr. 5.4 der Vollzugshinweise „Anwendung und Auslegung der neuen UVP-Vorschriften“ vom 14.08.2003). Denn zum einen stellt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 a) UVPG auch die Änderung einer technischen Anlage ein „Vorhaben“ im Sinne des Umweltverträglichkeitsgesetzes dar. Zum anderen besteht auch bei Änderungsvorhaben die Gefahr, dass eine Aufteilung in mehrere Änderungen zu dem Zweck erfolgt, eine an sich wegen des Erreichens eines Schwellenwerts notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung zu vermeiden. Eine solche Aufsplitterung soll durch § 3b Abs. 2 UVPG jedoch gerade vermieden werden (vgl. Sangenstedt, in : Landmann/Rohmer, UmwR, § 3b UVPG Rn. 2).
39 
Mehrere Änderungsvorhaben sind entsprechend § 3b Abs. 2 Satz 3 UVPG jedoch nur dann gemeinsam zu betrachten, wenn die Änderungsvorhaben für sich genommen jeweils die Werte für die standortbezogene oder die allgemeine Vorprüfung nach Anlage 1 zum UVPG Spalte 2 erreichen oder überschreiten. Daran fehlt es hier, denn für das Vorhaben, das Gegenstand der 11. Planänderung ist, existieren schon keine Größen- und Leistungswerte. Eine gemeinsame Betrachtung scheidet zudem auch deshalb aus, weil die 11. Planänderung nicht die weitergehende Benutzung von Grundwasser im Sinne von Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG regelt, wie sie in der 7. Planänderung vorgesehen ist. Nach Nr. 13 der Anlage 1 zum UVPG bedarf das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100.000 m³ bis weniger als 10 Mio. m³ einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG. Solche Wassernutzungen sind nicht Gegenstand der 11. Planänderung. Die 7. und die 11. Planänderung sind daher nicht „kumulationstauglich“ (vgl. zu dieser Voraussetzung Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 19). Deshalb ist es auch ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Größen- und Leistungswerte durch eine gemeinsame Betrachtung der beiden Planänderungen erreicht oder überschritten werden. Allenfalls kann die 7. Planänderung für sich betrachtet den Schwellenwert erreichen oder überschreiten.
C.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
41 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
42 
Beschluss vom 2. Juli 2014
43 
Der Streitwert wird § 63 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2., 2.2.1 des Streitwertkatalogs 2004 endgültig auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
17 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Er wird durch die auf der Grundlage des § 76 Abs. 3 VwVfG erlassene Planänderung weitergehend als bisher betroffen (vgl. zu dieser Voraussetzung die st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B. Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris Rn. 28 und Urteil vom 24.07.2008 - 4 A 3001/07 -, BVerwGE 131, 346). Dies folgt zwar - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht bereits daraus, dass die Tiefe der Gründungspfähle verändert worden wäre. Denn die Beklage hat in der Nebenbestimmung A.3 zum angefochtenen Bescheid ausdrücklich verfügt, dass die Einbindelänge der Gründungspfähle, die u.a. in der Anlage 7.1.4.1 dargestellt sind, bis maximal zur Oberkante der Grundgipsschicht zu begrenzen ist. Der Kläger wird jedoch dadurch weitergehend betroffen, dass nunmehr vorgesehen ist, auf seinem Grundstück Gründungspfähle einzubringen. Dies war bislang nicht der Fall.
18 
Die Beklagte und die Beigeladene bestreiten allerdings eine erstmalige oder weitergehende Betroffenheit unter Hinweis darauf, dass die 11. Planänderung nur den Bereich des Grundstücks des Klägers betreffe, der nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 ohnehin dinglich belastet sei. Der Planfeststellungsbeschluss sehe den vollständigen Abriss des Gebäudes S... Straße ... vor und erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Das Hinzutreten mehrerer Gründungspfähle im Untergrund stelle demgegenüber keine weitere oder erstmalige Belastung dar.
19 
Wirtschaftlich gesehen mag diese Betrachtung zutreffen. Eine wirtschaftliche Betrachtung steht jedoch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. z.B. Beschluss vom 08.03.1988 - 1 BvR 1092/84 -, BVerfGE 78, 58). Danach gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG das Privateigentum „in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers“. Es ist daher eine rechtliche Betrachtung geboten. Nach dieser liegt eine weitergehende Belastung durch die Gründungspfähle vor. Sie stellen im Verhältnis zu dem Bauwerk, das im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vorgesehen war, ein anderes, zusätzliches Bauwerk dar (anders im Fall des BVerwG, Urteil vom 17.09.2004 - 9 VR 3.04 -, NVwZ 2005, 330). Außerdem nehmen sie das Grundstück in deutlich größerer Tiefe und damit in größerem Umfang in Anspruch als bisher. Dies führt zu einer erhöhten Duldungspflicht und damit zu einer weitergehenden Betroffenheit. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der betroffene Bereich ohnehin bereits dinglich belastet sei, denn dies trifft so nicht zu. Der Bereich mag zwar für eine dingliche Belastung vorgesehen sein. Der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 behält die Festlegung der genauen Modalitäten der Dienstbarkeit - für den Fall, dass keine Einigung zustande kommt - jedoch dem Enteignungsverfahren vor (vgl. die Begründung auf S. 228). Dieses ist bisher nicht durchgeführt, eine Dienstbarkeit ist noch nicht eingetragen worden.
B.
20 
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
I.
21 
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
1. Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses leidet nicht an den von dem Kläger geltend gemachten formellen Fehlern.
23 
Das Eisenbahn-Bundesamt durfte über die 11. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 im vereinfachten Verfahren nach § 18d AEG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG entscheiden, weil es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handelte. Es durfte deshalb insbesondere auf ein förmliches Anhörungsverfahren nach § 73 VwVfG verzichten.
24 
Unwesentlich ist eine Änderung insbesondere dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleich bleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden sollen. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Belange eines einzelnen Betroffenen durch die Änderung stärker berührt werden als durch die ursprüngliche Planung (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584).
25 
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die 11. Planänderung nur eine unwesentliche Änderung des festgestellten Vorhabens zum Gegenstand. Bei der Beurteilung ist auf den Planfeststellungsbeschluss insgesamt abzustellen. Bezogen auf den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs ist die hier in Rede stehende Änderung der Bauwerksgründung unwesentlich. Die Gründung der Bauwerke stellt zwar einen wichtigen Pfeiler des Projekts dar. Mit der 11. Planänderung soll jedoch kein neues, bisher unbekanntes Problem bewältigt werden. Denn es war schon bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 bekannt, dass an die Technik der Bauwerksgründung aufgrund der schwierigen Baugrundverhältnisse besondere Anforderungen zu stellen sind. Diese Technik wird nun an die fortgeschrittene Erkenntnislage über den Baugrund angepasst und teilweise geändert und es werden zusätzliche Gründungspfähle angeordnet. Diese Änderung fällt im Verhältnis zum Gesamtprojekt nicht ins Gewicht, zumal eine Änderung der bisherigen wasserrechtlichen Erlaubnis mit der 11. Planänderung nicht verbunden ist.
26 
Das danach zulässige vereinfachte Planfeststellungsverfahren durfte das Eisenbahn-Bundesamt nach § 76 Abs. 3 VwVfG ohne förmliches Anhörungsverfahren im Sinne des § 73 VwVfG durchführen. Diejenigen, in deren Rechte eingegriffen wird, waren dennoch nach § 28 VwVfG anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 08.08.2013 - 5 S 2327/12 -, juris; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 76 Rn. 37; Dürr, in: Knack/ Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 76 Rn. 35; Bonk/ Neumann, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 76 Rn. 28; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 76 Rn. 14; Ronellenfitsch, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 17d, Rn. 17). Die danach gebotene Anhörung des Klägers ist unterblieben. Dies führt jedoch auf keinen beachtlichen Fehler (vgl. § 46 VwVfG), da offensichtlich ist, dass die unterbliebene Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn die vom Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Einwände sind dieselben, die er bereits in früheren Klageverfahren erhoben hat. Er beruft sich auf den Wegfall des „vorläufigen positiven Gesamturteils“ wegen mangelnder Planrechtfertigung, weil die Finanzierung nicht gesichert und der neue Bahnhof nicht ausreichend leistungsfähig sei. Zu diesen Argumenten hat die Beklagte schon vor Erlass der 11. Planänderung in der Weise Stellung genommen, dass sie sie nicht für durchgreifend erachtet. Diese Ansicht trifft zu.
27 
2. Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes ist materiell rechtmäßig. Im Falle einer Planänderung muss nicht die Planänderung als solche im Sinne einer Planrechtfertigung erforderlich sein. Vielmehr muss jetzt für das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf bestehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584). Die Planrechtfertigung würde fehlen, wenn der Verwirklichung des Gesamtprojekts „Stuttgart 21“ von vornherein unüberwindbare Hindernisse entgegen stünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 7 A 4.12 -, BVerwGE 147, 184). Das ist jedoch nicht der Fall.
28 
Die Planrechtfertigung für das geänderte Vorhaben ergibt sich hier aus der Planrechtfertigung für das Vorhaben in seiner ursprünglichen Gestalt. Durch die 11. Planänderung wird diese Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Dies behauptet auch der Kläger nicht. Er meint aber, es lägen neue Umstände vor, die belegten, dass die ursprüngliche Einschätzung fehlerhaft sei, das Vorhaben sei gerechtfertigt. Dies trifft indessen nicht zu. Dem Projekt „Stuttgart 21“ fehlt - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht die Planrechtfertigung wegen ungesicherter Finanzierung (dazu a)), was zur Folge hätte, dass die Pläne für die Abschnitte 1.3 und 1.6b nicht mehr festgestellt werden könnten. Auch die Rüge des Klägers, der neue Hauptbahnhof sei nicht ausreichend leistungsfähig, greift nicht durch (dazu b)). Schließlich begegnet auch die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken (dazu c)).
29 
a) Der Kläger meint, die Gesamtfinanzierung sei (nunmehr) ausgeschlossen, weil die (neue) Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 aufgrund der vorgesehenen Beteiligung des Landes Baden-Württemberg verfassungswidrig sei. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Er hat bereits in seinen zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüssen vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -) und vom 15.11.2012 (- 5 S 1812/12 -) ausgeführt, dass die Frage der Planrechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der gesicherten Gesamtfinanzierung durch das Senatsurteil vom 06.04.2006 (- 5 S 848/05 -) rechtskräftig entschieden worden ist und der Kläger die Rechtskraftwirkung des Urteils gegen sich gelten lassen muss. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Ein neuer entscheidungserheblicher Sachverhalt, auf den sich die Rechtskraft des Urteils nicht erstrecken würde, liegt nicht vor. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -, mit dem er die Klage des Klägers auf Verpflichtung des Eisenbahn-Bundesamtes zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 abgewiesen hat.
30 
b) Die Rüge des Klägers, dem neuen Hauptbahnhof fehle es an der ausreichenden Leistungsfähigkeit, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
31 
Aufgrund des Urteils des Senats vom 06.04.2006 steht gegenüber dem Kläger rechtskräftig fest, dass der neue Bahnhof ausreichend leistungsfähig ist. Die Feststellung nimmt an der Rechtskraft des Urteils nach § 121 VwGO teil. Denn der Umfang der Rechtskraft einer abweisenden Entscheidung über eine Anfechtungsklage, wie sie hier in Form des Urteils des Senats vom 06.04.2006 vorliegt, erschöpft sich nicht in dem Rechtsschluss, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist, sondern umfasst grundsätzlich auch die Feststellung, dass die Voraussetzungen der unmittelbaren Ermächtigungsgrundlage vorliegen (BVerwG, Urteil vom 07.08.2008 - 7 C 7.08 -, BVerwGE 131, 346).
32 
Der Kläger muss sich die Rechtskraft des Urteils auch im vorliegenden Verfahren entgegenhalten lassen, weil - jedenfalls soweit es die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs betrifft - das ursprünglich planfestgestellte Vorhaben und das Vorhaben in der Gestalt der 11. Planänderung identisch sind und der vom Kläger mit seiner Klage - 5 S 2429/12 - geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 vom 28.01.2005 nicht besteht. Der Senat hat die Klage mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen.
33 
c) Der angefochtene Planänderungsbeschluss weist auch unter dem Gesichtspunkt der Abschnittsbildung keinen Fehler auf, der zu dem Wegfall der Planrechtfertigung führen würde. Dies folgt schon daraus, dass die 11. Plan-änderung auch insoweit nichts am ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ändert, dessen Rechtmäßigkeit rechtskräftig feststeht. Ein neuer Sachverhalt, der von der Rechtskraft des Urteils vom 06.04.2006 nicht erfasst wäre, liegt nicht vor. Der Senat verweist hierzu auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -.
II.
34 
Die Rüge des Klägers, es habe nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden, gegen die verstoßen worden sei, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.
35 
1. Der Kläger ist nach § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG berechtigt, diesen Fehler zu rügen. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich bei § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG nicht um eine „andere gesetzliche Bestimmung“ im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO handelt, die Einzelnen eine von der möglichen eigenen Betroffenheit unabhängige Klagebefugnis verleiht, sondern diese Norm (nur) die Begründetheitsprüfung betrifft. Die Verfahrensfehler einer rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) führen abweichend von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Begründetheit der Klage, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften des UVP-Rechts der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts Einzelner dienen. Gleiches gilt für den Verfahrensfehler einer dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügenden Vorprüfung des Einzelfalls (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG findet hier ungeachtet dessen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts vom 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.). Durch § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG wird den Einzelnen folglich eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt. Lediglich für deren Klagebefugnis bleibt es bei dem allgemeinen Erfordernis, dass eine eigene Betroffenheit durch die Zulassung des UVP-pflichtigen Vorhabens möglich erscheint (BVerwG, Urteil vom 02.10.2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367; vgl. auch Beschluss vom 27.06.2014 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014). Hier ist die Klagebefugnis des Klägers - wie oben ausgeführt - gegeben.
36 
2. In der Sache liegt der geltend gemachte Rechtsverstoß jedoch nicht vor. Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht auch für die Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Vorschrift ist hier grundsätzlich anwendbar, weil für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben - den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs - jedenfalls aufgrund der durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls (vgl. PFB S. 138) bereits eine UVP-Pflicht bestand (vgl. hierzu Nr. 14.7 und Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 und 95). Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung nachgekommen und hat auch für die beantragte 11. Planänderung eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt. Sie hat mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 gemäß § 3a UVPG festgestellt, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Diese Feststellung unterliegt nach § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung der Beklagten ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.
37 
Hiervon ausgehend ist ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 3c UVPG nicht zu erkennen. Das Ergebnis der Vorprüfung ist angesichts des bereits oben dargestellten begrenzten Gegenstands der Planänderung - einer Änderung der Technik des Bauwerksgründung bei fortbestehender Begrenzung der Einbindelänge der Gründungspfähle auf maximal bis zur Oberkante der Grundgipsschicht - auch nachvollziehbar. Zudem ergibt sich aus der Stellungnahme der unteren Wasserbehörde der Stadt Stuttgart, die im Schreiben des Beigeordneten für Städtebau und Umwelt der Landeshauptstadt Stuttgart vom 20.08.2012 an das Eisenbahn-Bundesamt enthalten ist, dass auch bei dem vorgesehenen verdichteten Pfahlraster die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 zu den bauwerksbedingten Veränderungen der Grundwasserpotentiale eingehalten werden. Hinsichtlich der Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Aufrechterhaltung der ursprünglichen Potential- und Grundwasserströmungsverhältnisse bewege sich die Vorhabenträgerin auch bei Umsetzung der beantragten Änderung im zulässigen Rahmen.
38 
Anderes folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der „kumulierenden Wirkung der 7. Planänderung in Verbindung mit der 11. Planänderung“. Denn eine solche „kumulierende Wirkung“ der beiden Planänderungen liegt nicht vor. Nach § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwar auch dann, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben), zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten. Die Vorschrift des § 3b Abs. 2 UVPG ist auf Änderungen eines UVP-pflichtigen Vorhabens entsprechend anzuwenden, wenn diese - wie hier - gleichzeitig verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (vgl. auch Nr. 5.4 der Vollzugshinweise „Anwendung und Auslegung der neuen UVP-Vorschriften“ vom 14.08.2003). Denn zum einen stellt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 a) UVPG auch die Änderung einer technischen Anlage ein „Vorhaben“ im Sinne des Umweltverträglichkeitsgesetzes dar. Zum anderen besteht auch bei Änderungsvorhaben die Gefahr, dass eine Aufteilung in mehrere Änderungen zu dem Zweck erfolgt, eine an sich wegen des Erreichens eines Schwellenwerts notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung zu vermeiden. Eine solche Aufsplitterung soll durch § 3b Abs. 2 UVPG jedoch gerade vermieden werden (vgl. Sangenstedt, in : Landmann/Rohmer, UmwR, § 3b UVPG Rn. 2).
39 
Mehrere Änderungsvorhaben sind entsprechend § 3b Abs. 2 Satz 3 UVPG jedoch nur dann gemeinsam zu betrachten, wenn die Änderungsvorhaben für sich genommen jeweils die Werte für die standortbezogene oder die allgemeine Vorprüfung nach Anlage 1 zum UVPG Spalte 2 erreichen oder überschreiten. Daran fehlt es hier, denn für das Vorhaben, das Gegenstand der 11. Planänderung ist, existieren schon keine Größen- und Leistungswerte. Eine gemeinsame Betrachtung scheidet zudem auch deshalb aus, weil die 11. Planänderung nicht die weitergehende Benutzung von Grundwasser im Sinne von Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG regelt, wie sie in der 7. Planänderung vorgesehen ist. Nach Nr. 13 der Anlage 1 zum UVPG bedarf das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100.000 m³ bis weniger als 10 Mio. m³ einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG. Solche Wassernutzungen sind nicht Gegenstand der 11. Planänderung. Die 7. und die 11. Planänderung sind daher nicht „kumulationstauglich“ (vgl. zu dieser Voraussetzung Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 19). Deshalb ist es auch ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Größen- und Leistungswerte durch eine gemeinsame Betrachtung der beiden Planänderungen erreicht oder überschritten werden. Allenfalls kann die 7. Planänderung für sich betrachtet den Schwellenwert erreichen oder überschreiten.
C.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
41 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
42 
Beschluss vom 2. Juli 2014
43 
Der Streitwert wird § 63 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2., 2.2.1 des Streitwertkatalogs 2004 endgültig auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
14 
Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
14 
Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) gestellten Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (nachfolgend: 2. SAG) für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 wiederherzustellen (§ 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO), haben jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung überwiegen das entgegengesetzte Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
Die Antragsteller haben zur Unterstützung ihres Vorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zum Eilantrag bezüglich der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung“ des Gutachtensbüros ... vom 29.02.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können inhaltlich nicht berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.07.1977 - 8 CB 84.76 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 47; Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Antragsbegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 29.02.2012 enthaltenen Ausführungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Antragsbegründungsschrift oder den sonstigen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgelegten Schriftsätzen zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
Keiner abschließenden Klärung bedarf, ob die von dem Antragsgegner und der Beigeladenen aufgeworfenen sonstigen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Anträge durchgreifen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung spricht jedoch vieles dafür, dass die Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt sind. Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Reaktorunfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis bzw. die nach gleichen rechtlichen Maßstäben zu beurteilende Antragsbefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43/90 - BVerwGE 88, 286; Urteil des Senats vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Antragsteller machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallgrenzwert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch dürfte sich ihrem Vorbringen noch entnehmen lassen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365). Ferner dürfte den Antragstellern auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen zustehen. Soweit ersichtlich ist der von der gegenständlichen Genehmigung gedeckte Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs gegenwärtig noch nicht vollständig abgeschlossen. Diese Fragen bedürfen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung. Denn die Anträge haben jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der 2. SAG vom 24.10.2011 in einer den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet (dazu unter 1.). Bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage haben die Antragsteller keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür dargetan, dass die angefochtene Genehmigung entweder in formeller oder materieller Hinsicht rechtswidrig ist und sie in eigenen drittschützenden Rechten verletzt (dazu unter 2.). Schließlich überwiegt das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der 2. SAG auch bei einer von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache losgelösten freien Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller (dazu unter 3.).
1. Die unter A.VI. des angegriffenen Bescheids erklärte Anordnung der sofortigen Vollziehung der 2. SAG unterliegt zunächst mit Blick auf die formellen Begründungsanforderungen keinen durchgreifenden Bedenken.
Zweck des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Außerdem sollen dem Betroffenen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Ferner soll die Begründung der Sofortvollzugsanordnung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Anordnung bilden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2001 - 19 B 1757/00 u.a. - NJW 2001, 3427; Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 - VBlBW 2002, 441). Dementsprechend muss aus der Begründung hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurückzustellen. Demgemäß genügen - wie die Antragsteller zu Recht hervorheben - pauschale und nichtssagende formelhafte Wendungen dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht.
Die von dem Antragsgegner verfügte Sofortvollzugsanordnung und deren Begründung genügen den vorstehend bezeichneten Anforderungen. Der Antragsgegner hat zur Begründung der verfügten sofortigen Vollziehung der 2. SAG im Wesentlichen ausgeführt, die sofortige Ausnutzung der Genehmigung entspreche dem Interesse der Allgemeinheit an einem unterbrechungsfreien und zügigen Abbau des stillgelegten Kernkraftwerks Obrigheim (vgl. Begründung der Genehmigung S. 52). Ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Genehmigung bestehe die Gefahr, dass der bereits beschrittene Weg des direkten Abbaus des Kernkraftwerks unterbrochen werde; auch habe die Beigeladene ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der ihr erteilten Genehmigung. Darüber hinaus hat der Antragsgegner eine Interessenabwägung mit den Belangen betroffener Dritter vorgenommen und darauf abgehoben, dass die Genehmigung einen überschaubaren Sachverhalt betreffe und gegen die ebenfalls überschaubaren Risiken ausreichend Vorsorge getroffen worden sei. Mit dieser Begründung hat der Antragsgegner - noch - hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, aus welchen Gründen des öffentlichen Interesses er es für sachgerecht hält, den durch die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage regelmäßig eintretenden Schutz des Betroffenen im Einzelfall zurückzustellen. Weitergehende, auf den Einzelfall bezogene Erwägungen waren in diesem Zusammenhang nicht zwingend anzustellen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO lediglich eine - von der materiellen Prüfung des Bestehens eines Sofortvollzugsinteresses zu unterscheidende - formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung normiert. Ob die insoweit verlautbarten Erwägungen der Behörde inhaltlich zutreffen, ist für die Einhaltung dieses formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196; sowie vom 20.09.2011 - 10 S 625/11 - juris). Das Gericht nimmt im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Interessenabwägung vor und ist nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 05.06.2001 - 1 SN 38/01 - NVwZ-RR 2001, 610).
2. Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage leidet die 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Antragsteller in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
2.1 Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die 2. SAG nicht bereits deshalb formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft durchgeführt wurde (dazu unter 2.1.2) oder eine zwingend notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben ist (dazu unter 2.1.3).
2.1.1 Zwar können die Antragsteller rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
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2.1.1.1 Zutreffend weisen die Antragsteller darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 - DVBl. 2012, 447) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - a.a.O.). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt.
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2.1.1.2 Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
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„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
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Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Antragstellern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
14 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Eintrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. Anknüpfend hieran regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrundeliegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stillegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
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Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Antragsteller, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern kann. Die Antragsteller verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglich-keitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der ersten Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der ersten Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte lediglich vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
16 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Antragsgegner eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
17 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Antragsteller war vor Erteilung der 2. SAG eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Antragsteller verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.).
18 
Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann entgegen der Auffassung der Antragsteller keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Antragsteller, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. „Notstandsgebäude“ (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
19 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Zum anderen wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und erneut vollständig zu legalisieren.
20 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Antragsgegner umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Antragsgegner den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung eindeutig klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
21 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Antragsteller zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Antragstellern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
22 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen wiederholt und zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen.
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Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Zu Recht weist die Beigeladene aber darauf hin, dass ihr Antragsschreiben vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich ist. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Antragsgegner vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Anschreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37).
24 
Auch der Versuch der Antragsteller, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein anderweitiges Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Antragstellern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gelten jedoch die oben angestellten Erwägungen, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
25 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Antragsgegner ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt - aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Antragstellern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Antragsgegner und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Antragstellern erwähnte e-mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Antragsgegners mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
26 
Nach alldem kann entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt erneut geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
27 
2.1.2 Entgegen der Auffassung der Antragsteller leidet die von dem Antragsgegner durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden relativen Verfahrensfehler. Dabei spricht zwar vieles dafür, dass § 4 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG - anders als die Überschrift nahelegt - keine abschließende Regelung über die Beachtlichkeit von Verfahrensfehlern enthält, sondern nur die dort genannten Fallgruppen zu absoluten Verfahrensfehlern erklärt, ohne die Beachtlichkeit anderer Verfahrensfehler nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. etwa § 46 VwVfG, § 44a VwGO) auszuschließen (vgl. hierzu näher Urteil des Senats vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies bedarf hier jedoch ebenso wenig einer weitergehenden Erörterung wie die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umstrittene Frage, ob ein gegenteiliges Normverständnis mit den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG in der durch die Richtlinie 2003/35/EG geänderten Fassung, jetzt Art. 11 RL 2011/92/EU vereinbar ist (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2012 - 7 C 20.11 - NVwZ 2012, 448). Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung leidet die von dem Antragsgegner durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden relativen Verfahrensfehler.
28 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3a UVPG RdNr. 26.1). Gemäß der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 551/06, S. 43 f.) soll durch die Regelung des § 3a Satz 4 UVPG dem Umstand Rechnung getragen werden, dass § 3c UVPG der zuständigen Behörde mit der Formulierung „nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung“ einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum einräumt. Nachvollziehbarkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2010 - OVG 11 S 45.09 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445). Im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen lediglich dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - a.a.O.).
29 
Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nicht davon auszugehen, dass die von dem Antragsgegner durchgeführte Umweltverträglichkeitsvorprüfung einen derartigen schwerwiegenden Ermittlungs- oder Bewertungsfehler aufweist, der im gerichtlichen Verfahren beanstandet werden könnte. Auch die Antragsteller legen nicht dar, dass die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls an einem Verfahrensfehler leidet oder deren Ergebnis nicht nachvollziehbar wäre. Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Antragsgegner hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Antragsgegner ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Antragsgegners vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt jedenfalls bei summarischer Prüfung gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen zu Eigen gemacht hat.
30 
2.1.2.2. Entgegen der Auffassung der Antragsteller enthält die 2. SAG bei summarischer Sachverhaltsprüfung keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr hält sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
31 
Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Bau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Bei summarischer Prüfung dürfte der Antragsgegner zutreffend davon ausgegangen sein, dass durch die wohl untergeordneten Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. Hiergegen spricht, dass bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen wurde, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
32 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem damaligen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kon-trollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen zur Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer bereits beantragten, jedoch noch nicht erteilten 3. SAG vorbehalten bleiben.
33 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, dass bei der für den zweiten Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung sich unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben könne, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im zweiten Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen weisen der Antragsgegner und die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass allein eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen kann. Maßgeblich hierfür ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des zweiten Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Unerheblich dürfte in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Antragsteller sein, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird.
34 
Eine wesentliche Änderung dürfte schließlich nicht dadurch eingetreten sein, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, so dass die Anlage bei Beginn des zweiten Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeits-prüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des zweiten Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
35 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit in den Blick zu nehmen, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollten nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und der hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
36 
Nach alldem hat der Antragsgegner die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
37 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Antragsteller war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
38 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war - wie oben näher dargestellt - für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
39 
2.1.3.2 Der Antragsgegner hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer erneuten fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Nach § 19b Abs. 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
40 
Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls bei summarischer Prüfung für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass auch die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter haben werden. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargelegt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG dargestellten Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahmen überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Antragsgegners, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
41 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I. 2.4.1) ergibt, hat der Antragsgegner das ihm eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Antragsgegner hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien und bei der Durchführung eines fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens nicht mit einem wesentlichen Erkenntnisgewinn gerechnet werden könne. Diese Einschätzung des Antragsgegners ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Antragsgegner getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
42 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass die Antragsteller wohl auch bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht in eigenen Rechten verletzt wären. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Antragstellern nicht dargetan und liegt bereits deshalb fern, weil ihnen von dem Antragsgegner jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden ist.
43 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
44 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet jedenfalls bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Antragsgegner hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Antragstellern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Antragstellern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann der Antrag nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
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2.2.1 Jedenfalls bei summarischer Prüfung durfte der Antragsgegner die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
46 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR 1178/07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Die Exekutive ist für die Risikoermittlung und -bewertung, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen, allein verantwortlich (BVerwG, Urteil vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - a.a.O.; Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129). Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
47 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsoge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654; Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
48 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Antragsgegner davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§ 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; Urteil vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
49 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß § 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Antragsteller haben insoweit nicht substantiiert vorgebracht, durch welche Defizite der Schadensvorsorge sie sich in eigenen Rechten verletzt fühlen. Letztendlich wird von den Antragstellern nicht geltend gemacht, dass die Überschreitung von Grenzwerten für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb droht. Die Antragsteller sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, der nach dem oben Gesagten jedoch nicht drittschützend ist.
50 
2.2.1.3 Entgegen der Auffassung der Antragsteller durfte die Genehmigungsbehörde bei summarischer Prüfung auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
51 
Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen eine Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien zugrunde gelegt. In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben hat der Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von außen (EVA) untersucht und ist zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Die Antragsteller zeigen nicht substantiiert auf, dass weitere Störfallabläufe zu betrachten gewesen wären, oder dass gegen die Prognose der bei den angenommenen Störfällen eintretenden Strahlenexpositionen durchgreifende Bedenken bestehen. Ergänzend ist anzumerken, dass die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet haben, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter bei ihrer Störfallbetrachtung u.a. den Einsturz der Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 unterstellt und dessen Auswirkungen untersucht, obwohl die Lagerung von Abfallgebinden in diesen Gebäuden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden ist. In ähnlicher Weise haben die Gutachter die Lagerung der Brennelemente im externen Lagerbecken in ihre Betrachtung einbezogen, obwohl diese - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG war. Jedenfalls nach den im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein bestehenden beschränkten gerichtlichen Erkenntnismöglichkeiten ist deshalb davon auszugehen, dass Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien und Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle nicht vorliegen. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
52 
2.2.2 Zu Recht dürfte die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen sein, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG zu Gunsten der Antragsteller gegeben ist. In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Antragsteller ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
53 
Die Antragsteller sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37) als nicht gewährleistet an und weisen zutreffend darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG nicht erneut betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Entgegen der Auffassung der Antragsteller dürfte diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden sein.
54 
Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG dagegen enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Antragsteller deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
55 
Im Übrigen könnten die Antragsteller selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelement-Lagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Antragsteller diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Antragstellern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Antragsteller im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des Betriebsreglements.
56 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Antragsteller insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in vergleichbaren Fallkonstellationen das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat jedenfalls unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb betrachtet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass auch dabei der maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv eingehalten wird. Mit den im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln kann mangels aussagekräftiger Angaben in der Begründung der 2. SAG freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht.
57 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher BayVGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
58 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
59 
2.3 Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Antragsteller bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG genehmige die Verbringung der bestrahlten Brennelemente aus dem internen Brennelementlagerbecken im Reaktorgebäude in das Lagerbecken des Notstandsgebäudes; im Fall einer Störung im Notstandsgebäude stehe keine weitere Lagerungsmöglichkeit mehr zur Verfügung, die erforderliche Redundanz sei somit nicht gegeben. Dabei machen die Antragsteller mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und erneut zu legalisieren.
60 
Fehl geht insbesondere die Annahme der Antragsteller, durch die 2. SAG werde das Verbringen der Brennelemente aus dem internen Brennelementlager in das Notstandsgebäude erstmalig gestattet. Wie oben näher dargestellt, wurde die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers mit bestandskräftig gewordener Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet; mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde das externe Brennelementlager in das Stilllegungsreglement einbezogen. Ferner befanden sich sämtliche Brennelemente zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG bereits im externen Brennelementlagerbecken. Im Reaktorgebäude befinden sich nach Vortrag der Beigeladenen seit Ende März 2007 keine Brennelemente mehr. Jedenfalls bei summarischer Prüfung dürfte der Antragsgegner auch ohne Rechtsfehler davon ausgegangen sein, dass ein weiteres redundantes Brennelementlagerbecken nicht erforderlich ist. Vielmehr ist die Genehmigungsbehörde sachverständig beraten zu der Einschätzung gelangt, dass das externe Brennelementlager die erforderlichen Sicherungseinrichtungen aufweist und dass die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen keine Rückwirkungen auf dessen Betrieb haben. Im Übrigen ging auch das im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 dargestellte Stilllegungs- und Abbaukonzept der Beigeladenen davon aus, dass sich die abgebrannten Brennstäbe zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG allenfalls im externen Brennelementlagerbecken befinden sollen, sofern die primär vorgesehene Verbringung in ein Standortzwischenlager nicht durchgeführt werden konnte. Eine Rückverbringung der Brennelemente in das interne Brennelementlagerbecken war dagegen nach dem Stilllegungskonzept der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt. In Übereinstimmung mit diesem Konzept hat auch die Reaktorsicherheitskommission in ihrer vor Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme vom 11./12.12.2007 empfohlen, dass die Brennelemente nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in das interne Nasslager zurücktransportiert werden dürfen (siehe S. 20 der Stellungnahme). Eine derartige Rückverbringung in das interne Brennelementlager dürfte jedenfalls mit Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude zudem technisch unmöglich geworden sein. Vor Erteilung der hierzu erforderlichen Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 hat der Antragsgegner sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Antragsteller mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht möglich sei bzw. das interne Brennelementlagerbecken aus Redundanzgründen weiterhin benötigt werde.
61 
Des Weiteren machen die Antragsteller geltend, es fehle an der vom Gesetz vorausgesetzten realistischen Planung für die zeitnahe Errichtung eines standortnahen Zwischenlagers, in das die Brennelemente nach Beendigung der Lagerungen im externen Elementbecken verbracht werden könnten. Dies stehe im Widerspruch zu der in § 9a Abs. 1 b AtG enthaltenen Anforderung, dass der Entsorgungsnachweis für bestrahlte Brennelemente auf einer realistischen Planung beruhen müsse und nachzuweisen sei, dass hierfür rechtlich und technisch verfügbare Zwischenlagerkapazitäten bereitstehen. Diesem Einwand braucht jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht weiter nachgegangen werden, da die insoweit einschlägige und von den Antragstellern selbst herangezogene Vorschrift des § 9a AtG keinen Drittschutz vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; Beschluss vom 22.08.1991 - 7 B 153.90 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 37).
62 
3. Auch bei einer von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache losgelösten Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung das entgegengesetzte Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
63 
Der Senat teilt dabei die Einschätzung des Antragsgegners, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an einem zeitnahen Rückbau des Kernkraftwerkes Obrigheim besteht. Dieser liegt nicht zuletzt auch im wohlverstandenen Interesse der Anwohner und damit auch der Antragsteller, da mit dem Rückbau der Anlage und insbesondere dem Abtransport der demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs das geltend gemachte Besorgnispotenzial weiter reduziert wird. Zutreffend hat der Antragsgegner in diesem Zusammenhang auch auf die Gefahr hingewiesen, dass bei einer längeren Unterbrechung des Abbaus des Kernkraftwerks sich dieses Projekt in der Reihe der anderen Rückbauvorhaben nach der Abschaltung von acht deutschen Kernkraftwerken nach hinten verschieben könnte und damit eine erhebliche Zeitverzögerung zu befürchten wäre. Schließlich hat die Beigeladene nachvollziehbar im Einzelnen näher dargelegt, dass gerade die Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen von Großkomponenten des Primärkreislaufs für den vorgesehenen Zeitrahmen von essentieller Bedeutung ist. Auch hat die Beigeladene ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Sofortvollzug und der zügigen Durchführung von bereits vergebenen Abbaumaßnahmen dargelegt. Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die von der Beigeladenen vorgelegten Berechnungen der wirtschaftlichen Auswirkungen bei einer den Eilanträgen vollständig stattgebenden Entscheidung nachvollziehbar sind. Denn der Senat stellt bei der Interessenabwägung im Wesentlichen auf das öffentliche Interesse am zügigen Rückbau des Kernkraftwerks und lediglich untergeordnet auf die wirtschaftlichen Belange der Beigeladenen ab.
64 
Gegenüber diesen für die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung streitenden Interessen muss das Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen zurücktreten. Zwar haben vor allem die Rechtsgüter Leben und Gesundheit, zu deren Schutz die Antragsteller die erforderliche Vorsorge beanspruchen, einen hohen Rang. Die Antragsteller haben jedoch - wie ausgeführt - einen Erfolg ihrer Klagen nicht als hinreichend wahrscheinlich dartun können. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass es bei der Beurteilung dieser Erfolgsaussichten ausschließlich um die Fragen einer Risikoerhöhung im vorgelagerten Bereich der Vorsorge bzw. um bloße Besorgnispotentiale geht. Auch dies lässt es eher zumutbar erscheinen, dass die Antragsteller den Vollzug der Genehmigung vorläufig hinnehmen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen für die Antragsteller geringe Vorteile bringen würde. Bei einem Erfolg der Eilanträge könnte der Abbau der in A.I.1.1 der 2. SAG genannten Anlagenteile nicht fortgesetzt werden. Dies dürfte für die Antragsteller jedoch lediglich von untergeordneter Bedeutung sein, da vor allem die kritischen Großkomponenten des Primärkreislaufs, deren Abbau von der 2. SAG gestattet wird, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits weitgehend demontiert sind. Auch damit hat sich das von den Antragstellern geltend gemachte Besorgnispotenzial, sofern es auf den Abbau von Anlagenteilen des Primärkreislaufs bezogen ist, bereits bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiter reduziert. Im Übrigen haben die Antragsteller weniger gegen die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Einwendungen erhoben, sondern sich gegen den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude gewendet. Dieser würde jedoch auch bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen nicht vollständig unterbunden werden, da er - wie oben näher dargestellt - nicht Gegenstand der 2. SAG ist. Deshalb bestünde auch bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung die Möglichkeit, dass der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 1. SAG weitergeführt wird. Bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung könnten die Antragsteller daher ihr Hauptziel, nämlich die Unterbindung der weiteren Brennelementlagerung im Notstandsgebäude, nicht erreichen. Daher ist das Suspensivinteresse der Antragsteller aufgrund der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalles als gering zu bewerten.
65 
Nach alledem bleibt der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen ohne Erfolg.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzuerlegen.
67 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG sowie § 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 1.5, 6.2 i.V.m. Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (VBlBW 2004, 467).
68 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Das Verfahren wird, soweit es aufgrund der Berufungen der Kläger zu 1. und 4. noch anhängig ist, eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. November 2011 ist gegenüber den Klägern zu 1. und 4. wirkungslos.

Die Kläger zu 1. bis 4. tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zu einem Viertel einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kläger zu 1. und 4. tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,- € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die entstehende Gesamtbelastung infolgedessen bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist.

109 110 111 112 113 114 115 116 117

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. Satz 1 gilt für Abfallentsorgungsanlagen entsprechend.

(2) In dem vereinfachten Verfahren sind § 10 Absatz 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden.

(3) Die Genehmigung ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens abweichend von den Absätzen 1 und 2 nicht in einem vereinfachten Verfahren zu erteilen.

(4) Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung und Betrieb der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird, der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten wird oder eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst wird. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 10 mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6 anzuwenden. § 10 Absatz 3 Satz 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur die Personen Einwendungen erheben können, deren Belange berührt sind oder Vereinigungen, welche die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Bei störfallrelevanten Änderungen ist § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Juli 2015 - 4 K 4749/14 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 in der Gestalt des Abänderungsbescheids vom 30.07.2014 wird bezüglich der in Nr. I.2.5 getroffenen Regelung zur Einsatzzeit von Betriebsmitteln mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass die Beigeladene zur Nutzung eines Gabelstaplers für die Zeit von einer halben Stunde pro Tag berechtigt ist.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22.07.2015 ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), sie hat jedoch nur in geringem Umfang Erfolg.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde der Beigeladenen nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Gründe führen überwiegend dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses der Antragstellerin ausfällt, vom Vollzug bzw. der Ausnutzung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 - soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - verschont zu bleiben; lediglich im Hinblick auf die Nutzung eines Gabelstaplers für einen begrenzten Zeitraum überwiegt das Vollzugsinteresse der Beigeladenen.
Bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, insbesondere wie hier bei begünstigenden Verwaltungsakten mit belastender Drittwirkung, stehen sich die Rechtspositionen der entsprechend reziprok betroffenen Privaten grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen Genehmigungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dem Genehmigungsempfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die Frage der sofortigen Verwirklichung des Genehmigungstatbestandes geht, ist weder aus dem geltenden Verwaltungsprozessrecht noch aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus. Kann mithin nicht von einem prinzipiellen prozessualen Vorrang des einen Genehmigungsbescheid anfechtenden Dritten ausgegangen werden, so ist die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, primär nach dem materiellen Recht zu beantworten, also nach der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - NVwZ 2009, 240, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 25.11.2014 - 10 S 1920/14 - VBlBW 2015, 253; Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 1003 ff.). Dem trägt auch § 80 Abs. 2 Nr. 4 2. Alt. VwGO Rechnung, wonach auf das „überwiegende Interesse eines Beteiligten“ zur Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgestellt werden kann. Ein überwiegendes Interesse eines durch den Verwaltungsakt begünstigten Beteiligten im Sinne der Vorschrift ist daher dann anzunehmen, wenn das von einem Dritten eingelegte Rechtsmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss. Anders als im zweipoligen Verwaltungsrechtsverhältnis bedarf es in der hier in Rede stehenden Konstellation der Drittanfechtung weder nach dem einfachen Recht (vgl. §§ 80a, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. VwGO) noch nach Art. 19 Abs. 4 GG der Prüfung eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - a.a.O.). Unerheblich ist deshalb, dass der Antragsgegner ein überwiegendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 nicht festgestellt hat, sondern sich in der Vollziehungsanordnung vom 30.07.2014 lediglich auf die überwiegenden Interessen der Beigeladenen an der sofortigen Verwirklichung des Vorhabens gestützt hat.
Der Senat teilt unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens im Ergebnis die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung durchgreifenden, eine überwiegende Aufhebungswahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren begründenden rechtlichen Bedenken begegnen dürfte (1.). Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (2.). Vor diesem Hintergrund sowie der im Widerspruchsverfahren zu erwartenden weiteren Überprüfung der tatsächlichen Situation geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die gebotene Interessenabwägung überwiegend zugunsten des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin bezüglich des Einsatzes von beweglichen Betriebsmitteln ausfällt (3.).
1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Sachverhaltsprüfung erweist sich die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten ist zu berücksichtigen, dass in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht stattfindet. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein darauf hin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 06.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343; und vom 05.10.1990 - 7 C 55.89 - BVerwGE 85, 368). Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin mit ihren Einwendungen gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung der Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen vom 26.06.2012 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg. Zwar dürfte die Genehmigung nicht den vom Verwaltungsgericht erhobenen immissionsschutzrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die bei ihrer Erteilung zugrunde gelegte Lärmprognose begegnen (1.1). Der Senat geht indes mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die Genehmigung gegen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu prüfende bauplanungsrechtliche Vorschriften verstößt (1.2).
1.1 Voraussichtlich zu Unrecht nimmt das Verwaltungsgericht an, dass die angefochtene Genehmigung gegen Vorschriften des Bundes-Immissions-schutzgesetzes verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Zutreffend dürfte die Beschwerde darauf hinweisen, dass die angefochtene Genehmigung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen Schutzpflichten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verstößt, wobei eine abschließende Klärung freilich nur im Hauptsacheverfahren zu leisten ist.
Jedenfalls bei summarischer Sachverhaltsprüfung werden durch das Vorhaben der Beigeladenen voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG hervorgerufen, sodass den Schutzpflichten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Genüge getan sein dürfte. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600). Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 BImSchG als Instrument der Gefahrenabwehr greift ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - juris). Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Luftschadstoffe oder Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2013 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - a.a.O.). Zutreffend dürfte die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen sein, dass von dem Betrieb des Abfalllagerplatzes der Beigeladenen keine für die Antragstellerin unzumutbaren, von ihr nicht hinzunehmenden Einwirkungen durch Lärm hervorgerufen werden. Das Vorhaben genügt bei summarischer Sachverhaltsprüfung den von der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26.08.1998 gestellten Anforderungen.
Gemäß Nr. 6.1 Buchst. d) der TA Lärm ist den maßgeblichen Anforderungen bezüglich der Wohnnutzung der Antragstellerin genügt, wenn an dem einschlägigen Beurteilungspunkt auf dem Grundstück der Antragstellerin tagsüber, also zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr, ein Immissionswert von 55 dB(A) nicht überschritten wird. Dieser Immissionsrichtwert dürfte durch die angefochtene Genehmigung zum Schutz der Antragstellerin gewährleistet werden. Der Senat teilt nicht die vom Verwaltungsgericht erhobenen Bedenken gegen das Vorgehen der Genehmigungsbehörde, die lediglich einen Immissionsbeitrag für das Vorhaben der Beigeladenen festgesetzt hat. Durch diese Festsetzung dürfte ein hinreichender Schutz im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG für das Anwesen der Antragstellerin sichergestellt sein. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 6 der TA Lärm setzt die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen in der Regel eine Prognose der Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage und - sofern im Einwirkungsbereich der Anlage andere Anlagengeräusche auftreten - die Bestimmung der Vorbelastung sowie der Gesamtbelastung voraus. Da sich die in der TA Lärm genannten Immissionsrichtwerte auf die Gesamtbelastung beziehen, steht für die Zusatzbelastung der zu beurteilenden Anlage regelmäßig lediglich ein Immissionsrichtwertanteil (Immissionsbeitrag) zur Verfügung. Eine Festsetzung von verbindlichen Immissionsrichtwerten kommt in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Falle einer zu berücksichtigenden Vorbelastung nicht in Betracht, weil in die Genehmigung ausschließlich die Anlage betreffende und von ihr einzuhaltende Regelungen aufgenommen werden können. Für die Begrenzung der Lärmimmissionen kann daher nur die ermittelte Zusatzbelastung als maximaler Immissionsbeitrag der verfahrensgegenständlichen Anlage in der Genehmigung festgesetzt werden. Damit wird den immissionsschutzrechtlichen Schutzpflichten genügt, sofern in der Immissionsprognose die Vorbelastung zutreffend ermittelt und berücksichtigt wird.
Gemessen hieran dürften gegen die Verfahrensweise der Genehmigungsbehörde keine Bedenken bestehen. Die Beigeladene legte im Verlauf des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens eine Immissionsprognose vom 29.04.2011 auf der Basis der TA Lärm vor, die nach fachtechnischer Prüfung durch Bedienstete des Antragsgegners nachgebessert und ergänzt wurde. Bei summarischer Sachverhaltsprüfung dürfte die Vorbelastung entgegen der Bedenken des Verwaltungsgerichts hinreichend berücksichtigt worden sein. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht angestellten spekulativen Erwägungen nicht geeignet sind, die Richtigkeit der Immissionsprognose in Zweifel zu ziehen.
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1.2 Der Senat geht indes bei summarischer Sachverhaltsprüfung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass gegen die erteilte Änderungsgenehmigung erhebliche, eine überwiegende Aufhebungswahrscheinlichkeit begründende Bedenken im Hinblick auf bauplanungsrechtliche Vorschriften bestehen. Die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ist gemäß § 16 BImSchG i.V.m. § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn die sich aus § 5 ergebenden Anforderungen erfüllt sind und dem nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Danach - ferner auch infolge der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG - erstreckt sich die immissionsschutzrechtliche Prüfung auch auf Normen des Baugesetzbuchs. Die Antragstellerin wird durch die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung voraussichtlich in Rechten verletzt, die sie zu schützen bestimmt sind. Sie kann sich auf einen baugebietsübergreifenden Gebietswahrungsanspruch berufen. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich gemäß § 29 Abs. 1 BauGB nach § 30 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan „...“ der Stadt ... vom 30.06.1981 und §§ 8, 15 BauNVO 1977. Der insoweit maßgebliche Bebauungsplan enthält Festsetzungen zur Art der Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BauGB, hier: ein eingeschränktes Gewerbegebiet - GEE), aus denen die Antragstellerin einen sog. übergreifenden Gebietswahrungsanspruch herleiten kann.
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Der Gebietsbewahrungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (§ 9 Satz 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 BauNVO) das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch resultiert daraus, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.06.2015 - 3 S 901/15 - juris). Da der Gebietswahrungsanspruch auf der durch eine Baugebietsfestsetzung wechselseitigen Eigentumsbindung beruht, kann er einem Eigentümer, dessen Grundstück sich außerhalb des Baugebiets befindet, grundsätzlich nicht zustehen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Gemeinde mit einer Baugebietsfestsetzung auch den Zweck verfolgt, Nachbarn außerhalb des Baugebiets einen Anspruch auf Gebietserhaltung zu geben. Ob einer Baugebietsfestsetzung eine derartige über die Gebietsgrenze hinausreichende drittschützende Wirkung zukommt und damit den Nachbarn des Baugebiets ein sog. baugebietsübergreifender Gebietswahrungsanspruch zusteht, hängt davon ab, ob sich der Begründung des Bebauungsplans oder anderen Unterlagen des Planaufstellungsverfahrens ein entsprechender Planungswille der Gemeinde entnehmen lässt. Dabei kann jedoch auch dieser Anspruch nur verletzt sein, wenn im benachbarten Baugebiet ein der Nutzungsart nach unzulässiges Vorhaben zugelassen wird (vgl. zum Vorstehenden Sächs.OVG, Beschluss vom 28.09.2012 - 1 B 313/12 - BauR 2013, 459; sowie BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 14 CS 08.3017 - juris). Gemessen hieran dürfte der Antragstellerin ein Anspruch auf Wahrung der Gebietsart im benachbarten Baugebiet „... ...“ zustehen. Das Gericht geht im auf summarische Prüfung angelegten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, dass der Bebauungsplan insbesondere mit seiner Regelung zum eingeschränkten Gewerbegebiet entlang der ... wirksam und daher zu beachten ist (1.2.1). Die Gebietsfestsetzung dürfte nach dem Planungswillen der Gemeinde auch zum Schutz des Grundstücks der Antragstellerin erfolgt sein (1.2.2). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung ist der Betrieb der Beigeladenen aufgrund seines Störpotentials in einem eingeschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig (1.2.3).
12 
1.2.1 Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der bauplanungsrechtlichen Prüfung den für das Vorhabengrundstück maßgeblichen Bebauungsplan „... ...“ und die darin enthaltenen Festsetzungen zugrunde gelegt. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung ist regelmäßig von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Bebauungsplanes auszugehen, wenn dieser nicht offensichtlich unwirksam ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.1.2009 - 10 B 1687/08 -juris).
13 
Ausgehend hiervon bestehen keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des maßgeblichen Bebauungsplans. Die Regelung in den textlichen Festsetzungen zu dem eingeschränkten Gewerbegebiet dürfte entgegen der im gerichtlichen Verfahren erhobenen Einwände der Beigeladenen noch hinreichend bestimmt und damit wirksam sein. In den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan „...“ werden in Ziffer 1.0 „Art der baulichen Nutzung“ für das eingeschränkte Gewerbegebiet nur solche Nutzungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1977 zugelassen, „die den Immissionswerten eines Mischgebietes entsprechen, mit Ausnahme von Einzelhandelsbetrieben aller Art und Vergnügungsstätten“. Im Ausgangspunkt zutreffend macht die Beschwerde geltend, dass diese Formulierung missverständlich ist, da sich Immissionswerte jeweils auf das etwa beeinträchtigte Grundstück, nicht jedoch auf das Vorhabengrundstück bzw. die dort verwirklichte Nutzung beziehen. Indes kann die entsprechende Festsetzung mit den üblichen Regeln sachgerechter Auslegung einem eindeutigen Ergebnis zugeführt werden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Festsetzung unter Hinweis auf die in Nr. 6.1 der TA Lärm enthaltenen Immissionsrichtwerte dahingehend verstanden, dass auf dem Vorhabengrundstück lediglich Gewerbebetriebe mit einem mischgebietstypischen Störungsniveau zu verwirklichen sein sollen. Im Gegensatz zu der hinsichtlich des Störgrades maßgeblichen Beschränkung in § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1977, die insoweit nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe zulässt, stellt § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1977 bei Gewerbebetrieben darauf ab, dass sie das Wohnen nicht wesentlich stören. Diese auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauNVO 1977 gestützte Festsetzung zur Gliederung der Gewerbegebiete führt dazu, dass in einem dergestalt „eingeschränkten Gewerbegebiet“ hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nur solche Gewerbebetriebe allgemein zulässig sind, die auch in einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO 1977) zulässig wären (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.04.2014 - 8 S 2239/13 - NVwZ-RR 2014, 632). Gegen eine solche insbesondere aus Gründen des Immissionsschutzes vorgenommene Gliederung bestehen nach gefestigter Rechtsprechung keine grundsätzlichen Bedenken (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.12.1989 - 3 S 1278/88 - BRS 49 Nr. 73, m.w.N.).
14 
Dies zugrunde gelegt hat das Verwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zu Recht an den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ zu der Art der zulässigen baulichen Nutzung gemessen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die von der Beschwerde in den Mittelpunkt ihrer Erörterungen gerückte Problematik, dass das Vorhaben der Beigeladenen auf mehreren Flurstücken verwirklicht werden soll, für die unterschiedliche bauplanungsrechtliche Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung gelten. Zutreffend weist die Beigeladene in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass die Festsetzung „eingeschränktes Gewerbegebiet“ im oben dargestellten Sinne nicht für das gesamte Vorhabengrundstück gilt und mithin ein nicht unerheblicher Teil der Grundstücksfläche in einem nicht beschränkten allgemeinen Gewerbegebiet liegt. Fehl geht indes der von der Beschwerde gezogene Schluss, es sei insoweit eine Differenzierung hinsichtlich Art und Umfang der gewerblichen Betätigung im jeweils festgesetzten Gebiet maßgeblich. Die Beigeladene übersieht dabei, dass Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eine einheitliche Anlage im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG (bzw. ein einheitliches Bauvorhaben nach § 29 BauGB) ist, die insgesamt den höheren Anforderungen unterliegt, die der Bebauungsplan für einen der betroffenen Teilbereiche festsetzt. Dem hat im Übrigen die Beigeladene im Genehmigungsverfahren dergestalt Rechnung getragen, dass sie eine Immissionsprognose des Gesamtvorhabens ohne nähere Differenzierung vorgelegt hat.
15 
1.2.2 Bei summarischer Sachverhaltsprüfung spricht vieles dafür, dass die vorliegende Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets eine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Antragstellerin entfaltet. Maßgebliche Anhaltspunkte für diese Auslegung lassen sich bereits dem Bebauungsplan „... ...“, seiner Begründung, den Materialien des Planaufstellungsverfahrens und späteren Änderungsverfahren sowie indiziell auch den Äußerungen von Gemeindeorganen bzw. -bediensteten in anderen Bebauungsplanverfahren entnehmen.
16 
1.2.2.1 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Schutzrichtung der maßgeblichen Festsetzungen des Bebauungsplans primär auf dessen Inhalt und die beigegebene Begründung abgestellt. Dass die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets auf einem Teil des Betriebsgeländes der Beigeladenen zumindest auch zugunsten des Wohngrundstücks der Antragstellerin Drittschutz entfaltet, ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus der Begründung des Bebauungsplans „...“ vom 25.05.1981. So wird in Ziffer 4 der Begründung zum Bebauungsplan ausgeführt:
17 
„In den Randbereichen zur bereits bestehenden Bebauung an der ...-Straße und an der ...-Straße wurde, soweit dort vorwiegend Wohnbebauung vorherrscht, im Einvernehmen mit den zuständigen Fachbehörden, dem Gewerbeaufsichtsamt ein eingeschränktes Gewerbegebiet mit den Immissionsschutzwerten eines Mischgebiets festgesetzt“.
18 
Diese Festsetzung gilt bei summarischer Sachverhaltsprüfung entgegen der Auffassung der Beigeladenen zugunsten des Grundstücks der Antragstellerin, auch wenn die ... Straße - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - nicht ausdrücklich in der Begründung genannt wird. Für dieses Verständnis spricht jedoch der zeichnerische Teil des Bebauungsplanes. Denn die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebietes erfolgt entlang der ...-...-Straße, über die ... Straße und die ...-Straße bis über die ...-Straße, während östlich dieses eingeschränkten Gewerbegebiets jeweils ein Gewerbegebiet ohne Einschränkung bzw. - östlich der ... Straße - ein Industriegebiet anschließt. Westlich des in einem Streifen entlang dieser Straßen festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebietes befand sich bereits bei Aufstellung des Bebauungsplanes „... ...“ überwiegend Wohnbebauung, wenngleich ein Teil der Wohnbebauung damals noch in einem Dorfgebiet lag. Gerade die Lage des zwischen der Wohnbebauung und dem Gewerbegebiet eingeschobenen Puffers lässt eine nachbarschützende Zielrichtung der Regelung naheliegend erscheinen. Zutreffend hebt das Verwaltungsgericht hervor, dass eine die Ausweisung des eingeschränkten Gewerbegebiets ausschließlich städtebaulich plausibilisierende Zielsetzung weder anhand des zeichnerischen Teils noch der Begründung des Bebauungsplanes zu erkennen ist. Nicht zu teilen vermag der Senat vor diesem Hintergrund die These der Beschwerde, der Schutzgedanke des Bebauungsplans richte sich ausschließlich an die Bebauungsplanbereiche „GEE“ östlich der ...-Straße gegenüber dem - von dort aus betrachtet - jenseits der ...-Straße befindlichen Baugebiet „...“.
19 
1.2.2.2 Für eine drittschützende Funktion der Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets gerade zu Gunsten des Grundstücks der Antragstellerin sprechen auch die Äußerungen von Organen bzw. Bediensteten der Stadt ... ... in späteren Bebauungsplanverfahren. So billigte der Gemeinderat der Stadt ... am 12.04.1983 eine Vorlage des Stadtplanungsamtes mit folgender Ziffer 3:
20 
„Im genehmigten Bebauungsplan war im Baublock zwischen ... ..., ... und ... Straße sowie entlang der ... ...-Straße als Art der Nutzung ein eingeschränktes Gewerbegebiet (GEE) ausgewiesen. Das eingeschränkte Gewerbegebiet ist nach Auffassung des Stadtplanungsamts nur für einen Teilbereich notwendig, um die Wohnnutzung in dem benachbarten Baugebiet „...“ zu schützen. Die Ausweisung eines ca. 40m breiten Streifens als eingeschränktes Gewerbegebiet dürfte ausreichen. Die im östlichen Bereich liegende Fläche wird als Gewerbegebiet ausgewiesen.“
21 
Das darin zum Ausdruck kommende Verständnis des Gemeinderats anlässlich der ersten Planänderung des Bebauungsplanes „...“ lässt den Rückschluss zu, dass bereits bei der erstmaligen Aufstellung dieses Bebauungsplanes ein Drittschutz gerade auch zugunsten des Baugebiets „...“, in dem das Grundstück der Antragstellerin liegt, gewollt war.
22 
Hierfür sprechen auch die bei der ersten Änderung des Bebauungsplans „... ...“ angefallenen Materialien. So wird in der Vorlage für die maßgebliche Sitzung des Stadtrates am 07.04.1998 darauf hingewiesen, dass die Bebauung südlich der ... Straße (wie auch östlichen der ...-Straße) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ als eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt sei; es bestehe mithin kein Nutzungskonflikt des „allgemeinen Wohngebietes“ im ... aufgrund der Zweckbestimmung der angrenzenden Baugebiete. In Übereinstimmung hiermit hat die Stadt ... in einem Anschreiben an das Landratsamt Tübingen vom 23.04.1998 darauf hingewiesen, dass der Gemeinderat bei der Billigung des Bebauungsplanes „... Neufassung“ in der Sitzung am 07.04.1998 die Anregung zu § 50 BImSchG behandelt habe und diese nicht von Belang gewesen sei, da das dem Baugebiet... benachbarte Gewerbegebiet „...“ die nötige Abstufung in Form von festgesetzten „eingeschränkten Gewerbegebieten“ enthalte, in denen die Immissionswerte denen eines Mischgebiets entsprechen müssten.
23 
1.2.3 Die angefochtene Genehmigung des Antragsgegners vom 26.06.2012 verletzt die Antragstellerin auch nach Überzeugung des Senats in ihrem Anspruch auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart. Denn die genehmigte Anlage zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen ist in dem im Bebauungsplan „...“ festgesetzten einschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig. Bei der gebotenen eingeschränkt typisierenden Betrachtung handelt es sich bei der Anlage, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, um eine erheblich belästigende und damit im eingeschränkten Gewerbegebiet grundsätzlich nicht zulässige Anlage (1.2.3.1). Auch ist die Anlage und ihr Betrieb nach Maßgabe der Genehmigung nicht derart atypisch, dass sie aufgrund dieser Umstände in dem fraglichen Gebietstyp zulässig wäre (1.2.3.2).
24 
1.2.3.1 Für die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Gebietsverträglichkeit der genehmigten Anlage ist zunächst von ihrer immissionsschutzrechtlichen Einordnung auszugehen. Zwar bewirkt der Umstand, dass die Anlage und ihr Betrieb nach §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, allein noch nicht, dass sie im Mischgebiet - weil das Wohnen „wesentlich störend“ - unzulässig sind. Allerdings dürfen die Regelungen der 4. BImSchV über die Genehmigungsbedürftigkeit potentiell störender Betriebe bei ihrer bauplanungsrechtlichen Beurteilung auch nicht vernachlässigt werden; denn die Tatsachen, die dieser Wertung des Verordnungsgebers zugrunde liegen, und diese Wertung selbst begründen durchaus Anhaltspunkte für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit. Da die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit eines Betriebs- oder Anlagentyps ein anlagentypisches Gefährdungspotential kennzeichnet, darf und muss in aller Regel ein konkretes, die Gebietsprägung beeinträchtigendes Störpotential unterstellt werden, es sei denn, es lägen im Einzelfall Voraussetzungen für ein Abweichen von dieser Bewertung vor. Danach erfordert die baurechtliche Beurteilung eines gewerblichen Vorhabens eine Vorausschau, die nicht nur die aktuellen Störwirkungen des Betriebs für seine Umgebung einbezieht, sondern auch diejenigen Beeinträchtigungen, die künftig selbst bei funktionsgerechter Nutzung der Anlage eines entsprechenden Betriebstyps nicht auszuschließen sind (sogenannte begrenzte Typisierung, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl. 1993, 111; Senatsurteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439; sowie Senatsbeschluss vom 05.03.1996 - 10 S 2830/95 - DVBl. 1996, 687).
25 
Gemessen hieran ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen bei begrenzt typisierender Betrachtung in einem eingeschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig ist. Die Anlage bedurfte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 1 4. BImSchV und Nr. 8.12. Buchst. a) und b) des Anhangs a.F. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Nach der - rechtlich nicht zu beanstandenden - Bewertung des Verordnungsgebers handelt es sich somit bei Anlagen des hier in Frage stehenden Typs um solche, die in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen, u.a. erhebliche Belästigungen, durch Staub und Lärm hervorzurufen (vgl. § 3 Abs. 1 bis 4 BImSchG). Daraus folgt zugleich, dass der Betrieb derartiger Anlagen in einem eingeschränkten Gewerbegebiet regelmäßig ein erhebliches bauplanungsrechtliches Konfliktpotential in sich birgt.
26 
1.2.3.2 Das Verwaltungsgericht hat zu Recht verneint, dass die Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen gebietsverträglich ist. Auch nach der Einschätzung des Senats sind die Anlage und ihr Betrieb nach Maßgabe der Genehmigung nicht derart atypisch, dass den Anforderungen des vorsorgenden Immissionsschutzes durch Bauplanungsrecht genügt wäre. Die Anlage und ihr Betrieb weisen keine Besonderheiten in der Bauart, der Größe, der Leistung, der Betriebsweise, der eingesetzten Stoffe und der Vorrichtungen zur Immissionsbegrenzung auf, die in ihrer Gesamtheit eine mischgebietsverträgliche Atypik begründen könnten. Nach den der Genehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen begründen weder die Größe und Leistung der Anlage noch die konkrete Betriebsweise eine Atypik. Vielmehr sprechen die eigenen Angaben der Beigeladenen zur wirtschaftlichen Bedeutung zusammen mit dem flächenmäßigen Betriebsumfang, den vorhandenen Betriebseinrichtungen und den vorgesehenen Betriebsabläufen bei summarischer Prüfung gegen eine atypische Betriebssituation. Dass die Betriebsgröße hier keine Atypik begründet, ergibt sich bereits aus der erheblichen Überschreitung der die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht begründende Mengenschwellen in Nr. 8.12 Buchst. a) und b) des Anhangs zur 4. BImSchV a.F.. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die in den Genehmigungsunterlagen geschilderten konkreten Betriebsabläufe keine Atypik begründen. Nach dem vorgesehenen Betriebskonzept werden die einzelnen Abfälle auf dem Betriebsgelände mit technischen Einrichtungen wie etwa einem Radlader, einem Bagger und Gabelstaplern bewegt. In nicht zu beanstandender Weise hat das Verwaltungsgericht ferner die ausweislich der Immissionsprognose auf dem überwiegenden Teil des Betriebsgeländes der Beigeladenen zu erwartenden Immissionswerte von 62,5 dB(A), 67,5 dB(A) und 70 dB(A) als Indiz gegen eine Atypik herangezogen.
27 
Entgegen der Annahme der Beschwerde war auch in diesem Zusammenhang keine differenzierte Betrachtung im Hinblick auf die einzelnen die Betriebsfläche bildenden Flurstücke vorzunehmen. Die Beschwerde übersieht auch hier, dass Gegenstand der baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Betrachtung eine Anlage im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG ist, für die einheitliche Anforderungen gelten. Ausgehend hiervon ist es nicht statthaft, lediglich die Betriebsfläche unmittelbar südlich der ... Straße (Flst.-Nr. ...) in den Blick zu nehmen. Dem von der Beigeladenen vorgeschlagenen Verständnis steht im Übrigen entgegen, dass die Geräuschimmissionen von dem Gesamtvorhaben herrühren und nicht flurstücksbezogen beurteilt werden können.
28 
Auch die von der Beigeladenen vorgesehenen bzw. ihr aufgegebenen Vorkehrungen zur Begrenzung der Geräuschimmissionen lassen den Anlagenbetrieb in der genehmigten Form nicht als atypisch erscheinen. Der Antragsgegner hat der Beigeladenen zur Begrenzung der Lärmimmissionen im Wesentlichen gemäß Nr. I.2.5 des Genehmigungsbescheids vom 26.06.2012 tägliche Höchstzeiten für den Betrieb einzelner Einrichtungen auferlegt. Es handelt sich mithin um überwiegend verhaltensbezogene Auflagen, deren Einhalten ein Tätigwerden von Betriebsangehörigen der Beigeladenen und deren wirksame Beaufsichtigung voraussetzt. Solche verhaltensbezogenen, von der Befolgung durch Betriebsangehörige abhängigen Auflagen sind regelmäßig nicht geeignet, eine atypische Betriebssituation zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 17.06.1999 - 10 S 44/99 - VBIBW 2000, 78). Nach alldem steht auch für den Senat fest, dass die Anlage zur Lagerung und Behandlung von Abfällen und ihr Betrieb in der genehmigten Form keine Atypik aufweist, die Störungen von vornherein ausschließt und ihre Gebietsverträglichkeit dauerhaft und zuverlässig sicherstellen könnte.
29 
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Die von der Beigeladenen erhobene Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit bzw. des fairen Verfahrens vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Beigeladene sieht einen Verstoß gegen diese Verfahrensgrundsätze darin, dass das Verwaltungsgericht die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Anlage ohne entsprechende Rüge der Antragstellerin von sich aus aufgeworfen habe. Entgegen der Annahme der Beschwerde kann jedoch keine Rede davon sein, dass sich das Verwaltungsgericht „ungefragt auf Fehlersuche“ begeben habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner hierzu ergangenen Rechtsprechung betont, dass die gelegentlich ausgesprochene Mahnung, eine gleichsam ungefragte Fehlersuche zu vermeiden, die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes in § 86 Abs. 1 VwGO nicht in Frage stellen, sondern dessen sachgerechter Handhabung unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung und der Prozessökonomie dienen solle, wobei sich nicht abstrakt festlegen lasse, was im Einzelfall sachgerecht sei (BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188; und Beschluss vom 03.07.2013 - 9 B 5.13 - juris).
30 
Gemessen an diesen Anforderungen war das Verwaltungsgericht in Ausübung seiner Amtsermittlungspflicht gehalten, die Zulässigkeit des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht zu untersuchen und die hierzu erforderlichen Akten beizuziehen. Dies gilt in besonderem Maße vor dem Hintergrund, dass im Genehmigungsverfahren der baurechtlichen Problematik nicht in ausreichendem Umfang nachgegangen wurde.
31 
3. Nach alldem spricht die obige rechtliche Beurteilung dafür, mit dem Verwaltungsgericht zum überwiegenden Teil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die in Nr. I.2.5 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26.06.2012 verfügte Festsetzung von Betriebszeiten wiederherzustellen. Im Rahmen der zu treffenden Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse der Antragstellerin, vorläufig vor Lärmbelastungen durch den Betrieb der Beigeladenen verschont zu bleiben, und dem Interesse der Beigeladenen, ihren Betrieb im derzeitigen Umfang weiterbetreiben zu dürfen, überwiegt das Interesse der Antragstellerin, soweit es um den überwiegenden Anteil der lärmerhöhenden Genehmigungsbestandteile geht. Diese Abwägungsentscheidung wäre selbst dann zu treffen, wenn die Beurteilung der Erfolgsaussichten im Widerspruchsverfahren bzw. einem etwa anschließenden Hauptsacheverfahren als offen anzusehen wäre. Der Senat hat sich bei dieser Abwägung zugunsten der Antragstellerin von der erheblichen Lärmbelästigung leiten lassen, die an ihrem Hausgrundstück eintreten wird. Nach der von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten Immissionsprognose wird der maßgebliche Immissionsrichtwert am Wohnort der Antragstellerin mit 54,0 dB(A) nur sehr knapp eingehalten. Dies belegt auch die aufgrund einer Auflage der Genehmigungsbehörde durchgeführte Abnahmemessung vom 27.09.2013, die einen Beurteilungspegel von 52,3 dB(A) ergab, und deren Richtigkeit von der Antragstellerin in Zweifel gezogen wird, wobei diesen Einwendungen im gegenständlichen Verfahren nicht weiter nachgegangen werden kann. Dies zugrunde gelegt ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ein erhebliches Interesse an der Reduzierung der Lärmbelastung für die Antragstellerin besteht, die bei summarischer Betrachtung durch eine Beschränkung der Betriebszeiten entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 21.10.2015 zu erreichen ist. Der Senat verkennt dabei nicht die Beeinträchtigungen, die diese Entscheidung für den Betriebsablauf der Beigeladenen mit sich bringt. Bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens hält es der Senat deshalb anders als das Verwaltungsgericht für geboten, der Beigeladenen den Einsatz eines Gabelstaplers für die tägliche Dauer von einer halben Stunde zu ermöglichen. Dadurch wird sichergestellt, dass die in der Beschwerdebegründung geschilderte Papierverladung und das Abkippen der Container mit einem Gabelstapler nicht völlig unterbunden werden. Insbesondere hat der Senat diese Modifikation der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vorgenommen, um der Beigeladenen den lärmmindernden Einsatz eines Gabelstaplers zu ermöglichen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass durch dessen relativ kurzzeitigen Einsatz Belange der Antragstellerin nicht wesentlich tangiert werden.
32 
4. Soweit in der Beschwerdebegründung auf das Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht verwiesen oder dieses wiederholt wird, genügt dies nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO. Diese Bestimmung steht im engen Zusammenhang mit dem Begründungs- und Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 1 bis 3 VwGO und verlangt, dass sich die Begründung mit der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinandersetzt. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, außer in Fällen der Nichtberücksichtigung oder des Offenlassens des früheren Vortrags, grundsätzlich ebenso wenig wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 08.11.2004 - 9 S 1536/04 - NVwZ-RR 2006, 74; und vom 11.04.2002 - 1 S 705/02 - NVwZ-RR 2002, 797).
33 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
34 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren stützt sich auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 2.2.2 i.V.m. 19.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. in Beilage zu VBlBW 2014, Heft 1).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Gemeinde, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Punkt F. - Punkt St. T., Bauleitnummer (Bl.) 4571.

2

Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist die Errichtung und der Betrieb einer rund 7,4 km langen 380 kV-Höchstspannungsfreileitung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Folgemaßnahmen sowie der Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Die Leitung dient einem Lückenschluss und soll die Energieversorgung der Stadt K. und ihrer Umgebung langfristig sichern. Insgesamt werden 23 Masten unterschiedlichen Bautyps neu errichtet, zugleich 17 Masten demontiert. Die planfestgestellte Trasse beginnt am Punkt F. unter Anschluss an die Höchstspannungsfreileitung Bl. 4123. Sie kreuzt aus südöstlicher Richtung kommend die Bundesautobahn A 44 und wird dann weitgehend parallel zu dieser Bundesautobahn geführt, berührt bei Mast 5 das Gebiet des "Campus F.", kreuzt an der Anschlussstelle F. die Landesstraße L 382 und verläuft weiter in weitgehend westlicher Richtung bis zu einer stillgelegten, nach Norden verlaufenden Eisenbahntrasse. Parallel hierzu wird sie zum Edelstahlwerk geführt. Dort verschwenkt sie leicht nach Westen und führt zum Punkt St. T.. Auf diesem etwa 2,9 km langen Teilstück befindet sich die rückzubauende Freileitung Bl. 2339. Die Trasse verläuft hier am Ortsrand der Klägerin, dem sie sich bis auf knapp 30 m von der Trassenmitte nähert. Über die gesamte Strecke wird die Trasse parallel zur bestehenden Freileitung Bl. 2388 geführt.

3

Im Juni 2007 übersandte eine Rechtsvorgängerin der Beigeladenen dem Beklagten ein Gutachten zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) zur Prüfung, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe. Das Gutachten verneinte eine solche Pflicht. Für die Umweltauswirkungen legte es eine dreistufige Skala ("erheblich" - "deutlich" - "gering") zu Grunde. Erhebliche Umweltauswirkungen verneinte es durchgängig, deutliche Auswirkungen bejahte es hinsichtlich einzelner Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 2 zum UVPG. Die zu erwartenden Umweltverschmutzungen (Ziff. 1.4 der Anlage 2 zum UVPG) schätzte das Gutachten als gering ein, da die Immissionen durch elektromagnetische Felder die maßgeblichen Grenzwerte einhielten. Nach Beteiligung verschiedener Fachdezernate stellte die Planfeststellungsbehörde des Beklagten in einem Vermerk vom 8. Januar 2008 fest, der Eingriff werde in keinem relevanten Schutzgut zu erheblichen Umweltauswirkungen führen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei daher nicht erforderlich. Auf Nachfrage teilte der Beklagte dem Beigeladenen unter dem 20. Dezember 2010 mit, es bleibe bei dieser Einschätzung.

4

Zu den im Jahr 2010 eingereichten Planfeststellungsunterlagen beteiligte die Beklagte im März 2011 die Träger der öffentlichen Belange, darunter die Klägerin. Die Unterlagen wurden in der Zeit vom 28. März bis 9. Mai 2011 bei der Stadt K. ausgelegt.

5

Die Klägerin nahm unter dem 5. Mai 2011, beim Beklagten eingegangen am 9. Mai 2011, zu dem Vorhaben Stellung. Die Trasse habe einen zu geringen Abstand zur Wohnbebauung im Bereich des Stadtteils B., es müsse geprüft werden, ob die Leitung negative gesundheitliche Wirkungen für die Bewohner der dortigen Wohngebiete habe. Die Unterlagen ließen die Stärke der elektromagnetischen Felder nicht erkennen. Es bedürfe einer Prüfung von Alternativen, sowohl einer Erdverkabelung als auch einer mindestens teilweisen Verlegung der Trasse. Die Planung berühre beim "Campus F." den Bebauungsplan Nr. 653, dort reiche der Schutzstreifen auf einer Breite von ca. 300 m bis zu 5 m in die festgesetzten Gewerbegebiete hinein. Weiter rügte die Klägerin Mängel hinsichtlich des Landschafts- und Artenschutzes sowie des Grund- und Trinkwasserschutzes während der Bauphase. Schließlich forderte sie, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

6

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 legte die Klägerin ein Gutachten zu den Möglichkeiten und Auswirkungen einer 380-kV-Erdkabelverlegung vor. Es beschreibt die technischen, betrieblichen und umweltrelevanten Eigenschaften von Freileitungen und Erdkabeln und vergleicht die Wirtschaftlichkeit. Die Ausführung der Leitung als Freileitung stelle, so das Gutachten, aus technischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht eindeutig die zu bevorzugende Variante dar. Die Einwendungen der Klägerin wurden in einem nicht-öffentlichen Erörterungstermin am 28. Februar 2012 erörtert.

7

Der Beklagte stellte den Plan mit Planfeststellungsbeschluss vom 7. November 2012 fest und stellte ihn der Klägerin am 27. November 2012 zu.

8

Die Klägerin ist Eigentümerin zahlreicher Grundstücke, für die der Planfeststellungsbeschluss eine Enteignung für zulässig erklärt. Wegen der bereits bestehenden Leitung (Bl. 2388), aber auch wegen einer 1962 planfestgestellten, aber nicht verwirklichten Leitung ist eine Vielzahl dieser Grundstücke dinglich zugunsten von Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen belastet. Die privatrechtliche Situation weicht im Detail voneinander ab. Von elektromagnetischen Feldern und Lärm sind einzelne Grundstücke im Eigentum der Klägerin betroffen, die auf der Grundlage von Erbbaurechten zu Wohnzwecken genutzt werden.

9

Die Klägerin hat am 20. Dezember 2012 Klage erhoben. Nach ihrer Auffassung bedurfte das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Landschaftsschutz sei unzutreffend abgearbeitet. Die nur knapp unterschrittenen Grenzwerte der 26. BImSchV seien wissenschaftlich überholt und die entstehenden Immissionen unzumutbar. Die Richtwerte der TA Lärm seien überschritten, die hierzu vorgelegten Unterlagen unvollständig. Der Planfeststellungsbeschluss greife durch eine rechteckige Gestaltung der Schutzstreifen mehr als erforderlich auf ihr Eigentum zu. Den Gefahren durch Mastbrüche werde nicht ausreichend begegnet. Die Alternativenprüfung sei unzureichend. Mindestens teilweise dränge sich die Ausführung als Erdkabel auf, insbesondere im Bereich zwischen dem Edelstahlwerk und dem Punkt St. T..

10

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 7. November 2012 für den Neubau der 380 kV-Höchstspannungsleitung Punkt F. - Punkt St. T., Bl. 4571 in den Abschnitten Punkt F. - Punkt St. T. aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 7. November 2012 zu verpflichten, über Schutzvorkehrungen zur Wahrung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie der Klägerin und zum Schutz ihres Grundeigentums, insbesondere vor Immissionen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin sei hinsichtlich mehrerer Einwendungen präkludiert. Den Anforderungen an eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls habe die Beklagte genügt. Verstöße gegen Vorschriften des Landschaftsschutzes könne die Klägerin nicht rügen. Die Grenzwerte der 26. BImSchV seien gewahrt und in der Sache nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Lärmschutzes mache die Klägerin keine eigenen Belange geltend. Im Übrigen würden die maßgeblichen Werte der TA-Lärm eingehalten. Der Planfeststellungsbeschluss leide nicht an Abwägungsfehlern. Die Alternativenprüfung sei rechtmäßig. Insbesondere sei eine Führung als Erdkabel gesetzlich ausgeschlossen, jedenfalls fehlerfrei abgewogen und abgelehnt worden. Sicherheitsgefahren beständen nicht, weil die Anlage die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachte.

13

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Die Klage sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Der Klägerin fehle die Klagebefugnis. Sie sei als Gemeinde nicht Trägerin von Grundrechten und mache sich hinsichtlich einzelner Belange zur Sachwalterin fremder Interessen. Ihre Planungshoheit sei nicht betroffen. Die Klägerin habe kein subjektives öffentliches Recht auf Erdverkabelung. Schließlich sei die Klägerin mit einer Reihe von Einwänden präkludiert, so auch mit der Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung. In der Sache hält die Beigeladene die Klage für unbegründet und verteidigt den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss.

15

Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat einen Eilantrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage mit Beschluss vom 28. Februar 2013 (BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 = ER 2013, 119) abgelehnt.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Dem Planfeststellungsbeschluss hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorausgehen müssen. Dieser Mangel führt nicht zur Aufhebung des Beschlusses, aber zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

17

A. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 3 des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) i.V.m. Nr. 14 der Anlage zum EnLAG im ersten und letzten Rechtszug, weil das Vorhaben ein Teil des Neubaus der Höchstspannungsleitung Niederrhein - Utfort - Osterath mit einer Nennspannung von 380 kV ist.

18

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Klägerin kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. Urteil vom 22. Februar 1984 - BVerwG 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133 <134> = Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 202 S. 2).

19

Die Klägerin kann wie ein privater Grundstückseigentümer geltend machen, die (teilweise) Inanspruchnahme der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke verletze das Gebot einer gerechten Abwägung ihrer eigenen Belange (Urteil vom 27. März 1992 - BVerwG 7 C 18.91 - BVerwGE 90, 96 <101> = Buchholz 451.22 AbfG Nr. 48 S. 125 und Beschluss vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 17). Hiervon ist auch der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Beschlüssen vom 9. Oktober 2012 (BVerwG 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 7) und vom 28. Februar 2013 (BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 7) ausgegangen. Anders als die Beigeladene meint, spielt es nur für die Abwägung, nicht aber für die Klagebefugnis eine Rolle, ob die betroffenen Grundstücke der Klägerin einen Bezug zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben haben (vgl. Urteil vom 24. November 1994 - BVerwG 7 C 25.93 - BVerwGE 97, 143 <151 f.> = Buchholz 451.22 § 7 Abfallbeseitigung Nr. 1 S. 9 und Beschluss vom 18. März 2008 - BVerwG 9 VR 5.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 197 Rn. 16).

20

Der Klagebefugnis steht nicht entgegen, dass im Bereich der zurückzubauenden Freileitung (Bl. 2339) - also zwischen dem Edelstahlwerk und dem Punkt St. T. - die vorhandenen Schutzstreifen ausreichen (S. 32 des Planfeststellungsbeschlusses) und mindestens zu einem Teil dinglich gesichert sind. Gegenstand der Planfeststellung ist ein Gesamtbauvorhaben, das die Errichtung einer Freileitung bei Rückbau einer bestehenden Freileitung umfasst. Gegenüber diesem Eigentumszugriff ist die Klägerin klagebefugt, da sie ihre Klage mit der Hoffnung verbinden kann, dass eine veränderte Planung bestehende Belastungen entfallen lässt, ohne neue Lasten zu begründen (Beschluss vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 17).

21

Ob die Klagebefugnis auch aus einer möglichen Beeinträchtigung der Planungshoheit nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG folgt, kann offen bleiben. Mit Bejahung der Klagebefugnis wegen der Eigentumsbetroffenheit ist die Klage insgesamt zulässig. § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuschalten und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (Urteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 52). Gleiches gilt für den Einwand der Beigeladenen, die Klägerin sei mit bestimmten Einwendungen präkludiert. Denn die mögliche Präklusion von einzelnen Einwendungen berührt nicht die Klagebefugnis, sondern betrifft den Umfang der Begründetheitsprüfung.

22

B. Die Klage ist überwiegend begründet. Zwar war der Hauptantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses abzuweisen, die Klage hat aber mit dem in diesem Antrag als "Minus" enthaltenen Begehren Erfolg, die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses festzustellen (vgl. Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 <74> = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 36) (I.). Die übrigen Einwendungen der Klägerin führen nicht auf Rechtsfehler des Planfeststellungsbeschlusses (II.).

23

I. 1. a) Die Klägerin als von der Fachplanung betroffene Gemeinde ist auf die Rüge von Vorschriften beschränkt, die ihrem Schutz dienen. Weder die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte Selbstverwaltungsgarantie und Planungshoheit noch das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken, die durch das planfestgestellte Vorhaben in Anspruch genommen werden, vermitteln ihr einen Anspruch auf Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (stRspr, Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <391 f.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 114 S. 123, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 10 und vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 26). Auch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses zu ihren Lasten führt nicht zu dem aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG hergeleiteten Anspruch auf vollumfängliche Prüfung, da die Klägerin nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ist (BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <100 f.>).

24

Damit scheidet eine Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses an naturschutzrechtlichen Regelungen von vornherein aus (Beschluss vom 18. März 2008 - a.a.O. Rn. 12). Dies gilt auch, soweit die Klägerin untere Landschaftsbehörde nach § 8 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft Nordrhein-Westfalen (Landschaftsgesetz - LG NRW) i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV. NRW S. 568), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 16. März 2010 (GV. NRW S. 185) ist. Insoweit nimmt sie zwar Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (§ 8 Abs. 3 Satz 1 LG NRW) wahr, sie wird aber nicht Begünstigte des materiellen Naturschutzrechtes, wenn - wie hier die Planfeststellungsbehörde (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) - eine andere Behörde für naturschutzrechtliche Entscheidungen zuständig ist.

25

b) Maßgeblich für die Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses ist die Rechtslage bei dessen Erlass am 7. November 2012, soweit nicht spätere Rechtsänderungen einen vormaligen Rechtsverstoß entfallen lassen (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 52 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 Rn. 52).

26

2. Der Einwand der Klägerin, vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses habe es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft, ist nicht nach § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG präkludiert (a). Er hat in der Sache Erfolg. Auch unter Berücksichtigung der durch § 3a Satz 4 UVPG eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (b) ist festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist, weil es vor seinem Erlass einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurfte (c). Dieser Fehler führt nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, aber nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (d).

27

a) Die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht nach § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG präkludiert.

28

Gemäß § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG sind Äußerungen, Einwendungen und Stellungnahmen nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist nach Satz 1 ausgeschlossen. Diese Mitwirkungslast gilt uneingeschränkt auch für eine Gebietskörperschaft, die im Planfeststellungsverfahren als Behörde und damit als Trägerin öffentlicher Belange zur Stellungnahme aufgefordert worden ist (vgl. Urteil vom 9. Februar 2005 - BVerwG 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813 <815> § 78 vwvfg nr. 10 nicht abgedruckt> zur Mitwirkungslast nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG). Die Einwendungsfrist, über die entsprechend § 43b Satz 3 EnWG belehrt worden ist, lief hier am 9. Mai 2011 ab. Der damit eintretende Einwendungsausschluss erstreckt sich auch auf das gerichtliche Verfahren (Urteile vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 <343> = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 32 und vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - NVwZ 2013, 1605 Rn. 65).

29

Der 7. Senat hat dargelegt (Beschluss vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 12), dass das Schreiben der Klägerin vom 5. Mai 2011 den Anforderungen an ein Einwendungsschreiben einer Gebietskörperschaft genügt. Diese Einschätzung teilt der erkennende Senat. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen hat die Klägerin auch substantiiert eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert. Die Klägerin erhob diese Forderung vor dem Hintergrund, dass nach ihrer Auffassung "dem Antrag für das Planfeststellungsverfahren entscheidungserhebliche Unterlagen fehlen und darüber hinaus weitere Belange und umweltbezogene Auswirkungen geprüft" werden sollten. Welche Umweltbelange die Klägerin im Auge hatte, ergab sich aus dem Schreiben im Übrigen.

30

Anders als die Beigeladene meint, ist die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht in Folge des Erörterungstermins vom 28. Februar 2012 präkludiert. Allerdings ist es unzulässig, im Klageverfahren auf frühere Einwendungen zurückzukommen, wenn im Anhörungsverfahren eine streitbefriedende Erörterung gelingt (Beschluss vom 17. Februar 1997 - BVerwG 4 VR 17.96 - LKV 1997, 328 § 17 fstrg nr. 127 nicht abgedruckt>). Ein solcher Fall lag hier aber nicht vor. Die auf naturschutzfachliche Erwägungen bezogene Äußerung eines Mitarbeiters der Klägerin in deren Funktion als untere Landschaftsschutzbehörde im Erörterungstermin vom 28. Februar 2012 konnte nicht dahin verstanden werden, für die Klägerin als planbetroffene Gebietskörperschaft solle die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung fallen gelassen werden.

31

Hiervon ausgehend bedarf es weder einer Entscheidung, ob die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung den fachplanungsrechtlichen Regelungen über die Präklusion unterliegt (offengelassen in Beschluss vom 10. Oktober 2006 - BVerwG 9 B 27.05 - NVwZ 2007, 84 Rn. 19 § 11 uvpg nr. 4 nicht abgedruckt>; dafür OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 2013 - 7 KS 209/11 - juris Rn. 63; Neumann, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 73 Rn. 98), noch, ob - bejahendenfalls - gegen eine solche nationale Regelung unionsrechtliche Bedenken bestehen.

32

b) Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (Urteil vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 26 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 2).

33

Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVP eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren unter anderem darauf zu überprüfen ist, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz findet hier Anwendung, weil infolge der von § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Ziffer 19.1.3 der Anlage 1 zum UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den in Rede stehenden Planfeststellungsbeschluss eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG bestehen kann (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 18 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: April 2013, § 1 UmwRG Rn. 29).

34

Der Anwendung von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) erst am 29. Januar 2013 und damit nach Klageerhebung in Kraft getreten ist. Die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfsverfahren nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG, der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung des § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG fordern (vgl. BTDrucks 17/10957 S. 18; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 194 Rn. 1).

35

c) Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt. Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls hätte zu der Annahme führen müssen, dass das Vorhaben unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG haben kann, so dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte. Dies folgt aus der bei der Vorprüfung absehbaren Belastung der Wohnbevölkerung mit Immissionen durch elektromagnetische Felder.

36

Das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls verneint erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen der Sache nach mit dem Hinweis, dass die Grenzwerte der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV <1996>) i.d.F. vom 16. Dezember 1996 (BGBl I S. 1966) nicht überschritten werden. Sie setzt damit die Schwelle der erheblichen Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG mit der Schwelle der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 26. BImSchV gleich, die durch Abwägung nicht überwindbar ist (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - NVwZ 2010, 1486 Rn. 23). Dieser Sichtweise entspricht es, dass der Gutachter der Beigeladenen die Umweltauswirkungen durch elektromagnetische Felder auf einer dreistufigen Skala als "gering" einschätzt, ohne der Frage nachzugehen, inwieweit sich die elektrische Feldstärke und die magnetische Flussdichte bereits dem maßgeblichen Grenzwert nähern.

37

Dies verkennt den rechtlichen Maßstab. Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (Urteil vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 30). Denn die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen (Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <211> = Buchholz 406.251 § 17 UVPG Nr. 1 S. 6). Sie ist ein formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf die Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange und dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen (Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <247> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 107 S. 62 f.). Gerade die Abwägungsentscheidung lässt das Planfeststellungsrecht als besonders geeignetes Trägerverfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung erscheinen (Beckmann, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 12 UVPG Rn. 83). Hiervon ausgehend muss die Umweltverträglichkeitsprüfung daher grundsätzlich auch die Abwägungsentscheidung vorbereiten, wenn Umweltauswirkungen in die Abwägung eingehen und damit bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht (Urteile vom 13. Dezember 2007 a.a.O., vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 34 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 2 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 32 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 32; vgl. auch BTDrucks 14/4599 S. 95).

38

Im Luftverkehrsrecht hat der Senat angenommen, dass nachteilige betriebsbedingte Auswirkungen bei einer Änderungsgenehmigung zu berücksichtigen und damit grundsätzlich im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG erheblich sind, wenn sie mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind (Urteile vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 30 und vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 30). Jedenfalls bei Überschreiten der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle könne die Erheblichkeit allenfalls verneint werden, wenn bereits der Vorhabenträger Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen vorgesehen habe und diese die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschlössen. Auch in der Anordnung von Betriebsbeschränkungen zugunsten von Anwohnern hat der Senat einen Anhaltspunkt für die Abwägungserheblichkeit gesehen (Urteil vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 33). Hiervon ausgehend musste der Beklagte vorliegend ebenfalls erhebliche Umweltauswirkungen annehmen. Denn bei der Planfeststellung einer Höchstspannungsfreileitung gehört zu den weiteren erheblichen Belangen in der Abwägung das Interesse an jeglicher Verschonung vor elektromagnetischen Feldern, auch wenn diese die Grenzwerte unterschreiten (Beschlüsse vom 22. Juli 2010 a.a.O. Rn. 35 und vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 59).

39

Die Rechtsprechung des Senats ist auf Vorbehalte gestoßen. Ihr mag entgegnet werden, dass nach ihren Maßstäben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG im Widerspruch zur Konzeption des Gesetzgebers nahezu zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen und damit zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung führe. Denn es erscheint kaum ein der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegendes Vorhaben der Fachplanung denkbar, das nicht jedenfalls abwägungserhebliche Umweltauswirkungen hat (zweifelnd daher etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 5 Bs 24/10 - NordÖR 2010, 206 - juris Rn. 21). Diesen Vorbehalten braucht der Senat hier indes nicht nachzugehen. Zwar sind bei Höchstspannungsfreileitungen regelmäßig Immissionen elektromagnetischer Felder in der Abwägung zu bewältigen. Vorliegend war aber auf einem erheblichen Teilabschnitt eine Belastung der Wohnbevölkerung in einer Stärke zu erwarten, die so nah an einen Grenzwert heranreichte, dass im Zeitpunkt der Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden konnte. Denn die Abwägung des Schutzes vor elektromagnetischer Strahlung ist ausgehend von den Grenzwerten zu gewichten. Dieser Belang ist umso gewichtiger, je näher die Belastung an die Grenzwerte heranreicht, sein Gewicht ist umso geringer, je weiter sie hinter dieser Schwelle zurückbleibt. Insoweit orientiert sich der Senat an dem im Fluglärmschutzrecht entwickelten Ansatz (Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 190 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 37). Nach einer Berechnung der Beigeladenen aus dem Mai 2010 - und damit vor der erneuten Vorprüfung (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3) - war zwischen Mast 21 und 22 angrenzend an Wohngebiete in B. eine elektrische Feldstärke von 3,8 kV/m und eine magnetische Flussdichte von 21,0 µT zu erwarten. Die elektrische Feldstärke näherte sich damit deutlich dem Grenzwert von 5,0 kV/m und betraf absehbar auf einer nicht unerheblichen Länge der Trasse Wohnbebauung. Die prognostizierte Belastung warf erkennbar die Frage auf, ob im Rahmen der Abwägung eine Senkung dieser Belastung in Betracht kam. Es wäre Aufgabe einer Umweltverträglichkeitsprüfung gewesen, diese Abwägung vorzubereiten. Die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG hätte die Planfeststellungsbehörde deshalb nicht verneinen dürfen.

40

d) Die Fehlerfolge ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 UmwRG i.V.m. § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG. Namentlich ist § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG anzuwenden, der durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) mit Wirkung vom 29. Januar 2013 erlassen worden ist, und der die bisherige Rechtslage klarstellt (BTDrucks 17/10957 S. 17; vgl. bereits Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 33).

41

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch vor, wenn - wie hier - eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift gilt nach § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Klägerin entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt (BTDrucks 16/2495 S. 14). § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG NRW die Begründetheitsprüfung (Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 22). Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen, ist dieser Fehler erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (Beschluss vom 27. Juni 2013 - BVerwG 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014 Rn. 10).

42

Ungeachtet des Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG führt der festgestellte Rechtsfehler hier nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Der auf den Regelfall des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugeschnittene Wortlaut ersetzt die spezielle Fehlerfolgenregelung des § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG nicht, vielmehr geht die letztgenannte Regelung als speziellere vor (ebenso Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 34 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3 zu § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG). Vorliegend kann es mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG sein Bewenden haben. Denn der eingetretene Verfahrensfehler kann in einem ergänzenden Verfahren behoben werden.

43

Dies begegnet keinen unionsrechtlichen Bedenken (Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 36). Denn die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung wird dadurch verhindert. Diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten.

44

II. Die weiteren von der Klägerin gerügten Rechtsverletzungen führen schon deshalb nicht zu einem weitergehenden Klageerfolg, weil sie - ihr Vorliegen unterstellt - nicht von einer solchen Art und Schwere wären, dass die Planung als Ganzes von vornherein in Frage gestellt schiene (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 83 = Buchholz 406.11 § 7 BauGB Nr. 4). Es bedarf insoweit aber auch weder einer Planergänzung noch der Durchführung eines ergänzenden Verfahrens mangels Rechtsfehlern zu Lasten der Klägerin. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob einzelne Einwendungen nach § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG präkludiert sein könnten und - bejahendenfalls - ob diese Präklusion unionsrechtlichen Bedenken begegnet.

45

1. Die Planrechtfertigung liegt vor. Das Vorhaben ist gemessen an den Zielen des zugrunde liegenden Fachplanungsgesetzes vernünftigerweise geboten (Urteile vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <168> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 59 S. 60 f. und vom 26. April 2007 - BVerwG 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 45 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 27). Die planfestgestellte Trasse ist Teil des Vorhabens Nr. 14 der Anlage zum EnLAG und entspricht damit nach § 1 Abs. 2 Satz 1 EnLAG den Zielsetzungen des § 1 EnWG. Seine energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf stehen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EnLAG fest. Diese Feststellungen sind für die Planfeststellung und die Plangenehmigung nach den §§ 43 bis 43d EnWG gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 EnLAG verbindlich. Dies gilt auch für das gerichtliche Verfahren (Urteil vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - NuR 2013, 794 Rn. 35 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen).

46

Der Einwand der Klägerin, die Schutzstreifen griffen auf ihre Grundstücke zu umfangreich zu, betrifft nicht die Planrechtfertigung. Für sie reicht aus, dass die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Ob das Wohl der Allgemeinheit den Zugriff auf ein einzelnes Grundstück letztlich erfordert, hängt von der weiteren planerischen Konkretisierung des Vorhabens ab und ist eine Frage der fachplanerischen Abwägung (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 183 f. = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23).

47

2. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt - abgesehen von dem unter B I. festgestellten Rechtsverstoß - kein zwingendes Recht. Die planfestgestellte Höchstspannungsfreileitung unterfällt als sonstige ortsfeste Einrichtung nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Da sie keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV bedarf, ist sie nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

48

Diese Anforderungen dienen dem allgemeinen öffentlichen Interesse und dem Schutz Betroffener und sind nicht dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht zugeordnet (Urteil vom 18. Juli 2013 a.a.O. Rn. 64). Die Klägerin könnte indes einen Eingriff in ihr Eigentum rügen, wenn Nutzer und Bewohner ihrer Anlagen in rechtswidriger Weise Immissionen ausgesetzt würden (vgl. Urteil vom 26. März 2007 - BVerwG 7 B 73.06 - Buchholz 451.171 § 9b AtG Nr. 2 Rn. 10).

49

a) Hinsichtlich elektromagnetischer Felder konkretisiert die 26. BImSchV (1996) die Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der 26. BImSchV <1996>).

50

Die planfestgestellte Leitung, eine Niederfrequenzanlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a der 26. BImSchV (1996), ist nach § 3 Satz 1 der 26. BImSchV (1996) i.V.m. dem Anhang 2 so zu errichten und zu betreiben, dass in ihrem Einwirkungsbereich in Gebäuden oder auf Grundstücken, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Auslastung unter Berücksichtigung von Immissionen durch andere Niederfrequenzanlagen der Effektivwert der elektrischen Feldstärke 5 kV/m und der Effektivwert der magnetischen Flussdichte 100 µT nicht überschreitet. Zum Zwecke der Vorsorge haben nach § 4 der 26. BImSchV (1996) bei der Errichtung einer Niederfrequenzanlage in der Nähe von Wohnungen oder Schulen in diesen Gebäuden oder auf diesen Grundstücken auch die maximalen Effektivwerte diesen Anforderungen zu entsprechen. Diese Vorgaben wahrt das streitgegenständliche Vorhaben.

51

Die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden (stRspr, Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - NVwZ 2010, 1486 Rn. 25, vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 20 und vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 33 ff.). Die staatliche Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG fordert nach derzeitigem fachwissenschaftlichen Kenntnisstand keine niedrigeren Grenzwerte. Der Verordnungsgeber verfügt bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit über einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum, der auch Raum lässt, konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht wird erst verletzt, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Von einem solchen völlig unzureichenden Schutz kann so lange keine Rede sein, als sich die Eignung und Erforderlichkeit geringerer Grenzwerte mangels verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse noch gar nicht abschätzen lässt (BVerfG, Beschlüsse vom 30. November 1988 - 1 BvR 1301/84 - BVerfGE 79, 174 <202>, vom 28. Februar 2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 <1639> sowie Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 = juris Rn. 18).

52

Gemessen hieran ist davon auszugehen, dass die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) wirksam akute Beeinträchtigungen der Gesundheit verhindern. Der Verordnungsgeber hat bei der Novelle zur 26. BImSchV (Art. 1 der Verordnung vom 14. August 2013 - BGBl I S. 3259) an dem Grenzwert für die elektrische Feldstärke und die magnetische Flussdichte festgehalten (Anhang 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der 26. BImSchV) und sich dabei auf Empfehlungen der 2010 veröffentlichten Guidelines der International Commission on non-Ionizing radiation protection (ICNIRP) berufen (veröffentlicht in Health Physics 99 <6>: S. 818 <2010>). Auch mögliche Langzeitfolgen lassen nicht erkennen, dass der Verordnungsgeber seinen Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte. Die zu Langzeitfolgen vorliegende Befundlage erweist sich als "nicht stark genug, um einen Kausalzusammenhang zu belegen, aber ausreichend, um eine Besorgnis zu begründen" (Sachverständiger Matthes, Deutscher Bundestag, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 17. WP, 92. Sitzung vom 27. Februar 2013, Protokoll 17/92 S. 10). Diese Bewertung entspricht im Kern der Einschätzung der Strahlenschutzkommission (Vergleichende Bewertung der Evidenz von Krebsrisiken durch elektromagnetische Felder und Strahlungen, Stellungnahme der Strahlenschutzkommission vom 14./15. April 2011, S. 52 ff.). Die von der Klägerin angeführten wissenschaftlichen Arbeiten ziehen diese Einschätzung nicht in Zweifel. Der Strahlenschutzkommission war der Standpunkt von J. Schütz und A. Ahlborn bekannt, auf die sich die Klägerin beruft (vgl. Stellungnahme, a.a.O. S. 77). Ob die weiter von der Klägerin vorgelegte Tabelle zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen bei Kindern und der Wohnentfernung zu Höchstspannungsfreileitungen eine Risikoerhöhung belegt, mag offen bleiben. Jedenfalls bietet sie keinen Anhalt für die Annahme, dass der Verordnungsgeber seinen Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte.

53

b) Den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert für anlagenbezogene Lärmimmissionen die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl S. 503). Ihr kommt eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmtem Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (Urteile vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 und vom 29. November 2012 - BVerwG 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 18). Den Anforderungen der TA Lärm genügt das Vorhaben.

54

Das vom Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Gutachten des TÜV Hessen prognostiziert an den am höchsten belasteten Immissionsorten einen nächtlichen Beurteilungspegel von geringfügig mehr als 35 dB(A). Substantiierte Einwendungen dagegen hat die Klägerin nicht erhoben. Insbesondere fehlt ein Anhaltspunkt für den Verdacht, bei den der Prognose zugrunde liegenden Messwerten sei ein Messabschlag nach Ziffer 6.9 TA Lärm in Abzug gebracht worden.

55

Den Anforderungen der TA Lärm ist auch unter der Annahme genügt, dass die am höchsten belasteten Immissionsorte in reinen Wohngebieten liegen. Wegen ihrer Randlage zum Außenbereich gegenüber einem privilegierten Außenbereichsvorhaben (hier: § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) und ihrer Vorbelastung durch die fortbestehende Freileitung Bl. 2388 sind die Grundstücke nur vermindert schutzwürdig (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2000 - BVerwG 7 B 4.10 - BRS 78 Nr. 117 Rn. 32). Daher ist der maßgebliche Immissionsrichtwert nach Ziffer 6.7 der TA Lärm ("Gemengelage") zu ermitteln. Hier reicht der Schutz eines allgemeinen Wohngebiets aus. Der damit nach Ziffer 6.1 Buchst. d TA Lärm einzuhaltende Immissionsrichtwert von 40 dB(A) für die Nacht wird gewahrt.

56

Diese Einschätzung liegt auf der sicheren Seite. Das Gutachten des TÜV Hessen geht von einem Datenpool aus, dem Messwerte für 4er-Bündel-Seile in der Ausführung 4 * Al/St 265/35 zugrunde liegen (S. 5, 12). Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss in dem Abschnitt Edelstahlwerk bis Punkt Sankt T. die Verwendung dickerer Phasenseile (Al/St 550/70) zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm festsetzt (Erläuterungsbericht, S. 30). Diese Phasenseile lassen wegen der geringeren Randfeldstärken eine deutliche Minderung der Emissionen gegenüber den prognostizierten Werten erwarten (Gutachten TÜV Hessen S. 39).

57

3. Nach § 43 Satz 3 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Dieses Abwägungsgebot ist nicht verletzt.

58

Dabei ist die gerichtliche Kontrolle der Auswahl zwischen verschiedenen Planungsalternativen als Abwägungsentscheidung auf erhebliche Abwägungsmängel begrenzt (§ 43 Satz 3, § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG). Ihre Rechtmäßigkeit hängt nicht davon ab, ob für eine andere planerische Lösung einleuchtende Gründe angeführt werden können. Es reicht vielmehr aus, wenn die Behörde ernsthaft in Betracht kommende Alternativen prüft, sich mit dem Für und Wider der jeweiligen Lösung auseinandersetzt und tragfähige Gründe für die gewählte Lösung anführen kann. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Lösung sich unter Berücksichtigung der abwägungserheblichen Belange als die eindeutig bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellt (vgl. Urteile vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 107 S. 65 f. und vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 m.w.N. ).

59

a) Die planfestgestellte rechteckige statt der von der Klägerin geforderten elliptischen Form der Schutzstreifen ist im Ergebnis nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hält die Nutzungsbeschränkungen bei rechteckigen Schutzstreifen für leichter erkennbar; diese Form entspreche der Eintragung im Grundbuch und ermögliche Wartungsarbeiten im Bereich der Masten. Diese Gesichtspunkte können die entgegenstehenden Eigentümerinteressen der Klägerin überwinden, die von der Form der festgelegten Schutzstreifen nur am Rande berührt werden. Dass entsprechende Darlegungen im Planfeststellungsbeschluss fehlen, ist jedenfalls nach § 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG unbeachtlich, weil ein etwaiger Mangel auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist.

60

b) Besondere Vorkehrungen gegen die Gefahr von Mastbrüchen brauchte der Planfeststellungsbeschluss nicht zu treffen. Eine Planfeststellungsbehörde hat sich Gewissheit darüber zu verschaffen, dass ein durch das Vorhaben aufgeworfenes tatsächliches Problem bei der Ausführung des Planfeststellungsbeschlusses beherrschbar ist und das hierfür notwendige Instrumentarium bereit steht. Der Planfeststellungsbeschluss kann daher die Bauausführung ausklammern, soweit der Stand der Technik für die zu bewältigenden Probleme geeignete Lösungen zur Verfügung stellt und die Beachtung der entsprechenden technischen Vorgaben gewährleistet ist (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 97 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201). Nach § 49 Abs. 1 EnWG sind Energieanlagen so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Der Erläuterungsbericht nennt die zu beachtenden technischen Regelwerke (S. 16 f.). Der Planfeststellungsbeschluss durfte davon ausgehen, dass diese Regelungen ausreichende Möglichkeiten bereitstellen, um hinreichend vor Mastbrüchen zu schützen.

61

c) Der Planfeststellungsbeschluss verletzt nicht die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG wurzelnde Planungshoheit der Klägerin. Der 7. Senat hat dies in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 28. Februar 2013 dargelegt und dabei insbesondere das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 653 in den Blick genommen (BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 23). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung. Die Klägerin ist ihr in der mündlichen Verhandlung nicht mehr entgegengetreten.

62

d) Es bedarf keiner Entscheidung, ob § 1 Abs. 1 EnLAG i.V.m. der Anlage sowie § 43 Abs. 1 Nr. 1 EnWG die von der Klägerin geforderte Führung als Erdkabel ausschließt. Der Planfeststellungsbeschluss hat sich jedenfalls ohne Abwägungsfehler gegen diese Alternative ausgesprochen (Beschluss vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 32 f.).

63

Er hat die Vor- und Nachteile einer Freileitung und eines Erdkabels in den Blick genommen, gewürdigt und der Ausführung als Freileitung in Übereinstimmung mit dem von der Klägerin beauftragten Gutachter den Vorrang eingeräumt. Störungen seien bei Freileitungen besser beherrschbar, der Reparaturaufwand geringer, die zu erwartende Lebensdauer höher und die Kosten erheblich niedriger. Ein Erdkabel entlaste zwar das Landschaftsbild, belaste aber die Schutzgüter Biotope, Boden und Wasser stärker. Das unterschiedliche Emissionsverhalten von Freileitung und Erdkabel sieht der Planfeststellungsbeschluss, misst ihm aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Diese Überlegungen genügen dem Abwägungsgebot.

64

Die Einwände der Klägerin zeigen keinen im Ergebnis erheblichen Abwägungsfehler auf. Ob der Planfeststellungsbeschluss davon ausgehen durfte, dass bei Erdkabeln die technische Sicherheit im Sinne von § 49 Abs. 1 Satz 1 EnWG nicht gewährleistet ist, kann mangels Ergebnisrelevanz offen bleiben (§ 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG). Denn die Abwägung des Beklagten wird gerade für den Fall angestellt, dass ein Erdkabel grundsätzlich planfeststellungsfähig ist und nicht von vornherein an rechtlichen Grenzen scheitert. Der Planfeststellungsbeschluss durfte auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - die höhere Übertragungskapazität einer Freileitung berücksichtigen, da er diese nicht begrenzt. Welche Einwände die Klägerin gegen die Bewertung der Kabelübergabestation als nicht ganz unerhebliches Bauwerk erhebt, ist nicht erkennbar.

65

Schließlich kann die Klägerin den Hinweis des Planfeststellungsbeschlusses auf die erheblichen Mehrkosten einer teilweisen Endverkabelung nicht entkräften. Es kommt dem Planfeststellungsbeschluss entscheidend auf die Mehrkosten an, nicht, jedenfalls nicht ergebnisrelevant (§ 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG), auf die Frage des Investitionsbudgets. Ob die Mehrkosten ins Verhältnis zu den Gesamtkosten oder zu denjenigen der jeweiligen Teilstrecke gesetzt werden, ist eine Frage der Darstellung, spielt für die Abwägungskontrolle aber keine Rolle (Beschluss vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 44).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

27

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. Februar 2010 – 5 L 9/10 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes gerichtete, gemäß § 146 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dessen Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.9.2009 zurückgewiesen, mit welcher der Beigeladenen die Errichtung und der Betrieb von drei Windkraftanlagen (Windpark S.) in Nachbarschaft zum bereits bestehenden Windpark K. (mit vier Windkraftanlagen) in C-Stadt erlaubt worden ist.

Die Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angegriffenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich begründet, dass der Antragsteller nach den Erkenntnismöglichkeiten einer Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch den bereits bestehenden Windpark K. weder durch die beim bestimmungsgemäßen Betrieb der zusätzlich genehmigten drei Windkraftanlagen zu erwartenden Lärmimmissionen oder Einwirkungen mittels Infraschalls noch durch einen Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot im Sinne einer optisch bedrängenden Wirkung der Anlagen in seinen Rechten verletzt ist. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, diese Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Dies gilt zunächst, soweit der Antragsteller geltend macht, es bestünden grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit der TA Lärm (und der DIN ISO 9613-2) zur Beurteilung der Lärmimmissionen, die von hoch über dem Erdboden liegenden Schallquellen ausgehen. Zur Begründung verweist er auf eine wissenschaftliche Arbeit des Meteorologischen Instituts - Fakultät der Physik und Geowissenschaften - der Universität Leipzig vom 30.11.2005 mit dem Titel "Studie zum Einfluss hoher Schallquellen auf die Schallausbreitung" sowie eine daran anknüpfende Veröffentlichung der Studie unter dem Titel "Einfluss des variablen Atmosphärenzustands auf die Schallausbreitung von höher liegenden Schallquellen". In der Studie werde dazu Stellung genommen, wie sich Schallquellen, die sich in einer Höhe von ca. 140 m (über dem Erdboden) befänden, hinsichtlich ihrer Immissionen auf die Umgebung und Nachbarschaft auswirkten. Es werde insbesondere nachgewiesen, dass die Schallausbreitung von diesen Quellen anderen Gesetzmäßigkeiten folge, als sie von der TA Lärm, welche von einer direkten Immissionseinwirkung ausgehe, vorausgesetzt würden. Aus diesem Grunde werde die TA Lärm den Gegebenheiten bei hoch ragenden Windkraftanlagen nicht (mehr) gerecht.

Entgegen seiner Auffassung hat der Antragsteller hiermit jedoch weder nachvollziehbar dargelegt, dass die auch im gerichtlichen Verfahren bindende Wirkung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift in Frage gestellt sein könnte, noch ergibt sich dergleichen aus der vorgelegten Studie. Die Bindungswirkung der TA Lärm würde nur dann entfallen, wenn die in ihr enthaltene sachverständige Aussage durch neue gesicherte Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik überholt wäre

vgl. dazu Jarass, BImSchG, Kommentar, 8. Aufl. 2010, § 48 Rdnr. 52 m.w.N..

Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

Zwar gelangt die Studie des Meteorologischen Instituts der Universität Leipzig zu dem Ergebnis, dass zwischen einer Schallausbreitung von einer bodennahen und einer hohen Schallquelle (hier: 140 m über dem Erdboden) wegen im letzteren Falle besonderer meteorologischer bzw. atmosphärischer Einflüsse Unterschiede bestehen bzw. bei einer hohen Schallquelle vergleichsweise deutlich häufiger negative (Schall verstärkende) Zusatzdämpfungen auftreten. Die Verfasserinnen der Studie weisen aber sowohl in ihrem Abschlussbericht als auch in der Veröffentlichung ihrer Arbeit darauf hin, dass noch die Daten mehrerer Jahre (mindestens 10) zu betrachten seien, um allgemein verwertbare (klimatologische) Aussagen treffen zu können und dabei auch die regionalen Unterschiede in den meteorologischen Eingangsdaten zu beachten seien. Schließlich halten sie es für erforderlich, die Ergebnisse ihrer Studie im Rahmen einer Modellevaluierung mit geeigneten Messdaten näher zu untersuchen. Zur gleichen Schlussfolgerung gelangt die ebenfalls vom Antragsteller vorgelegte, die Studie der Universität Leipzig besprechende Abhandlung der Autoren Piorr und Hillen, Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, zum Thema "Zur Schallausbreitung höher liegender Quellen", welche mit der Empfehlung endet, eine "Verifikation der Ergebnisse der Simulation" sei "dringend geboten."

Auch ist nicht zu erkennen, dass die Berechnung der von hoch ragenden Windkraftanlagen ausgehenden Lärmimmissionen nach den Maßgaben der TA Lärm zu einer Unterschätzung der betreffenden Immissionen führt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die TA Lärm nach ihrem Berechnungsmodell in Verbindung mit dem hier angewendeten alternativen Verfahren der DIN ISO 9613-2 ausgehend vom maximalen Schallleistungspegel der Lärmquelle die Lärmbelastung an den jeweiligen Immissionsorten unter den für diese Orte ungünstigsten Schallausbreitungsbedingungen in Mitwindrichtung ermittelt. Demgegenüber enthält die vorgenannte Studie auch Anhaltspunkte dafür, dass es bei hoch gelegenen Schallquellen aufgrund der besonderen meteorologischen und atmosphärischen Einflüsse in der Mitwindrichtung mitunter sogar zu einer lärmmindernden Dämpfung des Schalls kommen kann. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren Piorr und Hillen bei ihrer Besprechung der Studie darauf hin, dass kleinere Windkraftanlagen (Gesamthöhe 88 m) im Gegensatz zu den in der Studie untersuchten hohen Schallquellen (140 m) den Lärm nachts verlustärmer abstrahlen, d.h. lauter sind; zudem sprechen sie das Phänomen des so genannten Schallschattens an, der bei hoch liegenden Schallquellen in der Gegenwindrichtung nach ca. 1000 m Entfernung von der Schallquelle entsteht, sich allerdings nur über wenige hundert Meter erstreckt. Von daher verbleiben auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studie bei summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel daran, dass bei einer Berechnung des voraussichtlichen Lärms einer hochragenden Windkraftanlage nach der TA Lärm Belastungswerte prognostiziert werden, die "auf der sicheren Seite" im Rechtssinne liegen.

Insgesamt gesehen wird mit der Studie somit zwar dargelegt, dass es wissenschaftliche Ansätze für eine verbesserte Berechnung bestimmter Schallausbreitungen gibt, jedoch wird weder eine Fehlerhaftigkeit der Methodik der TA Lärm plausibel gemacht, noch handelt es sich um gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse,

so im Ergebnis auch VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.

Es bestehen daher keine Zweifel an der auch in der bisherigen Rechtsprechung des Senats vorausgesetzten Anwendbarkeit der TA Lärm (und der von dieser in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2) zur Beurteilung der von Windkraftanlagen ausgehenden Lärmimmissionen

vgl. dazu die Beschlüsse des Senats vom 10.11.2006, - 3 W 5 bis 8/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 = NVwZ 2008, 76, zitiert nach juris.

Nicht durchzudringen vermag der Antragsteller mit seinem weiteren Einwand, eine Entscheidung dürfe im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – trotz der Eilbedürftigkeit - nicht getroffen werden, ohne die im Genehmigungsverfahren seitens der Beigeladenen vorgelegte, durch einen von ihr beauftragten Gutachter erstellte Lärmprognose durch einen unabhängigen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Zur Begründung führt er an, dass durch den Bau der Windkraftanlagen im Prinzip vollendete Tatsachen geschaffen würden und die Lärmprognose daher nicht einem Privatgutachter überlassen werden dürfe. Im Übrigen handele es sich bei der Beurteilung von Schallimmissionen um einen komplexen und komplizierten Prüfungsvorgang, der nur speziell ausgebildeten und erfahrenen Ingenieuren und Gutachtern anzuvertrauen sei, um sicherzustellen, dass eine derartige Prognose "auf der sicheren Seite" im Rechtssinne liege. Auch könne es nicht angehen, dass der Genehmigungsbehörde ihre Prüfungskompetenz im Genehmigungsverfahren dadurch genommen werde, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichts diese weder selbst Ermittlungen durchzuführen noch bei einem Sachverständigen in Auftrag zu geben habe, sondern auf die nachträgliche Anordnung von Ermittlungen durch Gutachter im Sinne der §§ 26, 28 BImSchG angewiesen sei.

Dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen.

Der vom Antragsteller erstrebten Beweiserhebung durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes steht bereits entgegen, dass in Verfahren der vorliegenden Art, obschon auch hier der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme, zu erfolgen hat. Anders würde das Eilrechtsschutzverfahren zum Hauptsacheverfahren, ohne dass der in ihm ergehenden Entscheidung eine der Hauptsacheentscheidung vergleichbare Bindungswirkung zukommt. Das entspricht nicht dem Sinn des auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzielenden Eilrechtsschutzverfahrens

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.

Von diesem Grundsatz ist vorliegend auch nicht ausnahmsweise abzuweichen. Vielmehr erweist sich die von der Beigeladenen vorgelegte Lärmprognose des von ihr beauftragten Ingenieurbüros Cu. als plausibel und für die im Genehmigungsverfahren erforderliche Beurteilung der von den Windkraftanlagen voraussichtlich ausgehenden Immissionen insgesamt geeignet.

Im Auftrag des Betreibers erstellte Immissionsprognosen und -messungen sind dem Regelsystem des Bundesimmissionsschutzgesetzes immanent, da dieses u.a. die so genannte betreibereigene Überwachung von Anlagen (§§ 26 bis 29 BImSchG) vorsieht. In diesen Fällen wird die Objektivität von Messungen und Begutachtungen dadurch sichergestellt, dass die relevanten Emissionen sowie Immissionen der Anlage durch eine von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebene Stelle nach § 26 BImSchG zu ermitteln sind. Erstellt daher eine solche Messstelle im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für den Anlagenbetreiber eine Lärmprognose, auf deren Grundlage (u.a.) die Genehmigung erteilt wird, so rechtfertigt es bereits deren Status gemäß § 26 BImSchG prinzipiell, von ihrer hierfür erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit auszugehen und kann somit im Regelfall nicht mit Erfolg eingewandt werden, der Auftrag zur Erstellung der Lärmprognose stamme vom Anlagenbetreiber,

so auch der Senat in seinen Beschlüssen vom 10.11.2006, - 3 W 5/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris.

Dies schließt es jedoch nicht aus, die durch die Genehmigung der Anlagen zu erwartende Lärmsituation – wie hier - durch eine andere Stelle, wie etwa ein Ingenieurbüro, sachverständig beurteilen zu lassen. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren obliegt es grundsätzlich dem Anlagenbetreiber, die Genehmigungsunterlagen einzureichen. Dies ergibt sich zunächst aus § 10 Abs. 1 und 2 BImSchG sowie im Weiteren konkret aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV. Danach müssen diese Unterlagen, soweit (durch die Anlage) schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können, eine Prognose der zu erwartenden Immissionen enthalten, soweit Immissionswerte in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgelegt sind und nach dem Inhalt dieser Vorschriften eine Prognose zum Vergleich mit diesen Werten erforderlich ist. Der Normgeber geht also erkennbar von der grundsätzlichen Verwertbarkeit der vom Betreiber vorgelegten Immissionsprognose aus. Dies mag zwar in besonderem Maße gelten, wenn sie von einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Stelle erarbeitet worden ist (vgl. bereits oben). Nach der normativen Wertung sind aber Immissionsprognosen anderer sachverständiger Stellen bzw. fachlich einschlägiger Ingenieurbüros – wie hier - grundsätzlich nicht weniger geeignet, die Genehmigungsvoraussetzungen darzulegen

vgl. Beschluss des Senats vom 1.6.2007- 3 Q 110/06 -, a.a.O..

Die Verwertbarkeit dieser Gutachten erfordert, dass sie unter Beachtung der geltenden Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt worden bzw. für den Fachkundigen überzeugend sind. Eine entsprechende Lärmprognose ist daher - auch wenn sie von einer Stelle im Sinne des § 26 BImSchG stammt - durch die Genehmigungsbehörde auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Bestehen Zweifel, ob die Anlage entsprechend der Prognose keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorruft, kann die Genehmigungsbehörde nach Maßgabe der einschlägigen Verfahrensvorschriften weitere Begutachtungen durch den Bauherrn anfordern oder selbst eine Begutachtung durch eine Fachbehörde oder einen unabhängigen Sachverständigen veranlassen. Alle diese Schritte gehören zum Genehmigungsverfahren, denn sie dienen der Klärung der Frage, ob eine Genehmigung zu erteilen ist oder nicht. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn Verfahrenshandlungen der Behörde durch Einwendungen eines betroffenen Nachbarn veranlasst werden

BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, a.a.O..

Vorliegend ergeben sich keine Zweifel an der Belastbarkeit der von der Beigeladenen in Auftrag gegebenen und der Genehmigung der Windkraftanlagen zu Grunde gelegten Lärmprognose der Firma Cu., die auch der Antragsgegner als Fachbehörde ohne Einwände geprüft hat. Demgegenüber vermag der Antragsteller mit seinem allgemeinen Hinweis auf die Schwierigkeit und Komplexität einer derartigen Begutachtung die methodische Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der Lärmprognose ebenso wenig in Frage zu stellen wie deren Ergebnis, wonach unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch vier bereits vorhandene Windkraftanlagen die jeweiligen Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten eingehalten werden

vgl. VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.

Soweit der Antragsteller seine Bedenken lediglich andeutet mit der Bemerkung, die Unsicherheit beginne bereits mit den seitens der Beigeladenen vorgegebenen Parametern, vermag auch dies keine entsprechenden Zweifel zu begründen. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass als Ausgangswerte der Berechnung der durch drei unabhängige schalltechnische Vermessungen ermittelte maximale Schallleistungspegel der drei geplanten Anlagen von je 103,5 dB (A)

vgl. zur hohen Zuverlässigkeit einer derartigen schalltechnischen Vermessung: OVG Lüneburg, Beschluss vom 31.3.2010, 12 LA 157/08, zitiert nach juris,

sowie hinsichtlich der Vorbelastung durch die bereits vorhandenen vier Windkraftanlagen der mit bestandskräftigem Bescheid des Antragsgegners vom 15.6.2003 festgelegte Wert – je 104,0 dB (A) – in die Berechnungen eingestellt worden sind. Diesbezüglich ist nämlich stets der bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage, so wie er genehmigt wurde bzw. genehmigt werden soll, zu Grunde zu legen

Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, m.w.N., dokumentiert bei juris.

Im Übrigen wird dem Schutzinteresse des Antragstellers durch die Nebenbestimmungen zu A.2 und A.3 des Genehmigungsbescheides hinreichend Rechnung getragen. Danach ist (vgl. dort zu A.2) spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme der Windkraftanlage durch Messungen einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die maßgeblichen Teil-Immissionspegel (für die Nachtzeit) bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart an den genannten Aufpunkten (Immissionsorten) eingehalten werden. Im Falle der Nichteinhaltung der prognostizierten Werte (vgl. die Nebenbestimmung zu A.3) dürfen die Windkraftanlagen während der Nachtzeit nicht mehr betrieben werden, bis der Nachweis über die Einhaltung der Teil-Immissionsrichtwerte geführt ist. In Anbetracht dessen ist es für den Antragsteller jedenfalls zumutbar, bis zu jener Kontrollmessung eine (wider Erwarten) festzustellende Überschreitung des hier maßgeblichen Nacht-Immissionsrichtswertes von 40 dB (A) bis zu dem für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Beurteilungspegel von 45 dB (A) hinzunehmen. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil in den betreffenden Gebieten eine Wohnnutzung regelmäßig zulässig und daher bei Einhaltung der für diese Gebiete nach der TA Lärm maßgeblichen Richtwerte ein Wohnen unter zumutbaren Lärmbedingungen sichergestellt ist

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.

Der Antragsteller bringt zur Begründung seiner Beschwerde nichts vor, was gegen diese Bewertung seines Schutzinteresses sprechen könnte.

Die vom Antragsteller ferner geltend gemachten Gesundheitsgefahren durch den von Windkraftanlagen erzeugten Infraschall vermögen der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Insoweit nimmt er auf seinen Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren Bezug und bemängelt, das Verwaltungsgericht habe, ohne seinem Beweisangebot zu folgen, lediglich darauf verwiesen, dass hinreichende wissenschaftlich begründete Hinweise auf eine beeinträchtigende Wirkung der von Windenergieanlagen hervorgerufenen Infraschall-Immissionen auf den Menschen bislang nicht vorlägen. Eine mögliche Gesundheitsbeeinträchtigung durch emittierende Anlagen dürfe jedoch nicht ungeprüft hingenommen werden, nur weil der Infraschall für den Menschen "nicht hörbar oder nicht gegenwärtig" sei, denn diese fehlende Wahrnehmbarkeit der Einwirkung bestehe etwa auch bei den unbestreitbar gefährlichen Auswirkungen von Radioaktivität.

Diese Einwände sind nicht gerechtfertigt. Nach Maßgabe der TA Lärm (vgl. deren Nr. 7.3), welche auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, ist die Frage, ob von Infraschall bzw. tieffrequenten Geräuschen (im Frequenzbereich unter 90 Hertz) schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, im Einzelfall nach den örtlichen Verhältnissen zu beurteilen. Dabei sind schädliche Wirkungen mit der Maßgabe, diese zu mindern, zu bejahen, wenn tieffrequente Geräusche bei geschlossenen Fenstern in schutzbedürftigen Räumen deutlich wahrnehmbar sind. Dass dies beim Betrieb der streitbefangenen Windkraftanlagen der Fall sein könnte, erscheint indes nahezu ausgeschlossen. Messtechnisch kann zwar nachgewiesen werden, dass Windenergieanlagen Infraschall verursachen. Die dabei feststellbaren Infraschallpegel liegen nach einschlägigen wissenschaftlichen Untersuchungen aber weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen und sind harmlos bzw. führen zu keinen erheblichen Belästigungen

vgl. Windenergieanlagen und Immissionsschutz, Herausgeber: Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Materialien Nr. 63, 2002, S. 19 f., im Internet abrufbar unter www.lanuv.nrw.de; ferner: BayVerfGH, Entscheidung vom 14.9.2009 - Vf 41-VI-08 -, BayVBl. 2010, 106 = NVwZ-RR 2010, 139 sowie OVG Münster, Beschluss vom 22.5.2006 – 8 B 2122/05 –, jeweils zitiert nach juris.

In der von der Beigeladenen vorgelegten Lärmprognose wird in Einklang mit diesen allgemeinen Erkenntnissen zum Untersuchungsgegenstand Infraschall festgestellt, dass selbst in Gebäuden in der Nähe von Windkraftanlagen sehr niedrige Werte gemessen würden und der Infraschall bzw. Körperschall an den (hier maßgeblichen) Immissionsorten mehr als 20 dB unter der Wahrnehmungsschwelle liege. Dies ist insbesondere hinsichtlich der Überprüfung einer eventuellen Betroffenheit des Antragstellers nachvollziehbar, denn vorliegend sollen die drei geplanten Windkraftanlagen in einem Abstand von 1210 m, 1645 m und 1858 m zu dessen Wohnhaus errichtet werden, so dass allein schon wegen der großen Entfernungen etwaige Einwirkungen durch Infraschall zu seinem Nachteil nicht zu erwarten sind.

Diese Annahme hat der Antragsteller nicht entkräften können. Insbesondere liefert die von ihm zum Nachweis schädlicher Auswirkungen des Infraschalls auf den Menschen im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Arbeit des Dr. Weiler, Institut für Hirnforschung und angewandte Technologie GmbH, vom 28.10.2005 mit dem Titel "Auswirkungen einer subliminalen Beschallung mit einer Frequenz von 4 Hz, 8 Hz und 31,5 Hz auf die elektroenzephalographische Aktivität eines weiblichen Probanden" keine anderweitigen Erkenntnisse, die als wissenschaftlich gesichert gelten können. Dafür spricht bereits, dass die entsprechende Untersuchung einer einzigen Person ungeeignet erscheint, die gegen eine Gefährlichkeit des von Windkraftanlagen ausgehenden Infraschalls sprechenden Forschungsergebnisse in Frage zu stellen. Im Übrigen bleibt nach dem Beschwerdevorbringen offen, ob und inwiefern der Infraschall über größere Distanzen noch negative gesundheitliche Effekte bei Menschen hervorrufen kann. Soweit der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren allgemeine Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts über die Auswirkungen des Infraschalls auf den Menschen angesprochen hat und ferner verschiedene Wissenschaftler benannt hat, die sich mit dieser Thematik befasst haben, bot das Vorbringen bereits damals keine Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen oder Schlussfolgerungen. Die Beschwerde kann daher auch unter dem Gesichtspunkt der vom Antragsteller befürchteten Gefahren durch Infraschall keinen Erfolg haben.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist schließlich der von ihm wegen einer optisch bedrängenden Wirkung der Windkraftanlagen geltend gemachte Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nach den Erkenntnismöglichkeiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu verneinen. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss wird entsprechend § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen.

Insbesondere besteht bei summarischer Prüfung keine Veranlassung für die vom Antragsteller geforderte eingehende Überprüfung des Einzelfalls. Insoweit ist maßgebend, dass nach der Genehmigungssituation der bauordnungsrechtlich erforderliche Abstand (vgl. § 7 Abs. 5 LBO SL – 60 m -) zur vom Wohnhaus des Antragstellers nächstgelegenen, 1210 m entfernten Windkraftanlage um mehr als das Zwanzigfache und der nach Maßgabe des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes (hier: § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB) im Sinne der Vermeidung einer optisch bedrängenden Wirkung der Anlagen notwendige Abstand (3-fache Gesamthöhe der Anlage, hier: je 150 m) um mehr als das Achtfache übertroffen wird. Es liegt daher auf der Hand, dass bei einer derart großen Entfernung zwischen dem Anwesen des betroffenen Anwohners und den jeweiligen Windenergieanlagen nur ausnahmsweise eine optisch bedrängende Wirkung angenommen werden kann

vgl. dazu Beschlüsse des VGH München vom 31.10.2008, - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, vom 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 -, sowie vom 22.2.2010 - 22 ZB 09.1175 -, u.a., jeweils zitiert nach juris.

Die Beschwerdebegründung legt nicht substanziiert dar, welche besonderen Umstände ausnahmsweise dennoch eine andere Beurteilung der baulichen Situation gebieten könnten. Allein der allgemeine bzw. wiederholte Hinweis darauf, dass die Anlagen in der Hauptblickrichtung vom Anwesen des Antragstellers errichtet werden sollen, genügt bei der aufgezeigten Sachlage hierfür nicht

so auch VGH München, Beschluss vom 22.2.2010, a.a.O..

Gleiches gilt hinsichtlich der befürchteten Beeinträchtigungen durch (nächtliches) Blinkfeuer der Anlagen,

vgl. die soeben zitierten Entscheidungen des VGH München,

zumal durch den laut Genehmigung (vgl. dort die Nebenbestimmungen F I Nrn. 4 und 10) erforderlichen Einbau von Dämmerungsschaltern und Sichtweitenmessgeräten sowie eine abgestimmte und synchronisierte Befeuerung übermäßige Belästigungen vermieden werden sollen.

Angesichts all dessen besteht im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kein weiterer Aufklärungsbedarf. Insbesondere bedurfte und bedarf es nicht der vom Antragsteller gewünschten Ortsbesichtigung, die er im vorliegenden Verfahren nochmals förmlich beantragt. Auch insoweit ist nochmals darauf zu verweisen, dass in Eilrechtsschutzverfahren der vorliegenden Art in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme, zu erfolgen hat.

Soweit der Antragsteller meint, ein Ortstermin sei ausnahmsweise erforderlich, damit sich das Gericht einen unmittelbaren Eindruck von der "optischen Vorbelastung" durch die bereits bestehenden vier Windkraftanlagen sowie der Ausrichtung der einzelnen Räume in seinem Anwesen verschaffen könne, ist dem entgegenzuhalten, dass der vorliegende Prozessstoff nach Aktenlage zur Beurteilung der Sachlage hinreichend ist und gegen die Auffassung des Antragstellers insbesondere der nach Lage der Akten nachvollziehbare Vortrag der Beigeladenen spricht, wonach eine (in der Schallprognose als SCH-02 bezeichnete) der beiden weiteren, in Entfernungen von 1645 m bzw. 1858 m vom Anwesen des Antragstellers entfernt geplanten Windkraftanlagen von dessen Wohnhaus aus nicht zu sehen sein wird und ferner aus dieser Blickrichtung beide Anlagen sich im Hintergrund des bereits bestehenden Windparks K. halten werden. Die zu erwartenden Sichtbeziehungen zu den geplanten Windkraftanlagen sprechen daher für eine eher geringe zusätzliche "optische Belastung des Grundstücks" des Antragstellers.

Die Beschwerde hat nach alledem keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Für die Festsetzung des Streitwerts sind auch im Beschwerdeverfahren (vgl. § 47 GKG) die im angefochtenen Beschluss für die Bemessung des Streitwerts dargelegten Gründe maßgebend. Hierauf wird Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
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2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
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Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
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2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
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Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
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Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
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2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
14 
Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

I.

Die Anträge werden mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, eine von ihr auszuwählende, mit dem Vorhaben bisher noch nicht befasste und gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle mit der Erstellung eines nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) zu fertigenden Prognosegutachtens zu beauftragen. Das Gutachten muss der Antragsgegnerin, der Antragstellerin und der Beigeladenen bis spätestens 31. März 2016 zur Verfügung stehen. Es hat dazu Stellung zu nehmen, ob nach einer Inbetriebnahme der beiden mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. März 2015 genehmigten Windkraftanlagen die Geräuschgesamtbelastung an dem nach der Nr. A.1.3 TA Lärm maßgeblichen Immissionsort des Anwesens W. unter Berücksichtigung der Vorbelastung, die von allen nach den Vorgaben der TA Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen ausgeht, während der lautesten Stunde zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) übersteigen wird. Die mit Bescheid des Landratsamts A. vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen auf den Grundstücken Fl.Nr. 647 der Gemarkung U. und Fl.Nr. 1896 der Gemarkung R. sind dabei als Vorbelastung zu berücksichtigen. Sollte die Gutachtensfrage zu bejahen sein, hat sich das Gutachten ferner dazu zu äußern, welchen Voraussetzungen der Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen genügen muss, damit der vorgenannte Beurteilungspegel während der lautesten Nachtstunde nicht überschritten werden wird.

II.

Die Beigeladene wird verpflichtet, die Kosten dieses Prognosegutachtens zu tragen.

III.

Die Kosten des Verfahrens fallen zu vier Fünfteln der Antragstellerin, zu je einem Zehntel der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zur Last. Die Antragstellerin hat ferner vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

IV.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. September 2005 für sofort vollziehbar erklärte, der Beigeladenen mit Bescheid vom 19. März 2015 erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windkraftanlagen (Gesamthöhe 175 m, Rotordurchmesser 112 m, Nabenhöhe 119 m, vgl. VG Ansbach, U. v. 16.9.2015 - AN 11 K 15.630 - S. 3) auf den Grundstücken FlNrn. 457 und 449 der Gemarkung C.

Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben Eigentümerin der Waldgrundstücke FlNrn. 466 und 480 der Gemarkung C., des Waldgrundstücks FlNr. 570/3 der Gemarkung U. sowie der mit Wohnhäusern bestandenen Grundstücke FlNrn. 335 und 573/1 der Gemarkung C. Die Antragstellerin hat gegen die erteilte Genehmigung Klage erhoben, welche das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 16. September 2015 abgewiesen hat. Hiergegen hat sie die Zulassung der Berufung beantragt, über die noch nicht entschieden ist (Az. 22 ZB 15.2326). Im vorliegenden Verfahren beantragt die Antragstellerin:

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 19. März 2015 wird wieder hergestellt.

2. Hilfsweise: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung mit Bescheid vom 14. September 2015 wird aufgehoben.

Zur Begründung macht die Antragstellerin im Wesentlichen Gesichtspunkte der Umweltverträglichkeitsprüfung und des Immissionsschutzes geltend. Ihre Wohngrundstücke lägen in einer Entfernung von etwa 1.300 m bis 1.350 m von den streitgegenständlichen Windkraftanlagen und befänden sich im Einwirkungsbereich von insgesamt 13 Windkraftanlagen sowie eines Asphaltmischwerks, was zu einander verstärkenden, in der Genehmigung unberücksichtigt gebliebenen Lärmbeeinträchtigungen führe. Die Antragsgegnerin habe zu Unrecht unterlassen, die Vor- und die Gesamtbelastung zu ermitteln. Die erteilte Genehmigung sei auch deswegen rechtswidrig, weil lediglich eine standortbezogene statt einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung durchgeführt worden sei, obwohl die 13 Windkraftanlagen sich innerhalb eines Bereichs von rund 4.000 m befänden und ihre Einwirkungsbereiche sich insbesondere hinsichtlich des Artenschutzes (Rotmilan und Fledermaus) kumulierend überschnitten. Die Umweltverträglichkeitsvorprüfung sei auch deswegen fehlerhaft, weil sie die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) nicht berücksichtigt habe, obwohl Rotmilan und Fledermaus ausweislich der Nebenbestimmungen zur Genehmigung konkret kollisionsgefährdete Tierarten seien.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Anträge abzulehnen.

Die Beigeladene trägt vor, die Anordnung des Sofortvollzugs sei wegen überwiegender öffentlicher Interessen an der Gewinnung von Windenergie sowie privater Interessen der Beigeladenen an einer baldigen Inbetriebnahme aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt. Solange die Genehmigung für die Windkraftanlagen nicht vollziehbar sei, würden die Banken die vereinbarten Kredite zur Finanzierung nicht auszahlen, könne die Beigeladene die von der Lieferantin für verbindliche Bestellungen der Windkraftanlagen geforderte Anzahlung nicht leisten und verzögere sich der Bau- und Betriebsbeginn. Das öffentliche Interesse zeige sich auch darin, dass sich die Windkraftanlagen in Vorranggebieten nach der Regionalplanung sowie in einer bauleitplanerischen Konzentrationszone befänden. Die Klage werde keine Aussicht auf Erfolg haben, weil die Antragstellerin nicht in eigenen Rechten verletzt sei. Die Lärmbelastung der Klägerin halte die Immissionsrichtwerte ein und betrage - nach einer nachgereichten gutachterlichen Äußerung vom 30. November 2015 - 40,0 dB(A) in der Nacht. Die darin angenommenen Prognosewerte seien aufgrund einer zwischenzeitlichen dreifachen Vermessung des Windkraftanlagentyps um bis zu 3,4 dB(A) abzusenken. Die westlich der Grundstücke der Klägerin gelegenen Windkraftanlagen befänden sich in einer Entfernung von etwa 2,4 km, jene östlich in einer Entfernung von über 5 km, auch das Asphaltmischwerk sei westlich etwa 1 km entfernt, so dass die Anlagen in entgegengesetzten Himmelsrichtungen lägen, nicht gleichzeitig auf die Grundstücke der Klägerin einwirkten und ihre Wirkungen auch nicht zu addieren seien. Die Umweltverträglichkeitsvorprüfung sei rechtmäßig, denn der Schwellenwert für eine allgemeine Vorprüfung sei nicht erreicht. Die 13 Windkraftanlagen hätten weder einen gemeinsamen Wirkraum, noch stünden sie in räumlichem oder technischem Zusammenhang. Auch ein von ihnen gemeinsam beeinflusstes Vorkommen des Rotmilans sei nicht vorhanden. Die saP habe bei der Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht näher berücksichtigt werden müssen, denn sie beinhalte lediglich Vorschläge für Vermeidungsmaßnahmen, um potentiellen artenschutzrechtlichen Konflikten durch ein Anlocken gefährdeter Tierarten entgegen zu wirken. Die Leuchtfeuer-Kennzeichnung der Windkraftanlagen sei unproblematisch, die Antragstellerin habe auch keine konkreten Belästigungen dargetan.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses verteidigt ohne eigene Antragstellung die behördlichen Entscheidungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die Behördenakten dieses Eil- und des Hauptsacheverfahrens (Az. 22 ZB 15.2326) sowie des parallelen Beschwerdeverfahrens (22 CS 15.2247).

II.

Die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Genehmigung vom 19. März 2015, hilfsweise auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Bescheid vom 14. September 2015, haben nur mit der Maßgabe Erfolg, dass der Antragsgegnerin und der Beigeladenen entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die aus Nr. I und II des Beschlusstenors ersichtlichen Auflagen zu erteilen waren.

1. Soweit die Antragstellerin eine am Maßstab von § 80 Abs. 3 VwGO unzureichende Begründung der Sofortvollzugsanordnung bemängelt, ist dem nicht zu folgen.

Die Antragsgegnerin hat in der mit Bescheid vom 14. September 2015 erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung eine ausführliche Interessenabwägung getroffen und darin das besondere Sofortvollzugsinteresse unter Verweis auf die für die Beigeladene hinsichtlich des kurzen Zeitfensters der Baugenehmigung entstehenden Nachteile einer Verzögerung des Baubeginns, die Gefahr von Lieferverzögerungen der Windkraftanlagen in Folge einer verspäteten, weil bankseitig sonst nicht vorfinanzierten Bestellung und die drohende sinkende Einspeisevergütung sowie unter Verweis auf das öffentliche Interesse an der baldigen Verwirklichung von Windkraftanlagen begründet und damit dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO Genüge getan.

2. Auch inhaltlich überwiegen das private Interesse der Beigeladenen an einem baldigen Baubeginn (dazu 2.1) und das öffentliche Interesse am Ausbau der Windenergie (dazu 2.2) - unter Anordnung der aus den Nr. I und II des Beschlusstenors ersichtlichen Auflagen - das private Interesse der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten ihrer Anfechtungsklage in der Hauptsache (dazu 2.3), vorläufig von Bau und Betrieb der Windkraftanlagen verschont zu bleiben.

2.1 Die Beigeladene hat - insoweit von der Antragstellerin unbestritten - darauf hingewiesen, dass sie auf einen Sofortvollzug der Genehmigung angewiesen ist, um die für eine verbindliche Bestellung der Windkraftanlagen beim Hersteller erforderliche Anzahlung bankseitig vorfinanziert zu erhalten und der Lieferantin diese Anzahlung leisten zu können. Soweit die Antragstellerin das Gewicht dieses Belangs in Abrede stellt, teilt der Verwaltungsgerichtshof diese Ansicht nicht.

Ebenso ist aus Sicht der Beigeladenen wegen des - jahreszeitlich, witterungsbedingt und faunistisch - kurzen Zeitfensters für den Baubeginn, der geltend gemachten Nachteile einer Lieferverzögerung der Windkraftanlagen und der Minderung der Einspeisevergütung das hohe Interesse an einem unverzüglichen Baubeginn nachvollziehbar. Dass andere Einflussfaktoren wie sinkende Windhöffigkeit oder steigende Bankzinsen ebenfalls den wirtschaftlichen Ertrag der Windkraftanlagen mindern könnten, wie die Antragstellerin geltend macht, ändert nichts an den von der Beigeladenen geltend gemachten Belangen.

Die Rügen der Antragstellerin gegen die Wirtschaftlichkeit der Windkraftanlagen greifen nicht durch. Sie hat eine Unwirtschaftlichkeit des Vorhabens als Folge eines unter Referenzwerten liegenden Ertrags unter Hinweis auf Nr. 9.4.4 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011), zwar behauptet. Aber der dort für ein „zwingendes Interesse im Sinn der Ausnahmeregelung“ genannte Stromertrag von mindestens 60% eines Referenzertrages (nach Anlage 3 zum EEG 2012) bezieht sich lediglich auf die Gewährung einer Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot, aber nicht auf die für einen Sofortvollzug einer Genehmigung maßgebliche Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO. Für die Beantwortung der Frage, wann ein hinreichendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der für eine Windkraftanlage erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung besteht, folgt hieraus auch deshalb nichts, weil § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - anders als § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG - kein „zwingendes“ öffentliches Interesse verlangt.

2.2 Auch das öffentliche Interesse an einem weiteren Ausbau der Windkraftnutzung und an der Errichtung und Inbetriebnahme der strittigen Windkraftanlagen zur Erhöhung der Kapazitäten von Windkraftanlagen und ihres Anteils an der Erzeugung erneuerbarer Energien ist von der Antragstellerin nicht ernstlich in Frage gestellt.

Dass die Nutzung der Windenergie keinen breiten politischen Konsens für sich hätte, wie sie meint, ist kein Genehmigungshindernis. Die von ihr als Indiz für einen gewandelten politischen Willen in Bezug genommene sog. 10 H-Regelung (§ 1 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung u. a. vom 17.11.2014, GVBl S. 478) ist hier nach Art. 82 Abs. 4 BayBO unanwendbar, weil zwar der entscheidungserhebliche Zeitpunkt der Bekanntgabe der Genehmigung vom 19. März 2015 deutlich nach dem Inkrafttreten der sog. 10 H-Regelung am 21. November 2014 (vgl. § 3 des o.g. Gesetzes) liegt, aber die Antragsgegnerin nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts für die Standorte der Windkraftanlagen eine von ihr selbst und von den Nachbargemeinden unwidersprochene Konzentrationszone ausgewiesen hat (VG Ansbach, U. v. 16.9.2015 - AN 11 K 15.00630 - S. 46 f.).

2.3 Das private Interesse der Antragstellerin, bis zum Eintritt der Bestandskraft der mit Bescheid vom 19. März 2015 erteilten Genehmigung vorläufig von Bau und Betrieb der Windkraftanlagen verschont zu bleiben, überwiegt das o.g. private und das öffentliche Sofortvollzugsinteresse unter Berücksichtigung der o.g. Auflagen nicht, weil sich der Bescheid mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen wird.

Rechtlichen Bedenken begegnet der Bescheid nur insofern, als derzeit zu bezweifeln ist, ob die Antragsgegnerin ihrer sich aus Art. 24 Abs. 1 und Abs. 2 BayVwVfG ergebenden Verpflichtung, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, hinsichtlich der Geräuschvorbelastung des Wohnanwesens der Antragstellerin vollumfänglich nachgekommen ist. Da das insoweit gegenwärtig bestehende Erkenntnisdefizit der Genehmigungsfähigkeit der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Windkraftanlagen dem Grunde nach wohl nicht entgegensteht und nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die erteilte Genehmigung als Folge der nachzuholenden Ermittlungsmaßnahmen zugunsten der Antragstellerin abgeändert werden muss (eine solche Änderung überdies allenfalls in begrenztem Umfang erforderlich sein kann), gebietet es die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung nicht, der anhängigen Klage (bzw. dem Antrag auf Zulassung der Berufung) aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die bisherige Fassung des Bescheids vom 14. September 2015 das Recht der Antragstellerin verletzt, vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt einer zu hohen Geräuschgesamtbelastung verschont zu bleiben, die auf das Hinzutreten der beiden hier verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen zurückzuführen ist, ließe sich dieser Mangel unschwer durch einen die Schallemissionen dieser Anlagen auf das rechtskonforme Maß begrenzenden Verwaltungsakt ausräumen.

2.3.1 Den Einwänden der Antragstellerin kann insoweit grundsätzliche Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden, als darin Bedenken gegen die Verlässlichkeit der im Verwaltungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Untersuchung vom 31. Juli 2014 - auch unter Berücksichtigung der Ergänzung vom 30. November 2015 - angemeldet werden, die u. a. aus der unzureichenden Berücksichtigung der Geräusche resultieren, die aus dem Betrieb des in Burgoberbach gelegenen Asphaltmischwerks während der Nachtzeit hervorgerufen werden.

Nach Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche vorbehaltlich der Regelungen in Nr. 3.2.1 Abs. 2 bis 5 TA Lärm dann sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet.

Zwischen den Beteiligten ist nicht strittig, dass das von der Antragstellerin für eigene Wohnzwecke genutzte Gebäude in einem Gebiet liegt, das angesichts der dort tatsächlich ausgeübten Nutzungen einem allgemeinen Wohngebiet im Sinn von § 4 Abs. 1 BauNVO entspricht. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem regelmäßig eine nur überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage ausreicht, kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Geräuschgesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort dieses Gebäudes (vgl. dazu Nr. A.1.3 Abs. 1 Buchst. a TA Lärm) während der lautesten Stunde der Nachtzeit (Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm) gemäß Nr. 6.1 Abs. 1 Buchst. d TA Lärm einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigen darf.

Die Gesamtbelastung ist in Nr. 2.4 Abs. 3 TA Lärm dahingehend definiert, dass sie die Belastung eines Immissionsortes mit Geräuschen darstellt, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, für die die TA Lärm gilt; sie wird durch energetische Addition der Kenngrößen für die Vor- und die Zusatzbelastung bestimmt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, o. J., Nr. 2 Rn. 53).

2.3.1.1 Zwar ist der schalltechnischen Untersuchung mit ihrer Ergänzung vom 30. November 2014 zugute zu halten, dass sie die Geräusche berücksichtigt hat, die von den beiden mit Bescheid des Landratsamts A. vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen hervorgerufen werden („W. L... und L...“). Insoweit handelt es sich um eine im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 19. März 2015 bestehende Vorbelastung im Sinn der Nr. 2.4 Abs. 1 TA Lärm.

2.3.1.2 Ungesichert ist die Einhaltung der Immissionsrichtwerte zum Schutz der Antragstellerin jedoch insofern, als die Geräusche des in B... bestehenden Asphaltmischwerks in die schalltechnische Untersuchung vom 31. Juli 2014 keinen Eingang gefunden haben und erst mit Ergänzung vom 30. November 2015 überhaupt bewertet wurden. Da Asphaltmischwerke dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterfallen und die Anlage in B... nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs während der Nachtzeit von Rechts wegen betrieben werden darf, nach dem Vorbringen der Antragstellerin ferner eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass während der Nachtstunden dort zumindest gelegentlich auch tatsächlich Produktionsvorgänge stattfinden, was auch die Beigeladene nicht ausschließen kann (vgl. Schriftsatz vom 15.12.2015), sowie dem Umweltingenieur des Landratsamts A. als zuständiger Immissionsschutzbehörde „verifizierte Aussagen über den Betrieb… nicht möglich“ sind (vgl. seine Stellungnahme vom 10.12.2015), ist nach derzeitigem Stand der sachverständigen Stellungnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass die mit einem Nachtbetrieb des Asphaltmischwerks ggf. einhergehenden Schallimmissionen die auf das Wohnanwesen der Antragstellerin während der Nachtzeit einwirkende Geräuschgesamtbelastung über den während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) heben. Da die verfahrensgegenständlichen und die vom Landratsamt A. mit Bescheid vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen am Wohngebäude der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 39,3 dB(A) hervorrufen - sie mithin den während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nicht um mindestens 6 dB(A) unterschreiten -, kann nach der Nr. 3.2.1 Abs. 6 Satz 2 TA Lärm auf die (rechtskonforme) Bestimmung der Vorbelastung unter Ansatz eines Nachtbetriebs des Asphaltmischwerks im zugelassenen Umfang nicht verzichtet werden. Das Wohngebäude der Antragstellerin liegt wahrscheinlich noch im Einwirkungsbereich des Asphaltmischwerks, da dieses dort einen Beurteilungspegel verursachen dürfte, der um weniger als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert für die Nachtzeit von 40 dB(A) liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Nach dem Vorbringen der Beigeladenen vom 30. November 2015, wonach das Asphaltmischwerk, falls es mit einem Schallleistungspegel von 108,4 dB(A) betrieben wird, am Anwesen der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 31,7 dB(A) hervorruft, ist wohl hiervon auszugehen. Umso mehr gilt dies, als die schalltechnische Beurteilung vom 30. November 2015 am Anwesen der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von nun 40,0 dB(A) errechnet hat, also der Immissionsrichtwert gerade noch eingehalten wäre. Da diese schalltechnische Beurteilung ersichtlich in großer Eile erstellt wurde, sind die darin zum Ausdruck gebrachten Einschätzungen zurückhaltend zu bewerten.

2.3.2. Sollte sich herausstellen, dass nächtliche Schallimmissionen des Asphaltmischwerks grundsätzlich in die Ermittlung der Vorbelastung hätten Eingang finden müssen, diese Einbeziehung jedoch dazu führen würde, dass die am maßgeblichen Immissionsort des Wohnanwesens der Antragstellerin zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung während der lautesten Nachtstunde einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigt, wofür die unter Einbeziehung des Asphaltmischwerks prognostizierte nächtliche Geräuschgesamtbelastung von 40,0 dB(A) und die zwischenzeitlich erfolgte Dreifachvermessung von Windkraftanlagen des streitgegenständlichen Typs sprechen, würde die Antragstellerin nicht in ihrem subjektiven Recht verletzt, vor schädlichen Lärmeinwirkungen verschont zu bleiben. Sollte sich aber herausstellen, dass der Beurteilungspegel von 40 dB(A) überschritten würde, könnte diesem Umstand wohl dadurch Rechnung getragen werden, dass für die beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen entweder eine Betriebszeitbeschränkung oder eine Begrenzung des Schallleistungspegels angeordnet wird, den sie während der Nachtzeit (und auch das ggf. nur bei gleichzeitigem Betrieb des Asphaltmischwerks) höchstens hervorrufen dürfen.

Um insoweit alsbald Klarheit zu schaffen, hält es der Verwaltungsgerichtshof - auch mit Blick auf das in Gestalt eines Antrags auf Zulassung der Berufung anhängige Hauptsacheverfahren - für angezeigt, entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die Erstellung eines diese Fragen beantwortenden schalltechnischen Prognosegutachtens zu verlangen. Die Notwendigkeit eines solchen Gutachtens wird dadurch bestätigt, dass sich der Umweltingenieur des Landratsamts auf der Grundlage der derzeitigen Erkenntnislage zu einer abschließenden Aussage über die am Wohnanwesen der Antragstellerin zu erwartende Geräuschgesamtbelastung nicht in der Lage sieht (vgl. seine Stellungnahme vom 10.12.2015). Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO zusteht, entspricht es hierbei, dieses Gutachten im Interesse einer höchstmöglichen Richtigkeitsgewähr durch eine gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle fertigen zu lassen und die Auswahl dieser Stelle nicht der Beigeladenen zu überlassen, sondern sie der Antragsgegnerin als Trägerin der Genehmigungsbehörde - ggf. im Benehmen mit dem für die im Parallelverfahren (22 CS 15.2247) streitgegenständlichen Windkraftanlagen zuständigen Landratsamt - zu überantworten. Die Erstellung eines gemeinsamen Prognosegutachtens für beide Verfahren - unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Fragestellungen - ist nicht ausgeschlossen. Ebenfalls auf § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO beruht die Regelung, dass die Kosten dieses Gutachtens von der Beigeladenen zu tragen sind. Denn sie ist ihrer Obliegenheit, den Nachweis der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen zu führen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV), durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Ausarbeitungen noch nicht vollauf gerecht geworden.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das angeordnete Prognosegutachten zeitgerecht erstellt wird und die Antragsgegnerin - sollten sich entgegen der überwiegenden Wahrscheinlichkeit doch schädliche Lärmeinwirkungen auf das Anwesen der Antragstellerin ergeben - unverzüglich bescheidsmäßige Konsequenzen ziehen wird. Andernfalls bestünden die Möglichkeiten des § 80 Abs. 7 VwGO.

2.3.3 Des weiteren sind zur Klarstellung folgende Hinweise veranlasst:

Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Nr. I des Tenors dieses Beschlusses fordert, dass das in Auftrag zu gebende Gutachten die Vorbelastung unter Berücksichtigung der Geräusche zu ermitteln hat, die „von allen nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen“ ausgehen, so trägt er damit dem Umstand Rechnung, dass die Antragsgegnerin nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat und deshalb eine Vergewisserung darüber angezeigt erscheint, ob in der Umgebung außer dem Asphaltmischwerk noch andere der TA Lärm unterfallende Anlagen vorhanden sind, die während der Nachtzeit ebenfalls Geräusche emittieren, die am Wohnanwesen der Antragstellerin pegelerhöhend wirken.

2.3.4 Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin, an Stelle der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung sei vorliegend eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles geboten gewesen. Das Landratsamt und das Verwaltungsgericht gingen jedenfalls im Ergebnis vielmehr zu Recht davon aus, dass sich die Art einer vorzunehmenden Umweltverträglichkeitsvorprüfung vorliegend nach der Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG bestimmt. Denn die zwei streitgegenständlichen Windkraftanlagen bilden allenfalls zusammen mit den beiden mit Bescheid vom 17. November 2014 in den Gemarkungen U. und R. genehmigten und im Parallelverfahren (22 CS 15.2247) gegenständlichen Windkraftanlagen ein „kumulierendes Vorhaben“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG. Allein mit diesen beiden Anlagen, nicht aber mit den in der Antragsbegründung in Bezug genommenen, in der weiteren Umgebung außerdem vorhandenen bzw. geplanten neun sonstigen Windkraftanlagen weist das streitgegenständliche Vorhaben nämlich ggf. den erforderlichen „engen Zusammenhang“ auf.

Ob zwischen mehreren Anlagen ein solcher Zusammenhang besteht, hängt nicht von optisch wahrnehmbaren Umständen, insbesondere nicht davon ab, ob diese Anlagen einen wenigstens in Ansätzen erkennbaren Bebauungszusammenhang bilden (vgl. BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 4 C 4.14 - NVwZ 2015, 1458 Rn. 24). Dieses Kriterium ist nach dem Sinn und Zweck der Kumulationsregelung, Vorhaben mit einem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu erfassen, vielmehr danach zu bestimmen, ob damit zu rechnen ist, dass sich ihre Umweltauswirkungen überlagern (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 24). Bei dem Erfordernis, dass es voraussichtlich zu Wirkungsüberschneidungen der Anlagen kommen wird, handelt es sich jedoch lediglich um ein notwendiges, nicht aber ein hinreichendes Kriterium dafür, ein „kumulierendes Vorhaben“ annehmen zu können. Vorhaben, die beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden, unterliegen nämlich nicht schon wegen ihrer sich überlagernden Umweltauswirkungen der Vorprüfungspflicht (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 25). Denn § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verlangt eine Ausführung „auf demselben Betriebs- oder Baugelände“ und eine Verbindung „mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen“. Dies setzt einen räumlichbetrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug der einzelnen Anlagen aufeinander voraus (BVerwG a. a. O. Rn. 26).

Die Antragstellerin hat nicht aufgezeigt, dass zwischen dem hier verfahrensgegenständlichen Vorhaben und den in der Antragsbegründung erwähnten neun weiteren Windkraftanlagen ein räumlichbetrieblicher Zusammenhang besteht bzw. sie funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen sind. Dies ist auch unabhängig von ihrem Vorbringen zu verneinen, da nicht einmal entfernte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie technisch miteinander verknüpft oder sie wirtschaftlich in einer Weise verbunden sind, dass der von ihren Betreibern verfolgte ökonomische Zweck nur mit Rücksicht auf den Bestand und den Betrieb der jeweils anderen Anlagen sinnvoll verwirklicht werden kann. Auf die in der Antragsbegründung umfänglich thematisierte Frage, ob sich die Umweltauswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen mit denjenigen der neun in der Beschwerdebegründung erwähnten weiteren Windkraftanlagen überlagern, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an.

An dem Ergebnis, dass aus diesem Grund keine Zusammenrechnung von Windkraftanlagen stattzufinden hat mit der Folge, dass die in der Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannte Zahl von mindestens sechs Windkraftanlagen nicht erreicht wird und damit keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinn von § 3c Satz 1 UVPG geboten ist, ändert auch der Hinweis der Antragstellerin nichts, die vier von der Beigeladenen geplanten und die neun in der Umgebung außerdem vorhandenen bzw. bereits genehmigten Windkraftanlagen seien jedenfalls als „sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG anzusehen. Dieses Vorbringen erweist sich unabhängig von seiner unterbliebenen Substantiierung nicht als stichhaltig, weil es sich bei § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG um einen Auffangtatbestand handelt, der ausschließlich Vorhaben erfasst, die keine „Anlagen“ im Rechtssinne zum Gegenstand haben (vgl. näher BayVGH, B. v. 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - Rn. 38 ff.).

2.3.5 Die Antragsbegründung zeigt keine Mängel der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls auf. Die gerichtliche Überprüfung hat sich hierbei gemäß § 3a Satz 4 UVPG darauf zu beschränken, ob diese Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c Satz 2 UVPG durchgeführt wurde und das Ergebnis nachvollziehbar ist.

Im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG ist lediglich der Frage nachzugehen, ob das Vorhaben aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen erwarten lässt (vgl. näher BayVGH, B. v. 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - Rn. 41-44). Die Antragsbegründung zeigt nicht auf, dass durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben - auch unter Einbeziehung der beiden in den Gemarkungen U. und R. genehmigten Windkraftanlagen - ein Gebiet der in Nr. 2.3.1 bis 2.3.4 sowie 2.3.7 bis 2.3.10 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Art oder ein von Nr. 2.3.5, 2.3.6 oder 2.3.11 dieser Anlage erfasstes Einzelobjekt nachteilig beeinflusst werden kann. Dahinstehen kann deshalb, ob eine mit dem Vorhaben potentiell einhergehende Gefährdung des Rotmilans oder von Fledermäusen dargetan wird. Denn hierdurch würde auch dann, wenn diesem Vorbringen zu folgen sein sollte, keine Beeinträchtigung eines der in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien aufgezeigt.

2.3.6 Auch hinsichtlich der von der Antragstellerin gerügten Beeinträchtigung durch die Leuchtfeuer-Kennzeichnung der Windkraftanlagen hat das Verwaltungsgericht diese zum Einen zum Schutz nächtlichen Flugbetriebs in der Umgebung als zwingend notwendig angesehen und zum Anderen eine Störung für die Antragstellerin wegen der Ausrichtung himmelwärts zum Flugverkehr hin verneint (Urteil S. 44). Dass die Antragstellerin angesichts eines vom Verwaltungsgericht festgestellten Abstands der nächst gelegenen Windkraftanlage von fast 1.200 m (Urteil S. 45) bzw. nach ihren Angaben von etwa 1.300 m bis 1.350 m durch die Leuchtfeuer überhaupt beeinträchtigt würde, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht neben der reinen Entfernung die Verpflichtung zur Synchronisation nicht nur der Leuchtfeuer einer einzelnen Windkraftanlage (vgl. Nr. 13 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen vom 2.9.2004 i. d. F. vom 26.8.2015, BAnz. vom 1.9.2015, Allgemeiner Teil B4), sondern auch aller zusammengefassten Windkraftanlagen nach Nr. 3.11.13 des Bescheids vom 19. März 2015, auch ein entsprechender Erfahrungssatz dieses Inhalts. Da Windkraftanlagen inzwischen weit verbreitet sind, kann sich jedermann einen unmittelbaren Eindruck von den Auswirkungen der nächtlichen Beleuchtung derartiger Anlagen verschaffen; das insoweit einschlägige Erfahrungswissen kann deshalb - zumindest in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - als allgemeinkundig angesehen werden. Danach spricht nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit dafür, dass die nächtliche Befeuerung von Windkraftanlagen, die vom Wohnanwesen der Antragstellerin Abstände der hier in Mitten stehenden Art aufweisen, zu einer Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin führt. Glaubhaft erscheinen vielmehr die Ausführungen in der den Beteiligten des hiesigen Verfahrens bekannten Beschwerdeerwiderung der Landesanwaltschaft Bayern vom 27. Oktober 2015 im Parallelverfahren (22 CS 15.2247), wonach eine im Jahr 2010 von der Universität Wittenberg-Halle durchgeführte Studie ergeben hat, dass solche Hinderniskennzeichnungen keine erhebliche Belästigungswirkung auslösen und auch keine ins Gewicht fallende Blendwirkung verursachen. Hierfür spricht vor allem, dass die von der Befeuerung von Windkraftanlagen ausgehenden Lichtstrahlen dazu dienen, von Luftfahrzeugführern wahrgenommen zu werden, sie mithin nicht gezielt auf die Erdoberfläche hin ausgerichtet oder gar gebündelt sind.

2.3.7 Unter diesen Gegebenheiten fehlt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts jede Grundlage (Urteil S. 51), die Immissionen jedweder Art umfassende Gesamtbelastung der Antragstellerin einheitlich zu ermitteln und zu bewerten, zumal kein Rechtssatz eine Summation der Effekte verschiedener Immissionsarten gebietet. Dies entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B. v. 13.10.2015 - 22 ZB 15.1186 - Rn. 67 ff.) und führt daher ebenso wenig zur Annahme einer Aussicht auf Erfolg der Klage im Hauptsacheverfahren.

3. Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

4. Streitwert: § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i. V. m. Nrn. 2.2.2 und 19.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9. März 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 € festgesetzt.


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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 20. September 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und zu 2) zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor.

2

Das Verfahren betrifft eine Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von acht Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 113,5 m und einem Rotordurchmesser von 71 m in der Gemarkung M. Die Windkraftanlagen bilden zusammen mit acht weiteren, bereits genehmigten Anlagen den Windpark „M. Höhe“. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Genehmigungsbescheid mit der Begründung abgewiesen, dem Anspruch des Klägers auf Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sei durch die in der Genehmigung enthaltenen Lärmschutzauflagen Genüge getan. Soweit es nach dem Vorbringen des Klägers trotz dieser Auflagen immer wieder zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen durch Überschreitung der zulässigen Werte und durch gelegentliche Tonhaltigkeit der Geräuschbelastung gekommen sei, betreffe dies nicht die Frage der Rechtmäßigkeit, sondern ausschließlich die Frage der Überwachung der erteilten Genehmigung. Von den Anlagen gehe auch keine optisch erdrückende Wirkung aus. Für die Einzelanlagen gelte dies bereits aufgrund ihrer jeweiligen Entfernungen zum Anwesen des Klägers. Der Abstand zur nächstgelegenen Windenergieanlage betrage über 500 m und damit mehr als das Dreifache der Gesamthöhe der jeweiligen Windenergieanlage, womit sich weitere Ausführungen zur Rücksichtslosigkeit erübrigten. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung hätten die halbkreisförmig um sein Anwesen angeordneten Windenergieanlagen aber auch in ihrer Gesamtheit keine optisch erdrückende Wirkung, wovon das Gericht aufgrund der durchgeführten Ortsbesichtigung überzeugt sei. Die Anlagen seien allenfalls von einzelnen, im Obergeschoss belegenen Fenstern überhaupt in ihrer Gesamtheit optisch wahrnehmbar, nicht hingegen vom überwiegenden Teil seines Anwesens. Die nächstgelegenen Anlagen (WEA 5, 6 und 7) seien vom Wohnhaus aus optisch kaum wahrnehmbar, da der Blick auf sie durch einen auf der gegenüberliegenden Straßenseite errichteten Schuppen sowie durch hochgewachsene Nadelbäume verstellt sei. In südlicher Richtung seien insgesamt sechs Anlagen sichtbar, die jedoch bereits aufgrund ihrer großen Entfernung und des leicht abfallenden Geländes nicht erdrückend wirkten. In westlicher Richtung seien zwei weitere Anlagen zu sehen, die jedoch ebenfalls wegen ihrer großen Entfernung keine erdrückende Wirkung erzeugten.

3

An der Richtigkeit dieses Urteils bestehen keine ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.) Es lässt sich vielmehr bereits jetzt feststellen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts der rechtlichen Überprüfung standhält, ohne dass die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich wäre. In diesem Fall scheidet auch die Zulassung wegen rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aus (vgl. hierzu: Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 108).

4

1. Das Verwaltungsgericht ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass von den Anlagen weder im Einzelnen noch in ihrer Gesamtheit eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht.

5

a) Sofern der Kläger der Auffassung ist, das Verwaltungsgericht habe den Maßstab zur Beurteilung der von den Einzelanlagen ausgehenden optischen Wirkungen verfehlt, trifft dies in der Sache nicht zu.

6

Das Verwaltungsgericht hat sich an der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung orientiert, nach der sich aus dem Verhältnis des Abstandes zwischen Wohnhaus und Windkraftanlage und der Höhe der Windkraftanlage Orientierungswerte zur Beurteilung einer erdrückenden Wirkung ableiten lassen. Beträgt die Entfernung zur geplanten Anlage danach mindestens das Dreifache ihrer Höhe, wird die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine unzumutbaren optischen Beeinträchtigungen ausgehen (OVG NRW, Urteil vom 09.08.2006 - 8 A 3726/05 - DVBl. 2006, 1532 [1535] und vom 24.06.2010 - 8 A 2764/09 - NVwZ 2007, 336; BayVGH, Urteil vom 29.05.2009 - 22 B 08.178 - BayVBl. 2010, 114). Dem Kläger ist allerdings darin beizupflichten, dass diese Rechtsprechung nur grobe Orientierungswerte liefert, die nicht schematisch angewandt werden dürfen und eine Prüfung des konkreten Einzelfalles daher nicht entbehrlich machen (OVG NRW, Beschluss vom 22.03.2007 - 8 B 2283/06 - BauR 2007, 1014; BayVGH, Urteil vom 29.05.2009, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 11.12.2006 - 4 B 72.06 - NVwZ 2007, 336 [337]).

7

Das Verwaltungsgericht hat – entgegen der missverständlichen Formulierung im Urteil – in der Sache die geforderte Einzelfallprüfung vorgenommen. Im Rahmen der Würdigung des von den Anlagen ausgehenden Gesamteindrucks hat es nämlich ausdrücklich festgehalten, dass den Anlagen „auch in ihrer Gesamtheit“ – und damit erst Recht im Einzelnen – keine erdrückende Wirkung zukommt. Diese Wertung hat es sodann im Einzelnen und auf Grund der vor Ort gewonnenen Erkenntnisse begründet. So hat es gerade für die vom Kläger angegriffene Bewertung der nächstgelegenen Anlagen WEA 5, 6 und 7 keineswegs nur auf den formalen Abstand zum Wohnhaus, sondern vor allem auf deren durch örtliche Besonderheiten stark eingeschränkte Sichtbarkeit abgestellt. Auch bei den übrigen Anlagen hat es jeweils den vor Ort gewonnenen optischen Eindruck und die speziellen topographischen Verhältnisse zur Bewertung herangezogen.

8

Dabei ist nicht zu beanstanden, dass im Rahmen der Ortsbesichtigung das Wohnhaus des Klägers nicht betreten wurde. Das Gericht konnte sich auch außerhalb des Hauses einen Eindruck von der Rundumsicht auf Ebene des Erdgeschosses verschaffen. Für das Obergeschoss hat es die Behauptung des Klägers als wahr unterstellt, dass vom Schlafzimmerfenster alle Anlagen in ihrer Gesamtheit sichtbar seien und ist damit vom für den Erfolg der Klage günstigsten Fall ausgegangen. Bei dieser Sachlage vermag der Senat nicht zu erkennen, welchen Erkenntnisgewinn eine Besichtigung der Anlagen aus dem Inneren des Wohnhauses hätte erbringen sollen.

9

b) Das Verwaltungsgericht ist auf Grundlage der vom Kläger nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen auch zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst unter Einbeziehung der Gesamtheit der Anlagen von diesen keine erdrückende Wirkung ausgeht.

10

Zur Beurteilung der optischen Wirkung mehrerer Anlagen lassen sich keine starren und allgemeingültigen Regeln anführen. Vielmehr ist stets eine Beurteilung des Einzelfalls notwendig. Der Senat stimmt aber mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass auch für eine Mehrzahl von Anlagen – eine freie Sichtbeziehung unterstellt – deren Gesamthöhe und ihr Abstand zum Wohnhaus die maßgeblichen Beurteilungskriterien bleiben. Einer Windkraftanlage, die so weit entfernt steht, dass ihr keine erdrückende Wirkung zukommt, wird diese Wirkung in der Regel auch dann nicht zukommen, wenn sich im Blickfeld weitere, für sich genommen ebenfalls nicht erdrückend wirkende Anlagen befinden. Ob etwas anderes für Anlagen zu gelten hat, die so dicht beisammenstehen, dass die von den Rotoren bestrichenen Flächen sich optisch überschneiden, so dass der Eindruck eines Anlagenhaufens oder Anlagenwalls entsteht, kann hier dahingestellt bleiben.

11

Sofern der Kläger meint, schon eine „umzingelnde“ Wirkung in dem Sinne, dass der Betroffene sich auf Grund der örtlichen Verhältnisse dem Anblick der Anlagen nicht entziehen könne, sei unzumutbar, trifft dies nicht zu. Insbesondere derjenige, der im Außenbereich wohnt, muss grundsätzlich mit der Errichtung von Windkraftanlagen und ihren optischen Auswirkungen rechnen. Der Gesetzgeber hat Windkraftanlagen im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert und nach § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB unter Planungsvorbehalt gestellt. Dies führt notwendig dazu, dass es dort, wo entsprechende Vorrangflächen ausgewiesen sind, zu einer Konzentration von Windenergieanlagen kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 2003 - 4 C 4/02 - BVerwGE 118, 33 Rn. 14 [36 f.]). Betroffene, die in der Nähe einer solchen Konzentrationszone wohnen, werden daher regelmäßig nicht nur mit einer, sondern mehreren Anlagen konfrontiert sein. Da moderne Windkraftanlagen große Höhen erreichen, werden sie insbesondere bei kleineren Wohneinheiten häufig auch von allen Fenstern aus sichtbar sind. Allein diese Wahrnehmbarkeit vermag eine Rücksichtslosigkeit indes nicht zu begründen. Die Zumutbarkeitsschwelle ist erst überschritten, wenn die Anlagen so nah stehen, dass sie aufgrund ihrer Höhe und der großen Fläche, die die Rotoren überstreichen, auf die Wohngebäude erdrückend wirken (vgl. OVG NRW, Urteil vom 09.08.2006, a.a.O.).

12

Soweit der Kläger speziell für die Anlagen WEA 5, 6 und 7 geltend macht, es sei nicht sichergestellt, dass die als Sichtschutz wirkenden Bäume die gesamte weitere Nutzungszeit der Anlagen überlebten, vermag dies die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ebenfalls nicht in Frage zu stellen. Wenn der Kläger ein künftiges Absterben der derzeit auf dem Außenbereichsgrundstück vorhandenen Bäume befürchtet, liegt es an ihm, frühzeitig weitere Bäume zu pflanzen, die zukünftig die Funktion des Sichtschutzes übernehmen können.

13

2. Die in der Genehmigung festgesetzten Lärmschutzauflagen sind ausreichend, um schädliche Umwelteinwirkungen, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auszuschließen.

14

a) Nach der Nebenbestimmung IV. Nr. 1 dürfen am Wohnhaus des Klägers tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) nicht überschritten werden. Gemäß der Nebenbestimmung IV Nr. 2 dürfen zur Einhaltung dieser Werte die Schallleistungspegel der Windkraftanlagen Nr. WEA 4, WEA 8, WEA 9, WEA 10 und WEA 11 einen Wert von 103 dB(A) und der Windkraftanlagen Nr. WEA 5, WEA 6 und WEA 7 einen Wert von 100 dB(A) nicht überschreiten. Die Windkraftanlagen dürfen darüber hinaus gemäß der Nebenbestimmung IV Nr. 3 keine immissionsrelevante Tonhaltigkeit aufweisen. Dass die Genehmigung dem Kläger die genannten Immissionsbelastungen zumutet, ist nach Nr. 6.1 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) nicht zu beanstanden. Da der Kläger andererseits Anspruch darauf hat, dass die Windenergieanlagen in einer Weise betrieben werden, die die Einhaltung der Werte sicherstellt, muss die Genehmigung hierfür Sorge tragen. Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung muss ihr dazu eine „auf der sicheren Seite“ liegende Lärmprognose vorausgehen. Dieser ist der – in aller Regel mit einer Sicherheitsmarge zu versehende – Schallleistungspegel zugrunde zu legen, der für die Nennleistung bei einer Referenzmessung desselben Typs ermittelt worden ist. Auf dieser Grundlage ist sodann in einer Ausbreitungsrechnung zu ermitteln, ob an den relevanten Immissionsorten die einschlägigen Werte eingehalten werden (OVG NRW, Urteil vom 18. 11.2002 - 7 A 2127/00 - BauR 2003, 517; OVG RLP, Urteil vom 21.01.2005 - 8 A 11488/04 - BauR 2005, 1756). Diesen Anforderungen wird die der Genehmigung zugrunde liegende Schalltechnische Immissionsprognose gerecht.

15

b) Sofern der Kläger der Auffassung ist, sein Fall gebe Anlass, die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung für Windkraftanlagen zu erhöhen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob und wie lange die Anlagen nach ihrer Errichtung genehmigungswidrig betrieben worden sind. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht zwischen der Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung und der Überwachung des genehmigungsgemäßen Betriebs der Anlagen unterschieden. Für die Beurteilung einer Anfechtungsklage gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der angefochtenen Behördenentscheidung – ggf. in Gestalt des Widerspruchsbescheids – maßgeblich (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1991 - 7 B 102/90 - NVwZ-RR 1991, 236). Hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung mit Auflagen versehen, die geeignet sind, die Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen, ist die Genehmigung rechtmäßig erteilt. Daran ändert sich nichts, wenn der Betreiber sich nach der Erteilung nicht an die festgesetzten Auflagen hält.

16

Das bedeutet aber nicht, dass Betroffene in einem solchen Fall schutzlos stünden. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG haben die zuständigen Behörden die Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen zu überwachen. Gemäß Satz 2 der Vorschrift haben sie die Genehmigungen regelmäßig zu überprüfen und soweit erforderlich auf den neuesten Stand zu bringen. Da die Überwachungsbehörde gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie ihrer Aufgabe pflichtgemäß nachkommt. Sollte dies nicht der Fall sein, stehen dem Betroffenen eine Reihe von Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. Begründet die Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt für einen Dritten eine subjektive Rechtsposition, hat er Anspruch darauf, dass die zuständige Behörde ermessensfehlerfrei über Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Nebenbestimmung entscheidet. Ist das Ermessen im Einzelfall auf Null reduziert, kommt auch ein Anspruch auf unmittelbares Einschreiten der Behörde zur Durchsetzung der Nebenbestimmung in Betracht. Diese Ansprüche sind grundsätzlich – nach entsprechender Antragsstellung und Durchführung eines Vorverfahrens, notfalls auch im Wege der Unterlassungsklage – mit einer Verpflichtungsklage durchsetzbar (vgl. hierzu Kopp, Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 36 Rn. 72). Abgesehen davon stellt die Durchsetzung von Nebenbestimmungen, die dem Schutze Dritter dienen, eine Amtspflicht dar, bei deren Verletzung Ansprüche aus Amtshaftung nach § 839 BGB, Art. 34 GG in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 06.02.1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 [101 f.]). Schließlich erkennt der Bundesgerichtshof auch einen zivilrechtlichen Anspruch des Begünstigten auf Einhaltung drittschützender Auflagen gegen den Betreiber an (BGH, Urteil vom 26.02.1993 - V ZR 74/92 - BGHZ 122, 1 [2 f.]). In jedem Fall sind Betroffene aber auf die Inanspruchnahme behördlicher und gegebenenfalls gerichtlicher Hilfe verwiesen. Eine Überwachung in Selbsthilfe, wie sie dem Kläger durch Online-Zugriffe auf die Data-Logs des Betreibers vorschwebt, ist dem Bundesimmissionschutzgesetz fremd, § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG.

17

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 4, 162 Abs. 3 VwGO.

18

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Windenergieanlagen im Außenbereich. Sie verfügt über einen positiven Bauvorbescheid, der ihr auf ihre Klage hin erteilt worden war. Ihren Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung lehnte der Beklagte aus Gründen des Naturschutzrechts ab. Die hiergegen erhobene Klage der Klägerin blieb in erster Instanz erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Vorhaben sei aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig. Die naturschutzrechtlichen Fragen seien im Vorbescheid nicht mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Aufgrund der Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit könne dem Vorhaben zwar nicht mehr entgegengehalten werden, ihm stünden Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Das bedeute aber nicht, dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr zu prüfen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hätten die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Vorhaben im Außenbereich einen jeweils eigenständigen Charakter und seien unabhängig voneinander zu prüfen. Der Betrieb der Windenergieanlagen verstoße in Bezug auf die Vogelart "Rotmilan" gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot. Dem Beklagten komme insoweit ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu. Die Einschätzung, dass der Rotmilan durch das Vorhaben einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei, sei naturschutzfachlich vertretbar.

2

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht zwar nicht in jeder Hinsicht in Einklang mit Bundesrecht. Es erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Es liegt ein Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vor. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Über die artenschutzrechtliche Zulässigkeit ist nicht bereits aufgrund des bestandskräftigen Bauvorbescheids mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Bei der danach im Genehmigungsverfahren gebotenen artenschutzrechtlichen Prüfung verfügt die Behörde über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative.

4

1. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, für eine naturschutzrechtliche Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbote sei trotz der verbindlich festgestellten bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, bei der auch das Entgegenstehen von Belangen des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geprüft worden sei, noch Raum, steht nicht in Einklang mit Bundesrecht.

5

Ist über die Frage, ob einem privilegierten Außenbereichsvorhaben Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen, bereits im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheids abschließend entschieden worden, steht einer erneuten - naturschutzrechtlichen - Entscheidung über das Entgegenstehen artenschutzrechtlicher Verbote die Tatbestandswirkung des Bauvorbescheids entgegen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass artenschutzrechtliche Verbote zwingendes Recht darstellen, von dem nur abgewichen werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 BNatSchG) vorliegen. Die Annahme, aus diesem Grund sei zwischen planungsrechtlicher und naturschutzrechtlicher Zulässigkeit eines Vorhabens zu trennen, beruht aber auf einer Verkennung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Auf das Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 3.01 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 350) kann sich das Oberverwaltungsgericht nicht stützen. Die Entscheidung des Senats ist auf die Besonderheiten der naturschutzrechtlichen Abwägung im Rahmen der sog. Eingriffsregelung zugeschnitten und betrifft zudem die nicht mehr geltende rahmenrechtliche Rechtslage (§ 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG a.F.). Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen generell unabhängig voneinander zu prüfen sind, hat der Senat nicht aufgestellt.

6

Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "zugleich" Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen (Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 35). Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie "naturschutzbezogen" sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Für eine "nachvollziehende" Abwägung (zum Begriff z.B. Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.>) ist kein Raum. Voraussetzung der nachvollziehenden Abwägung ist, dass die Entscheidung Wertungen zugänglich ist, die gewichtet und abgewogen werden können. Das ist bei zwingenden gesetzlichen Verboten nicht der Fall.

7

2. Die Berufungsentscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Ergebnis zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte im Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht prüfen durfte. Zwar verfügt die Klägerin über einen positiven Bauvorbescheid, der in dem Umfang, in dem er dem Vorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bescheinigt, Tatbestandswirkung entfaltet. Der positive Bauvorbescheid, der der Klägerin auf ihre Klage hin erteilt worden ist, enthält jedoch keine Aussage zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht.

8

An die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, der Bauvorbescheid stelle die planungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens "insgesamt" fest, ist der Senat entgegen § 137 Abs. 2 VwGO nicht gebunden. Im Revisionsverfahren ist eine vom Tatsachengericht vorgenommene Auslegung einer materiellrechtlich erheblichen Erklärung zwar nur in beschränktem Umfang einer Nachprüfung zugänglich (Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 46). Lässt die Auslegung einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen, tritt eine Bindung aber nicht ein (Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18). So liegt der Fall hier. Die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, dass mit dem positiven Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens "insgesamt" entschieden worden sei, wird von der bundesrechtswidrigen Auffassung getragen, artenschutzrechtliche Verbote seien nicht nur im Rahmen der planungsrechtlichen Prüfung als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB einzustellen, sondern unabhängig davon Gegenstand einer eigenständigen naturschutzfachlichen Zulässigkeitsprüfung. Inmitten steht damit nicht lediglich die Feststellung des konkreten Inhalts einer behördlichen Erklärung durch das Tatsachengericht, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich durch den unzutreffenden bundesrechtlichen Maßstab vielmehr bei der Auslegung den Blick verstellt. Das Auslegungsergebnis des Tatsachengerichts ist deshalb für das Revisionsgericht nicht bindend.

9

Danach ist der Senat selbst zur Auslegung des Bauvorbescheids berechtigt. Die Auslegung ergibt, dass der Bauvorbescheid keine Aussage zur artenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB enthält. Bereits der Umstand, dass im Vorbescheidsverfahren ausweislich der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts artenschutzrechtliche Fragen noch gar nicht geprüft worden sind, weil die zuständige Behörde den Vorbescheidsantrag wegen - aus ihrer Sicht - entgegenstehender anderer Belange als denen des Naturschutzes abgelehnt hat (UA S. 14), legt es nahe, dass die Behörde nicht über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt, sondern nur über bestimmte (einzelne) Fragen entschieden hat. Der Bescheid enthält zudem die Einschränkung, dass er "für die im Antrag formulierten Fragestellungen" erteilt werde. Das deckt sich wiederum mit dem Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 3. Juli 2005, mit dem die Behörde verpflichtet wurde, der Klägerin einen Bauvorbescheid "gemäß ihrem Antrag" zu erteilen. Dieser Umstand macht ebenfalls deutlich, dass mit dem Bauvorbescheid lediglich über die zum damaligen Zeitpunkt strittigen bauplanungsrechtlichen Fragen entschieden worden ist. Ferner hat das Verwaltungsgericht zur Begründung der Annahme, dass dem Vorhaben weitere öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 nicht entgegenstünden, zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB lediglich ausgeführt, dass der Landschaftsschutz nicht in nennenswerter Weise beeinträchtigt werde. Dementsprechend hat die damals zuständige Behörde den Vorbescheid ausdrücklich mit "Auflagen" verbunden, die naturschutzrechtliche Vorgaben enthalten. Die Auflagen entsprechen im Übrigen den "Hinweisen", die bereits im ersten, ursprünglich ablehnenden Bescheid enthalten waren, der Gegenstand der erfolgreichen Verpflichtungsklage war. Bei der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag lagen auch keine prüffähigen Unterlagen zu artenschutzrechtlichen Fragen vor. Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin nicht. Sie greift zwar die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, Artenschutz sei im Vorbescheidsverfahren nicht geprüft worden, mit der Verfahrensrüge als aktenwidrige Feststellung an. Der Vortrag, das Protokoll der Ämterberatung am 4. April 2001 nach Anlage K1 belege, dass naturschutzrechtliche Fragen aus Anlass des Vorbescheids behandelt worden seien, genügt jedoch hierfür nicht. Aus der Teilnahme eines Vertreters der Naturschutzbehörde an einer Ämterbesprechung im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens lässt sich nicht ableiten, dass die naturschutzrechtlichen Fragen auch abschließend geprüft worden sind.

10

3. Da mit dem positiven Bauvorbescheid nicht über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Naturschutzrecht entschieden worden ist, musste der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren prüfen, ob der Genehmigung als Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG das artenschutzrechtliche Tötungs- und Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht.

11

3.1 In Übereinstimmung mit Bundesrecht geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Tatbestand des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur dann erfüllt ist, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219). Das ist hier der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass aus den ausgewerteten Erkenntnismitteln - naturschutzfachlich vertretbar - abgeleitet werden könne, dass für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windenergieanlagen grundsätzlich dann ausgegangen werden könne, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1 000 m betrage (UA S. 22). Soweit die Klägerin auf die für Rotmilane untypische Größe eines Horstes verweist, ist die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts zugrunde zu legen, dass die Beobachtungen der Klägerin keine taugliche Grundlage böten, um das Vorkommen des Rotmilans in diesem Gebiet zuverlässig erfassen zu können. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin einen förmlichen Beweisantrag stellen müssen; eine Beweisanregung genügt nicht. Die Rüge zur fehlenden Ermittlung von Maßnahmen zur Minderung des Kollisionsrisikos scheitert schon daran, dass die Klägerin nicht aufzeigt, welche Maßnahmen das Oberverwaltungsgericht hätte in Betracht ziehen müssen.

12

Die weitere Verfahrensrüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe in unzulässiger Weise Behauptungen eines "Hobbyornithologen" zugrunde gelegt und nicht beachtet, dass es zwingend einer unabhängigen fachlichen Überprüfung bedurft habe, ist unbegründet. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die Erfassungen aus der Brutsaison 2011, mit denen der Beklagte das Vorkommen des Rotmilans in der näheren Umgebung der vorgesehenen Windenergieanlagenstandorte untermauert hat, von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter durchgeführt worden, der seit 1986 für das Museum für Vogelkunde in Halberstadt (Heineanum) und - seinen Angaben zufolge - seit 1977 für die Arbeitsgemeinschaft Ornithologie der Stadt Quedlinburg tätig ist. Dass sich der Beklagte bei der Erfassung und Kartierung des artenrechtlichen Bestands der Vogelart "Rotmilan" auf Angaben eines solchen ehrenamtlich tätigen Mitarbeiters gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht, das den ehrenamtlichen Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört hat, musste den Vortrag der Klägerin nicht zum Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen. Das Tatsachengericht darf grundsätzlich nach seinem tatrichterlichen Ermessen entscheiden, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt (stRspr; vgl. Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268). Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachliche Stellungnahmen sind nur dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht beachtet. Von einer Missachtung wissenschaftlicher Mindeststandards kann keine Rede sein. Die Aufgabe der naturschutzfachlichen Erfassung und Kartierung von Arten kann auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet werden, sofern sie sich als sachkundig erweisen. Bestandserfassungen bedürfen nicht zwingend der Heranziehung eines als Sachverständigen ausgebildeten und anerkannten Gutachters. Auch eine langjährige Befassung im Rahmen ehrenamtlicher naturschutzfachlicher Tätigkeit kann die notwendige Sachkunde vermitteln, um Beobachtungen vor Ort vornehmen und über den Befund berichten zu können. Das zeigt auch die Praxis der Naturschutzverbände und -vereinigungen, die regelmäßig mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten und die mit ihrem Sachverstand in ähnlicher Weise wie Naturschutzbehörden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in das Verfahren einbringen und als Verwaltungshelfer angesehen werden (vgl. nur Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <361> und vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 19). Die Klägerin zeigt auch nicht auf, dass im konkreten Fall Anlass bestand, an der durch jahrzehntelange Befassung geschulten Sachkunde des ehrenamtlichen Mitarbeiters zu zweifeln. Einer solchen Darlegung hätte es auch deshalb bedurft, weil das Oberverwaltungsgericht den Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört und sich damit einen Eindruck von seiner fachlichen Versiertheit bei der Vogelbeobachtung verschafft hat.

13

Weitere als Verfahrensrügen erhobene Einwände der Klägerin zielen darauf, den vom Oberverwaltungsgericht für die Beurteilung der Frage, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht, für maßgeblich gehaltenen Abstand der Windenergieanlagen durch andere Faktoren zu ersetzen. Auch diese Einwände bleiben ohne Erfolg.

14

3.2 In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren (vgl. Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 65, 91, vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 38, vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 113 und vom 14. Juli 2011 a.a.O. Rn. 99) gelten auch in Genehmigungsverfahren. Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden.

15

Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 66). Die naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative folgt nicht aus einer bestimmten Verfahrensart oder Entscheidungsform, sondern aus der Erkenntnis, dass das Artenschutzrecht außerrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu denen es jedenfalls nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine eindeutigen Antworten gibt.

16

Die Überprüfung behördlicher Einschätzungsprärogativen ist wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz, nämlich bezogen auf die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des behördlichen Einschätzungsspielraums, und genügt damit den verfassungsrechtlichen Erfordernissen (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 67). Die Einräumung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative führt zwar zu einer Rücknahme gerichtlicher Kontrolldichte. Das Gericht bleibt aber verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen.

17

3.3 Fehler bei der Anwendung der artenschutzrechtlichen Maßstäbe sind nicht zu erkennen. Insbesondere ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten mit der Begründung, es lägen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass Rotmilane (verhaltensbedingt) im Straßenverkehr in vergleichbarer Zahl getötet würden wie durch Windenergieanlagen (UA S. 25), bestätigt, dass er sich bei der Bewertung der Gefahren im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative bewegt. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts greift die Klägerin zwar an, erhebt aber lediglich allgemein gehaltene Einwände und zeigt nicht auf, dass die Quelle, auf die sich das Oberverwaltungsgericht zur Begründung gestützt und die Erhebungen über einen Zeitraum von 1991 bis 2006 zur Grundlage hat, methodischen Bedenken ausgesetzt sein könnte.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Das Verfahren wird, soweit es aufgrund der Berufungen der Kläger zu 1. und 4. noch anhängig ist, eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. November 2011 ist gegenüber den Klägern zu 1. und 4. wirkungslos.

Die Kläger zu 1. bis 4. tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zu einem Viertel einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kläger zu 1. und 4. tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,- € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die entstehende Gesamtbelastung infolgedessen bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist.

109 110 111 112 113 114 115 116 117

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 13. Juli 2011 - 3 K 2083/11 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Dabei geht der Senat davon aus, dass sich die Beschwerde nur insoweit gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts richtet, als damit der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung abgelehnt wurde. Den vom Verwaltungsgericht ebenfalls abgelehnten Antrag, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Baustelle auf dem Grundstück ... ... in ... stillzulegen, verfolgt der Antragsteller nach dem Wortlaut seines beim Verwaltungsgerichtshof gestellten Antrags in der Beschwerdeinstanz nicht weiter; dies wäre auch nicht sachdienlich, da die genehmigte Anlage mittlerweile in Betrieb ist.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 22.11.2010 für die Errichtung einer Biogasanlage anzuordnen, abgelehnt, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung die angefochtene Baugenehmigung keine Rechte des Antragstellers verletzt. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass.
1. a) Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nicht dem Schutz des Antragstellers als Nachbarn zu dienen bestimmt sind und damit ihre - unterstellte - Verletzung nicht zu einem Erfolg der Rechtsbehelfe des Antragstellers führen könnte. Der Antragsteller meint, die in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB aufgeführten Voraussetzungen hätten den Zweck, Größe, Leistung und Emissionen der privilegierten Anlagen zu begrenzen, um sowohl die von dieser Anlage ausgehenden Emissionen und Beeinträchtigungen auf den Außenbereich zu reduzieren als auch die anliegende Nachbarschaft nicht übermäßig zu beeinträchtigen. Dieser zuletzt genannte Schutzzweck lässt sich der in Rede stehenden Vorschrift jedenfalls nicht im Sinne einer Begründung subjektiver Rechte der betroffenen Grundstücksnachbarn entnehmen.
§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB wurde durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau vom 24.06.2004 (BGBl. I S. 1359) in das Baugesetzbuch eingefügt. Nach der Gesetzesbegründung dient die Vorschrift der Förderung des Strukturwandels in der Landwirtschaft, wobei gleichzeitig dem Gebot des Außenbereichsschutzes soweit als möglich Rechnung getragen werden soll (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 33, 54). Dass mit der Vorschrift zugleich der Schutz der Grundstücksnachbarn beabsichtigt wäre, folgt aus dieser Gesetzesbegründung ebenso wenig wie aus dem vom Antragsteller erwähnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.12.2008 (7 C 6.08 - BVerwGE 132, 372). Dieses Verfahren hatte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Biogasanlage zum Gegenstand, die dem Kläger von der Ausgangsbehörde zunächst erteilt, auf Widerspruch der beigeladenen Gemeinde jedoch wieder aufgehoben wurde. Aussagen zum Drittschutz zu Gunsten des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks enthält dieses Urteil nicht. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB gehören daher allein der objektiven Rechtsordnung an (vgl. VGH München, Beschluss vom 25.10.2010 - 2 CS 10.2344 - juris).
b) Damit ergibt sich eine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers auch nicht daraus, dass die vom Beigeladenen errichtete Biogasanlage, wie der Antragsteller meint, tatsächlich - und unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. d BauGB - eine höhere Leistung erzielen könnte als in der Baugenehmigung vorgesehen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass Gegenstand des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes allein die erteilte Baugenehmigung ist, die die elektrische Leistung der Biogasanlage auf 250 kW begrenzt. Selbst wenn - wofür Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind - der Beigeladene beim Betrieb der Anlage diese Grenze nicht einhalten würde, könnte dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führen. Letzteres folgt auch nicht aus dem vom Antragsteller erwähnten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.12.2010 (7 B 6.10 - NVwZ 2011, 429). Soweit das Bundesverwaltungsgericht sich in dieser Entscheidung mit der elektrischen Leistung einer Biogasanlage und ihrer Auswirkung auf den Nachbarn befasst, betrifft dies die Frage einer im Verwaltungsverfahren erfolgten nachträglichen Beschränkung der elektrischen Leistung der seinerzeit genehmigten Anlage, auf welche die Menge der genehmigten Inputstoffe nicht abgestimmt worden war. Diese Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts weisen indessen keinen Bezug zu § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB auf.
2. Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat ferner auch der Auffassung, dass sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verletzung des drittschützenden Rücksichtnahmegebots zu Lasten des Antragstellers nicht feststellen lässt. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage der sachverständigen Stellungnahmen von Dipl.Ing. ... vom 05.10.2010 und des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.06.2010 ausführlich dargelegt, weshalb nicht mit unzumutbaren Geruchsbelästigungen des Antragstellers durch den Betrieb der Biogasanlage zu rechnen sein wird; auf diese überzeugenden Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Insoweit beschränkt sich die Beschwerde darauf, die tatsächlichen Grundlagen und Annahmen der erwähnten Stellungnahmen zu bezweifeln. Entgegen der Auffassung des Antragstellers verkennen die erwähnten Stellungnahmen jedoch nicht die konkrete Situation auf den Grundstücken des Antragstellers und des Beigeladenen. So untersucht das Gutachten des Dipl.Ing. ... ausdrücklich die Windverhältnisse „im Planungsgebiet“ (S. 13); ebenso befasst sich die Stellungnahme des Regierungspräsidiums Tübingen mit der Frage der Auswirkungen der Kaltluftabflüsse und der Talwinde am Standort der Anlage. Dass sich aus diesen Windverhältnissen nicht hinnehmbare Belastungen des Grundstücks des Antragstellers ergeben könnten, ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht feststellbar.
Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwischen der von dem Beigeladenen errichteten Anlage und dem Grundstück des Antragstellers ein Abstand von 300 m besteht und auch aus diesem Grunde wenig für eine Geruchsbelastung des Antragstellers spricht, die über das Maß des Zumutbaren hinausgeht (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.05.2006 - 3 S 771/06 - VBlBW 2006, 473). Zutreffend hat das Regierungspräsidium Tübingen im Widerspruchsbescheid vom 21.03.2011 ferner ausgeführt, dass der Antragsteller aufgrund der Lage seines Grundstücks im Außenbereich in stärkerem Maße Geruchsbeeinträchtigungen hinnehmen müsse als ein Wohnhaus in einem Wohngebiet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass bei einem derart erheblichen Abstand das Rücksichtnahmegebot durch die zu erwartenden Geruchsbelästigungen verletzt sein könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene hat einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen, was zur Erstattungsfähigkeit seiner außergerichtlichen Kosten führt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG (entsprechend der Wertfestsetzung des Verwaltungsgerichts).
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2012 - 2 K 2898/09 - wird geändert.

Die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen des Landratsamts vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage.
Der Kläger ist Eigentümer der im Außenbereich gelegenen Grundstücke Flst.-Nrn. ... ... ..., H... Weg ... in Sachsenheim, Gemarkung Kleinsachsenheim. Die Grundstücke sind mit einem Wohnhaus und einem Wirtschaftsgebäude bebaut und werden seit 1991 vom Kläger und seiner Familie bewohnt; die frühere gärtnerische Nutzung der Grundstücke wurde im Jahr 1972 aufgegeben. Der Kläger beantragte am 08.05.2009 eine Nutzungsänderungsgenehmigung. In dem diesbezüglich anhängig gewesenen Verwaltungsrechtsstreit (3 S 452/13) verpflichtete sich der Beklagte im Rahmen eines Vergleichs, die Wohnnutzung des Klägers vorbehaltlich einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung zu dulden.
Die Beigeladene betreibt auf der gegenüber liegenden Straßenseite auf den südöstlich des Anwesens des Klägers gelegenen Grundstücken FIst.-Nrn. ... ......, H... Weg ..., eine Biogasanlage. Die Entfernung von der Grundstücksgrenze zur Grundstücksgrenze des Klägers beträgt ca. 30 m, die Entfernung zum Wohnhaus ca. 50 m. Als Substrat werden im Wesentlichen nachwachsende Rohstoffe, Gülle sowie Puten- und Pferdemist eingesetzt. Für die Errichtung und den Betrieb der Anlage erteilte das Landratsamt Ludwigsburg am 22.12.2006 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Diese enthält u.a. die Nebenbestimmung, dass die durch die Biogasanlage und durch andere gewerbliche Anlagen verursachten Geruchsimmissionen (Gesamtbelastung) für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich 0,15 % Jahresgeruchsstunden nicht überschreiten dürfen. Die Biogasanlage wurde im Mai 2007 in Betrieb genommen; in der Folgezeit zeigte die Beigeladene eine Vielzahl von Änderungen an.
Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren hat der Kläger am 30.07.2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, seine schutzwürdige Wohnnutzung in unmittelbarer Nähe zur Biogasanlage sei im Genehmigungsverfahren nicht berücksichtigt worden. Insbesondere werde er unzulässigen Geruchs-, Staub- und Lärmimmissionen ausgesetzt. Der Kläger hat beantragt, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 aufzuheben. Der Beklagte und die Beigeladene sind der Klage entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2011 Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. Dr. D. zu den Fragen,
- ob der im Genehmigungsbescheid genannte Geruchswert von 0,15 Jahresstunden auf dem Anwesen des Klägers bei Betrieb der streitgegenständlichen Biogasanlage eingehalten werden kann, und
- ob dort die für Staub (PM 10) geltenden Grenzwerte nach der Tabelle 1 zu Nr. 4.2.1 TA Luft und der für Staubniederschlag geltende Grenzwert nach Tabelle 2 zu Nr. 4.3.2 TA Luft eingehalten werden können.
Mit Gutachten vom 27.07.2012 kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Irrelevanzschwelle der Jahres-Immissionswerte nach TA Luft für Schwebstaub und Staubniederschlag sowohl nach dem Genehmigungsstand vom 22.12.2006 als auch nach dem derzeitigen Genehmigungstand einschließlich der Lagerung von Puten- und Rindermist sicher unterschritten werde. Bezüglich der Geruchsimmissionen kam der Gutachter auf der Grundlage einer nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) erstellten Geruchsimmissionsprognose zu dem Ergebnis, die Geruchswahrnehmungshäufigkeit auf der Beurteilungsfläche für das Wohnhaus des Klägers betrage rund 0,24 Jahresgeruchsstundenanteil. Der festgesetzte Immissionswert von 0,15 für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich werde daher deutlich überschritten. Dieser Immissionswert könne aber durch ein gasdichtes Verschließen des Gärrestebehälters eingehalten werden; in diesem Fall werde eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 0,14 ermittelt.
Mit Urteil vom 22.10.2012 hat das Verwaltungsgericht die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger werde durch die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage zwar nicht im Hinblick auf Staub, aber im Hinblick auf die Geruchsbelastung schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Der Immissionswert von 0,15 sei auf das Grundstück des Klägers anzuwenden; es handele sich um eine drittschützende Nebenbestimmung. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der festgesetzte Wert mit der Anlage in der genehmigten Form objektiv nicht einzuhalten sei; hierfür sei eine grundlegende Anlagenänderung erforderlich. Selbst wenn man der Auffassung nicht folge, dass es sich bei dem Immissionswert von 0,15 um eine nachbarschützende Festsetzung handle, sei der Genehmigungsbescheid gleichwohl rechtswidrig, weil dem Kläger Geruchsbelastungen von 0,24 Jahresgeruchsstundenanteil nicht zuzumuten seien.
10 
Mit bestandskräftiger immissionsschutzrechtlicher Anordnung vom 22.11.2012 hat das Landratsamt der Beigeladenen aufgegeben, den Endlagerbehälter zur Lagerung des vergorenen Substrats gasdicht zu verschließen (Nr. 1) und hierfür einen vollständigen immissionsschutzrechtlichen Änderungsantrag beim Landratsamt bis zum 31.12.2012 einzureichen (Nr. 2). Ferner wurde eine Frist zur Abdeckung des Endlagerbehälters bis 30.09.2013 gesetzt. (Nr. 3). Am 05.04.2013 wurde der Beigeladenen die unter dem 30.11.2012/28.02.2013 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der bestehenden Biogasanlage durch eine gasdichte Abdeckung des Gärresteendlagers mit einem Doppelmembrangasspeicher erteilt (Nr. I. 1). Die Genehmigung vom 22.12.2006 wird „in Reichweite“ der Änderungsgenehmigung ersetzt (Nr. I.2). Der Kläger hat hiergegen unter dem 15.04.2013 Widerspruch eingelegt, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden ist.
11 
Bereits am 22.02.2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22.12.2006 gestellt, in den er am 24.04.2013 seinen Widerspruch gegen die Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 einbezogen hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen eine Beeinträchtigung durch Geruchsimmissionen und Gefährdungen im Brand- und Explosionsfall geltend gemacht. Mit Beschluss vom 03.06.2013 (10 S 393/13) hat der Senat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Maßgabe abgelehnt, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung um Nebenbestimmungen zur Umsetzung der Hinweise und Empfehlungen aus der Sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 zu ergänzen ist, soweit diese noch nicht Bestandteil der Genehmigung sind. Die Maßgabe wurde mit einer nachträglichen Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 umgesetzt. Ein Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 7 VwGO blieb erfolglos (Senatsbeschluss vom 18.02.2014 - 10 S 1510/13 -).
12 
Am 31.10.2013 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen eine weitere immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Änderung des Betriebs der Biogasanlage. Die Änderung besteht im Wesentlichen aus einer Erhöhung der Feuerungswärmeleistung des Blockheizkraftwerks von 1,281 MW auf 1,735 MW, die Erhöhung der eingesetzten Güllemenge von 1.716 t/a auf 3.700 t/a und der Änderung der Nutzung der Vorgruben (Vorgrube 1: Sicker- und Oberflächenwasser; Vorgrube 2: Gülleanlieferung). Der Kläger hat hiergegen unter dem 02.12.2013 Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt. Mit Beschluss vom 06.03.2014 hat sich das Verwaltungsgericht für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichthof verwiesen. Mit Beschluss vom 11.12.2014 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt (10 S 473/14).
13 
Bereits mit Beschluss vom 03.06.2013 (10 S 317/13), den Beteiligten zugestellt am 03.06.2013, hat der Senat die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.10.2012 wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen. Der Beklagte und die Beigeladene haben die Berufungen am 02.07.2013 bzw. 01.07.2013 jeweils unter Stellung eines Antrags begründet. Der Kläger ist den Berufungen entgegengetreten und hat mit Schriftsätzen vom 02.09.2013 und vom 14.02.2014 seinen Klagantrag geändert. Er beantragt zuletzt,
14 
die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013, der nachträglichen Anordnung vom 17.07.2013 sowie der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 aufzuheben.
15 
Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte geltend, die Klagänderung sei sachdienlich, die Klage sei aber insgesamt abzuweisen. Mit dem Betrieb der Anlage seien keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen verbunden. Es spreche Vieles dafür, dass die Nebenbestimmung, wonach die Geruchsgesamtbelastung bei landwirtschaftlichen Anwesen im Außenbereich den Immissionsrichtwert 0,15 nicht überschreiten dürfe, auf die geduldete Wohnnutzung des Klägers nicht anwendbar sei. Jedenfalls werde durch die Anordnung der gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters als Hauptgeruchsquelle sichergestellt, dass dieser Richtwert auch gegenüber dem Kläger eingehalten und damit die Geruchsbelastung auf ein zumutbares Maß gemindert werde. Die nachträgliche Anordnung vom 20.11.2012, die noch vor Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts erlassen worden sei, und die Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 seien im Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Den sicherheitsrechtlichen Bedenken des Klägers sei hinreichend Rechnung getragen worden. Die Änderungsgenehmigung enthalte zahlreiche sicherheitsrechtliche Nebenbestimmungen, die mit nachträglicher Anordnung vom 17.07.2013 noch entsprechend der Maßgabe im Senatsbeschluss vom 03.06.2013 (10 S 393/13) vor Inbetriebnahme der geänderten Anlage umfangreich ergänzt worden seien. Durch die Anlage entstehe kein Störfallbetrieb; die Mengenschwelle von 10.000 kg hochentzündlichem Gas werde durch die Abdeckung mit einem Doppelmembranspeicher (Innenmembranhöhe von 2 m über Behälterniveau) nicht überschritten. Die von der Beigeladenen vorgelegte Berechnung von Dipl.-Ing. (FH) B., wonach 9.744 kg Biogasmasse Gas in der Anlage vorhanden sei, sei vom Regierungspräsidium Stuttgart im Wesentlichen bestätigt worden. Ungewollt infolge technischer Defekte oder Brand auftretende Stoffe seien nicht „vorhanden“ im Sinne der Störfallverordnung und daher bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Bei der eingesetzten Doppelmembranfolie befinde sich entzündliches Gas nur im inneren Kugelsegment, während zwischen den Folien (nicht entzündliche) Stützluft eingeblasen werde; es komme deshalb nicht auf das Volumen der Außenfolie an. Von der Anlage gingen auch keine Brand- und Explosionsgefahren für den Kläger aus. Die Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 enthalte umfangreiche Nebenbestimmungen zum Brand- und Explosionsschutz. Darin sei u.a. eine sicherheitstechnische Prüfung durch einen Sachverständigen nach § 29a BImSchG vor Inbetriebnahme des Gärresteendlagers vorgeschrieben worden, in der auch die Unterschreitung der Mengenschwelle der Störfall-Verordnung zu prüfen sei. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei eine sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 vorgelegt worden. Die Umsetzung der darin angeführten Hinweise und Empfehlungen sei der Beigeladenen aufgegeben worden. Die Bedenken des Klägers gegen die Dichtheitsprüfung seien nicht nachvollziehbar; eine solche habe stattgefunden und keine gravierenden Mängel ergeben. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten zur Umgebungsgefährdung durch toxische Gasausbreitung vom 19.06.2014 (Dipl.-Ing. S.) beruhe auf der unzutreffenden Annahme eines Störfallbetriebs. Die Störfallverordnung und die störfallrechtlichen Regelungen des § 50 BImSchG sowie Abstandsempfehlungen des Leitfadens KAS-18 seien vorliegend nicht anwendbar. Es bestünden auch Bedenken gegen die vom Gutachter verwendeten Antragsunterlagen und Eingangsdaten. Die vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2012 habe ebenfalls einen störfallrechtlichen Hintergrund; im Übrigen verkenne der Kläger, dass er nicht in einem Wohngebiet wohne und eine Legalisierung seiner Wohnnutzung im Außenbereich fehle. Die toxische Gefährdung durch Schwefelwasserstoff sei in der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08.2013 plausibel bewertet worden. Die Annahme von 100 ppm Schwefelwasserstoff im Rohbiogas liege im Hinblick auf die konkrete Anlage und die durchgeführten Messungen auf der sicheren Seite. Die wasserwirtschaftlichen Anforderungen an die Anlage seien durch eine sachverständige Stelle am 31.05.2007 überprüft und nicht beanstandet worden. Es treffe allerdings zu, dass die unterirdischen Rohrleitungen entgegen § 12 VAwS nicht doppelwandig ausgeführt worden seien. Der Beigeladenen sei insoweit aber am 12.08.2014 eine Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 2 VAwS erteilt worden. Die vom Gutachter Dipl.-Ing. P. geforderte Rissbreitenbeschränkung auf 0,2 mm - gegenüber den in der Genehmigung festgesetzten 0,3 mm - beruhe auf einem Merkblatt des Umweltministeriums aus dem Jahr 2008 (JGS-Merkblatt), das im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch nicht in Kraft gewesen sei. Im Übrigen sei nachgewiesen, dass die Beigeladene strengere Werte umgesetzt habe, als in der Genehmigung festgesetzt worden sei (0,15 mm im Fermenterboden, 0,20 mm im Gärrestelagerbehälter). Die vom Gutachter geforderte wasserdichte Abdeckung des Umschlagplatzes liege vor, weil dieser der in Stahlbeton ausgeführten Decke der Vorgrube entspreche. Eine Aufkantung werde in den in Baden-Württemberg gültigen Regelwerken nicht verlangt. Die Anlage unterliege auch keiner regelmäßigen 5-jährlichen Prüfpflicht; die 12-jährliche Prüfpflicht in der Auflage G 3 entspreche dem bei der Erteilung der Genehmigung geltenden technischen Regelwerk. Eine Umwallung der Anlage werden derzeit in keinem in Baden-Württemberg geltenden Regelwerk gefordert und sei noch nicht Stand der Technik. Die Pumpanlage sei gegen unbefugte Inbetriebnahme Dritter nachgerüstet worden. Die robuste Stahlbetonwandung und die verkehrstechnische örtliche Situation böten ausreichende Gewähr dafür, dass es zu keiner plötzlichen Substratentleerung komme. Die Anlage sei mittlerweile zudem mit einem ausreichenden Anfahrschutz und einem Zaun gegen unbefugtes Betreten ausgerüstet. Die Standsicherheit des abgedeckten Gärrestebehälters sei von dem anerkannten Prüfingenieur für Baustatik Dr. F. geprüft und bestätigt worden. Werde die darin vorgegebene maximale Schneelast von 30 kg/m² überschritten, sei die Beigeladene zur Schneeräumung verpflichtet. Das Räumkonzept der Beigeladenen sei vor Ort auf seine Funktionstüchtigkeit hin überprüft worden. Der Beigeladenen sei aufgegeben worden, die Beseitigung der bei der Bauabnahme durch die Sicherheitstechnische Prüfung des TÜV Nord vom 29.11.2013 festgestellten geringen Mängel nachzuweisen.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.10.2012 zu ändern und die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 abzuweisen.
18 
Die Beigeladene trägt zur Begründung der Berufung vor, die Klagänderung werde als sachdienlich angesehen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts leide an erheblichen Verfahrensfehlern, weil das Gericht die bereits absehbare Heilung der Genehmigung im Hinblick auf die Geruchsbelastung verkannt habe, keine Spruchreife herbeigeführt und ihren Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung fehlerhaft abgelehnt habe. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aber auch deshalb zu ändern, weil die für das Urteil tragende Geruchsbelästigung dauerhaft beseitigt worden sei und die sicherheitstechnischen Bedenken des Klägers nicht durchgriffen. Aufgrund der mit Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 angeordneten gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters werde der in der Genehmigung festgesetzte Jahresimmissionsrichtwert von 0,15 Jahresgeruchsstunden eingehalten, Dies ergebe sich nicht nur aus dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. D., sondern auch aus einem Geruchsgutachten der SFI-Sachverständigen für Immissionsschutz vom 13.03.2013, das im Zusammenhang mit einem vorsorglich gestellten Antrag auf Neugenehmigung vorgelegt worden sei. Dieses Gutachten berücksichtige die gasdichte Abdeckung sowie die Erhöhung der jährlichen Güllemenge auf 3.700 t. Gegenüber der um ein Vielfaches höheren Emissionsfracht des bislang offenen Gärrestebehälters führe die Verdoppelung der Gülleanlieferung bei einer Gesamtbetrachtung zu keiner wesentlichen Erhöhung der Geruchsbelastung, zumal gleichzeitig die dem Kläger gegenüberliegende Vorgrube 1 nicht mehr als Einlass für Gülle verwendet werde. Das Gutachten berücksichtige auch das auf der Waschplatte anfallende Oberflächenwasser von ca. 60 m³; die vom Kläger angenommene Wassermenge von 800 m³ sei weit überhöht. Die umfangreichen Anforderungen an den baulichen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz sowie an ein Explosionsschutzkonzept in der Sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 seien zum Gegenstand der Genehmigung gemacht worden. Nach den zahlreichen sicherheitstechnischen Stellungnahmen der proTerra GmbH, des TÜV Nord und des Regierungspräsidiums Stuttgart unterliege die Anlage nicht dem Störfallrecht. Gleichwohl sei eine sicherheitstechnische Vorprüfung sowie eine Auswirkungsbetrachtung für sog. Dennoch-Störfälle veranlasst worden. Der TÜV Nord sei in seiner Stellungnahme vom 10.05.2013 zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Beachtung der Hinweise und Empfehlungen für eine höhere Anlagensicherheit keine Gefährdung des Klägers oder der Personals vorliege. Diese Hinweise und Empfehlungen seien umgesetzt worden. Die Änderungen an der Anlage entsprächen dem Stand der Technik. Eine Havarie sei nicht zu befürchten; der Gärrestebehälter sei eine massive Stahlbeton-Konstruktion. Die Statik sei geprüft worden. Ein früherer Vorfall mit auslaufender Gülle beruhe auf einer unbefugten Manipulation der Pumpe, was durch eine technische Nachrüstung nunmehr ausgeschlossen sei. Schließlich seien ein Zaun und ein Rammschutz angebracht worden. Eine toxische Gefährdung durch Schwefelwasserstoff sei nicht zu befürchten. Die regelmäßigen Messungen an der Anlage ergäben infolge der biologischen Entschwefelung sehr günstige Werte zwischen 8 und 30 ppm. Vor der Inbetriebnahme des Gärrestelagers sei vom Errichter, bei der Endabnahme vom TÜV Nord jeweils eine unmittelbare Dichtheitsprüfung durchgeführt worden. Mit Ausnahme eines unbedenklichen Gasaustritts am Schlauch der Eintrittsöffnung für die Stützluft im Nachgärer seien keine Undichtigkeiten festgestellt worden. Die vom Gutachter des Klägers Dipl.-Phys. S. vorgelegte Betrachtung für extrem unwahrscheinliche Dennoch-Störfälle könne nicht zur Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für eine Anlage führen, die dem Stand der Technik entspreche und kein Störfallbetrieb sei. Im Übrigen lege der Gutachter S. ohne Detailkenntnisse allgemeine Parameter für Schwefelwasserstoffkonzentrationen zugrunde, die in der konkreten Anlage nicht aufträten. Selbst nach diesem Gutachten ergebe sich aber eine Gefährdung des Klägers nur bei einer völlig exzeptionellen Gas-/Leckage-Kombination. Durch die in dem Gutachten Dipl.-Ing. P. dargestellten angeblichen Verstöße werde der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt; es gehe vorwiegend um den Schutz des Grundwassers. Eine Umwallung könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht verlangt werden. Im Übrigen werde auf das Vorbringen in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug genommen.
19 
Die Beigeladene beantragt,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.10.2012 zu ändern und die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 abzuweisen.
21 
Der Kläger beantragt,
22 
die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zurückzuweisen.
23 
Er trägt vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts leide weder an verfahrensrechtlichen noch an inhaltlichen Fehlern. Der Charakter der Anlage werde insgesamt so verändert, dass die Erteilung von Änderungsgenehmigungen unzulässig sei. Aufgrund der Erhöhung der Güllemenge sei zu befürchten, dass er auch in Zukunft unzumutbaren Geruchsbelastungen ausgesetzt werde; das Geruchsgutachten Dr. D. sei nicht mehr aussagekräftig. Das mit dem Änderungsgenehmigungsantrag vorgelegte Geruchsgutachten der SFI vom 13.03.2013 gehe von falschen Voraussetzungen hinsichtlich der Windverteilung aus. Außerdem werde die Menge des Waschwassers nicht ausreichend berücksichtigt. Der Ausstoß von Bioaerosolen und Formaldehyd werde nicht hinreichend berücksichtigt. Seine sicherheitstechnischen Belange würden nur zögerlich und unzureichend geprüft; es fehle insbesondere an einer standortbezogenen Betrachtung der Gefahren durch Auslaufen des Gärrestelagers sowie durch Brand und Explosion. Es liege auf der Hand, dass ein Gas-Lager mit fast 10.000 kg hochentzündlichem Gas in nur 50 m Entfernung von einer Wohnnutzung nicht zulässig sein könne. Um sein tiefer gelegenes Grundstück vor auslaufender Gülle zu schützen, sei eine Umwallung zwingend notwendig. Dies sei seit langem Stand der Technik; in der Vergangenheit sei es massenhaft zu einem Teilversagen der Behälter durch Materialermüdung, Explosionen oder Ausführungsfehler gekommen, wie durch eine Untersuchung von Dr. K. nachgewiesen worden sei. Daher sei es unverständlich, dass der TÜV Nord - entgegen früherer Gutachten für andere Anlagen - vorliegend keine Umwallung fordere. Es fehlten ein Anfahrschutz, insbesondere für den Galgen, ein Blitzschutz und ein Schutz gegen das Eindringen Unbefugter. Die Statik sei mangelhaft, weil das ursprünglich offene Endlager nicht auf die höheren Armierungsanforderungen durch das Tragluftdach ausgerichtet sei. Die Gefährdung der Statik und der Dichtheit durch Schneelast und andere Wettereinflüsse sei nicht hinreichend geprüft worden. Die Anlage verfüge weder über eine Heizeinrichtung noch über eine Vorrichtung zur mechanischen Schneeräumung. Das Räumkonzept der Beigeladenen sei nicht belastbar. Die leicht zu beschädigenden Gashauben entsprächen nicht dem Stand der Technik und würden bei Kläranlagen nicht mehr verwendet. Der Brandschutz sei mangelhaft. Die Annahme des TÜV Nord, dass er trotz eines AEGL-Wertes 2 keinen schwerwiegenden Wirkungen im Explosions- oder Brandfall ausgesetzt sei, sei nicht nachvollziehbar. Die vom TÜV Nord angenommene Evakuierungszeit von 10 Minuten sei nicht realistisch, da das Endlager von seinem Wohngebäude, insbesondere zur Schlafenszeit, nicht eingesehen werden könne sei. Die Bildung weiterer Schadgase wie Kohlenmonoxid und Dioxin durch den Abbrand der PVC-Folie sei nicht berücksichtigt worden. Die erforderlichen Sicherheitsabstände, insbesondere der Sicherheitsabstand zur Straße von mindestens 6 m sei nicht eingehalten; dieser sei nach dem Wortlaut von Ziffer 2.4.1 der einschlägigen TI 4 drittschützend. Auch der Abstand zwischen Transformator und Gasspeicher sei nicht ausreichend. In der Sache sei es unerheblich, ob ein Störfallbetrieb vorliege oder nicht; die Anlage habe im Vergleich zur Mengenschwelle lediglich einen um ca. 2,5 % niedrigeren Biogasgehalt, so dass ein hohes Störpotenzial vorliege. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08.2013 sei mangelhaft. Die mittelbare Gefährdung durch Glasbruch und Splitter sei nicht betrachtet worden. Es sei unerfindlich, warum der Gutachter von fehlender Explosionsgefahr ausgehe; die Ausführungen hierzu seien nicht plausibel. Maßgeblich sei nicht die Zündwilligkeit, sondern die Zündfähigkeit der Atmosphäre. Letztlich komme aber auch die Einzelfallbetrachtung zu dem Ergebnis, dass sein Grundstück innerhalb der Grenzkonzentrationen für Brand- und toxische Risiken liege. Die von ihm in Auftrag gegebene Störfallbetrachtung durch Dr. H. komme zu besorgniserregenden Ergebnissen. Durch die Verdoppelung der Güllemenge, die bei der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08.2013 noch nicht berücksichtigt worden sei, werde der Gehalt an hochgiftigem Schwefelwasserstoff im Biogas erheblich erhöht. Der Gutachter Dipl.-Phys. S. komme zu dem Ergebnis, dass für die Bewohner des benachbarten Grundstücks ein konkrete Gefährdung durch Schwefelwasserstoff bestehe und die Anlage sofort stillzulegen sei, wenn nicht im Einzelnen benannte Maßnahme durchgeführt würden. Die vorgeschriebene Prüfung der technischen Dichtheit des Gaslagerbehälters sei nicht erfolgt, weil aufgrund der Konstruktion des Membrandachs weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Dichtheitsprüfung erfolgen könne. Bei der Sicherheitstechnischen Prüfung des TÜV Nord vom 29.11.2013 sei ein Gasaustritt festgestellt worden. Der Gutachter Dipl.-Ing. P. komme zu dem Ergebnis, das die einwandigen unterirdischen Rohrleitungen derzeit unzulässig seien, die Rissbreitenbeschränkung in der Genehmigung fehlerhaft sei, die Dichtheitsprüfung der Behälter nicht regelkonform verfügt worden sei und ein Anfahrschutz sowie eine Umwallung unabdingbar seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug genommen.
24 
Der Senat hat die Gutachter Dipl.-Ing. D., Dipl.-Ing. Z., beide TÜV Nord, Dipl.-Phys. S., Dipl.-Ing. P. und Dr. K., in der mündlichen Verhandlung angehört. Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 12.03.2015 wird Bezug genommen.
25 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte die aus der Anlage zur Sitzungsniederschrift ersichtlichen Beweisanträge, die in der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2015 abgelehnt wurden.
26 
Dem Senat liegen die einschlägigen Verwaltungsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und die Gerichtsakten in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Der am 02.04.2015 bei Gericht eingegangene Antrag des Klägers auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO) bleibt ohne Erfolg. Eine Wiedereröffnung ist nur bis zum Erlass der die Instanz abschließenden Entscheidung möglich. Der mit den Unterschriften der Mitglieder des erkennenden Senats versehene Tenor des Urteils ist der Geschäftsstelle am 13.03.2015 übergeben und den Beteiligten am 16.03.2015 per Telefax übermittelt worden ist. Damit war das Urteil wirksam und für den Senat bindend (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 116 Rn. 10). Der Senat war zur Niederlegung und Bekanntgabe des Tenors zu diesem Zeitpunkt auch berechtigt; eine Schriftsatzfrist ist dem Kläger nicht eingeräumt und von ihm auch nicht beantragt worden. Im Übrigen besteht auch in der Sache kein Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (dazu unten 2.2.2.1.2 ).
28 
Die hilfsweise beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Urteil des Senats nicht rechtskräftig ist (§ 153 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen ist auch kein Restitutionsgrund ersichtlich.
29 
Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere fristgerecht und unter Stellung eines Antrags begründet worden (§ 124 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungen sind auch begründet. Die Klage ist zwar zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.). Die Klage ist daher unter Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen.
30 
I. Zulässigkeit der Klage
31 
Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für die gemäß § 125 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 91 VwGO auch noch im Berufungsverfahren statthafte Klagänderung. Die Klagänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, weil die übrigen Beteiligten eingewilligt haben. Sie ist darüber hinaus aus prozessökonomischen Gründen sachdienlich. Die geänderte Klage erfüllt alle Sachurteilsvoraussetzungen. Zwar kann eine Klagänderung nach bislang überwiegender Auffassung durch den obsiegenden Kläger in der Berufungsinstanz nur im Wege einer Anschlussberufung nach § 117 VwGO erfolgen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in jüngster Zeit offen gelassen, ob die Annahme zutrifft, dass eine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO im Berufungsverfahren nach einem stattgebenden Urteil erster Instanz nur im Wege einer rechtzeitig eingelegten Anschlussberufung nach § 127 VwGO vorgenommen werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - juris; sowie vom 04.12.2014 - 4 C 33.13 - juris). Nach Auffassung des Senats ist zumindest in der vorliegenden Fallkonstellation keine Anschlussberufung erforderlich, weil der Beklagte den in erster Instanz angefochtenen Verwaltungsakt während des Berufungsverfahrens modifiziert und teilweise ersetzt hat. Das Gebot der Waffengleichheit und Billigkeit gebietet es daher, dem Kläger die prozessuale Möglichkeit einer Konkretisierung seines Klagantrags im Hinblick auf die aktuelle Fassung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einzuräumen, ohne an die Form- und Fristerfordernisse einer Anschlussberufung nach § 127 VwGO gebunden zu sein. Sofern auch in solchen Fällen eine Klagänderung nur im Wege einer Anschlussberufung erfolgen kann, hat der Kläger diese jedenfalls mit Schriftsätzen vom 02.09.2013 und 14.02.2014 eingelegt. Er hat damit eindeutig erkennen lassen, dass er über die Zurückweisung der Berufungen hinaus eine Einbeziehung der Änderungsgenehmigungen in das Berufungsverfahren anstrebt. Die Anschlussberufung muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sein (BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - a.a.O. m.w.N.). Der Kläger konnte im September 2013 und im Februar 2014 auch noch in zulässiger Weise Anschlussberufung einlegen. Die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO wurde nicht in Lauf gesetzt, weil die Berufungsbegründungsschrift des Beklagten dem Kläger nicht zugestellt worden ist (§ 57 Abs. 1 VwGO). Die Berufungsbegründungschrift der Beigeladenen wurde dem Kläger zwar am 04.07.2013 zugestellt. Die Befristung kann aber nicht für Anschließungen gelten, mit denen auf während des Berufungsverfahrens vorgenommene Prozesshandlungen des Berufungsklägers reagiert wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 127 Rn. 14); dies muss erst recht gelten, wenn der Streitstoff durch den Berufungskläger zu Lasten des ursprünglich obsiegenden Klägers verändert wird. Die Beigeladene hat mit - nicht zugestelltem - Schriftsatz vom 31.07.2013 auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Bezug genommen und sich damit ein weiteres rechtserhebliches Vorbringen zu eigen gemacht. Auch der Beklagte hat seine Berufungsbegründung durch zusätzlichen rechtserheblichen Vortrag ergänzt, indem er sich mit einem - nicht zugestellten - Schriftsatz vom 30.07.2013 auf die nachträgliche Anordnung vom 17.07.2013 zur Ergänzung der Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 berufen hat. Außerdem hat die Beigeladene im Juli 2013 eine weitere immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung beantragt, die von dem Beklagten am 31.10.2013 erteilt wurde und mit der die ursprüngliche Genehmigung erheblich modifiziert wurde. Die zuletzt genannte Genehmigung war Gegenstand der Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 und 10 S 473/14 und wurde von den Beteiligten auch im Berufungsverfahren erörtert; eine Zustellung der diesbezüglichen Schriftsätze ist im Berufungsverfahren nicht erfolgt. Im Hinblick auf diese veränderte Sach- und Rechtslage muss eine Anschließung nach dem Grundsatz der Waffengleichheit noch zulässig sein. Fristen wurden insoweit nicht in Lauf gesetzt.
32 
II. Begründetheit der Klage
33 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 und vom 31.10.2013 sowie der nachträglichen Anordnung vom 17.07.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
34 
Wie der Senat in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits ausgeführt hat, findet in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht statt. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist bei der Anfechtungsklage eines Dritten vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343).
35 
Rechtsgrundlage für die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 16 BlmSchG. Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Der Anlagenbetreiber hat nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, sofern die formellen und materiellen Voraussetzungen vorliegen. Lassen sich Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen ausräumen, ist die Genehmigung mit diesen Nebenbestimmungen zu erteilen (Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 6 Rn. 42).
36 
1. Verfahrensrecht
37 
Die Genehmigung begegnet keinen durchgreifenden verfahrensrechtlichen Bedenken. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es hätte eine Neugenehmigung der Anlage erfolgen müssen, weil sich der Gesamtcharakter der Anlage grundlegend verändere. Eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Klägers ist insoweit nicht ersichtlich. Eine Änderungsgenehmigung unterliegt grundsätzlich den gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie eine Erstgenehmigung; insbesondere muss die geänderte Anlage den Anforderungen des § 6 Abs. 1 BlmSchG entsprechen (Jarass, BImSchG, a.a.O., § 16 Rn. 35). Eine Öffentlichkeitsbeteiligung wäre auch im Falle einer vollständigen Neugenehmigung der Anlage nicht erforderlich gewesen, weil diese im vereinfachten Verfahren nach § 19 BlmSchG i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 2, Anhang 1 Nr. 1.2.2.2 Spalte c, Nr. 8.6.3.2 Spalte c 4. BlmSchV i.d.F. vom 02.05.2013 (früher Nr. 1.4 Spalte 2 Buchst. b) aa); Nr. 8.6 Spalte 2 Buchst. b)) durchgeführt wird. Der Kläger erleidet daher durch die Erteilung der Änderungsgenehmigung anstelle einer Neugenehmigung keinen Rechtsnachteil (vgl. im Einzelnen den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Senatsbeschluss vom 11.12.2014 - 10 S 473/14 - juris).
38 
2. Materielles Recht
39 
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris; OVG NRW, Urteil vom 09.12.2009 - 8 D 6/08.AK - juris). Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass dies nicht nur für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, sondern auch für die Abwehr sonstiger Einwirkungen im Sinne der 2. Alternative des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG gilt. Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Diese Bestimmung hat aber nicht die Bedeutung, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, nach den konkreten Umständen des Falles mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.02.1978 - I C 102/76 - BVerwGE 55, 250; vgl. auch Jarass a.a.O. § 3 BlmSchG Rn. 39). Nach überwiegender Auffassung muss eine konkrete Gefährlichkeit bestehen; eine abstrakte Störqualität genügt nicht (Jarass a.a.O. § 3 BImSchG Rn. 39). Mithin genügt die bloße Eignung von Einwirkungen, einen Schaden herbeizuführen, nicht, um Schutz- und Abwehransprüche nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 m.w.N.). Je schwerwiegender die zu befürchtenden Schäden sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen; umgekehrt muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts desto höher sein, je geringer die Schadensfolgen sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 43 m.w.N.). Nach Durchführung der erforderlichen Amtsaufklärung verbleibende Unsicherheiten lassen sich eventuell durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren (Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 f.; § 12 Rn. 8).
40 
Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BlmSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 47 m.w.N.). Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Staub und Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2/07 - juris m.w.N.).
41 
Es ist nicht abschließend geklärt, ob schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative BlmSchG nur diejenigen Immissionen sind, die im Normalbetrieb der Anlage entstehen, oder auch diejenigen, die durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder durch extern ausgelöste Gefahren verursacht werden (so Jarass a.a.O. § 5 Rn. 12 f. Rn. 24; differenzierend Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 5 BlmSchG Rn. 96). Durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder externe Gefahren hervorgerufene negative Einwirkungen sind aber zumindest den sonstigen Gefahren im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BlmSchG zuzuordnen. Hierzu gehören insbesondere auch Explosions- und Brandgefahren sowie die Gefahr von Flüssigkeitsaustritt oder Überflutungen (Jarass a.a.O. § 5 Rn. 27 f.).
42 
2.1. Schädliche Umwelteinwirkungen bei bestimmungsgemäßem Betrieb
43 
Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung stellt in ihrer gegenwärtigen Fassung hinreichend sicher, dass durch den Anlagenbetrieb keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm, Gerüche, Bioaerosole und Formaldehyd hervorgerufen werden.
44 
Die Beigeladene hat mit den Antragsunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 drei Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vorgelegt, wonach auch nach der Erhöhung der Güllemenge keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm und Gerüche von der Anlage ausgehen. Gegen die Verwertbarkeit dieser Gutachten im vorliegenden Verfahren spricht nicht, dass die Gutachten im Zusammenhang mit einem Antrag der Beigeladenen vom 15.03.2013 auf Erteilung einer Neugenehmigung der Anlage erstellt worden sind, der vorsorglich für den Fall der Aufhebung der Erstgenehmigung gestellt und mittlerweile zurückgezogen wurde. Denn der Neuantrag entsprach im Wesentlichen dem Zustand, den die Anlage nach Erteilung der 2. Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 hat, insbesondere ist die Substratmenge einschließlich des erhöhten Gülleumsatzes identisch. Das Ergebnis der Gutachten wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Abstand zwischen dem Wohnhaus des Klägers und der umstrittenen Anlage mit ca. 70 m angenommen wird, wohingegen der Abstand nach Aktenlage lediglich ca. 50 m beträgt. Ungeachtet dessen, dass diese Abweichung darauf beruhen dürfte, dass entweder vom Mittelpunkt oder vom Rand des Gärrestebehälters gemessen wird, hat die genannte Entfernungsangabe keinen Eingang in die Immissionsprognosen gefunden. Diese beruhen vielmehr auf maßstäblich skalierten topographischen Rasterkarten mit integriertem Lageplan, in dem die betroffenen Anlagen zutreffend wiedergegeben werden (vgl. auch Stellungnahme der SFI vom 11.03.2015). Im Einzelnen:
45 
2.1.1 Staub
46 
Nach Nr. 4.3.1 TA Luft ist der Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen durch Staubniederschlag sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 ermittelte Gesamtbelastung den Immissionswert von 0,35 g/(m 2.d) im Jahresmittel nicht übersteigt. Nach Nr. 4.3.2 Buchst. b) TA Luft darf die Genehmigung auch bei einer Überschreitung nicht versagt werden, wenn die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an diesem Beurteilungspunkt einen Wert von 10,5 mg/ (m2.d) im Jahresmittel nicht überschreitet. Nach dem von der Beigeladenem vorgelegten Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vom 02.05.2013 zu „Staubimmissionen im Umfeld der Biogasanlage am Standort K." beträgt die Kenngröße für die Zusatzbelastung weniger als 10,5 mg/ (m2.d). Nach den Ausbreitungsradien liegt der Immissionsort Wohnhaus H. Weg Nr. ... (Wohnhaus des Klägers) nur zu einem geringen Teil im untersten Bereich einer Zusatzbelastung durch Staubdeposition (0,0050 bis 0,0105 g/(m2.d), überwiegend aber außerhalb des Einflussbereichs der Anlage.
47 
Im Hinblick auf die Schwebstaubbelastung nimmt das Gutachten unter Zugrundelegung eines zutreffenden Lageplans eine Überschreitung des Irrelevanzwerts an. Darauf basierend berechnet das Gutachten die Gesamtbelastung unter Berücksichtigung der Hintergrundbelastung nach den Messwerten der LUBW und gelangt zu dem Ergebnis, dass sowohl der Jahresimmissionswert von 40 pg/m2 als auch der Tagesmittelwert von 50 pg/m2 mit 35 zulässigen Überschreitungen (vgl. Nr. 4.2.1 TA Luft Tabelle 1) eingehalten werden.
48 
Substantiierte Einwendungen des Klägers gegen das Gutachten wurden nicht erhoben. Das Gutachten stimmt zudem im Ergebnis mit dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten Dr. D. vom 27.07.2012 überein, wonach - allerdings nach damaligem Genehmigungsstand - von der Anlage keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Schwebstaub oder Staubdeposition ausgehen.
49 
2.1.2. Lärm
50 
Der Kläger wird keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt.
51 
Wie der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 393/13 ausgeführt hat, genießt eine Wohnnutzung im Außenbereich nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO. Angesichts dessen, dass die Eigentümer von Wohngebäuden im Außenbereich stets damit rechnen müssen, dass sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft privilegierte Nutzungen, sowohl land- oder forstwirtschaftlicher als auch gewerblicher Art, ansiedeln, die z.B. in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig wären, können für eine Wohnnutzung im Außenbereich allenfalls die Schutzmaßstäbe in Anspruch genommen werden, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig sind, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten (st. Rspr., vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.08.1995 - 8 S 1819/95 - BRS 57 Nr. 105, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris; OVG NRW, Urteil vom 25.03.2009 - 7 D 129/07.NE - juris; BayVGH, Beschluss vom 05.10.2011 - 15 CS 11.1858 - juris). Nach Nr. 6.1 TA Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Nach der Schallimmissionsprognose der SFI (Dipl.-Phys. L.) vom 20.03.2013 werden diese Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des Klägers als nächstgelegenem Immissionsort tagsüber um 6 dB(A) und nachts um 8 dB(A) unterschritten. Durchgreifende Bedenken gegen die Plausibilität und Verwertbarkeit des genannten Gutachtens sind nicht ersichtlich und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht.
52 
2.1.3 Gerüche
53 
Der Betrieb der umstrittenen Anlage führt auch nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen des Klägers.
54 
In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wird der Immissionsrichtwert für die durch die Biogasanlage und durch andere gewerbliche Anlagen verursachten Geruchsimmissionen (Gesamtbelastung) für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich auf 0,15 (relative Häufigkeiten von Geruchsstunden) festgesetzt. Gegen diese Festsetzung bestehen keine inhaltlichen Bedenken, denn sie entspricht dem Immissionsrichtwert, den die Geruchsimmissions-Richtlinie in der Fassung vom 29.02.2008 und der Ergänzung vom 10.09.2008 - GIRL - für Dorfgebiete empfiehlt (vgl. Tabelle 1). Die GIRL ist eine Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen, die die Bewertung erleichtern soll, ob eine Geruchsimmission als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist; sie konkretisiert mithin die Anforderungen, die sich aus der drittschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ergeben (vgl. Nr. 1 GIRL, BVerwG, Beschluss vom 22.05.2014 - 7 B 3/14 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.01.2012 - 22 ZB 10.2333 - juris). Bei der tatrichterlichen Bewertung von Geruchsbelästigungen kann die GIRL zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen als zwar rechtlich nicht verbindliche, aber zulässige Erkenntnisgrundlage und Orientierungshilfe herangezogen werden (Erlasse des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06. und vom 17.11.2008, Az. 4-8828.02/87; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29/10 - juris; BVerwG, Beschluss vom 07.05.2007 - 4 B 5.07 -, BRS 71 Nr. 168 [2007]; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.04.2010 - 3 S 2786/09 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2011 - 8 S 600/09 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10872/07 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 27.04.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG NW, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris m.w.N.). Danach ist mit der Festsetzung eines Immissionswerts von 0,15 Jahresgeruchsstunden, wie er in der GIRL für Dorfgebiete empfohlen wird, hinreichend sicher, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt wird. Demgegenüber kann der Kläger nicht den niedrigeren Immissionswert von 0,10 beanspruchen, den die GIRL für Wohngebiete festsetzt. Denn eine Wohnnutzung im Außenbereich genießt - wie ausgeführt - nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO, sondern allenfalls das Schutzniveau für andere gemischt genutzte Gebiete.
55 
Entgegen der vom Beklagten wohl vertretenen Auffassung kommt dem Anwesen des Klägers aber auch kein geringerer Schutzanspruch als einem landwirtschaftlichen Anwesen zu, weil eine vergleichbare bauplanungsrechtliche Situation besteht. Historisch gesehen handelt es sich bei der Wohnnutzung des Klägers um die Fortsetzung einer ehemals privilegierten Wohnnutzung eines gärtnerischen Anwesens, deren Bestandsschutz zwischen den Beteiligten umstritten ist. Dem Kläger wurde zwar keine Genehmigung für die Nutzungsänderung des Wohngebäudes von ehemals privilegiertem landwirtschaftlichem Wohnen in jetzt nicht landwirtschaftliches Wohnen erteilt; der Beklagte hat diese Wohnnutzung aber schon bisher faktisch geduldet und sich im Verwaltungsrechtsstreit 3 S 452/13 nunmehr im Rahmen eines Vergleichs zur Duldung verpflichtet. Damit ist die Wohnnutzung des Klägers im Hinblick auf ihren Schutzstatus mit dem - ebenfalls im Außenbereich nur ausnahmsweise zulässigen - Wohnen in einem landwirtschaftlichen Anwesen vergleichbar. Für den Außenbereich gibt die GIRL einen allgemeinen Immissionswert allerdings nicht ausdrücklich vor. In Tabelle 1 der GIRL wird für Dorfgebiete ein Immissionswert von 0,15 genannt; in Einzelfällen seien Zwischenwerte von bis zu 0,20 zwischen Dorfgebiet und Außenbereich möglich. Bezüglich des Außenbereichs wird ausgeführt, es sei in Einzelfällen unter Prüfung der speziellen Randbedingungen möglich, einen Wert bis zu 0,25 heranzuziehen, weil das Wohnen im Außenbereich - anders als die landwirtschaftliche Nutzung - nur ausnahmsweise zulässig und mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Es kann dahinstehen, ob danach von dem Kläger eventuell auch ein höherer Immissionswert hingenommen werden müsste, wie in der Begründung der Genehmigung zwar zum Ausdruck gebracht wird, aber im Tenor nicht verfügt worden ist. Denn der in der Genehmigung festgesetzte Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchstundenhäufigkeit kann im Anlagenbetrieb aller Voraussicht nach eingehalten werden. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten der SFI vom 13.03.2013 prognostiziert für das Wohnhaus des Klägers eine Zusatzbelastung von 0,8 sowie eine Gesamtbelastung für die Geruchsstundenhäufigkeit von 0,14 (Abb. 5, S. 28 f.); lediglich an der Grundstücksgrenze ergeben sich Geruchsstundenhäufigkeiten von maximal 0,17.
56 
Durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens bestehen nicht. Das Ergebnis des Gutachtens stimmt im Wesentlichen mit der Prognose des vom Verwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Geruchsgutachtens Dr. D. für den Fall einer gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters überein, dem allerdings noch eine geringere Güllemenge zugrunde lag. Der damals noch offene Gärrestebehälter wurde im Geruchsgutachten Dr. D. mit der längst möglichen Emissionszeit (8.760 h/a) und der zweithöchsten Emissionsfracht (39.242 (MGE/a) angesetzt. Es erscheint plausibel, dass die Beseitigung dieser wesentlichen Geruchsquelle durch Abdeckung zu einer deutlichen Minderung der Geruchsbelastung führt. Außerdem erscheint es plausibel, dass durch den Verzicht auf Gülleanlieferungen an der dem Grundstück des Klägers am nächsten gelegenen Vorgrube 1 eine weitere Geruchsminimierung erfolgt.
57 
Der Einwand des Klägers, das Geruchsgutachten gehe von einer unzutreffenden Windverteilung aus, greift nicht durch. Das Gutachten der SFI legt die Windverteilungsstatistik der Station Mühlacker zugrunde. Dies beruht auf einem eingehenden meteorologischen Standortgutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 25.02.2013, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Substantiierte Einwendungen gegen das meteorologische Gutachten wurden nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Ergebnis des meteorologischen Gutachtens erscheint auch deshalb plausibel, weil die Windrose der Station Mühlacker - mit Ausnahme eines dritten Windmaximums aus nördlicher Richtung - im Wesentlichen der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW für diesen Standort entspricht, wie sie auch vom Gutachter Dipl.-Ing. D. zugrunde gelegt wurde. Beide Windrosen weisen als Richtungsmaximum eine West-Ost-Richtung und eine schwächere Südost-Nordwestrichtung auf, somit liegt das Grundstück des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung. Dass es eine „sekundäre Hauptwindrichtung Ost“ gibt, wie der Kläger geltend macht, ist im Geruchsgutachten berücksichtigt worden (vgl. S. 22: „Nebenmaximum aus südöstlicher Richtung mit relativen Häufigkeiten von 4%“). Der vom Kläger beanstandete Umstand, dass diese Windrichtung im Geruchsgutachten als nachrangig betrachtet wird, entspricht dem Ergebnis des meteorologischen Gutachtens. Auch wenn man das dritte Windmaximum der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW aus nördlicher Richtung berücksichtigt, liegt das Grundstück des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung.
        
58 
Auch der Einwand des Klägers, bei Berücksichtigung des Waschwassers werde der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschritten, greift nicht durch. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 11.03.2015 hat der Gutachter insoweit ausgeführt:
59 
„Sickerwässer, wozu auch die anfallenden Waschwassermengen auf der Waschplatte gehören, werden über die Drainageleitungen in die Vorgrube 1 eingeleitet. Von dort werden sie in den Fermenter gepumpt (s. Geruchsgutachten S. 13, Abschnitt 5.2). Diese Waschwassermengen verursachen bezüglich des Systems Drainage-Vorgrube-Fermenter keine zusätzlichen Geruchsemissionen.
60 
Auf der Waschplatte evtl. entstehende Geruchsemissionen können über ihren Emissionszeitanteil als unbeachtlich eingestuft werden: bei 15 jeweils 45-minütigen Reinigungsvorgängen der Güllefässer ergibt sich ein Emissionszeitanteil von 11,3 Stunden. Wenn man im ungünstigsten Fall davon ausgeht, dass die während der Reinigungsvorgänge freigesetzten Geruchsemissionen am Immissionsort 1 (H. Weg ...) immer wahrnehmbar sind, beträgt der Zeitanteil lediglich 11,3 h / 8760 h = 0,0013 oder 0,13 %, d. h. die Geruchsstundenhäufigkeit, angegeben in Prozent, würde sich im Nachkommabereich um maximal eine Stelle ändern.“
61 
Diesen plausiblen Ausführungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Im Übrigen hat der Geschäftsführer der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Reinigungsvorgänge nunmehr teilweise in anderen Betrieben durchgeführt werden, was die hierdurch verursachte Geruchsbelastung weiter reduziert.
62 
Nach alldem sieht der Senat keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Geruchsgutachtens. Der Beweisantrag Nr. 4 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage der Beigeladenen eine erhebliche Geruchsbelastung ausgeht, die den Grenzwert der GIRL von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschreitet (Beweisantrag Nr. 4), war deshalb abzulehnen. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens steht gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich im tatrichterlichen Ermessen. Sie ist nur dann geboten, wenn die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht oder wenn sich herausstellt, dass es sich um eine besonders schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei den bisherigen Gutachtern nicht vorhanden ist (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.03.2013 - 4 B 15/12 - juris m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Das in das Verfahren eingeführte Gutachten der SFI vom 13.03.2013 ist - auch im Vergleich mit dem Geruchsgutachten Dr. D. - plausibel und nachvollziehbar und damit geeignet, dem Senat die erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Wie ausgeführt, wurde das Gutachten vom Kläger nicht durchgreifend in Frage gestellt. Die Berücksichtigung des Waschwassers hat keine relevanten Auswirkungen. Die im Gutachten zugrunde gelegte Windverteilungsstatistik wird durch ein eingehendes meteorologischen Gutachten untermauert. Grobe Mängel des Gutachtens sind nicht erkennbar. Auch sonst gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden nicht eingehalten werden kann.
63 
2.1.4 Bioaerosole
64 
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, schädlichen Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole (Keime und Endotoxine) ausgesetzt zu werden. Nach der - soweit ersichtlich - einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung löst die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung keinen von dem Kläger geltend zu machenden Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus; vielmehr ist sie gegenwärtig nur über das Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 - 9 A 2030/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.03.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.06.2013 - 2 M 16/13 - juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.03.2013 - 1 LB 5/12 - juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.12.2012 - 1 MN 164/12 - juris). Dem Vorsorgegebot kommt nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zu, weil die Regelung nicht der Begünstigung eines individualisierbaren Personenkreises, sondern dem Interesse der Allgemeinheit daran dient, potenziell schädlichen Umwelteinwirkungen vorzubeugen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329). Die Bewertung von Bioaerosolen ist weder ein Anwendungsfall der GIRL noch existieren sonstige Normen oder technische Richtlinien, die Anhaltspunkte für einzuhaltende Grenzwerte geben könnten. Zwar gelten Bioaerosole als potentiell schädlich, z. B. als Auslöser von Atemwegserkrankungen und Allergien. Wie ausgeführt, genügt die potentielle Eignung von einwirkenden Luftverunreinigungen, einen Schaden herbeizuführen, jedoch nicht, um einen Schutzanspruch gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329). Bioaerosole sind bisher nur unzureichend erforscht. Da der aktuelle Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, sind die Risiken derartiger Immissionen noch nicht abschließend quantifizierbar. Ausbreitung und kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt und es kann keine Wirkschwelle angegeben werden, oberhalb derer mit Gesundheitsschäden beim Menschen zu rechnen ist. Auch die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen (HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 a.a.O.). Aufgrund der Ungewissheit über einen Schadenseintritt können potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, bei denen nur ein generelles Besorgnispotential besteht, zwar Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - a.a.O.), begründen aber keinen konkreten Schutz- und Abwehranspruch Dritter im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
65 
2.1.5 Formaldehyd
66 
Auch die Rüge des Klägers, dass die Gefährlichkeit des krebserregenden Stoffes Formaldehyd, der bei Verbrennungsmotoren entstehe, nicht berücksichtigt worden und nunmehr unionsrechtlich ein neuer Grenzwert festzusetzen sei, greift nicht durch.
67 
Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass sich ein Abwehranspruch des Klägers nur aus einer Verletzung der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, nicht aber aus einer Verletzung der - nicht drittschützenden - Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG ergeben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - a.a.O.). Solange aber für potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe keine Immissionswerte bestimmt sind, dienen zur Minimierung des Gesundheitsrisikos erlassene Emissionsgrenzwerte auch dem Schutz eines individualisierbaren Personenkreises im Einwirkungsbereich der Anlage. Im Rahmen des Minimierungsgebots endet die Schutzpflicht regelmäßig dort, wo aufgrund sachverständiger Risikoabschätzung die Irrelevanz einer von der Anlage verursachten Immissionszusatzbelastung durch potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe anzunehmen ist (BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 - a.a.O.; Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - juris; BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; zweifelnd OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - 11 S 83.06 - juris). Der in der Nummer 5.4.1.4 der TA Luft festgesetzte Emissionsgrenzwert für Formaldehyd ist vor diesem Hintergrund als drittschützend anzusehen (BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - a.a.O.; vgl. auch Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - a.a.O.). Zu berücksichtigen ist dabei die potenzielle Gefährlichkeit von Formaldehyd für die menschliche Gesundheit (Krebsrisiko).
68 
Es ist jedoch sichergestellt, dass der derzeit geltende Emissionsgrenzwert eingehalten wird. Nach Nummer 5.4.1.4 TA Luft beträgt der Emissionsgrenzwert für Formaldehyd im Abgas bezogen auf die Massenkonzentration 60 mg/m³. In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wurde dieser Emissionsgrenzwert festgesetzt (Nebenbestimmung D3).
69 
Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 erklärten Antragsunterlagen hat die Anlage zwar mittlerweile einen Emissionswert von 40 mg/m³ einzuhalten; die Einhaltung dieses Grenzwerts nach Erhöhung der Feuerungswärmeleistung ist innerhalb von 6 Monaten nachzuweisen ist (Nebenbestimmung D1). Mit der Festsetzung des Emissionswertes von 40 mg/m³ soll nach den Erklärungen des Beklagten dem Emissionsminimierungsgebot nach Nr. 5.2.7 TA Luft für als krebserregend eingestufte Stoffe Rechnung getragen werden, das nach Nr. 5.1.1 Abs. 2 Satz 5 TA Luft ergänzend zu den Emissionsgrenzwerten Anwendung findet, und dessen Einhaltung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) gesondert honoriert wird. Der Kläger kann sich aber nicht auf die Einhaltung des Emissionsminimierungsgebots nach Nr. 5.2.7 TA Luft über den Emissionsgrenzwert hinaus berufen, d.h. er kann nicht die Optimierung der Anlage im Hinblick auf die Reduzierung umweltgefährdender Stoffe über die Erfüllung der Mindestanforderungen hinaus verlangen. Gegen eine drittschützende Zielrichtung spricht, dass Nr. 5.2.7 TA Luft ausschließlich der Vorsorge dient, wie sich aus der Einordnung in den 5. Abschnitt der TA Luft ergibt, und nicht auch dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, wie die Vorgängervorschrift in der TA Luft 1986 (Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 2014, Band IV TA Luft Nr. 5.2.7 Rn. 1 f.). Ferner ist es nicht gerechtfertigt, Dritten einen Abwehranspruch zuzubilligen, der noch über die Einhaltung der normierten - grundsätzlich ebenfalls nur der Vorsorge dienenden - Emissionsgrenzwerte hinausgeht. Die Frage des Drittschutzes des Emissionsminimierungsgebots kann aber letztlich dahinstehen, weil die Beigeladene durch die jährlich vorzulegenden Prüfberichte des TV Süd nachgewiesen hat, dass auch der Emissionswert von 40 mg/m³ deutlich unterschritten wird. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 605/2014 geltend macht, im Hinblick auf die unionrechtliche Neuklassifizierung der kanzerogenen Wirkungen von Formaldehyd sei nunmehr ein Emissionsgrenzwert von 1 mg/m³ maßgeblich, verkennt er, dass diese Verordnung erst im Juni 2014, mithin nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vom 31.10.2013, erlassen wurde. Selbst wenn man wegen des noch offenen Widerspruchsverfahrens auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abstellen wollte, ist der vom Kläger angenommene Grenzwert - dessen Richtigkeit unterstellt - derzeit noch nicht geltendes Recht.
70 
Der Beweisantrag Nr. 5 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Belastung durch Formaldehyd ausgeht, die den Grenzwert von 40 mg/m³ überschreitet, was wiederum Leib und Leben des Klägers gefährdet, ist danach abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung ist rechtlich unerheblich, weil der Kläger wie ausgeführt keinen Rechtsanspruch auf Einhaltung des ausschließlich zur Konkretisierung des Emissionsminimierungsgebots festgesetzten Grenzwerts von 40 mg/m³ hat. Im Übrigen ist durch Vorlage der Prüfberichte des TÜV Süd vom Oktober 2012, vom Januar 2014 und vom November 2014 (Gerichtsakte S. 919 ff.) nachgewiesen, dass der genannte Grenzwert eingehalten wird.
71 
2.2 Negative Einwirkungen im Störfall
72 
2.2.1 Störfallrecht
73 
Der Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung können störfallrechtliche Anforderungen, insbesondere die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu prüfenden Regelungen der Störfall-Verordnung (12. BlmSchV) nicht entgegengehalten werden. Wie der Senat in den Beschlüssen vom 03.06.2013, vom 18.02.2014 und vom 11.12.2014 im Einzelnen dargelegt hat, handelt es sich bei der umstrittenen Biogasanlage auch in der geänderten Betriebsform nicht um einen Betriebsbereich im Sinne der Störfall-Verordnung (vgl. die Legaldefinition in § 3 Abs. 5 Buchst. a BlmSchG; § 1 Abs. 1 12. BImSchV).
74 
Nach der Sicherheitstechnische Stellungnahme der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) vom 28.02.2013 wird die Mengenschwelle nach Anhang I Nr. 8 Spalte 4 der Störfall-Verordnung von 10.000 kg hochentzündliches Gas bei der geplanten Abdeckung mit einer Höhe der Innenmembran im Kugelsegment von 2 m über Behälterniveau sicher unterschritten. Der Gutachter hat bei seinen Berechnungen das größtmögliche Gasvolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde gelegt, indem er von dem niedrigsten technisch möglichen Füllstand des Gärrestebehälters von 0,40 cm ausging, und mit einem hohen spezifischen Gasgewicht gerechnet. Für die Umsetzung und den sicheren Betrieb der geplanten Abdeckung werden im Gutachten gerade auch im Hinblick auf die Begrenzung des Gasvolumens zahlreiche Anforderungen - wie etwa die automatische Füllstandsüberwachung - gestellt, die als Nebenbestimmungen in die Änderungsgenehmigung aufgenommen worden sind (vgl. Abschnitt III F Nr.10.). Über eine Betriebsanweisung ist sicherzustellen, dass bei besonderen Betriebszuständen, wie etwa der vollständigen Entleerung zu Wartungszwecken, keine höheren Gasmengen auftreten (Gutachten S. 11 f.; ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013). Die Gasmengenberechnungen des Gutachters Dipl.-Ing (FH) B. wurden sowohl vom TÜV Nord („Sicherheitstechnische Vorprüfung“ vom 10.05.2013 S. 18 f.) als auch in der Stellungnahme der Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.05.2013 nachvollzogen und als richtig bestätigt. Auch nach den Berechnungen dieser Stellen werden die Mengenschwellen der Störfall-Verordnung sicher unterschritten. Der Einwand des Klägers, der Gutachter habe bei seinen auf der Grundlage der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes durchgeführten Berechnungen der vorhandenen Gasmenge die Doppelmembran nicht berücksichtigt, greift demgegenüber nicht durch. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die zugrunde gelegten Behältervolumen unzutreffend sind. Der Kläger verkennt, dass die Tragluft zwischen Innen- und Außenfolie bei bestimmungsgemäßem Betrieb keine hochentzündliche Gasmischung enthält. Die Innenmembran ist nach dem den Antragsunterlagen beigefügten Produktdatenblatt des Herstellers weitgehend gasdicht; im Übrigen erfüllt das Tragluftgebläse gerade die Funktion, im Folienzwischenraum keine hochentzündliche Gasmischung entstehen zu lassen. Bei der Berechnung des Gasvolumens ist daher nicht die Höhe des Kugelsegments der Außenmembran mit 7,5 m, sondern die Höhe der Innenmembran von 2 m maßgeblich. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters B. (Ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013) entspricht die Geometrie der Innenmembran eher einem Kugelsegment als einem Kegel, so dass bei der Berechnung der relevanten Gasmenge anhand der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes zutreffend von einem Zylinder mit aufgesetztem Kugelsegment und nicht von einem aufgesetzten Kegel ausgegangen worden ist. Nicht zuletzt wurde vor Inbetriebnahme des Gärrestelagers nochmals eine sicherheitstechnische Prüfung durch den TÜV Nord durchgeführt, wobei auch die Unterschreitung der Mengenschwelle der Störfall-Verordnung zu prüfen war.
75 
Auch die Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 führt nicht zur Entstehung eines Betriebsbereichs im Sinne der Störfall-Verordnung, weil die genehmigte Erhöhung der Güllemenge nicht mit einer Erhöhung der im Sinne der Störfall-Verordnung vorhandenen Gasmenge einhergeht. Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 gemachten Antragsunterlagen sind in der Anlage nach wie vor maximal 9.744 kg Biogas vorhanden; damit wird die Mengenschwelle der Störfall-Verordnung von 10.000 kg für hochentzündliches Gas weiterhin unterschritten. Die Mengenangabe in den Antragsunterlagen erscheint aber auch in der Sache schlüssig, weil bauliche Veränderungen, insbesondere eine Vergrößerung der Gasspeicher der Fermenter, des Nachgärers oder des Gärrestelagers nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung sind. Die Erhöhung der Substratzufuhr und der Produktionskapazität führt daher in erster Linie zu einem höheren Durchsatz der Biomasse. Selbst wenn unterstellt wird, dass hierdurch die vorhandenen Gasspeicherkapazitäten in größerem Umfang ausgenutzt werden, dass sich also im Durchschnitt mehr Gas als bisher in der Anlage befindet, ergeben sich keine Änderungen, denn den vom Regierungspräsidium Stuttgart für plausibel gehaltenen Berechnungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. sowie den Berechnungen des TÜV Nord (Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013 S. 19) liegt das technisch größtmögliche Gasspeichervolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde.
76 
Auf das Vorhandsein eines Störfallbetriebs kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass die Beigeladene im Hinblick auf die benachbarte Wohnnutzung des Klägers vorsorglich Berechnungen über die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen vorgelegt hat, in denen hypothetisch ermittelt wird, ob die im Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit empfohlenen Abstände zwischen Betriebsbereichen im Sinne der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im vorliegenden Fall eingehalten würden (Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013; Einzelfallbetrachtung vom 16.08.2013/10.10.2013). Die Gutachter haben ausgeführt, dass eine Störfallbetrachtung im Hinblick auf die Gasmenge rechtlich nicht erforderlich sei (vgl. etwa Sicherheitstechnische Vorprüfung S. 41). Auch den vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten von Dr. H. vom 01.12.2013 und der R+D (Dipl.-Phys. S.) vom Juni 2014 lässt sich nichts anderes entnehmen. Diese Störfallbetrachtungen unterstellen, dass es sich um einen Störfall-Betrieb handelt, ohne darzulegen, dass die maßgeblichen Mengenschwellen entgegen der Annahme der oben genannten sachverständigen Stellen überschritten werden. Soweit der Kläger geltend macht, dass sich der Eintritt von Störfällen, die zur Undichtigkeit der Innenmembran führen können, nicht schlechthin ausschließen lässt, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Mengenschwellen der Störfallverordnung auf das in der Anlage bei bestimmungsgemäßem Betrieb vorhandene Gas beziehen, sofern - wie hier - ein außer Kontrolle geratenes industrielles chemisches Verfahren nicht in Rede steht (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 2 Störfall-Verordnung; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band IV, § 2 12. BImSchV Rn. 12).
77 
Handelt es sich mithin nicht um einen Störfallbetrieb, kann der Kläger auch aus § 50 BlmSchG und der hierzu von ihm in Bezug genommenen Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 15.09.2011 - C-53/10 - juris; BVerwG, Urteil vom 20.12.2012 - 4 C 12.11 - juris) nichts zu seinen Gunsten herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist. Die umstrittene Anlage ist wie ausgeführt kein Betriebsbereich im störfallrechtlichen Sinne. Auch der Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit in der Fassung vom 06.11.2013 zur Umsetzung des § 50 BlmSchG ist mithin nicht unmittelbar einschlägig. Entsprechendes gilt für den mittlerweile vorliegenden Leitfaden KAS-32 „Arbeitshilfe zu szenarienspezifischen Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18“ vom November 2014. Auch diese Arbeitshilfe behandelt die Berechnung von Achtungsabständen in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse für Biogasanlagen, die der Störfall-Verordnung unterliegen heraus (vgl. Ziff. 1.1, 1.3.1).
78 
Fehl geht der Einwand des Klägers, die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung sei nur knapp unterschritten, es mache daher in der Sache keinen Unterschied, ob es sich um einen Störfallbetrieb im Rechtssinne handele. Wie ausgeführt, hat der Betreiber nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wenn die maßgeblichen Rechtsvorschriften erfüllt sind. Die Genehmigung kann daher nicht aufgrund störfallrechtlicher Bestimmungen versagt oder aufgehoben werden, die auf die Errichtung und den Betrieb der Anlage keine Anwendung finden.
79 
2.2.2. Konkrete Gefahren durch Störfälle (Brand, Explosion, Leckagen, Havarie)
80 
Die Störfall-Verordnung stellt allerdings keine abschließende Konkretisierung der störfallbezogenen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG dar (Jarass a.a.O. § 7 Rn. 31 m.w.N.). Vielmehr sind auch die nicht der Störfall-Verordnung unterfallenden Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass keine konkreten Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG durch betriebsbedingte oder externe Störungen entstehen. Bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist allerdings die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen. Auch außerhalb des Störfallrechts im engeren Sinne können insoweit störfallrechtliche Wertungen herangezogen werden. Handelt es sich der Sache nach um einen sog. Dennoch-Störfall, d.h. um eine vernünftigerweise auszuschließende Störung (vgl. § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz Störfall-Verordnung - 12. BImSchV), wird regelmäßig keine hinreichend konkrete Gefahr eines Schadenseintritts bestehen, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Abwehr vernünftigerweise nicht auszuschließender Gefahren getroffen worden sind. Nach dem Grundsatz der umgekehrten Proportionalität von Schadenwahrscheinlichkeit und Schadensausmaß (dazu oben II.1) kann jedoch auch der mögliche Eintritt eines vernünftiger Weise auszuschließenden Dennoch-Störfalls einen Schutz- und Abwehranspruch begründen, wenn andernfalls erhebliche, nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigungen hochrangiger Rechtsgüter des Nachbarn drohen.
81 
Für die umstrittene Anlage liegen sachverständige Stellungnahmen der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) und des TÜV Nord (Dipl.-Ing. D., Dipl.-Ing. Z.) vor, wonach die Anlage dem Stand der Technik entspricht und alle maßgeblichen Sicherheitsstandards einhält oder übertrifft. Obgleich es sich nicht um einen Störfallbetrieb handelt, wurde eine Gefahren- und Risikoanalyse sowie eine Auswirkungsbetrachtung im Hinblick auf Auslegungs- und Dennoch-Störfälle durchgeführt (vgl. Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013, Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013). In Auswertung der Risikoanalyse wurden zahlreiche Hinweise und Empfehlungen zur Verhinderung von Schadensereignissen gegeben (Kapitel 6 Seite 50 ff.), bei deren Beachtung keine Gefahren für Leib und Leben der Nachbarschaft und des Personals zu erwarten sind. Die in den genannten Stellungnahmen geforderten sicherheitsrechtlichen Auflagen, Hinweise und Empfehlungen wurden vollständig und sachlich im Wesentlichen unverändert als Nebenbestimmungen in die angefochtenen Genehmigungen übernommen. Am 08.08.2013, am 31.10.2013, am 22.11.2013, am 03.04.2014 und im Juni 2014 erfolgten sicherheitstechnische Prüfungen der geänderten Gesamtanlage. Mit abschließendem Prüfbericht vom 13.06.2014 stellte der Sachverständige des TÜV Nord fest, dass die Prüfung mangelfrei abgeschlossen worden sei; die im Prüfbericht vom 29.11.2013 noch festgestellten geringen Mängel seien behoben worden. Der Prüfbericht führt tabellarisch im Einzelnen auf, dass alle sicherheitsrelevanten Maßnahmen, d.h. die sicherheitsrelevanten Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 und der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 sowie die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 in Verbindung mit der Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 und die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 vollständig erfüllt sind. Soweit der Kläger geltend macht, insbesondere die gasdichte Abdeckung des Gärrestebehälters entspreche nicht dem Stand der Technik, wird dieser Vortrag durch die Sachverständigen nicht bestätigt. Die Gutachten führen vielmehr aus, dass die gewählte Anlagen- und Sicherheitstechnik dem Stand der Technik und den einschlägigen Regelwerken und Normen entspricht und technisch umsetzbar ist. Daraus, dass die Beigeladene zunächst andere Abdeckungsvarianten in Erwägung gezogen hat und durch die Dachkonstruktion gezielt eine Reduzierung der Gasmenge unter die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung anstrebte, lässt sich nichts zugunsten des Klägers herleiten.
82 
Die Bedenken des Klägers gegen die fachliche Qualifikation bzw. Unbefangenheit der Gutachter greifen nicht durch. Für eine Voreingenommenheit der Sachverständigen gibt es keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass die Gutachten von der Beigeladenen in Auftrag gegeben wurden, folgt aus den rechtlichen Vorgaben des § 29a BImSchG sowie der 9. BImSchV (vgl. § 4a Abs. 2 9. BImSchV) und aus der Dynamik des vorliegenden Verfahrens. Gegen eine Voreingenommenheit der Gutachter des TÜV Nord spricht auch, dass in den ersten sicherheitstechnischen Prüfberichten durchaus Mängel aufgedeckt und auf deren Beseitigung hingewirkt wurde. Die tätig gewordenen Gutachter sind als Sachverständige nach § 29a BImSchG für die einschlägigen Fachgebiete bekannt gegeben, wie die für den TÜV Nord tätig gewordenen Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt haben. Auch die Bekanntgabe des zunächst tätig gewordenen Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. erstreckt sich u.a. auf das Fachgebiet 3 („Erstellung oder Prüfung von Anlagenschutzkonzepten, z.B. Brandschutz, Explosionsschutz, MSR/PLT“) und auf das Fachgebiet 11 („systematische Methoden der Gefahrenanalyse“). Dies entspricht den Empfehlungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz - LAI - Ausschuss Anlagenbezogener Immissionsschutz/Störfallvorsorge (AISV). Danach genügt das Fachgebiet 3 für normale Prüfungen einer Biogasanlage und das Fachgebiet 11 für die Beurteilung von Störfallbetrieben; die Abdeckung des Fachbereichs 16.1 „Explosionsschutz“ wird nur für komplexere Anlagenkonfigurationen empfohlen (vgl. Arbeitshilfe des AISV für die sicherheitstechnische Prüfung von Biogasanlagen, Stand 08.02.2013,Seite 4 Fußnote 2). Selbst wenn man im Hinblick auf den engen räumlichen Zusammenhang mit einer Wohnnutzung von einer „komplexeren Anlagenkonfiguration“ ausgehen wollte, so wurde die sicherheitstechnische Einschätzung des Gutachters B. mittlerweile von den Sachverständigen des TÜV Nord bestätigt, gegen deren Qualifikation keine Bedenken vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind.
83 
Auch in der Sache führen die sicherheitstechnischen Bedenken des Klägers nicht zur Aufhebung der umstrittenen Genehmigungen. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass Biogasanlagen ein nicht unerhebliches Gefahren- und Belästigungspotential mit sich bringen, das von den Berufungsklägern anfänglich unterschätzt worden sein dürfte. Dieses Gefahrenpotential ist aber mittlerweile - nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes des Klägers - nicht nur auf ein für den Kläger zumutbares Maß reduziert worden; das rechtliche gebotene Schutzniveau wurde darüber hinaus noch überschritten. Denn die Anlage ist wegen der besonderen nachbarschaftlichen Verhältnisse teilweise störfallrechtlichen Anforderungen unterworfen worden, obgleich es sich nicht um einen Betriebsbereich im Sinne des Störfallrechts handelt. Im Einzelnen:
84 
2.2.2.1 Explosionen
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2.2.2.1.1 Explosionsschutz
86 
Explosionsgefahren sind sonstige Gefahren im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG. Ferner ist der Explosionsschutz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit den Regelungen der Betriebssicherheitsverordnung zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften des Brand- und Explosionsschutzes nicht generell nachbarschützend sind, sondern nur insoweit, als sie die Auswirkungen von Explosionen bzw. das Übergreifen von Bränden auf die Nachbargrundstücke oder sonstige brandbedingte Beeinträchtigungen der Nachbarn verhindern sollen; bei Explosionen ist insoweit die Reichweite einer möglichen Explosion maßgeblich. Dienen die Vorschriften hingegen dem Schutz des Anlagengrundstücks selbst sowie der Benutzer und Arbeitnehmer, scheidet eine drittschützende Wirkung aus (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.07.2002 - 7 B 583/02 - juris-; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - OVG 11 S 83.06 - juris Rn. 70; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris; OVG Thüringen, Urteil vom 16.03.2010 - 1 O 656/07 - juris). Namentlich die Bestimmungen der Betriebssicherheitsverordnung über den Explosionsschutz dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung (vgl. Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris Rn. 315) und sind daher nur insoweit nachbarschützend, als es um Auswirkungen von Explosionen auf betroffene Nachbargrundstücke geht. Auch auf die Verletzung einer potentiell drittschützenden Norm kann sich ein Betroffener aber auch dann nur mit Erfolg berufen, wenn er hierdurch in seinen eigenen Rechten verletzt ist. Sind die arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen an den Explosions- und Brandschutz und die Betriebssicherheit erfüllt, besteht in aller Regel kein darüber hinausgehender Nachbarschutz für Personen, die nicht in der Anlage tätig sind (vgl. BayVGH Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris).
87 
In der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sind eine detaillierte Gefährdungsbeurteilung der einzelnen Anlagenteile sowie ein Explosionsschutzkonzept und eine Explosionszonen-Einteilung enthalten. Diese Anforderungen sind nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vollständig umzusetzen; die Einhaltung ist bei der Schlussabnahme von einem Sachverständigen schriftlich zu bestätigen. Ferner ist ein Explosionsschutzdokument nach § 6 BetrSichVO fortzuschreiben (Nebenbestimmung Abschnitt III C Nr. 2, Abschnitt F Nr. 3); nach § 6 Abs. 3 BetrSichVO muss das Explosionsschutzdokument vor der Inbetriebnahme vorliegen. In dem Explosionsschutzdokument sind u.a. die Explosionsgefährdungen zu ermitteln und zu bewerten und die getroffenen Vorkehrungen zum Erreichen der Ziele des Explosionsschutzes darzustellen (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.08.2011 - 2 M 84/11 - juris m.w.N.). Die Anlage ist vor Inbetriebnahme und danach in regelmäßigen Abständen nach der Betriebssicherheitsverordnung zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die Anlage wird durch ein Gaswarnsystem automatisch überwacht. Ferner ist vor der Inbetriebnahme die Dichtheit der gasführenden Leitungen und des Folienspeichers zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die vollständige Umsetzung dieser Nebenbestimmungen ist durch den abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 nachgewiesen. Insbesondere wurde auch der Blitzschutz in explosionsschutzrechtlicher Hinsicht überprüft (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014).
88 
Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass das Explosionsschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht. Auch die Bedenken des Klägers, dass eine ordnungsgemäße Prüfung der Dichtheit der Folien und Gasleitungen nicht möglich sei, bleiben nach derzeitigem Sach- und Streitstand im Ergebnis ohne Erfolg. Nach dem abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.0 6.2014 sind Dichtigkeitsprüfungen der Gasleitungen und der Gasspeicherdächer der Fermenter 1 und 2, des Nachgärers und des Gärrestelagers am 22.05.2013 und am 16.07.2013 erfolgt. Dabei ist eine geringfügige Leckage festgestellt worden, die nach den vorliegenden Prüfberichten mittlerweile beseitigt ist. Der Gutachter Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, es habe sich nicht um einen Riss, sondern um die Undichtigkeit eines Stutzens gehandelt, auf dessen Abdichtung er hingewirkt habe; kritische Werte, insbesondere die untere Explosionsgrenze, seien nicht erreicht worden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 02.04.2014 führt der Sachverständige D. aus, es habe seitens des Errichters sowie seitens des Sachverständigen ein unmittelbare Dichtigkeitsprüfung mittels schaumbildender Mittel und Gassprühgerät stattgefunden (vgl. Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.5). Im laufenden Betrieb sei zwar weder eine unmittelbare noch eine mittelbare (vgl. dazu Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.6) Dichtheitsprüfung möglich, eine Leckage sei aber über den Gaswarnsensor an der Austrittsöffnung des Stützluftgebläses feststellbar. In der mündlichen Verhandlung haben die Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. näher erläutert, dass sich Undichtigkeiten in der Gasmembran durch einen höheren Methangasgehalt, Undichtigkeiten in der Wetterschutzmembran durch einen höheren Sauerstoffgehalt in der Stützluft bemerkbar machen, die vom Gaswarnsensor erfasst werden. Zwar haben die Gutachter eingeräumt, dass Risse am Rand des Behälters nicht in jedem Fall vom Gassensor erkannt werden. Sie haben insoweit aber ausgeführt, dass ein Gasaustritt in dieser Konstellation zum einen voraussetze, dass es zu einem Riss sowohl in der Gasmembran als auch in der Wetterschutzmembran gekommen sei. Zum anderen könnten Risse ab einem gewissen Umfang ohne weiteres optisch erkannt werden, weil es regelmäßig zu einem Flattern oder einer Verformung der Wetterschutzmembran durch Absinken des Stützluftdruckes komme. Soweit sich die Risse nicht optisch bemerkbar machten, handele es sich um so kleine Risse, dass sich ein Gasaustritt nicht über das Betriebsgelände hinaus auswirken könne. Den Auswirkungen eines Gasaustritts innerhalb des Betriebsgeländes werde durch die Ausweisung von Explosionsschutzzonen Rechnung getragen. Der Gutachter D. hat zwar wiederholt darauf hingewiesen, dass ein gewisser Gasaustritt insbesondere infolge von Alterungsprozessen der Membranen auch bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht auszuschließen ist. Dem wird aber durch die Auflage einer wiederkehrenden regelmäßigen Dichtheitsprüfung Rechnung getragen, bei der nach dem oben Gesagten Undichtigkeiten und Leckagen auch tatsächlich feststellbar sind. Nach den Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 in Verbindung mit dem Gutachten der pro Terra GmbH (Kap. 5.4) sind Rohrleitungen und gasführende Anlagenbestandteile in jährlichen Abständen zu prüfen; die gesamte Biogasanlage ist alle fünf Jahre auf ihre Dichtigkeit zu überprüfen.
89 
Danach sind die Gefahren durch vernünftigerweise nicht auszuschließende Freisetzung von kleineren Gasmengen bei einem ansonsten störungsfreien Betrieb hinreichend minimiert. Auch der Kläger hat im Übrigen nicht substantiiert dargetan, dass sich ein Gasaustritt bei unentdeckten kleineren Leckagen oder Undichtigkeiten, die nicht vom Gaswarnsensor erfasst werden, trotz der Verdünnung noch auf sein ca. 50 m entfernt liegendes Grundstück rechtserheblich auswirken würden.
90 
2.2.2.1.2 Störfall
91 
Die Aufkonzentration und Zündung einer zusammenhängenden Biogasmenge im Freiraum wird im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 zwar als Dennoch-Störfall eingestuft; der Gutachter weist insoweit darauf hin, dass das Versagen beider Schutzfolien als ein sehr unwahrscheinliches Szenario erscheine. Gleichwohl stuft der Gutachter Dipl.-Ing. Z. in Übereinstimmung mit den vom Kläger beigezogenen Gutachtern H. und S. Risse im Foliensystem in Längen von mehreren Metern als plausibel ein (so jetzt auch KAS-32 Nr. 1.3.). Bei diesem Fall wird das Anwesen des Klägers nach Überzeugung des Senats aber keinen unzumutbaren Gefahren durch mögliche Gasexplosionen ausgesetzt.
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Auf dem Grundstück des Klägers entsteht auch bei Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge bei großflächigen Dachhautleckagen oder Komplettversagen der gesamten Dachhaut aller Voraussicht nach keine zündfähige Atmosphäre in einer Entfernung von mehr als 20 Metern. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 kommt zu dem Ergebnis, dass die untere Explosionsgrenze bei Ausbreitung einer zündfähigen Atmosphäre sowohl im Auslegungsstörfall (kontinuierliche Biogasfreisetzung durch Dachhautleckagen verschiedener Größen) als auch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge) nach ca. 20 m bei Weitem unterschritten ist. Selbst bei einer 100%-Freisetzung der gesamten Gasmenge des Gärrestebehälters besteht in 50 m Entfernung keine Gefahr einer Zündung im Bodenbereich. Diese Annahme wird von dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Danach würde zwar die untere Explosionsgrenze beim Grundstück des Klägers für ca. 60 Sekunden überschritten. Dieses Ergebnis beruht aber zum einen auf der Annahme einer Leckagefläche von 16,5 m² (16,5 m Länge x 1,0 m Rissbreite), wohingegen nach der Arbeitshilfe KAS-32 selbst für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse lediglich eine Leckageabmessung von 0,6 m² (3 m x 0,2 m Rissbreite) zugrunde zu legen ist. Ferner beruhen die Ergebnisse des Gutachtens Dr. H. auf der Annahme einer Gaswolkenlänge von 123 m. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung setzt der Gutachter Dr. H. dabei einen konstanten Massestrom voraus. Er vernachlässige, dass der Druck bei einem Folienriss innerhalb kürzester Zeit abgebaut werde. Nach einer von ihm durchgeführten Parallelrechnung werde der Impuls in weniger als einer Sekunde abgebaut. Es sei daher entgegen der Auffassung von Dr. H. nicht anzunehmen, dass der sehr impulsbehaftete Massestrom von 18 kg/s für die ganze Zeitdauer konstant bleibe. Im Hinblick auf den ohnehin nur geringen anzunehmenden Druck von 5 mb im Gärrestebehälter (vgl. KAS-32) und die Größe der unterstellten Leckage erscheint dem Senat die Annahme eines schnellen Druckabfalls überzeugend. Gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens Dr. H., der zudem kein bekannt gegebener Sachverständiger nach § 29a BImSchG ist, spricht ferner, dass er mit fiktiven meteorologischen Daten gerechnet hat und einräumt, dass die Berechnung mit realistischen Daten zu anderen Ergebnissen führen kann (vgl. S. 32); im Gutachten wird mithin nicht berücksichtigt, dass das Anwesen des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung liegt.
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Der bei einer Gaszündung entstehende Explosionsdruck erreicht nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 selbst in näherer Entfernung keine Werte, die die Gesundheit von im Freien befindlichen Personen oder Insassen von Kraftfahrzeugen unmittelbar gesundheitlich beeinträchtigen. Allerdings muss bei Zündung im Freiraum bis zu einer Entfernung von 67 m mit dem Bruch von 100 % der Glasscheiben gerechnet werden; der Grenzwert des Leitfadens KAS 18 für Personenschäden wird hingegen nicht erreicht. Der Gutachter weist darauf hin, dass auch diese Annahme unter sehr konservativen Bedingungen erfolgt (Lage in Hauptwindrichtung, geringe Windgeschwindigkeit, 100% Gasinhalt im Gärrestebehälter). Dieses Ergebnis wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten Dr. H. bestätigt. Danach würde der Explosionsdruck sowohl bei einem großen Riss in der Abdeckung (16,5 m Länge) als auch bei einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut keine massiven Schäden hervorrufen, könne aber zu Glasbruch und Schäden an Dächern führen; Personen könnten von der Druckwelle eventuell umgeworfen werden.
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Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger im Falle einer Explosion einer gefährlichen Wärmestrahlung ausgesetzt wird. Eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung unabhängig von der Einwirkungsdauer der Wärmestrahlung besteht nur für Personen, die sich innerhalb der gezündeten Gaswolke befinden. Nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. besteht diese Gefahr für auf dem Grundstück des Klägers befindliche Personen nicht. Der Gutachter hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass der Rand der gezündeten Gaswolke durch die untere Explosionsgrenze gekennzeichnet wird, die auf dem Grundstück des Klägers nicht erreicht wird. Die zündfähige Gaswolke breite sich nicht mehr als 20 m aus und auch dies nur in der Höhe und nicht in Bodennähe. Dies entspreche auch den Erfahrungen bei anderen Anlagen. Wie ausgeführt, hat der Sachverständige Dipl.-Ing. Z. die abweichende Annahme im Gutachten Dr. H, wonach die Gaswolke eine Reichweite von 123 m erreiche, überzeugend widerlegt. Auch eine unzumutbare Gefährdung durch die Wärmestrahlung ist nicht anzunehmen. Nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ist die Wärmestrahlung zu vernachlässigen. Zwar ergaben sich in der mündlichen Verhandlung Ungereimtheiten im Hinblick auf die Flammengeschwindigkeit im Biogas. Der Gutachter Dipl.-Ing. Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten im Hinblick auf die in seinem Gutachten genannte Flammenfrontgeschwindigkeit von 3,5 m/s. eine falsche Angabe enthält, weil nach derzeitigem Erkenntnisstand von einer Flammenfrontgeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s ausgegangen werde. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung konnte der Gutachter allerdings nachvollziehbar erläutern, dass sich dieser Fehler nicht zu Lasten des Klägers auf das Ergebnis des Gutachtens ausgewirkt hat. Eine hohe Flammenfrontgeschwindigkeit bewirkt vielmehr, dass die Gaswolke rasch abbrennt; je rascher der Abbrand, desto kürzere Zeit werden Personen außerhalb der Gaswolke einer Wärmestrahlung ausgesetzt. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters würde die Gaswolke nach einer Zündung bei einer Flammengeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s spätestens innerhalb einer Sekunde abgebrannt sein, so dass Betroffene der Wärmestrahlung allenfalls eine Sekunde lang ausgesetzt würden. Dieser Zeitraum sei zu vernachlässigen. Die Grundannahme, dass Wärmestrahlung erst ab einer gewissen Expositionsdauer zu Gesundheitsschäden führt, wird vom Gutachter des Klägers Dr. H. bestätigt. Dieser geht ebenfalls von einer Flammengeschwindigkeit von 20 m/s aus und hat die Gefahren durch die Wärmestrahlung selbst bei Annahme einer Gaswolke mit einer Ausbreitung von 123 m stark relativiert, weil diese innerhalb von 3 bis 6 Sekunden abgebrannt sei und die Zündung innerhalb der ersten zwei Minuten erfolgen müsse. Außerdem sinke die Bestrahlungsstärke im Abstand von 50 m unter 10 kW/m³, was erst bei einer Bestrahlungsdauer von 3 Sekunden zu Schmerzen führe. Auch der Gutachter des Klägers geht mithin im Ergebnis nicht von relevanten Gefahren durch Wärmestrahlung aus.
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Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord bestehen nicht. Der Einwand des Klägers, das Gutachten entspreche nicht mehr neueren Erkenntnissen, greift nicht durch. Bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen kommt es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an. Nachträglich eintretende Entwicklungen oder neuere Erkenntnisse sind regelmäßig nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen im Nachhinein zu erschüttern, geben aber eventuell Anlass zu nachträglichen Anordnungen (vgl. Senatsurteil vom 14.05.2012 - 10 S 2693/09 - VBlBW 2012, 1637; Senatsbeschluss vom 07.08.2014 - 10 S 1853/13 - NVwZ-RR 2015, 18; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.02.2014 - 12 LA 97/13 - juris). Es kann dahinstehen, ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn - wie hier - ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen ist. Der Gutachter Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten nicht in jeder Hinsicht der neueren Arbeitshilfe KAS-32 vom November 2014 entspricht. Dies ist aber unschädlich. Denn im Gutachten werden Leckage-Abmessungen zugrunde gelegt, die in ihrem Ausmaß deutlich über das Szenario hinausgehen, das nach der Arbeitshilfe KAS-32 für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legen ist (0,6 m² = 3 m Länge x 0,2 m Rissbreite). Demgegenüber legt der TÜV Nord im Szenario 1 16,25 m x 1m; im Szenario 2 ein Freiliegen von 30 % der Zylinder-Kreisfläche und im Szenario 3 eine Komplettfreisetzung von 100% des Biogases zugrunde, mithin Randbedingungen, die nach der sachverständigen Bewertung der Kommission für Anlagensicherheit als so unwahrscheinlich erscheinen, dass sie in der Bauleitplanung nicht zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf den Gehalt an Schwefelwasserstoff im freigesetzten Biogas bleibt der Gutachter zwar hinter den Annahmen der Arbeitshilfe KAS-32 zurück (100 ppm statt 500 ppm). Der Wert von 500 ppm Schwefelwasserstoff gilt jedoch für die Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse im Sinne der Vorsorge; im vorliegenden Fall liegen jedoch hinreichende Detailkenntnisse über die konkrete Anlage vor, die die Zugrundelegung von 100 ppm Schwefelwasserstoff rechtfertigen (dazu im Einzelnen 2.2.2.2.3).
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Auch soweit der Kläger dem Sachverständigen entgegenhält, er sei bei anderen Biogasanlagen von anderen Annahmen ausgegangen oder zu anderen Ergebnissen gelangt, stellt er das Gutachten nicht durchgreifend in Frage. Abgesehen davon, dass eine sachverständige Stellungnahme jeweils auf die Gegebenheiten der konkreten Anlage ausgerichtet ist, ist der Gutachter Dipl.-Ing. Z. den einzelnen Vorhalten des Kläger in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengetreten.
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Nach den vorliegenden Gutachten ist somit auf dem Anwesen des Klägers im Explosionsfall unmittelbar nur mit Sachschäden zu rechnen, wobei allerdings mittelbare Personenschäden etwa durch Glassplitter nicht schlechthin auszuschließen sind. Diese Gefahren sind jedoch nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu begründen. Wie ausgeführt, sind Explosionen durch Zündung einer großen zusammenhängenden Gasmenge nach den vorliegenden Erkenntnissen als Dennoch-Störfall zu betrachten, d.h. auch Sachschäden sind nur bei einer vernünftigerweise auszuschließenden Störung zu befürchten, also bei Versagen aller störfallverhindernden Maßnahmen oder dem unwahrscheinlichen Fall des gleichzeitigen Eintritts mehrerer Störungen. Hinzu kommt, dass die Gutachter - wie ausgeführt - Leckagen angenommen haben, die in ihrem Ausmaß noch deutlich über die nach der Arbeitshilfe KAS-32 bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legenden Annahmen hinausgehen und an der Grenze zum exzeptionellen Störfall liegen. Insbesondere der Komplettabriss der gesamten Dachhaut (Szenario 3) wird in der Arbeitshilfe KAS-32 nicht berücksichtigt und wurde von den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Gutachtern übereinstimmend als exzeptioneller und daher im einzelnen Genehmigungsverfahren nicht zu betrachtender Störfall eingestuft. Darüber hinaus müssen für den Eintritt der genannten Schäden weitere konservative Randbedingungen wie etwa das Vorhandensein der maximalen Gasmenge und bestimmte Witterungsbedingungen hinzukommen. Die Gefahr von Sachschäden ist danach zwar nicht schlechthin auszuschließen, die Wahrscheinlichkeit, dass eine Explosion diesen Ausmaßes eintritt, ist jedoch als äußerst gering zu bewerten.
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Hingegen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Falle einer Gasexplosion keinen konkreten Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt wird, insbesondere wird er aller Voraussicht nach keiner direkten Exposition durch die gezündete Gaswolke ausgesetzt. Das vorliegende Gutachten des TÜV Nord ist nach den vorstehenden Ausführungen in Verbindung mit den ergänzenden Erläuterungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung geeignet, dem Senat insoweit die für die richterliche Überzeugungsbildung erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Der vom Kläger aufgezeigte Fehler hat sich nach den letztlich plausiblen Ausführungen des Gutachters auf das Ergebnis des Gutachtens nicht ausgewirkt. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord wird auch durch das Gegengutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Wie ausgeführt, vermag sich der Senat der Annahme, die Gaswolke werde sich 123 m ausbreiten, nicht anzuschließen. Im Übrigen fällt auf, dass selbst nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H., dessen Richtigkeit unterstellt, die untere Explosionsgrenze auf dem Grundstück des Klägers nur 60 Sekunden überschritten wird und auf dem Grundstück befindliche Personen allenfalls 3 Sekunden Schmerzen durch Wärmestrahlung verspüren. Hinzu kommt der Umstand, dass eine Explosion bei Einhaltung aller sicherheitstechnischen Standards vernünftigerweise auszuschließen ist, und das von Dr. H. angenommene Szenario im Dennoch-Störfall im Vergleich zu der nunmehr vorliegenden Arbeitshilfe KAS-32 sehr konservativ ist. Der Senat sieht daher auch im Hinblick auf das Ergebnis des Gutachtens von Dr. H. keinen Anlass zur Einholung eines Obergutachtens. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachten Ungereimtheiten der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord. Auch die vom TÜV Nord angenommenen Szenarien liegen an der Grenze zum exzeptionellen Störfall oder überschreiten diese, so dass ein Schadenseintritt äußerst unwahrscheinlich erscheint.
99 
Der Beweisantrag Nr. 1 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der streitgegenständlichen Biogasanlage bei Freisetzung von Biogas aus dem Gärrestebehälter eine erhebliche Gefahr aufgrund von Wärmestrahlung oder Auswirkungen einer Druckwelle bei Zündung der Gaswolke und anschließendem Abbrand, bzw. Explosion ausgeht und durch ein solches Ereignis das Leib und Leben des Klägers gefährdet wird, war danach abzulehnen, weil die damit aufgeworfenen Fragen bereits aufgrund der vorliegenden Gutachten hinreichend sachverständig gestützt zu klären waren.
100 
2.2.2.2 Brandgefahren
101 
2.2.2.2.1 Brandschutz
102 
Die angefochtene Genehmigung verstößt nicht zu Lasten des Klägers gegen Bestimmungen des Brandschutzes. Die vernünftigerweise nicht auszuschließenden Brandgefahren sind hinreichend minimiert.
103 
Es kann dahinstehen, inwieweit die vom Kläger in Bezug genommenen Abstandsempfehlungen drittschützend sind. Denn die im Interesse des vorbeugenden Brandschutzes einzuhaltenden Schutzabstände sind gewahrt. Der nach der Technischen Information (TI) 4 „Sicherheitsregeln für Biogasanlagen“ der Sozialversicherung für Landwirtschaft (Stand 1/2013) zur Vermeidung von gegenseitiger Beeinflussung u.a. im Brandfall zu wahrende Abstand zwischen Gasspeichern und nicht zur Biogasanlage gehörenden benachbarten Anlagen, Gebäuden oder Verkehrswegen ist bezüglich des Wohngebäudes des Klägers bei weitem eingehalten. Die Berechnung nach dem Merkblatt M-001 „Brandschutz bei Biogasanlagen“ des Fachverbands Biogas e.V. führt zu dem gleichen Ergebnis. Der Auffassung des Klägers, dass die dort genannten Abstände nicht für Wohngebäude gelten, trifft nicht zu. Die genannten technischen Regelwerke differenzieren nicht zwischen den verschiedenen Nutzungsarten; maßgeblich ist allein, dass ein Gebäude nicht zur Anlage selbst gehört.
104 
Aus dem sog. Abstandserlass des Landes Nordrhein-Westfalen („Immissionsschutz in der Bauleitplanung“, Fassung 2007) lässt sich nichts zu Gunsten des Klägers herleiten. Es trifft zwar zu, dass der Erlass für geschlossene Biogasanlagen einen Abstand von 300 m zu Wohngebieten vorsieht (lfd. Nr. 129). Abgesehen davon, dass der Erlass grundsätzlich den nicht drittschützenden Vorsorgegrundsatz konkretisiert (vgl. Einleitung Seite 8), dient er der planungsrechtlichen Zuordnung von Industrie-/Gewerbegebieten und Wohngebieten und beansprucht keine Geltung für immissionsschutzrechtliche Einzelgenehmigungen (Kap. 3.2). Der Kläger wohnt außerdem nicht in einem geschlossenen Wohngebiet, sondern in einem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen im Außenbereich; er kann daher nicht das Schutzniveau eines bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Wohngebiets beanspruchen. Zu den empfehlenswerten Abständen im Außenbereich verhält sich der Abstandserlass nicht. Im Übrigen führt der Erlass unter der lfd. Nummer 129 aus, dass der Schutzabstand aus Gründen der Luftreinhaltung und des Schallschutzes erforderlich ist; dem Erlass lässt sich mithin nicht entnehmen, dass der 300-Meter-Abstand aus Gründen des Brand- und Explosionsschutzes für erforderlich gehalten wird.
105 
Das Biogashandbuch Bayern verweist bezüglich der empfohlenen Abstände auf die Bestimmungen der Nrn. 5.4.8.6.1 und 5.4.9.36 TA Luft, die zum einen der Vorsorge dienen und somit nicht nachbarschützend sind. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die Abstände unterschritten werden können, wenn durch primärseitige Maßnahmen die Geruchsbelästigung gemindert wird (S. 5 letzter Absatz). Die vorgeschlagenen Abstände dürften mithin nicht der Vorsorge gegen Brandgefahren, sondern gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Gerüche dienen.
106 
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Gärrestebehälter den nach den oben genannten Regelwerken erforderlichen Mindestabstand von 6 m zum öffentlichen Verkehrsweg einhält, kann dahinstehen. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wird dieser Schutzabstand eingehalten, weil nicht die Grenze des Wegegrundstücks, sondern der tatsächliche Ausbauzustand der Straße maßgeblich sei; dies wird vom Kläger bestritten. Durch die geltend gemachte Verletzung des Mindestabstands zum H. Weg wird der Kläger aber nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzt. Die Wahrung dieses Abstands dient dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs bzw. der Sicherheit der Anlage selbst und nicht dem Schutz des ca. 50 m entfernten, an der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Grundstücks des Klägers und seiner Bewohner.
107 
Im Übrigen werden in der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 umfangreiche Anforderungen an den baulichen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz gestellt. Das Brandschutzkonzept ist nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 Teil der angefochtenen Genehmigung und von der Beigeladenen vollständig umzusetzen und wurde mit Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 um die Hinweise und Empfehlungen aus der Sicherheitstechnischen Vorprüfung vom 10.05.2013 ergänzt. Die Einhaltung dieser Anforderungen wurde bei der Schlussabnahme durch den Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 schriftlich bestätigt. Insbesondere der Blitzschutz ist mittlerweile installiert (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014). Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte aufgezeigt, dass das Brandschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht.
108 
2.2.2.2.2 Störfall
109 
Nach der Arbeitshilfe KAS-32 sind die toxischen Auswirkungen des Abbrands eines Foliendaches nicht zu betrachten, weil aufgrund der Wärmefreisetzung eine deutliche Überhöhung der Brandwolke und damit eine geringe Gaskonzentration in Bodennähe zu erwarten ist oder die Abbrand- und Gasbildung so gering ist, dass keine für den angemessenen Abstand relevanten Immissionskonzentrationen in Bodennähe auftreten. Auch nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dipl.-Phys. S. ist die toxische Einwirkung durch Chlorwasserstoff im Brandfall als nachrangig zu behandeln, weil - wie auch im vorliegenden Fall - nur schwer entflammbare Folien verwendet würden (vgl. S. 7).
110 
Im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 wird zwar als Dennoch-Störfall das Szenario „Gleichzeitiger Abbrand der gesamten Dachhaut des Gärrestebehälters“ betrachtet. Die Auswertung dieses Brandszenarios ergab aber, dass die auftretende Wärmestrahlung von geringer Bedeutung ist. Ein Übergreifen von Bränden auf das Grundstück des Klägers erscheint daher hinreichend ausgeschlossen. Toxische Gefahren durch Dioxin und Kohlenmonoxid wurden vom Gutachter nicht angenommen. Beim Abbrand der PVC-Folien entsteht aber das giftige Gas Chlorwasserstoff. Nach dem Ergebnis des Gutachtens können Personen, die sich im Freien aufhalten, im Bereich von 50 m ca. 15 Minuten Überschreitungen des AEGL-2-Wert ausgesetzt werden. Der ERPG-Wert für eine 60-minütige Exposition spielt hingegen keine Rolle, weil die Dachhaut spätestens nach 28 Minuten komplett abgebrannt ist.
111 
Diese toxische Gefahr ist aber nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu rechtfertigen. Das Gutachten nimmt eine „Worst-Case“-Betrachtung vor, in dem es mit sehr konservativen Randbedingungen wie etwa der doppelten Menge an Schadstoffen rechnet und außer Acht lässt, dass das Grundstück des Klägers nicht innerhalb der Hauptwindrichtung liegt. Der Gutachter weist ferner darauf hin, dass in geschlossenen Räumen von geringeren Gefährdungen auszugehen ist. Aufgrund der Lage des Wohnhauses des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung und der guten Wahrnehmbarkeit eines großflächigen Brands der Dachhaut sei es gefährdeten Personen außerdem möglich, sich innerhalb von 10 Minuten aus dem gefährdeten Gebiet zu entfernen. Der Kläger hält dem zwar entgegen, dass ein Brand zur Schlafenszeit eventuell nicht rechtzeitig bemerkt werde; Allerdings befinden sich die Bewohner des Grundstücks dann in geschlossenen Räumen, was die Vergiftungsgefahr minimiert.
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In der Zusammenschau erscheinen danach die Gefahren im Falle eines Abbrands des gesamten Foliendaches entweder im Hinblick auf die geringe Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses, das zudem das Versagen des gesamten vorbeugenden Brandschutzes voraussetzt, oder im Hinblick auf die Unwahrscheinlichkeit bzw. Vermeidbarkeit eventueller Schadensfolgen als gering.
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2.2.2.2.3 Toxische Gefahren durch Schwefelwasserstoff
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Der Kläger wird auch keinen unzumutbaren toxischen Gefahren durch Schwefelwasserstoff (H2S) ausgesetzt.
115 
Aus der Ausbereitungsberechnung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ergibt sich, dass am Wohnhaus des Klägers weder im Auslegungsstörfall (Dachhautleckagen verschiedener Größen) noch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größtmöglichen zusammenhängenden Gasmenge durch komplette Entfernung der Dachhaut des Gärrestelagers bei 100%iger Gasfüllung) eine toxische Gefährdung oberhalb des ERPG-2-Wertes für eine einstündige Exposition (30 ppm) oder des AEGL-2-Wertes für zehnminütige Exposition (41 ppm) zu erwarten ist; bei einer Entfernung von 50 m sinkt die Schwefelgaskonzentration unter 10 ppm (0,001 Vol %). Dies steht nicht im Widerspruch zu den vom Kläger in Bezug genommenen Quellen (Merkblatt KAS-12; Internetauftritt der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau u.a.); denn diese schildern die Gefahren von Schwefelwasserstoff durch direktes Einatmen des Gases bei Arbeiten in unmittelbarer Nähe von mit Gülle gefüllten Gruben, Schächten und Behältern, und gehen ohne Detailkenntnis der umstrittenen Anlage von Durchschnittswerten aus. Zu ähnlichen Ergebnissen wie der TÜV Nord gelangt im Übrigen auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Dr. Ing. H.. Danach werden selbst bei größeren Leckagen (Szenario 1) sowie beim vollständigen Versagen der gesamten Dachhaut (Szenario 2) die ERPG-2- und AEGL-2-Werte nur kurzfristig (< 2min) überschritten, die maßgeblichen Expositionszeiten von 60 bzw. 10 Minuten werden bei weitem nicht erreicht (vgl. S. 23 f.).
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Die Schwefelwasserstoffkonzentration wird auch durch die Erhöhung der Güllemenge mit Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 nicht in einer solchen Weise verändert, dass die o.g. Ausbreitungsberechnungen des TÜV Nord bzw. von Dr. Ing. H. nicht mehr aussagekräftig wären. Die Berechnungen der o.g. Gutachter basieren auf der Annahme, dass in dem in der Anlage erzeugten Biogas während des Fermentationsprozesses Schwefelwasserstoffkonzentrationen von maximal 100 ppm (0,01 Vol %) erreicht werden. Zwar können in Biogas - worauf der Kläger zutreffend hinweist - auch höhere Konzentrationen in Abhängigkeit von den Einsatzstoffen und vom Anlagentyp auftreten. Nach der gutachtlichen Stellungnahme des TÜV Nord vom 28.08.2014 (Gerichtsakte S. 381) und den Ausführungen von Dipl.-Ing. D. in der mündlichen Verhandlung liegen aber hinreichende Detailkenntnisse vor, die auch nach der Erhöhung der Güllemenge die Annahme von 100 ppm H2S im Rohbiogas zulassen. Der Gutachter hat ausgeführt, in allen vier Gasspeichern finde eine biologische Entschwefelung durch Zugabe von Luftsauerstoff statt, der Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure und elementaren Schwefel umsetze. Jeweils ein Aggregat fördere Luftsauerstoff in die Fermenter 1 und 2 und in den Nachgärer. Das gesamte Biogas werde durch den Gärrestebehälter geleitet. In der Regel würden bei Anlagen mit überwiegend pflanzlichen Inhaltsstoffen und biologischer Entschwefelung im Durchschnitt Schwefelwasserstoffgehalte unter 200 ppm gemessen. Verfahrenstechnische Ursachen für einen hohen H2S-Gehalt seien etwa fehlende Besiedlungsflächen oder das Aufrühren der Schwimmdecke. Der Gärrestebehälter der Anlage der Beigeladenen biete durch eine Mittelstütze und zahlreiche Spanngurte eine große Besiedlungsfläche; das Substrat werde nur im Falle des Abtransports aufgerührt. Die Anlage werde überwiegend mit Substraten mit einem mittleren Schwefelgehalt, zu denen auch Gülle gehöre, versorgt. Da bei Absinken der pH-Werte unter den neutralen Bereich die Biogasproduktion gestört werde, sei der Anlagenbetreiber gehalten, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Ein schneller Substratwechsel sei daher nicht zu erwarten. Die Einsatzstoffe böten nicht das Potential für eine schnelle Absenkung des pH-Wertes und der damit verbundenen verstärkten Freisetzung von Schwefelwasserstoff. Im Übrigen hätten Messungen der Gaswerte vor dem Aktivkohlefilter ergeben, dass der H2S-Wert im Mittel bei 5,4 ppm liege.
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Diese Ausführungen erscheinen schlüssig. Nach den Genehmigungsunterlagen verfügt die Biogasanlage über eine biologische Entschwefelung durch Zuführung von Luft; die Luftzufuhr ist bei Bedarf regelbar. Da Schwefelwasserstoff zu Korrosionen an wichtigen Anlagenteilen führt, haben Anlagenbetreiber grundsätzlich auch ein erhebliches Eigeninteresse an der Senkung des Schwefelwasserstoffgehalts (vgl. etwa Biogashandbuch Bayern, Materialienband Kap.1.5.4.2). Maßgebliches Gewicht kommt aber dem Umstand zu, dass ein Messprotokoll über kontinuierliche tägliche Messungen des Schwefelwasserstoffgehalts vor dem Aktivkohlefilter im Rohbiogas der Anlage über 48 Tage vorliegt, und zwar innerhalb eines Zeitraums, in dem die Güllemenge bereits erhöht war. Die Messungen haben einen Mittelwert von 5,4 ppm ergeben, der Maximalwert für Schwefelwasserstoff lag bei 9 ppm. Der Geschäftsführer der Beigeladenen hat zudem eidesstattlich versichert, dass die täglichen Kontrollen Werte von ca. 2 bis ca. 30 ppm ergäben. Lediglich in Einzelfällen würden kurzzeitig Werte bis 150 ppm gemessen, etwa wenn die Gülle aufgerührt worden sei. Dieser etwa im Frühjahr 2014 gemessene Wert sei aber binnen einer Stunde auf 50 ppm abgesunken. Die Werte seien nach der Abdeckung des Gärrestebehälters nochmals gesunken.
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Die Annahme, dass die Schwefelwasserstoffkonzentration auch nach der Erteilung der Änderungsgenehmigung im Mittel deutlich unter 100 ppm bleibt, wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten der R+D - Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Phys. S.) nicht überzeugend widerlegt. Der Gutachter nimmt für die Beurteilung der konkreten toxischen Gefahren durch eine Gasleckage während des Normalbetriebs der umstrittenen Anlage einen H2S-Gehalt von 50 bis 2.000 ppm (0,005 bis 0,2 Vol %) an (S. 14). Allerdings könne zur Beurteilung der konkreten Gefahr durch einen gestörten Betrieb ein oberer H2S-Gehalt von 20.000 ppm (2 Vol%) nicht ausgeschlossen werden, auch wenn ein plötzlicher vollständiger Ausfall der biologischen Entschwefelung nicht zu erwarten sei (S. 15). Der Gutachter verfügt jedoch nach eigenen Angaben nicht über Detailkenntnisse bezüglich der streitgegenständlichen Anlage (S. 13) und entnimmt seine Einschätzung Messprogrammen anderer Anlagen, über deren Vergleichbarkeit mit der Anlage der Beigeladenen keine Aussage getroffen werden kann. Im Übrigen hält er einen vollständigen Ausfall der biologischen Entschwefelung selbst für unwahrscheinlich.
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Auch die auf den genannten Schwefelwasserstoffgehalten basierenden Ausbreitungsberechnungen des Gutachters Dipl.-Phys. S. begegnen Bedenken. Nicht plausibel sind zunächst die dem Gutachten zugrunde gelegten meteorologischen Daten. Dem Gutachter standen keine Zeitreihen für den konkreten Standort zur Verfügung (S. 19). Es wird daher die ungünstigste Ausbreitungssituation zugrunde gelegt (Windstille und Inversionswetterlage) und ohne nähere Begründung mit Schwachwind-Werten der Messstation Stuttgart-Echterdingen belegt. Demgegenüber hat die Beigeladene - wie ausgeführt - mit den Antragsunterlagen ein meteorologischen Gutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 14.12.2013 vorgelegt, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Da es hier nicht um eine bauleitplanerische Störfall-Vorsorge, sondern um die Feststellung einer konkreten Gefährdung des Klägers geht, spricht zudem vieles dafür, der Ausbreitungsberechnung nicht die meteorologisch denkbar ungünstigsten, sondern mit dem TÜV Nord mittlere Ausbreitungsverhältnisse zugrunde zu legen.
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Darüber hinaus ist bei der Bewertung der gutachtlichen Ausbreitungsberechnungen zu berücksichtigen, dass die Annahme der Eignung einer Anlage zur Hervorrufung konkreter Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG - wie ausgeführt - auch von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abhängt. Auch nach den Ausbreitungsberechnungen des vom Kläger vorgelegten Gutachtens Dipl.-Phys. S. treten toxische Gefahren am Wohnhaus aber nur bei einer Kombination sehr unwahrscheinlicher Bedingungen auf (vgl. Tabelle 9 S. 22). So wird eine Überschreitung der maßgeblichen ERPG-2- und AEGL-2-Werte für den Leckagefall 4 (Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters) angenommen. Der Gutachter stuft das Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters mit der Folge der Komplettfreisetzung der gesamten Gasmenge aber - in Übereinstimmung mit dem Gutachter des Beigeladenen - als unrealistisch ein und ordnet es dem Katastrophenschutz zu (vgl. TÜV Nord vom 27.08.2014 S. 13; Gutachten Dipl.-Phys. S. vom 19.06.2014 S. 17 unten). Diese Einschätzung wurde von den Gutachtern in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Andere Leckagen verschiedener Größenordnungen werden zwar einheitlich als realistisch eingestuft (Auslegungstörfall). Zu einer Gefährdung des Wohngrundstücks des Klägers gelangt aber auch der Gutachter Dipl.-Phys. S. erst bei der Gas-/Leck-Kombination „G3/L3", d.h. ab einer Schwefelwasserstoffkonzentration von 0,2 Vol % (2000 ppm). Wie dargelegt, gibt es derzeit keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wert in der Anlage der Beigeladenen erreicht wird. Im Übrigen zeigen die vom Kläger zum Beleg für toxische Gefahren herangezogenen Ausbreitungsradien nach dem Gutachten Dipl.-Phys. S. die Gas-/Leckage-Kombination G 2/L 4 ; d.h. eine Gaskonzentration von 0,05 Vol % (= 500 ppm) mit einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut, also einem nach der Auffassung beider Gutachter vernünftigerweise auszuschließenden Leckage-Szenario. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein einer Schwefelgaskonzentration von 500 ppm nach den plausiblen Erläuterungen des TÜV Nord unter Berücksichtigung der Detailkenntnisse und der durchgeführten Messungen ebenfalls als ausgeschlossen, zumindest aber als sehr unwahrscheinlich erscheint. Auch die weiteren Gas-/Leckage-Kombinationen, bei denen das Wohnhaus des Klägers nach der Annahme von Dipl.-Phys. S. toxischen Gefahren ausgesetzt würde, nämlich G 5/L 1, d.h. ei- ne Schwefelwasserstoffkonzentration von 2 Vol % (= 20.000 ppm), sowie G 4 (0,5 Vol % = 5000 ppm)/L 2, sind nach dem oben Gesagten äußerst unwahrscheinlich, was der Gutachter auch einräumt (S. 25 unten). Zusammenschauend setzen die genannten Gas-/Leckage-Kombinationen den gleichzeitigen Eintritt mehrerer betrieblicher Störungen, nämlich das Auftreten erheblicher Leckagen gleichzeitig in beiden Dachmembranen (äußere Wettermembran und innere Gasmembran) bei gleichzeitigem Versagen der biologischen Entschwefelung in Verbindung mit dem Ausfall der betrieblichen Kontroll- und Warnsysteme voraus. Damit wird bei Berücksichtigung der konkreten Störfallszenarien auch durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine toxische Gefährdung der Bewohner des Grundstücks H. Weg Nr. ... dargetan.
121 
Nicht zuletzt geht auch das Gutachten von Dipl.-Phys. S. davon aus, dass eine konkrete Gefahr für das nächstgelegene Wohnhaus durch bestimmte technische Maßnahmen sicher verhindert werden könne (S. 27). Nach der Stellungnahme des TÜV Nord vom 27.08.2014 sowie nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, in der die einzelnen Maßnahmen eingehend erörtert wurden, sind die vorgeschlagenen Maßnahmen überwiegend bereits durchgeführt oder aufgrund des ohnehin schon hohen Sicherheitsstandards der Anlage nicht erforderlich. Der Gutachter Dipl.-Phys. S. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sein Vorschläge ohne Detailkenntnisse der Anlage erfolgten, und sie dahingehend relativiert, dass man damit jedenfalls auf der sicheren Seite sei. Zum Teil handelt es sich bei den unterschiedlichen Auffassungen der Gutachter auch nicht um sachliche, sondern nur um sprachliche Differenzen oder unterschiedliche Definitionen derselben Standards. Der Senat vermochte sich jedenfalls nicht davon zu überzeugen, dass die von Dipl.-Phys. S. unterstellten Sicherheitslücken die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gebieten; dem von ihm unterbreiteten Maßnahmekatalog liegt vielmehr - abgesehen von der Unkenntnis der sicherheitstechnischen Standards der Anlage im Detail - eine gewisse überschießende Tendenz zugrunde.
122 
Eine konkrete toxische Gefährdung des Klägers durch entweichenden Schwefelwasserstoff ist nach alldem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
123 
Der Beweisantrag Nr. 3 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr durch toxische Gasausbreitung, insbesondere Schwefelwasserstoff, hervorgeht, war danach abzulehnen. Der Senat sieht keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, weil nach den eingehenden, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Gutachten bzw. Stellungnahmen des TÜV Nord eine derartige Gefährdung auszuschließen ist und diese Annahme durch das auf einer rein hypothetischen Grundlage erstellte Gutachten Dipl.-Phys. S. nicht durchgreifend in Frage gestellt wird.
124 
2.2.2.2.4 Gefahren durch auslaufendes Substrat (Havarie u.a.)
125 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung wegen einer Gefährdung seines Grundstücks durch auslaufendes Substrat. Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten R+D -Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Ing. P.) vom 13.06.2014. Dieses Gutachten prüft die Vereinbarkeit der Anlage anhand von wasserwirtschaftlichen Anforderungen, insbesondere anhand der Verordnung des Umweltministeriums über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 11.02.1994 (GBI. 1994, 182) - VAwS - sowie des Merkblatts des Umweltministeriums Baden-Württemberg über „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006. Diese Regelwerke dienen der Konkretisierung von § 62 WHG i.d.F. vom 31.07.2009 - WHG 2009 - (früher § 19g WHG) über den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (vgl. § 1 VAwS, Vorwort des o.g. Merkblatts). Danach müssen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln oder Verwenden wassergefährdender Stoffe so beschaffen sein und so errichtet und betrieben werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Die in dem Gutachten herangezogenen Vorschriften und Hinweise stellen mithin anlagenbezogene Anforderungen im Hinblick auf den Gewässerschutz. Dieser Normenkomplex ist grundsätzlich nicht nachbarschützend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz für den Bereich des Wasserrechts - nicht anders als für andere Gebiete des öffentlichen Rechts - grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und die Art der Verletzung dieser Interessen hinreichend deutlich erkennen lassen (grundlegend BVerwG, Urteil vom 15.07.1987 - 4 C 56/83 - BVerwGE 78, 40, m.w.N.). Der Schutz des Grundwassers erfolgt im Allgemeinen im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung. Damit dienen entsprechende Bestimmungen dem Schutz der Allgemeinheit und nicht dem Schutz der Rechte Einzelner (vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 22 ZB 07.224 - juris; anders nur für Trinkwasserversorgungsunternehmen als Träger wasserwirtschaftlicher Gemeinwohlbelange: OVG Lüneburg, Urteil vom 05.09.1996 - 3 I 7866/94 - juris, m.w.N.). Soweit der Kläger der Sache nach die Verletzung von Vorschriften des Wasserrechts rügt, kann daraus mithin keine subjektive Rechtsverletzung folgen.
126 
Auch in der Sache können die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. P. gerügten Mängel im Hinblick auf die Ausführung und Dichtheit der Rohrleitungen und Behälter, die Rissbreitenbeschränkung und die Abdeckung des Umschlagsplatzes der Genehmigung nicht entgegengehalten werden. Es trifft zwar zu, dass der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG i.V.m. §§ 3, 12 VAwS grundsätzlich eine nicht nur einwandige, sondern doppelwandige Ausführung von unterirdischen Rohrleitungen und Behältern gebietet. Das Landratsamt hat aber aufgrund einer fachtechnischen Prüfung mit Bescheid vom 12.08.2014 mittlerweile eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 VAwS im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 62 WHG 2009/ § 19 g Abs. 1 bis 3 WHG a.F. zugelassen. Dies ist nicht zu beanstanden, weil nach dem Vorwort des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen“ vom Juni 2006 Biogasanlagen eine Erleichterung nach § 7 Abs. 2 VAwS erhalten sollen. Soweit der Gutachter die in der Genehmigung festgesetzte Rissbreitenbeschränkung von 0,3 mm beanstandet und eine Beschränkung auf 0,2 mm für geboten hält, hat der Beklagte Nachweise vorgelegt, dass im vorliegenden Fall konkret eine Rissbreite von weniger als 0,2 mm eingehalten wird (Anlage C 43). Im Hinblick auf den wasserdichten Belag des Umschlagplatzes räumt der Gutachter selbst ein, dass ein solcher vorhanden ist und eine Aufkantung zur sicheren Ableitung von verschmutztem Wasser in Baden-Württemberg nicht vorgeschrieben ist. Soweit der Gutachter auf dem Standpunkt steht, in der Genehmigung hätte nach der VAwS anstelle einer 12jährigen eine 5jährige Prüfpflicht für unterirdische Anlagenteile mit wassergefährdenden Stoffen festgesetzt werden müssen, lässt er wiederum außer Acht, dass diese Prüfungen dem Gewässerschutz dienen und dem Kläger keine subjektiven Rechte vermitteln.
127 
Wie der Senat im Verfahren 10 S 1510/13 bereits ausgeführt hat, kann der Kläger sich auch nicht darauf berufen, dass keine Umwallung der Anlage angeordnet worden ist. Das Erfordernis einer Umwallung ist allerdings in § 37 Abs. 3 des Entwurfs der Verordnung des Bundes über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) enthalten. Nach § 68 Abs. 10 des Entwurfs sind bestehende Biogasanlagen grundsätzlich innerhalb vom fünf Jahren nachzurüsten. Im Vorgriff auf den Entwurf haben einige Bundesländer die Umwallung von Biogasanlagen bereits vorgeschrieben. In Baden-Württemberg ist dies aber auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht geltendes Recht; im Fall des Inkrafttretens einer Nachrüstungspflicht wird die Behörde indes eine entsprechende Anordnung zu prüfen haben. Selbst wenn aber eine Umwallung im Hinblick auf den genannten Entwurf bzw. die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern bereits Stand der Technik sein sollte - wie der Kläger geltend macht -, hat er keinen Rechtsanspruch auf den Erlass einer entsprechende Nebenbestimmung oder Anordnung, weil auch die einschlägigen Regelungen der geplanten Bundesverordnung - soweit ersichtlich - grundsätzlich dem objektivrechtlichen Schutz des Wassers dienen werden (vgl. § 1 Abs. 1 AwSV Entwurf). In der Begründung zu § 37 Abs. 3 des Entwurfs zur AwSV wird ausgeführt, dass die vorhandene Anlagentechnik nach der Zahl der Unfälle (48 Unfälle in 8 Jahren allein im Landkreis Rottal-Inn) nicht ausreiche, um Unfälle und ein über Kilometer reichendes Fischsterben zu verhindern. Danach ist auch unter Berücksichtigung der Begründung des Verordnungsentwurfs nicht erkennbar, dass § 37 Abs. 3 AwSV über seinen objektiv-rechtlichen Geltungsanspruchs hinaus Drittschutz vermitteln wird.
128 
Subjektive Rechte des Klägers könnten allenfalls insoweit betroffen sein, als eine Umwallung auch die Gefahr einer Überflutung von Nachbargrundstücken im Falle einer Havarie eindämmt. Nach Überzeugung des Senats besteht aber keine hinreichend konkrete Gefährdung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat. Entgegen der Auffassung des Klägers kann insoweit nicht der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG zum Tragen kommen, wonach der bestmögliche Grundwasserschutz geboten ist. Vielmehr bedarf es - wie mehrfach ausgeführt - in Bezug auf den subjektiven Rechtsschutz einer konkreten Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG, d.h. eine Überflutung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat muss unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend wahrscheinlich sein. In den Jahren 2008/2009 ist ein solches Schadensereignis zwar unstreitig bereits einmal eingetreten. Die Beigeladene hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass es sich nicht um ein statisches oder sonstiges technisches Problem des Gärrestebehälters, sondern um eine versehentliche Ableitung von verunreinigtem Oberflächenwasser bei Reinigungsvorgängen bzw. um ein unbefugtes Eingreifen Dritter gehandelt habe, wogegen inzwischen durch technische Maßnahmen und einen Entwässerungsplan Vorsorge getroffen sei. Gegen unbefugte Eingriffe Dritter sind mittlerweile Vorkehrungen getroffen worden. Dies wurde durch die Sicherheitstechnische Prüfung des TÜV Nord vom 13.06.2014 (Pos. H5, E6) bestätigt, wonach die Anlage inzwischen umzäunt und mit einer abschließbaren Toranlage versehen; die Betriebsgebäude müssen außerhalb der regulären Betriebszeit verschlossen werden. Die Standsicherheit und Dichtheit der Behälter und der sonst betroffenen Anlagenteile sind auf die maximalen Füllstände und Speicherkapazitäten ausgelegt. Die Behälterwände bestehen nach den gutachterlichen Stellungnahmen aus praxiserprobtem Stahlbeton bzw. Edelstahl. Die Statik des Gärrestebehälters ist geprüft worden (Bautechnischer Prüfbericht Prof. Dr.-Ing. F. vom 30.04.2013). Mit Nachtragsprüfbericht vom 05.11.2013 (Prof. Dr.-Ing. F.) wurde insbesondere auch die zusätzliche Belastung des Gärrestebehälters durch das Tragluftdach berücksichtigt. Danach können die Zusatzlasten von der früher eingebauten Bewehrung und von der Bodenplatte mittels eines zusätzlichen Sockels aufgenommen werden. Ab 30 kg/m² Schneelast (15 cm Schneehöhe) ist das Tragluftdach allerdings von Schnee zu befreien. Der Prüfstatiker führt aus, dass aufgrund der regelmäßigen Temperatur zwischen den Folien von 8°- 12° Celsius grundsätzlich von einem Abschmelzen bzw. Abrutschen des Schnees ausgegangen werden könne. Ein Temperaturfühler sei nicht erforderlich, wenn eine sofort einsetzbare mechanische Schneeräumung vorhanden sei. Die Durchführbarkeit des Schneeräumkonzepts der Beigeladenen mittels eines mobilen Kranwagens wurde anlässlich der Bauabnahme überprüft (Gerichtsakte Band II, Anlage C 31). Der Sachverständige Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass ihm bei seinen Recherchen nur zwei Fälle bekannt geworden sind, in denen Schneeräumungen erfolgt sind; dabei sei von der Feuerwehr ein ähnliches Schneeräum-Konzept, wie es die Beigeladene habe, angewandt worden. Der Sachverständige hat ferner schlüssig ausgeführt, dass Gefahren durch Schneelasten nicht plötzlich auftreten, sondern sich zunächst durch Verformungen der Dachhaut ankündigen und optisch gut wahrnehmbar sind. Es bestehe daher hinreichend Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Eine Havarie oder ein Aufreißen der Dachmembran in Folge von Schneelast sei ihm nicht bekannt. Diese Ausführungen werden bestätigt durch das von der Beigeladene im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 vorgelegte Gutachten G., wonach die Schneeräumung über eine vor Ort verfügbare Arbeitsbühne mit entsprechendem Hilfsmaterial gegenüber einer Schneeräumung mittels einer fest installierten Schlagleine gleichwertig und technisch durchführbar sei. Es komme nicht zu einem schlagartigen Zusammenbruch der gesamten Einheit, sondern zu einem langsamen Einsinken und Ablagern auf der Unterkonstruktion.
129 
Der in Ziff. 3.1.4.1 des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung geforderte Anfahrschutz durch eine Leitplanke zum Schutz gegen mechanische Beschädigung ist mittlerweile errichtet und durch die Vorlage von Plänen und Fotografien nachgewiesen worden. Entgegen der Auffassung des Klägers hält der Senat den Anfahrschutz im Hinblick auf die Verkehrsverhältnisse für ausreichend. Auf dem angrenzenden H.-Weg besteht eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h; der Durchfahrtsverkehr ist grundsätzlich auf Fahrzeuge bis 6 t beschränkt und nur für den landwirtschaftlichen Verkehr und für Anlieger freigegeben. Die Errichtung der Leitplanke erfolgte im Übrigen nach Überprüfung und im Einvernehmen mit dem TÜV Nord.
130 
Schließlich sind die Behälter vor Inbetriebnahme auf ihre Dichtigkeit geprüft worden und auch künftig in regelmäßigen Intervallen auf Leckagen Undichtigkeiten und Korrosion hin zu überprüfen. Danach ist ein Auslaufen von Substrat durch das Versagen von Behälterwänden vernünftigerweise auszuschließen.
131 
Der vom Kläger geforderte Anfahrschutz für die Stütze des Galgens und den Kontrollschacht erscheint hingegen nicht erforderlich, weil diese Anlagenteile nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beigeladenen kein Substrat enthalten. Auf die zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung umstrittene Frage, ob der Galgen bei Nichtgebrauch regelmäßig zu Seite geklappt wird, kommt es danach nicht entscheidungserheblich an. Außerdem sind auch gegen das Auslaufen von Substrat durch das Versagen anderer Anlagenteile als der Behälterwände, wie es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in den Vordergrund gerückt wurde, zahlreiche Vorkehrungen getroffen worden. So ist eine Unterfüllsicherung installiert worden, die auf ein außerplanmäßiges Absinken des Behälterfüllstands anspricht und über das Kommunikationssystem das Betriebspersonal informiert. Außerdem ist die weitere Entnahme von flüssigem Substrat aus dem Gärrestespeicher entweder durch einen automatischen Schieber am Saugstutzen, der bei Unterdruck sowie bei Unterschreiten eines Mindestfüllstands von 0,40 m schließt, oder durch eine dauerhaftes Verschließen des Saugstutzens zu verhindern (vgl. Anordnung vom 17.07.2013, Hinweis Nr. 11). Die Entnahmepumpe ist auf eine Förderdauer von 2,5 Minuten (Zeitdauer einer Fassbefüllung) begrenzt; ab 22 Uhr wird die Stromzufuhr zur Förderpumpe automatisch unterbrochen. Das Bedienungsfeld der Pumpe befindet sich 5 m über Grund und wird nach jedem Pumpeneinsatz mit einem Sicherheitsschloss gegen unbefugte Benutzung gesichert. Eine Füllstandsüberschreitung wird durch die Überfüllsonde registriert, was eine Störmeldung auslöst bei gleichzeitiger Unterbindung der weiteren Substratzufuhr (vgl. zum Ganzen Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013). Damit sind zahlreiche technische Vorkehrungen gegen das Auslaufen von Substrat infolge von Versagen der Behälterwänden oder sonstigen Anlagenteilen, Überfüllung oder Eingreifen Unbefugter getroffen worden. Bedienungsfehler sind durch entsprechende Betriebsanweisungen und die Unterweisung und Schulung des Personals zu minimieren, wie es bereits in der Sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 gefordert wird. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines Substrataustritts oder einer Überfüllung nach der genannten Stellungnahme des TÜV Nord als gering zu bewerten (S. 33 ff.). Allenfalls bei grober Fahrlässigkeit, etwa dem Abreißen von Leitungen, ist danach ein Substrataustritt denkbar. Eine Gefahr von Leib und Leben entsteht hierdurch aber nicht, weil frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können, wie etwa Schließen des Schiebers oder durch Umpumpen des Substrats in andere Behälter. Im Übrigen ist das Dachprofil des H.-Wegs nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Landratsamts mittlerweile erhöht und entlang der Grundstücksseite des Klägers aufgekantet worden; dies dürfte auslaufende Gülle jedenfalls in einem bestimmten Umfang vom Grundstück des Klägers fernhalten.
132 
Nach alldem kann ein Abwehranspruch des Klägers im Hinblick auf die Gefahr eines Substrataustritts nicht angenommen werden. Diese Gefahr ist durch sicherheitstechnischen Vorkehrungen hinreichend minimiert; selbst im Schadensfall besteht keine Gefahr für Leib und Leben des Klägers. Die vom Kläger vorgelegte Untersuchung von Dr. K. vom 10.09.2014 zu den Risiken eines Substrataustritts ist nicht geeignet, eine andere Einschätzung zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass der Gutachter nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von der Fachrichtung her Chemiker und kein nach § 29a BImSchG bekanntgegebener Sachverständiger ist, mag seine Stellungnahme zwar veranschaulichen, dass es bei Biogasanlagen häufig zu Störungen und Unfällen kommt, die zum Auslaufen von Gülle führen. Die konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Schadensereignisses in der hier umstrittenen Anlage der Beigeladenen wird durch das Gutachten aber nicht plausibel belegt; der Autor weist selbst darauf hin, dass einige Unsicherheiten bestehen, weitere quantitative Untersuchungen erforderlich seien und eine Risikomatrix geschulten Fachleuten vorbehalten bleiben müsse (S. 14, unten, S. 17, S. 18 unten). Nicht plausibel erscheint insbesondere die Risikomatrix in Abbildung 4 des Gutachtens, wonach eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit (W 3) dafür bestehe, dass es im Falle einer Havarie Leichtverletzte geben werde. In dem Gutachten wird die Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung nicht überzeugend begründet. Gefahren für Leib und Leben sowie Hab und Gut im Fall eines Gülleaustritts werden vom Gutachter ohne weiteres unterstellt, so dass eine zuverlässige Aussage zum Schadensausmaß nicht getroffen wird. Das Gutachten enthält auch keine überzeugenden Erläuterungen zur Eintrittswahrscheinlichkeit einer Havarie bei der konkreten Anlage. Der Gutachter rechnet mit einer nicht näher begründeten Eintrittswahrscheinlichkeit von 1 zu 2500, die er wohl statistisch herleitet. Konkrete Störfallszenarien im Hinblick auf die Ursachen von Störungen und den Umfang der hierbei zu erwartenden Schäden durch auslaufende Gülle werden in die Schadensprognose nicht einbezogen. Der Gutachter unterstellt weiter zu Unrecht, dass das Grundstück in einem Hochwasserschutzgebiet liege; ferner findet eine belastbare Fehlerdiskussion nicht statt.
133 
Der Beweisantrag Nr. 2 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr bezüglich eines Substrataustritts besteht und dadurch Leib und Leben des Klägers gefährdet wird und daher zwingend eine Umwallung und ein Anfahrschutz anzubringen ist, um diese Gefahren zu minimieren, war nach den vorstehenden Ausführungen abzulehnen. Wie ausgeführt, hat der Kläger keinen subjektiven Rechtsanspruch auf Maßnahmen wie Umwallung und (weiteren) Anfahrschutz, die in erster Linie dem objektiv-rechtlichen Gewässerschutz dienen; im Übrigen liegen ausreichende Erkenntnisse und sachverständige Stellungnahmen vor, wonach hinreichende Vorkehrungen gegen ein Auslaufen von Substrat getroffen worden sind. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten stellt dies nicht durchgreifend in Frage, weil es sich mit den Sicherheitsstandards der konkreten streitgegenständlichen Anlage nicht auseinandersetzt. Der Senat sieht daher keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Bei der unter Beweis gestellten Tatsache handelt es sich ferner um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag, weil der Kläger gleichsam ins Blaue hinein behauptet, an Leib und Leben gefährdet sein. Auslaufendes Substrat mag zwar auf dem Grundstück des Klägers zu Sachschäden führen; es ist aber nicht ersichtlich und vom Kläger auch in keiner Weise substantiiert worden, dass hierdurch Gefahren für Leib und Leben von Personen entstehen, die sich auf dem Grundstück aufhalten. Selbst wenn von dem Substrat beim Einatmen in nächster Nähe toxische Gefahren ausgehen sollten, können sich Betroffene ohne weiteres rechtzeitig entfernen. Schließlich handelt es sich bei der Frage, ob die Gefahr erheblich ist, nicht um eine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern um eine vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage.
134 
2.3. Bauplanungsrecht
135 
Die Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 verstößt auch nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, die dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
136 
Nicht entscheidungserheblich ist im vorliegenden Nachbarstreit, ob eine Privilegierung des Vorhabens der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 BauGB anzunehmen ist; insoweit ist allein maßgeblich, ob das Vorhaben der Beigeladenen hinsichtlich der ihm zuzurechnenden Auswirkungen auf schutzwürdige Interessen des Klägers die gebotene Rücksicht nimmt. Der Nachbar erlangt eine schutzwürdige Abwehrposition nämlich nicht allein dadurch, dass das auf dem Nachbargrundstück genehmigte Vorhaben wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die nicht dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt sind, nach § 35 Abs. 3 BauGB unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.1993 - 4 C 5/93 - NVwZ 1994, 686; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10898/07 - juris).
137 
Nach den Ausführungen unter 2.2. kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots berufen. Das Bauplanungsrecht stellt keine strengeren Anforderungen an die Zumutbarkeit bestimmter Immissionen als das Immissionsschutzrecht (st. Rspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74/78 - juris). Da das Vorhaben nicht der Störfall-Verordnung unterliegt, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Biogasanlage unter störfallrechtlichen Gesichtspunkten rücksichtslos an die Wohnnutzung des Klägers heranrückt. Im Übrigen wurde die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt, bevor die Baugenehmigung und Nutzungsänderung des Klägers beantragt wurde. Die nunmehr geduldete Wohnnutzung des Klägers kann daher nicht von vorneherein als vorrangig gegenüber dem heranrückenden Betrieb betrachtet werden. Schließlich kann die Beigeladene weder auf der Grundlage von Art. 14 Abs. 1 GG noch von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auf einen anderen, für den Kläger aus immissionsschutzrechtlicher Sicht günstigeren Standort verwiesen werden, wenn von der geplanten Biogasanlage keine unzumutbaren Einwirkungen ausgehen. Ergibt die immissionsschutzrechtliche Prüfung, dass die von der Anlage ausgehenden Belastungen an dem von dem Betreiber gewählten Standort zumutbar sind, muss der Nachbar diese auch dann hinnehmen, wenn es einen ihn noch stärker schonenden Alternativstandort gibt. Denn die immissionsschutzrechtliche Prüfung ist ebenso wie die baurechtliche Prüfung an der Standortentscheidung des Anlagenbetreibers bzw. Bauherrn ausgerichtet und hieran gebunden. Der Anlagenbetreiber bestimmt das Vorhaben, dessen Zulässigkeit dann auf der Grundlage der eingereichten Antragsunterlagen von der Behörde zu prüfen ist (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 4 B 93.98 -, UPR 1999, 74 m. w. N. zur Standortbindung im baurechtlichen Verfahren; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris).
138 
III. Kosten
139 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug aufzuerlegen, weil diese im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Hingegen wäre es unbillig, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im ersten Rechtszug aufzuerlegen, weil sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinen Antrag gestellt hat.
140 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
141 
Beschluss vom 12. März 2015
142 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW, Heft Januar 2014) auf 15.000 EUR festgesetzt.
143 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Der am 02.04.2015 bei Gericht eingegangene Antrag des Klägers auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO) bleibt ohne Erfolg. Eine Wiedereröffnung ist nur bis zum Erlass der die Instanz abschließenden Entscheidung möglich. Der mit den Unterschriften der Mitglieder des erkennenden Senats versehene Tenor des Urteils ist der Geschäftsstelle am 13.03.2015 übergeben und den Beteiligten am 16.03.2015 per Telefax übermittelt worden ist. Damit war das Urteil wirksam und für den Senat bindend (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 116 Rn. 10). Der Senat war zur Niederlegung und Bekanntgabe des Tenors zu diesem Zeitpunkt auch berechtigt; eine Schriftsatzfrist ist dem Kläger nicht eingeräumt und von ihm auch nicht beantragt worden. Im Übrigen besteht auch in der Sache kein Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (dazu unten 2.2.2.1.2 ).
28 
Die hilfsweise beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Urteil des Senats nicht rechtskräftig ist (§ 153 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen ist auch kein Restitutionsgrund ersichtlich.
29 
Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere fristgerecht und unter Stellung eines Antrags begründet worden (§ 124 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungen sind auch begründet. Die Klage ist zwar zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.). Die Klage ist daher unter Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen.
30 
I. Zulässigkeit der Klage
31 
Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für die gemäß § 125 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 91 VwGO auch noch im Berufungsverfahren statthafte Klagänderung. Die Klagänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, weil die übrigen Beteiligten eingewilligt haben. Sie ist darüber hinaus aus prozessökonomischen Gründen sachdienlich. Die geänderte Klage erfüllt alle Sachurteilsvoraussetzungen. Zwar kann eine Klagänderung nach bislang überwiegender Auffassung durch den obsiegenden Kläger in der Berufungsinstanz nur im Wege einer Anschlussberufung nach § 117 VwGO erfolgen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in jüngster Zeit offen gelassen, ob die Annahme zutrifft, dass eine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO im Berufungsverfahren nach einem stattgebenden Urteil erster Instanz nur im Wege einer rechtzeitig eingelegten Anschlussberufung nach § 127 VwGO vorgenommen werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - juris; sowie vom 04.12.2014 - 4 C 33.13 - juris). Nach Auffassung des Senats ist zumindest in der vorliegenden Fallkonstellation keine Anschlussberufung erforderlich, weil der Beklagte den in erster Instanz angefochtenen Verwaltungsakt während des Berufungsverfahrens modifiziert und teilweise ersetzt hat. Das Gebot der Waffengleichheit und Billigkeit gebietet es daher, dem Kläger die prozessuale Möglichkeit einer Konkretisierung seines Klagantrags im Hinblick auf die aktuelle Fassung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einzuräumen, ohne an die Form- und Fristerfordernisse einer Anschlussberufung nach § 127 VwGO gebunden zu sein. Sofern auch in solchen Fällen eine Klagänderung nur im Wege einer Anschlussberufung erfolgen kann, hat der Kläger diese jedenfalls mit Schriftsätzen vom 02.09.2013 und 14.02.2014 eingelegt. Er hat damit eindeutig erkennen lassen, dass er über die Zurückweisung der Berufungen hinaus eine Einbeziehung der Änderungsgenehmigungen in das Berufungsverfahren anstrebt. Die Anschlussberufung muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sein (BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - a.a.O. m.w.N.). Der Kläger konnte im September 2013 und im Februar 2014 auch noch in zulässiger Weise Anschlussberufung einlegen. Die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO wurde nicht in Lauf gesetzt, weil die Berufungsbegründungsschrift des Beklagten dem Kläger nicht zugestellt worden ist (§ 57 Abs. 1 VwGO). Die Berufungsbegründungschrift der Beigeladenen wurde dem Kläger zwar am 04.07.2013 zugestellt. Die Befristung kann aber nicht für Anschließungen gelten, mit denen auf während des Berufungsverfahrens vorgenommene Prozesshandlungen des Berufungsklägers reagiert wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 127 Rn. 14); dies muss erst recht gelten, wenn der Streitstoff durch den Berufungskläger zu Lasten des ursprünglich obsiegenden Klägers verändert wird. Die Beigeladene hat mit - nicht zugestelltem - Schriftsatz vom 31.07.2013 auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Bezug genommen und sich damit ein weiteres rechtserhebliches Vorbringen zu eigen gemacht. Auch der Beklagte hat seine Berufungsbegründung durch zusätzlichen rechtserheblichen Vortrag ergänzt, indem er sich mit einem - nicht zugestellten - Schriftsatz vom 30.07.2013 auf die nachträgliche Anordnung vom 17.07.2013 zur Ergänzung der Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 berufen hat. Außerdem hat die Beigeladene im Juli 2013 eine weitere immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung beantragt, die von dem Beklagten am 31.10.2013 erteilt wurde und mit der die ursprüngliche Genehmigung erheblich modifiziert wurde. Die zuletzt genannte Genehmigung war Gegenstand der Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 und 10 S 473/14 und wurde von den Beteiligten auch im Berufungsverfahren erörtert; eine Zustellung der diesbezüglichen Schriftsätze ist im Berufungsverfahren nicht erfolgt. Im Hinblick auf diese veränderte Sach- und Rechtslage muss eine Anschließung nach dem Grundsatz der Waffengleichheit noch zulässig sein. Fristen wurden insoweit nicht in Lauf gesetzt.
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II. Begründetheit der Klage
33 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 und vom 31.10.2013 sowie der nachträglichen Anordnung vom 17.07.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
34 
Wie der Senat in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits ausgeführt hat, findet in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht statt. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist bei der Anfechtungsklage eines Dritten vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343).
35 
Rechtsgrundlage für die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 16 BlmSchG. Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Der Anlagenbetreiber hat nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, sofern die formellen und materiellen Voraussetzungen vorliegen. Lassen sich Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen ausräumen, ist die Genehmigung mit diesen Nebenbestimmungen zu erteilen (Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 6 Rn. 42).
36 
1. Verfahrensrecht
37 
Die Genehmigung begegnet keinen durchgreifenden verfahrensrechtlichen Bedenken. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es hätte eine Neugenehmigung der Anlage erfolgen müssen, weil sich der Gesamtcharakter der Anlage grundlegend verändere. Eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Klägers ist insoweit nicht ersichtlich. Eine Änderungsgenehmigung unterliegt grundsätzlich den gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie eine Erstgenehmigung; insbesondere muss die geänderte Anlage den Anforderungen des § 6 Abs. 1 BlmSchG entsprechen (Jarass, BImSchG, a.a.O., § 16 Rn. 35). Eine Öffentlichkeitsbeteiligung wäre auch im Falle einer vollständigen Neugenehmigung der Anlage nicht erforderlich gewesen, weil diese im vereinfachten Verfahren nach § 19 BlmSchG i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 2, Anhang 1 Nr. 1.2.2.2 Spalte c, Nr. 8.6.3.2 Spalte c 4. BlmSchV i.d.F. vom 02.05.2013 (früher Nr. 1.4 Spalte 2 Buchst. b) aa); Nr. 8.6 Spalte 2 Buchst. b)) durchgeführt wird. Der Kläger erleidet daher durch die Erteilung der Änderungsgenehmigung anstelle einer Neugenehmigung keinen Rechtsnachteil (vgl. im Einzelnen den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Senatsbeschluss vom 11.12.2014 - 10 S 473/14 - juris).
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2. Materielles Recht
39 
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris; OVG NRW, Urteil vom 09.12.2009 - 8 D 6/08.AK - juris). Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass dies nicht nur für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, sondern auch für die Abwehr sonstiger Einwirkungen im Sinne der 2. Alternative des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG gilt. Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Diese Bestimmung hat aber nicht die Bedeutung, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, nach den konkreten Umständen des Falles mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.02.1978 - I C 102/76 - BVerwGE 55, 250; vgl. auch Jarass a.a.O. § 3 BlmSchG Rn. 39). Nach überwiegender Auffassung muss eine konkrete Gefährlichkeit bestehen; eine abstrakte Störqualität genügt nicht (Jarass a.a.O. § 3 BImSchG Rn. 39). Mithin genügt die bloße Eignung von Einwirkungen, einen Schaden herbeizuführen, nicht, um Schutz- und Abwehransprüche nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 m.w.N.). Je schwerwiegender die zu befürchtenden Schäden sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen; umgekehrt muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts desto höher sein, je geringer die Schadensfolgen sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 43 m.w.N.). Nach Durchführung der erforderlichen Amtsaufklärung verbleibende Unsicherheiten lassen sich eventuell durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren (Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 f.; § 12 Rn. 8).
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Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BlmSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 47 m.w.N.). Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Staub und Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2/07 - juris m.w.N.).
41 
Es ist nicht abschließend geklärt, ob schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative BlmSchG nur diejenigen Immissionen sind, die im Normalbetrieb der Anlage entstehen, oder auch diejenigen, die durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder durch extern ausgelöste Gefahren verursacht werden (so Jarass a.a.O. § 5 Rn. 12 f. Rn. 24; differenzierend Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 5 BlmSchG Rn. 96). Durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder externe Gefahren hervorgerufene negative Einwirkungen sind aber zumindest den sonstigen Gefahren im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BlmSchG zuzuordnen. Hierzu gehören insbesondere auch Explosions- und Brandgefahren sowie die Gefahr von Flüssigkeitsaustritt oder Überflutungen (Jarass a.a.O. § 5 Rn. 27 f.).
42 
2.1. Schädliche Umwelteinwirkungen bei bestimmungsgemäßem Betrieb
43 
Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung stellt in ihrer gegenwärtigen Fassung hinreichend sicher, dass durch den Anlagenbetrieb keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm, Gerüche, Bioaerosole und Formaldehyd hervorgerufen werden.
44 
Die Beigeladene hat mit den Antragsunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 drei Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vorgelegt, wonach auch nach der Erhöhung der Güllemenge keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm und Gerüche von der Anlage ausgehen. Gegen die Verwertbarkeit dieser Gutachten im vorliegenden Verfahren spricht nicht, dass die Gutachten im Zusammenhang mit einem Antrag der Beigeladenen vom 15.03.2013 auf Erteilung einer Neugenehmigung der Anlage erstellt worden sind, der vorsorglich für den Fall der Aufhebung der Erstgenehmigung gestellt und mittlerweile zurückgezogen wurde. Denn der Neuantrag entsprach im Wesentlichen dem Zustand, den die Anlage nach Erteilung der 2. Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 hat, insbesondere ist die Substratmenge einschließlich des erhöhten Gülleumsatzes identisch. Das Ergebnis der Gutachten wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Abstand zwischen dem Wohnhaus des Klägers und der umstrittenen Anlage mit ca. 70 m angenommen wird, wohingegen der Abstand nach Aktenlage lediglich ca. 50 m beträgt. Ungeachtet dessen, dass diese Abweichung darauf beruhen dürfte, dass entweder vom Mittelpunkt oder vom Rand des Gärrestebehälters gemessen wird, hat die genannte Entfernungsangabe keinen Eingang in die Immissionsprognosen gefunden. Diese beruhen vielmehr auf maßstäblich skalierten topographischen Rasterkarten mit integriertem Lageplan, in dem die betroffenen Anlagen zutreffend wiedergegeben werden (vgl. auch Stellungnahme der SFI vom 11.03.2015). Im Einzelnen:
45 
2.1.1 Staub
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Nach Nr. 4.3.1 TA Luft ist der Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen durch Staubniederschlag sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 ermittelte Gesamtbelastung den Immissionswert von 0,35 g/(m 2.d) im Jahresmittel nicht übersteigt. Nach Nr. 4.3.2 Buchst. b) TA Luft darf die Genehmigung auch bei einer Überschreitung nicht versagt werden, wenn die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an diesem Beurteilungspunkt einen Wert von 10,5 mg/ (m2.d) im Jahresmittel nicht überschreitet. Nach dem von der Beigeladenem vorgelegten Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vom 02.05.2013 zu „Staubimmissionen im Umfeld der Biogasanlage am Standort K." beträgt die Kenngröße für die Zusatzbelastung weniger als 10,5 mg/ (m2.d). Nach den Ausbreitungsradien liegt der Immissionsort Wohnhaus H. Weg Nr. ... (Wohnhaus des Klägers) nur zu einem geringen Teil im untersten Bereich einer Zusatzbelastung durch Staubdeposition (0,0050 bis 0,0105 g/(m2.d), überwiegend aber außerhalb des Einflussbereichs der Anlage.
47 
Im Hinblick auf die Schwebstaubbelastung nimmt das Gutachten unter Zugrundelegung eines zutreffenden Lageplans eine Überschreitung des Irrelevanzwerts an. Darauf basierend berechnet das Gutachten die Gesamtbelastung unter Berücksichtigung der Hintergrundbelastung nach den Messwerten der LUBW und gelangt zu dem Ergebnis, dass sowohl der Jahresimmissionswert von 40 pg/m2 als auch der Tagesmittelwert von 50 pg/m2 mit 35 zulässigen Überschreitungen (vgl. Nr. 4.2.1 TA Luft Tabelle 1) eingehalten werden.
48 
Substantiierte Einwendungen des Klägers gegen das Gutachten wurden nicht erhoben. Das Gutachten stimmt zudem im Ergebnis mit dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten Dr. D. vom 27.07.2012 überein, wonach - allerdings nach damaligem Genehmigungsstand - von der Anlage keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Schwebstaub oder Staubdeposition ausgehen.
49 
2.1.2. Lärm
50 
Der Kläger wird keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt.
51 
Wie der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 393/13 ausgeführt hat, genießt eine Wohnnutzung im Außenbereich nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO. Angesichts dessen, dass die Eigentümer von Wohngebäuden im Außenbereich stets damit rechnen müssen, dass sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft privilegierte Nutzungen, sowohl land- oder forstwirtschaftlicher als auch gewerblicher Art, ansiedeln, die z.B. in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig wären, können für eine Wohnnutzung im Außenbereich allenfalls die Schutzmaßstäbe in Anspruch genommen werden, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig sind, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten (st. Rspr., vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.08.1995 - 8 S 1819/95 - BRS 57 Nr. 105, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris; OVG NRW, Urteil vom 25.03.2009 - 7 D 129/07.NE - juris; BayVGH, Beschluss vom 05.10.2011 - 15 CS 11.1858 - juris). Nach Nr. 6.1 TA Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Nach der Schallimmissionsprognose der SFI (Dipl.-Phys. L.) vom 20.03.2013 werden diese Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des Klägers als nächstgelegenem Immissionsort tagsüber um 6 dB(A) und nachts um 8 dB(A) unterschritten. Durchgreifende Bedenken gegen die Plausibilität und Verwertbarkeit des genannten Gutachtens sind nicht ersichtlich und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht.
52 
2.1.3 Gerüche
53 
Der Betrieb der umstrittenen Anlage führt auch nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen des Klägers.
54 
In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wird der Immissionsrichtwert für die durch die Biogasanlage und durch andere gewerbliche Anlagen verursachten Geruchsimmissionen (Gesamtbelastung) für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich auf 0,15 (relative Häufigkeiten von Geruchsstunden) festgesetzt. Gegen diese Festsetzung bestehen keine inhaltlichen Bedenken, denn sie entspricht dem Immissionsrichtwert, den die Geruchsimmissions-Richtlinie in der Fassung vom 29.02.2008 und der Ergänzung vom 10.09.2008 - GIRL - für Dorfgebiete empfiehlt (vgl. Tabelle 1). Die GIRL ist eine Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen, die die Bewertung erleichtern soll, ob eine Geruchsimmission als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist; sie konkretisiert mithin die Anforderungen, die sich aus der drittschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ergeben (vgl. Nr. 1 GIRL, BVerwG, Beschluss vom 22.05.2014 - 7 B 3/14 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.01.2012 - 22 ZB 10.2333 - juris). Bei der tatrichterlichen Bewertung von Geruchsbelästigungen kann die GIRL zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen als zwar rechtlich nicht verbindliche, aber zulässige Erkenntnisgrundlage und Orientierungshilfe herangezogen werden (Erlasse des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06. und vom 17.11.2008, Az. 4-8828.02/87; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29/10 - juris; BVerwG, Beschluss vom 07.05.2007 - 4 B 5.07 -, BRS 71 Nr. 168 [2007]; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.04.2010 - 3 S 2786/09 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2011 - 8 S 600/09 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10872/07 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 27.04.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG NW, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris m.w.N.). Danach ist mit der Festsetzung eines Immissionswerts von 0,15 Jahresgeruchsstunden, wie er in der GIRL für Dorfgebiete empfohlen wird, hinreichend sicher, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt wird. Demgegenüber kann der Kläger nicht den niedrigeren Immissionswert von 0,10 beanspruchen, den die GIRL für Wohngebiete festsetzt. Denn eine Wohnnutzung im Außenbereich genießt - wie ausgeführt - nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO, sondern allenfalls das Schutzniveau für andere gemischt genutzte Gebiete.
55 
Entgegen der vom Beklagten wohl vertretenen Auffassung kommt dem Anwesen des Klägers aber auch kein geringerer Schutzanspruch als einem landwirtschaftlichen Anwesen zu, weil eine vergleichbare bauplanungsrechtliche Situation besteht. Historisch gesehen handelt es sich bei der Wohnnutzung des Klägers um die Fortsetzung einer ehemals privilegierten Wohnnutzung eines gärtnerischen Anwesens, deren Bestandsschutz zwischen den Beteiligten umstritten ist. Dem Kläger wurde zwar keine Genehmigung für die Nutzungsänderung des Wohngebäudes von ehemals privilegiertem landwirtschaftlichem Wohnen in jetzt nicht landwirtschaftliches Wohnen erteilt; der Beklagte hat diese Wohnnutzung aber schon bisher faktisch geduldet und sich im Verwaltungsrechtsstreit 3 S 452/13 nunmehr im Rahmen eines Vergleichs zur Duldung verpflichtet. Damit ist die Wohnnutzung des Klägers im Hinblick auf ihren Schutzstatus mit dem - ebenfalls im Außenbereich nur ausnahmsweise zulässigen - Wohnen in einem landwirtschaftlichen Anwesen vergleichbar. Für den Außenbereich gibt die GIRL einen allgemeinen Immissionswert allerdings nicht ausdrücklich vor. In Tabelle 1 der GIRL wird für Dorfgebiete ein Immissionswert von 0,15 genannt; in Einzelfällen seien Zwischenwerte von bis zu 0,20 zwischen Dorfgebiet und Außenbereich möglich. Bezüglich des Außenbereichs wird ausgeführt, es sei in Einzelfällen unter Prüfung der speziellen Randbedingungen möglich, einen Wert bis zu 0,25 heranzuziehen, weil das Wohnen im Außenbereich - anders als die landwirtschaftliche Nutzung - nur ausnahmsweise zulässig und mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Es kann dahinstehen, ob danach von dem Kläger eventuell auch ein höherer Immissionswert hingenommen werden müsste, wie in der Begründung der Genehmigung zwar zum Ausdruck gebracht wird, aber im Tenor nicht verfügt worden ist. Denn der in der Genehmigung festgesetzte Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchstundenhäufigkeit kann im Anlagenbetrieb aller Voraussicht nach eingehalten werden. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten der SFI vom 13.03.2013 prognostiziert für das Wohnhaus des Klägers eine Zusatzbelastung von 0,8 sowie eine Gesamtbelastung für die Geruchsstundenhäufigkeit von 0,14 (Abb. 5, S. 28 f.); lediglich an der Grundstücksgrenze ergeben sich Geruchsstundenhäufigkeiten von maximal 0,17.
56 
Durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens bestehen nicht. Das Ergebnis des Gutachtens stimmt im Wesentlichen mit der Prognose des vom Verwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Geruchsgutachtens Dr. D. für den Fall einer gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters überein, dem allerdings noch eine geringere Güllemenge zugrunde lag. Der damals noch offene Gärrestebehälter wurde im Geruchsgutachten Dr. D. mit der längst möglichen Emissionszeit (8.760 h/a) und der zweithöchsten Emissionsfracht (39.242 (MGE/a) angesetzt. Es erscheint plausibel, dass die Beseitigung dieser wesentlichen Geruchsquelle durch Abdeckung zu einer deutlichen Minderung der Geruchsbelastung führt. Außerdem erscheint es plausibel, dass durch den Verzicht auf Gülleanlieferungen an der dem Grundstück des Klägers am nächsten gelegenen Vorgrube 1 eine weitere Geruchsminimierung erfolgt.
57 
Der Einwand des Klägers, das Geruchsgutachten gehe von einer unzutreffenden Windverteilung aus, greift nicht durch. Das Gutachten der SFI legt die Windverteilungsstatistik der Station Mühlacker zugrunde. Dies beruht auf einem eingehenden meteorologischen Standortgutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 25.02.2013, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Substantiierte Einwendungen gegen das meteorologische Gutachten wurden nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Ergebnis des meteorologischen Gutachtens erscheint auch deshalb plausibel, weil die Windrose der Station Mühlacker - mit Ausnahme eines dritten Windmaximums aus nördlicher Richtung - im Wesentlichen der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW für diesen Standort entspricht, wie sie auch vom Gutachter Dipl.-Ing. D. zugrunde gelegt wurde. Beide Windrosen weisen als Richtungsmaximum eine West-Ost-Richtung und eine schwächere Südost-Nordwestrichtung auf, somit liegt das Grundstück des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung. Dass es eine „sekundäre Hauptwindrichtung Ost“ gibt, wie der Kläger geltend macht, ist im Geruchsgutachten berücksichtigt worden (vgl. S. 22: „Nebenmaximum aus südöstlicher Richtung mit relativen Häufigkeiten von 4%“). Der vom Kläger beanstandete Umstand, dass diese Windrichtung im Geruchsgutachten als nachrangig betrachtet wird, entspricht dem Ergebnis des meteorologischen Gutachtens. Auch wenn man das dritte Windmaximum der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW aus nördlicher Richtung berücksichtigt, liegt das Grundstück des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung.
        
58 
Auch der Einwand des Klägers, bei Berücksichtigung des Waschwassers werde der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschritten, greift nicht durch. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 11.03.2015 hat der Gutachter insoweit ausgeführt:
59 
„Sickerwässer, wozu auch die anfallenden Waschwassermengen auf der Waschplatte gehören, werden über die Drainageleitungen in die Vorgrube 1 eingeleitet. Von dort werden sie in den Fermenter gepumpt (s. Geruchsgutachten S. 13, Abschnitt 5.2). Diese Waschwassermengen verursachen bezüglich des Systems Drainage-Vorgrube-Fermenter keine zusätzlichen Geruchsemissionen.
60 
Auf der Waschplatte evtl. entstehende Geruchsemissionen können über ihren Emissionszeitanteil als unbeachtlich eingestuft werden: bei 15 jeweils 45-minütigen Reinigungsvorgängen der Güllefässer ergibt sich ein Emissionszeitanteil von 11,3 Stunden. Wenn man im ungünstigsten Fall davon ausgeht, dass die während der Reinigungsvorgänge freigesetzten Geruchsemissionen am Immissionsort 1 (H. Weg ...) immer wahrnehmbar sind, beträgt der Zeitanteil lediglich 11,3 h / 8760 h = 0,0013 oder 0,13 %, d. h. die Geruchsstundenhäufigkeit, angegeben in Prozent, würde sich im Nachkommabereich um maximal eine Stelle ändern.“
61 
Diesen plausiblen Ausführungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Im Übrigen hat der Geschäftsführer der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Reinigungsvorgänge nunmehr teilweise in anderen Betrieben durchgeführt werden, was die hierdurch verursachte Geruchsbelastung weiter reduziert.
62 
Nach alldem sieht der Senat keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Geruchsgutachtens. Der Beweisantrag Nr. 4 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage der Beigeladenen eine erhebliche Geruchsbelastung ausgeht, die den Grenzwert der GIRL von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschreitet (Beweisantrag Nr. 4), war deshalb abzulehnen. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens steht gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich im tatrichterlichen Ermessen. Sie ist nur dann geboten, wenn die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht oder wenn sich herausstellt, dass es sich um eine besonders schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei den bisherigen Gutachtern nicht vorhanden ist (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.03.2013 - 4 B 15/12 - juris m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Das in das Verfahren eingeführte Gutachten der SFI vom 13.03.2013 ist - auch im Vergleich mit dem Geruchsgutachten Dr. D. - plausibel und nachvollziehbar und damit geeignet, dem Senat die erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Wie ausgeführt, wurde das Gutachten vom Kläger nicht durchgreifend in Frage gestellt. Die Berücksichtigung des Waschwassers hat keine relevanten Auswirkungen. Die im Gutachten zugrunde gelegte Windverteilungsstatistik wird durch ein eingehendes meteorologischen Gutachten untermauert. Grobe Mängel des Gutachtens sind nicht erkennbar. Auch sonst gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden nicht eingehalten werden kann.
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2.1.4 Bioaerosole
64 
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, schädlichen Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole (Keime und Endotoxine) ausgesetzt zu werden. Nach der - soweit ersichtlich - einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung löst die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung keinen von dem Kläger geltend zu machenden Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus; vielmehr ist sie gegenwärtig nur über das Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 - 9 A 2030/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.03.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.06.2013 - 2 M 16/13 - juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.03.2013 - 1 LB 5/12 - juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.12.2012 - 1 MN 164/12 - juris). Dem Vorsorgegebot kommt nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zu, weil die Regelung nicht der Begünstigung eines individualisierbaren Personenkreises, sondern dem Interesse der Allgemeinheit daran dient, potenziell schädlichen Umwelteinwirkungen vorzubeugen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329). Die Bewertung von Bioaerosolen ist weder ein Anwendungsfall der GIRL noch existieren sonstige Normen oder technische Richtlinien, die Anhaltspunkte für einzuhaltende Grenzwerte geben könnten. Zwar gelten Bioaerosole als potentiell schädlich, z. B. als Auslöser von Atemwegserkrankungen und Allergien. Wie ausgeführt, genügt die potentielle Eignung von einwirkenden Luftverunreinigungen, einen Schaden herbeizuführen, jedoch nicht, um einen Schutzanspruch gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329). Bioaerosole sind bisher nur unzureichend erforscht. Da der aktuelle Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, sind die Risiken derartiger Immissionen noch nicht abschließend quantifizierbar. Ausbreitung und kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt und es kann keine Wirkschwelle angegeben werden, oberhalb derer mit Gesundheitsschäden beim Menschen zu rechnen ist. Auch die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen (HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 a.a.O.). Aufgrund der Ungewissheit über einen Schadenseintritt können potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, bei denen nur ein generelles Besorgnispotential besteht, zwar Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - a.a.O.), begründen aber keinen konkreten Schutz- und Abwehranspruch Dritter im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
65 
2.1.5 Formaldehyd
66 
Auch die Rüge des Klägers, dass die Gefährlichkeit des krebserregenden Stoffes Formaldehyd, der bei Verbrennungsmotoren entstehe, nicht berücksichtigt worden und nunmehr unionsrechtlich ein neuer Grenzwert festzusetzen sei, greift nicht durch.
67 
Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass sich ein Abwehranspruch des Klägers nur aus einer Verletzung der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, nicht aber aus einer Verletzung der - nicht drittschützenden - Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG ergeben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - a.a.O.). Solange aber für potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe keine Immissionswerte bestimmt sind, dienen zur Minimierung des Gesundheitsrisikos erlassene Emissionsgrenzwerte auch dem Schutz eines individualisierbaren Personenkreises im Einwirkungsbereich der Anlage. Im Rahmen des Minimierungsgebots endet die Schutzpflicht regelmäßig dort, wo aufgrund sachverständiger Risikoabschätzung die Irrelevanz einer von der Anlage verursachten Immissionszusatzbelastung durch potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe anzunehmen ist (BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 - a.a.O.; Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - juris; BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; zweifelnd OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - 11 S 83.06 - juris). Der in der Nummer 5.4.1.4 der TA Luft festgesetzte Emissionsgrenzwert für Formaldehyd ist vor diesem Hintergrund als drittschützend anzusehen (BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - a.a.O.; vgl. auch Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - a.a.O.). Zu berücksichtigen ist dabei die potenzielle Gefährlichkeit von Formaldehyd für die menschliche Gesundheit (Krebsrisiko).
68 
Es ist jedoch sichergestellt, dass der derzeit geltende Emissionsgrenzwert eingehalten wird. Nach Nummer 5.4.1.4 TA Luft beträgt der Emissionsgrenzwert für Formaldehyd im Abgas bezogen auf die Massenkonzentration 60 mg/m³. In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wurde dieser Emissionsgrenzwert festgesetzt (Nebenbestimmung D3).
69 
Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 erklärten Antragsunterlagen hat die Anlage zwar mittlerweile einen Emissionswert von 40 mg/m³ einzuhalten; die Einhaltung dieses Grenzwerts nach Erhöhung der Feuerungswärmeleistung ist innerhalb von 6 Monaten nachzuweisen ist (Nebenbestimmung D1). Mit der Festsetzung des Emissionswertes von 40 mg/m³ soll nach den Erklärungen des Beklagten dem Emissionsminimierungsgebot nach Nr. 5.2.7 TA Luft für als krebserregend eingestufte Stoffe Rechnung getragen werden, das nach Nr. 5.1.1 Abs. 2 Satz 5 TA Luft ergänzend zu den Emissionsgrenzwerten Anwendung findet, und dessen Einhaltung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) gesondert honoriert wird. Der Kläger kann sich aber nicht auf die Einhaltung des Emissionsminimierungsgebots nach Nr. 5.2.7 TA Luft über den Emissionsgrenzwert hinaus berufen, d.h. er kann nicht die Optimierung der Anlage im Hinblick auf die Reduzierung umweltgefährdender Stoffe über die Erfüllung der Mindestanforderungen hinaus verlangen. Gegen eine drittschützende Zielrichtung spricht, dass Nr. 5.2.7 TA Luft ausschließlich der Vorsorge dient, wie sich aus der Einordnung in den 5. Abschnitt der TA Luft ergibt, und nicht auch dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, wie die Vorgängervorschrift in der TA Luft 1986 (Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 2014, Band IV TA Luft Nr. 5.2.7 Rn. 1 f.). Ferner ist es nicht gerechtfertigt, Dritten einen Abwehranspruch zuzubilligen, der noch über die Einhaltung der normierten - grundsätzlich ebenfalls nur der Vorsorge dienenden - Emissionsgrenzwerte hinausgeht. Die Frage des Drittschutzes des Emissionsminimierungsgebots kann aber letztlich dahinstehen, weil die Beigeladene durch die jährlich vorzulegenden Prüfberichte des TV Süd nachgewiesen hat, dass auch der Emissionswert von 40 mg/m³ deutlich unterschritten wird. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 605/2014 geltend macht, im Hinblick auf die unionrechtliche Neuklassifizierung der kanzerogenen Wirkungen von Formaldehyd sei nunmehr ein Emissionsgrenzwert von 1 mg/m³ maßgeblich, verkennt er, dass diese Verordnung erst im Juni 2014, mithin nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vom 31.10.2013, erlassen wurde. Selbst wenn man wegen des noch offenen Widerspruchsverfahrens auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abstellen wollte, ist der vom Kläger angenommene Grenzwert - dessen Richtigkeit unterstellt - derzeit noch nicht geltendes Recht.
70 
Der Beweisantrag Nr. 5 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Belastung durch Formaldehyd ausgeht, die den Grenzwert von 40 mg/m³ überschreitet, was wiederum Leib und Leben des Klägers gefährdet, ist danach abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung ist rechtlich unerheblich, weil der Kläger wie ausgeführt keinen Rechtsanspruch auf Einhaltung des ausschließlich zur Konkretisierung des Emissionsminimierungsgebots festgesetzten Grenzwerts von 40 mg/m³ hat. Im Übrigen ist durch Vorlage der Prüfberichte des TÜV Süd vom Oktober 2012, vom Januar 2014 und vom November 2014 (Gerichtsakte S. 919 ff.) nachgewiesen, dass der genannte Grenzwert eingehalten wird.
71 
2.2 Negative Einwirkungen im Störfall
72 
2.2.1 Störfallrecht
73 
Der Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung können störfallrechtliche Anforderungen, insbesondere die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu prüfenden Regelungen der Störfall-Verordnung (12. BlmSchV) nicht entgegengehalten werden. Wie der Senat in den Beschlüssen vom 03.06.2013, vom 18.02.2014 und vom 11.12.2014 im Einzelnen dargelegt hat, handelt es sich bei der umstrittenen Biogasanlage auch in der geänderten Betriebsform nicht um einen Betriebsbereich im Sinne der Störfall-Verordnung (vgl. die Legaldefinition in § 3 Abs. 5 Buchst. a BlmSchG; § 1 Abs. 1 12. BImSchV).
74 
Nach der Sicherheitstechnische Stellungnahme der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) vom 28.02.2013 wird die Mengenschwelle nach Anhang I Nr. 8 Spalte 4 der Störfall-Verordnung von 10.000 kg hochentzündliches Gas bei der geplanten Abdeckung mit einer Höhe der Innenmembran im Kugelsegment von 2 m über Behälterniveau sicher unterschritten. Der Gutachter hat bei seinen Berechnungen das größtmögliche Gasvolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde gelegt, indem er von dem niedrigsten technisch möglichen Füllstand des Gärrestebehälters von 0,40 cm ausging, und mit einem hohen spezifischen Gasgewicht gerechnet. Für die Umsetzung und den sicheren Betrieb der geplanten Abdeckung werden im Gutachten gerade auch im Hinblick auf die Begrenzung des Gasvolumens zahlreiche Anforderungen - wie etwa die automatische Füllstandsüberwachung - gestellt, die als Nebenbestimmungen in die Änderungsgenehmigung aufgenommen worden sind (vgl. Abschnitt III F Nr.10.). Über eine Betriebsanweisung ist sicherzustellen, dass bei besonderen Betriebszuständen, wie etwa der vollständigen Entleerung zu Wartungszwecken, keine höheren Gasmengen auftreten (Gutachten S. 11 f.; ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013). Die Gasmengenberechnungen des Gutachters Dipl.-Ing (FH) B. wurden sowohl vom TÜV Nord („Sicherheitstechnische Vorprüfung“ vom 10.05.2013 S. 18 f.) als auch in der Stellungnahme der Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.05.2013 nachvollzogen und als richtig bestätigt. Auch nach den Berechnungen dieser Stellen werden die Mengenschwellen der Störfall-Verordnung sicher unterschritten. Der Einwand des Klägers, der Gutachter habe bei seinen auf der Grundlage der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes durchgeführten Berechnungen der vorhandenen Gasmenge die Doppelmembran nicht berücksichtigt, greift demgegenüber nicht durch. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die zugrunde gelegten Behältervolumen unzutreffend sind. Der Kläger verkennt, dass die Tragluft zwischen Innen- und Außenfolie bei bestimmungsgemäßem Betrieb keine hochentzündliche Gasmischung enthält. Die Innenmembran ist nach dem den Antragsunterlagen beigefügten Produktdatenblatt des Herstellers weitgehend gasdicht; im Übrigen erfüllt das Tragluftgebläse gerade die Funktion, im Folienzwischenraum keine hochentzündliche Gasmischung entstehen zu lassen. Bei der Berechnung des Gasvolumens ist daher nicht die Höhe des Kugelsegments der Außenmembran mit 7,5 m, sondern die Höhe der Innenmembran von 2 m maßgeblich. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters B. (Ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013) entspricht die Geometrie der Innenmembran eher einem Kugelsegment als einem Kegel, so dass bei der Berechnung der relevanten Gasmenge anhand der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes zutreffend von einem Zylinder mit aufgesetztem Kugelsegment und nicht von einem aufgesetzten Kegel ausgegangen worden ist. Nicht zuletzt wurde vor Inbetriebnahme des Gärrestelagers nochmals eine sicherheitstechnische Prüfung durch den TÜV Nord durchgeführt, wobei auch die Unterschreitung der Mengenschwelle der Störfall-Verordnung zu prüfen war.
75 
Auch die Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 führt nicht zur Entstehung eines Betriebsbereichs im Sinne der Störfall-Verordnung, weil die genehmigte Erhöhung der Güllemenge nicht mit einer Erhöhung der im Sinne der Störfall-Verordnung vorhandenen Gasmenge einhergeht. Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 gemachten Antragsunterlagen sind in der Anlage nach wie vor maximal 9.744 kg Biogas vorhanden; damit wird die Mengenschwelle der Störfall-Verordnung von 10.000 kg für hochentzündliches Gas weiterhin unterschritten. Die Mengenangabe in den Antragsunterlagen erscheint aber auch in der Sache schlüssig, weil bauliche Veränderungen, insbesondere eine Vergrößerung der Gasspeicher der Fermenter, des Nachgärers oder des Gärrestelagers nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung sind. Die Erhöhung der Substratzufuhr und der Produktionskapazität führt daher in erster Linie zu einem höheren Durchsatz der Biomasse. Selbst wenn unterstellt wird, dass hierdurch die vorhandenen Gasspeicherkapazitäten in größerem Umfang ausgenutzt werden, dass sich also im Durchschnitt mehr Gas als bisher in der Anlage befindet, ergeben sich keine Änderungen, denn den vom Regierungspräsidium Stuttgart für plausibel gehaltenen Berechnungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. sowie den Berechnungen des TÜV Nord (Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013 S. 19) liegt das technisch größtmögliche Gasspeichervolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde.
76 
Auf das Vorhandsein eines Störfallbetriebs kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass die Beigeladene im Hinblick auf die benachbarte Wohnnutzung des Klägers vorsorglich Berechnungen über die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen vorgelegt hat, in denen hypothetisch ermittelt wird, ob die im Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit empfohlenen Abstände zwischen Betriebsbereichen im Sinne der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im vorliegenden Fall eingehalten würden (Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013; Einzelfallbetrachtung vom 16.08.2013/10.10.2013). Die Gutachter haben ausgeführt, dass eine Störfallbetrachtung im Hinblick auf die Gasmenge rechtlich nicht erforderlich sei (vgl. etwa Sicherheitstechnische Vorprüfung S. 41). Auch den vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten von Dr. H. vom 01.12.2013 und der R+D (Dipl.-Phys. S.) vom Juni 2014 lässt sich nichts anderes entnehmen. Diese Störfallbetrachtungen unterstellen, dass es sich um einen Störfall-Betrieb handelt, ohne darzulegen, dass die maßgeblichen Mengenschwellen entgegen der Annahme der oben genannten sachverständigen Stellen überschritten werden. Soweit der Kläger geltend macht, dass sich der Eintritt von Störfällen, die zur Undichtigkeit der Innenmembran führen können, nicht schlechthin ausschließen lässt, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Mengenschwellen der Störfallverordnung auf das in der Anlage bei bestimmungsgemäßem Betrieb vorhandene Gas beziehen, sofern - wie hier - ein außer Kontrolle geratenes industrielles chemisches Verfahren nicht in Rede steht (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 2 Störfall-Verordnung; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band IV, § 2 12. BImSchV Rn. 12).
77 
Handelt es sich mithin nicht um einen Störfallbetrieb, kann der Kläger auch aus § 50 BlmSchG und der hierzu von ihm in Bezug genommenen Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 15.09.2011 - C-53/10 - juris; BVerwG, Urteil vom 20.12.2012 - 4 C 12.11 - juris) nichts zu seinen Gunsten herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist. Die umstrittene Anlage ist wie ausgeführt kein Betriebsbereich im störfallrechtlichen Sinne. Auch der Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit in der Fassung vom 06.11.2013 zur Umsetzung des § 50 BlmSchG ist mithin nicht unmittelbar einschlägig. Entsprechendes gilt für den mittlerweile vorliegenden Leitfaden KAS-32 „Arbeitshilfe zu szenarienspezifischen Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18“ vom November 2014. Auch diese Arbeitshilfe behandelt die Berechnung von Achtungsabständen in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse für Biogasanlagen, die der Störfall-Verordnung unterliegen heraus (vgl. Ziff. 1.1, 1.3.1).
78 
Fehl geht der Einwand des Klägers, die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung sei nur knapp unterschritten, es mache daher in der Sache keinen Unterschied, ob es sich um einen Störfallbetrieb im Rechtssinne handele. Wie ausgeführt, hat der Betreiber nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wenn die maßgeblichen Rechtsvorschriften erfüllt sind. Die Genehmigung kann daher nicht aufgrund störfallrechtlicher Bestimmungen versagt oder aufgehoben werden, die auf die Errichtung und den Betrieb der Anlage keine Anwendung finden.
79 
2.2.2. Konkrete Gefahren durch Störfälle (Brand, Explosion, Leckagen, Havarie)
80 
Die Störfall-Verordnung stellt allerdings keine abschließende Konkretisierung der störfallbezogenen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG dar (Jarass a.a.O. § 7 Rn. 31 m.w.N.). Vielmehr sind auch die nicht der Störfall-Verordnung unterfallenden Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass keine konkreten Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG durch betriebsbedingte oder externe Störungen entstehen. Bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist allerdings die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen. Auch außerhalb des Störfallrechts im engeren Sinne können insoweit störfallrechtliche Wertungen herangezogen werden. Handelt es sich der Sache nach um einen sog. Dennoch-Störfall, d.h. um eine vernünftigerweise auszuschließende Störung (vgl. § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz Störfall-Verordnung - 12. BImSchV), wird regelmäßig keine hinreichend konkrete Gefahr eines Schadenseintritts bestehen, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Abwehr vernünftigerweise nicht auszuschließender Gefahren getroffen worden sind. Nach dem Grundsatz der umgekehrten Proportionalität von Schadenwahrscheinlichkeit und Schadensausmaß (dazu oben II.1) kann jedoch auch der mögliche Eintritt eines vernünftiger Weise auszuschließenden Dennoch-Störfalls einen Schutz- und Abwehranspruch begründen, wenn andernfalls erhebliche, nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigungen hochrangiger Rechtsgüter des Nachbarn drohen.
81 
Für die umstrittene Anlage liegen sachverständige Stellungnahmen der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) und des TÜV Nord (Dipl.-Ing. D., Dipl.-Ing. Z.) vor, wonach die Anlage dem Stand der Technik entspricht und alle maßgeblichen Sicherheitsstandards einhält oder übertrifft. Obgleich es sich nicht um einen Störfallbetrieb handelt, wurde eine Gefahren- und Risikoanalyse sowie eine Auswirkungsbetrachtung im Hinblick auf Auslegungs- und Dennoch-Störfälle durchgeführt (vgl. Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013, Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013). In Auswertung der Risikoanalyse wurden zahlreiche Hinweise und Empfehlungen zur Verhinderung von Schadensereignissen gegeben (Kapitel 6 Seite 50 ff.), bei deren Beachtung keine Gefahren für Leib und Leben der Nachbarschaft und des Personals zu erwarten sind. Die in den genannten Stellungnahmen geforderten sicherheitsrechtlichen Auflagen, Hinweise und Empfehlungen wurden vollständig und sachlich im Wesentlichen unverändert als Nebenbestimmungen in die angefochtenen Genehmigungen übernommen. Am 08.08.2013, am 31.10.2013, am 22.11.2013, am 03.04.2014 und im Juni 2014 erfolgten sicherheitstechnische Prüfungen der geänderten Gesamtanlage. Mit abschließendem Prüfbericht vom 13.06.2014 stellte der Sachverständige des TÜV Nord fest, dass die Prüfung mangelfrei abgeschlossen worden sei; die im Prüfbericht vom 29.11.2013 noch festgestellten geringen Mängel seien behoben worden. Der Prüfbericht führt tabellarisch im Einzelnen auf, dass alle sicherheitsrelevanten Maßnahmen, d.h. die sicherheitsrelevanten Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 und der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 sowie die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 in Verbindung mit der Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 und die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 vollständig erfüllt sind. Soweit der Kläger geltend macht, insbesondere die gasdichte Abdeckung des Gärrestebehälters entspreche nicht dem Stand der Technik, wird dieser Vortrag durch die Sachverständigen nicht bestätigt. Die Gutachten führen vielmehr aus, dass die gewählte Anlagen- und Sicherheitstechnik dem Stand der Technik und den einschlägigen Regelwerken und Normen entspricht und technisch umsetzbar ist. Daraus, dass die Beigeladene zunächst andere Abdeckungsvarianten in Erwägung gezogen hat und durch die Dachkonstruktion gezielt eine Reduzierung der Gasmenge unter die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung anstrebte, lässt sich nichts zugunsten des Klägers herleiten.
82 
Die Bedenken des Klägers gegen die fachliche Qualifikation bzw. Unbefangenheit der Gutachter greifen nicht durch. Für eine Voreingenommenheit der Sachverständigen gibt es keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass die Gutachten von der Beigeladenen in Auftrag gegeben wurden, folgt aus den rechtlichen Vorgaben des § 29a BImSchG sowie der 9. BImSchV (vgl. § 4a Abs. 2 9. BImSchV) und aus der Dynamik des vorliegenden Verfahrens. Gegen eine Voreingenommenheit der Gutachter des TÜV Nord spricht auch, dass in den ersten sicherheitstechnischen Prüfberichten durchaus Mängel aufgedeckt und auf deren Beseitigung hingewirkt wurde. Die tätig gewordenen Gutachter sind als Sachverständige nach § 29a BImSchG für die einschlägigen Fachgebiete bekannt gegeben, wie die für den TÜV Nord tätig gewordenen Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt haben. Auch die Bekanntgabe des zunächst tätig gewordenen Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. erstreckt sich u.a. auf das Fachgebiet 3 („Erstellung oder Prüfung von Anlagenschutzkonzepten, z.B. Brandschutz, Explosionsschutz, MSR/PLT“) und auf das Fachgebiet 11 („systematische Methoden der Gefahrenanalyse“). Dies entspricht den Empfehlungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz - LAI - Ausschuss Anlagenbezogener Immissionsschutz/Störfallvorsorge (AISV). Danach genügt das Fachgebiet 3 für normale Prüfungen einer Biogasanlage und das Fachgebiet 11 für die Beurteilung von Störfallbetrieben; die Abdeckung des Fachbereichs 16.1 „Explosionsschutz“ wird nur für komplexere Anlagenkonfigurationen empfohlen (vgl. Arbeitshilfe des AISV für die sicherheitstechnische Prüfung von Biogasanlagen, Stand 08.02.2013,Seite 4 Fußnote 2). Selbst wenn man im Hinblick auf den engen räumlichen Zusammenhang mit einer Wohnnutzung von einer „komplexeren Anlagenkonfiguration“ ausgehen wollte, so wurde die sicherheitstechnische Einschätzung des Gutachters B. mittlerweile von den Sachverständigen des TÜV Nord bestätigt, gegen deren Qualifikation keine Bedenken vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind.
83 
Auch in der Sache führen die sicherheitstechnischen Bedenken des Klägers nicht zur Aufhebung der umstrittenen Genehmigungen. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass Biogasanlagen ein nicht unerhebliches Gefahren- und Belästigungspotential mit sich bringen, das von den Berufungsklägern anfänglich unterschätzt worden sein dürfte. Dieses Gefahrenpotential ist aber mittlerweile - nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes des Klägers - nicht nur auf ein für den Kläger zumutbares Maß reduziert worden; das rechtliche gebotene Schutzniveau wurde darüber hinaus noch überschritten. Denn die Anlage ist wegen der besonderen nachbarschaftlichen Verhältnisse teilweise störfallrechtlichen Anforderungen unterworfen worden, obgleich es sich nicht um einen Betriebsbereich im Sinne des Störfallrechts handelt. Im Einzelnen:
84 
2.2.2.1 Explosionen
85 
2.2.2.1.1 Explosionsschutz
86 
Explosionsgefahren sind sonstige Gefahren im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG. Ferner ist der Explosionsschutz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit den Regelungen der Betriebssicherheitsverordnung zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften des Brand- und Explosionsschutzes nicht generell nachbarschützend sind, sondern nur insoweit, als sie die Auswirkungen von Explosionen bzw. das Übergreifen von Bränden auf die Nachbargrundstücke oder sonstige brandbedingte Beeinträchtigungen der Nachbarn verhindern sollen; bei Explosionen ist insoweit die Reichweite einer möglichen Explosion maßgeblich. Dienen die Vorschriften hingegen dem Schutz des Anlagengrundstücks selbst sowie der Benutzer und Arbeitnehmer, scheidet eine drittschützende Wirkung aus (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.07.2002 - 7 B 583/02 - juris-; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - OVG 11 S 83.06 - juris Rn. 70; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris; OVG Thüringen, Urteil vom 16.03.2010 - 1 O 656/07 - juris). Namentlich die Bestimmungen der Betriebssicherheitsverordnung über den Explosionsschutz dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung (vgl. Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris Rn. 315) und sind daher nur insoweit nachbarschützend, als es um Auswirkungen von Explosionen auf betroffene Nachbargrundstücke geht. Auch auf die Verletzung einer potentiell drittschützenden Norm kann sich ein Betroffener aber auch dann nur mit Erfolg berufen, wenn er hierdurch in seinen eigenen Rechten verletzt ist. Sind die arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen an den Explosions- und Brandschutz und die Betriebssicherheit erfüllt, besteht in aller Regel kein darüber hinausgehender Nachbarschutz für Personen, die nicht in der Anlage tätig sind (vgl. BayVGH Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris).
87 
In der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sind eine detaillierte Gefährdungsbeurteilung der einzelnen Anlagenteile sowie ein Explosionsschutzkonzept und eine Explosionszonen-Einteilung enthalten. Diese Anforderungen sind nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vollständig umzusetzen; die Einhaltung ist bei der Schlussabnahme von einem Sachverständigen schriftlich zu bestätigen. Ferner ist ein Explosionsschutzdokument nach § 6 BetrSichVO fortzuschreiben (Nebenbestimmung Abschnitt III C Nr. 2, Abschnitt F Nr. 3); nach § 6 Abs. 3 BetrSichVO muss das Explosionsschutzdokument vor der Inbetriebnahme vorliegen. In dem Explosionsschutzdokument sind u.a. die Explosionsgefährdungen zu ermitteln und zu bewerten und die getroffenen Vorkehrungen zum Erreichen der Ziele des Explosionsschutzes darzustellen (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.08.2011 - 2 M 84/11 - juris m.w.N.). Die Anlage ist vor Inbetriebnahme und danach in regelmäßigen Abständen nach der Betriebssicherheitsverordnung zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die Anlage wird durch ein Gaswarnsystem automatisch überwacht. Ferner ist vor der Inbetriebnahme die Dichtheit der gasführenden Leitungen und des Folienspeichers zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die vollständige Umsetzung dieser Nebenbestimmungen ist durch den abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 nachgewiesen. Insbesondere wurde auch der Blitzschutz in explosionsschutzrechtlicher Hinsicht überprüft (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014).
88 
Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass das Explosionsschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht. Auch die Bedenken des Klägers, dass eine ordnungsgemäße Prüfung der Dichtheit der Folien und Gasleitungen nicht möglich sei, bleiben nach derzeitigem Sach- und Streitstand im Ergebnis ohne Erfolg. Nach dem abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.0 6.2014 sind Dichtigkeitsprüfungen der Gasleitungen und der Gasspeicherdächer der Fermenter 1 und 2, des Nachgärers und des Gärrestelagers am 22.05.2013 und am 16.07.2013 erfolgt. Dabei ist eine geringfügige Leckage festgestellt worden, die nach den vorliegenden Prüfberichten mittlerweile beseitigt ist. Der Gutachter Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, es habe sich nicht um einen Riss, sondern um die Undichtigkeit eines Stutzens gehandelt, auf dessen Abdichtung er hingewirkt habe; kritische Werte, insbesondere die untere Explosionsgrenze, seien nicht erreicht worden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 02.04.2014 führt der Sachverständige D. aus, es habe seitens des Errichters sowie seitens des Sachverständigen ein unmittelbare Dichtigkeitsprüfung mittels schaumbildender Mittel und Gassprühgerät stattgefunden (vgl. Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.5). Im laufenden Betrieb sei zwar weder eine unmittelbare noch eine mittelbare (vgl. dazu Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.6) Dichtheitsprüfung möglich, eine Leckage sei aber über den Gaswarnsensor an der Austrittsöffnung des Stützluftgebläses feststellbar. In der mündlichen Verhandlung haben die Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. näher erläutert, dass sich Undichtigkeiten in der Gasmembran durch einen höheren Methangasgehalt, Undichtigkeiten in der Wetterschutzmembran durch einen höheren Sauerstoffgehalt in der Stützluft bemerkbar machen, die vom Gaswarnsensor erfasst werden. Zwar haben die Gutachter eingeräumt, dass Risse am Rand des Behälters nicht in jedem Fall vom Gassensor erkannt werden. Sie haben insoweit aber ausgeführt, dass ein Gasaustritt in dieser Konstellation zum einen voraussetze, dass es zu einem Riss sowohl in der Gasmembran als auch in der Wetterschutzmembran gekommen sei. Zum anderen könnten Risse ab einem gewissen Umfang ohne weiteres optisch erkannt werden, weil es regelmäßig zu einem Flattern oder einer Verformung der Wetterschutzmembran durch Absinken des Stützluftdruckes komme. Soweit sich die Risse nicht optisch bemerkbar machten, handele es sich um so kleine Risse, dass sich ein Gasaustritt nicht über das Betriebsgelände hinaus auswirken könne. Den Auswirkungen eines Gasaustritts innerhalb des Betriebsgeländes werde durch die Ausweisung von Explosionsschutzzonen Rechnung getragen. Der Gutachter D. hat zwar wiederholt darauf hingewiesen, dass ein gewisser Gasaustritt insbesondere infolge von Alterungsprozessen der Membranen auch bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht auszuschließen ist. Dem wird aber durch die Auflage einer wiederkehrenden regelmäßigen Dichtheitsprüfung Rechnung getragen, bei der nach dem oben Gesagten Undichtigkeiten und Leckagen auch tatsächlich feststellbar sind. Nach den Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 in Verbindung mit dem Gutachten der pro Terra GmbH (Kap. 5.4) sind Rohrleitungen und gasführende Anlagenbestandteile in jährlichen Abständen zu prüfen; die gesamte Biogasanlage ist alle fünf Jahre auf ihre Dichtigkeit zu überprüfen.
89 
Danach sind die Gefahren durch vernünftigerweise nicht auszuschließende Freisetzung von kleineren Gasmengen bei einem ansonsten störungsfreien Betrieb hinreichend minimiert. Auch der Kläger hat im Übrigen nicht substantiiert dargetan, dass sich ein Gasaustritt bei unentdeckten kleineren Leckagen oder Undichtigkeiten, die nicht vom Gaswarnsensor erfasst werden, trotz der Verdünnung noch auf sein ca. 50 m entfernt liegendes Grundstück rechtserheblich auswirken würden.
90 
2.2.2.1.2 Störfall
91 
Die Aufkonzentration und Zündung einer zusammenhängenden Biogasmenge im Freiraum wird im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 zwar als Dennoch-Störfall eingestuft; der Gutachter weist insoweit darauf hin, dass das Versagen beider Schutzfolien als ein sehr unwahrscheinliches Szenario erscheine. Gleichwohl stuft der Gutachter Dipl.-Ing. Z. in Übereinstimmung mit den vom Kläger beigezogenen Gutachtern H. und S. Risse im Foliensystem in Längen von mehreren Metern als plausibel ein (so jetzt auch KAS-32 Nr. 1.3.). Bei diesem Fall wird das Anwesen des Klägers nach Überzeugung des Senats aber keinen unzumutbaren Gefahren durch mögliche Gasexplosionen ausgesetzt.
92 
Auf dem Grundstück des Klägers entsteht auch bei Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge bei großflächigen Dachhautleckagen oder Komplettversagen der gesamten Dachhaut aller Voraussicht nach keine zündfähige Atmosphäre in einer Entfernung von mehr als 20 Metern. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 kommt zu dem Ergebnis, dass die untere Explosionsgrenze bei Ausbreitung einer zündfähigen Atmosphäre sowohl im Auslegungsstörfall (kontinuierliche Biogasfreisetzung durch Dachhautleckagen verschiedener Größen) als auch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge) nach ca. 20 m bei Weitem unterschritten ist. Selbst bei einer 100%-Freisetzung der gesamten Gasmenge des Gärrestebehälters besteht in 50 m Entfernung keine Gefahr einer Zündung im Bodenbereich. Diese Annahme wird von dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Danach würde zwar die untere Explosionsgrenze beim Grundstück des Klägers für ca. 60 Sekunden überschritten. Dieses Ergebnis beruht aber zum einen auf der Annahme einer Leckagefläche von 16,5 m² (16,5 m Länge x 1,0 m Rissbreite), wohingegen nach der Arbeitshilfe KAS-32 selbst für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse lediglich eine Leckageabmessung von 0,6 m² (3 m x 0,2 m Rissbreite) zugrunde zu legen ist. Ferner beruhen die Ergebnisse des Gutachtens Dr. H. auf der Annahme einer Gaswolkenlänge von 123 m. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung setzt der Gutachter Dr. H. dabei einen konstanten Massestrom voraus. Er vernachlässige, dass der Druck bei einem Folienriss innerhalb kürzester Zeit abgebaut werde. Nach einer von ihm durchgeführten Parallelrechnung werde der Impuls in weniger als einer Sekunde abgebaut. Es sei daher entgegen der Auffassung von Dr. H. nicht anzunehmen, dass der sehr impulsbehaftete Massestrom von 18 kg/s für die ganze Zeitdauer konstant bleibe. Im Hinblick auf den ohnehin nur geringen anzunehmenden Druck von 5 mb im Gärrestebehälter (vgl. KAS-32) und die Größe der unterstellten Leckage erscheint dem Senat die Annahme eines schnellen Druckabfalls überzeugend. Gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens Dr. H., der zudem kein bekannt gegebener Sachverständiger nach § 29a BImSchG ist, spricht ferner, dass er mit fiktiven meteorologischen Daten gerechnet hat und einräumt, dass die Berechnung mit realistischen Daten zu anderen Ergebnissen führen kann (vgl. S. 32); im Gutachten wird mithin nicht berücksichtigt, dass das Anwesen des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung liegt.
93 
Der bei einer Gaszündung entstehende Explosionsdruck erreicht nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 selbst in näherer Entfernung keine Werte, die die Gesundheit von im Freien befindlichen Personen oder Insassen von Kraftfahrzeugen unmittelbar gesundheitlich beeinträchtigen. Allerdings muss bei Zündung im Freiraum bis zu einer Entfernung von 67 m mit dem Bruch von 100 % der Glasscheiben gerechnet werden; der Grenzwert des Leitfadens KAS 18 für Personenschäden wird hingegen nicht erreicht. Der Gutachter weist darauf hin, dass auch diese Annahme unter sehr konservativen Bedingungen erfolgt (Lage in Hauptwindrichtung, geringe Windgeschwindigkeit, 100% Gasinhalt im Gärrestebehälter). Dieses Ergebnis wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten Dr. H. bestätigt. Danach würde der Explosionsdruck sowohl bei einem großen Riss in der Abdeckung (16,5 m Länge) als auch bei einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut keine massiven Schäden hervorrufen, könne aber zu Glasbruch und Schäden an Dächern führen; Personen könnten von der Druckwelle eventuell umgeworfen werden.
94 
Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger im Falle einer Explosion einer gefährlichen Wärmestrahlung ausgesetzt wird. Eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung unabhängig von der Einwirkungsdauer der Wärmestrahlung besteht nur für Personen, die sich innerhalb der gezündeten Gaswolke befinden. Nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. besteht diese Gefahr für auf dem Grundstück des Klägers befindliche Personen nicht. Der Gutachter hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass der Rand der gezündeten Gaswolke durch die untere Explosionsgrenze gekennzeichnet wird, die auf dem Grundstück des Klägers nicht erreicht wird. Die zündfähige Gaswolke breite sich nicht mehr als 20 m aus und auch dies nur in der Höhe und nicht in Bodennähe. Dies entspreche auch den Erfahrungen bei anderen Anlagen. Wie ausgeführt, hat der Sachverständige Dipl.-Ing. Z. die abweichende Annahme im Gutachten Dr. H, wonach die Gaswolke eine Reichweite von 123 m erreiche, überzeugend widerlegt. Auch eine unzumutbare Gefährdung durch die Wärmestrahlung ist nicht anzunehmen. Nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ist die Wärmestrahlung zu vernachlässigen. Zwar ergaben sich in der mündlichen Verhandlung Ungereimtheiten im Hinblick auf die Flammengeschwindigkeit im Biogas. Der Gutachter Dipl.-Ing. Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten im Hinblick auf die in seinem Gutachten genannte Flammenfrontgeschwindigkeit von 3,5 m/s. eine falsche Angabe enthält, weil nach derzeitigem Erkenntnisstand von einer Flammenfrontgeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s ausgegangen werde. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung konnte der Gutachter allerdings nachvollziehbar erläutern, dass sich dieser Fehler nicht zu Lasten des Klägers auf das Ergebnis des Gutachtens ausgewirkt hat. Eine hohe Flammenfrontgeschwindigkeit bewirkt vielmehr, dass die Gaswolke rasch abbrennt; je rascher der Abbrand, desto kürzere Zeit werden Personen außerhalb der Gaswolke einer Wärmestrahlung ausgesetzt. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters würde die Gaswolke nach einer Zündung bei einer Flammengeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s spätestens innerhalb einer Sekunde abgebrannt sein, so dass Betroffene der Wärmestrahlung allenfalls eine Sekunde lang ausgesetzt würden. Dieser Zeitraum sei zu vernachlässigen. Die Grundannahme, dass Wärmestrahlung erst ab einer gewissen Expositionsdauer zu Gesundheitsschäden führt, wird vom Gutachter des Klägers Dr. H. bestätigt. Dieser geht ebenfalls von einer Flammengeschwindigkeit von 20 m/s aus und hat die Gefahren durch die Wärmestrahlung selbst bei Annahme einer Gaswolke mit einer Ausbreitung von 123 m stark relativiert, weil diese innerhalb von 3 bis 6 Sekunden abgebrannt sei und die Zündung innerhalb der ersten zwei Minuten erfolgen müsse. Außerdem sinke die Bestrahlungsstärke im Abstand von 50 m unter 10 kW/m³, was erst bei einer Bestrahlungsdauer von 3 Sekunden zu Schmerzen führe. Auch der Gutachter des Klägers geht mithin im Ergebnis nicht von relevanten Gefahren durch Wärmestrahlung aus.
95 
Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord bestehen nicht. Der Einwand des Klägers, das Gutachten entspreche nicht mehr neueren Erkenntnissen, greift nicht durch. Bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen kommt es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an. Nachträglich eintretende Entwicklungen oder neuere Erkenntnisse sind regelmäßig nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen im Nachhinein zu erschüttern, geben aber eventuell Anlass zu nachträglichen Anordnungen (vgl. Senatsurteil vom 14.05.2012 - 10 S 2693/09 - VBlBW 2012, 1637; Senatsbeschluss vom 07.08.2014 - 10 S 1853/13 - NVwZ-RR 2015, 18; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.02.2014 - 12 LA 97/13 - juris). Es kann dahinstehen, ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn - wie hier - ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen ist. Der Gutachter Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten nicht in jeder Hinsicht der neueren Arbeitshilfe KAS-32 vom November 2014 entspricht. Dies ist aber unschädlich. Denn im Gutachten werden Leckage-Abmessungen zugrunde gelegt, die in ihrem Ausmaß deutlich über das Szenario hinausgehen, das nach der Arbeitshilfe KAS-32 für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legen ist (0,6 m² = 3 m Länge x 0,2 m Rissbreite). Demgegenüber legt der TÜV Nord im Szenario 1 16,25 m x 1m; im Szenario 2 ein Freiliegen von 30 % der Zylinder-Kreisfläche und im Szenario 3 eine Komplettfreisetzung von 100% des Biogases zugrunde, mithin Randbedingungen, die nach der sachverständigen Bewertung der Kommission für Anlagensicherheit als so unwahrscheinlich erscheinen, dass sie in der Bauleitplanung nicht zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf den Gehalt an Schwefelwasserstoff im freigesetzten Biogas bleibt der Gutachter zwar hinter den Annahmen der Arbeitshilfe KAS-32 zurück (100 ppm statt 500 ppm). Der Wert von 500 ppm Schwefelwasserstoff gilt jedoch für die Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse im Sinne der Vorsorge; im vorliegenden Fall liegen jedoch hinreichende Detailkenntnisse über die konkrete Anlage vor, die die Zugrundelegung von 100 ppm Schwefelwasserstoff rechtfertigen (dazu im Einzelnen 2.2.2.2.3).
96 
Auch soweit der Kläger dem Sachverständigen entgegenhält, er sei bei anderen Biogasanlagen von anderen Annahmen ausgegangen oder zu anderen Ergebnissen gelangt, stellt er das Gutachten nicht durchgreifend in Frage. Abgesehen davon, dass eine sachverständige Stellungnahme jeweils auf die Gegebenheiten der konkreten Anlage ausgerichtet ist, ist der Gutachter Dipl.-Ing. Z. den einzelnen Vorhalten des Kläger in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengetreten.
97 
Nach den vorliegenden Gutachten ist somit auf dem Anwesen des Klägers im Explosionsfall unmittelbar nur mit Sachschäden zu rechnen, wobei allerdings mittelbare Personenschäden etwa durch Glassplitter nicht schlechthin auszuschließen sind. Diese Gefahren sind jedoch nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu begründen. Wie ausgeführt, sind Explosionen durch Zündung einer großen zusammenhängenden Gasmenge nach den vorliegenden Erkenntnissen als Dennoch-Störfall zu betrachten, d.h. auch Sachschäden sind nur bei einer vernünftigerweise auszuschließenden Störung zu befürchten, also bei Versagen aller störfallverhindernden Maßnahmen oder dem unwahrscheinlichen Fall des gleichzeitigen Eintritts mehrerer Störungen. Hinzu kommt, dass die Gutachter - wie ausgeführt - Leckagen angenommen haben, die in ihrem Ausmaß noch deutlich über die nach der Arbeitshilfe KAS-32 bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legenden Annahmen hinausgehen und an der Grenze zum exzeptionellen Störfall liegen. Insbesondere der Komplettabriss der gesamten Dachhaut (Szenario 3) wird in der Arbeitshilfe KAS-32 nicht berücksichtigt und wurde von den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Gutachtern übereinstimmend als exzeptioneller und daher im einzelnen Genehmigungsverfahren nicht zu betrachtender Störfall eingestuft. Darüber hinaus müssen für den Eintritt der genannten Schäden weitere konservative Randbedingungen wie etwa das Vorhandensein der maximalen Gasmenge und bestimmte Witterungsbedingungen hinzukommen. Die Gefahr von Sachschäden ist danach zwar nicht schlechthin auszuschließen, die Wahrscheinlichkeit, dass eine Explosion diesen Ausmaßes eintritt, ist jedoch als äußerst gering zu bewerten.
98 
Hingegen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Falle einer Gasexplosion keinen konkreten Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt wird, insbesondere wird er aller Voraussicht nach keiner direkten Exposition durch die gezündete Gaswolke ausgesetzt. Das vorliegende Gutachten des TÜV Nord ist nach den vorstehenden Ausführungen in Verbindung mit den ergänzenden Erläuterungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung geeignet, dem Senat insoweit die für die richterliche Überzeugungsbildung erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Der vom Kläger aufgezeigte Fehler hat sich nach den letztlich plausiblen Ausführungen des Gutachters auf das Ergebnis des Gutachtens nicht ausgewirkt. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord wird auch durch das Gegengutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Wie ausgeführt, vermag sich der Senat der Annahme, die Gaswolke werde sich 123 m ausbreiten, nicht anzuschließen. Im Übrigen fällt auf, dass selbst nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H., dessen Richtigkeit unterstellt, die untere Explosionsgrenze auf dem Grundstück des Klägers nur 60 Sekunden überschritten wird und auf dem Grundstück befindliche Personen allenfalls 3 Sekunden Schmerzen durch Wärmestrahlung verspüren. Hinzu kommt der Umstand, dass eine Explosion bei Einhaltung aller sicherheitstechnischen Standards vernünftigerweise auszuschließen ist, und das von Dr. H. angenommene Szenario im Dennoch-Störfall im Vergleich zu der nunmehr vorliegenden Arbeitshilfe KAS-32 sehr konservativ ist. Der Senat sieht daher auch im Hinblick auf das Ergebnis des Gutachtens von Dr. H. keinen Anlass zur Einholung eines Obergutachtens. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachten Ungereimtheiten der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord. Auch die vom TÜV Nord angenommenen Szenarien liegen an der Grenze zum exzeptionellen Störfall oder überschreiten diese, so dass ein Schadenseintritt äußerst unwahrscheinlich erscheint.
99 
Der Beweisantrag Nr. 1 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der streitgegenständlichen Biogasanlage bei Freisetzung von Biogas aus dem Gärrestebehälter eine erhebliche Gefahr aufgrund von Wärmestrahlung oder Auswirkungen einer Druckwelle bei Zündung der Gaswolke und anschließendem Abbrand, bzw. Explosion ausgeht und durch ein solches Ereignis das Leib und Leben des Klägers gefährdet wird, war danach abzulehnen, weil die damit aufgeworfenen Fragen bereits aufgrund der vorliegenden Gutachten hinreichend sachverständig gestützt zu klären waren.
100 
2.2.2.2 Brandgefahren
101 
2.2.2.2.1 Brandschutz
102 
Die angefochtene Genehmigung verstößt nicht zu Lasten des Klägers gegen Bestimmungen des Brandschutzes. Die vernünftigerweise nicht auszuschließenden Brandgefahren sind hinreichend minimiert.
103 
Es kann dahinstehen, inwieweit die vom Kläger in Bezug genommenen Abstandsempfehlungen drittschützend sind. Denn die im Interesse des vorbeugenden Brandschutzes einzuhaltenden Schutzabstände sind gewahrt. Der nach der Technischen Information (TI) 4 „Sicherheitsregeln für Biogasanlagen“ der Sozialversicherung für Landwirtschaft (Stand 1/2013) zur Vermeidung von gegenseitiger Beeinflussung u.a. im Brandfall zu wahrende Abstand zwischen Gasspeichern und nicht zur Biogasanlage gehörenden benachbarten Anlagen, Gebäuden oder Verkehrswegen ist bezüglich des Wohngebäudes des Klägers bei weitem eingehalten. Die Berechnung nach dem Merkblatt M-001 „Brandschutz bei Biogasanlagen“ des Fachverbands Biogas e.V. führt zu dem gleichen Ergebnis. Der Auffassung des Klägers, dass die dort genannten Abstände nicht für Wohngebäude gelten, trifft nicht zu. Die genannten technischen Regelwerke differenzieren nicht zwischen den verschiedenen Nutzungsarten; maßgeblich ist allein, dass ein Gebäude nicht zur Anlage selbst gehört.
104 
Aus dem sog. Abstandserlass des Landes Nordrhein-Westfalen („Immissionsschutz in der Bauleitplanung“, Fassung 2007) lässt sich nichts zu Gunsten des Klägers herleiten. Es trifft zwar zu, dass der Erlass für geschlossene Biogasanlagen einen Abstand von 300 m zu Wohngebieten vorsieht (lfd. Nr. 129). Abgesehen davon, dass der Erlass grundsätzlich den nicht drittschützenden Vorsorgegrundsatz konkretisiert (vgl. Einleitung Seite 8), dient er der planungsrechtlichen Zuordnung von Industrie-/Gewerbegebieten und Wohngebieten und beansprucht keine Geltung für immissionsschutzrechtliche Einzelgenehmigungen (Kap. 3.2). Der Kläger wohnt außerdem nicht in einem geschlossenen Wohngebiet, sondern in einem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen im Außenbereich; er kann daher nicht das Schutzniveau eines bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Wohngebiets beanspruchen. Zu den empfehlenswerten Abständen im Außenbereich verhält sich der Abstandserlass nicht. Im Übrigen führt der Erlass unter der lfd. Nummer 129 aus, dass der Schutzabstand aus Gründen der Luftreinhaltung und des Schallschutzes erforderlich ist; dem Erlass lässt sich mithin nicht entnehmen, dass der 300-Meter-Abstand aus Gründen des Brand- und Explosionsschutzes für erforderlich gehalten wird.
105 
Das Biogashandbuch Bayern verweist bezüglich der empfohlenen Abstände auf die Bestimmungen der Nrn. 5.4.8.6.1 und 5.4.9.36 TA Luft, die zum einen der Vorsorge dienen und somit nicht nachbarschützend sind. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die Abstände unterschritten werden können, wenn durch primärseitige Maßnahmen die Geruchsbelästigung gemindert wird (S. 5 letzter Absatz). Die vorgeschlagenen Abstände dürften mithin nicht der Vorsorge gegen Brandgefahren, sondern gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Gerüche dienen.
106 
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Gärrestebehälter den nach den oben genannten Regelwerken erforderlichen Mindestabstand von 6 m zum öffentlichen Verkehrsweg einhält, kann dahinstehen. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wird dieser Schutzabstand eingehalten, weil nicht die Grenze des Wegegrundstücks, sondern der tatsächliche Ausbauzustand der Straße maßgeblich sei; dies wird vom Kläger bestritten. Durch die geltend gemachte Verletzung des Mindestabstands zum H. Weg wird der Kläger aber nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzt. Die Wahrung dieses Abstands dient dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs bzw. der Sicherheit der Anlage selbst und nicht dem Schutz des ca. 50 m entfernten, an der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Grundstücks des Klägers und seiner Bewohner.
107 
Im Übrigen werden in der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 umfangreiche Anforderungen an den baulichen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz gestellt. Das Brandschutzkonzept ist nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 Teil der angefochtenen Genehmigung und von der Beigeladenen vollständig umzusetzen und wurde mit Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 um die Hinweise und Empfehlungen aus der Sicherheitstechnischen Vorprüfung vom 10.05.2013 ergänzt. Die Einhaltung dieser Anforderungen wurde bei der Schlussabnahme durch den Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 schriftlich bestätigt. Insbesondere der Blitzschutz ist mittlerweile installiert (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014). Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte aufgezeigt, dass das Brandschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht.
108 
2.2.2.2.2 Störfall
109 
Nach der Arbeitshilfe KAS-32 sind die toxischen Auswirkungen des Abbrands eines Foliendaches nicht zu betrachten, weil aufgrund der Wärmefreisetzung eine deutliche Überhöhung der Brandwolke und damit eine geringe Gaskonzentration in Bodennähe zu erwarten ist oder die Abbrand- und Gasbildung so gering ist, dass keine für den angemessenen Abstand relevanten Immissionskonzentrationen in Bodennähe auftreten. Auch nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dipl.-Phys. S. ist die toxische Einwirkung durch Chlorwasserstoff im Brandfall als nachrangig zu behandeln, weil - wie auch im vorliegenden Fall - nur schwer entflammbare Folien verwendet würden (vgl. S. 7).
110 
Im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 wird zwar als Dennoch-Störfall das Szenario „Gleichzeitiger Abbrand der gesamten Dachhaut des Gärrestebehälters“ betrachtet. Die Auswertung dieses Brandszenarios ergab aber, dass die auftretende Wärmestrahlung von geringer Bedeutung ist. Ein Übergreifen von Bränden auf das Grundstück des Klägers erscheint daher hinreichend ausgeschlossen. Toxische Gefahren durch Dioxin und Kohlenmonoxid wurden vom Gutachter nicht angenommen. Beim Abbrand der PVC-Folien entsteht aber das giftige Gas Chlorwasserstoff. Nach dem Ergebnis des Gutachtens können Personen, die sich im Freien aufhalten, im Bereich von 50 m ca. 15 Minuten Überschreitungen des AEGL-2-Wert ausgesetzt werden. Der ERPG-Wert für eine 60-minütige Exposition spielt hingegen keine Rolle, weil die Dachhaut spätestens nach 28 Minuten komplett abgebrannt ist.
111 
Diese toxische Gefahr ist aber nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu rechtfertigen. Das Gutachten nimmt eine „Worst-Case“-Betrachtung vor, in dem es mit sehr konservativen Randbedingungen wie etwa der doppelten Menge an Schadstoffen rechnet und außer Acht lässt, dass das Grundstück des Klägers nicht innerhalb der Hauptwindrichtung liegt. Der Gutachter weist ferner darauf hin, dass in geschlossenen Räumen von geringeren Gefährdungen auszugehen ist. Aufgrund der Lage des Wohnhauses des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung und der guten Wahrnehmbarkeit eines großflächigen Brands der Dachhaut sei es gefährdeten Personen außerdem möglich, sich innerhalb von 10 Minuten aus dem gefährdeten Gebiet zu entfernen. Der Kläger hält dem zwar entgegen, dass ein Brand zur Schlafenszeit eventuell nicht rechtzeitig bemerkt werde; Allerdings befinden sich die Bewohner des Grundstücks dann in geschlossenen Räumen, was die Vergiftungsgefahr minimiert.
112 
In der Zusammenschau erscheinen danach die Gefahren im Falle eines Abbrands des gesamten Foliendaches entweder im Hinblick auf die geringe Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses, das zudem das Versagen des gesamten vorbeugenden Brandschutzes voraussetzt, oder im Hinblick auf die Unwahrscheinlichkeit bzw. Vermeidbarkeit eventueller Schadensfolgen als gering.
113 
2.2.2.2.3 Toxische Gefahren durch Schwefelwasserstoff
114 
Der Kläger wird auch keinen unzumutbaren toxischen Gefahren durch Schwefelwasserstoff (H2S) ausgesetzt.
115 
Aus der Ausbereitungsberechnung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ergibt sich, dass am Wohnhaus des Klägers weder im Auslegungsstörfall (Dachhautleckagen verschiedener Größen) noch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größtmöglichen zusammenhängenden Gasmenge durch komplette Entfernung der Dachhaut des Gärrestelagers bei 100%iger Gasfüllung) eine toxische Gefährdung oberhalb des ERPG-2-Wertes für eine einstündige Exposition (30 ppm) oder des AEGL-2-Wertes für zehnminütige Exposition (41 ppm) zu erwarten ist; bei einer Entfernung von 50 m sinkt die Schwefelgaskonzentration unter 10 ppm (0,001 Vol %). Dies steht nicht im Widerspruch zu den vom Kläger in Bezug genommenen Quellen (Merkblatt KAS-12; Internetauftritt der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau u.a.); denn diese schildern die Gefahren von Schwefelwasserstoff durch direktes Einatmen des Gases bei Arbeiten in unmittelbarer Nähe von mit Gülle gefüllten Gruben, Schächten und Behältern, und gehen ohne Detailkenntnis der umstrittenen Anlage von Durchschnittswerten aus. Zu ähnlichen Ergebnissen wie der TÜV Nord gelangt im Übrigen auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Dr. Ing. H.. Danach werden selbst bei größeren Leckagen (Szenario 1) sowie beim vollständigen Versagen der gesamten Dachhaut (Szenario 2) die ERPG-2- und AEGL-2-Werte nur kurzfristig (< 2min) überschritten, die maßgeblichen Expositionszeiten von 60 bzw. 10 Minuten werden bei weitem nicht erreicht (vgl. S. 23 f.).
116 
Die Schwefelwasserstoffkonzentration wird auch durch die Erhöhung der Güllemenge mit Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 nicht in einer solchen Weise verändert, dass die o.g. Ausbreitungsberechnungen des TÜV Nord bzw. von Dr. Ing. H. nicht mehr aussagekräftig wären. Die Berechnungen der o.g. Gutachter basieren auf der Annahme, dass in dem in der Anlage erzeugten Biogas während des Fermentationsprozesses Schwefelwasserstoffkonzentrationen von maximal 100 ppm (0,01 Vol %) erreicht werden. Zwar können in Biogas - worauf der Kläger zutreffend hinweist - auch höhere Konzentrationen in Abhängigkeit von den Einsatzstoffen und vom Anlagentyp auftreten. Nach der gutachtlichen Stellungnahme des TÜV Nord vom 28.08.2014 (Gerichtsakte S. 381) und den Ausführungen von Dipl.-Ing. D. in der mündlichen Verhandlung liegen aber hinreichende Detailkenntnisse vor, die auch nach der Erhöhung der Güllemenge die Annahme von 100 ppm H2S im Rohbiogas zulassen. Der Gutachter hat ausgeführt, in allen vier Gasspeichern finde eine biologische Entschwefelung durch Zugabe von Luftsauerstoff statt, der Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure und elementaren Schwefel umsetze. Jeweils ein Aggregat fördere Luftsauerstoff in die Fermenter 1 und 2 und in den Nachgärer. Das gesamte Biogas werde durch den Gärrestebehälter geleitet. In der Regel würden bei Anlagen mit überwiegend pflanzlichen Inhaltsstoffen und biologischer Entschwefelung im Durchschnitt Schwefelwasserstoffgehalte unter 200 ppm gemessen. Verfahrenstechnische Ursachen für einen hohen H2S-Gehalt seien etwa fehlende Besiedlungsflächen oder das Aufrühren der Schwimmdecke. Der Gärrestebehälter der Anlage der Beigeladenen biete durch eine Mittelstütze und zahlreiche Spanngurte eine große Besiedlungsfläche; das Substrat werde nur im Falle des Abtransports aufgerührt. Die Anlage werde überwiegend mit Substraten mit einem mittleren Schwefelgehalt, zu denen auch Gülle gehöre, versorgt. Da bei Absinken der pH-Werte unter den neutralen Bereich die Biogasproduktion gestört werde, sei der Anlagenbetreiber gehalten, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Ein schneller Substratwechsel sei daher nicht zu erwarten. Die Einsatzstoffe böten nicht das Potential für eine schnelle Absenkung des pH-Wertes und der damit verbundenen verstärkten Freisetzung von Schwefelwasserstoff. Im Übrigen hätten Messungen der Gaswerte vor dem Aktivkohlefilter ergeben, dass der H2S-Wert im Mittel bei 5,4 ppm liege.
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Diese Ausführungen erscheinen schlüssig. Nach den Genehmigungsunterlagen verfügt die Biogasanlage über eine biologische Entschwefelung durch Zuführung von Luft; die Luftzufuhr ist bei Bedarf regelbar. Da Schwefelwasserstoff zu Korrosionen an wichtigen Anlagenteilen führt, haben Anlagenbetreiber grundsätzlich auch ein erhebliches Eigeninteresse an der Senkung des Schwefelwasserstoffgehalts (vgl. etwa Biogashandbuch Bayern, Materialienband Kap.1.5.4.2). Maßgebliches Gewicht kommt aber dem Umstand zu, dass ein Messprotokoll über kontinuierliche tägliche Messungen des Schwefelwasserstoffgehalts vor dem Aktivkohlefilter im Rohbiogas der Anlage über 48 Tage vorliegt, und zwar innerhalb eines Zeitraums, in dem die Güllemenge bereits erhöht war. Die Messungen haben einen Mittelwert von 5,4 ppm ergeben, der Maximalwert für Schwefelwasserstoff lag bei 9 ppm. Der Geschäftsführer der Beigeladenen hat zudem eidesstattlich versichert, dass die täglichen Kontrollen Werte von ca. 2 bis ca. 30 ppm ergäben. Lediglich in Einzelfällen würden kurzzeitig Werte bis 150 ppm gemessen, etwa wenn die Gülle aufgerührt worden sei. Dieser etwa im Frühjahr 2014 gemessene Wert sei aber binnen einer Stunde auf 50 ppm abgesunken. Die Werte seien nach der Abdeckung des Gärrestebehälters nochmals gesunken.
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Die Annahme, dass die Schwefelwasserstoffkonzentration auch nach der Erteilung der Änderungsgenehmigung im Mittel deutlich unter 100 ppm bleibt, wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten der R+D - Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Phys. S.) nicht überzeugend widerlegt. Der Gutachter nimmt für die Beurteilung der konkreten toxischen Gefahren durch eine Gasleckage während des Normalbetriebs der umstrittenen Anlage einen H2S-Gehalt von 50 bis 2.000 ppm (0,005 bis 0,2 Vol %) an (S. 14). Allerdings könne zur Beurteilung der konkreten Gefahr durch einen gestörten Betrieb ein oberer H2S-Gehalt von 20.000 ppm (2 Vol%) nicht ausgeschlossen werden, auch wenn ein plötzlicher vollständiger Ausfall der biologischen Entschwefelung nicht zu erwarten sei (S. 15). Der Gutachter verfügt jedoch nach eigenen Angaben nicht über Detailkenntnisse bezüglich der streitgegenständlichen Anlage (S. 13) und entnimmt seine Einschätzung Messprogrammen anderer Anlagen, über deren Vergleichbarkeit mit der Anlage der Beigeladenen keine Aussage getroffen werden kann. Im Übrigen hält er einen vollständigen Ausfall der biologischen Entschwefelung selbst für unwahrscheinlich.
119 
Auch die auf den genannten Schwefelwasserstoffgehalten basierenden Ausbreitungsberechnungen des Gutachters Dipl.-Phys. S. begegnen Bedenken. Nicht plausibel sind zunächst die dem Gutachten zugrunde gelegten meteorologischen Daten. Dem Gutachter standen keine Zeitreihen für den konkreten Standort zur Verfügung (S. 19). Es wird daher die ungünstigste Ausbreitungssituation zugrunde gelegt (Windstille und Inversionswetterlage) und ohne nähere Begründung mit Schwachwind-Werten der Messstation Stuttgart-Echterdingen belegt. Demgegenüber hat die Beigeladene - wie ausgeführt - mit den Antragsunterlagen ein meteorologischen Gutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 14.12.2013 vorgelegt, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Da es hier nicht um eine bauleitplanerische Störfall-Vorsorge, sondern um die Feststellung einer konkreten Gefährdung des Klägers geht, spricht zudem vieles dafür, der Ausbreitungsberechnung nicht die meteorologisch denkbar ungünstigsten, sondern mit dem TÜV Nord mittlere Ausbreitungsverhältnisse zugrunde zu legen.
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Darüber hinaus ist bei der Bewertung der gutachtlichen Ausbreitungsberechnungen zu berücksichtigen, dass die Annahme der Eignung einer Anlage zur Hervorrufung konkreter Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG - wie ausgeführt - auch von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abhängt. Auch nach den Ausbreitungsberechnungen des vom Kläger vorgelegten Gutachtens Dipl.-Phys. S. treten toxische Gefahren am Wohnhaus aber nur bei einer Kombination sehr unwahrscheinlicher Bedingungen auf (vgl. Tabelle 9 S. 22). So wird eine Überschreitung der maßgeblichen ERPG-2- und AEGL-2-Werte für den Leckagefall 4 (Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters) angenommen. Der Gutachter stuft das Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters mit der Folge der Komplettfreisetzung der gesamten Gasmenge aber - in Übereinstimmung mit dem Gutachter des Beigeladenen - als unrealistisch ein und ordnet es dem Katastrophenschutz zu (vgl. TÜV Nord vom 27.08.2014 S. 13; Gutachten Dipl.-Phys. S. vom 19.06.2014 S. 17 unten). Diese Einschätzung wurde von den Gutachtern in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Andere Leckagen verschiedener Größenordnungen werden zwar einheitlich als realistisch eingestuft (Auslegungstörfall). Zu einer Gefährdung des Wohngrundstücks des Klägers gelangt aber auch der Gutachter Dipl.-Phys. S. erst bei der Gas-/Leck-Kombination „G3/L3", d.h. ab einer Schwefelwasserstoffkonzentration von 0,2 Vol % (2000 ppm). Wie dargelegt, gibt es derzeit keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wert in der Anlage der Beigeladenen erreicht wird. Im Übrigen zeigen die vom Kläger zum Beleg für toxische Gefahren herangezogenen Ausbreitungsradien nach dem Gutachten Dipl.-Phys. S. die Gas-/Leckage-Kombination G 2/L 4 ; d.h. eine Gaskonzentration von 0,05 Vol % (= 500 ppm) mit einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut, also einem nach der Auffassung beider Gutachter vernünftigerweise auszuschließenden Leckage-Szenario. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein einer Schwefelgaskonzentration von 500 ppm nach den plausiblen Erläuterungen des TÜV Nord unter Berücksichtigung der Detailkenntnisse und der durchgeführten Messungen ebenfalls als ausgeschlossen, zumindest aber als sehr unwahrscheinlich erscheint. Auch die weiteren Gas-/Leckage-Kombinationen, bei denen das Wohnhaus des Klägers nach der Annahme von Dipl.-Phys. S. toxischen Gefahren ausgesetzt würde, nämlich G 5/L 1, d.h. ei- ne Schwefelwasserstoffkonzentration von 2 Vol % (= 20.000 ppm), sowie G 4 (0,5 Vol % = 5000 ppm)/L 2, sind nach dem oben Gesagten äußerst unwahrscheinlich, was der Gutachter auch einräumt (S. 25 unten). Zusammenschauend setzen die genannten Gas-/Leckage-Kombinationen den gleichzeitigen Eintritt mehrerer betrieblicher Störungen, nämlich das Auftreten erheblicher Leckagen gleichzeitig in beiden Dachmembranen (äußere Wettermembran und innere Gasmembran) bei gleichzeitigem Versagen der biologischen Entschwefelung in Verbindung mit dem Ausfall der betrieblichen Kontroll- und Warnsysteme voraus. Damit wird bei Berücksichtigung der konkreten Störfallszenarien auch durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine toxische Gefährdung der Bewohner des Grundstücks H. Weg Nr. ... dargetan.
121 
Nicht zuletzt geht auch das Gutachten von Dipl.-Phys. S. davon aus, dass eine konkrete Gefahr für das nächstgelegene Wohnhaus durch bestimmte technische Maßnahmen sicher verhindert werden könne (S. 27). Nach der Stellungnahme des TÜV Nord vom 27.08.2014 sowie nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, in der die einzelnen Maßnahmen eingehend erörtert wurden, sind die vorgeschlagenen Maßnahmen überwiegend bereits durchgeführt oder aufgrund des ohnehin schon hohen Sicherheitsstandards der Anlage nicht erforderlich. Der Gutachter Dipl.-Phys. S. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sein Vorschläge ohne Detailkenntnisse der Anlage erfolgten, und sie dahingehend relativiert, dass man damit jedenfalls auf der sicheren Seite sei. Zum Teil handelt es sich bei den unterschiedlichen Auffassungen der Gutachter auch nicht um sachliche, sondern nur um sprachliche Differenzen oder unterschiedliche Definitionen derselben Standards. Der Senat vermochte sich jedenfalls nicht davon zu überzeugen, dass die von Dipl.-Phys. S. unterstellten Sicherheitslücken die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gebieten; dem von ihm unterbreiteten Maßnahmekatalog liegt vielmehr - abgesehen von der Unkenntnis der sicherheitstechnischen Standards der Anlage im Detail - eine gewisse überschießende Tendenz zugrunde.
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Eine konkrete toxische Gefährdung des Klägers durch entweichenden Schwefelwasserstoff ist nach alldem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
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Der Beweisantrag Nr. 3 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr durch toxische Gasausbreitung, insbesondere Schwefelwasserstoff, hervorgeht, war danach abzulehnen. Der Senat sieht keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, weil nach den eingehenden, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Gutachten bzw. Stellungnahmen des TÜV Nord eine derartige Gefährdung auszuschließen ist und diese Annahme durch das auf einer rein hypothetischen Grundlage erstellte Gutachten Dipl.-Phys. S. nicht durchgreifend in Frage gestellt wird.
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2.2.2.2.4 Gefahren durch auslaufendes Substrat (Havarie u.a.)
125 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung wegen einer Gefährdung seines Grundstücks durch auslaufendes Substrat. Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten R+D -Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Ing. P.) vom 13.06.2014. Dieses Gutachten prüft die Vereinbarkeit der Anlage anhand von wasserwirtschaftlichen Anforderungen, insbesondere anhand der Verordnung des Umweltministeriums über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 11.02.1994 (GBI. 1994, 182) - VAwS - sowie des Merkblatts des Umweltministeriums Baden-Württemberg über „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006. Diese Regelwerke dienen der Konkretisierung von § 62 WHG i.d.F. vom 31.07.2009 - WHG 2009 - (früher § 19g WHG) über den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (vgl. § 1 VAwS, Vorwort des o.g. Merkblatts). Danach müssen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln oder Verwenden wassergefährdender Stoffe so beschaffen sein und so errichtet und betrieben werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Die in dem Gutachten herangezogenen Vorschriften und Hinweise stellen mithin anlagenbezogene Anforderungen im Hinblick auf den Gewässerschutz. Dieser Normenkomplex ist grundsätzlich nicht nachbarschützend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz für den Bereich des Wasserrechts - nicht anders als für andere Gebiete des öffentlichen Rechts - grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und die Art der Verletzung dieser Interessen hinreichend deutlich erkennen lassen (grundlegend BVerwG, Urteil vom 15.07.1987 - 4 C 56/83 - BVerwGE 78, 40, m.w.N.). Der Schutz des Grundwassers erfolgt im Allgemeinen im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung. Damit dienen entsprechende Bestimmungen dem Schutz der Allgemeinheit und nicht dem Schutz der Rechte Einzelner (vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 22 ZB 07.224 - juris; anders nur für Trinkwasserversorgungsunternehmen als Träger wasserwirtschaftlicher Gemeinwohlbelange: OVG Lüneburg, Urteil vom 05.09.1996 - 3 I 7866/94 - juris, m.w.N.). Soweit der Kläger der Sache nach die Verletzung von Vorschriften des Wasserrechts rügt, kann daraus mithin keine subjektive Rechtsverletzung folgen.
126 
Auch in der Sache können die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. P. gerügten Mängel im Hinblick auf die Ausführung und Dichtheit der Rohrleitungen und Behälter, die Rissbreitenbeschränkung und die Abdeckung des Umschlagsplatzes der Genehmigung nicht entgegengehalten werden. Es trifft zwar zu, dass der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG i.V.m. §§ 3, 12 VAwS grundsätzlich eine nicht nur einwandige, sondern doppelwandige Ausführung von unterirdischen Rohrleitungen und Behältern gebietet. Das Landratsamt hat aber aufgrund einer fachtechnischen Prüfung mit Bescheid vom 12.08.2014 mittlerweile eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 VAwS im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 62 WHG 2009/ § 19 g Abs. 1 bis 3 WHG a.F. zugelassen. Dies ist nicht zu beanstanden, weil nach dem Vorwort des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen“ vom Juni 2006 Biogasanlagen eine Erleichterung nach § 7 Abs. 2 VAwS erhalten sollen. Soweit der Gutachter die in der Genehmigung festgesetzte Rissbreitenbeschränkung von 0,3 mm beanstandet und eine Beschränkung auf 0,2 mm für geboten hält, hat der Beklagte Nachweise vorgelegt, dass im vorliegenden Fall konkret eine Rissbreite von weniger als 0,2 mm eingehalten wird (Anlage C 43). Im Hinblick auf den wasserdichten Belag des Umschlagplatzes räumt der Gutachter selbst ein, dass ein solcher vorhanden ist und eine Aufkantung zur sicheren Ableitung von verschmutztem Wasser in Baden-Württemberg nicht vorgeschrieben ist. Soweit der Gutachter auf dem Standpunkt steht, in der Genehmigung hätte nach der VAwS anstelle einer 12jährigen eine 5jährige Prüfpflicht für unterirdische Anlagenteile mit wassergefährdenden Stoffen festgesetzt werden müssen, lässt er wiederum außer Acht, dass diese Prüfungen dem Gewässerschutz dienen und dem Kläger keine subjektiven Rechte vermitteln.
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Wie der Senat im Verfahren 10 S 1510/13 bereits ausgeführt hat, kann der Kläger sich auch nicht darauf berufen, dass keine Umwallung der Anlage angeordnet worden ist. Das Erfordernis einer Umwallung ist allerdings in § 37 Abs. 3 des Entwurfs der Verordnung des Bundes über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) enthalten. Nach § 68 Abs. 10 des Entwurfs sind bestehende Biogasanlagen grundsätzlich innerhalb vom fünf Jahren nachzurüsten. Im Vorgriff auf den Entwurf haben einige Bundesländer die Umwallung von Biogasanlagen bereits vorgeschrieben. In Baden-Württemberg ist dies aber auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht geltendes Recht; im Fall des Inkrafttretens einer Nachrüstungspflicht wird die Behörde indes eine entsprechende Anordnung zu prüfen haben. Selbst wenn aber eine Umwallung im Hinblick auf den genannten Entwurf bzw. die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern bereits Stand der Technik sein sollte - wie der Kläger geltend macht -, hat er keinen Rechtsanspruch auf den Erlass einer entsprechende Nebenbestimmung oder Anordnung, weil auch die einschlägigen Regelungen der geplanten Bundesverordnung - soweit ersichtlich - grundsätzlich dem objektivrechtlichen Schutz des Wassers dienen werden (vgl. § 1 Abs. 1 AwSV Entwurf). In der Begründung zu § 37 Abs. 3 des Entwurfs zur AwSV wird ausgeführt, dass die vorhandene Anlagentechnik nach der Zahl der Unfälle (48 Unfälle in 8 Jahren allein im Landkreis Rottal-Inn) nicht ausreiche, um Unfälle und ein über Kilometer reichendes Fischsterben zu verhindern. Danach ist auch unter Berücksichtigung der Begründung des Verordnungsentwurfs nicht erkennbar, dass § 37 Abs. 3 AwSV über seinen objektiv-rechtlichen Geltungsanspruchs hinaus Drittschutz vermitteln wird.
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Subjektive Rechte des Klägers könnten allenfalls insoweit betroffen sein, als eine Umwallung auch die Gefahr einer Überflutung von Nachbargrundstücken im Falle einer Havarie eindämmt. Nach Überzeugung des Senats besteht aber keine hinreichend konkrete Gefährdung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat. Entgegen der Auffassung des Klägers kann insoweit nicht der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG zum Tragen kommen, wonach der bestmögliche Grundwasserschutz geboten ist. Vielmehr bedarf es - wie mehrfach ausgeführt - in Bezug auf den subjektiven Rechtsschutz einer konkreten Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG, d.h. eine Überflutung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat muss unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend wahrscheinlich sein. In den Jahren 2008/2009 ist ein solches Schadensereignis zwar unstreitig bereits einmal eingetreten. Die Beigeladene hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass es sich nicht um ein statisches oder sonstiges technisches Problem des Gärrestebehälters, sondern um eine versehentliche Ableitung von verunreinigtem Oberflächenwasser bei Reinigungsvorgängen bzw. um ein unbefugtes Eingreifen Dritter gehandelt habe, wogegen inzwischen durch technische Maßnahmen und einen Entwässerungsplan Vorsorge getroffen sei. Gegen unbefugte Eingriffe Dritter sind mittlerweile Vorkehrungen getroffen worden. Dies wurde durch die Sicherheitstechnische Prüfung des TÜV Nord vom 13.06.2014 (Pos. H5, E6) bestätigt, wonach die Anlage inzwischen umzäunt und mit einer abschließbaren Toranlage versehen; die Betriebsgebäude müssen außerhalb der regulären Betriebszeit verschlossen werden. Die Standsicherheit und Dichtheit der Behälter und der sonst betroffenen Anlagenteile sind auf die maximalen Füllstände und Speicherkapazitäten ausgelegt. Die Behälterwände bestehen nach den gutachterlichen Stellungnahmen aus praxiserprobtem Stahlbeton bzw. Edelstahl. Die Statik des Gärrestebehälters ist geprüft worden (Bautechnischer Prüfbericht Prof. Dr.-Ing. F. vom 30.04.2013). Mit Nachtragsprüfbericht vom 05.11.2013 (Prof. Dr.-Ing. F.) wurde insbesondere auch die zusätzliche Belastung des Gärrestebehälters durch das Tragluftdach berücksichtigt. Danach können die Zusatzlasten von der früher eingebauten Bewehrung und von der Bodenplatte mittels eines zusätzlichen Sockels aufgenommen werden. Ab 30 kg/m² Schneelast (15 cm Schneehöhe) ist das Tragluftdach allerdings von Schnee zu befreien. Der Prüfstatiker führt aus, dass aufgrund der regelmäßigen Temperatur zwischen den Folien von 8°- 12° Celsius grundsätzlich von einem Abschmelzen bzw. Abrutschen des Schnees ausgegangen werden könne. Ein Temperaturfühler sei nicht erforderlich, wenn eine sofort einsetzbare mechanische Schneeräumung vorhanden sei. Die Durchführbarkeit des Schneeräumkonzepts der Beigeladenen mittels eines mobilen Kranwagens wurde anlässlich der Bauabnahme überprüft (Gerichtsakte Band II, Anlage C 31). Der Sachverständige Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass ihm bei seinen Recherchen nur zwei Fälle bekannt geworden sind, in denen Schneeräumungen erfolgt sind; dabei sei von der Feuerwehr ein ähnliches Schneeräum-Konzept, wie es die Beigeladene habe, angewandt worden. Der Sachverständige hat ferner schlüssig ausgeführt, dass Gefahren durch Schneelasten nicht plötzlich auftreten, sondern sich zunächst durch Verformungen der Dachhaut ankündigen und optisch gut wahrnehmbar sind. Es bestehe daher hinreichend Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Eine Havarie oder ein Aufreißen der Dachmembran in Folge von Schneelast sei ihm nicht bekannt. Diese Ausführungen werden bestätigt durch das von der Beigeladene im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 vorgelegte Gutachten G., wonach die Schneeräumung über eine vor Ort verfügbare Arbeitsbühne mit entsprechendem Hilfsmaterial gegenüber einer Schneeräumung mittels einer fest installierten Schlagleine gleichwertig und technisch durchführbar sei. Es komme nicht zu einem schlagartigen Zusammenbruch der gesamten Einheit, sondern zu einem langsamen Einsinken und Ablagern auf der Unterkonstruktion.
129 
Der in Ziff. 3.1.4.1 des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung geforderte Anfahrschutz durch eine Leitplanke zum Schutz gegen mechanische Beschädigung ist mittlerweile errichtet und durch die Vorlage von Plänen und Fotografien nachgewiesen worden. Entgegen der Auffassung des Klägers hält der Senat den Anfahrschutz im Hinblick auf die Verkehrsverhältnisse für ausreichend. Auf dem angrenzenden H.-Weg besteht eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h; der Durchfahrtsverkehr ist grundsätzlich auf Fahrzeuge bis 6 t beschränkt und nur für den landwirtschaftlichen Verkehr und für Anlieger freigegeben. Die Errichtung der Leitplanke erfolgte im Übrigen nach Überprüfung und im Einvernehmen mit dem TÜV Nord.
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Schließlich sind die Behälter vor Inbetriebnahme auf ihre Dichtigkeit geprüft worden und auch künftig in regelmäßigen Intervallen auf Leckagen Undichtigkeiten und Korrosion hin zu überprüfen. Danach ist ein Auslaufen von Substrat durch das Versagen von Behälterwänden vernünftigerweise auszuschließen.
131 
Der vom Kläger geforderte Anfahrschutz für die Stütze des Galgens und den Kontrollschacht erscheint hingegen nicht erforderlich, weil diese Anlagenteile nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beigeladenen kein Substrat enthalten. Auf die zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung umstrittene Frage, ob der Galgen bei Nichtgebrauch regelmäßig zu Seite geklappt wird, kommt es danach nicht entscheidungserheblich an. Außerdem sind auch gegen das Auslaufen von Substrat durch das Versagen anderer Anlagenteile als der Behälterwände, wie es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in den Vordergrund gerückt wurde, zahlreiche Vorkehrungen getroffen worden. So ist eine Unterfüllsicherung installiert worden, die auf ein außerplanmäßiges Absinken des Behälterfüllstands anspricht und über das Kommunikationssystem das Betriebspersonal informiert. Außerdem ist die weitere Entnahme von flüssigem Substrat aus dem Gärrestespeicher entweder durch einen automatischen Schieber am Saugstutzen, der bei Unterdruck sowie bei Unterschreiten eines Mindestfüllstands von 0,40 m schließt, oder durch eine dauerhaftes Verschließen des Saugstutzens zu verhindern (vgl. Anordnung vom 17.07.2013, Hinweis Nr. 11). Die Entnahmepumpe ist auf eine Förderdauer von 2,5 Minuten (Zeitdauer einer Fassbefüllung) begrenzt; ab 22 Uhr wird die Stromzufuhr zur Förderpumpe automatisch unterbrochen. Das Bedienungsfeld der Pumpe befindet sich 5 m über Grund und wird nach jedem Pumpeneinsatz mit einem Sicherheitsschloss gegen unbefugte Benutzung gesichert. Eine Füllstandsüberschreitung wird durch die Überfüllsonde registriert, was eine Störmeldung auslöst bei gleichzeitiger Unterbindung der weiteren Substratzufuhr (vgl. zum Ganzen Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013). Damit sind zahlreiche technische Vorkehrungen gegen das Auslaufen von Substrat infolge von Versagen der Behälterwänden oder sonstigen Anlagenteilen, Überfüllung oder Eingreifen Unbefugter getroffen worden. Bedienungsfehler sind durch entsprechende Betriebsanweisungen und die Unterweisung und Schulung des Personals zu minimieren, wie es bereits in der Sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 gefordert wird. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines Substrataustritts oder einer Überfüllung nach der genannten Stellungnahme des TÜV Nord als gering zu bewerten (S. 33 ff.). Allenfalls bei grober Fahrlässigkeit, etwa dem Abreißen von Leitungen, ist danach ein Substrataustritt denkbar. Eine Gefahr von Leib und Leben entsteht hierdurch aber nicht, weil frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können, wie etwa Schließen des Schiebers oder durch Umpumpen des Substrats in andere Behälter. Im Übrigen ist das Dachprofil des H.-Wegs nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Landratsamts mittlerweile erhöht und entlang der Grundstücksseite des Klägers aufgekantet worden; dies dürfte auslaufende Gülle jedenfalls in einem bestimmten Umfang vom Grundstück des Klägers fernhalten.
132 
Nach alldem kann ein Abwehranspruch des Klägers im Hinblick auf die Gefahr eines Substrataustritts nicht angenommen werden. Diese Gefahr ist durch sicherheitstechnischen Vorkehrungen hinreichend minimiert; selbst im Schadensfall besteht keine Gefahr für Leib und Leben des Klägers. Die vom Kläger vorgelegte Untersuchung von Dr. K. vom 10.09.2014 zu den Risiken eines Substrataustritts ist nicht geeignet, eine andere Einschätzung zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass der Gutachter nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von der Fachrichtung her Chemiker und kein nach § 29a BImSchG bekanntgegebener Sachverständiger ist, mag seine Stellungnahme zwar veranschaulichen, dass es bei Biogasanlagen häufig zu Störungen und Unfällen kommt, die zum Auslaufen von Gülle führen. Die konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Schadensereignisses in der hier umstrittenen Anlage der Beigeladenen wird durch das Gutachten aber nicht plausibel belegt; der Autor weist selbst darauf hin, dass einige Unsicherheiten bestehen, weitere quantitative Untersuchungen erforderlich seien und eine Risikomatrix geschulten Fachleuten vorbehalten bleiben müsse (S. 14, unten, S. 17, S. 18 unten). Nicht plausibel erscheint insbesondere die Risikomatrix in Abbildung 4 des Gutachtens, wonach eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit (W 3) dafür bestehe, dass es im Falle einer Havarie Leichtverletzte geben werde. In dem Gutachten wird die Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung nicht überzeugend begründet. Gefahren für Leib und Leben sowie Hab und Gut im Fall eines Gülleaustritts werden vom Gutachter ohne weiteres unterstellt, so dass eine zuverlässige Aussage zum Schadensausmaß nicht getroffen wird. Das Gutachten enthält auch keine überzeugenden Erläuterungen zur Eintrittswahrscheinlichkeit einer Havarie bei der konkreten Anlage. Der Gutachter rechnet mit einer nicht näher begründeten Eintrittswahrscheinlichkeit von 1 zu 2500, die er wohl statistisch herleitet. Konkrete Störfallszenarien im Hinblick auf die Ursachen von Störungen und den Umfang der hierbei zu erwartenden Schäden durch auslaufende Gülle werden in die Schadensprognose nicht einbezogen. Der Gutachter unterstellt weiter zu Unrecht, dass das Grundstück in einem Hochwasserschutzgebiet liege; ferner findet eine belastbare Fehlerdiskussion nicht statt.
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Der Beweisantrag Nr. 2 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr bezüglich eines Substrataustritts besteht und dadurch Leib und Leben des Klägers gefährdet wird und daher zwingend eine Umwallung und ein Anfahrschutz anzubringen ist, um diese Gefahren zu minimieren, war nach den vorstehenden Ausführungen abzulehnen. Wie ausgeführt, hat der Kläger keinen subjektiven Rechtsanspruch auf Maßnahmen wie Umwallung und (weiteren) Anfahrschutz, die in erster Linie dem objektiv-rechtlichen Gewässerschutz dienen; im Übrigen liegen ausreichende Erkenntnisse und sachverständige Stellungnahmen vor, wonach hinreichende Vorkehrungen gegen ein Auslaufen von Substrat getroffen worden sind. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten stellt dies nicht durchgreifend in Frage, weil es sich mit den Sicherheitsstandards der konkreten streitgegenständlichen Anlage nicht auseinandersetzt. Der Senat sieht daher keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Bei der unter Beweis gestellten Tatsache handelt es sich ferner um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag, weil der Kläger gleichsam ins Blaue hinein behauptet, an Leib und Leben gefährdet sein. Auslaufendes Substrat mag zwar auf dem Grundstück des Klägers zu Sachschäden führen; es ist aber nicht ersichtlich und vom Kläger auch in keiner Weise substantiiert worden, dass hierdurch Gefahren für Leib und Leben von Personen entstehen, die sich auf dem Grundstück aufhalten. Selbst wenn von dem Substrat beim Einatmen in nächster Nähe toxische Gefahren ausgehen sollten, können sich Betroffene ohne weiteres rechtzeitig entfernen. Schließlich handelt es sich bei der Frage, ob die Gefahr erheblich ist, nicht um eine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern um eine vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage.
134 
2.3. Bauplanungsrecht
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Die Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 verstößt auch nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, die dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
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Nicht entscheidungserheblich ist im vorliegenden Nachbarstreit, ob eine Privilegierung des Vorhabens der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 BauGB anzunehmen ist; insoweit ist allein maßgeblich, ob das Vorhaben der Beigeladenen hinsichtlich der ihm zuzurechnenden Auswirkungen auf schutzwürdige Interessen des Klägers die gebotene Rücksicht nimmt. Der Nachbar erlangt eine schutzwürdige Abwehrposition nämlich nicht allein dadurch, dass das auf dem Nachbargrundstück genehmigte Vorhaben wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die nicht dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt sind, nach § 35 Abs. 3 BauGB unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.1993 - 4 C 5/93 - NVwZ 1994, 686; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10898/07 - juris).
137 
Nach den Ausführungen unter 2.2. kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots berufen. Das Bauplanungsrecht stellt keine strengeren Anforderungen an die Zumutbarkeit bestimmter Immissionen als das Immissionsschutzrecht (st. Rspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74/78 - juris). Da das Vorhaben nicht der Störfall-Verordnung unterliegt, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Biogasanlage unter störfallrechtlichen Gesichtspunkten rücksichtslos an die Wohnnutzung des Klägers heranrückt. Im Übrigen wurde die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt, bevor die Baugenehmigung und Nutzungsänderung des Klägers beantragt wurde. Die nunmehr geduldete Wohnnutzung des Klägers kann daher nicht von vorneherein als vorrangig gegenüber dem heranrückenden Betrieb betrachtet werden. Schließlich kann die Beigeladene weder auf der Grundlage von Art. 14 Abs. 1 GG noch von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auf einen anderen, für den Kläger aus immissionsschutzrechtlicher Sicht günstigeren Standort verwiesen werden, wenn von der geplanten Biogasanlage keine unzumutbaren Einwirkungen ausgehen. Ergibt die immissionsschutzrechtliche Prüfung, dass die von der Anlage ausgehenden Belastungen an dem von dem Betreiber gewählten Standort zumutbar sind, muss der Nachbar diese auch dann hinnehmen, wenn es einen ihn noch stärker schonenden Alternativstandort gibt. Denn die immissionsschutzrechtliche Prüfung ist ebenso wie die baurechtliche Prüfung an der Standortentscheidung des Anlagenbetreibers bzw. Bauherrn ausgerichtet und hieran gebunden. Der Anlagenbetreiber bestimmt das Vorhaben, dessen Zulässigkeit dann auf der Grundlage der eingereichten Antragsunterlagen von der Behörde zu prüfen ist (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 4 B 93.98 -, UPR 1999, 74 m. w. N. zur Standortbindung im baurechtlichen Verfahren; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris).
138 
III. Kosten
139 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug aufzuerlegen, weil diese im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Hingegen wäre es unbillig, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im ersten Rechtszug aufzuerlegen, weil sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinen Antrag gestellt hat.
140 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
141 
Beschluss vom 12. März 2015
142 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW, Heft Januar 2014) auf 15.000 EUR festgesetzt.
143 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Das Verfahren wird, soweit es aufgrund der Berufungen der Kläger zu 1. und 4. noch anhängig ist, eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. November 2011 ist gegenüber den Klägern zu 1. und 4. wirkungslos.

Die Kläger zu 1. bis 4. tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zu einem Viertel einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kläger zu 1. und 4. tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,- € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die entstehende Gesamtbelastung infolgedessen bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist.

109 110 111 112 113 114 115 116 117

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landes, der die Errichtung der Wasserrückhaltung W./A./N. zum Gegenstand hat. Die geplante Hochwasserrückhaltung hat eine Fläche von ca. 327 ha und soll in einem früheren Überschwemmungsgebiet des Rheins gebaut werden. Das Vorhaben umfasst die Errichtung eines Rückhalteraums, der aus zwei getrennten Teilen besteht. Der ungesteuerte Teil (Rückhaltevolumen ca. 1,2 Mio. m³) soll in Abhängigkeit von den Rheinwasserständen regelmäßig überschwemmt und an die natürliche Dynamik des Rheins angeschlossen werden. Der gesteuerte Teil des Rückhalteraums (Rückhaltevolumen ca. 7,8 Mio. m³) soll bei extremen Hochwasserereignissen geflutet werden, um Überflutungen in Siedlungs-, Gewerbe- und Infrastrukturflächen der Rheinniederung zu verhindern. Im Zusammenhang mit der Errichtung der Rückhalteräume sind zahlreiche bauliche Maßnahmen vorgesehen. Von der Planung betroffen sind in erster Linie landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und Waldflächen.

2

Die Klägerin zu 1 ist die Gemeinde A., deren Gemeindegebiet zu etwa 12 % von den geplanten Rückhalteräumen erfasst wird.

3

Die Klägerin zu 2 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Obst und Gemüse anbaut und Eigentümerin und Pächterin von innerhalb der geplanten Rückhaltung gelegenen Flächen ist.

4

Der Kläger zu 3 ist Eigentümer eines nahe der geplanten Hochwasserrückhaltung liegenden Wohngrundstücks und mehrerer - ebenfalls in der Nähe des Vorhabens liegender - Grundstücke in einem Naherholungsgebiet, die für einen Campingplatz genutzt werden.

5

Mit Schreiben vom 31. Januar 2002 beantragte die Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz - Neubaugruppe Hochwasserschutz Oberrhein - der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd des beklagten Landes als Träger des Vorhabens bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd als Oberer Wasserbehörde die Feststellung des Plans für den Bau der Hochwasserrückhaltung.

6

Der Plan wurde mit Beschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 20. Juni 2006 festgestellt.

7

Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen gerichteten, von insgesamt sechs Klägern erhobenen Klagen ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Kläger gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss leide nicht an rügefähigen Rechtsfehlern, die die Kläger in ihren Rechten verletzten. Die Kläger könnten sich weder auf mögliche Defizite der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung noch auf die Verletzung natur- und artenschutzrechtlicher Vorschriften berufen. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 3 könnten keine umfassende Planprüfung verlangen. Etwas anderes folge hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung auch nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Denn dieses finde nach seinem § 5 nur für solche Verfahren Anwendung, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden seien. Hier sei das Planfeststellungsverfahren aber bereits im Jahr 2002 begonnen worden. Unionsrecht gebiete die Anwendung des Gesetzes nicht. Damit könne dahinstehen, ob sich zugunsten der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 3 aus § 4 Abs. 1 UmwRG ein Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ergeben könne.

8

Die Klägerin zu 2 sei zwar von einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses betroffen; sie könne sich aber nicht auf natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Belange berufen, weil deren Geltendmachung die materielle Verwirkungspräklusion des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG entgegenstehe. Diese Präklusion verstoße ebenfalls nicht gegen Unionsrecht.

9

Die im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgenommene Ergänzung der Nebenbestimmung III Nr. 13.4 führe nicht dazu, dass ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen gewesen sei. Die Planrechtfertigung sei mit dem Verwaltungsgericht zu bejahen. Auch stünden dem Vorhaben keine zwingenden Versagungsgründe nach § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F. entgegen.

10

Der Planfeststellungsbeschluss leide nicht an Abwägungsmängeln, die zu seiner Aufhebung führten. Das gelte zunächst für die Verwerfung der Standortalternative "H.". Die Abwägung sei auch nicht wegen des von den Klägern behaupteten unzumutbaren Risikos eines Deichbruchs zu beanstanden. Als Fluchtweg aus A. könne jedenfalls die Kreisstraße K 7 nach R. genutzt werden, auch wenn eine derartige Notumfahrung zu gewissen Engpässen führen werde. Dieser Gesichtspunkt lasse sich dem Planfeststellungsbeschluss nicht entnehmen, ein Abwägungsdefizit erscheine möglich. Ein solcher Mangel sei jedoch nicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Nr. 1 LWG i.V.m. § 75 Abs. 1a VwVfG erheblich. Ebenso wenig sei ein Abwägungsfehler hinsichtlich der Gefahr von Druckwasser und eines erhöhten Grundwasseranstiegs ersichtlich.

11

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 3 seien mangels Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nicht befugt, eine Fehlerhaftigkeit der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung geltend zu machen, sei mit Unionsrecht ebenso wenig zu vereinbaren wie seine Ansicht, dass die Klägerin zu 2 mit ihrem auf das Natur-, Artenschutz- und Umweltrecht bezogenen Vorbringen nach § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG präkludiert sei. Das Berufungsurteil verstoße zudem gegen § 76 Abs. 1 VwVfG, weil die nachträgliche Ergänzung der Nebenbestimmung III Nr. 13.4 ein neues Planfeststellungsverfahren erfordert hätte, von dem nicht nach § 76 Abs. 2 VwVfG hätte abgesehen werden dürfen. Folge man der Auffassung des Berufungsgerichts, verstoße der Planfeststellungsbeschluss jedenfalls gegen § 37 Abs. 1 VwVfG; außerdem habe das Berufungsgericht insoweit Verfahrensrecht verletzt. Das Berufungsurteil stehe ferner mit § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F. nicht in Einklang, weil eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr für die Oberlieger am Standort des geplanten Polders vorliege. Soweit das Berufungsgericht die Abwägung als rechtmäßig erachtet habe, verstoße sein Urteil in mehrfacher Hinsicht gegen Bundesrecht. Das gelte im Hinblick auf die Gefahr eines Deichbruchs, die Überschwemmungsgefahr durch Qualmwasser und kumulierende Starkregenereignisse, die Problematik einer gesicherten Straßenanbindung der Klägerin zu 1 im Falle einer Flutung des Polders sowie die Auswahl des Standorts des Vorhabens. Das Berufungsgericht habe dabei nicht nur gegen § 75 Abs. 1a VwVfG und das Gebot gerechter Abwägung verstoßen, sondern auch den Untersuchungsgrundsatz und die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 und 2 VwGO) sowie den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.

12

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 13. September 2007, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Februar 2009 und den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 20. Juni 2006 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

14

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

15

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren beteiligt und zu Fragen des Unionsrechts geäußert.

16

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. Januar 2012 - 7 C 20.11 - das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um die Klärung mehrerer Fragen zur Auslegung der Richtlinien 2003/35/EG und 85/337/EWG gebeten. Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:EU:C:2013:712] - über die Vorlage entschieden.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen revisibles Recht und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht in der Sache selbst entscheiden kann, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

18

1. a) Einen Anspruch der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 3 auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses aus § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG hat das Oberverwaltungsgericht verneint, weil das Gesetz nach § 5 Abs. 1 UmwRG auf Verfahren, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden seien, keine Anwendung finde. Diese Annahme steht mit revisiblem Recht nicht in Einklang.

19

Die in der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 S. 17) vorgesehene Umsetzungsfrist bis zum 25. Juni 2005 ist dahin auszulegen, dass die Vorschriften des nationalen Rechts zur Umsetzung des Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175 S. 40) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG geänderten Fassung auch für behördliche Genehmigungsverfahren gelten müssen, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden waren, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf die Vorlage des Senats entschieden (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:EU:C:2013:712], Gemeinde A. u.a.). Die Neukodifikation der Richtlinie 85/337/EWG durch die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 S. 1) hat hieran nichts geändert (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683], Kommission/Deutschland - Rn. 101 ff.). Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, welches der Umsetzung des Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG bzw. des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU dient, ist daher auf das vorliegende Verfahren anzuwenden. Das Planfeststellungsverfahren wurde bereits im Jahr 2002 eingeleitet; der Planfeststellungsbeschluss wurde aber erst am 20. Juni 2006 und damit nach dem 25. Juni 2005 erlassen.

20

Auf die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge kommt es nach dem Vorstehenden nicht mehr an.

21

b) Das Urteil erweist sich insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass den Klägern ein Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 UmwRG auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zusteht.

22

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung der Entscheidung nur verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit (Nr. 2) nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können (BVerwG, Urteile vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 - Buchholz 451.91 EuropUmwR Nr. 55 Rn. 21, vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34). Im vorliegenden Fall ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Das steht einem Aufhebungsanspruch aus § 4 Abs. 1 UmwRG aber nicht von vornherein entgegen. Die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war, ist mit Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG bzw. Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU nicht vereinbar. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf die Vorlage des Senats ebenfalls bereits entschieden (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:EU:C:2013:712], Gemeinde A. u.a. - Rn. 36 ff.). Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss allerdings nicht jeder Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung unabhängig von seinen Auswirkungen auf den Inhalt der Entscheidung zu einen Anspruch auf deren Aufhebung führen (EuGH a.a.O. Rn. 49); § 4 Abs. 1 UmwRG muss in unionsrechtskonformer Auslegung aber jedenfalls auf solche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung erstreckt werden, die nach ihrer Art und Schwere den in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG genannten Fehlern vergleichbar sind, insbesondere weil sie der betroffenen Öffentlichkeit die vorgesehene Möglichkeit genommen haben, Zugang zu den auszulegenden Unterlagen zu erhalten und sich am Entscheidungsprozess zu beteiligen (EuGH a.a.O. Rn. 54). Auch derartige absolute Verfahrensfehler müssen unabhängig von § 46 VwVfG und unabhängig von der konkreten Möglichkeit, dass die angefochtene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <361 f.>; Beschluss vom 10. Januar 2012 - 7 C 20.11 - NVwZ 2012, 448 Rn. 39 m.w.N.), zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Dass die Umweltverträglichkeitsprüfung hier an einem solchen schweren Fehler leidet, kann nicht ausgeschlossen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat zu den Rügen der Kläger gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Feststellungen getroffen.

23

bb) Sollten die Vorschriften über die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung, deren Verletzung die Kläger rügen, allein dem Schutz der Umwelt, nicht aber der Gewährleistung eigener materieller subjektiver Rechte der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 3 dienen, stünde auch dies einem Aufhebungsanspruch nicht von vornherein entgegen. Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage; sie ist aber gemäß 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 21 f., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 41 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014, juris Rn. 10). Für Genehmigungsentscheidungen, die an einem Verfahrensfehler leiden, auf den § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in unionsrechtskonformer Auslegung zu erstrecken ist, kann nichts anderes gelten. Ob der Verzicht auf den nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Zusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung und der Verletzung in eigenen Rechten unionsrechtlich geboten ist (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683], Kommission/Deutschland - Rn. 63 f.), ist angesichts der in § 4 Abs. 3 UmwRG getroffenen Grundentscheidung des nationalen Gesetzgebers für die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO ohne Bedeutung.

24

c) Mangels tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu den gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung erhobenen Rügen kann der Senat auch nicht feststellen, dass den Klägern der Anspruch aus § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG zusteht; die Sache ist zur erneuten Prüfung des Anspruchs an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

25

2. a) Im Hinblick auf die Klägerin zu 2 hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss ihr gegenüber im Hinblick auf die für den Dammbau erforderlichen Flächen eine enteignungsrechtliche Vorwirkung entfalte und dies zur Folge habe, dass sie die Rechtmäßigkeit der planerischen Abwägung in einem umfassenden Sinne zur gerichtlichen Überprüfung stellen könne. Gleichwohl könne sie natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Rügen nicht mit Erfolg erheben, da dem die Verwirkungspräklusion des § 115 Abs. 1 Satz 2 des Landeswassergesetzes (LWG) vom 22. Januar 2004 (GVBl. S. 54) i.V.m. § 73 Abs. 4 VwVfG entgegenstehe. Letzteres ist mit revisiblem Recht nicht vereinbar.

26

§ 115 Abs. 1 Satz 2 LWG bestimmt, dass mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen werden, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhe. Der Regelungsgehalt der Vorschrift entspricht damit demjenigen des nahezu wortgleichen § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Der Ausschluss von Einwendungen, die nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist geltend gemacht worden sind, und die daran anknüpfende Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle sind - wie der Gerichtshof der Europäischen Union im Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland entschieden hat (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683] - Rn. 78 ff.) - mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU und Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU nicht vereinbar. Die genannten Präklusionsvorschriften müssen daher im vorliegenden Fall außer Anwendung bleiben.

27

b) Das Urteil erweist sich auch insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Mangels tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist nicht auszuschließen, dass der Planfeststellungsbeschluss in einer für die Eigentumsbetroffenheit der Klägerin zu 2 erheblichen Weise gegen natur-, umwelt- oder artenschutzrechtliche Vorschriften verstößt. Auch eine eigene Sachentscheidung zugunsten der Klägerin zu 2 ist dem Senat verwehrt (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

28

3. Das Berufungsurteil verstößt ferner gegen § 114 Abs. 1 LWG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG. Im Hinblick auf die von den Beteiligten sogenannte Fluchtwegproblematik geht der Planfeststellungsbeschluss nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts davon aus, dass die Möglichkeit bestehe, auf der über den Trenndeich führenden Kreisstraße K 13 nach W. zu gelangen. Das Berufungsgericht hat demgegenüber festgestellt, dass im Falle einer Flutung des Polders mindestens im Bereich "Auf der Au" mit einer Überflutung der Fahrbahn der K 13 in Höhe von etwa 20 cm gerechnet werden müsse. Im Hinblick darauf erscheine ein Abwägungsdefizit des Planfeststellungsbeschlusses durchaus möglich. Dabei würde es sich jedoch nicht um einen im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG erheblichen Mangel handeln. Denn es bestehe eine Verbindung nach R. über die Kreisstraße K 7, die hochwasserfrei ausgebaut werde. Auch wenn deren wasserseitige Richtungsfahrspur ab einem bestimmten Wasserstand gesperrt werden müsse, sehe die Deichausbauplanung vor, die Kreisstraße von der Deichkrone auf die landseitige Deichberme zu verlegen, wodurch - ungeachtet gelegentlicher hinnehmbarer Engpässe - die Standsicherheit und die Befahrbarkeit der K 7 in beiden Richtungen gesichert sei.

29

Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen kann die Erheblichkeit des unterstellten Abwägungsmangels nicht verneint werden. Die von § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG geforderte Ergebnisrelevanz liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <379 f.> und vom 19. Februar 2015 - 7 C 10.12 - juris Rn. 44). Eine derartige konkrete Möglichkeit ist dann zu bejahen, wenn sich der Planungsträger - wie hier - von einem unzutreffend angenommenen Belang hat leiten lassen und andere Belange, die das Abwägungsergebnis rechtfertigen könnten, weder im Planungsverfahren angesprochen noch sonst ersichtlich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <40>). Das Vorliegen solcher anderweitigen Belange kann hier nicht allein mit dem Hinweis auf eine beabsichtigte Verlegung der Kreisstraße auf die Deichberme und eine dadurch ermöglichte Notumfahrung bejaht werden. Das Berufungsgericht hat keine näheren Feststellungen zu der von ihm in Bezug genommenen Deichausbauplanung getroffen, in deren Rahmen die Verlegung der K 7 vorgesehen sein soll, sondern im Wesentlichen auf ein Schreiben des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz an das Büro des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten vom 7. Oktober 2008 verwiesen. Unklar bleibt dabei, wer Träger der in diesem Schreiben und im Berufungsurteil angesprochenen Deichausbauplanung ist, wann sie eingeleitet und ob sie bereits abgeschlossen wurde und wann mit der Realisierung dieser Planung zu rechnen ist. Sollte nicht gesichert sein, dass die Kreisstraße K 7 rechtzeitig vor Fertigstellung und Inbetriebnahme des Polders in der beabsichtigten Weise auf die Deichberme verlegt wird und die Ortsgemeinde A. damit auch bei Flutung des Polders hinreichend sicher an das Straßennetz angebunden ist, müsste dieses Problem durch eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses oder durch ein ergänzendes Verfahren gelöst werden. Denn für hoheitliche Planungen gilt der Grundsatz der Problembewältigung; der Planfeststellungsbeschluss muss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen (BVerwG, Urteile vom 7. März 2007 - 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 Rn. 19 und vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 151). Andererseits erscheint es auch nicht ausgeschlossen, dass mit Blick auf die konkrete Ausgestaltung der Deichausbauplanung Gesichtspunkte festgestellt werden können, die zu einer Irrelevanz des Abwägungsfehlers für das Ergebnis führen könnten. Der Umstand, dass die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um die Frage der Ergebnisrelevanz abschließend entscheiden zu können, nötigt damit ebenfalls zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

30

Auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen kommt es nach dem Vorstehenden nicht mehr an.

31

4. Im Übrigen verstößt das Berufungsurteil nicht gegen Bundesrecht.

32

a) Das gilt zunächst für die Annahme des Berufungsgerichts, dass wegen der nachträglichen Ergänzung der Nebenbestimmung III Nr. 13.4 des Planfeststellungsbeschlusses um den Satz, dass eine Flutung der Hochwasserrückhaltung in W./A./N. nur dann erfolgen dürfe, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90,00 müNN nicht überschritten sei, kein neues Planfeststellungsverfahren habe durchgeführt werden müssen. Bei dieser Ergänzung handele es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung, bei der der Beklagte nach § 114 Abs. 1 LWG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG von einem neuen Planfeststellungsverfahren habe absehen können, weil Belange anderer nicht berührt worden seien. Dies ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

33

aa) Das Berufungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss in seiner ursprünglichen Fassung dahingehend ausgelegt, dass die Flutung der Wasserrückhaltung unabhängig vom Erreichen eines bestimmten Wasserstandes im Neuhofener Altrhein zulässig gewesen sei. Insbesondere habe dort nicht ein Wasserstand von 89,4 müNN erreicht sein müssen. Die Auslegung eines Verwaltungsakts unterliegt als Tatsachenwürdigung nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Kontrolle. Zu prüfen ist, ob das Tatsachengericht den Regelungsgehalt des Verwaltungsakts nach den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln ermittelt hat. In diesem Fall ist der tatrichterlich ermittelte Erklärungsinhalt als Tatsachenfeststellung nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend. Dem Revisionsgericht ist eine eigene Auslegung des Verwaltungsakts nur möglich, wenn das Tatsachengericht in seiner Entscheidung nichts Näheres ausführt und insbesondere sein Auslegungsergebnis nicht begründet hat. Liegt dagegen - wie hier - eine solche Begründung vor, bedarf es einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Verfahrensrüge, um das Auslegungsergebnis anzugreifen; die bloße Darlegung einer abweichenden, von einem Beteiligten für richtig gehaltenen Auslegung eines Verwaltungsakts genügt dagegen nicht. Revisionsgerichtlicher Prüfung unterliegt ferner, ob sich das Tatsachengericht durch eine fehlerhafte Vorstellung vom Inhalt des Bundesrechts den Blick für die zutreffende Auslegung verstellt hat (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 74 m.w.N.).

34

Ausgehend hiervon ist der Senat an die Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses durch das Oberverwaltungsgericht gebunden. Für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat für die Auslegung insbesondere die Antragsunterlagen herangezogen und damit Unterlagen, die auch den von dem Vorhaben Betroffenen bekannt sind oder sein können. Anhaltspunkte dafür, dass es sich von rechtlichen Fehlvorstellungen hat leiten lassen, sind nicht ersichtlich.

35

Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Das Berufungsgericht musste den im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 enthaltenen Hilfsbeweisanträgen nicht nachgehen. Maßgeblich für die Prüfung, ob das Tatsachengericht seiner Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO genügt hat, ist die seiner Entscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung, und zwar selbst dann, wenn diese - was hier nicht der Fall ist - der rechtlichen Überprüfung nicht standhält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1984 - 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 <221 f.> und vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>). Das Berufungsgericht war - wie dargelegt - der Auffassung, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss keine Regelung eines Maximalwasserstandes des Neuhofener Altrheins enthalten habe, sondern diese erst durch die in Rede stehende Ergänzung der Nebenbestimmung erfolgt sei. Die Hilfsbeweisanträge gingen demgegenüber von der Annahme aus, dass im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss bereits ein Maximalwasserstand des Neuhofener Altrheins von 89,4 müNN ab Voraussetzung für den Beginn der Flutung festgesetzt sei; sie zielten auf die Ermittlung der Risiken, die aus einer Erhöhung dieses Maximalwasserstandes folgen könnten. Dies bedarf indessen aus Sicht des Berufungsurteils keiner Klärung. Die der Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses in seiner ursprünglichen Fassung zugrunde liegenden Tatsachen, insbesondere der Inhalt der Antragsunterlagen und ihr Verständnis durch die Beteiligten, waren nicht Gegenstand der Anträge.

36

Das Berufungsgericht hat ferner nicht seine Aufklärungspflicht durch die Unterstellung eines unwahren oder aktenwidrigen Teilsachverhalts verletzt. Diesem Vorbringen der Revision liegt ebenfalls die Auffassung zugrunde, dass im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss bereits ein Höchstwasserstand festgesetzt gewesen sei.

37

Vor diesem Hintergrund liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vor. Art. 103 Abs. 1 GG verwehrt es den Gerichten nicht, das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts außer Betracht zu lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1985 - 1 BvR 33/83 - BVerfGE 70, 288 <294>). Daher kann eine Beweisaufnahme unterbleiben, wenn es auf die Beweisfrage nicht ankommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 - BVerfGE 82, 209 <235>). Das war hier aus der maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts der Fall.

38

bb) Ausgehend von der dargelegten Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses hat das Berufungsgericht die Ergänzung der Nebenbestimmung zutreffend als Planänderung von unwesentlicher Bedeutung angesehen, die die Belange anderer nicht berührt. Als zusätzliche Voraussetzung für den Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung hat sie die Hochwassersituation in der von Stau-, Grund- und Druckwassergefahren betroffenen Umgebung dieser Rückhaltung - und damit auch für die Kläger - nicht verschlechtert, sondern verbessert.

39

Die Auffassung des Berufungsgerichts verstößt auch nicht gegen § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG. Die Ergänzung der Nebenbestimmung führt nicht dazu, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht mehr hinreichend bestimmt ist. Die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsakts setzt voraus, dass dessen Entscheidungsgehalt für den Betroffenen nach Art und Umfang aus sich heraus erkennbar und verständlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11). Das ist hier der Fall. Die Revision leitet die von ihr angenommene Widersprüchlichkeit des Planfeststellungsbeschlusses daraus ab, dass schon im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ein Höchstwasserstand im Neuhofener Altrhein als Voraussetzung der Flutung festgesetzt worden sei; von einer solchen Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch aus den dargelegten Gründen nicht auszugehen.

40

b) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Berufungsgericht das Vorliegen eines zwingenden Versagungsgrundes nach § 31 Abs. 5 Satz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG a.F.) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 2002 (BGBl. I S. 3245), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 25. Juni 2005 (BGBl. I S. 1746), verneint. Nach dieser Vorschrift ist der Planfeststellungsbeschluss zu versagen, soweit von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, zu erwarten ist.

41

Der nähere Inhalt des Begriffs des Wohls der Allgemeinheit ist nur schwer zu bestimmen; er bedarf wegen seiner Abstraktheit der Konkretisierung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 1989 - 4 C 30.88 - BVerwGE 81, 347 <349> zu § 6 Abs. 1 WHG a.F). Soweit es um Hochwassergefahren geht, hat der Gesetzgeber den Begriff selbst konkretisiert. Ob der Ausbau eines Gewässers die Hochwassergefahr erheblich, dauerhaft und nicht ausgleichbar erhöht (§ 31 Abs. 5 Satz 3 Alt. 1 WHG a.F., nunmehr § 68 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 WHG), ist nicht bezogen auf einzelne Grundstücke, sondern bezogen auf den räumlichen Einwirkungsbereich des Vorhabens insgesamt zu beurteilen. Führt ein dem Hochwasserschutz dienender Gewässerausbau insgesamt zu einer Verringerung der Hochwassergefahr, stellt eine mit dem Ausbau verbundene lokale Erhöhung der Stau-, Grund- und Druckwassergefahren keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit im Sinne des § 31 Abs. 5 Satz 3 Alt. 1 WHG a.F. dar. Derartige Folgeprobleme einer Hochwasserschutzmaßnahme sind im Planfeststellungsverfahren insbesondere durch die Anordnung von Schutzmaßnahen zu bewältigen. Soweit es um die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, geht (§ 31 Abs. 5 Satz 3 Alt. 2 WHG a.F.), ist eine solche Gesamtbetrachtung hingegen nicht gerechtfertigt; insoweit können auch kleinräumige Zerstörungen solcher Flächen das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen.

42

Das Berufungsurteil steht mit diesen Grundsätzen in Einklang. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die von den Klägern im Blick auf § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F. geltend gemachten Risiken nur diese selbst in ihrer individuellen Situation träfen. Das Vorhaben führe aber gerade zu einer Minderung der Hochwassergefahr in den Siedlungsgebieten des Rheins. Es bewirke auch keine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen.

43

c) Auch soweit das Berufungsgericht die vom Beklagten vorgenommene Abwägung als rechtmäßig angesehen hat, verstößt das Berufungsurteil - abgesehen von der bereits erörterten Anbindung der Klägerin zu 1 an das Straßennetz - nicht gegen Bundesrecht. Die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

44

aa) Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein auf § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG a.F. gestützter Planfeststellungsbeschluss eine planerische Abwägung voraussetzt, in deren Rahmen die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander und untereinander gerecht mit dem Ziel abzuwägen sind, eine inhaltlich in sich abgewogene Planung zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1978 - 4 C 25.75 - BVerwGE 55, 220 <227>). Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, in die Abwägung nicht alle Belange eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mussten oder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Februar 1974 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.>, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 54). Diese Maßstäbe hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt und ohne Verstoß gegen Bundesrecht angewandt.

45

bb) Hinsichtlich der Gefahr eines Deichbruchs und des Risikos einer Überschwemmung durch Qualmwasser und Starkregenereignisse ist das Oberverwaltungsgericht unter Berücksichtigung sachverständiger Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte die widerstreitenden Belange zutreffend ermittelt und gegeneinander abgewogen hat. Das gilt sowohl für die von der Revision in diesem Zusammenhang ins Feld geführte Möglichkeit der Bildung unterirdischer Kiesrinnen als auch für die Folgen des Zusammentreffens einer Polderflutung mit extremen Niederschlagsereignissen. Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist diese rechtliche Bewertung nicht zu beanstanden. Die Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1974 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <64>).

46

Im Hinblick auf die Frage, ob durch das Vorhaben die Gefahr eines Deichbruchs droht, machen die Kläger allerdings eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und der gerichtlichen Aufklärungspflicht sowie ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Der Sachverhalt sei hinsichtlich im Untergrund vorhandener Kiesrinnen mangelhaft aufgeklärt worden. Ihre im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 enthaltenen Hilfsbeweisanträge Nr. 6 bis 9 seien zu Unrecht abgelehnt worden. Diese Rügen sind nicht begründet.

47

aaa) Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41>). Das dem Gericht dabei zur Bestimmung von Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO zustehende Ermessen wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen absieht, obwohl die Notwendigkeit dieser weiteren Beweiserhebung sich ihm hätte aufdrängen müssen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorliegenden Gutachten oder gutachterlichen Stellungnahmen offen erkennbare Mängel enthalten, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sich aus ihnen Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Gutachter ergeben oder wenn sich herausstellt, dass es sich um eine besonders schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei den bisherigen Gutachtern nicht vorhanden ist. Fehlerhaft ist die gerichtliche Ermessensausübung hinsichtlich der Einholung eines Sachverständigengutachtens ferner dann, wenn sich das Gericht eine ihm nicht zur Verfügung stehende Sachkunde zuschreibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 - 3 C 56.82 - BVerwGE 68, 177 <182 f.>). Eine Verpflichtung des Berufungsgerichts, zusätzlich zu den vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen weitere Gutachten einzuholen oder in sonstige Ermittlungen einzutreten, besteht hingegen nicht allein schon deshalb, weil ein Beteiligter die bisher vorliegenden Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend hält (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1985 - 9 C 3.85 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 38 und vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31; Beschluss vom 27. März 2013 - 10 B 34.12 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 109 Rn. 4).

48

bbb) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht nicht verletzt. Es hat sich mit der Frage der Entstehung von Kiesrinnen und den aus ihnen folgenden Risiken ausführlich befasst. Dabei hat es die Inhomogenität der Bodenschichten nicht in Abrede gestellt, sondern ist zu der Überzeugung gelangt, dass weitere Untersuchungen nicht zu einem Zuwachs an Erkenntnis führen würden und der von Kiesrinnen ausgehenden Gefahr durch Maßnahmen im Verlauf des Polderbaus begegnet werden könne. Dieses Ergebnis hat es auf eine Mehrzahl sachverständiger Stellungnahmen gestützt und sich daher keine ihm nicht zustehende Sachkunde angemaßt.

49

Die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht sich auf ein Grundwassermodell gestützt habe, dem geologische und hydrogeologische Daten zugrunde lägen, die auf einer hydrogeologischen Untersuchung des Rhein-Neckar-Raums sowie der Bodenkarte des geologischen Landesamtes Rheinland-Pfalz beruhten. Es handele sich dabei um großräumige Kartenwerke, die für eine kleinräumig relevante Gefährdungsabschätzung nicht geeignet seien. Damit werden Mängel im oben genannten Sinne nicht aufgezeigt. Die Daten sind nur Grundlage der durchgeführten Untersuchung. Das Berufungsgericht hat selbst ausgeführt, dass das dabei verwendete Grundwassermodell Schwachstellen aufweise und der maximale Wasserandrang mit dem Modell nicht genau bestimmt werden könne. Diese Ungenauigkeiten könnten aber mit einer konservativen Abschätzung der Modellparameter kompensiert werden, was hier auch erfolgt sei. Weitere Untersuchungen seien nur mit einem unzumutbaren Aufwand möglich und könnten keine erheblich höhere Sicherheit vermitteln (UA S. 66). Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, dass die vom Berufungsgericht herangezogenen sachverständigen Stellungnahmen offen erkennbare Mängel enthielten oder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgingen. Ebenso wenig lässt sich darauf der weitere Vorwurf der Kläger stützen, dass das Berufungsgericht das Problem der oberflächennahen Inhomogenität bei Kies- oder Grobsandrinnen verkannt habe.

50

ccc) Soweit die Kläger rügen, die Hilfsbeweisanträge Nr. 6 bis 9 seien zu Unrecht abgelehnt worden, wird dies in der Revisionsbegründung nicht näher dargelegt. Insoweit ist daher nicht erkennbar, weshalb sich die Einholung gerade der dort für notwendig erachteten Sachverständigengutachten dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen.

51

ddd) Der von den Klägern weiter gerügte Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt ebenfalls nicht vor. Das auf die Entstehung und die Folgen von Kiesrinnen bezogene Vorbringen der Kläger und ihres Sachverständigen ist im Berufungsurteil zusammenfassend wiedergegeben (UA S. 64). Dass das Berufungsgericht diesem Vorbringen nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß.

52

cc) Im Hinblick auf die Problematik der Überschwemmungsgefahr durch Qualmwasser und kumulierende Starkregenereignisse macht die Revision ebenfalls einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs geltend. Auch insoweit habe das Berufungsgericht ihre Hilfsbeweisanträge im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 (Nr. 3 - teilweise - sowie Nr. 4 und 5) zu Unrecht abgelehnt.

53

Hieraus ergibt sich nach den dargelegten rechtlichen Maßstäben kein Aufklärungsmangel. Das Berufungsgericht hat sich mit den Risiken einer Überschwemmung, die sich aus dem gleichzeitigen Auftreten von Qualmwasser und Starkregenereignissen ergeben können, auseinandergesetzt und dabei insbesondere nicht verkannt, dass ein Anstieg des Neuhofener Altrheins grundsätzlich auch Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel in A. haben könnte (UA S. 61 ff.). Warum sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit weiterer sachverständiger Stellungnahmen hätte aufdrängen müssen, ist weder dargelegt noch somit ersichtlich; die Kläger halten lediglich die Ergebnisse der sachverständigen Stellungnahmen, auf die das Berufungsurteil gestützt ist, für unzutreffend. Ihren Anspruch auf rechtliches Gehör hat das Berufungsgericht, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ebenfalls nicht verletzt.

54

dd) Schließlich verstößt das Berufungsurteil hinsichtlich der in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss getroffenen Standortauswahl nicht gegen Bundesrecht.

55

aaa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanungsrechtlichen Abwägung müssen ernsthaft in Betracht kommende Standortalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden. Die Standortwahl ist erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative entweder als die eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 98 und vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 66). Von einer Alternative kann nicht mehr gesprochen werden, wenn eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft. Das ist dann der Fall, wenn ein mit dem Vorhaben verbundenes wesentliches Ziel mit einer Alternative nicht mehr erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 143; Beschluss vom 16. Juli 2007 - 4 B 71.06 - juris Rn. 42).

56

Das Berufungsgericht hat - ausgehend von diesen Grundsätzen - dargelegt, welche Erwägungen zu der Entscheidung für den gewählten Standort des Vorhabens geführt haben. Es hat die Reduzierung der Hochwasserspitzen und die Entkoppelung der Hochwasserwellen im Bereich der Neckarmündung - mit dem Ziel einer Abwehr des Hochwassers in M. und L. - als wesentliche Ziele der Planung gewertet, die am Standort H. nicht verwirklicht werden könnten. Die Errichtung einer Wasserrückhaltung am Standort H. stellt hiernach keine zumutbare Alternative dar.

57

bbb) Die im Hinblick auf die Standortauswahl erhobenen Verfahrensrügen sind unbegründet. Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht sei ihren Hilfsbeweisanträgen in einem (weiteren) Schriftsatz vom 12. Februar 2009 zu Unrecht nicht nachgegangen. Diese Hilfsbeweisanträge sind auf Umstände gerichtet, aus denen sich aus Sicht der Kläger die Vorzugswürdigkeit des Standorts H. ergibt.

58

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass das mit dem Polder A./W./N. verfolgte Ziel der Hochwasserscheitelreduzierung auch mit einem Polder am Standort H. erreicht werden könne, hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt, weil die Kläger dem Vortrag des Fachreferenten für Hochwasserschutz Dr. M., wonach mit dem Polder im Bereich A. eine wesentlich höhere Scheitelreduktion der Hochwasserwelle als durch eine vergleichbare Variante im Bereich H. erreicht werden könne, nicht substantiiert widersprochen hätten (UA S. 57). Der Einwand fehlender Substantiierung rechtfertigt es grundsätzlich, von weiterer Sachverhaltsaufklärung abzusehen (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2013 - 7 B 16.13 - juris Rn. 5 f.). Die Kläger zeigen nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht die Substantiierungsanforderungen, die sich nach der konkreten prozessualen Situation richten, überspannt haben könnte. Die übrigen Hilfsbeweisanträge waren auf Umstände gerichtet, aus denen sich insbesondere im Hinblick auf Belange des Naturschutzes die Vorzugswürdigkeit des Standortes H. ergeben sollte. Diese Umstände waren, da dieser Standort für den Hochwasserschutz im Bereich der Neckarmündung aus den dargelegten Gründen schon keine Alternative darstellt, nicht entscheidungserheblich.

59

5. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise die von den Klägern angeregte Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1967 - 4 C 147.65 - BVerwGE 28, 317), liegen nicht vor.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines "Negativzeugnisses", wonach für die Erweiterung des sogenannten Vorfeldes A des Flughafens A. weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich ist, sowie um die Verpflichtung des Beklagten, der Beigeladenen die Nutzung der - inzwischen fertig gestellten und in Betrieb genommenen - erweiterten Vorfeldfläche bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen.

2

Die Kläger sind Eigentümer selbst bewohnter Hausgrundstücke, die sich in etwa einem Kilometer Entfernung zum Flughafen A. befinden. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluglärmG.

3

Nach Durchführung eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens bei der Stadt A. zeigte die Beigeladene die geplante Vorfelderweiterung nach § 41 Abs. 1 LuftVZO luftverkehrsrechtlich an. Mit einem als Negativzeugnis bezeichneten Bescheid vom 26. April 2007 teilte das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden Ministerium) der Beigeladenen mit, die Prüfung ihrer Anzeige habe ergeben, dass eine Planfeststellung und eine Plangenehmigung nicht erforderlich seien, weil das Vorhaben eine unwesentliche Erweiterung der Flughafenanlage darstelle. Den Antrag der Kläger, für den Ausbau des Vorfeldes A auf dem Flughafen der Beigeladenen die Erforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung festzustellen und die im November 2007 aufgenommene Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A bis zum Abschluss des luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen, lehnte das Ministerium mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 ab.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit die Kläger die Aufhebung des Negativzeugnisses vom 26. April 2007 beantragt haben, und die Klage abgewiesen, soweit die Kläger beantragt haben, den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersagen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage gegen das Negativzeugnis sei zulässig. Bei dem Negativzeugnis handle es sich um einen für einen Dritten anfechtbaren Verwaltungsakt. Auch seien die Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Eine (mögliche) Verletzung subjektiver Rechte liege danach u.a. dann vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Abwägung seiner dem Vorhaben entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben sei. Materiell-rechtlicher Anknüpfungspunkt sei insofern die (drittschützende) Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 LuftVG. Der in der Norm verwendete Begriff "beeinträchtigt" sei - wie bisher - im Sinne von "beeinflusst" auszulegen. Eine solche Beeinflussung sei bereits dann gegeben, wenn Belange anderer in mehr als nur unerheblicher, also abwägungsrelevanter Weise berührt würden. Das sei hier der Fall. Als in der Nachbarschaft oder im Einwirkungsbereich des Flughafens wohnende Personen könnten die Kläger jeweils als eigenen Belang geltend machen, von den Lärmauswirkungen des Erweiterungsvorhabens betroffen zu sein. Darauf, dass nach der Schalluntersuchung die - unstreitig zu erwartende - Lärmsteigerung im Bereich des Abwägungsunerheblichen liegen möge, könne hier nicht entscheidend abgestellt werden, weil die Schalluntersuchung und das ergänzende Gutachten, das die Beigeladene während des Gerichtsverfahrens beigebracht habe, auf einer fehlerhaften Verkehrsprognose beruhten. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass es durch die verfahrensgegenständliche Erweiterungsmaßnahme zu abwägungserheblichen Erhöhungen der Lärmbelastung der Kläger komme. Die Klage sei auch begründet. Für die Erweiterung des Vorfelds A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung der Umweltverträglichkeit nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Diese sei - wegen der nicht plausiblen Bewertung der Lärmbelastung der Kläger - fehlerhaft. Hierauf könnten sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UmwRG berufen. Einer eigenen Rechtsverletzung bedürfe es insofern nicht. Die Klage auf Nutzungsuntersagung sei dagegen unzulässig. Den Klägern fehle insofern die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Diese ergebe sich weder aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch noch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG, weil eine (mögliche) Rechtsverletzung hier noch nicht einmal ansatzweise erkennbar sei. Auf das subjektive Recht der Kläger auf abwägende Berücksichtigung ihrer Belange könne nicht abgestellt werden, weil ihm mit der beantragten Nutzungsuntersagung nicht Rechnung getragen würde oder werden könnte. Eine abwägungsfehlerhafte Verkürzung von Lärmschutzbelangen führe in der Regel nicht zur Blockierung des Vorhabens, weil den Lärmschutzbelangen durch Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses, insbesondere in Gestalt von Lärmschutzauflagen, Rechnung getragen werden könne. Auch für eine Verletzung des Rechts der Kläger auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) fehle es an Anhaltspunkten. Schließlich ergebe sich auch aus europäischem Recht keine Klagebefugnis.

5

Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision haben die Beteiligten eingelegt, soweit sie jeweils unterlegen sind.

6

Beklagter und Beigeladene sind der Meinung, die Klage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Sie tragen vor, bei dem Negativzeugnis handele es sich um keine Entscheidung, die von einem Dritten angefochten werden könne. Sie weise keinerlei planungsrechtlichen Gehalt auf. Es handele sich vielmehr um eine Verfügung des Aufsichtsrechts nach den §§ 41, 47 LuftVZO. Unabhängig davon seien die Kläger jedenfalls nicht klagebefugt. Einen Anspruch auf die Durchführung des richtigen Verfahrens, namentlich eines Planfeststellungsverfahrens, gebe es nicht. Auch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ergäben sich keine einklagbaren Rechte Dritter. Schließlich lasse sich die Klagebefugnis auch nicht aus § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG herleiten; denn die Norm stelle auf eine Rechtsbeeinträchtigung und nicht auf eine bloße Rechtsbeeinflussung ab. Eine Beeinträchtigung von Rechten anderer sei aber nur dann gegeben, wenn ein direkter Zugriff auf fremde Rechte erfolge. Das sei hier nicht der Fall. Diese gesetzgeberische Entscheidung sei zu respektieren. Eine Klagebefugnis aus anderen Gründen sei nicht erkennbar.

7

Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. So habe das Oberverwaltungsgericht bereits verkannt, dass hier kein Vorhaben i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG vorliege. Denn die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen am Flughafen seien von den bisher erteilten Genehmigungen gedeckt. Das folge (auch) aus § 71 Abs. 2 LuftVG. Die UVP-Vorprüfung weise zudem weder Ermittlungsfehler noch Ermittlungsdefizite auf. Unabhängig davon verstoße die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei nicht nachvollziehbar, gegen § 3a Satz 4 UVPG, weil das Gericht die Anforderungen an deren Überprüfung überspannt habe.

8

Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht die Klage auf Nutzungsuntersagung abgewiesen. Es habe die Anforderungen an die Klagebefugnis verkannt. Diese folge auch insoweit aus dem klägerischen Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange. § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. dem allgemeinen (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch und § 29 Abs. 1 LuftVG seien zudem dahingehend auszulegen, dass eine Verletzung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der sog. UVP-Richtlinie zugleich eine die Klagebefugnis begründende Rechtsverletzung zumindest der - wie die Kläger - qualifiziert in ihren Rechten Betroffenen vermittele. Hieraus resultiere auch ein Anspruch auf Nutzungsuntersagung der Vorfelderweiterung zugunsten der Kläger.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen von Beklagtem und Beigeladener sind unbegründet (1.). Auf die Revision der Kläger war das angefochtene Urteil zu ändern und der Beklagte antragsgemäß zu verpflichten, die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme gegenüber der Beigeladenen zu untersagen (2.).

10

1. a) Die Klage gegen die Unterbleibensentscheidung ("Negativzeugnis") vom 26. April 2007 ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft (aa), und die Kläger besitzen die hierfür erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (bb).

11

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 3 des Luftverkehrsgesetzes - LuftVG - einen - auch für einen Dritten anfechtbaren - Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 <163> = juris Rn. 60; ferner Urteile vom 8. Oktober 1976 - 7 C 24.73 - Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 zum Personenbeförderungsrecht und vom 15. Januar 1982 - 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 = juris Rn. 21 zum Fernstraßenrecht). Hieran ist festzuhalten. So hat der 7. Senat die Verwaltungsakteigenschaft einer Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - wiederholt bejaht (BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 7 C 2.10 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 8 Rn. 21 und vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 9 Rn. 13). Für die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG kann nichts anderes gelten, zumal diese - anders als die Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG - zusätzlich eine entsprechende Ermessensausübung durch die Planfeststellungsbehörde erfordert. Hiervon geht offenbar auch das Ministerium aus, denn es hat seiner Unterbleibensentscheidung Nebenbestimmungen in Form von zwei Auflagen und einem Auflagenvorbehalt beigefügt, die auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 und 5 VwVfG NW gestützt wurden.

12

Der Regelungsgehalt einer Entscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG besteht dabei zum einen in der Feststellung, dass es sich um eine Änderung/Erweiterung eines Flughafens handelt (i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG), die jedoch i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 3 LuftVG von unwesentlicher Bedeutung ist, zum anderen in dem auf pflichtgemäßer Ermessensausübung beruhenden Verzicht der Behörde auf die Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens sowie der hiermit verbundenen Freigabe der Maßnahme nach Luftverkehrsrecht. Die Entscheidung ergeht gegenüber dem Vorhabenträger (Anzeigender i.S.v. § 41 Abs. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung - LuftVZO -) und besitzt damit Außenwirkung. Da nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG ein Fall von unwesentlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, wirkt die Unterbleibensentscheidung auch gegenüber Dritten. Denn aufgrund dieser Entscheidung muss weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung und damit auch keine gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG umfassende Abwägung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange erfolgen.

13

bb) Die Kläger sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Es erscheint zumindest möglich, dass sie durch die Unterbleibensentscheidung in ihren durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten Rechten verletzt werden.

14

Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist der Kläger nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist für seine Klagebefugnis erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist (stRspr; vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 14), und die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint. Eine Anfechtungsklage ist nur dann nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 - 11 C 17.93 - BVerwGE 95, 333 <334 f.>). Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, z.B. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 = juris Rn. 41).

15

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG a. F. drittschützend ist (BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 = juris Rn. 27). Auch in der jetzigen Fassung ist die Vorschrift drittschützend, weil - trotz der durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) erfolgten Änderung (Ersetzung des Begriffs "beeinflusst" durch den Begriff "beeinträchtigt") - sich die von § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geforderte "Berücksichtigung von Rechten Dritter" nicht auf den direkten Zugriff auf Rechte beschränkt, sondern - nach wie vor - im Sinne einer "Beeinflussung der Rechte Dritter" zu verstehen ist; die Norm erfasst damit auch Drittbelange, die in mehr als unerheblicher, mithin abwägungsrelevanter Weise (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ) berührt werden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 66.08 - juris Rn. 8 unter Verweis auf das Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - a.a.O. S. 164). Dies folgt aus einer an Wortlaut, Sinn und Zweck und der Systematik ausgerichteten Auslegung.

16

§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG formuliert in seinem 1. Halbsatz dahingehend, dass "Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden". Diese Formulierung lehnt sich wohl an § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 1 LuftVG an (dort heißt es "Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden"), so dass hieraus gefolgert werden könnte, dass mit den Formulierungen das Gleiche gemeint ist. Ein solches Verständnis ließe jedoch den jeweiligen Halbsatz 2 der Regelungen unberücksichtigt, der Rückschlüsse auf die Reichweite der "Rechte anderer" zulässt. Während § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG zum Inhalt hat, dass "die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben", heißt es in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG lediglich, dass "mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden". § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG rechtfertigt somit den Schluss, dass "Rechte anderer" i.S.d. Halbsatzes 1 nur solche sein können, auf die durch ein Vorhaben unmittelbar zugegriffen werden soll. Zu einem solchen Schluss zwingt § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG mit seiner offeneren Formulierung von den "entsprechenden Vereinbarungen" jedoch nicht. Vielmehr rechtfertigt er die Annahme, dass die in Halbsatz 1 angesprochenen Rechte anderer weiter zu fassen sind (mithin in Richtung auf die abwägungserheblichen Belange i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) als die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 genannten.

17

Auch die Systematik, die § 8 LuftVG zugrunde liegt, spricht für diese Auslegung. In § 8 LuftVG ist die Genehmigungsbedürftigkeit u.a. von Änderungen an bestehenden Flughäfen normiert. Die Vorschrift stellt dabei eine gewisse Rangfolge in Bezug auf die durchzuführenden Genehmigungsverfahren auf. Grundsätzlich ist für die Änderung von Flughäfen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. In bestimmten Fällen kann unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVG von einer Planfeststellung abgesehen und nur eine Plangenehmigung erteilt werden. Im Sonderfall der unwesentlichen Änderung kann nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG auch eine Unterbleibensentscheidung ergehen, mit der Folge, dass dann weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich sind. Insbesondere der Vergleich zwischen den Regelungen in § 8 Abs. 2 Satz 1 und § 8 Abs. 3 Satz 2 LuftVG belegt, dass bei einer identischen Auslegung der Wörter "Rechte anderer nicht beeinträchtigt" die Voraussetzungen für eine Plangenehmigung oder eine Unterbleibensentscheidung weitgehend angeglichen würden. Die in § 8 Abs. 1 bis 3 LuftVG angelegte Stufenfolge würde hierdurch infrage gestellt. Wird dagegen die Formulierung in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem über den direkten Zugriff auf Rechte anderer hinausgehenden Sinne verstanden, bleibt das Stufenverhältnis der einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen gewahrt. Es kommt hinzu, dass sowohl die Planfeststellung als auch die Plangenehmigung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG das Ergebnis einer sämtliche durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange Rechnung tragenden Abwägung sein müssen; eine solche Abwägung ist im Rahmen einer Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG nicht vorgesehen. Der Stufenfolge des § 8 LuftVG liegt damit der Gedanke zugrunde, nur solche Vorhaben von einer Planfeststellung/Plangenehmigung auszunehmen, deren Zulassung gerade keiner planerischen Abwägungsentscheidung bedarf. Diese Systematik ist aber nur dann gewahrt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem weiten Sinne verstanden wird, weil andernfalls durch die Unterbleibensentscheidung abwägungserhebliche Belange Dritter im luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahren ausgeblendet werden könnten.

18

§ 8 Abs. 3 LuftVG dient ersichtlich der Verfahrensvereinfachung und der Verfahrensbeschleunigung für unwesentliche (= „einfache“) Änderungen/Erweiterungen eines Flughafens. Diese sollen in einem möglichst unkomplizierten Verfahren, insbesondere ohne eine sie rechtfertigende (umfassende) Abwägungsentscheidung, "zugelassen" und anschließend rasch verwirklicht werden können. Die Norm hat nicht den Zweck, die Genehmigungsbehörde von einer etwa erforderlichen Berücksichtigung abwägungserheblicher Belange Dritter freizustellen oder solche Belange abzuschneiden. Wo solche (schutzwürdigen, nicht geringwertigen und nicht makelbehafteten) Belange berührt werden, ist die Unterbleibensentscheidung nach deren Sinn und Zweck nicht das richtige Instrument zur Vorhabenfreigabe. Es bedarf dann vielmehr einer Planfeststellung/Plangenehmigung. Der hinter § 8 Abs. 3 LuftVG stehende Zweck würde verfehlt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LuftVG auf die Fälle des direkten Zugriffs auf Rechte Dritter beschränkt würde.

19

Die Kläger haben hinreichend substantiiert vorgetragen, dass eine Verletzung ihrer durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten abwägungserheblichen Belange aufgrund der ungeklärten Lärmauswirkungen der umstrittenen Maßnahme zumindest möglich erscheint. Die klägerischen Grundstücke liegen etwas über einen Kilometer vom Flughafen A. entfernt. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - FlugLärmG -. Die Erweiterung des Vorfeldes A sowie die weiteren hiermit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen erfolgen in Richtung auf ihr Grundstück. Nach dem von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten der B. GmbH vom 23. Januar 2007 bedingt die Maßnahme eine Erhöhung der Lärmbelastung der Kläger, weil die Erweiterung zu einer Zunahme der Bewegungen auf dem Vorfeld A führt. Zwar kommt die B. GmbH zu dem Ergebnis, dass durch die Vorfelderweiterung lediglich mit einer Erhöhung des Lärmpegels um 0,5 dB(A) zu rechnen sei. Die Kläger haben diese Aussage sowie die Lärmbegutachtung aber unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts substantiiert in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund lässt sich dem Lärmschutzinteresse der Kläger nicht von vornherein jegliche Relevanz absprechen. Ob diesem Gesichtspunkt im konkreten Fall die Bedeutung zukommt, die ihm die Kläger beimessen, ist der Prüfung im Rahmen der Begründetheit vorzubehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3 S. 25 = juris Rn. 20).

20

b) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht von der Begründetheit der Klage ausgegangen.

21

aa) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Negativzeugnis sei rechtswidrig, weil eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Vorprüfung bestehe und die angestellte UVP-Vorprüfung aufgrund von Ermittlungsdefiziten im Ergebnis nicht nachvollziehbar sei (UA S. 21), verstößt nicht gegen revisibles Recht.

22

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, für die Erweiterung des Vorfeldes A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG -, denn hierbei handele es sich um die Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens, die nicht von einer bestandskräftigen förmlichen Zulassungsentscheidung gedeckt sei (UA S. 22 f.). Das steht mit Bundesrecht im Einklang.

23

Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) - auch - für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalles i.S.v. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Frage, ob es sich um eine Änderung oder Erweiterung im Sinne der Vorschrift handelt, beurteilt sich dabei nach materiellem Recht, vorliegend mithin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Loseblatt Stand Oktober 2014, § 8 Rn. 18). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Änderung eines Flughafens vorliegt, wenn das Vorhaben vom Regelungsgehalt einer bestandskräftigen früheren Zulassungsentscheidung nicht mehr gedeckt ist; schon Zugelassenes bedarf nicht erneut einer Zulassung (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 31; Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 14 S. 9 f. = juris Rn. 16). Bezugspunkt und Maßstab für das Vorliegen einer Änderung ist mithin der bisherige Gestattungszustand (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149,17 Rn. 14). Insoweit ist der Begriff der Änderung in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LuftVG fachplanungsrechtlich determiniert (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 a.a.O. Rn. 31).

24

Das Oberverwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Urteil ausführlich mit der Genehmigungslage des Flughafens A. befasst (UA S. 23 bis 30) und ist in Auslegung der vorhandenen Genehmigungen zum Ergebnis gelangt, dass diese die Erweiterung des Vorfeldes A nicht abdecken. Der tatrichterlich ermittelte Inhalt der Genehmigungen ist als Tatsachenfeststellung i.S.d. § 137 Abs. 2 VwGO für den Senat bindend (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>), weil weder der Beklagte noch die Beigeladene innerhalb der Frist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Verfahrensrüge erhoben haben, sondern sich darauf beschränken, der vorinstanzlichen Auslegung der Genehmigungen ihre eigene, davon abweichende Auslegung gegenüber zu stellen.

25

Ist danach von einer Änderung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG auszugehen, so liegt damit auch eine Änderung i.S.v. § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG vor. Da gemäß § 3b Abs. 1 i.V.m. Nr. 14.12.1 der Anlage 1 UVPG (in der hier maßgeblichen Fassung zum 26. April 2007) der Bau eines Flugplatzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation mit einer Start- und Landebahngrundlänge von - wie hier - 1 500 m oder mehr UVP-pflichtig ist, folgt hieraus, dass die Vorfelderweiterung einer UVP-Vorprüfung bedurfte.

26

(2) Das Oberverwaltungsgericht hat ferner angenommen, dass die UVP-Vorprüfung durch den Beklagten nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG entspreche. Auch das lässt einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen.

27

Nach § 3a Satz 4 UVPG ist, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

28

Gemäß § 3c Satz 1 UVPG muss die zuständige Behörde einschätzen, ob das Vorhaben aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 3 UVPG ist bei der Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34, vom 16. Oktober 2008‌ - 4 C 5.07 -‌ BVerwGE 132, 123 Rn. 32 und vom 17. Dezember 2013‌ - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss vielmehr durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht.

29

Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 und vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 25). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.).

30

Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung zur UVP-Pflichtigkeit unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Zu untersuchen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - UPR 2014, 444 Rn. 16). Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben, und das Ergebnis der Vorprüfung darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29).

31

Das Oberverwaltungsgericht hat vorliegend beanstandet, dass die Lärmauswirkungen, die mit der Nutzung des erweiterten Vorfeldes A verbunden sind, nicht auf der Grundlage einer realistischen Verkehrsprognose ermittelt und beurteilt worden seien. Das gelte namentlich für den Bodenlärm und für die Schalluntersuchung. Das Gutachten zur Kapazitätsveränderung durch ein erweitertes Vorfeld A am Flughafen A. vom Dezember 2006 der C. GmbH (C.-Gutachten) habe insofern unzutreffend auf die Flugbewegungen eines typischen Tages des Jahres 2005 und der sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres 2005 abgestellt, anstatt von einem zu einem bestimmten Prognosezeitpunkt zu erwartenden Flugbewegungsaufkommen auszugehen. Das gelte auch für die hierauf aufbauende schalltechnische Untersuchung der B. GmbH vom Januar 2007 (UA S. 33 f.). Die Abschätzung des Bodenlärms sei daher aufgrund eines falschen Ansatzes oder Maßstabes unbrauchbar. Die Ergebnisrelevanz dieses Fehlers sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen in Gestalt von (erheblichem) Bodenlärm aus anderen Gründen offensichtlich nicht zu erwarten seien, denn solche Gründe seien nicht gegeben. Diese Ausführungen lassen einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sowohl das C.-Gutachten als auch die Lärmbegutachtung durch die B. GmbH nicht geeignet waren, die Unbeachtlichkeit der Lärmerhöhung durch die Erweiterungsmaßnahme in Richtung auf die klägerischen Wohngebäude zu belegen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Lärmberechnung auf das tatsächliche Verkehrsaufkommen abzustellen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, vom 3. März 1999 - 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 und vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 354; Beschluss vom 7. Februar 2001 - 11 B 61.00 - ZLW 2001, 455). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) fehlt es vorliegend an einer dieser Anforderung entsprechenden in die Zukunft gerichteten Verkehrsprognose zum Zeitpunkt des Erlasses der Unterbleibensentscheidung. Damit ist das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, wonach es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, nicht plausibel begründet.

32

Dass das C.-Gutachten und das Gutachten der B. GmbH unzureichend waren, räumt letztlich auch der Beklagte ein. Er vertritt allerdings die Auffassung, die Mängel seien durch das auf Anforderung des Oberverwaltungsgerichts nachgereichte C.-Gutachten vom Juli 2012 geheilt worden. Eine solche Heilung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig. Dem ist schon deshalb nicht zu folgen, weil das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass auch das nachgereichte Gutachten fehlerhaft ist. Zudem habe der Beklagte seine Bodenlärmbeurteilung aus Anlass der C.-Darstellung nicht ergänzt. Damit sei keine Heilung der Fehler bei der Beurteilung des Bodenlärms eingetreten (UA S. 38). Hieran ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da diese Feststellungen nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden sind.

33

bb) Ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht schließlich entschieden, dass sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes - UmwRG - auf die fehlerhafte UVP-Vorprüfung berufen könnten, ohne dass es darüber hinaus der Feststellung einer Rechtsverletzung i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedürfe.

34

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit u.a. eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 UVPG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge einer Aufhebung der Zulassungsentscheidung ist mithin eine fehlerhaft unterbliebene UVP oder UVP-Vorprüfung. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG sonst voraussetzt. Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage, ist aber gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013‌ - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014 Rn. 10). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt das auch, wenn - wie hier - eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt.

35

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG auch Anwendung auf die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG. Denn nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UVPG sind Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren. Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, sind dabei vor allem solche, die ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG abschließen (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149, 17). Hierzu zählt auch die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG, weil sie ein Verwaltungsakt ist.

36

2. Die Revision der Kläger ist dagegen erfolgreich. Ihre Klage ist zulässig (a) und begründet (b). Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist insofern mit Bundesrecht nicht vereinbar.

37

a) Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A unzulässig sei, weil den Klägern die nach § 42 Abs. 2 VwGO hierfür erforderliche Klagebefugnis fehle, trifft nicht zu.

38

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint (vgl. oben). Da die Verpflichtungsklage gemäß § 113 Abs. 5 VwGO nur begründet ist, wenn ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes gegeben ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C ‌77.84 -‌ BVerwGE 77, 317 = juris Rn. 13), erfordert dies das Bestehen eines Rechtssatzes, der die Behörde zum Erlass dieses Verwaltungsaktes verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch darauf gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Kreis der Berechtigten einbezieht (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115). Für die Klagebefugnis reicht es dabei aus, dass ein solcher Anspruch nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1991 - 4 C 23.88 - Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 5; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 - 6 C 2.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 3 und vom 10. Oktober 2012 - 6 C 36.11 - BVerwGE 144, 284 Rn. 17, jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist es entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen, dass die Kläger einen Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagung oder wenigstens auf ermessensfehlerfreie Entscheidung haben.

39

(1) Eine Rechtsgrundlage für das vom Beklagten verlangte aufsichtsbehördliche Einschreiten ist mit § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG vorhanden. Danach ist die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der Flugsicherungsorganisation. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG um eine Norm, die sich auf das Gebot zur Gefahrenabwehr i.S.d. allgemeinen Polizeirechts beschränkt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 C 2.13 - juris Rn. 18). Schutzgut der Vorschrift ist, soweit es vorliegend darauf ankommt, die öffentliche Sicherheit. Sie umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die Unversehrtheit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie Bestand und Funktionieren der Einrichtungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Eine Gefahr i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass ein Zustand oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für das Schutzgut führt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 a.a.O. Rn. 13). Hiervon ist etwa dann auszugehen, wenn ein Flughafen ohne die nach § 8 Abs. 1 und 2 LuftVG erforderliche Planfeststellung bzw. Plangenehmigung geändert wird und eine dies legitimierende Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG fehlt, z.B. weil diese auf den Rechtsbehelf eines Dritten hin aufgehoben worden ist. Ist eine solche Gefahr gegeben, dann kann die hierfür zuständige Behörde die erforderlichen Verfügungen erlassen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG). Bei einer formell illegalen Änderung eines Flughafens lässt sich auf diese Regelung u.a. die Befugnis stützen, die Nutzung der geänderten Anlagen zu untersagen und damit die Störung der Rechtsordnung zu unterbinden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2001 - 11 VR 16.00 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 18 = juris Rn. 11).

40

(2) § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG stellt das Einschreiten in das Ermessen der zuständigen Behörden. Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einschreiten, sondern nur ein solcher auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Allein in den Fällen der sog. Ermessensreduzierung auf Null kann sich dieser Anspruch zu einem Rechtsanspruch verdichten. Nicht anders als in anderen Gebieten des öffentlichen Rechts, namentlich im öffentlichen Baurecht setzen sowohl der Anspruch auf Einschreiten als auch der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung voraus, dass der Dritte durch die formell illegale Anlage in seinen Rechten verletzt wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei geklärt, dass sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten lässt, die das individuell geschützte private Interesse, die Art seiner Verletzung und den Kreis der unmittelbar geschützten Personen hinreichend deutlich klarstellen und abgrenzen (stRspr, vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 20. Oktober 1972 - 4 C 107.67 - BVerwGE 41, 58 <63> = juris Rn. 18). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122). Er wird für die Kläger durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG vermittelt. Es erscheint zumindest möglich, dass die Kläger durch die Weigerung des Beklagten, die Nutzung des erweiterten Vorfeldes A vorläufig zu unterbinden, in ihrem Recht auf Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt sind. Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, mit der beantragten Nutzungsuntersagung könne der Rechtsverletzung nicht begegnet werden, ist unzutreffend. Zwar führt eine abwägungsfehlerhafte Nichtberücksichtigung oder Zurücksetzung von Lärmschutzbelangen in der Regel dazu, dass der Betroffene im Wege der Verpflichtungsklage auf eine Vervollständigung der Lärmschutzkonzeption zu seinen Gunsten dringen muss (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 290). Das bedeutet aber nicht, dass er das Vorhaben nicht, wie mit der Nutzungsuntersagung angestrebt, bis zur Fehlerbehebung blockieren könnte. Solange die Lärmschutzkonzeption defizitär ist, muss nämlich die beanstandete Nutzung einer Verkehrsfläche unterbleiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 290 und vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 77).

41

b) Die Klage ist begründet. Der Senat kann die beantragte Verpflichtung des Beklagten selbst aussprechen, da die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für diese Beurteilung ausreichend sind und die Sache spruchreif ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

42

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 29 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG und § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG auf Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. gegenüber der Beigeladenen bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme. Der dem widersprechende Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2008 war daher aufzuheben.

43

aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG liegen vor, weil die Vorfelderweiterung formell illegal ist.

44

bb) Das dem Beklagten eröffnete Ermessen ist vorliegend zugunsten der Kläger dahingehend reduziert, dass der Beklagte gegen die nicht genehmigte Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreiten muss. Ein Nutzungsverbot ist zwingende Konsequenz daraus, dass die Unterbleibensentscheidung vom Oberverwaltungsgericht - zu Recht - aufgehoben wurde, weil die UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist, und die Kläger sich hierauf über § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG berufen können. Mit § 4 Abs. 3 UmwRG wollte der Gesetzgeber (vgl. BT-Drs. 16/2495 S.14) der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom ‌7. Januar 2004 ‌- C-201/02 - [ECLI:EU:C:2004:12], Wells - Rn. 54 ff.) Rechnung tragen, der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen könne. Der Europäische Gerichtshof betont überdies in ständiger Rechtsprechung, dass ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht in der Lage sein müsse, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (EuGH, Urteile vom 19. Juni 1990 - C-213/89 [ECLI:EU:C:1990:257], Factortame u.a. - Rn. 21, vom 13. März 2007 - C-432/05 [ECLI:EU:C:2007:163], Unibet - Rn. 67 und vom 15. Januar 2013 - C-416/10 [ECLI:EU:C:2013:8], Krizan u.a. - Rn. 107). Diese Ausführungen stehen zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit bestehen muss, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erreichen, mit der die Vollziehung einer Genehmigung bis zum Erlass der Endentscheidung (des Gerichts) vorübergehend ausgesetzt werden kann. Die Grundsätze müssen aber erst recht gelten, wenn eine entsprechende Genehmigung nach der Inswerksetzung des Vorhabens durch Urteil aufgehoben wurde, weil die für das Vorhaben erforderliche UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde und offen ist, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf und zugelassen werden kann. Es kommt ein weiteres hinzu: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten gemäß dem (jetzt) in Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union ‌- EUV -‌ enthaltenen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht zu beheben (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich u.a. - Rn. 36). Eine solche Verpflichtung obliegt jeder Behörde des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 64 m.w.N.). Begrenzt durch den Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, sind derartige Maßnahmen beispielsweise die Rücknahme oder die Aussetzung einer bereits erteilten Genehmigung zu dem Zweck, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 65).

45

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für Fälle wie den vorliegenden in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die das behördliche Ermessen in Bezug auf ein luftaufsichtsrechtliches Einschreiten dahingehend steuert, dass zugunsten der unter den Schutzbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG fallenden Nachbarschaft in der Regel eingeschritten werden muss. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Überlegung, dass ansonsten eine nicht zu rechtfertigende Rechtsschutzlücke entstünde. Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich. Die Kläger sind zwar mit ihrer Klage gegen die Unterbleibensentscheidung durchgedrungen, vor dem Oberverwaltungsgericht mit dem Begehren auf Nutzungsuntersagung jedoch gescheitert. Solange der Beklagte bei dieser Sachlage nicht aus eigenem Entschluss gegen die Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreitet, ändert sich faktisch für die Kläger nichts. Damit würde § 4 Abs. 3 UmwRG in der Sache leerlaufen. Das widerspricht nicht nur Unionsrecht (Effektivitätsgrundsatz), sondern auch Art. 19 Abs. 4 GG.

46

Es mag Fallgestaltungen geben, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Nutzungsuntersagung eines wegen Verstoßes gegen die UVP-Vorprüfungspflicht formell illegalen Vorhabens abzusehen ist. Das bedarf aber keiner Vertiefung, weil für einen solchen Fall hier keine Anhaltspunkte bestehen und von der Beigeladenen auch nicht geltend gemacht worden sind.

47

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO, bezüglich der Beigeladenen auch auf § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
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Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.

2

Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.

3

Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.

4

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.

5

Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.

11

Die Beigeladene hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

14

Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.

15

Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.

16

Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.

17

Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.

18

Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.

19

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.

21

Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.

22

Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.

23

Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.

24

Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.

25

Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.

26

Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.

27

Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.

28

Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.

29

Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.

30

Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.

31

Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.

32

Die Klägerin beantragt,

33

das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.

37

Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

38

Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.

39

Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.

40

Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.

41

Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.

42

In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.

43

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:

46

Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.

47

Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.

48

Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.

49

Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.

50

Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

53

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.

54

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.

55

Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).

56

2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

57

2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.

58

Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).

59

Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.

60

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.

61

2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.

62

Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.

63

Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.

64

2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.

65

2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.

66

Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).

67

Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).

68

2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.

69

2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).

70

Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.

71

2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.

72

2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.

73

2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.

74

a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.

75

Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).

76

Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).

77

b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

78

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

79

Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).

80

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.

81

§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).

82

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.

83

Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.

84

Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.

85

Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.

86

2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.

87

Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).

88

Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.

89

2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

90

Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

91

2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

92

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).

93

2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

94

2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

95

a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).

96

Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).

97

b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

98

c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.

99

d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.

100

Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.

101

Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.

102

aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.

103

Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.

104

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.

105

Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.

106

bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.

107

aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.

108

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.

109

Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.

110

Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.

111

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.

112

Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.

113

Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.

114

bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.

115

ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.

116

Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.

117

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.

118

Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.

119

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.

120

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.

121

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).

122

Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:

123

zin m

 CORINE-Klasse

 0.01 

Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)

 0,02 

Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)

 0,05 

Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)

 0,10 

Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)

 0,20 

Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)

 0,50 

Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)

 1,00 

Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)

 1,50 

Laubwälder (311); Mischwälder (313)

 2,00 

Durchgängig städtische Prägung (111)

124

Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.

125

Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.

126

Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.

127

Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.

128

Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.

129

2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.

130

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).

131

Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.

132

2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.

133

Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.

134

Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).

135

Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.

136

2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.

137

Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).

138

2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.

139

a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).

140

b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

141

c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

142

d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.

143

aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).

144

Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.

145

bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.

146

Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).

147

aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.

148

bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.

149

ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.

150

Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.

151

dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.

152

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

153

aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).

154

Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.

155

Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.

156

bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).

157

Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.

158

ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).

159

Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).

160

Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.

161

ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.

162

Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.

163

2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

164

Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.

165

2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).

166

2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.

167

Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.

168

2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

169

Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).

170

Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

171

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

172

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

173

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines "Negativzeugnisses", wonach für die Erweiterung des sogenannten Vorfeldes A des Flughafens A. weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich ist, sowie um die Verpflichtung des Beklagten, der Beigeladenen die Nutzung der - inzwischen fertig gestellten und in Betrieb genommenen - erweiterten Vorfeldfläche bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen.

2

Die Kläger sind Eigentümer selbst bewohnter Hausgrundstücke, die sich in etwa einem Kilometer Entfernung zum Flughafen A. befinden. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluglärmG.

3

Nach Durchführung eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens bei der Stadt A. zeigte die Beigeladene die geplante Vorfelderweiterung nach § 41 Abs. 1 LuftVZO luftverkehrsrechtlich an. Mit einem als Negativzeugnis bezeichneten Bescheid vom 26. April 2007 teilte das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden Ministerium) der Beigeladenen mit, die Prüfung ihrer Anzeige habe ergeben, dass eine Planfeststellung und eine Plangenehmigung nicht erforderlich seien, weil das Vorhaben eine unwesentliche Erweiterung der Flughafenanlage darstelle. Den Antrag der Kläger, für den Ausbau des Vorfeldes A auf dem Flughafen der Beigeladenen die Erforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung festzustellen und die im November 2007 aufgenommene Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A bis zum Abschluss des luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen, lehnte das Ministerium mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 ab.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit die Kläger die Aufhebung des Negativzeugnisses vom 26. April 2007 beantragt haben, und die Klage abgewiesen, soweit die Kläger beantragt haben, den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersagen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage gegen das Negativzeugnis sei zulässig. Bei dem Negativzeugnis handle es sich um einen für einen Dritten anfechtbaren Verwaltungsakt. Auch seien die Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Eine (mögliche) Verletzung subjektiver Rechte liege danach u.a. dann vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Abwägung seiner dem Vorhaben entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben sei. Materiell-rechtlicher Anknüpfungspunkt sei insofern die (drittschützende) Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 LuftVG. Der in der Norm verwendete Begriff "beeinträchtigt" sei - wie bisher - im Sinne von "beeinflusst" auszulegen. Eine solche Beeinflussung sei bereits dann gegeben, wenn Belange anderer in mehr als nur unerheblicher, also abwägungsrelevanter Weise berührt würden. Das sei hier der Fall. Als in der Nachbarschaft oder im Einwirkungsbereich des Flughafens wohnende Personen könnten die Kläger jeweils als eigenen Belang geltend machen, von den Lärmauswirkungen des Erweiterungsvorhabens betroffen zu sein. Darauf, dass nach der Schalluntersuchung die - unstreitig zu erwartende - Lärmsteigerung im Bereich des Abwägungsunerheblichen liegen möge, könne hier nicht entscheidend abgestellt werden, weil die Schalluntersuchung und das ergänzende Gutachten, das die Beigeladene während des Gerichtsverfahrens beigebracht habe, auf einer fehlerhaften Verkehrsprognose beruhten. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass es durch die verfahrensgegenständliche Erweiterungsmaßnahme zu abwägungserheblichen Erhöhungen der Lärmbelastung der Kläger komme. Die Klage sei auch begründet. Für die Erweiterung des Vorfelds A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung der Umweltverträglichkeit nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Diese sei - wegen der nicht plausiblen Bewertung der Lärmbelastung der Kläger - fehlerhaft. Hierauf könnten sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UmwRG berufen. Einer eigenen Rechtsverletzung bedürfe es insofern nicht. Die Klage auf Nutzungsuntersagung sei dagegen unzulässig. Den Klägern fehle insofern die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Diese ergebe sich weder aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch noch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG, weil eine (mögliche) Rechtsverletzung hier noch nicht einmal ansatzweise erkennbar sei. Auf das subjektive Recht der Kläger auf abwägende Berücksichtigung ihrer Belange könne nicht abgestellt werden, weil ihm mit der beantragten Nutzungsuntersagung nicht Rechnung getragen würde oder werden könnte. Eine abwägungsfehlerhafte Verkürzung von Lärmschutzbelangen führe in der Regel nicht zur Blockierung des Vorhabens, weil den Lärmschutzbelangen durch Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses, insbesondere in Gestalt von Lärmschutzauflagen, Rechnung getragen werden könne. Auch für eine Verletzung des Rechts der Kläger auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) fehle es an Anhaltspunkten. Schließlich ergebe sich auch aus europäischem Recht keine Klagebefugnis.

5

Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision haben die Beteiligten eingelegt, soweit sie jeweils unterlegen sind.

6

Beklagter und Beigeladene sind der Meinung, die Klage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Sie tragen vor, bei dem Negativzeugnis handele es sich um keine Entscheidung, die von einem Dritten angefochten werden könne. Sie weise keinerlei planungsrechtlichen Gehalt auf. Es handele sich vielmehr um eine Verfügung des Aufsichtsrechts nach den §§ 41, 47 LuftVZO. Unabhängig davon seien die Kläger jedenfalls nicht klagebefugt. Einen Anspruch auf die Durchführung des richtigen Verfahrens, namentlich eines Planfeststellungsverfahrens, gebe es nicht. Auch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ergäben sich keine einklagbaren Rechte Dritter. Schließlich lasse sich die Klagebefugnis auch nicht aus § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG herleiten; denn die Norm stelle auf eine Rechtsbeeinträchtigung und nicht auf eine bloße Rechtsbeeinflussung ab. Eine Beeinträchtigung von Rechten anderer sei aber nur dann gegeben, wenn ein direkter Zugriff auf fremde Rechte erfolge. Das sei hier nicht der Fall. Diese gesetzgeberische Entscheidung sei zu respektieren. Eine Klagebefugnis aus anderen Gründen sei nicht erkennbar.

7

Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. So habe das Oberverwaltungsgericht bereits verkannt, dass hier kein Vorhaben i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG vorliege. Denn die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen am Flughafen seien von den bisher erteilten Genehmigungen gedeckt. Das folge (auch) aus § 71 Abs. 2 LuftVG. Die UVP-Vorprüfung weise zudem weder Ermittlungsfehler noch Ermittlungsdefizite auf. Unabhängig davon verstoße die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei nicht nachvollziehbar, gegen § 3a Satz 4 UVPG, weil das Gericht die Anforderungen an deren Überprüfung überspannt habe.

8

Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht die Klage auf Nutzungsuntersagung abgewiesen. Es habe die Anforderungen an die Klagebefugnis verkannt. Diese folge auch insoweit aus dem klägerischen Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange. § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. dem allgemeinen (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch und § 29 Abs. 1 LuftVG seien zudem dahingehend auszulegen, dass eine Verletzung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der sog. UVP-Richtlinie zugleich eine die Klagebefugnis begründende Rechtsverletzung zumindest der - wie die Kläger - qualifiziert in ihren Rechten Betroffenen vermittele. Hieraus resultiere auch ein Anspruch auf Nutzungsuntersagung der Vorfelderweiterung zugunsten der Kläger.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen von Beklagtem und Beigeladener sind unbegründet (1.). Auf die Revision der Kläger war das angefochtene Urteil zu ändern und der Beklagte antragsgemäß zu verpflichten, die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme gegenüber der Beigeladenen zu untersagen (2.).

10

1. a) Die Klage gegen die Unterbleibensentscheidung ("Negativzeugnis") vom 26. April 2007 ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft (aa), und die Kläger besitzen die hierfür erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (bb).

11

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 3 des Luftverkehrsgesetzes - LuftVG - einen - auch für einen Dritten anfechtbaren - Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 <163> = juris Rn. 60; ferner Urteile vom 8. Oktober 1976 - 7 C 24.73 - Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 zum Personenbeförderungsrecht und vom 15. Januar 1982 - 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 = juris Rn. 21 zum Fernstraßenrecht). Hieran ist festzuhalten. So hat der 7. Senat die Verwaltungsakteigenschaft einer Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - wiederholt bejaht (BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 7 C 2.10 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 8 Rn. 21 und vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 9 Rn. 13). Für die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG kann nichts anderes gelten, zumal diese - anders als die Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG - zusätzlich eine entsprechende Ermessensausübung durch die Planfeststellungsbehörde erfordert. Hiervon geht offenbar auch das Ministerium aus, denn es hat seiner Unterbleibensentscheidung Nebenbestimmungen in Form von zwei Auflagen und einem Auflagenvorbehalt beigefügt, die auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 und 5 VwVfG NW gestützt wurden.

12

Der Regelungsgehalt einer Entscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG besteht dabei zum einen in der Feststellung, dass es sich um eine Änderung/Erweiterung eines Flughafens handelt (i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG), die jedoch i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 3 LuftVG von unwesentlicher Bedeutung ist, zum anderen in dem auf pflichtgemäßer Ermessensausübung beruhenden Verzicht der Behörde auf die Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens sowie der hiermit verbundenen Freigabe der Maßnahme nach Luftverkehrsrecht. Die Entscheidung ergeht gegenüber dem Vorhabenträger (Anzeigender i.S.v. § 41 Abs. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung - LuftVZO -) und besitzt damit Außenwirkung. Da nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG ein Fall von unwesentlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, wirkt die Unterbleibensentscheidung auch gegenüber Dritten. Denn aufgrund dieser Entscheidung muss weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung und damit auch keine gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG umfassende Abwägung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange erfolgen.

13

bb) Die Kläger sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Es erscheint zumindest möglich, dass sie durch die Unterbleibensentscheidung in ihren durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten Rechten verletzt werden.

14

Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist der Kläger nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist für seine Klagebefugnis erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist (stRspr; vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 14), und die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint. Eine Anfechtungsklage ist nur dann nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 - 11 C 17.93 - BVerwGE 95, 333 <334 f.>). Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, z.B. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 = juris Rn. 41).

15

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG a. F. drittschützend ist (BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 = juris Rn. 27). Auch in der jetzigen Fassung ist die Vorschrift drittschützend, weil - trotz der durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) erfolgten Änderung (Ersetzung des Begriffs "beeinflusst" durch den Begriff "beeinträchtigt") - sich die von § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geforderte "Berücksichtigung von Rechten Dritter" nicht auf den direkten Zugriff auf Rechte beschränkt, sondern - nach wie vor - im Sinne einer "Beeinflussung der Rechte Dritter" zu verstehen ist; die Norm erfasst damit auch Drittbelange, die in mehr als unerheblicher, mithin abwägungsrelevanter Weise (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ) berührt werden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 66.08 - juris Rn. 8 unter Verweis auf das Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - a.a.O. S. 164). Dies folgt aus einer an Wortlaut, Sinn und Zweck und der Systematik ausgerichteten Auslegung.

16

§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG formuliert in seinem 1. Halbsatz dahingehend, dass "Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden". Diese Formulierung lehnt sich wohl an § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 1 LuftVG an (dort heißt es "Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden"), so dass hieraus gefolgert werden könnte, dass mit den Formulierungen das Gleiche gemeint ist. Ein solches Verständnis ließe jedoch den jeweiligen Halbsatz 2 der Regelungen unberücksichtigt, der Rückschlüsse auf die Reichweite der "Rechte anderer" zulässt. Während § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG zum Inhalt hat, dass "die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben", heißt es in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG lediglich, dass "mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden". § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG rechtfertigt somit den Schluss, dass "Rechte anderer" i.S.d. Halbsatzes 1 nur solche sein können, auf die durch ein Vorhaben unmittelbar zugegriffen werden soll. Zu einem solchen Schluss zwingt § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG mit seiner offeneren Formulierung von den "entsprechenden Vereinbarungen" jedoch nicht. Vielmehr rechtfertigt er die Annahme, dass die in Halbsatz 1 angesprochenen Rechte anderer weiter zu fassen sind (mithin in Richtung auf die abwägungserheblichen Belange i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) als die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 genannten.

17

Auch die Systematik, die § 8 LuftVG zugrunde liegt, spricht für diese Auslegung. In § 8 LuftVG ist die Genehmigungsbedürftigkeit u.a. von Änderungen an bestehenden Flughäfen normiert. Die Vorschrift stellt dabei eine gewisse Rangfolge in Bezug auf die durchzuführenden Genehmigungsverfahren auf. Grundsätzlich ist für die Änderung von Flughäfen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. In bestimmten Fällen kann unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVG von einer Planfeststellung abgesehen und nur eine Plangenehmigung erteilt werden. Im Sonderfall der unwesentlichen Änderung kann nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG auch eine Unterbleibensentscheidung ergehen, mit der Folge, dass dann weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich sind. Insbesondere der Vergleich zwischen den Regelungen in § 8 Abs. 2 Satz 1 und § 8 Abs. 3 Satz 2 LuftVG belegt, dass bei einer identischen Auslegung der Wörter "Rechte anderer nicht beeinträchtigt" die Voraussetzungen für eine Plangenehmigung oder eine Unterbleibensentscheidung weitgehend angeglichen würden. Die in § 8 Abs. 1 bis 3 LuftVG angelegte Stufenfolge würde hierdurch infrage gestellt. Wird dagegen die Formulierung in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem über den direkten Zugriff auf Rechte anderer hinausgehenden Sinne verstanden, bleibt das Stufenverhältnis der einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen gewahrt. Es kommt hinzu, dass sowohl die Planfeststellung als auch die Plangenehmigung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG das Ergebnis einer sämtliche durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange Rechnung tragenden Abwägung sein müssen; eine solche Abwägung ist im Rahmen einer Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG nicht vorgesehen. Der Stufenfolge des § 8 LuftVG liegt damit der Gedanke zugrunde, nur solche Vorhaben von einer Planfeststellung/Plangenehmigung auszunehmen, deren Zulassung gerade keiner planerischen Abwägungsentscheidung bedarf. Diese Systematik ist aber nur dann gewahrt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem weiten Sinne verstanden wird, weil andernfalls durch die Unterbleibensentscheidung abwägungserhebliche Belange Dritter im luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahren ausgeblendet werden könnten.

18

§ 8 Abs. 3 LuftVG dient ersichtlich der Verfahrensvereinfachung und der Verfahrensbeschleunigung für unwesentliche (= „einfache“) Änderungen/Erweiterungen eines Flughafens. Diese sollen in einem möglichst unkomplizierten Verfahren, insbesondere ohne eine sie rechtfertigende (umfassende) Abwägungsentscheidung, "zugelassen" und anschließend rasch verwirklicht werden können. Die Norm hat nicht den Zweck, die Genehmigungsbehörde von einer etwa erforderlichen Berücksichtigung abwägungserheblicher Belange Dritter freizustellen oder solche Belange abzuschneiden. Wo solche (schutzwürdigen, nicht geringwertigen und nicht makelbehafteten) Belange berührt werden, ist die Unterbleibensentscheidung nach deren Sinn und Zweck nicht das richtige Instrument zur Vorhabenfreigabe. Es bedarf dann vielmehr einer Planfeststellung/Plangenehmigung. Der hinter § 8 Abs. 3 LuftVG stehende Zweck würde verfehlt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LuftVG auf die Fälle des direkten Zugriffs auf Rechte Dritter beschränkt würde.

19

Die Kläger haben hinreichend substantiiert vorgetragen, dass eine Verletzung ihrer durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten abwägungserheblichen Belange aufgrund der ungeklärten Lärmauswirkungen der umstrittenen Maßnahme zumindest möglich erscheint. Die klägerischen Grundstücke liegen etwas über einen Kilometer vom Flughafen A. entfernt. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - FlugLärmG -. Die Erweiterung des Vorfeldes A sowie die weiteren hiermit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen erfolgen in Richtung auf ihr Grundstück. Nach dem von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten der B. GmbH vom 23. Januar 2007 bedingt die Maßnahme eine Erhöhung der Lärmbelastung der Kläger, weil die Erweiterung zu einer Zunahme der Bewegungen auf dem Vorfeld A führt. Zwar kommt die B. GmbH zu dem Ergebnis, dass durch die Vorfelderweiterung lediglich mit einer Erhöhung des Lärmpegels um 0,5 dB(A) zu rechnen sei. Die Kläger haben diese Aussage sowie die Lärmbegutachtung aber unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts substantiiert in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund lässt sich dem Lärmschutzinteresse der Kläger nicht von vornherein jegliche Relevanz absprechen. Ob diesem Gesichtspunkt im konkreten Fall die Bedeutung zukommt, die ihm die Kläger beimessen, ist der Prüfung im Rahmen der Begründetheit vorzubehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3 S. 25 = juris Rn. 20).

20

b) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht von der Begründetheit der Klage ausgegangen.

21

aa) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Negativzeugnis sei rechtswidrig, weil eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Vorprüfung bestehe und die angestellte UVP-Vorprüfung aufgrund von Ermittlungsdefiziten im Ergebnis nicht nachvollziehbar sei (UA S. 21), verstößt nicht gegen revisibles Recht.

22

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, für die Erweiterung des Vorfeldes A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG -, denn hierbei handele es sich um die Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens, die nicht von einer bestandskräftigen förmlichen Zulassungsentscheidung gedeckt sei (UA S. 22 f.). Das steht mit Bundesrecht im Einklang.

23

Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) - auch - für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalles i.S.v. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Frage, ob es sich um eine Änderung oder Erweiterung im Sinne der Vorschrift handelt, beurteilt sich dabei nach materiellem Recht, vorliegend mithin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Loseblatt Stand Oktober 2014, § 8 Rn. 18). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Änderung eines Flughafens vorliegt, wenn das Vorhaben vom Regelungsgehalt einer bestandskräftigen früheren Zulassungsentscheidung nicht mehr gedeckt ist; schon Zugelassenes bedarf nicht erneut einer Zulassung (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 31; Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 14 S. 9 f. = juris Rn. 16). Bezugspunkt und Maßstab für das Vorliegen einer Änderung ist mithin der bisherige Gestattungszustand (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149,17 Rn. 14). Insoweit ist der Begriff der Änderung in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LuftVG fachplanungsrechtlich determiniert (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 a.a.O. Rn. 31).

24

Das Oberverwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Urteil ausführlich mit der Genehmigungslage des Flughafens A. befasst (UA S. 23 bis 30) und ist in Auslegung der vorhandenen Genehmigungen zum Ergebnis gelangt, dass diese die Erweiterung des Vorfeldes A nicht abdecken. Der tatrichterlich ermittelte Inhalt der Genehmigungen ist als Tatsachenfeststellung i.S.d. § 137 Abs. 2 VwGO für den Senat bindend (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>), weil weder der Beklagte noch die Beigeladene innerhalb der Frist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Verfahrensrüge erhoben haben, sondern sich darauf beschränken, der vorinstanzlichen Auslegung der Genehmigungen ihre eigene, davon abweichende Auslegung gegenüber zu stellen.

25

Ist danach von einer Änderung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG auszugehen, so liegt damit auch eine Änderung i.S.v. § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG vor. Da gemäß § 3b Abs. 1 i.V.m. Nr. 14.12.1 der Anlage 1 UVPG (in der hier maßgeblichen Fassung zum 26. April 2007) der Bau eines Flugplatzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation mit einer Start- und Landebahngrundlänge von - wie hier - 1 500 m oder mehr UVP-pflichtig ist, folgt hieraus, dass die Vorfelderweiterung einer UVP-Vorprüfung bedurfte.

26

(2) Das Oberverwaltungsgericht hat ferner angenommen, dass die UVP-Vorprüfung durch den Beklagten nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG entspreche. Auch das lässt einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen.

27

Nach § 3a Satz 4 UVPG ist, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

28

Gemäß § 3c Satz 1 UVPG muss die zuständige Behörde einschätzen, ob das Vorhaben aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 3 UVPG ist bei der Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34, vom 16. Oktober 2008‌ - 4 C 5.07 -‌ BVerwGE 132, 123 Rn. 32 und vom 17. Dezember 2013‌ - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss vielmehr durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht.

29

Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 und vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 25). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.).

30

Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung zur UVP-Pflichtigkeit unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Zu untersuchen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - UPR 2014, 444 Rn. 16). Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben, und das Ergebnis der Vorprüfung darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29).

31

Das Oberverwaltungsgericht hat vorliegend beanstandet, dass die Lärmauswirkungen, die mit der Nutzung des erweiterten Vorfeldes A verbunden sind, nicht auf der Grundlage einer realistischen Verkehrsprognose ermittelt und beurteilt worden seien. Das gelte namentlich für den Bodenlärm und für die Schalluntersuchung. Das Gutachten zur Kapazitätsveränderung durch ein erweitertes Vorfeld A am Flughafen A. vom Dezember 2006 der C. GmbH (C.-Gutachten) habe insofern unzutreffend auf die Flugbewegungen eines typischen Tages des Jahres 2005 und der sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres 2005 abgestellt, anstatt von einem zu einem bestimmten Prognosezeitpunkt zu erwartenden Flugbewegungsaufkommen auszugehen. Das gelte auch für die hierauf aufbauende schalltechnische Untersuchung der B. GmbH vom Januar 2007 (UA S. 33 f.). Die Abschätzung des Bodenlärms sei daher aufgrund eines falschen Ansatzes oder Maßstabes unbrauchbar. Die Ergebnisrelevanz dieses Fehlers sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen in Gestalt von (erheblichem) Bodenlärm aus anderen Gründen offensichtlich nicht zu erwarten seien, denn solche Gründe seien nicht gegeben. Diese Ausführungen lassen einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sowohl das C.-Gutachten als auch die Lärmbegutachtung durch die B. GmbH nicht geeignet waren, die Unbeachtlichkeit der Lärmerhöhung durch die Erweiterungsmaßnahme in Richtung auf die klägerischen Wohngebäude zu belegen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Lärmberechnung auf das tatsächliche Verkehrsaufkommen abzustellen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, vom 3. März 1999 - 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 und vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 354; Beschluss vom 7. Februar 2001 - 11 B 61.00 - ZLW 2001, 455). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) fehlt es vorliegend an einer dieser Anforderung entsprechenden in die Zukunft gerichteten Verkehrsprognose zum Zeitpunkt des Erlasses der Unterbleibensentscheidung. Damit ist das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, wonach es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, nicht plausibel begründet.

32

Dass das C.-Gutachten und das Gutachten der B. GmbH unzureichend waren, räumt letztlich auch der Beklagte ein. Er vertritt allerdings die Auffassung, die Mängel seien durch das auf Anforderung des Oberverwaltungsgerichts nachgereichte C.-Gutachten vom Juli 2012 geheilt worden. Eine solche Heilung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig. Dem ist schon deshalb nicht zu folgen, weil das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass auch das nachgereichte Gutachten fehlerhaft ist. Zudem habe der Beklagte seine Bodenlärmbeurteilung aus Anlass der C.-Darstellung nicht ergänzt. Damit sei keine Heilung der Fehler bei der Beurteilung des Bodenlärms eingetreten (UA S. 38). Hieran ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da diese Feststellungen nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden sind.

33

bb) Ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht schließlich entschieden, dass sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes - UmwRG - auf die fehlerhafte UVP-Vorprüfung berufen könnten, ohne dass es darüber hinaus der Feststellung einer Rechtsverletzung i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedürfe.

34

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit u.a. eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 UVPG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge einer Aufhebung der Zulassungsentscheidung ist mithin eine fehlerhaft unterbliebene UVP oder UVP-Vorprüfung. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG sonst voraussetzt. Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage, ist aber gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013‌ - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014 Rn. 10). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt das auch, wenn - wie hier - eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt.

35

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG auch Anwendung auf die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG. Denn nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UVPG sind Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren. Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, sind dabei vor allem solche, die ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG abschließen (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149, 17). Hierzu zählt auch die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG, weil sie ein Verwaltungsakt ist.

36

2. Die Revision der Kläger ist dagegen erfolgreich. Ihre Klage ist zulässig (a) und begründet (b). Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist insofern mit Bundesrecht nicht vereinbar.

37

a) Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A unzulässig sei, weil den Klägern die nach § 42 Abs. 2 VwGO hierfür erforderliche Klagebefugnis fehle, trifft nicht zu.

38

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint (vgl. oben). Da die Verpflichtungsklage gemäß § 113 Abs. 5 VwGO nur begründet ist, wenn ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes gegeben ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C ‌77.84 -‌ BVerwGE 77, 317 = juris Rn. 13), erfordert dies das Bestehen eines Rechtssatzes, der die Behörde zum Erlass dieses Verwaltungsaktes verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch darauf gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Kreis der Berechtigten einbezieht (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115). Für die Klagebefugnis reicht es dabei aus, dass ein solcher Anspruch nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1991 - 4 C 23.88 - Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 5; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 - 6 C 2.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 3 und vom 10. Oktober 2012 - 6 C 36.11 - BVerwGE 144, 284 Rn. 17, jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist es entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen, dass die Kläger einen Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagung oder wenigstens auf ermessensfehlerfreie Entscheidung haben.

39

(1) Eine Rechtsgrundlage für das vom Beklagten verlangte aufsichtsbehördliche Einschreiten ist mit § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG vorhanden. Danach ist die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der Flugsicherungsorganisation. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG um eine Norm, die sich auf das Gebot zur Gefahrenabwehr i.S.d. allgemeinen Polizeirechts beschränkt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 C 2.13 - juris Rn. 18). Schutzgut der Vorschrift ist, soweit es vorliegend darauf ankommt, die öffentliche Sicherheit. Sie umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die Unversehrtheit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie Bestand und Funktionieren der Einrichtungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Eine Gefahr i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass ein Zustand oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für das Schutzgut führt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 a.a.O. Rn. 13). Hiervon ist etwa dann auszugehen, wenn ein Flughafen ohne die nach § 8 Abs. 1 und 2 LuftVG erforderliche Planfeststellung bzw. Plangenehmigung geändert wird und eine dies legitimierende Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG fehlt, z.B. weil diese auf den Rechtsbehelf eines Dritten hin aufgehoben worden ist. Ist eine solche Gefahr gegeben, dann kann die hierfür zuständige Behörde die erforderlichen Verfügungen erlassen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG). Bei einer formell illegalen Änderung eines Flughafens lässt sich auf diese Regelung u.a. die Befugnis stützen, die Nutzung der geänderten Anlagen zu untersagen und damit die Störung der Rechtsordnung zu unterbinden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2001 - 11 VR 16.00 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 18 = juris Rn. 11).

40

(2) § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG stellt das Einschreiten in das Ermessen der zuständigen Behörden. Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einschreiten, sondern nur ein solcher auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Allein in den Fällen der sog. Ermessensreduzierung auf Null kann sich dieser Anspruch zu einem Rechtsanspruch verdichten. Nicht anders als in anderen Gebieten des öffentlichen Rechts, namentlich im öffentlichen Baurecht setzen sowohl der Anspruch auf Einschreiten als auch der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung voraus, dass der Dritte durch die formell illegale Anlage in seinen Rechten verletzt wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei geklärt, dass sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten lässt, die das individuell geschützte private Interesse, die Art seiner Verletzung und den Kreis der unmittelbar geschützten Personen hinreichend deutlich klarstellen und abgrenzen (stRspr, vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 20. Oktober 1972 - 4 C 107.67 - BVerwGE 41, 58 <63> = juris Rn. 18). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122). Er wird für die Kläger durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG vermittelt. Es erscheint zumindest möglich, dass die Kläger durch die Weigerung des Beklagten, die Nutzung des erweiterten Vorfeldes A vorläufig zu unterbinden, in ihrem Recht auf Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt sind. Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, mit der beantragten Nutzungsuntersagung könne der Rechtsverletzung nicht begegnet werden, ist unzutreffend. Zwar führt eine abwägungsfehlerhafte Nichtberücksichtigung oder Zurücksetzung von Lärmschutzbelangen in der Regel dazu, dass der Betroffene im Wege der Verpflichtungsklage auf eine Vervollständigung der Lärmschutzkonzeption zu seinen Gunsten dringen muss (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 290). Das bedeutet aber nicht, dass er das Vorhaben nicht, wie mit der Nutzungsuntersagung angestrebt, bis zur Fehlerbehebung blockieren könnte. Solange die Lärmschutzkonzeption defizitär ist, muss nämlich die beanstandete Nutzung einer Verkehrsfläche unterbleiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 290 und vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 77).

41

b) Die Klage ist begründet. Der Senat kann die beantragte Verpflichtung des Beklagten selbst aussprechen, da die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für diese Beurteilung ausreichend sind und die Sache spruchreif ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

42

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 29 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG und § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG auf Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. gegenüber der Beigeladenen bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme. Der dem widersprechende Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2008 war daher aufzuheben.

43

aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG liegen vor, weil die Vorfelderweiterung formell illegal ist.

44

bb) Das dem Beklagten eröffnete Ermessen ist vorliegend zugunsten der Kläger dahingehend reduziert, dass der Beklagte gegen die nicht genehmigte Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreiten muss. Ein Nutzungsverbot ist zwingende Konsequenz daraus, dass die Unterbleibensentscheidung vom Oberverwaltungsgericht - zu Recht - aufgehoben wurde, weil die UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist, und die Kläger sich hierauf über § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG berufen können. Mit § 4 Abs. 3 UmwRG wollte der Gesetzgeber (vgl. BT-Drs. 16/2495 S.14) der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom ‌7. Januar 2004 ‌- C-201/02 - [ECLI:EU:C:2004:12], Wells - Rn. 54 ff.) Rechnung tragen, der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen könne. Der Europäische Gerichtshof betont überdies in ständiger Rechtsprechung, dass ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht in der Lage sein müsse, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (EuGH, Urteile vom 19. Juni 1990 - C-213/89 [ECLI:EU:C:1990:257], Factortame u.a. - Rn. 21, vom 13. März 2007 - C-432/05 [ECLI:EU:C:2007:163], Unibet - Rn. 67 und vom 15. Januar 2013 - C-416/10 [ECLI:EU:C:2013:8], Krizan u.a. - Rn. 107). Diese Ausführungen stehen zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit bestehen muss, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erreichen, mit der die Vollziehung einer Genehmigung bis zum Erlass der Endentscheidung (des Gerichts) vorübergehend ausgesetzt werden kann. Die Grundsätze müssen aber erst recht gelten, wenn eine entsprechende Genehmigung nach der Inswerksetzung des Vorhabens durch Urteil aufgehoben wurde, weil die für das Vorhaben erforderliche UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde und offen ist, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf und zugelassen werden kann. Es kommt ein weiteres hinzu: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten gemäß dem (jetzt) in Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union ‌- EUV -‌ enthaltenen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht zu beheben (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich u.a. - Rn. 36). Eine solche Verpflichtung obliegt jeder Behörde des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 64 m.w.N.). Begrenzt durch den Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, sind derartige Maßnahmen beispielsweise die Rücknahme oder die Aussetzung einer bereits erteilten Genehmigung zu dem Zweck, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 65).

45

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für Fälle wie den vorliegenden in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die das behördliche Ermessen in Bezug auf ein luftaufsichtsrechtliches Einschreiten dahingehend steuert, dass zugunsten der unter den Schutzbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG fallenden Nachbarschaft in der Regel eingeschritten werden muss. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Überlegung, dass ansonsten eine nicht zu rechtfertigende Rechtsschutzlücke entstünde. Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich. Die Kläger sind zwar mit ihrer Klage gegen die Unterbleibensentscheidung durchgedrungen, vor dem Oberverwaltungsgericht mit dem Begehren auf Nutzungsuntersagung jedoch gescheitert. Solange der Beklagte bei dieser Sachlage nicht aus eigenem Entschluss gegen die Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreitet, ändert sich faktisch für die Kläger nichts. Damit würde § 4 Abs. 3 UmwRG in der Sache leerlaufen. Das widerspricht nicht nur Unionsrecht (Effektivitätsgrundsatz), sondern auch Art. 19 Abs. 4 GG.

46

Es mag Fallgestaltungen geben, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Nutzungsuntersagung eines wegen Verstoßes gegen die UVP-Vorprüfungspflicht formell illegalen Vorhabens abzusehen ist. Das bedarf aber keiner Vertiefung, weil für einen solchen Fall hier keine Anhaltspunkte bestehen und von der Beigeladenen auch nicht geltend gemacht worden sind.

47

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO, bezüglich der Beigeladenen auch auf § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine im Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen Entwässerungsregelungen für Teilabschnitte der Bundesautobahnen A 3 und A 44, die auf Planfeststellungsbeschlüsse vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 zurückgehen und durch Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 ihre heutige Fassung erlangt haben; er greift außerdem die dem letztgenannten Beschluss beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis an.

2

Durch Planfeststellungsbeschluss vom 24. April 1991 wurde der Bau des Autobahnknotens A 3/A 44 (Autobahnkreuz Ratingen) planfestgestellt. Entsprechend dem nachfolgend realisierten Plan wird das Straßenoberflächenwasser der im nordöstlichen Anschlussohr des Knotens errichteten Sonderanlage R., einem Regenrückhaltebecken mit Ölabscheider und Absetzfunktion, zugeführt und von dort in den Hahnerhofbach eingeleitet, der als Zufluss des Homberger Bachs zum Bachsystem der Anger gehört. Die Einleitung erfolgte ursprünglich gestützt auf eine im Zusammenhang mit einem Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 1979 für den Ausbau eines Teilstücks der A 3 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis.

3

Mit Beschluss vom 21. Februar 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert fest. Dieser Beschluss sah vor, für einen Teilabschnitt der A 44 östlich des Knotens A 3/A 44 das Straßenoberflächenwasser ebenfalls in die Sonderanlage zu leiten. Von dort aus sollte es aufgrund einer dem Beschluss beigefügten wasserrechtlichen Erlaubnis in einer Menge von max. 390 l/s in den Homberger Bach eingeleitet werden. Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, den der Kläger nicht angefochten hat, richten sich zwei derzeit ruhende Klagen der Städte D. und R., die aufgrund der Einleitung des Straßenoberflächenwassers der A 44 eine Verschärfung der Hochwassersituation am Unterlauf der Anger befürchten.

4

Diese Bedenken haben zu einer Änderungsplanung geführt, die den Gegenstand des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2008 bildet. Sie zielt darauf ab, die Einleitungsmenge des Straßenoberflächenwassers zu drosseln. Die dafür benötigte höhere Rückhaltekapazität soll durch Zuschaltung eines nur temporär bei Bedarf einzustauenden Retentionsraums erreicht werden, der im nordwestlichen Anschlussohr des Autobahnkreuzes geplant ist. Um diesen Retentionsraum anzulegen, soll die Rampe Velbert-Köln des Kreuzes nicht, wie ursprünglich geplant, als Brückenbauwerk, sondern als Damm errichtet werden. Aus dem dadurch entstehenden Erdbecken soll das Wasser mittels eines Dammdurchlasses gedrosselt in den Hahnerhofbach eingeleitet werden. Der Standort des geplanten Retentionsraums befindet sich ebenso wie die Sonderanlage R. in der Schutzzone IIIa des Wasserschutzgebiets für die von den Stadtwerken R. nordöstlich des Autobahnkreuzes betriebene Trinkwassergewinnungsanlage Homberg-Meiersberg. Derzeit wird ein Verfahren zur Änderung der Schutzgebietsverordnung betrieben, in dem geprüft wird, ob die Schutzzone II auf die Standorte der Sonderanlage und des geplanten Retentionsraums ausgedehnt werden soll.

5

Durch Antrag des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2008 wurde ein Verfahren zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. Februar 2007 mit dem Ziel eingeleitet, die Entwässerungsanlagen um den Retentionsraum zu ergänzen. Von einer Auslegung der Planunterlagen wurde abgesehen. Der Kläger erhielt jedoch Gelegenheit zur Stellungnahme, von der er mit Einwendungsschreiben vom 18. Februar 2008 fristgerecht Gebrauch machte. Er trug im Wesentlichen vor: Der Retentionsraum sei in der geplanten Wasserschutzzone II nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) unzulässig. Trotz Vorbehandlung in der Sonderanlage enthalte das eingestaute Wasser Salze und Schadstoffe. Die mit dem Einstau verbundenen Risiken für das Grundwasser würden dadurch verschärft, dass im nordwestlichen Auffahrtohr des Autobahnkreuzes ein aus mehreren Quellen gespeister Bach verlaufe, der im Bereich des Retentionsraums über eine Bachschwinde in den Untergrund versickere. Wegen möglicher Risiken für das Trinkwasser sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung unverzichtbar. Für den Retentionsraum müssten ausgehöhlte Bäume beseitigt werden, die streng geschützten Vogel- und Fledermausarten Lebensraum böten. Aufgrund dessen sei eine Baumkartierung notwendig.

6

Im weiteren Verfahrensverlauf ließ der Vorhabenträger neben einer faunistischen Kartierung eine Baugrunduntersuchung durchführen. Diese gelangte aufgrund der Bohrergebnisse zu der Empfehlung, durch weitere Untersuchungen zu klären, ob am Standort des geplanten Retentionsraums in geringer Tiefe ein Kalksteinzug vorhanden sei, und äußerte außerdem die Vermutung, dass eine geologische Störung das Untersuchungsgebiet durchziehe. Der Vorhabenträger ergänzte nachfolgend die Planung dahin, dass der Retentionsraum durch Auffüllung des tiefstliegenden Bereichs bis zu einer Höhe von 100 m über NN mit stark bindigem Boden (Durchlässigkeitsbeiwert kf

7

Mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 24. September 2008 stellte der Beklagte den Plan fest und wies die erhobenen Einwendungen zurück. Bezogen auf die Einleitung des Straßenoberflächenwassers in den Hahnerhofbach wies er auf die mit Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 1979 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis hin, die die Einleitung auch in der nunmehr geplanten Form abdecke.

8

Gegen den ihm am 25. Oktober 2008 zugestellten Änderungsplanfeststellungsbeschluss hat der Kläger am 24. November 2008 Klage beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erhoben. Während des Klageverfahrens wurde ein weiteres Änderungsplanfeststellungsverfahren durchgeführt, das den Umbau der Sonderanlage R. mit dem Ziel einer verbesserten Reinigungsleistung zum Gegenstand hatte. Durch Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 stellte der Beklagte den Plan für den Beckenumbau fest. Er fügte dem Änderungsbeschluss nach vorheriger Erteilung des Einvernehmens durch die Bezirksregierung Düsseldorf als Obere Wasserbehörde eine die früher erteilten Erlaubnisse ändernde wasserrechtliche Erlaubnis bei, die die Einleitung des Straßenoberflächenwassers vom Autobahnkreuz und vom östlich anschließenden Teilstück der A 44 in den Hahnerhofbach an der vorhandenen Einleitungsstelle zulässt. Die Einleitungsmenge ist auf 64 l/s begrenzt.

9

Der Kläger hat den Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 und die beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis in sein Klagebegehren einbezogen. Mit Beschluss vom 27. September 2010 hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.

10

Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Die angefochtenen Entscheidungen seien formell und materiell rechtswidrig. Der Beklagte habe zu Unrecht von einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen. Die im Rahmen der UVP-Vorprüfung durchgeführten Untersuchungen hätten den Rahmen einer bloß überschlägigen Vorprüfung gesprengt und seien auf eine verkappte, ohne die dafür vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung hinausgelaufen. Von einem Erörterungstermin habe der Beklagte ermessensfehlerhaft abgesehen. In der Sache begegne die Planung des Retentionsraums vor allem aus Gründen des Grundwasserschutzes durchgreifenden Bedenken. Der Beklagte habe zumutbare Standortalternativen nicht überprüft. Außerdem seien die geplanten Maßnahmen zur Abdichtung des Retentionsraums unzureichend. Angesichts der problematischen geologischen Verhältnisse müsse damit gerechnet werden, dass Salze und Schadstoffe, die trotz Vorbehandlung in dem eingeleiteten Wasser enthalten seien, das Grundwasser verschmutzten. Die Errichtung des Retentionsraums am geplanten Standort gefährde überdies die im nordwestlichen Anschlussohr des Autobahnkreuzes vorhandenen Quellen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass innerhalb der Wasserschutzzone II die Einleitung von Niederschlagswasser in Gewässer rechtlich bedenklich sei. Artenschutzrechtlichen Anforderungen werde die Planung gleichfalls nicht gerecht. Rechtsfehlerhaft sei auch der geplante Umbau der Sonderanlage, die auch im geänderten Zustand keine ausreichende Reinigungsleistung erziele.

11

Der Kläger beantragt,

die Planfeststellungsbeschlüsse des Beklagten vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 in der Fassung der Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010, soweit sie die Entwässerung der Autobahnen A 3 und A 44 abweichend von der ursprünglichen Planfeststellung regeln, sowie die dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis aufzuheben.

12

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Die angefochtenen Regelungen seien verfahrensfehlerfrei getroffen worden. Namentlich sei die UVP-Vorprüfung ordnungsgemäß durchgeführt worden; das Ergebnis der Vorprüfung, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung erübrige, sei nachvollziehbar begründet worden. Die Einholung von Gutachten im Rahmen einer Vorprüfung entspreche gängiger Praxis. Die angefochtenen Regelungen begegneten auch keinen durchgreifenden materiellrechtlichen Bedenken.

Entscheidungsgründe

14

A. Die Klage ist zulässig.

15

1. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung über die Klage zuständig. Seine sachliche Zuständigkeit ergibt sich jedenfalls aus der Verweisung des Rechtsstreits durch das zunächst angerufene Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, die nach § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG das erkennende Gericht bindet. Diese Bindungswirkung erstreckt sich auch auf die Anfechtung der zusammen mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 26. Februar 2010 erteilten, von dessen Konzentrationswirkung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG NRW) jedoch gem. § 14 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz in der Fassung vom 19. August 2002 (WHG a.F.) nicht umfassten wasserrechtlichen Erlaubnis. Der Kläger hat vor Erlass des Verweisungsbeschlusses mit Schriftsatz vom 30. März 2010 sein Anfechtungsbegehren auf diesen Änderungsplanfeststellungsbeschluss erstreckt. Der Sache nach hat er dadurch auch die in der Beschlussurkunde enthaltene Erlaubnis zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht. Hiervon muss umso mehr ausgegangen werden, als der Kläger sich schon in seiner vorangegangenen Klagebegründung gegen die Einleitung des Straßenoberflächenwassers innerhalb der geplanten Wasserschutzzone II in den Hahnerhofbach gewandt hatte. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtete sich erkennbar darauf, den Rechtsstreit insgesamt an das Bundesverwaltungsgericht zu verweisen.

16

2. Der Kläger ist klagebefugt.

17

a) Soweit er sich gegen die im Wege der Planfeststellung getroffenen Änderungen der Entwässerungsregelung wendet, folgt seine Klagebefugnis zunächst aus § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 12b LG NRW und § 64 Abs. 1 BNatSchG. Nach diesen Vorschriften kann eine anerkannte Naturschutzvereinigung abweichend von der Regel des § 42 Abs. 2 VwGO u.a. gegen Planfeststellungsbeschlüsse über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, unter den in § 12b LG NRW bzw. § 64 Abs. 1 BNatSchG genannten Voraussetzungen Rechtsbehelfe einlegen, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein. Der Kläger verfügt für das Land Nordrhein-Westfalen über eine solche Anerkennung. Seine Klage gegen die planfestgestellten Änderungsregelungen entspricht auch den weiteren Vorgaben der naturschutzrechtlichen Verbandsklage; er macht - auch - Verstöße gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen geltend, wird durch die Änderungsregelungen in seinem von der Anerkennung umfassten satzungsgemäßen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich berührt und hat von seinem Mitwirkungsrecht Gebrauch gemacht.

18

b) Die außerdem angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis gehört demgegenüber nicht zu den Rechtsakten, die mit der naturschutzrechtlichen Verbandsklage angegriffen werden können. Insoweit folgt die Klagebefugnis indes ebenso wie zusätzlich auch für die Anfechtung der planfestgestellten Änderungsregelungen aus § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG, Art. 10a der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, 85/337/EWG, geändert durch Richtlinie 2003/35/EG des Rates vom 26. Mai 2003 (UVP-RL). Die landesrechtliche Anerkennung des Klägers als Naturschutzvereinigung gilt zugleich als Anerkennung i.S.d. Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (§ 5 Abs. 2 UmwRG). Aufgrund dessen kann der Kläger unabhängig von der Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 UmwRG gegen Entscheidungen gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG klagen. Zu diesen Entscheidungen zählen insbesondere Erlaubnisse und Planfeststellungsbeschlüsse über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG). Auf die Änderungsvorhaben, die Gegenstand der Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 sowie der dem letztgenannten Beschluss beigefügten wasserrechtlichen Erlaubnis sind, trifft dies gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG und Nr. 14.3 der Anlage 1 zu diesem Gesetz zu.

19

Die Voraussetzungen, unter denen eine nach § 3 UmwRG anerkannte oder als anerkannt geltende Vereinigung befugt ist, derartige Entscheidungen anzufechten, sind erfüllt. Einschlägige Maßstabsnorm ist § 2 Abs. 1 UmwRG, der unter Beachtung unionsrechtlicher Vorgaben aber nur modifiziert angewandt werden kann.

20

Der Kläger beruft sich auf formell- und materiellrechtliche Vorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG). Er macht die Betroffenheit in seinem auf den Umweltschutz ausgerichteten Aufgabenbereich geltend (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG). Im Verwaltungsverfahren hat er sich zur Sache geäußert, soweit ihm dazu Gelegenheit gegeben worden ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG).

21

Ob zu den von ihm als verletzt gerügten Bestimmungen auch Vorschriften gehören, die Rechte Einzelner begründen, wie es § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG weiter voraussetzt, erscheint zweifelhaft, bedarf nach Lage des Falles aber keiner Klärung, weil diese Bestimmungen im Unionsrecht wurzeln. Die schutznormakzessorische Ausgestaltung der umweltrechtlichen Verbandsklage verstößt gegen Art. 10a UVP-RL, soweit mit ihr Verstöße gegen Vorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Regelungen geltend gemacht werden. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-115/09, Trianel - (NJW 2011, 2779 Rn. 46) ausgeführt hat, steht Art. 10a UVP-RL Rechtsvorschriften entgegen, die einer Umweltvereinigung i.S.d. Art. 1 Abs. 2 UVP-RL die Möglichkeit versagen, im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Zulassungsentscheidung über Projekte i.S.v. Art. 1 Abs. 1 UVP-RL eine Verletzung von aus dem Umweltrecht der Union hervorgegangenen Rechtsvorschriften geltend zu machen, nur weil diese Vorschriften allein die Interessen der Allgemeinheit und nicht die Rechtsgüter Einzelner schützen. Mit Rücksicht auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts muss deshalb bei der Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG die einschränkende Vorgabe, dass nur Vorschriften, die Rechte Einzelner begründen, als verletzt gerügt werden können, ausgeklammert werden, soweit es um umweltrechtliche Vorschriften zur Umsetzung von Unionsrecht geht. Letzteres trifft jedenfalls für die vom Kläger als verletzt gerügten Vorschriften über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu. Sie bilden mithin eine tragfähige Grundlage für die Klagebefugnis des Klägers, dem als Umweltverband - unabhängig von der näheren Ausgestaltung des nationalen Rechtsbehelfssystems - nach Art. 10a Abs. 1 UVP-RL das Recht zusteht, nicht nur die materiellrechtliche, sondern auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 a.a.O. Rn. 42). Die Frage, ob auch die außerdem als verletzt gerügten materiellrechtlichen Vorschriften namentlich des Wasserrechts unionsrechtlich untersetzt sind, kann daher offen bleiben.

22

B. Die Klage ist überwiegend begründet. Die angefochtenen Änderungen der in den Planfeststellungsbeschlüssen vom 24. April 1991 und 21. Februar 2007 enthaltenen Entwässerungsregelungen durch die Planfeststellungsbeschlüsse vom 24. September 2008 und 26. Februar 2010 und die dem letztgenannten Beschluss beigefügte wasserrechtliche Erlaubnis verstoßen gegen § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Aufgrund der durchgeführten Vorprüfung hätte der Beklagte nicht in der Sache entscheiden dürfen, ohne die Änderungsplanung zuvor einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen (1.). Dieser Mangel führt nach § 4 Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der planfestgestellten Änderungsregelungen und nach § 4 Abs. 1 UmwRG zur Aufhebung der wasserrechtlichen Erlaubnis (2.). Rechtsverstöße, die auch die Aufhebung der planfestgestellten Änderungsregelungen erfordern würden, sind zu verneinen (3.).

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1. Die angefochtenen Regelungen durften nicht getroffen werden, ohne vorher eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

24

Für die Änderung UVP-pflichtiger Vorhaben wie des hier in Rede stehenden Autobahnbaus ordnet § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Vorprüfung des Einzelfalls i.S.d. § 3c Satz 1 und 3 UVPG an. Danach ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die Änderung nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären; bei der Prüfung ist zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren, das die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens betrifft, nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Einer solchen Überprüfung hält die Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit des Änderungsvorhabens durch den Beklagten nicht stand.

25

a) Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte die Planfeststellungsbehörde allerdings nicht schon die Beschränkung der Vorprüfung auf eine nur überschlägige Prüfung missachtet haben, indem sie ihrer Beurteilung zwei vom Vorhabenträger im Verfahrensverlauf eingeholte Fachgutachten zugrunde gelegt hat. Entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion beschränkt sich die Vorprüfung in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3c UVPG, BRDrucks 674/00 S. 89), die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorwegnehmen darf (Urteil vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35). Letztere erfolgt in einem Verfahren, das vor allem wegen der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung eine besondere Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse sichert. Diese Sicherung würde ausgeschaltet, wenn im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermittelt" würde, sei es, dass die Planfeststellungsbehörde selbst Gutachten mit einer auf die Sachentscheidung zugeschnittenen Prüftiefe einholte, sei es, dass sie zur Beurteilung auf entsprechende vom Vorhabenträger beschaffte Gutachten zurückgriffe. Andererseits darf sich die Vorprüfung aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand Juli 2011, § 3a UVPG Rn. 11). Dafür reichen die eigene und die durch Konsultation anderer Behörden vermittelte Sachkunde sowie die mit der Antragstellung vom Vorhabenträger vorgelegten Erkenntnismittel nicht immer aus. Dann können zusätzliche Erkundungen zulässig sein. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (Urteile vom 7. Dezember 2006 - BVerwG 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.). Mit der Auswertung der vom Vorhabenträger vorgelegten Fachgutachten dürfte die Planfeststellungsbehörde sich innerhalb der Grenzen dieses Spielraums gehalten haben.

26

Vor Einholung der faunistischen Kartierung des Büros H. & S. vom 12. Juni 2008 lagen der Behörde naturschutzfachliche Informationen zum Planungsraum aus den früheren Verfahren zum Autobahnbau vor. Deren Aussagekraft war wegen der inzwischen verstrichenen Zeit aber zweifelhaft. Das spricht dafür, dass das neue Gutachten als notwendig erachtet werden durfte, um eine geeignete Grundlage zur Beurteilung insbesondere des artenschutzrechtlich relevanten Besorgnispotentials des Änderungsvorhabens zu beschaffen.

27

Über die geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse am Standort des Retentionsraums und seiner Umgebung standen der Behörde Erkenntnismittel zur Verfügung, die ebenfalls insbesondere aus Untersuchungen im Zuge der Planungen für den Neubau der A 44 stammten. So war bekannt, dass im Umfeld der Trasse Massenkalkzüge mit geologischen Störungen und Verkarstungserscheinungen anzutreffen waren, die zu weiterreichenden Wasserwegsamkeiten mit denkbaren Risiken für die Wassergewinnungsanlage der Stadtwerke R. führen könnten (Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, S. 5). Hingegen fehlten Erkenntnisse darüber, ob und inwieweit der Standort des Retentionsraums davon betroffen war. Die ICG-Baugrunduntersuchung vom 4. Juli 2008 diente dazu, diese Erkenntnislücken zu schließen. Unter diesen Umständen dürfte es vertretbar gewesen sein, die Untersuchung als ergänzende Beurteilungsgrundlage der Verträglichkeitsprüfung zu verwenden, zumal sie den Erläuterungen des ICG-Gutachters K. in der mündlichen Verhandlung zufolge nach Art und Zahl der durchgeführten Bohrungen bloß weitmaschig angelegt war.

28

b) Letztlich bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, ob die Planfeststellungsbehörde die zulässige Prüftiefe eingehalten hat. Ein Mangel liegt jedenfalls darin, dass das Ergebnis der Vorprüfung hinsichtlich der möglichen Auswirkungen der Änderungsplanung auf das Grundwasser nicht nachvollziehbar ist.

29

Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Nachvollziehbarkeit des Prüfergebnisses (§ 3a Satz 4 UVPG) verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BRDrucks 551/06 S. 43). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können.

30

Hiervon ausgehend erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung bezogen auf Auswirkungen des Änderungsvorhabens auf das Grundwasser als nicht plausibel. Die behördliche Beurteilung stützt sich maßgeblich auf die ICG-Baugrunduntersuchung vom 4. Juli 2008. Aus ihr leitet sie ab, bereits die vorhandenen Deckschichten reichten aus, um einen Schutz des Grundwassers vor Schadstoffen im Straßenoberflächenwasser zu gewährleisten. Die vorgesehene Auffüllung des tiefstliegenden Teils des Retentionsraums mit bindigem Material erhöhe den Schutz des Grundwassers im Bereich der dünnsten Deckschichten zusätzlich, so dass ein Durchsickern des im Retentionsraum aufgestauten Wassers bis zum Grundwasser verhindert werde. Diese Annahmen lassen sich aus der Baugrunduntersuchung nicht ableiten. In ihrem Rahmen wurden an verschiedenen Stellen des geplanten Retentionsraums Bohrproben entnommen, anhand derer die Durchlässigkeit der Deckschichten bestimmt wurde. Die ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerte mögen den Schluss zulassen, dass an der jeweiligen Stelle die nach Vorreinigung im versickernden Wasser verbliebenen Schadstoffe in notwendigem Umfang durch die Deckschichten zurückgehalten werden und somit nicht ins Grundwasser gelangen. Ausweislich der Untersuchung ergab sich bei einer Bohrung jedoch ein unklarer Befund, der nach den Angaben im Gutachten auf einen in geringer Tiefe vorhandenen Kalkzug hindeuten konnte und die Gutachter zu der Empfehlung veranlasste, diesem Verdacht durch eine ergänzende Baugrunduntersuchung nachzugehen. Darüber hinaus weist das Gutachten darauf hin, dass aufgrund der Geländemorphologie und der stark wechselnden Abfolge geologischer Schichten mit einer das kleinräumige Untersuchungsgebiet durchziehenden geologischen Störung zu rechnen sei. In Anbetracht dieser Hinweise liegt es auf der Hand, dass die Ergebnisse der Probebohrungen, die - wie schon erwähnt - nur weitmaschig stattfanden, lediglich begrenzten Aussagewert hatten und jedenfalls keine abschließende Beurteilung des wasserwirtschaftlichen Besorgnispotentials der Änderungsmaßnahme ermöglichten. Daran ändert auch die geplante Abdichtung mit bindigem Material nichts, da diese lediglich den tiefstliegenden Bereich des Retentionsraums abdeckt, im Übrigen hingegen keine Wirkung entfalten kann.

31

Noch deutlicher tritt die mangelnde Plausibilität des behördlichen Unbedenklichkeitsattests hervor, wenn zusätzlich die weiteren für die Vorprüfung maßgeblichen Umstände berücksichtigt werden. Aufgrund der Lage des Retentionsraums im Wasserschutzgebiet und der geplanten Ausdehnung der Schutzzone II auf dessen Standort musste die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen, dass das Änderungsvorhaben in einem wasserwirtschaftlich besonders sensiblen Bereich verwirklicht werden soll. Aus den im Planfeststellungsverfahren für den Neubau der A 44 erstatteten geologischen Gutachten war zudem bekannt, dass die im westlichen Trassenbereich anzutreffenden Massenkalkzüge wegen ihrer geringen Filtereigenschaften und der hohen Fließgeschwindigkeiten sowie wegen der besonderen Schwierigkeit, die dortigen hydrologischen Verhältnisse zu bestimmen, als ungewöhnlich verschmutzungsempfindlich einzustufen waren (so der Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007, S. 5). Ließ sich - wie in der ICG-Untersuchung vom 4. Juli 2008 ausgeführt - ein solcher Kalksteinzug am Standort des Retentionsraums nach Vorprüfung nicht ausschließen, so war unter diesen Umständen besondere Vorsicht angebracht und mussten auch entfernte Risiken ernst genommen werden. Im Übrigen gab auch die kritische Stellungnahme des von der Planfeststellungsbehörde beteiligten Umweltamts der Stadt Düsseldorf vom 19. Februar 2008 Anlass zu Zweifeln, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen waren. Diese Stellungnahme machte bereits geltend, dass der Retentionsraum über einem verkarsteten Kalksteinzug liege, und stellte deshalb die Realisierbarkeit des Änderungsvorhabens in Frage.

32

Die nach Abschluss der Vorprüfung und Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 24. September 2008 gewonnenen Erkenntnisse sind für die gerichtliche Beurteilung des Vorprüfungsergebnisses zwar nicht von Bedeutung. Das weitere Vorgehen des Vorhabenträgers und der Planfeststellungsbehörde, die in Reaktion auf die u.a. von Trägern öffentlicher Belange und Umweltschutzvereinigungen geäußerten Bedenken auch während des zweiten Änderungsverfahrens umfänglich weiterermittelt und zudem versucht haben, durch Umplanung der Sonderanlage R. die Qualität des in den Retentionsraum gelangenden Wassers zu verbessern, stellt aber doch ein zusätzliches Indiz dafür dar, dass der Erkenntnisstand bei Erlass des genannten Änderungsplanfeststellungsbeschlusses nicht ausreichte, um erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auszuschließen.

33

2. Erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung, solche Auswirkungen seien nicht zu besorgen, als nicht nachvollziehbar, so folgt daraus, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Deren Unterbleiben stellt einen Mangel i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG dar, der die Entscheidungen über die Zulassung der geplanten Änderungen infiziert. Dazu zählen in erster Linie die planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen zur Ausgestaltung der Autobahnentwässerung. Dazu gehört aber auch die wasserrechtliche Erlaubnis vom 26. Februar 2010, die gleichfalls einen Teilaspekt des Änderungsvorhabens - die Neuregelung der Einleitung des aus der Sonderanlage R. bzw. dem Retentionsraum gedrosselt abfließenden Wassers - betrifft.

34

Für die wasserrechtliche Einleitungserlaubnis knüpft sich daran gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwRG die Rechtsfolge der Aufhebung. Für die planfestgestellten Änderungsregelungen hat es hingegen nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG mit der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit sein Bewenden. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG enthält nach seinem Sinn und Zweck eine Sonderregelung zu § 46 VwVfG; er nimmt die unter Nr. 1 und 2 aufgeführten Mängel von dem für Verfahrensfehler geltenden Kausalitätserfordernis des § 46 VwVfG aus. Dagegen kann dem auf den Regelfall des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugeschnittenen Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht entnommen werden, dass er die spezielle, auf fernstraßenrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse zugeschnittene Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG für die von ihm erfassten Fehler ersetzen sollte. Mit Rücksicht auf den das Planfeststellungsrecht prägenden Grundsatz der Planerhaltung geht vielmehr die Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG der allgemeinen Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG vor.

35

Hiernach rechtfertigt der Verfahrensmangel rechtswidrig unterbliebener Umweltverträglichkeitsprüfung nicht die Aufhebung der planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen, sondern nur die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben. Dass die Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben ist, stellt nicht von vornherein das Planungskonzept des Beklagten in Frage. Sie lässt sich vielmehr in einem ergänzenden Verfahren nachholen, um so eine den verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügende und die damit verbundene Richtigkeitsgewähr bietende Basis für eine erneute Sachentscheidung zu gewinnen.

36

Die Anwendung von § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG auf das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung steht mit Unionsrecht in Einklang. Daran besteht auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Erfordernis der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Zulassungsentscheidung kein vernünftiger Zweifel. Nach Art. 2 Abs. 1 UVP-RL haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, "vor Erteilung der Genehmigung" einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Prüfungen, die erst nach der Zulassungsentscheidung erfolgen, sind danach grundsätzlich unbeachtlich (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juli 2008 - Rs. C-215/06 - Slg. 2008, I-4911 Rn. 49 und vom 24. November 2011 - Rs. C-404/09 - NuR 2012, 42 Rn. 83 und 93). Das schließt eine Behebung des Mangels in einem nach Abschluss des Rechtsstreits stattfindenden ergänzenden Verfahren aber dann nicht aus, wenn dadurch nicht die Möglichkeit eröffnet wird, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und wenn die nachträgliche Legalisierung die Ausnahme bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008 a.a.O. Rn. 57). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung wird dadurch verhindert; diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten. Die nachträgliche Fehlerbehebung bleibt zudem die Ausnahme, weil die §§ 3a ff. UVPG gewährleisten, dass im Regelfall frühzeitig vor der Zulassungsentscheidung die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens ermittelt und dementsprechend dessen Umweltverträglichkeit rechtzeitig geprüft wird.

37

3. Sonstige Rechtsfehler, die zur Aufhebung der planfeststellungsrechtlichen Änderungsregelungen führen würden, liegen gleichfalls nicht vor. Insoweit kann namentlich offen bleiben, ob die Schaffung eines Retentionsraums am geplanten Standort in jeder Hinsicht den einschlägigen wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorgaben entspricht und inwieweit der Kläger etwaige Rechtsverstöße geltend machen könnte. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich das Planungskonzept des Beklagten unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer nachzuholenden Umweltverträglichkeitsprüfung als tragfähig erweist und etwaige Fehler deshalb in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
14 
Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Beiladung der N. GmbH wird aufgehoben und die V. GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin, diese vertreten durch ihre Geschäftsführer, K.-straße ..., ..., bevollmächtigt: Rechtsanwälte B., D. und Kollegen, J. Str. ..., ..., zum Verfahren beigeladen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen durch das Landratsamt K... mit Bescheid vom 4. März 2014 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windkraftanlagen. Die Windkraftanlagen weisen jeweils eine Gesamthöhe von 200 m auf (Nabenhöhe 141 m, Rotordurchmesser 117 m). Der Standort der beiden nächstgelegenen Windkraftanlagen liegt nordwestlich des Wohnanwesens des Klägers (Grundstück Fl.Nr. 151 der Gemarkung A., A.). Nach einer Berechnung des Beklagten mit Hilfe eines Geoinformationssystems beträgt der Abstand des Wohngebäudes des Klägers zur Windkraftanlage 3 (Grundstück Fl.Nr. 467 der Gemarkung A.) etwa 900 m und zur Windkraftanlage 5 (Grundstück Fl.Nr. 492 der Gemarkung A.) etwa 1.030 m (VG-Akte Bl. 163). Der Bescheid enthält Nebenbestimmungen u. a. zum Lärmschutz, wonach die von den Windkraftanlagen ausgehenden Geräusche am Anwesen A. den Immissionswert von 40 dB(A) nachts nicht überschreiten, nicht impuls- oder tonhaltig sein und mit ihrem anlagentypischen Schallleistungspegel 105 dB(A) nicht überschreiten dürfen.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth wies die Drittanfechtungsklage des Klägers mit Urteil vom 18. Dezember 2014 ab.

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Divergenz sowie Verfahrensfehler geltend.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils die Ablehnung des Zulassungsantrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist erfolglos. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 und 5 VwGO nicht hervortreten.

1. Der Kläger hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargelegt.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Dies fehlt hier.

a) Keine ernstlichen Zweifel hat der Kläger an der Annahme der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit und Privilegierung der genehmigten Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB durch das Verwaltungsgericht auch in Hinblick auf die Regelung des Art. 82 Abs. 1 BayBO n. F. dargelegt.

Soweit der Kläger eine Entprivilegierung des Vorhabens wegen Unanwendbarkeit des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in Folge der Regelung des Art. 82 Abs. 1 BayBO n. F. (i. d. F. von § 1 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung u. a. vom 17.11.2014, GVBl S. 478) behauptet (Antragsbegründung S. 11 ff.), hat er nicht dargelegt, dass die sog. 10 H-Regelung hier anwendbar wäre. Das Verwaltungsgericht hat zugrunde gelegt, dass der angefochtene Genehmigungsbescheid vom 4. März 2014 vor dem Inkrafttreten der sog. 10 H-Regelung am 21. November 2014 (vgl. § 3 des o.g. Gesetzes) erlassen worden ist und sich diese insoweit keine Rückwirkung beilegt (Urteil S. 25). Für die Entscheidung über die Anfechtungsklagen von Nachbarn gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung maßgeblich (BVerwG, B.v. 11.1.1991 - 7 B 102/90 - NVwZ-RR 1991, 236; BayVGH, U.v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - BayVBl 2014, 502/505 Rn. 47; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 22 ZB 15.113 - Rn. 36), hier also der Bekanntmachung des Genehmigungsbescheids am 13. März 2014 (Behördenakte Ordner 2 Bl. 69). Die Neuregelung ist aber nach § 3 des Gesetzes vom 17. November 2014 erst am 21. November 2014 in Kraft getreten.

Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die später erlassenen Ergänzungsbescheide vom 20. November 2014 und vom 9. Dezember 2014 die bereits durch den Genehmigungsbescheid vom 4. März 2014 erfolgte Genehmigung des Vorhabens inhaltlich nicht wesentlich änderten, sondern lediglich die Abweichungsentscheidung und die „luft- und wehrrechtlichen Auflagen“ präzisierten (Urteil S. 25), hat der Kläger nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Bereits Nr. I.3 des Genehmigungsbescheids vom 4. März 2014 ließ eine Abweichung hinsichtlich der Abstandsflächen zu und verkürzte die Abstandsflächentiefe von 1 H auf 81,4 m (Behördenakte Ordner 2 Bl. 44 Rückseite); Nr. I.3 i. d. F. des Bescheids vom 20.11.2014 (VG-Akte Bl. 176) präzisierte dies um die Nennung der betroffenen Nachbargrundstücke.

Art. 82 BayBO n. F. ist hier auch nicht mittelbar von Bedeutung. Schränkt der Landesgesetzgeber nämlich die kraft Bundesrechts (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) grundsätzlich bestehende Befugnis, Windkraftanlagen im Außenbereich zu errichten, gemäß § 249 Abs. 3 BauGB ein, bestimmt er jedoch gleichzeitig, dass diese Einschränkung erst ab einem bestimmten Zeitpunkt Platz greifen soll, so ist es dem Rechtsanwender verwehrt, diese ausdrückliche Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers dadurch zu unterlaufen, dass er die einschränkende Regelung im Rahmen der Konkretisierung des Gebots der Rücksichtnahme auch auf Vorhaben anwendet, die nach dem Willen des Gesetzgebers dieser Restriktion nicht unterfallen sollen (BayVGH, B.v. 27.3.2015 - 22 CS 15.481 - Rn. 27; BayVGH, B.v. 23.4.2015 - 22 CS 15.484 - Rn. 4).

Soweit der Kläger meint, es fehle an einer rechtzeitigen Genehmigung vor Inkrafttreten der sog. 10 H-Regelung, denn der Genehmigungsbescheid vom 4. März 2014 sei nichtig, hat er die Voraussetzungen seiner Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nicht dargelegt. Die von ihm angeführten Rechtsfehler führen allenfalls zu einer Rechtswidrigkeit, aber nicht zur Nichtigkeit der erteilten Genehmigung.

Soweit der Kläger Mängel der ursprünglichen Tenorierung des Bescheids gerügt hat (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Abstandsflächentiefenverkürzung BayVGH, B.v. 19.8.2014 - 22 CS 14.1597 - Rn. 15 ff.), hat er eine Unwirksamkeit der ursprünglichen Genehmigung nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nicht dargelegt, denn ein etwaiger Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG genügt insofern nicht, da solche Fehler regelmäßig keine Nichtigkeit nach sich ziehen (vgl. nur Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 40, 42 m. w. N.). Dass hier ausnahmsweise Anderes anzunehmen wäre, hat der Kläger nicht dargelegt.

b) Keine ernstlichen Zweifel hat der Kläger daran dargelegt, dass das Verwaltungsgericht die Verkürzung der Abstandsflächen in Nr. I.3 des Genehmigungsbescheids vom 4. März 2014 (i. d. F. des Bescheids vom 20.11.2014, VG-Akte Bl. 176) - ohne ausdrückliche Bewertung - nicht beanstandet hat.

Dass die für eine Abstandsflächentiefenverkürzung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderliche Atypik bei den streitgegenständlichen Windkraftanlagen fehlte, wie er meint, weil die sog. 10 H-Regelung anwendbar wäre (Antragsbegründung S. 15 ff.), hat der Kläger nicht dargelegt. Es fehlt schon an einer nachvollziehbaren Darlegung, dass die sog. 10 H-Regelung zeitlich hier anwendbar wäre (vgl. oben I.1.a)), so dass weitere Erörterungen unterbleiben können.

Ebenso wenig ist dargelegt, dass die Annahme einer atypischen Fallgestaltung für Windkraftanlagen im Außenbereich überholt wäre, wie sie u. a. auf der Eigenart von Windkraftanlagen als Bauwerk sowie auf Größe und Zuschnitt ihrer Standortgrundstücke im Außenbereich gestützt wird, bei denen derart große Abstandsflächen, wie sie bei Windkraftanlagen neuester Art mit Gesamthöhen von annähernd 200 m erforderlich sind, regelmäßig kaum nach allen Seiten eingehalten werden können (dies gilt in weiten Teilen Bayerns mit den hierzulande üblichen verhältnismäßig kleinen landwirtschaftlichen Grundstücken, vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - NVwZ-RR 2009, 992; BayVGH, B.v. 19.8.2014 - 22 CS 14.1597 - Rn. 17; BayVGH, B.v. 21.7.2015 - 22 ZB 14.2340 - Rn. 26).

Soweit der Kläger eine nachgeschobene Begründung der Genehmigungsbehörde für die Abstandsflächentiefenverkürzung rügt und eine Wesensänderung der ursprünglichen Genehmigung geltend macht (Antragsbegründung S. 19 f.), hat er nicht dargelegt, weshalb dies der Fall sein sollte. Vielmehr war die Abstandsflächentiefenverkürzung bereits Gegenstand von Nr. I.3 und von Nr. II.4.5 des Genehmigungsbescheids vom 4. März 2014. Dass der später erlassene Ergänzungsbescheid vom 20. November 2014 nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts nur eine präzisierende, unselbstständige und mit § 114 Satz 1 VwGO vereinbare Bescheidsergänzung darstellt (Urteil S. 25), aber nicht das Wesen des Verwaltungsaktes ändert, hat der Kläger nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.

c) Keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils hat der Kläger mit seinen natur- und artenschutzrechtlichen Einwänden dargelegt.

Der Einwand des Klägers, er habe mit Bildmaterial Sichtungen von Schwarzstörchen in unmittelbarer Nähe des Windparks belegt, so dass die saP grob fehlerhaft sei, legt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dar.

Zeitlich bleiben die Sichtungen (20. Juli 2014 bis 3. August 2014, Antragsbegründung S. 26 f.) ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen und zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Schutzvorkehrungen bereits wirksamen (vgl. oben) Genehmigung vom 4. März 2014, da sie nach Darstellung des Klägers erst aus der Zeit nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt für die hier vorliegende Drittanfechtungsklage, dem Zeitpunkt des Erlasses dieser Genehmigung, datieren. Daran haben die später erlassenen Ergänzungsbescheide vom 20. November 2014 und vom 9. Dezember 2014 nichts geändert, da sie die naturschutzfachlichen Regelungen unberührt ließen.

Zwar gehört der Schwarzstorch zu den nach § 7 Abs. 2 Nr. 13a BNatSchG besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 aufgeführt sind (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 43). Geklärt ist auch, dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot individuenbezogen zu verstehen ist und eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für die betroffene Tierart voraussetzt (vgl. dazu BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/301 Rn. 91; BVerwG, U.v. 14.7.2011 - 9 A 12.10 - NuR 2011, 866/875). Es ist aber nicht dargelegt, dass die u. a. den Schwarzstorch betreffende saP fehlerhaft und nicht verwendbar wäre. Zu den erforderlichen artenschutzfachlichen Untersuchungen gehören regelmäßig die Bestandserfassung vor Ort und die Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse zu den artspezifischen Verhaltensweisen im Bereich des Vorhabens vorkommender Arten. Bei der Prüfung, ob der Betrieb einer Windkraftanlage im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einer besonders geschützten Art verursacht und damit das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzt, kommt der zuständigen Behörde eine artenschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, so dass die verwaltungsgerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/293 Rn. 59 ff.; auch BVerwG U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524; BVerwG, U.v. 27.06.2013 - 4 C 1/12). Die Einschätzungsprärogative bezieht sich auf die Erfassung des Bestands der geschützten Art und darüber hinaus auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten gegebenenfalls ausgesetzt wären. Gerade der teilweise widersprüchliche Erkenntnisstand, dass manche Beobachtungen für und andere Beobachtungen eher gegen ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, kennzeichnet hier den Vollzug des Artenschutzrechts und rechtfertigt zusätzlich die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative (vgl. BVerwG, U.v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 - NVwZ 2013, 1411; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - GewArch 2015, 90/92 Rn. 25). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Behörde hier ihre Einschätzungsprärogative gestützt auf die saP fehlerhaft wahrgenommen hätte.

Das Gericht ist zwar verpflichtet zu überprüfen, ob die artenschutzfachlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe im Gesamtergebnis ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524/525; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 45). Ein lückenloses Arteninventar muss aber nicht erstellt werden, vielmehr muss sich die Prüfung am Maßstab praktischer Vernunft orientieren (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/295 Rn. 65), dem hier in der saP entsprochen wurde. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass dem hier in der saP nicht entsprochen worden sei.

Dass in der Erstellung der saP ein Schwarzstorchvorkommen im Vorhabensgebiet übersehen worden wäre oder dabei sonst methodische Fehler unterlaufen wären, ist nicht aufgezeigt. Vielmehr hat die Untere Naturschutzbehörde die saP vom Januar 2013 fachlich geprüft und eine Nachkartierung im August 2013 durchführen lassen (Genehmigungsunterlagen Ordner 3 unter 10.2), aus der sich für den Schwarzstorch jedoch nur randliche Nachweise und Beobachtungen auf dem Durchzug ergaben (ebenda Bl. 210, 212 f.), aber keine deutlich erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Umkreis der Windkraftanlagenstandorte aufgrund von Nahrungshabitaten oder Brutstätten. Dass der Kläger nun spätere Sichtungen geltend macht, steht zum Ergebnis der saP nicht in Widerspruch.

d) Auch der Einwand des Klägers, die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG sei wegen der Sichtungen des Schwarzstorchs und der vom geplanten Windpark ausgehenden erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes fehlerhaft, legt keine ernstlichen Zweifel am Urteil dar.

Ob eine allgemeine Vorprüfung rechtsfehlerhaft gewesen ist, bestimmt sich in tatsächlicher Hinsicht nach dem Kenntnisstand der zuständigen Behörde bis zum Abschluss der Prüfung (BVerwG, U.v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 - NuR 2012, 403/405; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - Rn. 17; BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 u. a. - Rn. 33). Diesbezügliche Fehler hat der Kläger jedoch nicht dargelegt. Dies gilt auch, wenn die Behörde - wie der Kläger zuletzt vorträgt - positive Kenntnis von einer Schwarzstorchpopulation und weiteren Vorkommen geschützter Tierarten bei der späteren Genehmigung eines benachbarten Windparks erlangt hätte (Schriftsatz vom 3.8.2015 S. 2: Bescheide vom 10./22.4.2015), weil nicht dargelegt ist, dass diese Kenntnis bereits im vorliegenden Verfahren und zum hier maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegen hätte.

Die Vorprüfung hat eine verfahrenslenkende Funktion und ist deshalb in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (BR-Drucks. 674/00, S. 89), mit der Folge, dass sich die gerichtliche Überprüfung der Vorprüfung nach § 3a Satz 4 UVPG auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt (BVerwG, U.v. 20.12.2011 - U.v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 - NuR 2012, 403/405 unter Hinweis auf BR-Drucks. 551/06, S. 43; BayVGH, B.v. 20.8.2014 - 22 ZB 14.94 - Rn. 11; BayVGH, B.v. 17.11.2014 - 22 ZB 14.1035 - Rn. 16), also darauf, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, insbesondere die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen zutreffend ausgelegt hat (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2013 - 4 A 1/13 - NVwZ 2014, 669, juris Rn. 32). Dabei darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Frage zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (BVerwG, U.v. 20.12.2011, a. a. O., Rn. 25 m. w. N.).

Soweit der Kläger meint, die im Hinblick auf die ursprünglich beantragte Zahl von mehr als sechs Windkraftanlagen durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG sei wegen der späteren Sichtungen des Schwarzstorchs fehlerhaft, hat er nicht dargelegt, dass der Sachverhalt entgegen § 3a Satz 4 UVPG im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vollständig oder nicht zutreffend erfasst worden wäre. Vielmehr verkennt er, dass die Genehmigungsbehörde auf der Grundlage der saP und der Nachkartierung, also detaillierter Gutachten und fachbehördlicher Stellungnahmen, wesentliche Ermittlungen für die Vorprüfung geleistet hatte. Weiter hat die Untere Naturschutzbehörde die Auswirkungen auf Natur und Landschaft bewertet: In dem bisher intensiv land- und fortwirtschaftlich genutzten Vorhabensgebiet würden Lebensräume verändert, teilweise würden die Windkraftanlagen auch in Kuppellage errichtet. Der Bereich werde hinsichtlich der Eigenart der Landschaft als überdurchschnittlich eingestuft, sei aber durch den bestehenden Mittelwellensender vorbelastet. Im Vorhabensgebiet seien „keine in Anlage 2 Nummer 2.3 zum UVPG aufgezählten besonders schutzwürdigen Gebiete betroffen“; unvermeidliche Umweltauswirkungen auf das Landschaftsbild würden durch Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen, die Windparks lägen in den im Regionalplan vorgesehenen Vorranggebieten. Die Vorprüfung habe ergeben, „dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf die maßgeblichen Schutzgüter eintreten“ würden und eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher nicht erforderlich sei (Vermerk vom 21.1.2014, Behördenakte, Ordner 1, Bl. 254 ff.)). Zwar führt der Genehmigungsbescheid im Zusammenhang mit Ersatzzahlungen aus, dass „eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gegeben ist“ (Bescheid S. 29 a.E.). Entgegen klägerischem Vorbringen zeigt dies jedoch keinen Mangel der UVP-Vorprüfung auf. Die durch Windkraftanlagen verursachten nachteiligen Umweltauswirkungen auf das Landschaftsbild sind für diese Art von Bauwerken typisch und regelmäßig sachlich nicht unerheblich und können nicht ausgeglichen oder vermieden werden (vgl. Nr. 9.3.3 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses - Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011, S. 36). Aus dieser Unvermeidlichkeit resultieren vorliegend die angeordneten Ersatzzahlungen. Trotz dieser mit Windkraftanlagen typischerweise verbundenen Beeinträchtigung des Schutzguts Landschaft sind sie nach der Entscheidung des Gesetzgebers nicht in jedem Einzelfall, sondern nur in einer gewissen Mindesthäufung als Windfarm nach Nr. 1.6 UVP-pflichtig. Eine vergleichbare Wertung ist den Erwägungsgründen 9 und 10 sowie Anhang II Nr. 3a) der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 13. Dezember 2011 (ABl. EU Nr. L 26/1) zu entnehmen, wonach die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet werden sollten, Projekte unterhalb festzulegender Schwellenwerte in jedem Einzelfall zu prüfen. Dies zeigt, dass der nationale Gesetzgeber und der europäische Richtliniengeber in Kenntnis der landschaftsbeeinträchtigenden Eigenart von Windkraftanlagen diese nicht deswegen generell der UVP-Pflicht unterwerfen wollten, sondern die damit verbundene Umweltauswirkung auf das Schutzgut des Landschaftsbildes als nicht zwingend für die Durchführung einer UV-Prüfung angesehen haben. Wenn die Behörde - wie hier - in ihrer UVP-Vorprüfung also einerseits sachlich nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild bejaht (und später im Genehmigungsbescheid zur Kompensation eine Ersatzzahlung anordnet), andererseits aber eine rechtliche Erheblichkeit dieser Auswirkung für eine UVP-Pflichtigkeit im Einzelfall verneint, verfehlt sie nicht den Maßstab der einzelfallbezogenen Vorprüfung nach § 3c Satz 1 und Satz 3 UVPG. Gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das dieses Vorgehen der Behörde nicht beanstandet hat (Urteil S. 24), sind daher keine ernstlichen Zweifel dargelegt.

e) Mit seinen Einwänden gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Windkraftanlagen setzten den Kläger an seinem Wohnanwesen keinen unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen aus, hat er keine ernstlichen Zweifel dargelegt.

aa) Soweit der Kläger zur Zulassungsbegründung pauschal auf erstinstanzliches Vorbringen verweist (Antragsbegründung S. 29 a.E.), verfehlt er damit die Anforderungen an eine Darlegung von Zulassungsgründen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Die Darlegung von Berufungszulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert vielmehr eine Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil, die durch eine bloße Bezugnahme auf das Vorbringen erster Instanz, welches regelmäßig vor Erlass des angegriffenen Urteils verfasst wurde, nicht ersetzt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2014 - 22 ZB 14.1633 - Rn. 26 unter Verweis auf Happ in: Eyermann, VwGO, a. a. O., § 124a Rn. 59 und 65; Dietz in: Gärditz, VwGO, § 124a Rn. 36 m. w. N.); anders ist es ausnahmsweise dann, wenn die Zweifel sich gerade daran entzünden, dass das Verwaltungsgericht dieses erstinstanzliche Vorbringen nicht gewürdigt hat (Happ in: Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 65). Dass ein solcher Ausnahmefall hier gegeben wäre, wird vom Kläger nicht dargetan und ist auch im von ihm aufgezeigten Zusammenhang nicht ersichtlich.

bb) Die vom Kläger vorgebrachte Kritik an den vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Beurteilungskriterien (Antragsbegründung S. 33) ist nicht nachvollziehbar; insbesondere ist die TA Lärm auf die immissionsschutzrechtliche Beurteilung von Geräuschimmissionen von Windkraftanlagen weiterhin anwendbar.

Die Maßgeblichkeit der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm und des dort vorgesehenen Verfahrens der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen für Gebäude wie das Wohngebäude des Klägers folgt aus der Verbindlichkeit der TA Lärm als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift (BVerwG, U.v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145/148 ff. Rn. 18 ff.). Eine Abweichung von der TA Lärm ist nicht gerechtfertigt, solange die Regelungen der TA Lärm Verbindlichkeit besitzen, nicht geändert worden und nicht durch gesicherte Erkenntnisfortschritte überholt sind (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2010 - 22 ZB 09.1682 - Rn. 9; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 22 ZB 15.113 - Rn. 15; BayVGH, B.v. 10.8.2015 - 22 ZB 15.1113) Der Kläger hat dergleichen aber nicht dargelegt, sondern darauf verwiesen, dass Nachbarn zur Nachtzeit besonders der Ruhe bedürften, die streitgegenständlichen Windkraftanlagen aber auch nachts in Betrieb seien (VGH-Akte Bl. 33). Darin liegt jedoch keine Besonderheit von Windkraftanlagen. Vielmehr trägt Nr. 6.1 TA Lärm dem nächtlichen Ruhebedürfnis durch niedrigere Immissionsrichtwerte zur Nachtzeit Rechnung. Dass im Falle des Klägers selbst diese verschärften Anforderungen zum Schutz seines nächtlichen Ruhebedürfnisses nicht ausreichten, hat er nicht dargelegt.

cc) Soweit der Kläger geltend macht, ein an- und abschwellender Dauerton sei für die Lärmemissionen von Windkraftanlagen charakteristisch und von der TA Lärm ungenügend erfasst (Antragsbegründung S. 33), hat er nicht aufgezeigt, dass dies tatsächlich der Fall wäre. Nr. A.2.5.2 und Nr. A.2.5.3 des Anhangs zur TA Lärm sehen Zuschläge für Ton- und Informations- sowie Impulshaltigkeit vor. Demgemäß hat die Genehmigungsbehörde in Nr. B.3 des angefochtenen Bescheids geregelt, dass die von den streitgegenständlichen Windkraftanlagen ausgehenden Geräusche nicht impuls- oder tonhaltig sein dürfen und sich in Nr. B.6 eine Nachmessungsanforderung vorbehalten. Erlaubt aber eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung keine impuls- oder tonhaltigen Geräusche, so bedarf es bei der Lärmprognose keiner gesonderten Zuschläge für derartige Geräusche, die ohnehin nicht zwangsläufig bei jeder Windkraftanlage auftreten (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 - 22 ZB 14.1829 - Rn. 17 m. w. N.) und deren Auftreten der Kläger für den hier streitgegenständlichen Anlagentyp nur unter Verweis auf eine nicht näher belegte Vergleichbarkeit mit einem anderen Anlagentyp pauschal behauptet.

dd) Keine ernstlichen Zweifel wirft der Einwand des Klägers auf, für sein Wohnanwesen (A.) enthalte der Bescheid zu Unrecht keine Lärmschutzauflagen, nur für ein Nachbaranwesen (A.); zudem sei der Schutzabstand zu gering (Antragsbegründung S. 29).

Dazu hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen für den Kläger keine schädlichen Lärmimmissionen hervorrufen. Der Kläger habe einen Schutzanspruch entsprechend einem Dorf- oder Mischgebiet und somit nach Nr. 6.1 Buchst. c TA Lärm auf Einhaltung des nächtlichen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A). Nach Nr. B.2 des angefochtenen Bescheids dürften die Lärmimmissionen der fünf Windkraftanlagen am dem klägerischen Anwesen benachbarten Anwesen (A. - Immissionspunkt A) zwar einen nächtlichen Immissionswert von 40 dB(A) nicht überschreiten. Der Kläger habe aber keinen Anspruch auf Festsetzung eines nächtlichen Immissionswerts von 40 dB(A) auch für sein Wohnhaus, somit auch nicht auf die beantragte Beweiserhebung durch ein Sachverständigengutachten zur Prüfung, ob ein nächtlicher Immissionswert von 40 dB(A) an seinem Wohngebäude oder ob der festgesetzte nächtliche Immissionswert von 42 dB(A) an einem weiteren, den Windkraftanlagen näher gelegenen Wohngebäude (A. - Immissionspunkt C) eingehalten werde. Anhaltspunkte für eine Nichteinhaltung des Immissionswerts von 45 dB(A) lägen nicht vor, denn das immissionsschutzfachliche Gutachten sei vom Umweltingenieur des Landratsamts überprüft worden und ergebe für das dem klägerischen Anwesen benachbarte Anwesen (A. - Immissionspunkt A) einen nächtlichen Beurteilungspegel von 37,5 dB(A) - mithin eine Sicherheitsreserve von 7,5 dB(A) zum nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) - und am den Windkraftanlagen näher gelegenen Wohngebäude (A. - Immissionspunkt C) einen nächtlichen Beurteilungspegel von 39,1 dB(A); damit würde ebenfalls der nächtliche Immissionsrichtwert von 45 dB(A) erheblich unterschritten (Urteil S. 17 f.). Der Kläger hat nicht dargelegt, weshalb in Anbetracht dessen besondere Schutzauflagen für das klägerische Wohnanwesen notwendig sein sollten. Konkrete Anhaltspunkte für rechtserhebliche Fehler der Immissionsprognose trägt der Kläger nicht vor.

Auch die Ablehnung der auf die Immissionsprognose bezogenen Beweisanträge Nr. 1 und Nr. 3 durch das Verwaltungsgericht ist nicht zu beanstanden. Ein Gutachten ist unverwertbar, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 ff., juris Rn. 33). Solches hat der Kläger nicht vorgetragen. Dass das Gutachten von der Beigeladenen im Rahmen der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 9. BImSchV erforderlichen Antragsunterlagen beigebracht wurde, macht es entgegen klägerischer Auffassung nicht unverwertbar. Der Kläger hat auch nicht aufgezeigt, weshalb die Auswahl des Immissionsorts A falsch und sein Wohnanwesen zur Prognose der Immissionen geeigneter sei. Die Auswahl des Immissionsortes A ist nicht zu beanstanden, denn er ist exemplarisch und lässt Rückschlüsse auf andere Immissionsorte wie das Wohnanwesen des Klägers zu.

Auch der Verweis des Klägers auf Abstandsvorgaben von mindestens 800 m zu Wohnbebauung oder gar auf die sog. 10 H-Regelung zieht das angefochtene Urteil nicht ernstlich in Zweifel. Vielmehr ist das Landratsamt hier weit über die Vorgabe des o.g. Windkrafterlasses hinausgegangen, der bei Windparks mit einem Summenschallpegel von 110 dB(A) in unvorbelasteten Gebieten einen Abstand von lediglich 500 m zu einem Misch- oder Dorfgebiet - in einem solchen liegt das von der nächst gelegenen Windkraftanlage nach Berechnung des Beklagten etwa 900 m entfernte Wohnanwesen des Klägers nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (Urteil S. 16 f.) - schalltechnisch für unproblematisch hält (Nr. 8.2.4.1 des Windkrafterlasses S. 18 f.). Dass der bayerische Gesetzgeber zwar die sog. 10 H-Regelung eingeführt, den Windkrafterlass aber unverändert gelassen hat, lässt darauf schließen, dass - entgegen der klägerischen Auffassung - hinsichtlich der dortigen, als antizipiertes Sachverständigengutachten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - GewArch 2015, 90/92 Rn. 25) anzusehenden Abstandsvorgaben jedenfalls kein fachlicher Änderungsbedarf besteht. Art. 82 BayBO n. F. lässt lediglich die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB entfallen, aber die Genehmigungsfähigkeit nach § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (schädliche Umwelteinwirkungen, Gebot der Rücksichtnahme) unberührt. Soweit der Kläger nunmehr einen Abstand des Grundstücks von ca. 700 m, aber des darauf befindlichen Wohngebäudes von nur ca. 600 m statt ca. 900 m behauptet (Schriftsatz vom 3.8.2015 S. 1), ist seine erste Angabe (700 m) zudem nicht substantiiert, was nach der spezifischen Abstandsberechnung des Beklagten aber erforderlich wäre (vgl. VG-Akte Bl. 163). Seine zweite Angabe (600 m) tritt in offensichtlichen Widerspruch zu seiner ersten Angabe, denn das Gebäude auf einem Grundstück kann nicht 100 m näher liegen als das Grundstück, auf dem es steht.

Dass bislang keine konkreten Messungen vorgenommen seien (Antragsbegründung S. 32), entwertet weder das Gutachten, noch erfordert dies weitere Sachaufklärung, denn wegen des für die Entscheidung über Drittanfechtungsklagen gegen die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung maßgeblichen Zeitpunkts der Erteilung dieser Genehmigung erfolgt die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen zwangsläufig in der Regel durch eine Prognose der zu erwartenden Lärmimmissionen (Nr. 3.2.1 Abs. 6 Satz 1 der TA Lärm), wie dies auch vorliegend geschehen ist. Die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hängt also grundsätzlich nur von der Rechtmäßigkeit der Lärmimmissionsprognose ab, nicht von Anordnung oder Ergebnis von Abnahmemessungen. Eine rechtswidrige Anordnung einer Abnahmemessung beseitigt nicht die Rechtmäßigkeit einer Immissionsprognose. Umgekehrt kann eine unzureichende Lärmimmissionsprognose nicht durch die Anordnung einer Abnahmemessung ausgeglichen werden (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2015 - 22 ZB 15.1113 - Rn. 31). Lärmmessungen sind allenfalls denkbar, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob die auf einen bestimmten Anlagentyp zugeschnittene Prognose einen Fehler aufweist (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2011 - 22 ZB 11.1585 - Rn. 7 m. w. N.). Dafür besteht hier aber auch nach dem Vorbringen des Klägers kein Anlass.

2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35-40). Im Übrigen sind die aufgeworfenen Rechtsfragen bereits höchstrichterlich geklärt.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage nach der Auslegung des Begriffs „vollständiger Antrag“ in Art. 83 Abs. 1 BayBO n. F. ist nicht entscheidungserheblich, da die Regelung zeitlich hier nicht anwendbar ist (vgl. oben I.1.a)). Ebenso wenig kommt es auf die Bedeutung des Begriffs „betroffener Einzelner“ im Zusammenhang mit der UVP-Pflicht an (vgl. oben I.1.d)).

3. Die Divergenzrüge ist nicht ordnungsgemäß dargelegt, weil der Kläger nicht herausgearbeitet hat, welchem von einem Obergericht im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO aufgestellten Rechtssatz das Verwaltungsgericht widersprochen haben soll. Ein Rechtssatz beschreibt den Inhalt einer Norm, indem er diese als abstrakten richterrechtlichen Obersatz näher konkretisiert (vgl. BVerwG, B.v. 15.4.2013 - 1 B 22/12 - NVwZ-RR 2013, 774/777 f. Rn. 23). Nicht darunter fällt die bloße Würdigung einer Tatsache oder einer Rechtslage. Konkrete Rechtssätze hierzu hat der Kläger nicht formuliert und einander gegenübergestellt (Antragsbegründung S. 37 f.).

4. Ein Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Bezug auf ein behauptetes gerichtliches Ermittlungsdefizit, d. h. ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO, ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht. Der Kläger legt nicht dar, welche Tatsachen das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Rechtsauffassung, auf die es insoweit ausschließlich ankommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 48 m. w. N.), noch hätte aufklären müssen.

Das Verwaltungsgericht war zu der vom Kläger beantragten Beweiserhebung rechtlich nicht verpflichtet, da es auf die zum Beweis gestellten Tatsachen nicht ankam. Die Ablehnung des klägerischen Beweisantrags Nr. 5 in der mündlichen Verhandlung auf Einholung eines Gutachtens zum Beweis einer Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfung mangels Berücksichtigung von Brut- und Nahrungshabitaten mehrerer im Bereich des Windparks befindlicher Schwarzstörche durch Beschluss des Verwaltungsgerichts unter Verweis darauf, dass es sich um eine dem Beweis nicht zugängliche Rechtsfrage handelt (Niederschrift vom 18.12.2014, VG-Akte Bl. 203 ff., 207 ff.), begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Jedenfalls wäre die Beweiserhebung nicht entscheidungserheblich, weil die Sichtungen von Schwarzstörchen - wie ausgeführt - zeitlich nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt datieren und auch sachlich die am Maßstab praktischer Vernunft auszurichtende saP sowie die darauf fußende UVP-Vorprüfung nicht in Frage stellen.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz gemäß Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2013).

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) erteilte Plangenehmigung für die Hochwasserschutzanlage Gimritzer Damm (Saale).

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der im Stadtgebiet von A-Stadt (Saale) gelegenen Wohnungseigentumsanlage "(...)". Die Wohnanlage befindet sich im südlichen Teil der Peißnitzinsel. Die Peißnitzinsel wird westlich von der "Wilden Saale", östlich von der "Elisabeth-Saale" und ab dem Wehr Gimritz in Richtung Norden von der vereinigten Saale umgrenzt. Die Wohnanlage war vom Saale-Hochwasser 2013 erheblich betroffen. Der Wasserstand des Hochwassers 2013 war nur wenige Zentimeter unterhalb der Gebäudeflächen.

3

Der LHW beabsichtigt, zur Verbesserung des Hochwasserschutzes für den Stadtteil Halle-Neustadt die westlich der Saale bzw. der Wilden Saale gelegenen Hochwasserschutzanlagen am Gimritzer Damm zu ertüchtigen. Geplant ist eine Ertüchtigung beginnend im Süden an der Mansfelder Straße bzw. am Sandanger auf neuer Trasse vor dem Altdeich und im weiteren Verlauf nahe der sogenannten Halle-Saale-Schleife. Die Höhe des Deiches wurde auf 79,00 m NHN geplant.

4

Mit Antrag vom 10.12.2013 beantragte der LHW bei dem Antragsgegner die Plangenehmigung für das Vorhaben, die vom Antragsgegner mit Bescheid vom 19.11.2014 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung antragsgemäß erteilt wurde. Am 12.12.2014 erhob die Antragstellerin hiergegen vor dem Verwaltungsgericht Klage.

5

Mit Antrag vom 16.01.2015 hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragt.

6

Mit Beschluss vom 03.03.2015 – 4 B 14/15 HAL – hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Plangenehmigung des Antragsgegners vom 19.11.2014 für den Bau der Hochwasserschutzanlage Gimritzer Damm (Saale) wiederhergestellt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin habe eine ordnungsgemäße Prozessvollmacht vorgelegt. Diese sei von der (C.) mbH ((C.)) ausgestellt worden, die aufgrund eines Verwaltervertrages vom 01.07.2003 ermächtigt sei, die Antragstellerin zu vertreten. Die Antragstellerin sei als Wohnungseigentümergemeinschaft auch beteiligtenfähig, da sie aus dem gemeinschaftlichen Eigentum folgende Abwehransprüche verfolge. Die Statthaftigkeit des Antrags ergebe sich aus §§ 80a Abs. 1 und 3, 80 Abs. 5 VwGO. Die Antragstellerin sei auch antragbefugt. Es sei nicht offensichtlich und von vornherein auszuschließen, dass der Antragsgegner die Belange der Antragstellerin am Schutz ihres Eigentums in der getroffenen Abwägungsentscheidung nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht eingestellt habe. Es sei zumindest möglich, dass das Grundstück der Antragstellerin durch die Verlegung des Deiches in Richtung ihres Grundstücks und des Gewässers sowie die Krümmung der Trasse im Hochwasserfall durch Anstieg des Wasserspiegels und der Fließgeschwindigkeit stärker als bislang betroffen werde und sich die Eigentumsbeeinträchtigung mehr als nur geringfügig verschärfe. Der Antrag sei auch begründet. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg der Antragstellerin in der Hauptsache zu erwarten, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Plangenehmigung des Antragsgegners bestünden. Auf den von der Antragstellerin eingelegten Rechtsbehelf finde das UmwRG Anwendung, weil es sich bei der angefochtenen Plangenehmigung um eine Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens handele, für das nach dem UVPG die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen könne. Die Plangenehmigung sei rechtswidrig, weil die im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls getroffene Entscheidung des Antragsgegners, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, fehlerhaft sei und nicht den Vorgaben des § 3c UVPG entspreche. Da das Vorhaben mit einem Verlust an Rückhalteflächen im Überschwemmungsgebiet verbunden sei, die grundsätzlich zu erhalten seien, sei nicht ausgeschlossen, dass diese Umweltauswirkungen auf das Schutzgut Wasser Einfluss auf das Abwägungsergebnis, insbesondere die Trassenwahl, nehmen könnten. Der mit dem geplanten Vorhaben verbundene Verlust an Rückhalteraum werfe die Frage auf, ob im Rahmen der Abwägung eine Retentionsraumverlust vermeidende Trasse in Frage komme, etwa die in den Planungsunterlagen dargestellte und vom Antragsgegner in der Plangenehmigung abgewogene Variante 2 (Spundwand), die ebenso wie die von der Antragstellerin dargelegte Variante (Bohrpfahlwand) eine Trassenführung entlang der alten Deichtrasse vorsehe. Im Zeitpunkt der Vorprüfung des Antragsgegners habe angesichts der in Erwägung zu ziehenden Alternativen nicht festgestanden, dass Gründe des Allgemeinwohls der Erhaltung des Rückhalteraumes im Überschwemmungsgebiet entgegenstünden und der Verlust an Retentionsfläche durch das geplante Vorhaben auf das Abwägungsergebnis keinen Einfluss haben könne. Die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne von § 3c UVPG habe der Antragsgegner deshalb nicht verneinen dürfen. Dieser Verfahrensfehler führe gemäß § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG zur Begründetheit der Klage. Überwiegende Interessen des Antragsgegners oder des LHW an der weiteren sofortigen Vollziehung der angefochtenen Plangenehmigung trotz bestehender ernstlicher Zweifel an deren Rechtmäßigkeit und des überwiegend wahrscheinlichen Obsiegens der Antragstellerin in der Hauptsache bestünden nicht.

7

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde trägt der Antragsgegner vor: Das Verwaltungsgericht hätte den LHW beiladen müssen, da dieser Adressat der Plangenehmigung sei. Die unterbliebene Beiladung stelle einen Verfahrensmangel dar. Zudem weist der Antragsgegner auf die öffentliche Berichterstattung in den örtlichen Medien über die Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin der 4. Kammer an dem Beschluss des Verwaltungsgerichts hin. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei der Antrag der Antragstellerin unzulässig. Dieser fehle die Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO. Im Hochwasserschutzrecht gebe es keine drittschützende Norm. Weder die Vorschriften der §§ 67 ff. WHG zum Deichbau noch die Vorschriften der §§ 72 ff. WHG zum Hochwasserschutz seien drittschützend. Die Berufung auf das Eigentum der Antragstellerin reiche nicht aus. Es sei nicht dargelegt, dass die Antragstellerin von vorhabenbedingten Auswirkungen betroffen werde. Das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung begründe keine Antragsbefugnis. Auch sei unklar, ob die Antragstellerin ordnungsgemäß durch die (C.) vertreten werde. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts sei die UVP-Vorprüfung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Sachverhalt sei im Rahmen der UVP-Vorprüfung ordnungsgemäß ermittelt worden. Zwar stamme die erste Entscheidung vom 27.08.2013. Am 31.01.2014 sei aber erneut auf der Grundlage der Planunterlagen mit Stand vom 19.12.2013 über die UVP-Pflicht entschieden worden. Die maßgebliche Planänderung mit Stand vom 19.12.2013 sei die nunmehr vorgesehene Errichtung einer Hochwasserschutzwand auf einer Länge von 840 m auf der bislang vorgesehenen Trasse anstelle eines Deiches nach DIN 19712. Die nachfolgend eingereichten Planunterlagen vom 02.07.2014 hätten nur unwesentliche Änderungen hinsichtlich der Hochwasserschutzwand vorgesehen. Vorgesehen sei nunmehr eine Bohrpfahlwand anstelle der noch mit Planungsstand 19.12.2013 vorgesehenen Spundwand. Ein Defizit in der Sachverhaltsermittlung liege vor diesem Hintergrund nicht vor. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die UVP-Vorprüfung auch in der Sache nicht fehlerhaft. Im Zeitpunkt der Vorprüfung habe hinsichtlich der Trassenwahl bereits festgestanden, welche Gründe des Allgemeinwohls der Erhaltung des Rückhalteraums im Überschwemmungsgebiet entgegenstünden. Bereits in der ersten Antragsunterlage vom 15.08.2013 sei der schlechte Zustand der bestehenden Hochwasserschutzanlage (Gasleitung, senkrechte Leitungsquerungen, starke Durchwurzelung etc.) dargestellt worden. Auch die erste Wasserspielgellagenberechnung vom 23.07.2013 habe vorgelegen, deren wesentliches Ergebnis eine maximale vorhabenbedingte Wasserstandserhöhung um 2 cm gewesen sei. Bei der ergänzenden UVP-Vorprüfung am 31.01.2014 seien dann sämtliche Planunterlagen mit Stand vom 19.12.2013 mitberücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund hätten zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung, die letztlich erst mit dem Planungsstand vom 02.07.2014 abgeschlossen worden sei, insbesondere auch die wesentlichen Fakten zu den untersuchten 4 Trassenvarianten vorgelegen. Bereits mit den Planungsunterlagen von Dezember 2013 habe festgestanden, dass im Interesse eines möglichst effektiven Hochwasserschutzes nur die Trassenvariante 4 in Frage komme. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe festgestanden, dass der Verlust an Retentionsflächen durch das geplante Vorhaben keinen maßgeblichen Einfluss auf das Abwägungsergebnis haben könne. Insbesondere habe aufgrund der vorliegenden Wasserspielgellagenberechnungen festgestanden, dass die negativen Folgen der Retentionsraumbeschränkung sich unterhalb der Erheblichkeitsschwelle der negativen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3c UVPG bewegen würden. Die Ertüchtigung des Altdeiches durch Neuerrichtung oder Verstärkung mittels Spundwand oder Bohrpfahlwand habe zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfungen nicht als umsetzbare Lösung zur Verfügung gestanden. Die Tatsache allein, dass der Schutz von Überschwemmungsgebieten nach Nr. 2.3.8 der Anlage 2 zum UVPG zu den bei der Einzelfallprüfung anzuwendenden Kriterien zähle, bewirke keine UVP-Pflicht. Auch ein Abwägungsmangel sei nicht ersichtlich. Die Bedeutung der Umweltbelange sei im Rahmen der planerischen Abwägung nicht verkannt worden. Durch das Vorhaben Gimritzer Damm werde keine Erhöhung der Hochwassergefahr herbeigeführt. Die Verbote des § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG gälten nicht für den Bau von Deichen. Auch § 77 WHG sei nicht verletzt. Die Verlegung des Deiches in die Nähe des Gewässers und die dadurch bedingte Einschränkung des Überschwemmungsgebietes in seiner Funktion als Rückhaltefläche sei durch das Ziel der Maßnahme, einen möglichst effektiven Hochwasserschutz des westlich des neuen Deiches gelegenen Stadtteils zu gewährleisten, gerechtfertigt.

8

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen und trägt vor: Die Unterlassung der Beiladung des LHW sei nicht fehlerhaft, da dieser für die Neuerrichtung des Deiches nicht zuständig sei. Nicht nachvollziehbar sei, inwieweit die öffentliche Berichterstattung einen prozessualen Fehler darstellen könne. Sie werde durch die (C.) ordnungsgemäß vertreten. Sie sei auch antragsbefugt. Die Errichtung des Gimritzer Damms in der plangenehmigten Ausführungsvariante werde sich durch dessen Auswirkungen auf das Hochwasser der Saale und die Erhöhung der üblicherweise bestehenden Hochwassergefahren auf ihr Eigentum auswirken. Dies stelle einen möglichen Eingriff in ihr Eigentum dar, welcher für die Antragsbefugnis ausreichend sei. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht die Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfung festgestellt. Die UVP-Vorprüfung beruhe auf den Planunterlagen von Dezember 2013, obwohl die eigentlichen Antragsunterlagen zum Vorhaben vom 02.07.2014 stammten. Der Behörde hätten daher im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung nicht alle relevanten Informationen vorgelegen. Die Entscheidung sei nicht nachvollziehbar, soweit die Erheblichkeit des Eingriffs abgelehnt worden sei. Auch über die Verletzung des § 3c UVPG und damit der Wahl des falschen Verfahrens hinaus sei der Antrag begründet. Die Plangenehmigung leide an mehreren wesentlichen Fehlern. Die Planrechtfertigung sei nicht gegeben, da das Schutzziel fehlerhaft bestimmt worden sei. Darüber hinaus leide die Plangenehmigung an erheblichen Abwägungsfehlern. Schließlich seien die Berechnungen zur Änderung der Wasserspiegellage infolge des Verlustes an Retentionsraum nachweisbar fehlerhaft.

II.

9

A. Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

10

I. Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) kann entgegen der Ansicht des Antragsgegners im vorliegenden Verfahren nicht gemäß § 65 VwGO beigeladen werden. Der LHW ist zwar grundsätzlich beiladungsfähig, da das Land Sachsen-Anhalt in § 8 Satz 1 AG VwGO LSA in Ausübung der Ermächtigung des § 61 Nr. 3 VwGO bestimmt hat, dass auch Landesbehörden fähig sind, am Verfahren beteiligt zu sein. Der LHW kann jedoch dann nicht nach § 65 VwGO – weder nach dessen Abs. 1 noch Abs. 2 – zu einem Verwaltungsstreitverfahren beigeladen werden, wenn darin eine andere Behörde desselben Rechtsträgers Hauptbeteiligter ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.08.2002 – BVerwG 9 VR 11.02 –, juris RdNr. 2; Beschl. d. Senats v. 22.06.2012 – 2 K 99/12 –). So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner, der die angefochtene Plangenehmigung erlassen hat und gegen den sich nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 8 Satz 2 AG VwGO LSA der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet, und der LHW, der den Antrag auf Plangenehmigung für das Vorhaben Hochwasserschutzanlage Gimritzer Damm (Saale) gestellt hat, gehören demselben Rechtsträger an. Beide sind Behörden des Landes Sachsen-Anhalt. Zweck der Beiladung ist es vor allem, im Interesse der Prozessökonomie durch die damit verbundene Rechtskrafterstreckung auf Dritte, die in der Sache betroffen sind, die Ergebnisse eines Rechtsstreits auch ihnen gegenüber zu sichern. Außerdem soll dem beigeladenen Dritten die Möglichkeit gegeben werden, durch die Verfahrensbeteiligung seine Interessen in den Prozess der Hauptbeteiligten einzubringen und so auch zur umfassenden Sachaufklärung beizutragen. Eine Beiladung der in der Sache auch betroffenen Behörden neben der nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO beklagten Behörde desselben Rechtsträgers ist zur Erreichung dieser Zwecke nicht geboten und auch nicht gerechtfertigt. Das gegenüber der beklagten Behörde ergangene Urteil erwächst gegenüber dem Land als dessen Rechtsträger in Rechtskraft und bindet damit auch alle seine Landesbehörden nach Maßgabe des § 121 VwGO. Es ändert nichts an dieser Reichweite der materiellen Rechtskraft, dass das Land Sachsen-Anhalt die Ermächtigungen in § 61 Nr. 3 und in § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Anspruch genommen hat, wonach die Landesbehörden Beteiligte im Verwaltungsprozess sein können und Klagen gegen die Behörde selbst zu richten sind, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Der landesrechtliche Vorbehalt des § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO schafft nur die Option, abweichend vom Grundsatz des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO eine Parteibezeichnung einzuführen, die es dem Bürger erleichtern kann, im Falle der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO) die Formalien der Klageerhebung (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ordnungsgemäß zu erfüllen. Kann, wie hier, eine Behörde nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO verklagt werden, handelt sie in Prozessstandschaft für das Land, ohne selbst zum Rechtsträger zu werden. Allein das hinter der jeweils beklagten Behörde stehende Land wird aus dem rechtskräftigen Urteil berechtigt und verpflichtet. Es ist Aufgabe der Landesorganisation, im Wege der internen Koordination sicherzustellen, dass möglicherweise divergierende Interessen betroffener Behörden mit der Behörde abgestimmt werden, die im Verwaltungsstreitverfahren das Land vertritt. Dies gilt auch, wenn die drittbetroffene Behörde bei einem anderen Landesministerium ressortiert als der Antragsgegner, der den Verwaltungsrechtsstreit für das Land führt. In einem gerichtlichen Erörterungstermin oder einem Termin zur mündlichen Verhandlung ist die beklagte Behörde in prozessrechtlicher Hinsicht ohnehin nicht gehindert, zu ihrer Unterstützung Vertreter anderer Behörden, darunter auch der die Plangenehmigung beantragenden Behörde, mitzubringen. Für die Notwendigkeit und Möglichkeit der landesinternen Interessenabstimmung zwischen den verschiedenen Behörden kann in den Fällen des § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, in denen die einzelne Behörde selbst zu verklagen ist, nichts anderes gelten, als dann, wenn das Land nicht von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht hat. In diesen Fällen des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist es indes unstreitig, dass neben dem beklagten Land andere Behörden dieses Landes nicht beigeladen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1977 – BVerwG 4 C 100.74 –, juris RdNr. 32). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Behörde eines Rechtsträgers ausdrücklich durch das jeweilige Fachgesetz mit einer eigenständigen Verfahrens- oder materiellen Rechtsposition gegenüber anderen Behörden dieses Rechtsträgers oder gegenüber diesem Rechtsträger selbst ausgestattet ist und damit insoweit die Voraussetzungen eines zulässigen "In-Sich-Prozesses" vorliegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.08.2002 – BVerwG 9 VR 11.02 – a.a.O. RdNr. 4 ff.; Beschl. d. Senats v. 22.06.2012 – 2 K 99/12 –). Vor diesem Hintergrund ist auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Beiladung des LHW nicht angezeigt.

11

II. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die vom Antragsgegner in der Beschwerdebegründung erwähnte öffentliche Berichterstattung über die Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin der 4. Kammer zu einem Verfahrensmangel geführt haben soll. Unabhängig davon würde allein ein Verfahrensmangel auch nicht die Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses rechtfertigen.

12

III. Die Antragsgegnerin wird im vorliegenden Verfahren ordnungsgemäß vertreten. Sie hat dargelegt, dass ihren Prozessbevollmächtigten von der (C.)mbH ((C.)) in ihrem Namen eine Prozessvollmacht erteilt wurde. Hierzu sei diese auf Grund eines Verwaltervertrages vom 01.07.2003, einer Verwaltervollmacht vom 01.07.2003 sowie eines Beschlusses der Gesamteigentümerversammlung vom 30.12.2013 ermächtigt gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass sowohl nach dem Verwaltervertrag als auch nach der Verwaltervollmacht die (D.) mbH (D.) Verwalter sein sollte, denn diese sei mit der (C.) identisch. Die Namensänderung beruhe auf einer im März 2014 vollzogenen Umfirmierung. Gegen eine ordnungsgemäße Vertretung spreche auch nicht, dass sowohl der Verwaltervertrag als auch die Verwaltervollmacht von der S. GmbH unterschrieben worden sei, denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – 01.07.2003 – sei diese alleinige Eigentümerin der Wohnungseigentumsanlage (...) gewesen. Die weiteren Eigentümer seien erst später durch Erwerb entsprechender Anteile in die Wohnungseigentumsgemeinschaft und damit auch in den Verwaltervertrag eingetreten. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Darstellung nicht den Tatsachen entspricht, sind weder von dem Antragsgegner vorgetragen noch sonst ersichtlich.

13

IV. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren auch analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass die Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts zumindest als möglich erscheint (OVG LSA, Beschl. v. 24.09.2013 – 1 M 97/13 –, juris RdNr. 6). Dazu muss sich der Antragsteller auf einen drittschützenden Rechtssatz des öffentlichen Rechts berufen (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 42 RdNr. 71). Zudem ist erforderlich, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass eine Verletzung dieses drittschützenden Rechtssatzes vorliegt. Das ist nur dann zu verneinen, wenn auf der Grundlage des Tatsachenvortrags des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die von ihm behaupteten Rechtspositionen bestehen oder ihm zustehen oder – ihr Bestehen und Zustehen unterstellt – unter keinem Gesichtspunkt verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 27.11.1996 – BVerwG 11 A 100.95 –, juris RdNr. 34). Das ist hier nicht der Fall.

14

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist auf der Grundlage des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG gegeben. Nach dieser Vorschrift darf der Plan nur festgestellt oder genehmigt werden, wenn eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist. Diese Vorschrift gewährt nach Maßgabe der zum Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsätze Nachbarschutz (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 – BVerwG 4 C 12.05 –, juris RdNr. 27, zu § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F.; VG Hamburg, Urt. v. 12.07.2010 – 15 K 3396/08 –, juris RdNr. 113). Zwar lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts öffentlich-rechtlicher Nachbarschutz auch für den Bereich des Wasserrechts grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter hinreichend deutlich erkennen lassen (BVerwG, Urt. v. 03.07.1987 – BVerwG 4 C 41.86 –, juris RdNr. 8 und Beschl. v. 28.07.2004 – BVerwG 7 B 61.04 –, juris RdNr. 10). Da die Wasserbehörden jedoch bei ihren Entscheidungen verpflichtet sind, auf die Belange anderer Rücksicht zu nehmen, kommt den wasserrechtlichen Vorschriften insoweit drittschützende Funktion zu (BVerwG, Urt. v. 03.07.1987 – BVerwG 4 C 41.86 – a.a.O. RdNr. 10; Beschl. v. 28.07.2004 – BVerwG 7 B 61.04 – a.a.O.). Zu den drittschützenden Vorschriften zählen hiernach auch die wasserrechtlichen Vorschriften über den Hochwasserschutz, soweit sich aus ihnen ein hochwasserrechtliches Rücksichtnahmegebot ergibt (NdsOVG, Beschl. v. 20.07.2007 – 12 ME 210/07 –, juris RdNr. 14; OVG RP, Urt. v. 02.03.2010 – 1 A 10176/09 –, juris RdNr. 28; VGH BW, Beschl. v. 18.11.2013 – 5 S 2037/13 –, juris RdNr. 6; Beschl. v. 23.09.2014 – 3 S 784/14 –, juris RdNr. 42; VG Aachen, Urt. v. 09.10.2009 – 7 K 1417/09 –, juris RdNr. 50). Das ist bei § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG der Fall. Zu dem Kreis der nach dieser Vorschrift geschützten Personen gehören diejenigen Personen, deren private Belange nach Lage der Dinge von dem Gewässerausbau betroffen werden und deren Beeinträchtigung zu vermeiden ist (vgl. VG Aachen, Urt. v. 09.10.2009 – 7 K 1417/09 – a.a.O. RdNr. 51). Voraussetzung eines nachbarschaftlichen Anfechtungsrechts ist, dass dem Nachbarn durch die genehmigte Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes ein nicht nur unerheblicher Nachteil droht (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 20.07.2007 – 12 ME 210/07 – a.a.O.; VGH BW, Beschl. v. 23.09.2014 – 3 S 784/14 – a.a.O.).

15

Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen der Antragsbefugnis der Antragstellerin auf der Grundlage des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG vor. Ihr Grundstück liegt vor der geplanten Hochwasserschutzanlage am Gimritzer Damm und ist latent hochwassergefährdet. Auf ihre Belange ist daher in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus macht sie geltend, insbesondere durch die mit der Errichtung des Deiches auf der neuen Trasse entlang der "Halle-Saale-Schleife" und der damit in Kauf genommenen Verengung des Hochwasserabflusses sei eine Erhöhung der Wasserspiegellage im Hochwasserfall verbunden, die ihr Eigentum gefährden könne. Hiermit macht sie einen nicht nur geringfügigen Nachteil durch die gewählte Trasse geltend, der nicht von vornherein und offensichtlich auszuschließen ist. Dies reicht für die Antragsbefugnis aus. Ob das Vorbringen der Antragstellerin in der Sache zutreffend ist, ist eine Frage der Begründetheit.

16

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Antragsbefugnis der Antragstellerin auch aus § 70 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 und 4 WHG folgt. Nach § 70 Abs. 1 WHG gilt für die Planfeststellung und die Plangenehmigung u.a. § 14 Abs. 3 und 4 WHG entsprechend. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WHG darf die Bewilligung, wenn zu erwarten ist, dass die Gewässerbenutzung auf das Recht eines Dritten nachteilig einwirkt und dieser Einwendungen erhebt, nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen vermieden oder ausgeglichen werden. Ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung nach § 14 Abs. 3 Satz 2 WHG gleichwohl erteilt werden, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WHG gilt § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 WHG u.a. dann entsprechend, wenn ein Dritter ohne Beeinträchtigung eines Rechts nachteilige Wirkungen dadurch zu erwarten hat, dass der Wasserabfluss, der Wasserstand oder die Wasserbeschaffenheit verändert wird. Nimmt man an, dass die durch einen Deichbau entstehende Gefahr einer Überflutung eine nachteilige Wirkung i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 1 WHG darstellen kann (vgl. HambOVG, Urt. v. 22.03.2000 – 5 Bf 22/96 –, juris RdNr. 47), ergäbe sich die Antragsbefugnis der Antragstellerin wegen der von ihr geltend gemachten Gefahr der Überflutung ihres Grundstücks im Hochwasserfall infolge der Errichtung des Deichs entlang der "Halle-Saale-Schleife" auch auf der Grundlage dieser Vorschriften.

17

Ebenfalls keiner Vertiefung bedarf vor diesem Hintergrund die Frage, ob sich die Antragsbefugnis der Antragsteller unmittelbar aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG herleiten lässt (vgl. dazu OVG NW, Urt. v. 25.02.2015 – 8 A 959/10 –, juris RdNr. 53 ff.).

18

V. Die nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin, von einer sofortigen Vollziehung der Plangenehmigung bis zu einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt, weil die von ihr erhobene Klage nach derzeitigem Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg haben wird.

19

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Genehmigung angegriffen, ist bei der Abwägung der kollidierenden Belange des Adressaten und des Dritten maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abzustellen. Entscheidend ist daher die Frage, ob der Rechtsbehelf – hier die Klage der Antragstellerin – Erfolg haben wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466/08 –, juris RdNr. 21; NdsOVG, Beschl. v. 05.03.2008 – 7 MS 115/07 –, juris RdNr. 27; OVG NW, Beschl. v. 05.09.2008 – 13 B 1013/08 –, juris RdNr. 8 ff.; OVG BBg, Beschl. v. 15.01.2009 – OVG 9 S 70.08 –, juris RdNr. 4; Beschl. d. Senats v. 21.03.2013 – 2 M 154/12 –, juris RdNr. 13; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 RdNr. 62). Demgemäß ist nach der – hier anwendbaren – Vorschrift des § 4a Abs. 3 UmwRG die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen oder wiederherzustellen, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessensabwägung treffen. Kann wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (BVerwG, Beschl. v. 22.03.2010 – BVerwG 7 VR 1.10 –, juris RdNr. 13). Dies gilt auch im Anwendungsbereich des § 4a Abs. 3 UmwRG (BVerwG, Beschl. v. 16.09.2014 – BVerwG 7 VR 1.14 –, juris RdNr. 11).

20

Nach diesen Grundsätzen führt die gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses der Antragstellerin gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Plangenehmigung zu dem Ergebnis, dass das Aussetzungsinteresse überwiegt, da die gegen die Plangenehmigung erhobene Klage der Antragstellerin nach summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird.

21

1. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die angefochtene Plangenehmigung rechtswidrig sein dürfte, weil die im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls getroffene Entscheidung des Antragsgegners, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, fehlerhaft sein dürfte.

22

Gemäß § 3c Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach Nr. 13.13 der Anlage 1 ist bei dem Bau eines Deiches oder Dammes, der den Hochwasserabfluss beeinflusst, und damit auch für Vorhaben der hier streitigen Art, eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Satz 1 UVPG erforderlich. Eine solche Vorprüfung hat der Antragsgegner hier durchgeführt. Sie ist im Schreiben des Referats 402 vom 27.08.2013 dokumentiert und wurde – jeweils nach Vorlage überarbeiteter Antragsunterlagen – am 30.01.2014, 19.05.2014 und 27.06.2014 ergänzt. Die Durchführung der UVP-Vorprüfung dürfte jedoch nicht den Vorgaben des § 3c UVPG entsprochen haben.

23

Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (Beschl. d. Senats v. 21.03.2013 – 2 M 154/12 –, juris RdNr. 44). Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, juris RdNr. 32).

24

Diesen Anforderungen dürfte der Antragsgegner nicht entsprochen haben. Er dürfte bei der Prüfung der möglichen nachteiligen Umweltauswirkungen nicht den richtigen rechtlichen Maßstab angelegt haben. Damit dürfte die Vorprüfung im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG nicht entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden sein.

25

Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären und die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können. Denn die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen. Umweltauswirkungen sind vor diesem Hintergrund bereits dann erheblich, wenn sie bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen und so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Zulassungsverfahrens nicht ausgeschlossen werden kann. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht. Dies kann dazu führen, dass auch relativ geringfügige Belange die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auslösen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 – a.a.O. RdNr. 37; Urt. v. 25.06.2014 – BVerwG 9 A 1.13 –, juris RdNr. 21). Damit kommt es bei der allgemeinen Vorprüfung entscheidend auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der behördlichen Zulassung an. Die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen fehlt nur dann, wenn diese bereits nach Maßgabe einer im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung anzustellenden Vorausschau weder für die Zulassung des Vorhabens noch für das Ergebnis der Abwägung von Bedeutung und auch für die Anordnung von Nebenbestimmungen nicht relevant sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.2014 – BVerwG 9 A 1.13 – a.a.O. RdNr. 23; Beckmann, DVBl. 2004, 791 <796>; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, § 3c UVPG RdNr. 26 f.). Den in Anlage 2 zum UVPG enthaltenen Kriterien kommt für die Beantwortung der Frage nach der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen keine maßgebliche Bedeutung zu (Beckmann, a.a.O., S. 797). Sie dient als "Checkliste" lediglich der systematischen und strukturierenden Zusammenstellung und Aufbereitung des Sachverhalts, der anschließend von der Behörde einer Erheblichkeitseinschätzung zu unterziehen ist (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 12). Die Aufzählung der Kriterien in Anlage 2 ist nicht abschließend, wie vor allem durch die mehrfache Verwendung des Wortes "insbesondere" deutlich wird (Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3c RdNr 13).

26

Nach diesen Grundsätzen ist die vom Antragsgegner vorgenommene UVP-Vorprüfung fehlerhaft, weil hierin der rechtliche Maßstab für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen, insbesondere für die hier in Rede stehende Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, verkannt worden ist. In der UVP-Vorprüfung vom 27.08.2013 wird bei der Einschätzung der Erheblichkeit der nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben habe auf Grund seines Umfangs und seiner Art mit hoher Wahrscheinlichkeit keine gravierenden und dauerhaften Auswirkungen auf die Schutzgüter im untersuchten Gebiet. Für die Schutzgüter Mensch, Kultur- und Sachgüter ergäben sich unter Berücksichtigung der vorgelegten Wasserspielgellagenberechnung eindeutig positive Effekte. Der Deich werde nicht auf unberührten Naturflächen errichtet. Die anthropogene Beeinflussung des Terrains sei nicht unbeträchtlich. Der naturschutzfachlichen Sensibilität des Gebietes seien enge Grenzen gesetzt. Zwar werde es beim Bau der Hochwasserschutzanlage Eingriffe und Auswirkungen in und auf die in der Tabelle genannten geschützte Biotope geben, die jedoch keine sehr großen Flächen umfassten (wahrscheinlich < 3.000 m²). Bei den in der Tabelle genannten Biotopen handelt es sich um den Peißnitzauwald, der in nördlichen Bereich angrenzend auf ca. 160 m direkt betroffen werde. Zu beachten sei, dass ein Hochwasserschutzdeich und seine Schutzstreifen keine total versiegelten Oberflächen darstellten. In Folge des Vorhabens entstünden daher keine für die künftige natürliche Entwicklung völlig ungeeigneten Flächen. Schadstoff- und Lärmimmissionen seien nicht zu erwarten. Auswirkungen auf das Landschaftsbild und das Standortklima seien nicht relevant. Die Auswirkungen in der Bauphase seien nur vorübergehend. Die direkten Eingriffe in die Lebensräume entlang des Baugebietes seien zwar vom Prinzip her erheblich. Hier seien jedoch die Größenordnungen und die naturschutzfachliche Bedeutung der Naturräume zu berücksichtigen. Das Grund- und Oberflächenwasser werde nicht nachhaltig beeinflusst. Kultur- und Sachgüter würden nicht in Mitleidenschaft gezogen. Zusammenfassend heißt es, trotz der nur mittleren Größenordnung der Gesamtmaßnahme sei das Hochwasserschutzvorhaben ein Eingriff, von dem negative Auswirkungen auf einen Teil der Schutzgüter zu erwarten seien. Diese Auswirkungen seien jedoch bei der Neuerrichtung und Rekonstruktion von Hochwasserschutzbauten prinzipiell an jedem Standort mehr oder weniger unumgänglich. Dem gegenüber stehe die Tatsache, dass es sich um eine Gefahrenabwehrmaßnahme handele, die zur Sicherung von Schutzgütern nach § 2 UVPG unbedingt erforderlich sei. Zuvor war im Rahmen der überschlägigen Beschreibung der relevanten Merkmale des Vorhabens festgestellt worden, dass durch die Ausschwenkung der Deichtrasse nach Osten zur "Wilden Saale" ca. 114.000 m³ Wasseraufnahmevolumen und 78.400 m² (7,84 ha) Retentionsfläche für Hochwasser verloren gingen. Dieser Verlust an Retentionsraum führe jedoch nach den vom LHW vorgelegten Unterlagen zu keiner rechnerisch nachweisbaren Schlechterstellung von Unterliegern. Im Ergebnis wird festgestellt, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen im Sinne des § 3c UVPG habe und daher auf eine UVP verzichtet werden könne.

27

In der ergänzenden UVP-Vorprüfung vom 30.01.2014 wird auf diese Einschätzung vom 27.08.2013 Bezug genommen und ausgeführt, die inzwischen eingereichte Entwurfs- und Genehmigungsplanung habe keine Gesichtspunkte ergeben, die ein Abweichen von dem Ergebnis der damaligen Prüfung erforderlich mache. Im neuen Planentwurf mit der partiellen Errichtung einer Spundwand sei der Verlust des vorhandenen Retentionsraumes auf 46.800 m³ bei HQ100 gesenkt, was positiv zu vermerken sei. Mögliche Eingriffe in das Grundwasserfließgeschehen durch die Spundwände sollten durch Strömungsfenster minimiert werden. Nachteilige Beeinflussungen des Standortklimas seien von untergeordneter Bedeutung.

28

Die weiteren Stellungnahmen vom 19.05.2014 zu den Planunterlagen vom 09.05.2014 und vom 27.06.2014 zu den Planunterlagen vom 25.06.2014 nehmen auf die bereits vorliegenden UVP-Vorprüfungen Bezug und führen aus, die neuen Unterlagen wiesen hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf Schutzgüter keine maßgeblichen Änderungen zu der bisherigen Planung auf, die eine erneute Prüfung erforderlich mache. Eine neue Bewertung der UVP-Pflicht sei nicht erforderlich.

29

Hiermit hat der Antragsgegner den Maßstab der Erheblichkeit i. S. d. § 3c Satz 1 UVPG insbesondere für die mit der Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen verbundenen Umweltauswirkungen verkannt. Bei Zugrundelegung eines zutreffenden Maßstabs hätte er die Möglichkeit, dass die mit der neuen Trasse verbundenen nachteiligen Umwelteinwirkungen Einfluss auf das Ergebnis der nach § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG vorzunehmen Abwägung haben können, nicht ausschließen dürfen.

30

Nach der hier einschlägigen Vorschrift des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG darf der Plan nur festgestellt oder genehmigt werden, wenn eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist. Die Vorschrift enthält – grundsätzlich – einen zwingenden Versagungsgrund (Maus, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2011, § 68 RdNr. 57; Schenk, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 68 RdNr. 20). Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift liegt eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit jedenfalls in zwei Fällen vor, nämlich entweder bei einer erheblichen und dauerhaften, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder bei einer Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern. Diese beiden Alternativen des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG haben jeweils eigenständige Bedeutung. Zwar dient die Vorschrift – in beiden Alternativen – dem Hochwasserschutz. Dennoch kommt dem in § 68 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 WHG enthaltenen Schutz natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, eine eigenständige, über das Verbot der Erhöhung der Hochwasserrisiken gemäß § 68 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 WHG hinausgehende Bedeutung zu. Mit dieser Regelung, die bereits mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 11.11.1996 (BGBl. I S. 1690) als § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F. in das Gesetz eingefügt wurde und auf einer Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 26.09.1996 (BT-Drs. 13/5641, S. 3) beruhte, sollte der besonderen Funktion natürlicher Rückhalteflächen, insbesondere von Auwäldern, im Rahmen des Hochwasserschutzes Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drs. 13/4788, S. 27, und BT-Drs. 13/5254, S. 3 f.). Die beiden Alternativen des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG unterscheiden sich dadurch, dass die Merkmale der Erheblichkeit, Dauerhaftigkeit und Nichtausgleichbarkeit nur für das Regelbeispiel der Erhöhung des Hochwasserrisikos, nicht aber für die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, gelten (a.A. BayVGH, Urt. v. 18.12.2012 – 8 B 12.431 –, juris RdNr. 49). Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen in der Regel als erheblich ansieht. § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG verlangt damit in der ersten Alternative die Prüfung, ob das Vorhaben hochwasserneutral ist, also ob keine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken vorliegt. Zusätzlich und darüber hinaus verlangt die Vorschrift in der zweiten Alternative die Prüfung, ob keine natürlichen Rückhalteflächen zerstört werden. Natürliche Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, sind also nach § 68 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 WHG, jedenfalls im Grundsatz, unbedingt zu erhalten (vgl. BayVGH, Beschl. v. 07.11.2003 – 22 CS 03.2469 –, juris RdNr. 4). In Ausnahmefällen kann jedoch auch ein Gewässerausbau, der mit einer Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen verbunden ist, gemäß § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG zulassungsfähig sein. Ob ein Gewässerausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit erwarten lässt, bedarf einer umfassenden Abwägung aller im Wasserhaushaltsgesetz aufgeführten wasserwirtschaftlichen Belange. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Gewässerausbau – wie hier – zum Zwecke der Herstellung bzw. der Verbesserung des Hochwasserschutzes erfolgt. In diesem Fall sind die von dem Gewässerausbau nachteilig betroffenen Belange mit den für das Vorhaben sprechenden Belangen im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegeneinander abzuwägen (vgl. OVG RP, Urt. v. 12.02.2009 – 1 A 10722/08 –, juris RdNr. 171; VGH BW, Urt. v. 23.09.2013 – 3 S 284/11 –, juris RdNr. 125; VG Neustadt/Weinstraße, Urt. v. 17.03.2008 – 4 K 1202/06.NW –, juris RdNr. 100; VG Hamburg, Urt. v. 12.07.2010 – 15 K 3396/08 – a.a.O. RdNr. 112; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 68 RdNr. 24; Schenk, in: Sieder/Zeitler/Dahme, a.a.O., § 68 RdNr. 24). Bei der Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen ist dabei insbesondere zu prüfen, ob ein Ausgleich für die Zerstörung möglich ist (Schenk, in: Sieder/Zeitler/Dahme, a.a.O., § 68 RdNr. 23). Die Entscheidung der Behörde stellt sich insoweit als das Ergebnis nicht einer gestaltenden, sondern einer die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierenden nachvollziehenden Abwägung dar, also als ein Vorgang der Rechtsanwendung, der eine auf den Einzelfall ausgerichtete Gewichtsbestimmung verlangt (VGH BW, Urt. v. 23.09.2013 – 3 S 284/11 – a.a.O.). Ergänzend kommt hinzu, dass gemäß § 77 Satz 1 WHG Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 WHG in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten sind. Soweit überwiegende Gründe des Allgemeinwohls dem entgegenstehen, sind gemäß § 77 Satz 2 WHG rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Auch hiernach hat eine vollständige und sachgerechte Abwägung der für die Aufgabe eines Retentionsraumes sprechenden Gründe auf der einen und der Pflicht zur Erhaltung eines Überschwemmungsgebietes nach Satz 1 auf der anderen Seite stattzufinden (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 77 RdNr. 4; Hünnekens, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 77 WHG RdNr. 7). Soweit der Dispens vom Erhaltungsgebot wegen entgegenstehender Gründe des Allgemeinwohls eingreift, statuiert die Vorschrift stattdessen eine Ausgleichspflicht (Rossi, in: Sieder/Zeitler/Dahme, a.a.O., § 77 RdNr. 11 ff.).

31

Gemessen daran hat der Antragsgegner im Rahmen der UVP-Vorprüfung die Bedeutung der Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, die mit dem Bau der Hochwasserschutzanlage entlang der Halle-Saale-Schleife verbundenen ist, für die gemäß § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG und § 77 WHG vorzunehmenden Gesamtwürdigung der von dem Vorhaben nachteilig betroffenen Belange mit den für das Vorhaben sprechenden Belangen verkannt. Der Antragsgegner hat den Verlust an 114.000 m³ Wasseraufnahmevolumen und 78.400 m² Retentionsfläche für Hochwasser, davon ca. 3.000 m² Peißnitzauwald, für unerheblich gehalten, weil dieser Verlust an Retentionsraum nach der vom Vorhabenträger vorgelegten Wasserspiegellagenberechnung vom 23.07.2013 zu keiner rechnerisch nachweisbaren Schlechterstellung von Unterliegern führe. An dieser Bewertung hat er auch in den nachfolgenden Stellungnahmen vom 30.01.2014, 19.05.2014 und 27.06.2014 festgehalten. Ohne Belang ist, dass er in der ergänzenden UVP-Vorprüfung vom 30.01.2014 nur noch von einem Verlust von Wasseraufnahmevolumen von 46.800 m³ bei HQ100 ausgegangen ist, denn durch die Bezugnahme auf die ursprüngliche UVP-Vorprüfung hat er zum Ausdruck gebracht, dass er auch insoweit allein wegen der Hochwasserneutralität von der fehlenden Erheblichkeit ausgeht. Damit nimmt der Antragsgegner wesentliche Gesichtspunkte, die für die Bewertung der Erheblichkeit der Umweltauswirkungen gemäß § 3c Satz 1 UVPG durch Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen im Sinne des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG relevant sind, nicht in den Blick.

32

Bei dem Bau der Hochwasserschutzanlage entlang der Halle-Saale-Schleife kommt es zu einer Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen. Unter natürlichen Rückhalteflächen sind Landareale zu verstehen, die aufgrund ihrer besonderen Nähe zu dem jeweiligen Gewässer dem Hochwasser durch ihre zumeist seitliche Ausdehnung über das Ufer hinaus Ausbreitungsmöglichkeiten geben und auf diese Weise einen beschleunigten Abfluss des Wassers zumeist stromabwärts verhindern (vgl. BayVGH, Urt. v. 18.12.2012 – 8 B 12.431 – a.a.O. RdNr. 48). Derartige Rückhalteflächen werden bei der Errichtung der plangenehmigten Hochwasserschutzanlage zerstört. Hiervon geht auch der Antragsgegner in der Plangenehmigung (Seite 41 f.) aus. Es bedarf keiner Vertiefung, ob überbaute oder versiegelte Flächen generell nicht unter den Begriff der natürlichen Rückhalteflächen fallen (vgl. OVG RP, Urt. v. 24.02.2000 – 1 A 11106/99 –, juris RdNr. 24), denn jedenfalls ist ein Teil der vom Antragsgegner in der UVP-Vorprüfung vom 27.08.2013 in den Blick genommenen Retentionsfläche von 78.400 m², die durch das Vorhaben verloren geht, weder überbaut noch versiegelt. Diese Fläche durfte der Antragsgegner auch nicht wegen ihrer Größe als unerheblich einstufen.

33

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage im Wasserrecht hätte sich im Rahmen der UVP-Vorprüfung die Frage aufdrängen müssen, ob der beabsichtigte Hochwasserschutz auch auf einer Trasse möglich ist, mit der die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, insbesondere von Auwäldern, vermieden wird. Dies dürfte die Notwendigkeit einschließen, die Vor- und Nachteile etwa einer Spundwand oder einer Bohrpfahlwand auf dieser Trasse umfassend zu untersuchen. Damit zusammenhängend wäre zu prüfen gewesen, ob überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Errichtung der Hochwasserschutzanlage auf der neuen Anlagentrasse – und damit die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen – gebieten, etwa weil das Interesse an einer Vermeidung der mit der Errichtung der Hochwasserschutzanlage auf der alten Deichtrasse verbundenen Nachteile das Gebot der Erhaltung von Rückhalteflächen überwiegt (vgl. § 77 Satz 2 WHG). Schließlich war zu prüfen, ob und wie ein Ausgleich für die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen möglich ist. Es wäre Aufgabe einer Umweltverträglichkeitsprüfung gewesen, diese Fragen zu klären und damit die erforderliche Abwägung vorzubereiten. Die Problematik der Trassenwahl und der notwendigen Ausgleichsmaßnahmen wurden jedoch überhaupt nicht in den Blick genommen. In der UVP-Vorprüfung vom 27.08.2013 heißt es vielmehr, die festgestellten Auswirkungen seien bei der Neuerrichtung und Rekonstruktion von Hochwasserschutzbauten prinzipiell an jedem Standort mehr oder weniger unumgänglich. Die Prüfung, ob die Errichtung einer Hochwasserschutzanlage auf der alten Deichtrasse und damit die vollständige Erhaltung der natürlichen Rückhalteflächen möglich sind, wurde vom Antragsgegner nicht für notwendig erachtet. Damit hat er bei der UVP-Vorprüfung einen fehlerhaften Maßstab für die Erheblichkeit der Umwelteinwirkungen angelegt. Bei Zugrundelegung eines zutreffenden Maßstabs hätte er die mögliche Ergebnisrelevanz der hier maßgeblichen nachteiligen Umweltauswirkungen – die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen – und damit ihre Erheblichkeit im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG nicht verneinen dürfen. Die UVP-Vorprüfung wurden damit nicht entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt (§ 3a Satz 4 UVPG).

34

Hiergegen kann der Antragsgegner nicht einwenden, im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung sei sowohl der schlechte Zustand der bestehenden Hochwasserschutzanlage als auch das Ergebnis der Untersuchung der 4 Trassenvarianten bekannt gewesen. Es habe bereits festgestanden, dass dem überwiegenden Allgemeinwohlinteresse an einem möglichst effektiven Hochwasserschutz nur mit der planfestgestellten Variante 4 entsprochen werden könne, so dass bereits zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung klar gewesen sei, dass der Verlust von Retentionsflächen durch das geplante Vorhaben keinen maßgeblichen Einfluss auf das Abwägungsergebnis haben könne. Diese Aussage steht einerseits in Widerspruch zu dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners, der auf Seite 16 der Beschwerdebegründung (GA Bl. 290) selbst vorträgt, die Ertüchtigung des Altdeichs durch Neuerrichtung oder Verstärkung mittels Spundwand oder Bohrpfahlwand habe zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfungen nicht als umsetzbare Lösung zur Verfügung gestanden. Wenn das zutrifft, kann nicht zugleich das Ergebnis der Untersuchung der 4 Trassenvarianten bekannt gewesen sein. Darüber hinaus verkennt der Antragsgegner, dass im Fall der Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen regelmäßig die Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen erforderlich ist. Jedenfalls in dieser Hinsicht war nicht auszuschließen, dass die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen für das Ergebnis der Abwägung, jedenfalls für die Entscheidung über die Aufnahme von Nebenbestimmungen, relevant ist. Darüber hinaus kommt es für die Überprüfung einer UVP-Vorprüfung durch das Gericht nach Maßgabe des § 3a Satz 4 UVPG nicht darauf an, welchen Kenntnisstand die Behörde hatte. Bei der vom Gericht gemäß § 3a Satz 4 UVPG vorzunehmenden Plausibilitätskontrolle ist vielmehr die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, die aber keinen Niederschlag in der Begründung der Behörde gefunden haben, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 – BVerwG 9 A 31.10 – a.a.O. RdNr. 29; Beschl. d. Senats v. 21.03.2013 – 2 M 154/12 – a.a.O. RdNr. 44). Die hiernach maßgebliche Begründung der UVP-Vorprüfung durch den Antragsgegner nimmt – wie ausgeführt – die Möglichkeit einer Hochwasserschutzanlage auf der alten Deichtrasse überhaupt nicht in den Blick und verkennt damit die im Rahmen des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG bestehende Bedeutung des Verbots der Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen und damit den Maßstab für die Erheblichkeit der nachteiligen Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG.

35

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners kann von einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch nicht deshalb abgesehen werden, weil das Trägerverfahren selbst entsprechende Anforderungen in Verbindung mit dem Fachrecht kennt, insbesondere die nach § 68 Abs. 3 WHG bestehende zwingende Zulassungsvoraussetzung der Hochwasserneutralität. Die Umweltverträglichkeitsprüfung dient – wie bereits ausgeführt – dazu, die Umweltbelange herauszuarbeiten, auf die es nach dem einschlägigen Fachrecht ankommt, um die hiernach erforderliche Abwägung vorzubereiten. Im Fachrecht gibt es daher stets Anforderungen, die die gleichen Fragen aufwerfen, die auch Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung sind. Folglich kann daraus kein Argument gegen die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung hergeleitet werden.

36

2. Die Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfung kann von der Antragstellerin auch gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG geltend gemacht werden. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch vor, wenn – wie hier – eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflicht nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift gilt nach § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Antragstellerin entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt, und verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung. Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen, ist dieser Fehler erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 – a.a.O. RdNr. 41; Beschl. v. 27.06.2013 – BVerwG 4 B 37.12 –, juris RdNr. 10). Die Antragstellerin kann sich auch im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auf die Fehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfung berufen mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 17.09.2008 – 2 M 146/08 –, juris RdNr. 17).

37

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.


Gründe

I.

1

Der Antragsteller, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis zu einer Gewässerbenutzung für den Betrieb des Steinkohle-Kraftwerks Moorburg in Hamburg an der Süderelbe.

2

Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens, in dem der Antragsteller sich mit Einwendungen u.a. gegen die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftwerks geplante Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung gewandt hatte, erteilte die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 30. September 2008 neben der in Bestandskraft erwachsenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Kraftwerks eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Wasserentnahme von maximal 64,4 cbm/s unter Beifügung von Beschränkungen und Nebenbestimmungen. Aufgrund eines mit der Beigeladenen geschlossenen Vergleichs ersetzte sie diese Erlaubnis mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch eine inhaltlich modifizierte Erlaubnis, ohne die grundsätzlich zulässige Entnahmemenge zu verändern. Diese Erlaubnis enthält zahlreiche Einschränkungen und Nebenbestimmungen; unter anderem wird die Höchstmenge der Wasserentnahme aus der Süderelbe insgesamt auf ein Drittel des jeweiligen Wasserzuflusses begrenzt, bei Unterschreitung eines Mindestsauerstoffgehalts von 6,0 mg/l als gleitendem 24-Stunden-Mittelwert ist die Einleitmenge gestuft zu vermindern. Als technische Maßnahmen zur Schadensminderung sind eine elektrische Fischscheuchanlage am Entnahmebauwerk und eine Fischaufstiegsanlage bei Geesthacht vorgesehen. Durch Änderungsbescheid vom 21. Januar 2011 ist der Beigeladenen erlaubt, zum Zweck der - alternativ zur Durchlaufkühlung möglichen - Kreislaufkühlung Wasser aus der Elbe zu entnehmen (maximale Entnahmemenge von 1 cbm/s).

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die wasserrechtliche Erlaubnis unter Abweisung der Klage des Antragstellers im Übrigen aufgehoben, soweit sie die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung betrifft: Habitatrechtliche Erwägungen rechtfertigten die Aufhebung der Erlaubnis zwar nicht. Soweit der Antragsteller geltend mache, die Gewässerbenutzung führe zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen der unterhalb des Wehres von Geesthacht gelegenen Natura-2000-Gebiete, sei er mit seinem Vorbringen ausgeschlossen. Bezogen auf die oberhalb des Wehres gelegenen Schutzgebiete liege kein Verstoß gegen die maßgeblichen Schutzvorschriften vor, weil durch Bau und Betrieb der Fischaufstiegsanlage am Wehr erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzziele vermieden würden. Die Gewässerbenutzung für die Durchlaufkühlung verstoße aber gegen das Verschlechterungsverbot des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG, das keine bloße Zielbestimmung darstelle, sondern bei der Erlaubniserteilung als unmittelbar geltendes Recht zu beachten sei und jede substanzielle Verschlechterung der Qualität des betroffenen Gewässers über eine durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogene Relevanzschwelle hinaus verbiete. Diese Schwelle werde mit den nachteiligen Auswirkungen auf den Sauerstoffgehalt der Oberflächenwasserkörper Hafen und Elbe West überschritten, die von der erlaubten Kühlwassernutzung für die Durchlaufkühlung trotz der in der Erlaubnis vorgesehenen Einschränkungen der Gewässerbenutzung in Sauerstoffmangelsituationen zu erwarten seien. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot lägen mit Rücksicht auf die umweltschonendere technische Alternative der Kreislaufkühlung als Regelbetrieb nicht vor.

4

Nach Einlegung der Revisionen gegen dieses Urteil durch die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Frühjahr 2013 hat der Antragsteller am 21. März 2014 beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die wasserrechtliche Erlaubnis wiederherzustellen, soweit diese die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung betrifft. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der Eilantrag sei nunmehr geboten, da die Beigeladene die Aufnahme des Dauerbetriebs für den Herbst 2014 plane und eine Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dem das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot betreffenden Vorabentscheidungsverfahren zur Weservertiefung (Rs. C-461/13) als möglich erscheine. Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Suspensionsinteresse gegenüber dem Vollzugsinteresse der Beigeladenen. Selbst unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof müsse die Klage Erfolg haben, weil die angefochtene Erlaubnis gegen das Habitat- und das besondere Artenschutzrecht verstoße. Aber auch eine von den Erfolgsaussichten losgelöste Interessenabwägung gehe zugunsten des Antragstellers aus. Nach Errichtung des Hybridkühlturms könne die Inbetriebnahme des Kraftwerks unter Einsatz der Kreislaufkühlung erfolgen. Das Interesse der Beigeladenen an der Nutzung der wirtschaftlich günstigeren Durchlaufkühlung habe geringeres Gewicht als das öffentliche Interesse am Schutz der Elbe, denn schon für die Dauer des Hauptsacheverfahrens drohten irreversible Verstöße gegen das Naturschutzrecht und das Wasserrecht.

5

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten dem Antragsbegehren entgegen und beantragen,

den Antrag abzulehnen.

II.

6

Der Antrag hat keinen Erfolg.

7

1. Der Antrag ist zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach Einlegung der Revisionen das Gericht der Hauptsache im Sinne von § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

8

Der Antragsteller ist befugt, gegen die nach § 8 WHG erteilte Erlaubnis Klage zu erheben, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Damit verbindet sich die Möglichkeit, gegenüber der gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ergangenen Anordnung der sofortigen Vollziehung einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

9

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

10

Der Prüfungsmaßstab für das Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes folgt aus § 4a Abs. 3 UmwRG. Danach ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Mit dieser Regelung knüpft § 4a Abs. 3 UmwRG an den allgemein für Anträge auf gerichtliche Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs geltenden Maßstäbe an. In Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es - namentlich wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung - nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. Beschluss vom 22. März 2010 - BVerwG 7 VR 1.10 - juris Rn. 13).

11

§ 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab nur bezogen auf die gebotene Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs: Die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung setzt hiernach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung "ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen". An dem Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung, in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen ausweislich des Hinweises im Gesetzestext auf die Gesamtabwägung nichts (so bereits Beschluss vom 13. Juni 2013 - BVerwG 9 VR 3.13 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 90 = juris Rn. 4 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung, BTDrucks 17/10957 S. 18).

12

Hiernach muss der Antrag erfolglos bleiben, weil der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (a) und eine deshalb gebotene von den Erfolgsaussichten losgelöste Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausgeht (b).

13

a) Bei summarischer Prüfung lässt sich kein Übergewicht der für oder gegen den Erfolg der Klage gegen die angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis sprechenden Gründe feststellen.

14

Offen ist zunächst, ob das Oberverwaltungsgericht das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot (§ 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) i) WRRL) zutreffend ausgelegt hat. Das Oberverwaltungsgericht versteht § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG als zwingendes, bei der Erlaubniserteilung unmittelbar zu beachtendes Recht und nicht bloß als umsetzungsbedürftige Zielvorgabe. Eine Verschlechterung des Gewässerzustands im Sinne der Vorschrift bejaht es überdies nicht erst bei einem Wechsel des Gewässers in eine schlechtere Zustandsklasse oder im Falle einer erheblichen Verschlechterung, sondern grundsätzlich bereits bei jeder substanziellen negativen Einwirkung auf das Gewässer oberhalb einer in der Vorschrift angelegten Relevanzschwelle. Der Senat neigt dieser Rechtsauffassung zu, hält sie aber nicht für eindeutig, wie dem Beschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (DVBl 2013, 1450 Rn. 23 ff.) zu entnehmen ist, mit dem er in einem Verfahren über die geplante Weservertiefung den Europäischen Gerichtshof unter anderem zur Klärung des Bedeutungsgehalts des Verschlechterungsverbots in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) i) WRRL angerufen hat. Wie der Gerichtshof die Vorlagefragen, deren Klärung auch für die Auslegung des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG entscheidend ist (vgl. Beschluss vom 11. Juli 2013 a.a.O. Rn. 21), beantworten wird, ist offen. Dies wird dadurch unterstrichen, dass die im Vorabentscheidungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen der Europäischen Kommission und mehrerer Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen gelangen.

15

An der Einschätzung der Erfolgsaussichten unter wasserrechtlichem Blickwinkel ändert sich auch dann nichts, wenn die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Anwendung des Verschlechterungsverbots auf den Streitfall in die Beurteilung einbezogen werden. Es spricht wenig dafür, dass dem Oberverwaltungsgericht dabei - ausgehend von seiner Auslegung des Verschlechterungsverbots - Fehler unterlaufen sind. Namentlich dürfte sich die Bedeutung, die das Gericht einer nachteiligen Veränderung der Qualitätskomponente Sauerstoffgehalt für die Frage einer Verschlechterung des ökologischen Potenzials der in Rede stehenden Oberflächenwasserkörper beigemessen hat, schlüssig aus dem von ihm zugrunde gelegten weiten Verschlechterungsbegriff ergeben. Dass die Sachverhaltsfeststellung und Überzeugungsbildung, soweit sie die Anwendung des Verschlechterungsverbots betreffen, verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind, liegt zumindest bezogen auf den Oberflächenwasserkörper Hafen fern; insbesondere drängt es sich nicht auf, dass das Gericht mit seiner Annahme, dem Wärmelastplan für die Tideelbe sei ein Zielwert von 6 mg O2/l zu entnehmen (UA S. 92), gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen hat (vgl. S. 7 des Wärmelastplans).

16

Ob die wasserrechtliche Erlaubnis in habitatrechtlicher Hinsicht der Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten wird, ist ebenfalls offen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antragsteller mit seinen die Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten unterhalb des Wehres Geesthacht betreffenden Rügen für präkludiert gehalten, weil er hierzu im Verfahrensverlauf keine Einwendungen erhoben habe; eine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzgebiete oberhalb des Wehres von Geesthacht hat es verneint, weil der Eintritt der befürchteten Beeinträchtigungen aquatischer Schutzziele durch die Bestimmungen der angefochtenen Erlaubnis über die Errichtung und den Betrieb einer Fischaufstiegsanlage wirksam verhindert werden könnten.

17

Was zunächst die Präklusion anbelangt, ist nicht verlässlich abzuschätzen, ob sich die Erwägungen der Vorinstanz im Hauptsacheverfahren als tragfähig erweisen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Unionsrechtskonformität der einschlägigen gesetzlichen Präklusionsregelungen zwar schon mehrfach geprüft und bejaht (vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13; Beschluss vom 17. Juni 2011 - BVerwG 7 B 79.10 - Buchholz 406.254 URG Nr. 3), die Europäische Kommission hält diese Regelungen hingegen für unionsrechtswidrig und hat deswegen beim Europäischen Gerichtshof ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (Rs. C-137/14). Wie der Gerichtshof entscheiden wird, erscheint vor allem im Hinblick auf die von den Umweltverbänden zu beachtenden vergleichsweise kurzen Auslegungs- und Einwendungsfristen als offen.

18

Bezogen auf die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den aquatischen Erhaltungszielen der oberhalb des Wehres von Geesthacht gelegenen Natura-2000-Gebiete bestehen gleichfalls Unsicherheiten, die sich im Eilverfahren nicht auflösen lassen. Dies gilt zumindest für die Einstufung der an dem Wehr vorgesehenen - und mittlerweile errichteten - Fischaufstiegsanlage als Schadensminderungsmaßnahme, die die Gebietsverträglichkeit sichern soll. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bisher anerkannt, dass verbindlich geregelte Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen dann als Schadensminderungsmaßnahmen berücksichtigt werden können, wenn sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 53 f. = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 26). Für Ausgleichsmaßnahmen wird sich diese Feststellung allerdings nur ausnahmsweise treffen lassen, da derartige Maßnahmen in der Regel erst deutlich verzögert wirken und ihr Erfolg selten mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Sicherheit vorhergesagt werden kann (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 94 = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 30). Ob diese Rechtsprechung sich uneingeschränkt aufrechterhalten lässt, erscheint mit Rücksicht auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Mai 2014 - Rs. C-521/12 - als zweifelhaft. Der Gerichtshof hat darin ausgeführt, in der Verträglichkeitsprüfung seien solche in das Projekt aufgenommene Maßnahmen zu berücksichtigen, mit denen unmittelbar verursachte schädliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet verhindert oder verringert, nicht dagegen solche Maßnahmen, mit denen schädliche Auswirkungen auf das Gebiet nur ausgeglichen werden sollen. Er hat hierzu darauf hingewiesen, dass die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, sich im Allgemeinen nur schwer vorhersehen lassen und jedenfalls erst mit geraumer zeitlicher Verzögerung erkennbar sein werden; außerdem solle verhindert werden, dass die Behörde mit Maßnahmen, die in Wirklichkeit Ausgleichsmaßnahmen entsprechen, das spezifische Verfahren des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL umgehe. Diese Vorgaben dürften nicht in jeder Hinsicht den bisher vom Bundesverwaltungsgericht angelegten Maßstäben entsprechen. Welche Konsequenzen sich daraus für den Streitfall ergeben, bedarf eingehender Prüfung, die im Eilverfahren nicht verlässlich zu leisten ist. Namentlich muss insoweit der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob die Fischtreppe als bloße Ausgleichsmaßnahme zu werten ist, weil sie nicht verhindert, dass ein Teil der Fische und des Fischlaichs im Zuge der Durchlaufkühlung zu Schaden kommt, oder ob es sich um eine Schadensminderungs- bzw. Schutzmaßnahme im eigentlichen Sinne handelt, weil die Stabilität der Fischpopulationen in den stromauf von Geesthacht gelegenen Schutzgebieten gesichert wird, indem anderen - zu den jeweiligen Populationen gehörenden - Fischen in größerer Anzahl der Aufstieg ermöglicht wird.

19

b) Sind demnach die Erfolgsaussichten der Klage offen, so überwiegt bei der im Übrigen gebotenen folgenorientierten Abwägung der wechselseitigen Interessen das Vollzugsinteresse der Beigeladenen gegenüber dem vom Antragsteller als Umweltschutzvereinigung vertretenen Interesse, die Schaffung vollendeter Tatsachen durch Inbetriebnahme des Kraftwerks mit der genehmigten Durchlaufkühlung vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern.

20

Das Kraftwerk der Beigeladenen ist baulich nach Maßgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30. September 2008 in der Fassung der zur nachträglichen Errichtung des Hybridkühlturms erteilten Änderungsgenehmigung vom 23. Dezember 2010 vollendet. Es befindet sich zurzeit in der Erprobungsphase, die die Aufnahme des Regelbetriebs vorbereitet. In diesem Stadium richtet sich das Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darauf, die Fortsetzung des Probebetriebs und die Aufnahme des Regelbetriebs mit der immissionsschutzrechtlich bestandskräftig genehmigten Durchlaufkühlung als Regelkühlung zu verhindern. Dieses Interesse hat nach den Umständen des Falles vergleichsweise geringes Gewicht.

21

Es ist nicht ersichtlich, dass die Einwirkungen durch den Kraftwerksbetrieb auf die betroffenen Schutzgüter so gravierend sein werden, dass bis zur Entscheidung über die Revisionen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gewichtige und irreversible Nachteile eintreten.

22

Das gilt zum einen in wasserrechtlicher Hinsicht. Negative Auswirkungen sind in Gestalt einer Verstärkung der in den Sommermonaten schon infolge anderer Ursachen zeitweise auftretenden Sauerstoffmangelsituationen in Betracht zu ziehen; die Entnahme von Kühlwasser aus der Süderelbe und dessen Wiedereinleitung in erwärmtem Zustand führt prinzipiell zu einer Verminderung des Sauerstoffgehalts, mag diese auch örtlich begrenzt sein. Solche Auswirkungen sind aber nur bezogen auf einen kurzen Zeitraum in die Abwägung einzustellen und werden zudem durch die in der wasserrechtlichen Erlaubnis vorgesehenen Betriebsbeschränkungen deutlich vermindert. Aufgrund von Reparaturarbeiten an den Dampferzeugern werden der erste Block des Kraftwerks voraussichtlich frühestens im Dezember 2014 und der zweite Block erst Ende des ersten Quartals 2015 in Betrieb gehen, was wiederum voraussetzt, dass keine weiteren Störungen im Rahmen des Probebetriebs auftreten. Erst dann ist mit einer kontinuierlichen Ausschöpfung der erlaubten Wasserentnahmemenge zu rechnen, während im Verlauf des Probebetriebs überwiegend nur reduzierte Mengen entnommen und - teilweise nicht einmal erwärmt - wieder eingeleitet werden. Sollte in der kritischen Zeit der Sommermonate 2015 das Kraftwerk seinen vollen Betrieb aufgenommen haben, werden die in der wasserrechtlichen Erlaubnis angeordneten Entnahme- bzw. Wiedereinleitungsbeschränkungen nach Maßgabe des Oberwasserzuflusses (Nr. 3.2), der Gewässertemperatur (Nr. 4.2) und des Sauerstoffgehalts (Nr. 4.3) greifen. Da bis zum Frühjahr 2016 mit einem Abschluss des im März 2013 anhängig gewordenen Revisionsverfahrens zu rechnen ist, sind Einwirkungen, die im Sommer 2016 zur Verschärfung des Sauerstoffmangels führen könnten, nicht zu berücksichtigen. Sollte das Hauptsacheverfahren mit der Revisionsentscheidung zulasten der Beigeladenen enden, hat dies nämlich die unmittelbare Einstellung einer Durchlaufkühlung und damit die Beendigung der vom Antragsteller befürchteten Gewässerbelastung zur Folge. Sollte es hingegen zu einer Zurückverweisung an die Vorinstanz kommen, so hat der Antragsteller die Möglichkeit, mit Rücksicht auf die dann erfolgte rechtliche Vorklärung erneut um vorläufigen Rechtsschutz durch das Oberverwaltungsgericht nachzusuchen.

23

In naturschutzrechtlicher Hinsicht gilt Ähnliches. Trotz der am Wasserentnahmebauwerk installierten Scheuchanlage muss zwar damit gerechnet werden, dass einzelne Exemplare geschützter Fischarten durch die Durchlaufkühlung zu Schaden kommen. Mit Blick auf den voraussichtlich kurzen Zeitraum des Regelbetriebs bis zu einer Revisionsentscheidung liegt es aber fern, dass die betroffenen Fischpopulationen in den Natura-2000-Gebieten, in denen sie Gegenstand von Erhaltungszielen sind, durch den Kraftwerksbetrieb destabilisiert werden. Dies trifft insbesondere für die stromauf von Geesthacht liegenden Gebiete zu, für die die am Wehr bei Geesthacht errichtete Fischaufstiegsanlage - unabhängig von der Frage ihrer Einordnung als Schadensminderungsmaßnahme - ihre Wirkung entfalten kann; dass die Aufstiegsanlage technisch ihre Funktion nicht erfüllt, hat der Antragsteller nicht substanziiert geltend gemacht.

24

Hiervon ausgehend ist das Interesse der Beigeladenen an der Inbetriebnahme des Kraftwerks mittels Durchlaufkühlung als Regelkühlung höher zu bewerten als das Suspensivinteresse des Antragstellers. Die Kreislaufkühlung verursacht wegen ihres verstärkten Energiebedarfs Mehrkosten, die jährlich im hohen einstelligen oder gar im zweistelligen Millionenbereich liegen dürften. Überdies schlägt ein Umweltaspekt zu Buche. Ungeachtet der Frage, ob die Annahme des Oberverwaltungsgerichts zutrifft, der Energiemehrbedarf für die Kreislaufkühlung könne mittel- bis langfristig in erheblichem Maße aus regenerativen Quellen gedeckt werden, hat der Antragsteller nicht substanziiert infrage gestellt, dass jedenfalls aktuell bis zur Entscheidung über die Revisionen der für die Kreislaufkühlung entstehende Mehrbedarf einen erhöhten Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid nach sich zieht. Dieser Nachteil stärkt ebenfalls das Interesse, die Kreislaufkühlung als Regelkühlung zu vermeiden. Außerdem verweist die Beigeladene schlüssig darauf, dass die Erfahrungsbasis für den Einsatz der Kreislaufkühlung mittels Hybridkühlturms bislang noch sehr schmal ist. Sie führt - vom Antragsteller unwidersprochen - hierzu an, dass bundesweit lediglich zwei Kraftwerke mit einem Hybridkühlturm betrieben werden und dass es insbesondere an betriebspraktischen Erfahrungen für den Betrieb eines Kohlekraftwerks in der Kombination von Durchlaufkühlung als Regelkühlung und Kreislaufkühlung in Ausnahmesituationen fehlt. Insoweit in Rechnung zu stellende Ausfallrisiken erhöhen sich umso mehr, wenn die wenig erprobte Kreislaufkühlung mittels Hybridkühlturms als Regelkühlung eingesetzt werden soll. Nicht von der Hand zu weisen ist ferner ein Interesse der Beigeladenen, die Inbetriebnahmephase des Kraftwerks auf der Grundlage der geplanten Kombinationskühlung zu Ende zu bringen. Wäre die Beigeladene gezwungen, diese Phase allein auf der Basis einer Kreislaufkühlung weiterzuführen, würde die Inbetriebsetzung anderer Gewerke des Kraftwerks erheblich behindert; sollte die Beigeladene schließlich im Hauptsacheverfahren obsiegen, müsste die unterbrochene Inbetriebnahme der Durchlaufkühlung wieder aufgenommen werden und die automatisierten Umschaltvorgänge zwischen Durchlauf- und Kreislaufkühlung müssten erprobt und optimiert werden, wofür das Kraftwerk tageweise vom Netz zu trennen wäre. All dies spricht angesichts des vergleichsweise geringen Suspensivinteresses des Antragstellers für die Beibehaltung der Vollzugsanordnung.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
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2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
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Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
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2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
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Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
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Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
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2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q.         P.         /T.                ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q.         P.         /T1.                ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q.         P.         /H.       ) wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.


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(1) Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
3.
wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit.

(2) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.

(3) In Naturschutzgebieten ist die Errichtung von Anlagen zur Durchführung von Gewässerbenutzungen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Wasserhaushaltsgesetzes verboten.

(4) In Naturschutzgebieten ist im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches die Neuerrichtung von Beleuchtungen an Straßen und Wegen sowie von beleuchteten oder lichtemittierenden Werbeanlagen verboten. Von dem Verbot des Satzes 1 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, soweit

1.
die Schutzzwecke des Gebietes nicht beeinträchtigt werden können oder
2.
dies aus Gründen der Verkehrssicherheit oder anderer Interessen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist.
Weitergehende Schutzvorschriften, insbesondere solche des § 41a und einer auf Grund von § 54 Absatz 4d erlassenen Rechtsverordnung sowie solche des Landesrechts, bleiben unberührt.

(1) Nationalparke sind rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich zu schützende Gebiete, die

1.
großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart sind,
2.
in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllen und
3.
sich in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden oder geeignet sind, sich in einen Zustand zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet.

(2) Nationalparke haben zum Ziel, in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewährleisten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, sollen Nationalparke auch der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen.

(3) Nationalparke sind unter Berücksichtigung ihres besonderen Schutzzwecks sowie der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen Ausnahmen wie Naturschutzgebiete zu schützen. § 23 Absatz 3 und 4 gilt in Nationalparken entsprechend.

(4) Nationale Naturmonumente sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, die

1.
aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, kulturhistorischen oder landeskundlichen Gründen und
2.
wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit
von herausragender Bedeutung sind. Nationale Naturmonumente sind wie Naturschutzgebiete zu schützen.

(1) Biosphärenreservate sind einheitlich zu schützende und zu entwickelnde Gebiete, die

1.
großräumig und für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch sind,
2.
in wesentlichen Teilen ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets, im Übrigen überwiegend eines Landschaftsschutzgebiets erfüllen,
3.
vornehmlich der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung einer durch hergebrachte vielfältige Nutzung geprägten Landschaft und der darin historisch gewachsenen Arten- und Biotopvielfalt, einschließlich Wild- und früherer Kulturformen wirtschaftlich genutzter oder nutzbarer Tier- und Pflanzenarten, dienen und
4.
beispielhaft der Entwicklung und Erprobung von die Naturgüter besonders schonenden Wirtschaftsweisen dienen.

(2) Biosphärenreservate dienen, soweit es der Schutzzweck erlaubt, auch der Forschung und der Beobachtung von Natur und Landschaft sowie der Bildung für nachhaltige Entwicklung.

(3) Biosphärenreservate sind unter Berücksichtigung der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen Ausnahmen über Kernzonen, Pflegezonen und Entwicklungszonen zu entwickeln und wie Naturschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebiete zu schützen. § 23 Absatz 4 gilt in Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten entsprechend.

(4) Biosphärenreservate können auch als Biosphärengebiete oder Biosphärenregionen bezeichnet werden.

(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3.
wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

(3) In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353) befindet. Satz 1 gilt auch, wenn die Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 Absatz 1 entgegenstehende Bestimmungen enthält. Für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung. Bis gemäß § 5 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gelten die Sätze 1 bis 3 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Standort in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde, liegt.

(1) Geschützte Landschaftsbestandteile sind rechtsverbindlich festgesetzte Teile von Natur und Landschaft, deren besonderer Schutz erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts,
2.
zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes,
3.
zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder
4.
wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten.
Der Schutz kann sich für den Bereich eines Landes oder für Teile des Landes auf den gesamten Bestand an Alleen, einseitigen Baumreihen, Bäumen, Hecken oder anderen Landschaftsbestandteilen erstrecken.

(2) Die Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteils sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Landschaftsbestandteils führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Für den Fall der Bestandsminderung kann die Verpflichtung zu einer angemessenen und zumutbaren Ersatzpflanzung oder zur Leistung von Ersatz in Geld vorgesehen werden.

(3) Vorschriften des Landesrechts über den gesetzlichen Schutz von Alleen bleiben unberührt.

(1) Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert,

1.
Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen,
2.
das Grundwasser anzureichern oder
3.
das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser sowie das Abschwemmen und den Eintrag von Bodenbestandteilen, Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln in Gewässer zu vermeiden,
kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung Wasserschutzgebiete festsetzen. In der Rechtsverordnung ist die begünstigte Person zu benennen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(2) Trinkwasserschutzgebiete sollen nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden.

Gründe

I.

1

Mit Bescheid vom 06.02.2012 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von neun Windenergieanlagen des Typs Enercon E-82 mit einer Nennleistung von jeweils 2,0 MW, einer Nabenhöhe von 138,38 m und einem Rotordurchmesser von 82 m in den Gemarkungen R. und G.. Dem Bescheid waren naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen u.a. zum Schutz des Schwarzstorchs, des Rotmilans und von Fledermäusen beigefügt. Die Standorte der Anlagen befinden sich innerhalb eines im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion C-Stadt festgesetzten Eignungsgebiets für die Nutzung der Windenergie. Mit Bescheid vom 12.03.2012 stellte der Antragsgegner fest, dass ein von der Beigeladenen angezeigter Einsatz eines geänderten Anlagentyps keiner Genehmigung nach dem BImSchG bedürfe. Über die vom Antragsteller gegen die Genehmigung am 25.03.2012 erhobene Klage ist noch nicht entschieden.

2

Auf den Antrag des Antragstellers vom 09.08.2012 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt und zur Begründung u.a. ausgeführt:

3

Der Antragsteller sei mit der Rüge, die Genehmigung sei wegen unzulänglicher FFH-Vorprüfung bzw. fehlender FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Verstoß gegen § 34 BNatSchG erteilt worden, im gerichtlichen Verfahren nicht ausgeschlossen. Zwar habe er seine Einwendungen im Schreiben vom 06.09.2010 nicht ausdrücklich so bezeichnet; er habe aber insgesamt hinreichend detailliert dargelegt, in Bezug auf welche Brut- und Rastvogelarten (Rotmilan, Rohrweihe, Schwarzstorch, Weißstorch) sowie Fledermäuse ein erhebliches Konfliktpotenzial im Falle der Errichtung der neun Windkraftanlagen bestehe und weshalb die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme M7 (Luzerneanbau) unzureichend sei. Unschädlich sei insoweit, dass der Antragsteller die im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsstudie ebenfalls im Auftrag der Beigeladenen erstellte Heftung „FFH-Vorprüfung" (FFH-V) nicht namentlich erwähnt habe; denn sie betreffe denselben Untersuchungsraum. Zudem habe der Antragsteller den in der Umweltverträglichkeitsstudie unterbliebenen Nachweis besetzter Schwarzstorchhorste ausdrücklich gerügt.

4

Das im angefochtenen Bescheid angegebene besondere öffentliche Vollziehungsinteresse sei nicht geeignet, die Sofortvollzugsanordnung zu tragen. Es möge zwar ein öffentliches Interesse an der Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bestehen; aus welchen Gründen hierzu gerade die von der Beigeladenen geplanten neun Windkraftanlagen ohne Rücksicht auf den Suspensiveffekt der Klage errichtet werden müssen, sei der Bescheidbegründung aber nicht zu entnehmen.

5

Soweit die Sofortvollzugsanordnung auf Antrag und im Interesse der Beigeladenen ergangen sei, sei der Antrag begründet. Im Ergebnis einer Interessenabwägung sei die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, weil die Klage nach derzeitiger Aktenlage weder offensichtlich erfolglos noch erfolgreich sei.

6

Derzeit sei nicht offensichtlich, dass die von der Beigeladenen zusammen mit der Umweltverträglichkeitsstudie mit Stand vom Mai 2010 vorgelegte FFH-Vorprüfung den Anforderungen des § 34 BNatSchG genüge. Eine solche Prüfung sei hier geboten, weil in einer Entfernung von etwa 2.000 Metern von den Windenergieanlagen Nr. 1, 2 und 3 die südöstliche Grenze des FFH-Schutzgebiets „Bürgerholz bei Burg" liege. In diesem Gebiet befänden sich vier in den letzten Jahren wechselnd besetzte Horste des Schwarzstorches mit 1 bis 5 Brutpaaren sowie 1 bis 5 Brutpaare des Rotmilans. Außerdem habe eine nachträgliche Horsterfassung ergeben, dass dieses Gebiet ganzjährig Seeadlerpaaren als Revier diene und eine Brutansiedlung des Schreiadlers im Hinblick auf Einzelbeobachtungen dieser Art möglich sei. Gleichwohl sei der Untersuchungsraum in Übereinstimmung mit der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) festgelegt worden, ohne seine räumliche Ausdehnung näher zu bezeichnen. Auch den Darstellungen der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie sei keine konkrete Größenangabe oder geographische Definition des Untersuchungsraums zu entnehmen. Lediglich den Karten in der Anlage zur UVS sei zu entnehmen, dass die Grenze des Untersuchungsraums der UVS jeweils 2.000 Meter von den äußeren Windenergieanlagen nahezu kreisförmig verlaufe. Mit der Übernahme dieser Grenze des Untersuchungsraums bei der FFH-Vorprüfung sei indes das FFH-Gebiet „Bürgerholz“ nahezu vollständig von dem Untersuchungsraum ausgeschlossen, wenngleich es in der Gebietsbeschreibung als „möglicherweise betroffen" bezeichnet werde. Wenn – wie hier – bereits die Vorprüfung auf einer zu unbestimmten oder fehlerhaften Tatsachengrundlage erfolge, könne auch deren Ergebnis nicht dazu dienen, etwaige Beeinträchtigungen als offensichtlich ausgeschlossen zu bewerten und die Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu verneinen. Der Antragsteller habe hierzu vorgetragen, dass selbst innerhalb des Untersuchungsraumes im Umkreis der geplanten Windenergieanlagen nicht alle Rotmilanhorste im Gesamtzeitraum der UVS und der FFH-Vorprüfung festgestellt und dokumentiert worden seien. Zudem sei die FFH-Vorprüfung zunächst davon ausgegangen, dass sich weitere FFH-Gebiete in der Umgebung des Vorhabens befänden. In der weiteren Untersuchung fänden diese aber keine Erwähnung mehr.

7

Zudem bestünden Zweifel an der richtigen Anwendung des Prüfprogramms des § 34 BNatSchG durch den Antragsgegner, weil die FFH-Vorprüfung nicht erkennen lasse, ob die der Untersuchung zugrunde gelegten Erhaltungsziele tatsächlich dem Schutzzweck bzw. den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Bürgerholz" entsprechen. Maßgeblich könnte bereits der sich aus der Verordnung des Regierungspräsidiums Magdeburg über das Naturschutzgebiet Bürgerholz bei Burg vom 03.06.1997 ergebende Schutzzweck sein. Nur wenn für das Gebiet im Verordnungswege kein Schutzzweck festgelegt sei, seien die Erhaltungsziele bis auf Weiteres der EU-Gebietsmeldung zu entnehmen. Ob vorliegend dennoch die Gebietsmeldung und der sog. Standarddatenbogen der anschließenden Untersuchung zugrunde zu legen sei, wenn der Inhalt der FFH-Gebietsmeldung konkreter oder umfassender sei oder die äußeren Grenzen des durch Verordnung bestimmten Naturschutzgebietes hinter denjenigen des FFH-Gebietes desselben Namens zurückblieben, könne vorerst dahinstehen. Denn der FFH-Vorprüfung sei nicht zu entnehmen, auf welchen Daten die Beschreibung des Gebiets beruhe. Bei dieser Sachlage sei nicht auszuschließen, dass die insoweit bestehenden Ermittlungsdefizite sich auf das Ergebnis der Vorprüfung ausgewirkt hätten. Dasselbe gelte für die vom Antragsgegner getroffenen naturschutzfachliche Bewertung, auch wenn der Genehmigungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zustehe; denn eine solche Rücknahme der Kontrolldichte setze voraus, dass – anders als hier – von der Behörde eine den wissenschaftlichen Maßstäben und vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen worden sei.

8

Den Unterlagen der Vorprüfungen könne zudem nicht entnommen werden, ob der Antragsgegner bei der Bewertung der Betroffenheit der zu schützenden Brut- und Rastvögel die mittlerweile in der Rechtsprechung anerkannten Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten vom Mai 2008 berücksichtigt habe. Das gelte namentlich für die Brutplätze des Schwarzstorches im FFH-Gebiet „Bürgerholz". Der Abstand von Windenergieanlagen zu Brutstätten des Schwarzstorches sollten danach mindestens 3.000 m (Ausschlussbereich) betragen. Daneben werde ein so genannter Prüfbereich von 10.000 m um jede Windenergieanlage angegeben, innerhalb dessen zu prüfen sei, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Letzterer käme als Prüfbereich im Übrigen auch für die Brutstätte des Schwarzstorches südlich von G. in Betracht, denn diese Entfernung liege auch innerhalb des Prüfbereichs etwaiger Nahrungshabitate. Den Aussagen der FFH-Vorprüfung und der Begründung des Genehmigungsbescheides sei nicht ansatzweise zu entnehmen, dass diese Abstandsempfehlungen zugrunde gelegt oder sonst berücksichtigt worden seien. Hiergegen spreche bereits die Aussage, dass die möglichen negativen Auswirkungen aufgrund der Entfernung von 2 km als gering zu betrachten seien. Schließlich sei selbst der Verfasser einer avifaunistischen Nachuntersuchung zu dem Schluss gekommen, dass das etwa 1.000 m vom geplanten Windpark gelegene Tal der Ihle als Nahrungsgebiet für den Schwarzstorch in Betracht komme, und zwar auch für Störche aus anderen Gebieten. Die gleichwohl getroffene Einschätzung, dass das Kollisionsrisikos gering sei, weil der Windpark westlich umflogen werden könne, sei angesichts der Defizite der Bewertungsgrundlagen derzeit nicht offensichtlich rechtmäßig. Eher bestätigt als ausgeräumt würden diese Zweifel durch den Bericht aus dem Jahr 2011 über das Vorkommen des Schwarzstorches in den Brutrevieren „Burger Holz“ und „Madel“ des Büros für Ökologie & Naturschutz „Elbe-Havel-Natur“.

9

Entsprechendes gelte für den für Rotmilane zugrunde zu legenden, aber bislang nicht berücksichtigten Prüfbereich von 6.000 m. Der Antragsteller habe nunmehr unter Berufung auf die Feststellung des Diplom-Biologen M. dargelegt, dass innerhalb dieses Prüfbereichs in einer Entfernung von 3.270 m zu einer der geplanten Windenergieanlage am 02.09.2012 an einer bereits vorhandenen einzeln stehenden Windenergieanlage ein toter Rotmilan als Schlagopfer gefunden worden sei. Für eine Eignung des Vorhabengebiets als Nahrungshabitat für Rotmilane außerhalb des Tabubereichs von 1.000 m spreche auch die wiederholte Beobachtung von Nahrungsflügen des Rotmilans im Vorhabengebiet – teilweise direkt an den Standorten der geplanten Windenergieanlagen. Dabei könne dahinstehen und bedürfe ggf. einer Klärung im Klageverfahren, ob die Anzahl der Beobachtungstage hinreichend gewesen sei, um eine wissenschaftlich fundierte Prognose zu ermöglichen.

10

Nicht hinreichend geklärt sei derzeit ferner, ob das Vorhaben für jede der genannten Tierarten sowie in Bezug auf die nach Darstellung des Antragstellers darüber hinaus vorhandene Brutstätte der Rohrweihe inmitten des Vorhabengebiets nicht gegen die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoße. Der so genannte Tabubereich der Rohrweihe würde danach durch alle neun Windenergieanlagen erheblich unterschritten. Ob es sich tatsächlich bei dem am 31.07.2012 fotografierten „Bodenhorststandort" um einen potenziellen Brutplatz der Rohrweihe handele, bedürfe ggf. einer Klärung im Klageverfahren. In Bezug auf den potenziellen Schwarzstorchhorst am Südrand des Bürgerholzes wäre der Tabubereich vom Standort der Windenergieanlagen Nr. 1 bis 5 unterschritten. Die Windenergieanlage Nr. 9 liege mit 980 m innerhalb des Tabubereichs eines oder mehrerer Rotmilanhorste im Süden. Ob noch weitere Brutplätze des Rotmilans vorhanden, aber bislang vom Antragsgegner nur nicht dokumentiert worden seien, könne bei dieser Sachlage dahinstehen. Eine Beseitigung oder deutliche Verringerung des Kollisionsrisikos durch bestimmte Maßnahmen sei derzeit nicht glaubhaft. Ungeachtet dessen bestünden durchgreifende Zweifel an der Möglichkeit und Wirksamkeit derartiger Kompensationsmaßnahmen jedenfalls dann, wenn die regelmäßig zu mähende Fläche zu gering bemessen sei. Zudem sei hier nicht ersichtlich, dass die zur Ablenkung dienenden Luzerneflächen durch alle vom Kollisionsrisiko betroffenen Arten gleichzeitig genutzt werde.

11

Damit könne offenbleiben, ob der Genehmigung derzeit das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Bezug auf die festgestellten insgesamt 12 Fledermausarten entgegenstehe. Die von dem Antragsgegner angenommene mangelhafte wissenschaftliche Erkenntnislage hinsichtlich der Barrierewirkung von Windkraftanlagen für Fledermäuse bewirke unter dem Einfluss des Europarechts, dass sich das Verständnis vom Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG in Richtung Tierschutz verschiebe und damit die Nichtaufklärbarkeit möglicher nicht nur hypothetischer Schädigungen der Tierwelt zu Lasten des Anlagenbetreibers gehe. Das bedeute hier im Ergebnis, dass die in den Nebenbestimmungen Nr. 9.3.1. und Nr. 9.3.2. angeordneten Fledermausbeobachtungsmaßnahmen im laufenden Betrieb der Windkraftanlagen 2, 5 und 8 zwar zur Verbesserung der derzeitigen Erkenntnislage, aber nicht zur Verringerung des Tötungsrisikos geeignet seien. Letzterem könnte durch die Festlegung von befristeten Aussetzungen des Betriebes abhängig von Jahreszeit, Tageszeit und Windgeschwindigkeit (Abschaltzeiten) begegnet werden. Ein als Nebenbestimmung vom Antragsgegner angeordnetes so genanntes Gondelmonitoring könne zwar geeignet sein, bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen weitere Erkenntnisse zu gewinnen; es beseitige oder mindere jedoch ein anzunehmendes erhöhtes Tötungsrisiko nicht.

II.

12

A. Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht in vollem Umfang die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederhergestellt. Die nach §§ 80a Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Interesse der Beigeladenen an der Verwirklichung ihres Vorhabens nur zu einem geringen Teil überwiegt.

13

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessensabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs treffen. Kann – wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen – keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 [7 C 21.7 C 21.09] –, Juris, RdNr. 13). Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Genehmigung angegriffen, bestimmt sich die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, nach dem materiellen Recht, also der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs; Art 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsse (BVerfG, Beschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466 – NVwZ 2009, 240 [242], RdNr. 21 in Juris).

14

Danach führt die gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers gegen das öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beigeladenen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse überwiegt, soweit es um die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen Nr. 1 bis 8 geht. Die Klage wird nach summarischer Prüfung voraussichtlich nur hinsichtlich der Windenergieanlage Nr. 9 Erfolg haben. Ein besonderes, vom Antragsteller wahrzunehmendes Interesse daran, dass die Genehmigung bis zur Hauptsacheentscheidung gleichwohl insgesamt nicht ausgenutzt werden darf, ist nicht ersichtlich.

15

 1. Der Antragsteller wird die Genehmigung voraussichtlich nicht mit der Begründung anfechten können, es sei keine ordnungsgemäße FFH-Vorprüfung durchgeführt worden.

16

  1.1. Mit diesem Vorbringen dürfte er – wie die Beigeladene zu Recht rügt – voraussichtlich gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 07.12.2006 (BGBI I 2816) – Umwelt-Rechtsbehelfegesetz (UmwRG) – ausgeschlossen sein. Nach dieser Vorschrift ist eine Vereinigung im Sinne von § 3 UmwRG (wie der Antragsteller), die nach § 2 Abs. 1 UmwRG ohne eigene Rechtsverletzung Rechtsbehelfe nach der VwGO geltend machen kann, im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 UmwRG nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, wenn sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 UmwRG Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat.

17

Mit der Präklusionsregelung sollen die Vereinigungen angehalten werden, bereits im Verwaltungsverfahren ihre Sachkunde einzubringen und mit dem Ziel nutzbar zu machen, dass für Konflikte zwischen Infrastrukturplanung bzw. industriellen Großvorhaben einerseits und Natur- und Umweltschutz andererseits eine Problembewältigung erzielt wird, bei der die Belange des Natur- und Umweltschutzes nicht vernachlässigt werden. Der damit angestrebte Abbau von Vollzugsdefiziten setzt voraus, dass die Vereinigungen ihren Sachverstand so in das Verfahren einbringen, dass dadurch die der Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsbehörde aufgetragene Problembewältigung gefördert wird. Den Natur- und Umweltschutzverbänden obliegt insoweit eine Mitwirkungslast. Durch diese Mitwirkung sollen zugleich von der Verwaltungsentscheidung Begünstigte vor einem überraschenden Prozessvortrag der Verbände geschützt werden. Ausgehend von diesen Funktionen der für Natur- und Umweltschutzvereinigungen maßgeblichen Beteiligungs- und Präklusionsregelungen muss eine solche Vereinigung in ihren Einwendungen zumindest Angaben dazu machen, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Auch die räumliche Zuordnung eines Vorkommens oder einer Beeinträchtigung ist zu spezifizieren, wenn sie sich nicht ohne Weiteres von selbst versteht. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits geleistete Begutachtung und fachliche Bewertung in den Planunterlagen ausgearbeitet ist, desto intensiver muss – jedenfalls grundsätzlich – auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material ausfallen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 – 7 C 21.09 –, NuR 2012, 119, RdNrn. 34 f.).

18

Gemessen daran dürften die Darlegungen des Antragstellers in seinem Einwendungsschreiben vom 06.09.2010 entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ausreichen, um die Rüge einer unzulänglichen FFH-Vorprüfung als rechtzeitig erhoben zu betrachten. Die Frage einer erforderlichen FFH-Vorprüfung wird darin nicht erwähnt. Im anwaltlichen Schriftsatz heißt es vielmehr unter Nr. 1, der Antragsteller wende sich aus artenschutzrechtlichen Gründen gegen die beantragte Genehmigung. Es folgen Ausführungen zur UVP-Pflicht des Vorhabens (Nr. 2 bis 8) sowie zum Kollisionsrisiko insbesondere des Rotmilans (Nr. 9). In der dem Schriftsatz beigefügten Stellungnahme des Antragstellers selbst wird zunächst darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Lage und Habitatsstruktur „des Vorhabensgebiets“ ein erhebliches Konfliktpotenzial aus der Sicht der Avifauna und der Fledermäuse gesehen werde. Im Folgenden legt der Antragsteller dar, dass und aus welchen Gründen Greifvögel, insbesondere der Rotmilan, nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Risiko hätten, an Windenergieanlagen zu verunglücken, und dass sich in Abständen von weniger als 1.000 m zu den Windenergieanlagen Nr. 2 und 9 und damit im Tabubereich zwei Rotmilanhorste befänden. Weiter führt er aus, dass in einer Riedfläche zwischen den Windenergieanlagen Nr. 3, 5 und 7 ein „Brutverdacht“ bezüglich der Rohrweihe bestehe und in der Umweltverträglichkeitsstudie der Baumfalke als Brutvogel fehle, obwohl es Brutzeitbeobachtungen aus dem Bereich des geplanten Windparks gebe. Daran anschließend weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass sich nicht nur südlich der Planfläche in einiger Entfernung ein Brutplatz des Seeadlers befinde, sondern „auch für das Burger Holz“ seit einigen Jahren Brutverdacht bestehe. Schließlich wird auf Vorkommen des Weiß- und Schwarzstorches sowie von Fledermäusen hingewiesen. Es findet sich indes kein Hinweis darauf, dass durch die geplanten Windenergieanlagen ein FFH-Gebiet beeinträchtigt werden könnte. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall (Urt. v. 29.09.2011, a.a.O), auf den die Vorinstanz Bezug genommen hat, enthielt das Einwendungsschreiben des dortigen Klägers Ausführungen des Inhalts, dass „die Problematik von Schäden an Flora und Fauna der Gebiete „Schwanheimer Düne" und „Schwanheimer Wald" durch Schadstoffemissionen der beantragten Verbrennungsanlage sowie die Folgen der zu erwartenden Schadstoffanreicherungen (Summationsschäden) für Flora und Fauna im Rahmen des Antrags nicht untersucht bzw. abgearbeitet worden seien. Zudem wurde beanstandet, dass die konkreten Auswirkungen des Vorhabens auf Flora und Fauna sowie die im Umfeld liegenden FFH-Gebiete in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung nicht betrachtet worden seien. Damit wurde (noch) hinreichend deutlich gemacht, dass auch die Erhaltungsziele der angrenzenden FFH-Gebiete durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden können. Im Gegensatz dazu beschränkten sich die Einwendungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 06.09.2010 und der beigefügten Anlage auf artenschutzrechtliche Fragen. Artenschutz einerseits und Habitatsschutz andererseits verfolgen indes unterschiedliche Schutzgüter. Während der Artenschutz individuenbezogen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301], RdNr. 91; Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, Juris, RdNr. 44), ist der Habitatsschutz gebietsbezogen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 – 9 A 20.09 –, NuR 2010, 870 [873], RdNr. 60; Beschl. v. 14.03.2008 – 9 VR 9.07 –, Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 33, S. 206, RdNr. 45). Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit eines Projekts mit den Erhaltungszielen des betreffenden Gebiets (BVerwG, Beschl. v. 14.04.2011 – 4 B 77.09 –, Juris. RdNr. 36, m.w.N.).

19

 1.2. Unabhängig davon ist die vom Antragsgegner vorgenommene FFH-Vorprüfung voraussichtlich nicht zu beanstanden.

20

Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig (§ 34 Abs. 2 BNatSchG).

21

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 29.09.2011, a.a.O., RdNr. 40 ) ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung ist eine Vorprüfung bzw. Erheblichkeitseinschätzung vorgeschaltet. Die bei der Vorprüfung (sog. Screening) anzulegenden Maßstäbe sind nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an. Die Vorprüfung braucht nicht formalisiert durchgeführt zu werden (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 – 9 A 12.10 –, Juris, RdNr. 89). Fehlen die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist, bei Erlass des Genehmigungsbescheides, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so stellt der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung unabhängig davon, auf welche Weise die Behörde sich diese Gewissheit verschafft hat, keinen Rechtsfehler dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O.).

22

Auf der Grundlage der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie der Stadt und Land Planungsgesellschaft mbH vom Mai 2010 durfte der Antragsgegner voraussichtlich davon ausgehen, dass erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets nicht ernstlich zu besorgen sind.

23

Maßstab für die Prüfung, ob die streitigen Windenergieanlagen die Erhaltungsziele des hier in Rede stehenden FFH-Gebiets Nr. 40 – DE 3637-302 „Bürgerholz bei Burg“ beeinträchtigen können, ist zunächst § 3 der Verordnung des Regierungspräsidiums Magdeburg über das Naturschutzgebiet „Bürgerholz bei Burg“ in der Stadt Burg und in der Gemeinde R. im Landkreis Jerichower Land vom 03.06.1997 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Magdeburg 1997, 184 f.) – nachfolgend: NatSchV Bürgerholz. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG). Nur wenn für das betreffende Gebiet ein im Verordnungswege festgelegter Schutzzweck fehlt, sind die Erhaltungsziele bis auf weiteres grundsätzlich der Gebietsmeldung zu entnehmen, die der Aufnahme eines Gebiets in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL und dem dadurch begründeten Schutz des § 34 BNatSchG zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 –, BVerwGE 128, 1 [35], RdNr. 75). Eine andere Beurteilung ist dann in Betracht zu ziehen, wenn der jeweilige Akt der Unterschutzstellung den unionsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht wird, was namentlich bei FFH-Gebieten zu besorgen ist, die als bereits bestehende Schutzgebiete gemeldet wurden (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 11 BNatSchG, § 34 RdNr. 17). Nach § 3 Abs. 2 NatSchV Bürgerholz besteht der Schutzzweck der Verordnung darin, das Gebiet zu erhalten und zu entwickeln als Standort naturnaher Laubwaldgesellschaften mit Resten der ehemaligen Hartholzaue in einer hohen Struktur- und Artenvielfalt (Nr. 1), als Standort extensiv bewirtschafteter Wiesengesellschaften des Feuchtgrünlandes (Nr. 2), als Standort von Kohldistelwiesen (Angelico-Cirsietum), Röhrichten und Großseggenrieden (z.B. Phragmitetum) und verschieden Seggengesellschaften (Cariceten) (Nr. 3), als Lebensraum seltener, vom Aussterben bedrohter Großvogelarten unter dem Aspekt der Erhaltung von geeigneten Reproduktionsgebieten (Nr. 4), als Lebensraum besonders geschützter, bestandsbedrohter und vom Aussterben bedrohter Tiere (Nr. 5) sowie als Lebensraum besonders geschützter, bestandsbedrohter und vom Aussterben bedrohter Pflanzen. Gemäß § 3 Abs. 3 NatSchV Bürgerholz sind grundlegende Voraussetzungen für die langfristige Sicherung und Verbesserung der Lebensbedingungen der Pflanzen- und Tierwelt des Gebietes die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines solchen Wasserregimes, wie es zur Gewährleistung der Existenz der für das Gebiet typischen Pflanzen- und Tierarten notwendig ist (Nr. 1), die Erhaltung und Entwicklung bzw. Wiederherstellung von naturnahen Waldbeständen und die eigendynamische Entwicklung einer Kernzone (Totalreservat) (Nr. 2), die Erhaltung und Entwicklung der vorhandenen naturnahen Wiesengesellschaften (Nr. 3), die Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung (Nr. 4), die Bewahrung des Gebietes vor anthropogenen Schad- und Störeinflüssen (insbesondere Vermeidung von Störungen durch die Jagdausübung und die Erholungsnutzung) (Nr. 5) sowie die Erhaltung der für das Gebiet typischen Bodenformen (Nr. 6). Die Gebietsmeldung begründet die Schutzwürdigkeit des Gebiets damit, dass das geschlossene Waldgebiet als elbferner Auwaldrest strukturreiche Bruch- und Auwälder umfasse, von einem Gürtel extensiv genutzter Feuchtgrünländereien umgeben sei und Bedeutung als Lebensraum für Kranich, Bekassine und Schwarzstorch habe. Als weitere vorkommende Vogelarten nach den Anhängen der FFH-/Vogelschutzrichtlinie werden der Eisvogel, die Rohrweihe, der Mittelspecht, der Schwarzspecht, der Wendehals, der Neuntöter, der Schwarzmilan, der Rotmilan, der Wespenbussard sowie die Waldschnepfe genannt.

24

Ausgehend von dem Schutzzweck der NatSchV Bürgerholz und den Erhaltungszielen der Gebietsmeldung bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die streitigen Windenergieanlagen, die in etwa 2 km Entfernung von diesem Gebiet errichtet werden sollen, das Gebiet erheblich beeinträchtigen können. Auch dies rügt die Beigeladene zu Recht.

25

Die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Windenergieanlagen besteht ohne weiteres dann, wenn die Standorte innerhalb eines solchen Gebiets liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.02.2008 – 7 B 67.07 –, BauR 2008, 1128). In Bezug auf eine vom Erhaltungsziel eines europäischen Vogelschutzgebietes erfasste Tierart soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden. Stressfaktoren, wie sie mit der Errichtung, aber insbesondere mit dem Betrieb einer Windenergieanlage der vorgesehenen Art einhergehen, dürfen somit die artspezifische Populationsdynamik nicht in einem Ausmaß stören, dass die Tierart kein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraums mehr bilden kann. Die so beschriebene Belastungsschwelle, die bei einem Betrieb einer Windenergieanlage stets in Betracht zu nehmen ist, kann dabei unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls gewisse Einwirkungen zulassen, solange diese das Erhaltungsziel nicht nachteilig berühren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 26.02.2008, a.a.O.). Für FFH-Gebiete dürften keine strengeren Maßstäbe gelten.

26

Gemessen an diesem Zweck können zwar auch Windenergieanlagen außerhalb solcher Gebiete erhebliche Beeinträchtigungen für dort lebende geschützte Vogelarten mit sich bringen, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu einem solchen Gebiet liegen (vgl. NdsOVG, Urt. v. 14.09.2000 – 1 L 2153/99 –, ZfBR 2001, 208 [210], dort: ca. 500 m „Mindestfluchtdistanz“). Bei der hier in Rede stehenden Entfernung von ca. 2.000 m dürfte dies aber regelmäßig auszuschließen sein. So empfehlen die vom niedersächsischen Landkreistag erarbeiteten Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Durchführung der Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen mit Stand vom Januar 2011 (NLT-Papier) im Abschnitt 4.1 (allgemeine Hinweise), Abstände des 10-fachen den Anlagenhöhe, mindestens jedoch 1.200 m, u.a. zu Gebieten des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000, soweit sie zum Schutz von Vogel- oder Fledermausarten erforderlich sind. Soweit in Abschnitt 5.1 (Brut- und Gastvögel, Vogelzug) ein „Untersuchungsraum“ von mindestens des 10-fachen der Anlagenhöhe, bei Windfarmen ab 6 Windenergieanlagen mindestens 2.000 m im Umkreis von den äußeren Anlagenstandorten empfohlen wird, dürfte dies die spezifischen Abstände zu den Brut- und Rastplätzen der einzelnen geschützten Vogelarten betreffen. Mit der Gefahr, dass bestimmte Vogelarten, die sich aus dem Schutzgebiet – etwa zur Nahrungssuche – wegbewegen, in einem weiteren Umkreis dem Risiko einer Kollision mit den Windenergieanlagen ausgesetzt sind, wird sich eine erhebliche Beeinträchtigung des geschützten Gebiets selbst nicht begründen lassen. Zwar sind auch die Tierarten, die vom Schutzzweck oder den Erhaltungszielen des Gebiets erfasst werden, „Bestandteile“ des Gebiets im Sinne von § 34 Abs. 2 BNatSchG. Sie transportieren aber nicht gleichsam den Gebietsschutz mit sich in die Umgebung hinaus (vgl. Fischer-Hütte, Zur Beeinträchtigung von FFH- und Vogelschutzgebieten durch Einwirkungen von außerhalb, NuR 2004, 157). Es bedarf keiner Vertiefung, ob dem VGH BW (vgl. Urt. v. 29.11.2002 – 5 S 2312 – Nur 2003, 228) darin zu folgen ist, dass das Schutzregime des § 34 BNatSchG nur dann anwendbar ist, wenn das Projekt auf den geschützten Raum einwirkt, und die Kollisionsgefahr mit technischen Anlagen außerhalb des Schutzgebiets insoweit ohne Bedeutung ist. Eine erhebliche Beeinträchtigung eines Vogelschutzgebiets und ggf. eines FFH-Gebiets mag auch dann vorliegen, wenn die technischen Anlagen innerhalb eines Flugkorridors zwischen zwei solchen Gebieten mit ständigen Austauschbewegungen liegen, weil Gegenstand einer Beeinträchtigung auch die Funktion eines Gebiets als Teil des Netzes Natura 2000 sein kann (vgl. Fischer-Hütte, a.a.O, Gassner, Anmerkung zum Urteil des VGH BW, NuR 2003, 233). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Zwar befinden sich auch in dem südlich des Vorhabensgebiets gelegenen „Madeler Forst“ Horste insbesondere des Schwarzstorches. Dieses Gebiet ist aber kein FFH- oder Vogelschutzgebiet und damit auch nicht Teil des Netzes Natura 2000.

27

 2. Die vom Antragsteller erhobene Klage hat voraussichtlich nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Genehmigung der Windenergieanlage Nr. 9 richtet. Nur in diesem Umfang dürfte die angefochtene Genehmigung gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen.

28

Nach dieser Vorschrift ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Rotmilan (Milvus milvus) gehört zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) und 14 a) BNatSchG i. V. m. dem Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 03.03.1997, S. 1, ABl. L 100 vom 17.04.1997, S. 72, ABl. L 298 vom 01.11.1997, S. 70, ABl. L 113 vom 27.04.2006, S. 26), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 709/2010 der Kommission vom 22.07.2010 (ABl L 212 vom 12.08.2010).

29

Der Tötungstatbestand ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urt. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist daher der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko eines Vogelschlages durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht (BVerwG, Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42).

30

Da zur fachgerechten Beurteilung dieser Frage ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zu treffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen, muss der zuständigen Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden (vgl. zum Planfeststellungsverfahren BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 5.08 –, BVerwGE 136, 291 [318], RdNr. 113). Die gerichtliche Prüfung ist insoweit grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, NuR 2008, 633).

31

Hierauf aufbauend und ausgehend von der in Fachkreisen gewonnenen Erkenntnis, dass der Rotmilan artspezifisch zu den Arten gehört, die häufiger als Schlagopfer von Windenergieanlagen auftreten, und dass die bisher gefundenen Zahlen der von Windkraftanlagen getöteten Rotmilane relativ höher ist als die Opferzahlen anderer Greifvögel, hat der Senat entschieden (vgl. (Urte. v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 –, BImSchG-Rspr § 6 Nr. 59; RdNr. 94 in Juris, u. v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196, RdNr. 77), es sei naturschutzfachlich vertretbar, von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage zu einem festgestellten Horst weniger als 1.000 m beträgt, es sei denn es liegen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen.

32

 2.1. Wendet man diese Maßstäbe auf den vorliegenden Fall an, dürfte Betrieb der Windenergieanlage Nr. 9 gegen das Tötungsverbot des § 44 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen; denn diese Anlage befindet sich nach der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie in nur ca. 980 m Entfernung zu einem Rotmilanhorst südlich des Vorhabengebiets. Dies kann die Beigeladene nicht mit dem Einwand entkräften, eine amtliche Vermessung durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur habe ein Maß von lediglich 1.001 m ergeben. Zutreffend hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass es aus naturschutzfachlicher Sicht keinen wesentlichen Unterschied macht, ob der Standort einer Windkraftanlage zu einem Rotmilanhorst nur wenige Meter größer ist als 1.000 m. Es liegt auf der Hand, dass die Tiere sich bei ihren Flügen nicht an „starre“ Grenzen halten.

33

 2.2. Dagegen dürfte die Genehmigung der übrigen acht Windenergieanlagen nicht zu beanstanden sein.

34

 2.2.1. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Rotmilan durch diese Anlagen einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt ist. Sie befinden sich – wie die Beigeladenen zutreffend einwendet – sämtlich außerhalb des Tabubereichs von 1.000 zu von diesem Greifvogel genutzten Horsten, insbesondere auch zu dem festgestellten Horst südlich des Vorhabengebiets. Für die Annahme des Antragstellers in seinem Einwendungsschreiben vom 06.09.2010, ein weiterer im Jahr 2010 besetzter Milanhorst befinde sich ca. 800 m nordöstlich der Windenergieanlagen 2 im Wald neben einer aktiven Sandgrube, gibt es keine genügenden Anhaltspunkte. Insbesondere konnte Entsprechendes bei der Horsterfassung durch das Büro für Ökologie & Naturschutz „Elbe-Have-Natur“ im Mai 2011 nicht festgestellt werden. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der im Beschwerdeverfahren vom Antragsteller vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 22.10.2012, nach der südlich des Vorhabengebiets weitere Rotmilanhorste beobachtet wurden. Die Standorte der Horste in der als Anlage beigefügten Karte befinden sich in einer größeren Entfernung als 1.000 zu den Windenergieanlagen Nr. 1 bis 8. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb dieser Anlagen lässt sich für den Rotmilan auch nicht damit begründen, dass deren Standorte innerhalb des im NLT-Papier für den Rotmilan vorgeschlagenen Prüfbereichs von 6.000 m liegen. In den bereits zitierten Urteilen vom 26.10.2011 und 19.01.2012 hat der Senat betont, dass es wegen der potentiellen Weite des Prüfbereichs jedenfalls greifbarer Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer besonderen Prüfung bedürfe (so auch ThürOVG, Urt. v. 14.10.2009 – 1 KO 372/06 –, NuR 2010, 368, RdNr. 42). Es genüge nicht die Feststellung, dass sämtliche Offenlandbereiche prinzipiell als Nahrungshabitate des Rotmilans im näheren oder weiteren Umfeld des Vorhabensstandortes in Betracht kommen. Andernfalls ließe sich, da die Nahrungssituation für den Rotmilan sich innerhalb der Jahreszeiten und von Jahr zu Jahr – je nach der Bewirtschaftung der Flächen – sehr unterschiedlich darstellen kann, die Gefährdung dieser Vogelart kaum zuverlässig eingrenzen. Soweit man generell größere Abstände fordern würde, wäre zudem fraglich, ob der im Außenbereich privilegierten Nutzung der Windenergie überhaupt noch substanziell Raum verschafft werden könnte. In dem dem Urteil vom 26.10.2011 (a.a.O.) zugrunde liegenden Fall hatten Greifvogel-Planbeobachtungen gezeigt, dass Rotmilane das Gebiet intensiv durchfliegen bzw. als Nahrungshabitat nutzen; dort waren jede Stunde im Mittel zwischen 1,5 und 5 Flüge von Rotmilanen durch das Eingriffsgebiet beobachtet worden. Hinreichende Anhaltspunkte für eine solche intensive Nutzung des Vorhabengebiets bestehen hier nicht, auch wenn dort nach der Umweltverträglichkeitsstudie Nahrungsflüge beobachtet wurden.

35

 2.2.2. Im Rahmen der summarischen Prüfung ist es ferner als naturschutzfachlich vertretbar zu bewerten, dass der Antragsgegner ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die in der Umgebung der streitigen Anlagen vorhandenen Schwarzstörche (Ciconia nigra) verneint hat, die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) und 14 a) BNatSchG i. V. m. dem Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 ebenfalls einer besonders geschützten bzw. streng geschützten Art angehören (so auch ThürOVG, Urt. v. 14.10.2009, a.a.O., RdNr. 41). Das NLT-Papier empfiehlt zwar für diese Vogelart einen Tabubereich von 3.000 m, der nach den Feststellungen der Umweltverträglichkeitsstudie vom Mai 2010 hinsichtlich eines Horststandortes nicht eingehalten wird; die Abstände zu den Windenergieanlagen Nr. 1 und 2 betragen danach lediglich ca. 2.500 m. Unabhängig davon, ob dieser Horst – was die Beigeladene in Abrede stellt – noch vorhanden ist, ist aber zu berücksichtigen, dass der Schwarzstorch – anders als etwa der Rotmilan – nach den derzeitigen Erkenntnissen nicht zu den Vogelarten zählt, die artspezifisch häufig Schlagopfer von Windenergieanlagen sind. Dafür sprechen insbesondere die Daten aus der Zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, zusammengestellt von Tobias Dürr, mit Stand vom 19.01.2011 – Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland (sog. Dürr-Liste). Danach wurde für den Schwarzstorch bundesweit lediglich ein Schlagopfer nachgewiesen (vgl. auch VG Hannover, Urt. v. 22.11.2012 – 12 A 2305/11 –, NuR 2013, 69 [73], RdNr. 57). Im Gegensatz dazu wurden etwa beim Rotmilan bundesweit 146 Schlagopfer erfasst. Der im NLT-Papier und auch in der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfohlene große Ausschlussradius von 3.000 m folgt dem Vorsorgeprinzip aufgrund des unzureichenden Wissensstandes zur Empfindlichkeit des Schwarzstorches gegenüber Windenergieanlagen (vgl. das Fachgutachten der Diplombiologen Dr. M. Steverding und A. Lenk zur Raumnutzung des Schwarzstorches im Bereich Schweinschieder Wald in der Verbandsgemeinde Meisenheim vom August 2011, S. 3, veröffentlicht im Internet unter http://www.vg-msh.de/Flächennutzungsplan/). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt aber gerade dem artspezifischen Verhalten der Vogelart maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos zu.

36

 2.2.3. Gleiches gilt für die – ebenfalls besonders und streng geschützte – Rohrweihe (Circus aeruginosus), auch wenn sich in der Nähe oder gar innerhalb des Vorhabengebiets Brutplätze dieser Vogelart befinden sollten, wie der Antragsteller geltend macht. Für sie weist die „Dürr-Liste“ mit Stand vom Januar 2011 bundesweit lediglich 9 Schlagopfer auf. Es wird angenommen, dass wegen der geringen Flughöhe bei der Jagd unterhalb der Gefahrenzone von Windkraftanlagen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 29.11.2007 – 2 A 695/06 –, Juris, RdNrn. 48, 75 ff., unter Bezugnahme auf ein Fachgutachten).

37

 2.2.4. Für naturschutzfachlich vertretbar hält es der Senat auch, dass der Antragsgegner für den besonders und streng geschützten Seeadler (Haliaeetus albicilla) ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb der streitigen Windenergieanlagen verneint hat. Dieser Greifvogel ist zwar vergleichsweise häufig Schlagopfer von Windenergieanlagen. Die „Dürr-Liste“ mit Stand von Januar 2011 weist bundesweit eine Zahl von 57 aus, was angesichts des vergleichsweise geringen Verbreitungsgrades dieses Greifvogels in Deutschland darauf hindeutet, dass er zu den durch Windenergieanlagen am stärksten betroffenen Vogelarten gehört (vgl. NdsOVG, Urt. v. 12.11.2008 – 12 LC 72/07 –, Juris, RdNr. 84). Das NLT-Papier empfiehlt einen Mindestabstand von 3.000 m zu Brutplätzen. Es bestehen indes keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass sich Brutplätze des Seeadlers in einem Abstand von weniger als 3.000 zu den Standorten der geplanten Windenergieanlagen befinden. Nach dem Bericht zur Erfassung von See- und Schreiadler sowie Rotmilan des Büros für Ökologie & Naturschutz Elbe-Havel-Natur vom 10.05.2011 wurde festgestellt, dass im Gebiet des Bürgerholzes, und zwar in einem der ruhigen Teile (Totalreservat) ein Horst zwar begonnen worden sei, ein Adlerpaar die Seeadler jedoch verdrängt hätten und darüber hinaus nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich Waldarbeiten zusätzlich negativ auf die Brutansiedlung ausgewirkt hätten. Allein der Umstand, dass ein Seeadler südöstlich des Vorhabengebiets in einem Abstand zur Windenergieanlage Nr. 9 von etwas mehr 1.000 m beobachtet wurde, wie es in einer eidesstattlichen Versicherung erklärt wurde, dürfte nicht für die Feststellung ausreichen, dass der im NLT-Papier empfohlene Mindestabstand zu einem Brutplatz des Seeadlers von 3.000 m unterschritten wird.

38

 2.2.5. Naturschutzfachlich vertretbar dürfte schließlich die Annahme sein, dass besonders bzw. streng geschützte Fledermausarten durch die streitigen Anlagen keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sein werden.

39

Wie bereits oben dargelegt, genügt es für die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der besonders geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht (BVerwG, Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42). Es genügt daher nicht, wenn verschiedene Fledermausarten in dem betroffenen Naturraum anzutreffen sind und deshalb nicht auszuschließen ist, dass einzelne Exemplare durch das Vorhaben zu Schaden kommen. Ergeben durchgeführte Erhebungen für den betroffenen Bereich nur eine geringe Aktivitätsdichte, erscheint es fraglich, ob von einer deutlichen Steigerung des Kollisionsrisikos ausgegangen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299 [366], RdNr. 219). Von einer solchen geringen Aktivitätsdichte durfte der Antragsgegner hier voraussichtlich ausgehen. Nach den Fledermausuntersuchungen (Ganzjahresstudie) zu dem geplanten Windpark der Diplom-Biologin Dr. R. vom November 2007 und Mai 2010 (S. 23) habe sich bei der Auswertung gezeigt, dass die Aktivitäten an den Standorten auf den Freiflächen fast ausnahmslos gering waren, so dass keine Konflikte mit den Windenergieanlagen zu erwarten seien. An den Standorten für die Anlage Nr. 2 und die (nicht mehr in Rede stehende) Anlage Nr. 11 werde das Konfliktpotenzial zwar etwas höher, aber insgesamt noch immer gering eingestuft.

40

Um bei dem Betrieb der Anlagen möglicherweise doch auftretenden Konflikten mit Fledermäusen Rechnung tragen zu können, hat der Antragsgegner der angefochtenen Genehmigung die Nebenbestimmungen Nr. 9.3.1 und 9.3.2 beigefügt. Diese sehen vor, dass bei den Anlagen Nr. 2, 5 und 8, die einem Gehölzstreifen und dem Waldrand am nächsten liegen, (zunächst) ein sog. Gondelmonitoring durchzuführen ist und die Ergebnisse des Monitorings der oberen Naturschutzbehörde zu übermitteln sind. Ein solches Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O, RdNr. 105). Ein in der Genehmigung angeordnetes Monitoring ist bei nur geringer Aktivitätsdichte von Fledermäusen ein geeignetes und zulässiges Mittel, um die Tragfähigkeit der Prognose, dass kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, zu überprüfen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 18.04.2011 – 12 ME 274/10 –, NuR 2011, 431 [433], RdNr. 10 in Juris). Ein Monitoring stellt allerdings – gerade bei stark frequentierten Flugrouten – kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln eines Schutzkonzepts wirkungsvoll begegnet werden soll (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O.).

41

Im konkreten Fall wurden indes in der genannten Ganzjahresstudie die konkreten Fledermausaktivitäten ermittelt. Es dürfte zwar zutreffen, dass – wie der Antragsteller erstinstanzlich unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt vom 18.06.2009 und 25.09.2010 vorgetragen hat – die im Wesentlichen auf Geländehöhe aufgestellten Horchboxen die Flugaktivitäten sämtlicher Fledermausarten im Bereich der Rotoren nicht zuverlässig erfassen können. Dies räumte auch die Gutachterin in ihrer Stellungnahme vom 14.01.2010 (Bl. 455 Beiakte B) ein, verwies aber zugleich darauf, dass die von ihr durchgeführte Untersuchung den Standardmethoden zur Untersuchung der Fledermausfauna im Zuge der Errichtung von Windenergieanlagen entspreche. Weiter gab sie an, dass es zwar sinnvoll gewesen wäre, im Zuge der Untersuchungen im Jahre 2007 an einem mobilen Messturm bereits Messungen in der Höhe vorzunehmen, an anderen Standorten in Deutschland bei vergleichenden Untersuchungen in der Höhe und am Boden aber bereits mehrfach belegt worden sei, dass die Aktivität am Boden in der Regel deutlich über der Aktivität in der Höhe liege; Ausnahmen bildeten Windenergieanlagenstandorte direkt im Wald. Auch die Landesreferenzstelle für Fledermausschutz kam in ihrer Stellungnahme vom 25.09.2010 (Bl. 465 der Beiakte B) ungeachtet des Umstandes, dass auch aus ihrer Sicht die – übliche – Methode, Horchboxen terrestrisch aufzustellen, die tatsächlichen Aktivitäten der Fledermäuse auf dem Nabenhöhen-Niveau nicht widerspiegle, zu dem Ergebnis, dass die Unterschreitung des Abstandes zwischen Windenergieanlagen und Wald von 200 m zulässig sei, da nur geringe Aktivitäten von Fledermäusen vom Boden registriert worden seien. Entsprechend der in dieser Stellungnahme ausgesprochenen Empfehlung erteilte der Antragsgegner die angefochtene Genehmigung gemäß § 12 Abs. 2a Satz 1 BImSchG unter dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme von Abschaltzeiten für die Windenergieanlagen Nr. 2, 5 und 8 in Auswertung des Gondelmonitorings, um bei dennoch festgestellter erhöhter Aktivität von Feldermäusen im Bereich der Rotoren wirksam reagieren zu können. Vor diesem Hintergrund erscheint es naturschutzfachlich vertretbar, die verbleibende Unsicherheit, ob nicht doch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bei einzelnen Fledermausarten gegeben ist, für einen begrenzten Zeitraum hinzunehmen.

42

 2.2.6. Die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung dürfte auch nicht – wie der Antragsteller erstinstanzlich vorgetragen hat – wegen einer unzureichenden UVP-Vorprüfung fehlerhaft sein.

43

Gemäß § 3c Satz 1 UVPG, ist, sofern in der Anlage 1 für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 ist bei einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von mehr als 50 m mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen und damit auch für Vorhaben der hier streitigen Art eine allgemeine Vorprüfung erforderlich. Eine solche Vorprüfung hat der Antragsgegner hier durchgeführt. Sie ist im Schreiben an das Referat 402.2.6 vom 24.09.2010 (Bl. 526 der Beiakte B) dokumentiert. Die Entscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wurde im Amtsblatt des Antragsgegners vom 15.03.2011 gemäß § 3a Satz 2 UVPG bekannt gemacht. Beachtliche Fehler bei der Vorprüfung dürften nicht vorliegen.

44

Bei der UVP-Vorprüfung muss die Behörde aufgrund summarischer Ermittlungen und Bewertungen eine Prognose anstellen. Angesichts des Gesetzeswortlauts („Einschätzung" der Behörde) und wegen des Prognosecharakters der Vorprüfung besitzt die Behörde auch insoweit einen gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative). Dem trägt die Vorschrift des § 3a Satz 4 UVPG Rechnung, nach der die auf einer Vorprüfung des Einzelfalls beruhende Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die Einschätzungsprärogative der Behörde erstreckt sich auch auf die Frage, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen (und die eigenen Informationen der Behörde) eine geeignete Grundlage bilden, um unverzüglich aufgrund überschlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens zu entscheiden. Inhaltlich umfasst die richterliche Kontrolle der negativen Feststellung (§ 3a Satz 1 UVPG) nach einer Vorprüfung die Frage, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 zum Gesetz aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1) und (aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung) insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, naturschutzfachlich nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 – 4 C 16.04 –, BVerwGE 127, 208 [228 f.], RdNr. 48 ff.). Nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist; im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen lediglich dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (VGH BW, Beschl. v. 25.09.2012 – 10 S 731/12 –, DVBl 2012, 1506, RdNr. 28 in Juris, m.w.N.). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist; dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 –, BVerwGE 141, 282 [288], RdNr. 29).

45

Nach der Anlage 2 sind, soweit in § 3c Satz 1 und 2 UVPG, auch in Verbindung mit den §§ 3e und 3f UVPG auf diese Anlage Bezug genommen wird, nachstehende Kriterien anzuwenden:

46

1. Merkmale der Vorhaben

47

Die Merkmale eines Vorhabens sind insbesondere hinsichtlich folgender Kriterien zu beurteilen:

48

1.1 Größe des Vorhabens,

49

1.2 Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft,

50

1.3 Abfallerzeugung,

51

1.4 Umweltverschmutzung und Belästigungen,

52

1.5 Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien.

53

2. Standort der Vorhaben

54

Die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets, das durch ein Vorhaben möglicherweise beeinträchtigt wird, ist insbesondere hinsichtlich folgender Nutzungs- und Schutzkriterien unter Berücksichtigung der Kumulierung mit anderen Vorhaben in ihrem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu beurteilen:

55

2.1 bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung (Nutzungskriterien),

56

2.2 Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes (Qualitätskriterien),

57

2.3 Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes (Schutzkriterien):

58

2.3.1 Natura 2 000-Gebiete nach § 7 Absatz 1 Nummer 8 des Bundesnaturschutzgesetzes,

59

2.3.2 Naturschutzgebiete nach § 23 des Bundesnaturschutzgesetzes, soweit nicht bereits von Nummer 2.3.1 erfasst,

60

2.3.3 Nationalparke und Nationale Naturmonumente nach § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes, soweit nicht bereits von Nummer 2.3.1 erfasst,

61

2.3.4 Biosphärenreservate und Landschaftsschutzgebiete gemäß den §§ 25 und 26 des Bundesnaturschutzgesetzes,

62

2.3.5 Naturdenkmäler nach § 28 des Bundesnaturschutzgesetzes,

63

2.3.6 geschützte Landschaftsbestandteile, einschließlich Alleen, nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes,

64

2.3.7 gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes,

65

2.3.8 Wasserschutzgebiete nach § 51 des Wasserhaushaltsgesetzes, Heilquellenschutzgebiete nach § 53 Absatz 4 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete nach § 73 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Überschwemmungsgebiete nach § 76 des Wasserhaushaltsgesetzes,

66

2.3.9 Gebiete, in denen die in den Gemeinschaftsvorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind,

67

2.3.10 Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte, insbesondere Zentrale Orte im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 2 des Raumordnungsgesetzes,

68

2.3.11 in amtlichen Listen oder Karten verzeichnete Denkmäler, Denkmalensembles, Bodendenkmäler oder Gebiete, die von der durch die Länder bestimmten Denkmalschutzbehörde als archäologisch bedeutende Landschaften eingestuft worden sind.

69

3. Merkmale der möglichen Auswirkungen

70

Die möglichen erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens sind anhand der unter den Nummern 1 und 2 aufgeführten Kriterien zu beurteilen; insbesondere ist Folgendem Rechnung zu tragen:

71

3.1 dem Ausmaß der Auswirkungen (geographisches Gebiet und betroffene Bevölkerung),

72

3.2 dem etwaigen grenzüberschreitenden Charakter der Auswirkungen,

73

3.3 der Schwere und der Komplexität der Auswirkungen,

74

3.4 der Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen,

75

3.5 der Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen.

76

Mit diesen Kriterien wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die wesentlichen Gesichtspunkte, unter denen sich nachteilige Umweltauswirkungen eines Vorhabens als „erheblich“ darstellen können, in die Vorprüfung einbezogen werden (Sagenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UVPG § 3c RdNr. 23).

77

Gemessen daran dürfte die Vorprüfung des Antragsgegners nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden sein. Dem Schreiben an das Referat 402.2.6 vom 24.09.2010 (Bl. 526 der Beiakte B) lässt sich entnehmen, dass sich der Antragsgegner an den in der Anlage 2 zu § 3c Satz 1 und 2 UVPG aufgeführten Kriterien orientiert hat. Er hat dabei insbesondere auch gemäß Nr. 2.3.1 der Anlage 2 die Lage der Standorte der einzelnen Windenergieanlagen zu Natura 2000-Gebieten, insbesondere zum FFH-Gebiet „Bürgerholz“ berücksichtigt. Aufgrund der vorliegenden naturschutzfachlichen Gutachten und Stellungnahmen durfte der Antragsgegner voraussichtlich davon ausgehen, dass das Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen insbesondere auf das FFH-Gebiet „Bürgerholz“ haben wird. Er hat die dort lebende Schwarzstorchpopulation in den Blick genommen und entsprechende Schutzmaßnahmen festgelegt. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass das FFH-Gebiet wegen des Abstandes von ca. 2.000 m durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht „erheblich“ beeinträchtigt wird, dürfte aus den oben bereits dargelegten Gründen naturschutzfachlich vertretbar sein.

78

 3. Kann aber die Klage nach summarischer Prüfung nur hinsichtlich der Windenergieanlage Nr. 9 Erfolg haben, ist die aufschiebende Wirkung auch nur in diesem Umfang wiederherzustellen.

79

Eine nur teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt in Betracht, wenn die Genehmigung teilbar ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.11.2010 – 2 M 142/10 –, BauR 2011, 667, RdNr. 5 in Juris). Dies ist dann der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben teilbar ist und sich ein abtrennbarer rechtmäßiger Teil feststellen lässt; es muss ohne den abzutrennenden Teil ein sinnvolles und dem Willen des Bauherrn entsprechendes Vorhaben übrig bleiben (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 06.11.1992 – 1 M 4717/92 –, Juris, RdNr. 12). Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn – wie hier – anstelle von 9 Windenergieanlagen lediglich 8 errichtet und betrieben werden.

80

 B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.

81

 C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat schließt sich der Bemessung des Streitwerts der Vorinstanz in Anlehnung an Nr. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit an.

82

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Gründe

I.

1

Mit Bescheid vom 06.02.2012 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von neun Windenergieanlagen des Typs Enercon E-82 mit einer Nennleistung von jeweils 2,0 MW, einer Nabenhöhe von 138,38 m und einem Rotordurchmesser von 82 m in den Gemarkungen R. und G.. Dem Bescheid waren naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen u.a. zum Schutz des Schwarzstorchs, des Rotmilans und von Fledermäusen beigefügt. Die Standorte der Anlagen befinden sich innerhalb eines im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion C-Stadt festgesetzten Eignungsgebiets für die Nutzung der Windenergie. Mit Bescheid vom 12.03.2012 stellte der Antragsgegner fest, dass ein von der Beigeladenen angezeigter Einsatz eines geänderten Anlagentyps keiner Genehmigung nach dem BImSchG bedürfe. Über die vom Antragsteller gegen die Genehmigung am 25.03.2012 erhobene Klage ist noch nicht entschieden.

2

Auf den Antrag des Antragstellers vom 09.08.2012 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt und zur Begründung u.a. ausgeführt:

3

Der Antragsteller sei mit der Rüge, die Genehmigung sei wegen unzulänglicher FFH-Vorprüfung bzw. fehlender FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Verstoß gegen § 34 BNatSchG erteilt worden, im gerichtlichen Verfahren nicht ausgeschlossen. Zwar habe er seine Einwendungen im Schreiben vom 06.09.2010 nicht ausdrücklich so bezeichnet; er habe aber insgesamt hinreichend detailliert dargelegt, in Bezug auf welche Brut- und Rastvogelarten (Rotmilan, Rohrweihe, Schwarzstorch, Weißstorch) sowie Fledermäuse ein erhebliches Konfliktpotenzial im Falle der Errichtung der neun Windkraftanlagen bestehe und weshalb die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme M7 (Luzerneanbau) unzureichend sei. Unschädlich sei insoweit, dass der Antragsteller die im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsstudie ebenfalls im Auftrag der Beigeladenen erstellte Heftung „FFH-Vorprüfung" (FFH-V) nicht namentlich erwähnt habe; denn sie betreffe denselben Untersuchungsraum. Zudem habe der Antragsteller den in der Umweltverträglichkeitsstudie unterbliebenen Nachweis besetzter Schwarzstorchhorste ausdrücklich gerügt.

4

Das im angefochtenen Bescheid angegebene besondere öffentliche Vollziehungsinteresse sei nicht geeignet, die Sofortvollzugsanordnung zu tragen. Es möge zwar ein öffentliches Interesse an der Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bestehen; aus welchen Gründen hierzu gerade die von der Beigeladenen geplanten neun Windkraftanlagen ohne Rücksicht auf den Suspensiveffekt der Klage errichtet werden müssen, sei der Bescheidbegründung aber nicht zu entnehmen.

5

Soweit die Sofortvollzugsanordnung auf Antrag und im Interesse der Beigeladenen ergangen sei, sei der Antrag begründet. Im Ergebnis einer Interessenabwägung sei die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, weil die Klage nach derzeitiger Aktenlage weder offensichtlich erfolglos noch erfolgreich sei.

6

Derzeit sei nicht offensichtlich, dass die von der Beigeladenen zusammen mit der Umweltverträglichkeitsstudie mit Stand vom Mai 2010 vorgelegte FFH-Vorprüfung den Anforderungen des § 34 BNatSchG genüge. Eine solche Prüfung sei hier geboten, weil in einer Entfernung von etwa 2.000 Metern von den Windenergieanlagen Nr. 1, 2 und 3 die südöstliche Grenze des FFH-Schutzgebiets „Bürgerholz bei Burg" liege. In diesem Gebiet befänden sich vier in den letzten Jahren wechselnd besetzte Horste des Schwarzstorches mit 1 bis 5 Brutpaaren sowie 1 bis 5 Brutpaare des Rotmilans. Außerdem habe eine nachträgliche Horsterfassung ergeben, dass dieses Gebiet ganzjährig Seeadlerpaaren als Revier diene und eine Brutansiedlung des Schreiadlers im Hinblick auf Einzelbeobachtungen dieser Art möglich sei. Gleichwohl sei der Untersuchungsraum in Übereinstimmung mit der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) festgelegt worden, ohne seine räumliche Ausdehnung näher zu bezeichnen. Auch den Darstellungen der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie sei keine konkrete Größenangabe oder geographische Definition des Untersuchungsraums zu entnehmen. Lediglich den Karten in der Anlage zur UVS sei zu entnehmen, dass die Grenze des Untersuchungsraums der UVS jeweils 2.000 Meter von den äußeren Windenergieanlagen nahezu kreisförmig verlaufe. Mit der Übernahme dieser Grenze des Untersuchungsraums bei der FFH-Vorprüfung sei indes das FFH-Gebiet „Bürgerholz“ nahezu vollständig von dem Untersuchungsraum ausgeschlossen, wenngleich es in der Gebietsbeschreibung als „möglicherweise betroffen" bezeichnet werde. Wenn – wie hier – bereits die Vorprüfung auf einer zu unbestimmten oder fehlerhaften Tatsachengrundlage erfolge, könne auch deren Ergebnis nicht dazu dienen, etwaige Beeinträchtigungen als offensichtlich ausgeschlossen zu bewerten und die Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu verneinen. Der Antragsteller habe hierzu vorgetragen, dass selbst innerhalb des Untersuchungsraumes im Umkreis der geplanten Windenergieanlagen nicht alle Rotmilanhorste im Gesamtzeitraum der UVS und der FFH-Vorprüfung festgestellt und dokumentiert worden seien. Zudem sei die FFH-Vorprüfung zunächst davon ausgegangen, dass sich weitere FFH-Gebiete in der Umgebung des Vorhabens befänden. In der weiteren Untersuchung fänden diese aber keine Erwähnung mehr.

7

Zudem bestünden Zweifel an der richtigen Anwendung des Prüfprogramms des § 34 BNatSchG durch den Antragsgegner, weil die FFH-Vorprüfung nicht erkennen lasse, ob die der Untersuchung zugrunde gelegten Erhaltungsziele tatsächlich dem Schutzzweck bzw. den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Bürgerholz" entsprechen. Maßgeblich könnte bereits der sich aus der Verordnung des Regierungspräsidiums Magdeburg über das Naturschutzgebiet Bürgerholz bei Burg vom 03.06.1997 ergebende Schutzzweck sein. Nur wenn für das Gebiet im Verordnungswege kein Schutzzweck festgelegt sei, seien die Erhaltungsziele bis auf Weiteres der EU-Gebietsmeldung zu entnehmen. Ob vorliegend dennoch die Gebietsmeldung und der sog. Standarddatenbogen der anschließenden Untersuchung zugrunde zu legen sei, wenn der Inhalt der FFH-Gebietsmeldung konkreter oder umfassender sei oder die äußeren Grenzen des durch Verordnung bestimmten Naturschutzgebietes hinter denjenigen des FFH-Gebietes desselben Namens zurückblieben, könne vorerst dahinstehen. Denn der FFH-Vorprüfung sei nicht zu entnehmen, auf welchen Daten die Beschreibung des Gebiets beruhe. Bei dieser Sachlage sei nicht auszuschließen, dass die insoweit bestehenden Ermittlungsdefizite sich auf das Ergebnis der Vorprüfung ausgewirkt hätten. Dasselbe gelte für die vom Antragsgegner getroffenen naturschutzfachliche Bewertung, auch wenn der Genehmigungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zustehe; denn eine solche Rücknahme der Kontrolldichte setze voraus, dass – anders als hier – von der Behörde eine den wissenschaftlichen Maßstäben und vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen worden sei.

8

Den Unterlagen der Vorprüfungen könne zudem nicht entnommen werden, ob der Antragsgegner bei der Bewertung der Betroffenheit der zu schützenden Brut- und Rastvögel die mittlerweile in der Rechtsprechung anerkannten Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten vom Mai 2008 berücksichtigt habe. Das gelte namentlich für die Brutplätze des Schwarzstorches im FFH-Gebiet „Bürgerholz". Der Abstand von Windenergieanlagen zu Brutstätten des Schwarzstorches sollten danach mindestens 3.000 m (Ausschlussbereich) betragen. Daneben werde ein so genannter Prüfbereich von 10.000 m um jede Windenergieanlage angegeben, innerhalb dessen zu prüfen sei, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Letzterer käme als Prüfbereich im Übrigen auch für die Brutstätte des Schwarzstorches südlich von G. in Betracht, denn diese Entfernung liege auch innerhalb des Prüfbereichs etwaiger Nahrungshabitate. Den Aussagen der FFH-Vorprüfung und der Begründung des Genehmigungsbescheides sei nicht ansatzweise zu entnehmen, dass diese Abstandsempfehlungen zugrunde gelegt oder sonst berücksichtigt worden seien. Hiergegen spreche bereits die Aussage, dass die möglichen negativen Auswirkungen aufgrund der Entfernung von 2 km als gering zu betrachten seien. Schließlich sei selbst der Verfasser einer avifaunistischen Nachuntersuchung zu dem Schluss gekommen, dass das etwa 1.000 m vom geplanten Windpark gelegene Tal der Ihle als Nahrungsgebiet für den Schwarzstorch in Betracht komme, und zwar auch für Störche aus anderen Gebieten. Die gleichwohl getroffene Einschätzung, dass das Kollisionsrisikos gering sei, weil der Windpark westlich umflogen werden könne, sei angesichts der Defizite der Bewertungsgrundlagen derzeit nicht offensichtlich rechtmäßig. Eher bestätigt als ausgeräumt würden diese Zweifel durch den Bericht aus dem Jahr 2011 über das Vorkommen des Schwarzstorches in den Brutrevieren „Burger Holz“ und „Madel“ des Büros für Ökologie & Naturschutz „Elbe-Havel-Natur“.

9

Entsprechendes gelte für den für Rotmilane zugrunde zu legenden, aber bislang nicht berücksichtigten Prüfbereich von 6.000 m. Der Antragsteller habe nunmehr unter Berufung auf die Feststellung des Diplom-Biologen M. dargelegt, dass innerhalb dieses Prüfbereichs in einer Entfernung von 3.270 m zu einer der geplanten Windenergieanlage am 02.09.2012 an einer bereits vorhandenen einzeln stehenden Windenergieanlage ein toter Rotmilan als Schlagopfer gefunden worden sei. Für eine Eignung des Vorhabengebiets als Nahrungshabitat für Rotmilane außerhalb des Tabubereichs von 1.000 m spreche auch die wiederholte Beobachtung von Nahrungsflügen des Rotmilans im Vorhabengebiet – teilweise direkt an den Standorten der geplanten Windenergieanlagen. Dabei könne dahinstehen und bedürfe ggf. einer Klärung im Klageverfahren, ob die Anzahl der Beobachtungstage hinreichend gewesen sei, um eine wissenschaftlich fundierte Prognose zu ermöglichen.

10

Nicht hinreichend geklärt sei derzeit ferner, ob das Vorhaben für jede der genannten Tierarten sowie in Bezug auf die nach Darstellung des Antragstellers darüber hinaus vorhandene Brutstätte der Rohrweihe inmitten des Vorhabengebiets nicht gegen die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoße. Der so genannte Tabubereich der Rohrweihe würde danach durch alle neun Windenergieanlagen erheblich unterschritten. Ob es sich tatsächlich bei dem am 31.07.2012 fotografierten „Bodenhorststandort" um einen potenziellen Brutplatz der Rohrweihe handele, bedürfe ggf. einer Klärung im Klageverfahren. In Bezug auf den potenziellen Schwarzstorchhorst am Südrand des Bürgerholzes wäre der Tabubereich vom Standort der Windenergieanlagen Nr. 1 bis 5 unterschritten. Die Windenergieanlage Nr. 9 liege mit 980 m innerhalb des Tabubereichs eines oder mehrerer Rotmilanhorste im Süden. Ob noch weitere Brutplätze des Rotmilans vorhanden, aber bislang vom Antragsgegner nur nicht dokumentiert worden seien, könne bei dieser Sachlage dahinstehen. Eine Beseitigung oder deutliche Verringerung des Kollisionsrisikos durch bestimmte Maßnahmen sei derzeit nicht glaubhaft. Ungeachtet dessen bestünden durchgreifende Zweifel an der Möglichkeit und Wirksamkeit derartiger Kompensationsmaßnahmen jedenfalls dann, wenn die regelmäßig zu mähende Fläche zu gering bemessen sei. Zudem sei hier nicht ersichtlich, dass die zur Ablenkung dienenden Luzerneflächen durch alle vom Kollisionsrisiko betroffenen Arten gleichzeitig genutzt werde.

11

Damit könne offenbleiben, ob der Genehmigung derzeit das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Bezug auf die festgestellten insgesamt 12 Fledermausarten entgegenstehe. Die von dem Antragsgegner angenommene mangelhafte wissenschaftliche Erkenntnislage hinsichtlich der Barrierewirkung von Windkraftanlagen für Fledermäuse bewirke unter dem Einfluss des Europarechts, dass sich das Verständnis vom Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG in Richtung Tierschutz verschiebe und damit die Nichtaufklärbarkeit möglicher nicht nur hypothetischer Schädigungen der Tierwelt zu Lasten des Anlagenbetreibers gehe. Das bedeute hier im Ergebnis, dass die in den Nebenbestimmungen Nr. 9.3.1. und Nr. 9.3.2. angeordneten Fledermausbeobachtungsmaßnahmen im laufenden Betrieb der Windkraftanlagen 2, 5 und 8 zwar zur Verbesserung der derzeitigen Erkenntnislage, aber nicht zur Verringerung des Tötungsrisikos geeignet seien. Letzterem könnte durch die Festlegung von befristeten Aussetzungen des Betriebes abhängig von Jahreszeit, Tageszeit und Windgeschwindigkeit (Abschaltzeiten) begegnet werden. Ein als Nebenbestimmung vom Antragsgegner angeordnetes so genanntes Gondelmonitoring könne zwar geeignet sein, bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen weitere Erkenntnisse zu gewinnen; es beseitige oder mindere jedoch ein anzunehmendes erhöhtes Tötungsrisiko nicht.

II.

12

A. Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht in vollem Umfang die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederhergestellt. Die nach §§ 80a Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Interesse der Beigeladenen an der Verwirklichung ihres Vorhabens nur zu einem geringen Teil überwiegt.

13

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessensabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs treffen. Kann – wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen – keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 [7 C 21.7 C 21.09] –, Juris, RdNr. 13). Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Genehmigung angegriffen, bestimmt sich die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, nach dem materiellen Recht, also der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs; Art 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsse (BVerfG, Beschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466 – NVwZ 2009, 240 [242], RdNr. 21 in Juris).

14

Danach führt die gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers gegen das öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beigeladenen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse überwiegt, soweit es um die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen Nr. 1 bis 8 geht. Die Klage wird nach summarischer Prüfung voraussichtlich nur hinsichtlich der Windenergieanlage Nr. 9 Erfolg haben. Ein besonderes, vom Antragsteller wahrzunehmendes Interesse daran, dass die Genehmigung bis zur Hauptsacheentscheidung gleichwohl insgesamt nicht ausgenutzt werden darf, ist nicht ersichtlich.

15

 1. Der Antragsteller wird die Genehmigung voraussichtlich nicht mit der Begründung anfechten können, es sei keine ordnungsgemäße FFH-Vorprüfung durchgeführt worden.

16

  1.1. Mit diesem Vorbringen dürfte er – wie die Beigeladene zu Recht rügt – voraussichtlich gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 07.12.2006 (BGBI I 2816) – Umwelt-Rechtsbehelfegesetz (UmwRG) – ausgeschlossen sein. Nach dieser Vorschrift ist eine Vereinigung im Sinne von § 3 UmwRG (wie der Antragsteller), die nach § 2 Abs. 1 UmwRG ohne eigene Rechtsverletzung Rechtsbehelfe nach der VwGO geltend machen kann, im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 UmwRG nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, wenn sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 UmwRG Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat.

17

Mit der Präklusionsregelung sollen die Vereinigungen angehalten werden, bereits im Verwaltungsverfahren ihre Sachkunde einzubringen und mit dem Ziel nutzbar zu machen, dass für Konflikte zwischen Infrastrukturplanung bzw. industriellen Großvorhaben einerseits und Natur- und Umweltschutz andererseits eine Problembewältigung erzielt wird, bei der die Belange des Natur- und Umweltschutzes nicht vernachlässigt werden. Der damit angestrebte Abbau von Vollzugsdefiziten setzt voraus, dass die Vereinigungen ihren Sachverstand so in das Verfahren einbringen, dass dadurch die der Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsbehörde aufgetragene Problembewältigung gefördert wird. Den Natur- und Umweltschutzverbänden obliegt insoweit eine Mitwirkungslast. Durch diese Mitwirkung sollen zugleich von der Verwaltungsentscheidung Begünstigte vor einem überraschenden Prozessvortrag der Verbände geschützt werden. Ausgehend von diesen Funktionen der für Natur- und Umweltschutzvereinigungen maßgeblichen Beteiligungs- und Präklusionsregelungen muss eine solche Vereinigung in ihren Einwendungen zumindest Angaben dazu machen, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Auch die räumliche Zuordnung eines Vorkommens oder einer Beeinträchtigung ist zu spezifizieren, wenn sie sich nicht ohne Weiteres von selbst versteht. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits geleistete Begutachtung und fachliche Bewertung in den Planunterlagen ausgearbeitet ist, desto intensiver muss – jedenfalls grundsätzlich – auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material ausfallen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 – 7 C 21.09 –, NuR 2012, 119, RdNrn. 34 f.).

18

Gemessen daran dürften die Darlegungen des Antragstellers in seinem Einwendungsschreiben vom 06.09.2010 entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ausreichen, um die Rüge einer unzulänglichen FFH-Vorprüfung als rechtzeitig erhoben zu betrachten. Die Frage einer erforderlichen FFH-Vorprüfung wird darin nicht erwähnt. Im anwaltlichen Schriftsatz heißt es vielmehr unter Nr. 1, der Antragsteller wende sich aus artenschutzrechtlichen Gründen gegen die beantragte Genehmigung. Es folgen Ausführungen zur UVP-Pflicht des Vorhabens (Nr. 2 bis 8) sowie zum Kollisionsrisiko insbesondere des Rotmilans (Nr. 9). In der dem Schriftsatz beigefügten Stellungnahme des Antragstellers selbst wird zunächst darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Lage und Habitatsstruktur „des Vorhabensgebiets“ ein erhebliches Konfliktpotenzial aus der Sicht der Avifauna und der Fledermäuse gesehen werde. Im Folgenden legt der Antragsteller dar, dass und aus welchen Gründen Greifvögel, insbesondere der Rotmilan, nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Risiko hätten, an Windenergieanlagen zu verunglücken, und dass sich in Abständen von weniger als 1.000 m zu den Windenergieanlagen Nr. 2 und 9 und damit im Tabubereich zwei Rotmilanhorste befänden. Weiter führt er aus, dass in einer Riedfläche zwischen den Windenergieanlagen Nr. 3, 5 und 7 ein „Brutverdacht“ bezüglich der Rohrweihe bestehe und in der Umweltverträglichkeitsstudie der Baumfalke als Brutvogel fehle, obwohl es Brutzeitbeobachtungen aus dem Bereich des geplanten Windparks gebe. Daran anschließend weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass sich nicht nur südlich der Planfläche in einiger Entfernung ein Brutplatz des Seeadlers befinde, sondern „auch für das Burger Holz“ seit einigen Jahren Brutverdacht bestehe. Schließlich wird auf Vorkommen des Weiß- und Schwarzstorches sowie von Fledermäusen hingewiesen. Es findet sich indes kein Hinweis darauf, dass durch die geplanten Windenergieanlagen ein FFH-Gebiet beeinträchtigt werden könnte. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall (Urt. v. 29.09.2011, a.a.O), auf den die Vorinstanz Bezug genommen hat, enthielt das Einwendungsschreiben des dortigen Klägers Ausführungen des Inhalts, dass „die Problematik von Schäden an Flora und Fauna der Gebiete „Schwanheimer Düne" und „Schwanheimer Wald" durch Schadstoffemissionen der beantragten Verbrennungsanlage sowie die Folgen der zu erwartenden Schadstoffanreicherungen (Summationsschäden) für Flora und Fauna im Rahmen des Antrags nicht untersucht bzw. abgearbeitet worden seien. Zudem wurde beanstandet, dass die konkreten Auswirkungen des Vorhabens auf Flora und Fauna sowie die im Umfeld liegenden FFH-Gebiete in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung nicht betrachtet worden seien. Damit wurde (noch) hinreichend deutlich gemacht, dass auch die Erhaltungsziele der angrenzenden FFH-Gebiete durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden können. Im Gegensatz dazu beschränkten sich die Einwendungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 06.09.2010 und der beigefügten Anlage auf artenschutzrechtliche Fragen. Artenschutz einerseits und Habitatsschutz andererseits verfolgen indes unterschiedliche Schutzgüter. Während der Artenschutz individuenbezogen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301], RdNr. 91; Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, Juris, RdNr. 44), ist der Habitatsschutz gebietsbezogen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 – 9 A 20.09 –, NuR 2010, 870 [873], RdNr. 60; Beschl. v. 14.03.2008 – 9 VR 9.07 –, Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 33, S. 206, RdNr. 45). Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit eines Projekts mit den Erhaltungszielen des betreffenden Gebiets (BVerwG, Beschl. v. 14.04.2011 – 4 B 77.09 –, Juris. RdNr. 36, m.w.N.).

19

 1.2. Unabhängig davon ist die vom Antragsgegner vorgenommene FFH-Vorprüfung voraussichtlich nicht zu beanstanden.

20

Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig (§ 34 Abs. 2 BNatSchG).

21

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 29.09.2011, a.a.O., RdNr. 40 ) ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung ist eine Vorprüfung bzw. Erheblichkeitseinschätzung vorgeschaltet. Die bei der Vorprüfung (sog. Screening) anzulegenden Maßstäbe sind nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an. Die Vorprüfung braucht nicht formalisiert durchgeführt zu werden (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 – 9 A 12.10 –, Juris, RdNr. 89). Fehlen die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist, bei Erlass des Genehmigungsbescheides, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so stellt der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung unabhängig davon, auf welche Weise die Behörde sich diese Gewissheit verschafft hat, keinen Rechtsfehler dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O.).

22

Auf der Grundlage der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie der Stadt und Land Planungsgesellschaft mbH vom Mai 2010 durfte der Antragsgegner voraussichtlich davon ausgehen, dass erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets nicht ernstlich zu besorgen sind.

23

Maßstab für die Prüfung, ob die streitigen Windenergieanlagen die Erhaltungsziele des hier in Rede stehenden FFH-Gebiets Nr. 40 – DE 3637-302 „Bürgerholz bei Burg“ beeinträchtigen können, ist zunächst § 3 der Verordnung des Regierungspräsidiums Magdeburg über das Naturschutzgebiet „Bürgerholz bei Burg“ in der Stadt Burg und in der Gemeinde R. im Landkreis Jerichower Land vom 03.06.1997 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Magdeburg 1997, 184 f.) – nachfolgend: NatSchV Bürgerholz. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG). Nur wenn für das betreffende Gebiet ein im Verordnungswege festgelegter Schutzzweck fehlt, sind die Erhaltungsziele bis auf weiteres grundsätzlich der Gebietsmeldung zu entnehmen, die der Aufnahme eines Gebiets in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL und dem dadurch begründeten Schutz des § 34 BNatSchG zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 –, BVerwGE 128, 1 [35], RdNr. 75). Eine andere Beurteilung ist dann in Betracht zu ziehen, wenn der jeweilige Akt der Unterschutzstellung den unionsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht wird, was namentlich bei FFH-Gebieten zu besorgen ist, die als bereits bestehende Schutzgebiete gemeldet wurden (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 11 BNatSchG, § 34 RdNr. 17). Nach § 3 Abs. 2 NatSchV Bürgerholz besteht der Schutzzweck der Verordnung darin, das Gebiet zu erhalten und zu entwickeln als Standort naturnaher Laubwaldgesellschaften mit Resten der ehemaligen Hartholzaue in einer hohen Struktur- und Artenvielfalt (Nr. 1), als Standort extensiv bewirtschafteter Wiesengesellschaften des Feuchtgrünlandes (Nr. 2), als Standort von Kohldistelwiesen (Angelico-Cirsietum), Röhrichten und Großseggenrieden (z.B. Phragmitetum) und verschieden Seggengesellschaften (Cariceten) (Nr. 3), als Lebensraum seltener, vom Aussterben bedrohter Großvogelarten unter dem Aspekt der Erhaltung von geeigneten Reproduktionsgebieten (Nr. 4), als Lebensraum besonders geschützter, bestandsbedrohter und vom Aussterben bedrohter Tiere (Nr. 5) sowie als Lebensraum besonders geschützter, bestandsbedrohter und vom Aussterben bedrohter Pflanzen. Gemäß § 3 Abs. 3 NatSchV Bürgerholz sind grundlegende Voraussetzungen für die langfristige Sicherung und Verbesserung der Lebensbedingungen der Pflanzen- und Tierwelt des Gebietes die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines solchen Wasserregimes, wie es zur Gewährleistung der Existenz der für das Gebiet typischen Pflanzen- und Tierarten notwendig ist (Nr. 1), die Erhaltung und Entwicklung bzw. Wiederherstellung von naturnahen Waldbeständen und die eigendynamische Entwicklung einer Kernzone (Totalreservat) (Nr. 2), die Erhaltung und Entwicklung der vorhandenen naturnahen Wiesengesellschaften (Nr. 3), die Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung (Nr. 4), die Bewahrung des Gebietes vor anthropogenen Schad- und Störeinflüssen (insbesondere Vermeidung von Störungen durch die Jagdausübung und die Erholungsnutzung) (Nr. 5) sowie die Erhaltung der für das Gebiet typischen Bodenformen (Nr. 6). Die Gebietsmeldung begründet die Schutzwürdigkeit des Gebiets damit, dass das geschlossene Waldgebiet als elbferner Auwaldrest strukturreiche Bruch- und Auwälder umfasse, von einem Gürtel extensiv genutzter Feuchtgrünländereien umgeben sei und Bedeutung als Lebensraum für Kranich, Bekassine und Schwarzstorch habe. Als weitere vorkommende Vogelarten nach den Anhängen der FFH-/Vogelschutzrichtlinie werden der Eisvogel, die Rohrweihe, der Mittelspecht, der Schwarzspecht, der Wendehals, der Neuntöter, der Schwarzmilan, der Rotmilan, der Wespenbussard sowie die Waldschnepfe genannt.

24

Ausgehend von dem Schutzzweck der NatSchV Bürgerholz und den Erhaltungszielen der Gebietsmeldung bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die streitigen Windenergieanlagen, die in etwa 2 km Entfernung von diesem Gebiet errichtet werden sollen, das Gebiet erheblich beeinträchtigen können. Auch dies rügt die Beigeladene zu Recht.

25

Die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Windenergieanlagen besteht ohne weiteres dann, wenn die Standorte innerhalb eines solchen Gebiets liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.02.2008 – 7 B 67.07 –, BauR 2008, 1128). In Bezug auf eine vom Erhaltungsziel eines europäischen Vogelschutzgebietes erfasste Tierart soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden. Stressfaktoren, wie sie mit der Errichtung, aber insbesondere mit dem Betrieb einer Windenergieanlage der vorgesehenen Art einhergehen, dürfen somit die artspezifische Populationsdynamik nicht in einem Ausmaß stören, dass die Tierart kein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraums mehr bilden kann. Die so beschriebene Belastungsschwelle, die bei einem Betrieb einer Windenergieanlage stets in Betracht zu nehmen ist, kann dabei unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls gewisse Einwirkungen zulassen, solange diese das Erhaltungsziel nicht nachteilig berühren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 26.02.2008, a.a.O.). Für FFH-Gebiete dürften keine strengeren Maßstäbe gelten.

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Gemessen an diesem Zweck können zwar auch Windenergieanlagen außerhalb solcher Gebiete erhebliche Beeinträchtigungen für dort lebende geschützte Vogelarten mit sich bringen, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu einem solchen Gebiet liegen (vgl. NdsOVG, Urt. v. 14.09.2000 – 1 L 2153/99 –, ZfBR 2001, 208 [210], dort: ca. 500 m „Mindestfluchtdistanz“). Bei der hier in Rede stehenden Entfernung von ca. 2.000 m dürfte dies aber regelmäßig auszuschließen sein. So empfehlen die vom niedersächsischen Landkreistag erarbeiteten Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Durchführung der Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen mit Stand vom Januar 2011 (NLT-Papier) im Abschnitt 4.1 (allgemeine Hinweise), Abstände des 10-fachen den Anlagenhöhe, mindestens jedoch 1.200 m, u.a. zu Gebieten des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000, soweit sie zum Schutz von Vogel- oder Fledermausarten erforderlich sind. Soweit in Abschnitt 5.1 (Brut- und Gastvögel, Vogelzug) ein „Untersuchungsraum“ von mindestens des 10-fachen der Anlagenhöhe, bei Windfarmen ab 6 Windenergieanlagen mindestens 2.000 m im Umkreis von den äußeren Anlagenstandorten empfohlen wird, dürfte dies die spezifischen Abstände zu den Brut- und Rastplätzen der einzelnen geschützten Vogelarten betreffen. Mit der Gefahr, dass bestimmte Vogelarten, die sich aus dem Schutzgebiet – etwa zur Nahrungssuche – wegbewegen, in einem weiteren Umkreis dem Risiko einer Kollision mit den Windenergieanlagen ausgesetzt sind, wird sich eine erhebliche Beeinträchtigung des geschützten Gebiets selbst nicht begründen lassen. Zwar sind auch die Tierarten, die vom Schutzzweck oder den Erhaltungszielen des Gebiets erfasst werden, „Bestandteile“ des Gebiets im Sinne von § 34 Abs. 2 BNatSchG. Sie transportieren aber nicht gleichsam den Gebietsschutz mit sich in die Umgebung hinaus (vgl. Fischer-Hütte, Zur Beeinträchtigung von FFH- und Vogelschutzgebieten durch Einwirkungen von außerhalb, NuR 2004, 157). Es bedarf keiner Vertiefung, ob dem VGH BW (vgl. Urt. v. 29.11.2002 – 5 S 2312 – Nur 2003, 228) darin zu folgen ist, dass das Schutzregime des § 34 BNatSchG nur dann anwendbar ist, wenn das Projekt auf den geschützten Raum einwirkt, und die Kollisionsgefahr mit technischen Anlagen außerhalb des Schutzgebiets insoweit ohne Bedeutung ist. Eine erhebliche Beeinträchtigung eines Vogelschutzgebiets und ggf. eines FFH-Gebiets mag auch dann vorliegen, wenn die technischen Anlagen innerhalb eines Flugkorridors zwischen zwei solchen Gebieten mit ständigen Austauschbewegungen liegen, weil Gegenstand einer Beeinträchtigung auch die Funktion eines Gebiets als Teil des Netzes Natura 2000 sein kann (vgl. Fischer-Hütte, a.a.O, Gassner, Anmerkung zum Urteil des VGH BW, NuR 2003, 233). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Zwar befinden sich auch in dem südlich des Vorhabensgebiets gelegenen „Madeler Forst“ Horste insbesondere des Schwarzstorches. Dieses Gebiet ist aber kein FFH- oder Vogelschutzgebiet und damit auch nicht Teil des Netzes Natura 2000.

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 2. Die vom Antragsteller erhobene Klage hat voraussichtlich nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Genehmigung der Windenergieanlage Nr. 9 richtet. Nur in diesem Umfang dürfte die angefochtene Genehmigung gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen.

28

Nach dieser Vorschrift ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Rotmilan (Milvus milvus) gehört zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) und 14 a) BNatSchG i. V. m. dem Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 03.03.1997, S. 1, ABl. L 100 vom 17.04.1997, S. 72, ABl. L 298 vom 01.11.1997, S. 70, ABl. L 113 vom 27.04.2006, S. 26), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 709/2010 der Kommission vom 22.07.2010 (ABl L 212 vom 12.08.2010).

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Der Tötungstatbestand ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urt. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist daher der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko eines Vogelschlages durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht (BVerwG, Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42).

30

Da zur fachgerechten Beurteilung dieser Frage ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zu treffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen, muss der zuständigen Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden (vgl. zum Planfeststellungsverfahren BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 5.08 –, BVerwGE 136, 291 [318], RdNr. 113). Die gerichtliche Prüfung ist insoweit grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, NuR 2008, 633).

31

Hierauf aufbauend und ausgehend von der in Fachkreisen gewonnenen Erkenntnis, dass der Rotmilan artspezifisch zu den Arten gehört, die häufiger als Schlagopfer von Windenergieanlagen auftreten, und dass die bisher gefundenen Zahlen der von Windkraftanlagen getöteten Rotmilane relativ höher ist als die Opferzahlen anderer Greifvögel, hat der Senat entschieden (vgl. (Urte. v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 –, BImSchG-Rspr § 6 Nr. 59; RdNr. 94 in Juris, u. v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196, RdNr. 77), es sei naturschutzfachlich vertretbar, von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage zu einem festgestellten Horst weniger als 1.000 m beträgt, es sei denn es liegen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen.

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 2.1. Wendet man diese Maßstäbe auf den vorliegenden Fall an, dürfte Betrieb der Windenergieanlage Nr. 9 gegen das Tötungsverbot des § 44 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen; denn diese Anlage befindet sich nach der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie in nur ca. 980 m Entfernung zu einem Rotmilanhorst südlich des Vorhabengebiets. Dies kann die Beigeladene nicht mit dem Einwand entkräften, eine amtliche Vermessung durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur habe ein Maß von lediglich 1.001 m ergeben. Zutreffend hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass es aus naturschutzfachlicher Sicht keinen wesentlichen Unterschied macht, ob der Standort einer Windkraftanlage zu einem Rotmilanhorst nur wenige Meter größer ist als 1.000 m. Es liegt auf der Hand, dass die Tiere sich bei ihren Flügen nicht an „starre“ Grenzen halten.

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 2.2. Dagegen dürfte die Genehmigung der übrigen acht Windenergieanlagen nicht zu beanstanden sein.

34

 2.2.1. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Rotmilan durch diese Anlagen einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt ist. Sie befinden sich – wie die Beigeladenen zutreffend einwendet – sämtlich außerhalb des Tabubereichs von 1.000 zu von diesem Greifvogel genutzten Horsten, insbesondere auch zu dem festgestellten Horst südlich des Vorhabengebiets. Für die Annahme des Antragstellers in seinem Einwendungsschreiben vom 06.09.2010, ein weiterer im Jahr 2010 besetzter Milanhorst befinde sich ca. 800 m nordöstlich der Windenergieanlagen 2 im Wald neben einer aktiven Sandgrube, gibt es keine genügenden Anhaltspunkte. Insbesondere konnte Entsprechendes bei der Horsterfassung durch das Büro für Ökologie & Naturschutz „Elbe-Have-Natur“ im Mai 2011 nicht festgestellt werden. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der im Beschwerdeverfahren vom Antragsteller vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 22.10.2012, nach der südlich des Vorhabengebiets weitere Rotmilanhorste beobachtet wurden. Die Standorte der Horste in der als Anlage beigefügten Karte befinden sich in einer größeren Entfernung als 1.000 zu den Windenergieanlagen Nr. 1 bis 8. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb dieser Anlagen lässt sich für den Rotmilan auch nicht damit begründen, dass deren Standorte innerhalb des im NLT-Papier für den Rotmilan vorgeschlagenen Prüfbereichs von 6.000 m liegen. In den bereits zitierten Urteilen vom 26.10.2011 und 19.01.2012 hat der Senat betont, dass es wegen der potentiellen Weite des Prüfbereichs jedenfalls greifbarer Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer besonderen Prüfung bedürfe (so auch ThürOVG, Urt. v. 14.10.2009 – 1 KO 372/06 –, NuR 2010, 368, RdNr. 42). Es genüge nicht die Feststellung, dass sämtliche Offenlandbereiche prinzipiell als Nahrungshabitate des Rotmilans im näheren oder weiteren Umfeld des Vorhabensstandortes in Betracht kommen. Andernfalls ließe sich, da die Nahrungssituation für den Rotmilan sich innerhalb der Jahreszeiten und von Jahr zu Jahr – je nach der Bewirtschaftung der Flächen – sehr unterschiedlich darstellen kann, die Gefährdung dieser Vogelart kaum zuverlässig eingrenzen. Soweit man generell größere Abstände fordern würde, wäre zudem fraglich, ob der im Außenbereich privilegierten Nutzung der Windenergie überhaupt noch substanziell Raum verschafft werden könnte. In dem dem Urteil vom 26.10.2011 (a.a.O.) zugrunde liegenden Fall hatten Greifvogel-Planbeobachtungen gezeigt, dass Rotmilane das Gebiet intensiv durchfliegen bzw. als Nahrungshabitat nutzen; dort waren jede Stunde im Mittel zwischen 1,5 und 5 Flüge von Rotmilanen durch das Eingriffsgebiet beobachtet worden. Hinreichende Anhaltspunkte für eine solche intensive Nutzung des Vorhabengebiets bestehen hier nicht, auch wenn dort nach der Umweltverträglichkeitsstudie Nahrungsflüge beobachtet wurden.

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 2.2.2. Im Rahmen der summarischen Prüfung ist es ferner als naturschutzfachlich vertretbar zu bewerten, dass der Antragsgegner ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die in der Umgebung der streitigen Anlagen vorhandenen Schwarzstörche (Ciconia nigra) verneint hat, die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) und 14 a) BNatSchG i. V. m. dem Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 ebenfalls einer besonders geschützten bzw. streng geschützten Art angehören (so auch ThürOVG, Urt. v. 14.10.2009, a.a.O., RdNr. 41). Das NLT-Papier empfiehlt zwar für diese Vogelart einen Tabubereich von 3.000 m, der nach den Feststellungen der Umweltverträglichkeitsstudie vom Mai 2010 hinsichtlich eines Horststandortes nicht eingehalten wird; die Abstände zu den Windenergieanlagen Nr. 1 und 2 betragen danach lediglich ca. 2.500 m. Unabhängig davon, ob dieser Horst – was die Beigeladene in Abrede stellt – noch vorhanden ist, ist aber zu berücksichtigen, dass der Schwarzstorch – anders als etwa der Rotmilan – nach den derzeitigen Erkenntnissen nicht zu den Vogelarten zählt, die artspezifisch häufig Schlagopfer von Windenergieanlagen sind. Dafür sprechen insbesondere die Daten aus der Zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, zusammengestellt von Tobias Dürr, mit Stand vom 19.01.2011 – Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland (sog. Dürr-Liste). Danach wurde für den Schwarzstorch bundesweit lediglich ein Schlagopfer nachgewiesen (vgl. auch VG Hannover, Urt. v. 22.11.2012 – 12 A 2305/11 –, NuR 2013, 69 [73], RdNr. 57). Im Gegensatz dazu wurden etwa beim Rotmilan bundesweit 146 Schlagopfer erfasst. Der im NLT-Papier und auch in der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfohlene große Ausschlussradius von 3.000 m folgt dem Vorsorgeprinzip aufgrund des unzureichenden Wissensstandes zur Empfindlichkeit des Schwarzstorches gegenüber Windenergieanlagen (vgl. das Fachgutachten der Diplombiologen Dr. M. Steverding und A. Lenk zur Raumnutzung des Schwarzstorches im Bereich Schweinschieder Wald in der Verbandsgemeinde Meisenheim vom August 2011, S. 3, veröffentlicht im Internet unter http://www.vg-msh.de/Flächennutzungsplan/). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt aber gerade dem artspezifischen Verhalten der Vogelart maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos zu.

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 2.2.3. Gleiches gilt für die – ebenfalls besonders und streng geschützte – Rohrweihe (Circus aeruginosus), auch wenn sich in der Nähe oder gar innerhalb des Vorhabengebiets Brutplätze dieser Vogelart befinden sollten, wie der Antragsteller geltend macht. Für sie weist die „Dürr-Liste“ mit Stand vom Januar 2011 bundesweit lediglich 9 Schlagopfer auf. Es wird angenommen, dass wegen der geringen Flughöhe bei der Jagd unterhalb der Gefahrenzone von Windkraftanlagen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 29.11.2007 – 2 A 695/06 –, Juris, RdNrn. 48, 75 ff., unter Bezugnahme auf ein Fachgutachten).

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 2.2.4. Für naturschutzfachlich vertretbar hält es der Senat auch, dass der Antragsgegner für den besonders und streng geschützten Seeadler (Haliaeetus albicilla) ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb der streitigen Windenergieanlagen verneint hat. Dieser Greifvogel ist zwar vergleichsweise häufig Schlagopfer von Windenergieanlagen. Die „Dürr-Liste“ mit Stand von Januar 2011 weist bundesweit eine Zahl von 57 aus, was angesichts des vergleichsweise geringen Verbreitungsgrades dieses Greifvogels in Deutschland darauf hindeutet, dass er zu den durch Windenergieanlagen am stärksten betroffenen Vogelarten gehört (vgl. NdsOVG, Urt. v. 12.11.2008 – 12 LC 72/07 –, Juris, RdNr. 84). Das NLT-Papier empfiehlt einen Mindestabstand von 3.000 m zu Brutplätzen. Es bestehen indes keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass sich Brutplätze des Seeadlers in einem Abstand von weniger als 3.000 zu den Standorten der geplanten Windenergieanlagen befinden. Nach dem Bericht zur Erfassung von See- und Schreiadler sowie Rotmilan des Büros für Ökologie & Naturschutz Elbe-Havel-Natur vom 10.05.2011 wurde festgestellt, dass im Gebiet des Bürgerholzes, und zwar in einem der ruhigen Teile (Totalreservat) ein Horst zwar begonnen worden sei, ein Adlerpaar die Seeadler jedoch verdrängt hätten und darüber hinaus nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich Waldarbeiten zusätzlich negativ auf die Brutansiedlung ausgewirkt hätten. Allein der Umstand, dass ein Seeadler südöstlich des Vorhabengebiets in einem Abstand zur Windenergieanlage Nr. 9 von etwas mehr 1.000 m beobachtet wurde, wie es in einer eidesstattlichen Versicherung erklärt wurde, dürfte nicht für die Feststellung ausreichen, dass der im NLT-Papier empfohlene Mindestabstand zu einem Brutplatz des Seeadlers von 3.000 m unterschritten wird.

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 2.2.5. Naturschutzfachlich vertretbar dürfte schließlich die Annahme sein, dass besonders bzw. streng geschützte Fledermausarten durch die streitigen Anlagen keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sein werden.

39

Wie bereits oben dargelegt, genügt es für die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der besonders geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht (BVerwG, Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42). Es genügt daher nicht, wenn verschiedene Fledermausarten in dem betroffenen Naturraum anzutreffen sind und deshalb nicht auszuschließen ist, dass einzelne Exemplare durch das Vorhaben zu Schaden kommen. Ergeben durchgeführte Erhebungen für den betroffenen Bereich nur eine geringe Aktivitätsdichte, erscheint es fraglich, ob von einer deutlichen Steigerung des Kollisionsrisikos ausgegangen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299 [366], RdNr. 219). Von einer solchen geringen Aktivitätsdichte durfte der Antragsgegner hier voraussichtlich ausgehen. Nach den Fledermausuntersuchungen (Ganzjahresstudie) zu dem geplanten Windpark der Diplom-Biologin Dr. R. vom November 2007 und Mai 2010 (S. 23) habe sich bei der Auswertung gezeigt, dass die Aktivitäten an den Standorten auf den Freiflächen fast ausnahmslos gering waren, so dass keine Konflikte mit den Windenergieanlagen zu erwarten seien. An den Standorten für die Anlage Nr. 2 und die (nicht mehr in Rede stehende) Anlage Nr. 11 werde das Konfliktpotenzial zwar etwas höher, aber insgesamt noch immer gering eingestuft.

40

Um bei dem Betrieb der Anlagen möglicherweise doch auftretenden Konflikten mit Fledermäusen Rechnung tragen zu können, hat der Antragsgegner der angefochtenen Genehmigung die Nebenbestimmungen Nr. 9.3.1 und 9.3.2 beigefügt. Diese sehen vor, dass bei den Anlagen Nr. 2, 5 und 8, die einem Gehölzstreifen und dem Waldrand am nächsten liegen, (zunächst) ein sog. Gondelmonitoring durchzuführen ist und die Ergebnisse des Monitorings der oberen Naturschutzbehörde zu übermitteln sind. Ein solches Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O, RdNr. 105). Ein in der Genehmigung angeordnetes Monitoring ist bei nur geringer Aktivitätsdichte von Fledermäusen ein geeignetes und zulässiges Mittel, um die Tragfähigkeit der Prognose, dass kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, zu überprüfen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 18.04.2011 – 12 ME 274/10 –, NuR 2011, 431 [433], RdNr. 10 in Juris). Ein Monitoring stellt allerdings – gerade bei stark frequentierten Flugrouten – kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln eines Schutzkonzepts wirkungsvoll begegnet werden soll (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O.).

41

Im konkreten Fall wurden indes in der genannten Ganzjahresstudie die konkreten Fledermausaktivitäten ermittelt. Es dürfte zwar zutreffen, dass – wie der Antragsteller erstinstanzlich unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt vom 18.06.2009 und 25.09.2010 vorgetragen hat – die im Wesentlichen auf Geländehöhe aufgestellten Horchboxen die Flugaktivitäten sämtlicher Fledermausarten im Bereich der Rotoren nicht zuverlässig erfassen können. Dies räumte auch die Gutachterin in ihrer Stellungnahme vom 14.01.2010 (Bl. 455 Beiakte B) ein, verwies aber zugleich darauf, dass die von ihr durchgeführte Untersuchung den Standardmethoden zur Untersuchung der Fledermausfauna im Zuge der Errichtung von Windenergieanlagen entspreche. Weiter gab sie an, dass es zwar sinnvoll gewesen wäre, im Zuge der Untersuchungen im Jahre 2007 an einem mobilen Messturm bereits Messungen in der Höhe vorzunehmen, an anderen Standorten in Deutschland bei vergleichenden Untersuchungen in der Höhe und am Boden aber bereits mehrfach belegt worden sei, dass die Aktivität am Boden in der Regel deutlich über der Aktivität in der Höhe liege; Ausnahmen bildeten Windenergieanlagenstandorte direkt im Wald. Auch die Landesreferenzstelle für Fledermausschutz kam in ihrer Stellungnahme vom 25.09.2010 (Bl. 465 der Beiakte B) ungeachtet des Umstandes, dass auch aus ihrer Sicht die – übliche – Methode, Horchboxen terrestrisch aufzustellen, die tatsächlichen Aktivitäten der Fledermäuse auf dem Nabenhöhen-Niveau nicht widerspiegle, zu dem Ergebnis, dass die Unterschreitung des Abstandes zwischen Windenergieanlagen und Wald von 200 m zulässig sei, da nur geringe Aktivitäten von Fledermäusen vom Boden registriert worden seien. Entsprechend der in dieser Stellungnahme ausgesprochenen Empfehlung erteilte der Antragsgegner die angefochtene Genehmigung gemäß § 12 Abs. 2a Satz 1 BImSchG unter dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme von Abschaltzeiten für die Windenergieanlagen Nr. 2, 5 und 8 in Auswertung des Gondelmonitorings, um bei dennoch festgestellter erhöhter Aktivität von Feldermäusen im Bereich der Rotoren wirksam reagieren zu können. Vor diesem Hintergrund erscheint es naturschutzfachlich vertretbar, die verbleibende Unsicherheit, ob nicht doch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bei einzelnen Fledermausarten gegeben ist, für einen begrenzten Zeitraum hinzunehmen.

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 2.2.6. Die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung dürfte auch nicht – wie der Antragsteller erstinstanzlich vorgetragen hat – wegen einer unzureichenden UVP-Vorprüfung fehlerhaft sein.

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Gemäß § 3c Satz 1 UVPG, ist, sofern in der Anlage 1 für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 ist bei einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von mehr als 50 m mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen und damit auch für Vorhaben der hier streitigen Art eine allgemeine Vorprüfung erforderlich. Eine solche Vorprüfung hat der Antragsgegner hier durchgeführt. Sie ist im Schreiben an das Referat 402.2.6 vom 24.09.2010 (Bl. 526 der Beiakte B) dokumentiert. Die Entscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wurde im Amtsblatt des Antragsgegners vom 15.03.2011 gemäß § 3a Satz 2 UVPG bekannt gemacht. Beachtliche Fehler bei der Vorprüfung dürften nicht vorliegen.

44

Bei der UVP-Vorprüfung muss die Behörde aufgrund summarischer Ermittlungen und Bewertungen eine Prognose anstellen. Angesichts des Gesetzeswortlauts („Einschätzung" der Behörde) und wegen des Prognosecharakters der Vorprüfung besitzt die Behörde auch insoweit einen gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative). Dem trägt die Vorschrift des § 3a Satz 4 UVPG Rechnung, nach der die auf einer Vorprüfung des Einzelfalls beruhende Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die Einschätzungsprärogative der Behörde erstreckt sich auch auf die Frage, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen (und die eigenen Informationen der Behörde) eine geeignete Grundlage bilden, um unverzüglich aufgrund überschlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens zu entscheiden. Inhaltlich umfasst die richterliche Kontrolle der negativen Feststellung (§ 3a Satz 1 UVPG) nach einer Vorprüfung die Frage, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 zum Gesetz aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1) und (aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung) insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, naturschutzfachlich nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 – 4 C 16.04 –, BVerwGE 127, 208 [228 f.], RdNr. 48 ff.). Nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist; im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen lediglich dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (VGH BW, Beschl. v. 25.09.2012 – 10 S 731/12 –, DVBl 2012, 1506, RdNr. 28 in Juris, m.w.N.). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist; dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 –, BVerwGE 141, 282 [288], RdNr. 29).

45

Nach der Anlage 2 sind, soweit in § 3c Satz 1 und 2 UVPG, auch in Verbindung mit den §§ 3e und 3f UVPG auf diese Anlage Bezug genommen wird, nachstehende Kriterien anzuwenden:

46

1. Merkmale der Vorhaben

47

Die Merkmale eines Vorhabens sind insbesondere hinsichtlich folgender Kriterien zu beurteilen:

48

1.1 Größe des Vorhabens,

49

1.2 Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft,

50

1.3 Abfallerzeugung,

51

1.4 Umweltverschmutzung und Belästigungen,

52

1.5 Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien.

53

2. Standort der Vorhaben

54

Die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets, das durch ein Vorhaben möglicherweise beeinträchtigt wird, ist insbesondere hinsichtlich folgender Nutzungs- und Schutzkriterien unter Berücksichtigung der Kumulierung mit anderen Vorhaben in ihrem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu beurteilen:

55

2.1 bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung (Nutzungskriterien),

56

2.2 Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes (Qualitätskriterien),

57

2.3 Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes (Schutzkriterien):

58

2.3.1 Natura 2 000-Gebiete nach § 7 Absatz 1 Nummer 8 des Bundesnaturschutzgesetzes,

59

2.3.2 Naturschutzgebiete nach § 23 des Bundesnaturschutzgesetzes, soweit nicht bereits von Nummer 2.3.1 erfasst,

60

2.3.3 Nationalparke und Nationale Naturmonumente nach § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes, soweit nicht bereits von Nummer 2.3.1 erfasst,

61

2.3.4 Biosphärenreservate und Landschaftsschutzgebiete gemäß den §§ 25 und 26 des Bundesnaturschutzgesetzes,

62

2.3.5 Naturdenkmäler nach § 28 des Bundesnaturschutzgesetzes,

63

2.3.6 geschützte Landschaftsbestandteile, einschließlich Alleen, nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes,

64

2.3.7 gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes,

65

2.3.8 Wasserschutzgebiete nach § 51 des Wasserhaushaltsgesetzes, Heilquellenschutzgebiete nach § 53 Absatz 4 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete nach § 73 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Überschwemmungsgebiete nach § 76 des Wasserhaushaltsgesetzes,

66

2.3.9 Gebiete, in denen die in den Gemeinschaftsvorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind,

67

2.3.10 Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte, insbesondere Zentrale Orte im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 2 des Raumordnungsgesetzes,

68

2.3.11 in amtlichen Listen oder Karten verzeichnete Denkmäler, Denkmalensembles, Bodendenkmäler oder Gebiete, die von der durch die Länder bestimmten Denkmalschutzbehörde als archäologisch bedeutende Landschaften eingestuft worden sind.

69

3. Merkmale der möglichen Auswirkungen

70

Die möglichen erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens sind anhand der unter den Nummern 1 und 2 aufgeführten Kriterien zu beurteilen; insbesondere ist Folgendem Rechnung zu tragen:

71

3.1 dem Ausmaß der Auswirkungen (geographisches Gebiet und betroffene Bevölkerung),

72

3.2 dem etwaigen grenzüberschreitenden Charakter der Auswirkungen,

73

3.3 der Schwere und der Komplexität der Auswirkungen,

74

3.4 der Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen,

75

3.5 der Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen.

76

Mit diesen Kriterien wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die wesentlichen Gesichtspunkte, unter denen sich nachteilige Umweltauswirkungen eines Vorhabens als „erheblich“ darstellen können, in die Vorprüfung einbezogen werden (Sagenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UVPG § 3c RdNr. 23).

77

Gemessen daran dürfte die Vorprüfung des Antragsgegners nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden sein. Dem Schreiben an das Referat 402.2.6 vom 24.09.2010 (Bl. 526 der Beiakte B) lässt sich entnehmen, dass sich der Antragsgegner an den in der Anlage 2 zu § 3c Satz 1 und 2 UVPG aufgeführten Kriterien orientiert hat. Er hat dabei insbesondere auch gemäß Nr. 2.3.1 der Anlage 2 die Lage der Standorte der einzelnen Windenergieanlagen zu Natura 2000-Gebieten, insbesondere zum FFH-Gebiet „Bürgerholz“ berücksichtigt. Aufgrund der vorliegenden naturschutzfachlichen Gutachten und Stellungnahmen durfte der Antragsgegner voraussichtlich davon ausgehen, dass das Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen insbesondere auf das FFH-Gebiet „Bürgerholz“ haben wird. Er hat die dort lebende Schwarzstorchpopulation in den Blick genommen und entsprechende Schutzmaßnahmen festgelegt. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass das FFH-Gebiet wegen des Abstandes von ca. 2.000 m durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht „erheblich“ beeinträchtigt wird, dürfte aus den oben bereits dargelegten Gründen naturschutzfachlich vertretbar sein.

78

 3. Kann aber die Klage nach summarischer Prüfung nur hinsichtlich der Windenergieanlage Nr. 9 Erfolg haben, ist die aufschiebende Wirkung auch nur in diesem Umfang wiederherzustellen.

79

Eine nur teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt in Betracht, wenn die Genehmigung teilbar ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.11.2010 – 2 M 142/10 –, BauR 2011, 667, RdNr. 5 in Juris). Dies ist dann der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben teilbar ist und sich ein abtrennbarer rechtmäßiger Teil feststellen lässt; es muss ohne den abzutrennenden Teil ein sinnvolles und dem Willen des Bauherrn entsprechendes Vorhaben übrig bleiben (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 06.11.1992 – 1 M 4717/92 –, Juris, RdNr. 12). Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn – wie hier – anstelle von 9 Windenergieanlagen lediglich 8 errichtet und betrieben werden.

80

 B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.

81

 C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat schließt sich der Bemessung des Streitwerts der Vorinstanz in Anlehnung an Nr. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit an.

82

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverband, wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche (weitere) Genehmigung für einen Steinbruchbetrieb. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 18. Oktober 2010 erteilte das Landratsamt C. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Steinbruchs (nunmehr auch unter Verwendung von Sprengstoff) auf Teilflächen der Grundstücke FlNrn. 201 bis 204, 206 bis 209 und 209/2 der Gemarkung B. sowie zum Betrieb einer mobilen Brecher- und Siebanlage auf den vorgenannten Flächen und zur anschließenden Wiederverfüllung und Rekultivierung. Nach dem Vortrag der Beigeladenen habe schon von 1967 bis 1990 ein genehmigter Steinbruchbetrieb unter Verwendung von Sprengstoff sowie einer Brecher- und Siebanlage auf den heutigen FlNrn. 209/1 und 209/2 existiert; im Jahr 2002 sei der Steinbruchbetrieb (mit Genehmigungen vom 10.1.2002 und 29.4.2002 zum Schürfen und zum Betrieb einer mobilen Brecheranlage) wieder aufgenommen worden; die jetzt streitgegenständliche Genehmigung betreffe die Einbeziehung weiterer, unmittelbar an das bestehende Abbaugelände angrenzender Flächen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 18. Oktober 2010 wurde dem Kläger nicht zugestellt. Vier Anfechtungsklageverfahren Drittbetroffener wegen der genannten Genehmigung, an denen der Kläger allerdings nicht beteiligt war, endeten mit einem bestandskräftigen gerichtlichen Vergleich bzw. durch Klagerücknahme. Der Vergleich enthielt Einschränkungen der erlaubten Sprengungen nach Anzahl und Tageszeit (an höchstens zwei Werktagen - ohne Samstage - pro Jahr und nur in der Zeit von 10:00 bis 12:00 Uhr und von 14:00 bis 17:00 Uhr) sowie die Verpflichtung der Beigeladenen zur Durchführung von Erschütterungsmessungen bei den ersten drei Gewinnungssprengungen.

Der Kläger hat am 19. Oktober 2011 Klage erhoben und geltend gemacht, er sei rechtsfehlerhaft im Genehmigungsverfahren nicht beteiligt worden und habe von der erteilten Genehmigung erst durch Presseberichte Kenntnis erlangt. Die Genehmigung verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen Artenschutzvorschriften nach dem Bundesnaturschutzgesetz, gegen das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung und gegen Regelungen der Flora-Fauna-Habitat- sowie der Vogelschutzrichtlinie.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage mit Urteil vom 20. November 2013 ab, weil der Kläger nicht klagebefugt sei. Bejahe man aber eine aus dem Unionsrecht ableitbare Klagebefugnis, so wäre die Klage jedenfalls unbegründet, weil die angegriffene immissionsschutzrechtliche Genehmigung keine auf Unionsrecht beruhenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen verletze und auch mit nationalen naturschutzrechtlichen Bestimmungen im Einklang stehe.

2. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils, den Zulassungsantrag abzulehnen, weil ergebnisbezogene ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht vorlägen und auch die übrigen Zulassungsgründe nicht gegeben oder nicht ausreichend dargelegt seien.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist erfolglos. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen die ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 5 VwGO) nicht hervortreten.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die der Kläger unter Nr. I der Antragsbegründung geltend macht, bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 62 f.). Gemessen an diesen Voraussetzungen ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers keine ernstlichen Zweifel.

1.1. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 1 VwGO ergebe sich weder aus einer Vorschrift des Bundesnaturschutzgesetzes (Nr. I.1 der Entscheidungsgründe), noch aus § 2 Abs. 1 UmwRG (Nr. I.2) noch aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften (Nr. I.3), setzt sich der Kläger in seiner Antragsbegründung substantiiert nur mit dem Entscheidungsgrund Nr. I.2 auseinander. Er bemängelt, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft übersehen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - eine Klagebefugnis nicht mit der Begründung verneint werden könne, dass das Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung (nachfolgend: UV-Vorprüfung) nicht zu beanstanden sei. Inwieweit dieses Vorbringen für sich genommen den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel hervortreten lässt, kann offen bleiben. Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung nämlich in zweiter Linie auf deren Unbegründetheit gestützt. Und diesbezüglich rechtfertigt das Vorbringen des Klägers die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils nicht.

1.2. Bei seiner Prüfung, ob die (standortbezogene) UV-Vorprüfung vorliegend mit Fehlern behaftet war, hat sich das Verwaltungsgericht an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientiert.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Vorprüfung verfahrenslenkende Funktion und ist deshalb in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3c UVPG, BR-Drucks. 674/00, S. 89), mit der weiteren Folge, dass sich in einem etwaigen nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die gerichtliche Überprüfung des Ergebnisses der Vorprüfung nach § 3a Satz 4 UVPG auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt (BVerwG, U.v. 20.12.2011 - 9 A 31/10 - NVwZ 2012, 575, Leitsatz 1 und juris Rn. 24, unter Hinweis auf BR-Drucks. 551/06, S. 43). Freilich darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde auch ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Frage zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (BVerwG, U.v. 20.12.2011, a. a. O., Rn. 25 m. w. N.).

In späteren Urteilen haben das Bundesverwaltungsgericht wie auch der Verwaltungsgerichtshof an diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab festgehalten; Anlass, die Vereinbarkeit des § 3a Satz 4 UVPG mit dem Unionsrecht - namentlich im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 7. November 2013 („Altrip“, a. a. O.) - zu thematisieren, haben beide Gerichte nicht gesehen (BVerwG, U.v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - NVwZ 2014, 669, juris Rn. 26 ff.; BayVGH, U.v. 20.5.2014 - 22 A 12.40062 - juris Rn. 21). Mit dieser rechtlichen Beurteilung im Einklang steht auch die Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, der ausgeführt hat, das Urteil des EuGH („Altrip“, a. a. O.) beziehe sich im Wesentlichen auf den Umfang des Rügerechts und bringe zum Ausdruck, dass es nicht nur möglich sein müsse, das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung (nachfolgend: UV-Prüfung), sondern auch deren fehlerhafte Durchführung geltend zu machen; eine Aussage darüber, in welchen Fällen - nach Durchführung einer UV-Vorprüfung - eine UV-Prüfung durchzuführen sei, werde hingegen in diesem Urteil nicht getroffen (HessVGH, B.v. 28.01.2014 - 9 B 2184/13 - juris Rn. 12).

Für den Maßstab, der bei der Untersuchung nach § 3c UVPG, ob eine UV-Prüfung durchzuführen ist, anzulegen ist und auch durch die Einräumung eines Einschätzungsspielraums nicht dispensiert wird, gilt nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 17. Dezember 2013 (a. a. O., Rn. 37) Folgendes: Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine UV-Prüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen allerdings nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, U.v. 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 30). Denn die UV-Prüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen (BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 = Buchholz 406.251 § 17 UVPG Nr. 1 S. 6). Sie ist ein formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf die Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange und dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen (BVerwG, U.v. 25.1.1996 - 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 107 S. 62 f.).

Aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich nicht, dass vorliegend das Landratsamt und - ihm folgend - das Verwaltungsgericht diese Maßstäbe falsch angewandt hätten. Der Kläger vermochte keine ernstlichen Zweifel daran darzulegen, dass die Vorprüfung des Landratsamts rechtlich fehlerfrei war.

1.3. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang (Nr. 2a der Antragsbegründung, Bl. 57 bis 59 der VGH-Akte) bemängelt, das Verwaltungsgericht habe die Ausführungen des EuGH im „Altrip-Urteil“ (U.v. 7.11.2013, a. a. O.) nicht berücksichtigt, geht dieser Einwand fehl, weil im vorliegenden Fall keiner der vom EuGH in der genannten Entscheidung entwickelten Rechtssätze inmitten steht. Die vom Kläger vorliegend zitierten Ausführungen des EuGH betreffen die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Januar 2012 - 7 C 20.11 - NVwZ 2012, 448 gestellte dritte Vorlagefrage, ob (ohne Widerspruch zu Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG) die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs kumulativ von zwei Voraussetzungen abhängig gemacht werden dürfe, dass nämlich a) der Rechtsbehelfsführer nachweisen könne, dass aufgrund des von ihm geltend gemachten Verfahrensfehlers nach den Umständen des konkreten Falls die angegriffene Entscheidung ohne diesen Fehler möglicherweise anders ausgefallen wäre, und dass b) durch den Fehler eine materielle Rechtsposition des Klägers betroffen sei. Während sich der EuGH zur letztgenannten fraglichen Voraussetzung nicht geäußert hat (EuGH, U.v. 7.11.2013, a. a. O., Rn. 55 und 56), hat er es (unter Rn. 57) als grundsätzlich für zulässig und im Einklang mit Art. 10a Buchst. b der Richtlinie 85/337/EWG erachtet, eine Rechtsverletzung im Sinne dieses Artikels dann zu verneinen, wenn „nachweislich die Möglichkeit besteht, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Rechtsbehelfsführer geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre“. Für unvereinbar mit Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG hält der Europäische Gerichtshof hierbei lediglich, dem Rechtsbehelfsführer die Beweislast dafür aufzubürden, dass der - festgestellte - Verfahrensfehler sich auf das Ergebnis ausgewirkt hat oder hat auswirken können.

Vorliegend dagegen geht es nicht um die Kausalität eines - festgestellten - Rechtsfehlers bei der UV-Vorprüfung, sondern um die vorgelagerte Frage, ob ein solcher Fehler überhaupt vorliegen könnte. In Rede stehen vorliegend zum einen die Kriterien für eine standortbezogene Einzelfallvorprüfung, ob eine - unter Beteiligung des Klägers als Teil der Öffentlichkeit durchzuführende - UV-Prüfung geboten ist, sowie zum andern der Maßstab für die gerichtliche Kontrolle des im Verwaltungsverfahren gewonnenen Vorprüfungsergebnisses.

1.4. Soweit der Kläger unter Nr. I.1.b (S. 6 ff. der Antragsbegründung) geltend macht, das angegriffene Urteil sei auch dann falsch, wenn man - mit dem Verwaltungsgericht - es für ausreichend erachte, dass die von der Genehmigungsbehörde vollzogene UV-Prüfung nachvollziehbar sei, ist ihm nicht zu folgen. Nach Auffassung des Klägers ist zu Unrecht eine Untersuchung unterblieben, ob mit dem genehmigten Vorhaben Verstöße gegen den Artenschutz einhergehen könnten. Relevante Artengruppen seien überhaupt nicht untersucht werden, insbesondere das mögliche Vorkommen der Gelbbauchunke und von Fledermäusen. Insoweit leide die Vorprüfung an schweren Ermittlungsfehlern, die das Verwaltungsgericht übersehen habe, obgleich der Kläger diesbezüglich ein privates Kurzgutachten eines biologischen Sachverständigen vorgelegt habe. Die UV-Vorprüfung sei daher gerade nicht nachvollziehbar.

Dem ist nicht zu folgen. Dass das Verwaltungsgericht einen fehlerhaften Prüfungsmaßstab angewandt hätte, macht der Kläger nicht geltend. Seine Darlegungen rechtfertigen auch nicht das Verdikt, die Vorprüfung leide an schwer wiegenden, auf die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses durchschlagenden Ermittlungsfehlern oder das Ergebnis liege außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung. Mit der Behauptung, die Untersuchung „relevanter“ Artengruppen sei unterlassen und das „mögliche“ Vorkommen von Gelbbauchunken und Fledermäusen sei übersehen worden, lassen sich im vorliegenden Fall rechtserhebliche Ermittlungsfehler nicht begründen. Dahinstehen kann insofern, inwieweit der individuenbezogene Artenschutz überhaupt Thema der eher gebietsbezogenen UV-Vorprüfung sein kann. Wie sich aus den Entscheidungsgründen (S. 10, letzter Abschnitt, bis S. 13, Abschn. 2) ergibt, hat das Verwaltungsgericht im Anschluss an das Landratsamt den Einwand eines Vorkommens von Gelbbauchunken in einem Sekundärbiotop außerhalb des streitgegenständlichen neuen Abbaugebiets nicht übersehen, von diesem Bereich jedoch gerade das streitgegenständliche Abbaugelände unterschieden und zu diesem Gebiet dargelegt, dass weder im Vortrag des Vertreters der unteren Naturschutzbehörde noch in demjenigen des Klägers selbst von Wasserflächen in nennenswertem Umfang (als potentiellen Lebensräumen für die Gelbbauchunke) im neuen Abbaugebiet die Rede gewesen sei, und dass sich auch in den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere in der im landschaftspflegerischen Begleitplan enthaltenen speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, keine Hinweise in diese Richtung fänden. Hinsichtlich etwaiger Vorkommen von Fledermäusen hat das Verwaltungsgericht dargelegt (Entscheidungsgründe, S. 11, Abschn. 3, bis S. 13, Abschn. 2), weshalb im Zeitpunkt der Erstellung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung und im Zeitpunkt der angegriffenen Genehmigung mit dem Vorkommen von Fledermäusen in Spalten des Steinbruchs nicht (im Sinn eines „Anfangsverdachts“) zu rechnen gewesen sei, so dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft weitere Ermittlungen nicht erforderlich erschienen. Hinzugefügt hat das Verwaltungsgericht, dass in der mündlichen Verhandlung - mehr als drei Jahre nach Erlass der angegriffenen Genehmigung - weder der Kläger noch der orts- und fachkundige Vertreter der unteren Naturschutzbehörde berichtet habe, dass im bestehenden Steinbruch jemals Fledermäuse gesehen worden seien.

Die mit der Nr. 6840-197 in der Biotopkartierung erfasste, röhrichtbestandene Feuchtfläche im mittleren Bereich der Flur-Nr. 209/1, auf der Gelbbauchunken leben, befindet sich nördlich des bestehenden Steinbruchabbaugeländes im Bereich des stillgelegten Steinbruchs („Biotopfläche Staatliches Bauamt“), wogegen die streitgegenständliche Erweiterung südlich des Abbaugeländes weiter nach Süden und - in geringerem Maß - auch nach Westen und Osten erfolgen soll. Dies ergibt sich u. a. aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 2. Juli 2009 (S. 3, Abschn. 3, Bl. 355 der Behördenakte) und vom 1. Juni 2010 (S. 2 Mitte, Bl. 533), verschiedenen Plänen (Bestands- und Konfliktplan vom 7.11.2008, Bl. 751, Abbauplan-Tektur vom 20.8.2009, Bl. 762) und dem landschaftspflegerischen Begleitplan zum Vorhaben (vom 7.11.2008, Nr. 4.6, S. 7, Bl. 724, Nr. 6.2, S. 10, Bl. 727, Nr. 6.3 S. 11, Bl. 728). Sprengungen dürfen nach dem Genehmigungsbescheid unter Berücksichtigung des bestandskräftigen gerichtlichen Vergleichs grundsätzlich nur zwei Mal jährlich erfolgen und betreffen (nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, vgl. S. 13 oben des Urteils) jeweils nur verhältnismäßig kleine Bereiche des Steinbruchgeländes. Angesichts dieser Umstände reicht der Vortrag, im früheren Abbaugelände gebe es Gelbbauchunken und Fledermäuse könnten in Spalten von Steinbrüchen vorkommen, nicht aus, um die Notwendigkeit einer UV-Prüfung zu begründen.

Dass das Landratsamt den o.g. Einschätzungsspielraum bei der Heranziehung geeigneter Unterlagen und Informationen für eine überschlägige Prüfung unter diesen Voraussetzungen überschritten hätte, ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht. Der Kläger behauptet zwar, die artenschutzrechtliche Prüfung durch das Landratsamt sei lückenhaft gewesen und er sei ihr mit seinem (nach Autor, Datum und Fundstelle nicht bezeichneten) Privatgutachten substantiiert entgegengetreten, so dass sich Artenschutzrechtsverstöße nicht sicher hätten ausschließen lassen können. Dies genügt aber schon nicht den Darlegungsanforderungen in einem Antrag auf Zulassung der Berufung, weil der Kläger eine substantiellen Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts versäumt, das auf mehr als drei Seiten (S. 10 unten bis S. 13 unten) ausgeführt hat, weshalb nach seiner Ansicht ein Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbote nicht vorliegt. Hinzu kommt, dass der Ersteller des vom Kläger offensichtlich gemeinten „Kurzgutachtens“ (Dipl.-Ing. R. M. Stellungnahme vom 3.10.2011, Anlage K1 zum Schriftsatz vom 14.10.2011, Bl. 50 der VG-Akte zum Verfahren RO 7 K 11.1623) als Ergebnis seiner „Abschätzung der Auswirkungen von Sprengarbeiten auf das Gelände des Steinbruchs R. bei U.“ selbst nicht erklärt, eine UV-Prüfung sei geboten, sondern seine Stellungnahme nur mit der Forderung abschließt, es sei „abzuklären, ob hier die standortbezogene Vorprüfung ausreichend ist oder ob nicht doch eine UVP durchzuführen wäre“.

1.5. Auch der Einwand des Klägers, das Ergebnis der UV-Vorprüfung (wonach keine UV-Prüfung nötig sei) sei deswegen nicht nachvollziehbar, weil das streitgegenständliche Vorhaben in einem Landschaftsschutzgebiet mit den dort geltenden Verboten nach § 30 Abs. 1 bis 3 BNatSchG liege, führt nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags.

Dass der Standort eines Vorhabens im Landschaftsschutzgebiet für die Beantwortung der Frage, ob eine standortbezogene UV-Prüfung vorzunehmen ist, grundsätzlich relevant ist, ergibt sich zwar aus der - vom Kläger nicht erwähnten - Nennung solcher Gebiete unter Nr. 2.3.4 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Dass ein Kriterium der Anlage 2 im konkreten Fall erfüllt ist, macht indes eine UV-Prüfung noch nicht notwendig. Das Kriterium ist bei der Vorprüfung gemäß § 3c UVPG von der Genehmigungsbehörde zwar zu berücksichtigen; es verbleibt aber gleichwohl ein Einschätzungsspielraum, innerhalb dessen die Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung zu entscheiden hat, ob ein Vorhaben erhebliche nachteilige, nach § 12 UVPG zu berücksichtigende Umweltauswirkungen haben kann (§ 3c Satz 1 UVPG). Darin, dass vorliegend das Landratsamt in Wahrnehmung seines Einschätzungsspielraums - neben anderen Gesichtspunkten - das Verhältnis eines großflächigen Landschaftsschutzgebiets einerseits zu den darin nur punktuell vorkommenden Biotopen andererseits berücksichtigt hat, liegt kein Rechtsfehler. Soweit der Kläger geltend macht (S. 10 unten der Antragsbegründung), „die Ausnahme oder Befreiung“ sei in nicht rechtmäßiger Weise erfolgt und schon deshalb sei die angegriffene Genehmigung rechtswidrig, legt er nicht dar, worin der Rechtsfehler liegen soll. Die vom Kläger (auf S. 10 der Antragsbegründung) angesprochenen Verbote nach § 30 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 BNatSchG und die Möglichkeit, von diesen Verboten eine Ausnahme zuzulassen (§ 30 Abs. 3 BNatSchG), sind vorliegend nicht einschlägig. Die genannten Verbote betreffen nämlich nicht generell Landschaftsschutzgebiete (vgl. die Legaldefinition in § 26 Abs. 1 BNatSchG), sondern nur gesetzlich geschützte Biotope. Soweit dagegen die Entbindung von einem in der Landschaftsschutzgebietsverordnung enthaltenen Verbot oder Gebot in Rede steht, hat das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen mehrfach (z. B. S. 13 unten) ausgeführt, dass im Hinblick darauf die untere Naturschutzbehörde keine durchgreifenden Bedenken gegen das Vorhaben erhoben und nachvollziehbar ihr Einvernehmen zu den geplanten Eingriffen erteilt hat; diese Einschätzung beruht u. a. auf den - vom Kläger nicht angegriffenen - Ausführungen des Beigeladenenvertreters in der mündlichen Verhandlung (S. 4 unten des Protokolls vom 20.11.2013), wonach in dem praktisch den gesamten Landkreis umfassenden Landschaftsschutzgebiet Biotope nur punktuell vorkämen. Der Kläger geht in der Begründung seines Zulassungsantrags auf weite Teile der Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, weshalb das Ergebnis der UV-Vorprüfung (Entbehrlichkeit einer UV-Prüfung) nachvollziehbar sei, nicht ein.

2. Bezüglich der geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) der behaupteten - mehrfach - unzureichenden Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) genügen die Darlegungen des Klägers (Nr. I.3 und Nr. III der Antragsbegründung) nicht den Anforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Der Kläger legt nämlich nicht dar, welche Tatsachen das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung, auf die es insoweit ausschließlich ankommt (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 48 m. w. N.), noch hätte aufklären müssen. Zwar besteht nach § 86 Abs. 1 VwGO eine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts. Ein Gericht verletzt diese Pflicht jedoch grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine von einem Rechtsanwalt vertretene Partei nicht beantragt hat (ständige Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B.v. 22.2.1988 - 7 B 28/88 - NVwZ 1988, 1019/1020). Der Kläger hätte deshalb darlegen müssen, dass er bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben er nunmehr rügt, hingewirkt hat, oder dass sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Ferner hätte er darlegen müssen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 - AZ - NJW 1997, 3328). An all dem fehlt es hier. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der anwaltlich vertretene Kläger keinen Beweisantrag gestellt.

In Bezug auf die - nach Ansicht des Klägers - bezüglich des Artenschutzes zu bemängelnden Ermittlungsdefizite des Verwaltungsgerichts (Nr. I.3.b, S. 11 bis 13 der Antragsbegründung) ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers die behaupteten Verfahrensmängel nicht. Der Kläger beanstandet (auf S. 12 oben der Antragsbegründung), das Verwaltungsgericht habe sich mit der Aussage der unteren Naturschutzbehörde begnügt, bei Besuchen im Steinbruch weder Spalten als für Fledermäuse geeignete Aufenthaltsorte noch Fledermäuse selbst gesehen zu haben, es habe demzufolge rechtsfehlerhaft nicht den Beweis für erforderlich gehalten, dass es im Steinbruch keine Fledermäuse gebe. Nach der genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs obliege nämlich der Behörde bzw. dem deren Entscheidung überprüfenden Gericht eine solche negative Beweisführung, zumal manche Fledermausarten im Anhang IV der FFH-Richtlinie genannt und deswegen besonders schützenswert seien und außerdem Steinbrüche nach neueren Studien häufig geeigneter Lebensraum für Fledermäuse sein könnten. Weshalb sich dem Verwaltungsgericht, das der Auffassung der unteren Naturschutzbehörde gefolgt sei, eine Beweiserhebung habe aufdrängen müssen, obgleich der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretene Kläger selbst keinen Beweisantrag gestellt hat, legt der Kläger nicht dar. Mit seinem Vortrag verkennt der Kläger zudem das auch unionsrechtlich normierte und von der Rechtsprechung anerkannte Bestehen eines Einschätzungsspielraums der Genehmigungsbehörde sowohl bei der UV-Vorprüfung als auch bei den artenschutzrechtlichen Verboten. Ermittlungsdefizite sind nicht von den Verwaltungsgerichten zu schließen, sondern von den dazu besonders ermächtigten Behörden. Entscheidungen, die auf Ermittlungsdefiziten beruhen, müssen aufgehoben werden, ohne dass es zu einer gerichtlichen Beweisaufnahme zur Schließung der Ermittlungslücke kommen darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris). Entsprechendes gilt für den gleichartigen Vortrag des Klägers, soweit er das Vorkommen von Gelbbauchunken anspricht (S. 12 unten der Antragsbegründung).

3. Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht (Nr. II, S. 13/14 der Antragsbegründung), hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (BayVGH, B.v. 1.6.2011 - 22 ZB 11.579 - juris Rn. 11; zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, Rn. 36 bis 39 zu § 124 VwGO). Soweit der Kläger Fragen der Verbandsklagebefugnis als grundsätzlich bedeutsam aufwirft, sind diese nicht klärungsfähig, weil es auf sie auch in einem Berufungsverfahren nicht ankäme, sondern - wie dargelegt - die Klage jedenfalls unbegründet wäre. Die Formulierung der - nach Ansicht des Klägers grundsätzlich bedeutsamen - Frage, „inwiefern [es] die bisherige Praxis von Gerichten und Behörden, Umweltrechtsverbänden den Zugang zu Gerichten zu verwehren, mit dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu einem Überprüfungsverfahren, um die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anzufechten, in Einklang zu bringen ist“, genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht. Die Frage, „inwieweit bzw. unter welchen Umständen die Tatsache, dass ein streitgegenständliches Vorhaben in einem Landschaftsschutzgebiet liegt und daher eine Ausnahmeentscheidung i. S. d. § 30 Abs. 3 BNatSchG erforderlich wäre, bereits für sich eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auslösen kann“, würde sich in einem Berufungsverfahren schon deshalb nicht stellen, weil § 30 Abs. 3 BNatSchG sich nicht generell auf Landschaftsschutzgebiete bezieht. Abgesehen davon bedarf keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren, dass die Lage eines Vorhabens im Landschaftsschutzgebiet und die damit im konkreten Einzelfall verbundenen gesetzlichen Schutzvorschriften - wie oben ausgeführt - Bedeutung innerhalb der standortbezogenen UV-Vorprüfung nach § 3c UVPG unter Beachtung der Kriterien nach Nr. 2.3.4 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung haben, sowie dass gleichwohl ein Einschätzungsspielraum besteht. Auch die Frage, ob im Sinn der genannten jüngsten Rechtsprechung des EuGH eine wegen unzureichender Datengrundlage fehlerhafte UV-Vorprüfung bereits deswegen rügefähig sei, ist vorliegend nicht klärungsfähig, weil sich ein derartiger Verfahrensfehler aus den Darlegungen des Klägers nicht ergibt. Soweit der Kläger als ungeklärt bezeichnet, „ob im Rahmen einer zulässigen Verbandsklage der volle Prüfungsumfang für die Begründetheitsprüfung gegeben ist, oder dieser sich an die Zulässigkeitsfrage anlehnt“, ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, inwiefern diese Frage im vorliegenden Fall entscheidungserheblich sein könnte.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.

2

Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.

3

Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.

4

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.

5

Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.

11

Die Beigeladene hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

14

Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.

15

Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.

16

Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.

17

Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.

18

Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.

19

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.

21

Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.

22

Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.

23

Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.

24

Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.

25

Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.

26

Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.

27

Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.

28

Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.

29

Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.

30

Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.

31

Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.

32

Die Klägerin beantragt,

33

das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.

37

Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

38

Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.

39

Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.

40

Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.

41

Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.

42

In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.

43

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:

46

Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.

47

Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.

48

Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.

49

Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.

50

Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

53

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.

54

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.

55

Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).

56

2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

57

2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.

58

Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).

59

Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.

60

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.

61

2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.

62

Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.

63

Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.

64

2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.

65

2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.

66

Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).

67

Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).

68

2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.

69

2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).

70

Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.

71

2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.

72

2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.

73

2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.

74

a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.

75

Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).

76

Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).

77

b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

78

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

79

Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).

80

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.

81

§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).

82

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.

83

Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.

84

Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.

85

Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.

86

2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.

87

Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).

88

Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.

89

2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

90

Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

91

2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

92

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).

93

2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

94

2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

95

a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).

96

Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).

97

b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

98

c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.

99

d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.

100

Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.

101

Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.

102

aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.

103

Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.

104

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.

105

Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.

106

bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.

107

aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.

108

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.

109

Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.

110

Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.

111

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.

112

Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.

113

Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.

114

bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.

115

ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.

116

Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.

117

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.

118

Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.

119

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.

120

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.

121

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).

122

Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:

123

zin m

 CORINE-Klasse

 0.01 

Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)

 0,02 

Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)

 0,05 

Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)

 0,10 

Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)

 0,20 

Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)

 0,50 

Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)

 1,00 

Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)

 1,50 

Laubwälder (311); Mischwälder (313)

 2,00 

Durchgängig städtische Prägung (111)

124

Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.

125

Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.

126

Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.

127

Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.

128

Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.

129

2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.

130

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).

131

Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.

132

2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.

133

Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.

134

Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).

135

Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.

136

2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.

137

Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).

138

2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.

139

a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).

140

b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

141

c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

142

d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.

143

aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).

144

Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.

145

bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.

146

Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).

147

aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.

148

bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.

149

ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.

150

Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.

151

dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.

152

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

153

aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).

154

Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.

155

Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.

156

bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).

157

Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.

158

ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).

159

Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).

160

Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.

161

ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.

162

Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.

163

2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

164

Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.

165

2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).

166

2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.

167

Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.

168

2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

169

Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).

170

Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

171

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

172

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

173

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. August 2015 wird in den Nummern 1 und 2 geändert.

II.

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Antragsgegner aufgegeben wird, eine von ihm auszuwählende, mit dem Vorhaben bisher noch nicht befasste und gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle mit der Erstellung eines nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) zu fertigenden Prognosegutachtens zu beauftragen. Das Gutachten muss dem Landratsamt A. sowie der Antragstellerin und der Beigeladenen bis spätestens 31. März 2016 zur Verfügung stehen. Es hat dazu Stellung zu nehmen, ob nach einer Inbetriebnahme der beiden mit Bescheid des Landratsamts A. vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen die Geräuschgesamtbelastung an dem nach der Nummer A.1.3 TA Lärm maßgeblichen Immissionsort des Anwesens W. 4 unter Berücksichtigung der Vorbelastung, die von allen nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen ausgeht, während der lautesten Stunde zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigen wird. Die mit Bescheid der Stadt A. vom 19. März 2015 genehmigten Windkraftanlagen in der Gemarkung C. haben dabei außer Betracht zu bleiben. Sollte diese Frage zu verneinen sein, hat sich das Gutachten ferner dazu zu äußern, welchen Voraussetzungen der Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen genügen muss, damit der vorgenannte Beurteilungspegel während der lautesten Nachtstunde nicht überschritten werden wird.

III.

Die Beigeladene wird verpflichtet, die Kosten dieses Prognosegutachtens zu tragen.

IV.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen fallen zu vier Fünfteln der Antragstellerin, zu je einem Zehntel dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu Last. Die Antragstellerin hat ferner vier Fünftel der in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

V.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die das Landratsamt A. der Beigeladenen am 17. November 2014 für die Errichtung und den Betrieb zweier Windkraftanlagen erteilt hat.

Die Antragstellerin ist eigenen Angaben zufolge u. a. Eigentümerin der Grundstücke Fl. Nr. ... und ..., die mit Wohnhäusern bebaut seien. Diese Grundstücke liegen in W.., einem Ortsteil des kreisfreien Stadt A. Die verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen sollen auf den im Gebiet des Marktes L. (Landkreis A.) liegenden Grundstücken Fl. Nr. 647 der Gemarkung U. (nachfolgend „WKA 1“ genannt) bzw. Fl. Nr. 1896 der Gemarkung R. („WKA 2“) am nördlichen Rand eines Waldgebiets errichtet werden.

2. Noch vor der Einreichung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags für diese Anlagen wies die Beigeladene das Landratsamt darauf hin, dass sie auch in der zum Gebiet der Stadt A. gehörenden Gemarkung C. die Errichtung zweier Windkraftanlagen beabsichtige. Der im April 2014 beim Landratsamt eingereichte Genehmigungsantrag für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Anlagen enthielt sodann die Erklärung, die Realisierbarkeit der beiden im Gebiet der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen, die annähernd südlich der WKA 1 bzw. südwestlich der WKA 2 am Westrand des vorerwähnten Waldgebiets entstehen sollen, lasse sich noch nicht beurteilen; das Landratsamt habe deshalb von der Verwirklichung nur der beiden vorliegend streitgegenständlichen Anlagen auszugehen.

Mit Schreiben vom 6. August 2014 setzte die Beigeladene das Landratsamt davon in Kenntnis, dass sie bei der Stadt A. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren für die zwei in der Gemarkung C. zu errichtenden Anlagen einleiten werde. Die durch die beiden hier verfahrensgegenständlichen Anlagen hervorgerufenen Geräusche sollten in dem von der Stadt A. durchzuführenden Verfahren als Vorbelastung gewertet werden.

3. In dem dem Bescheid vom 17. November 2014 vorausgehenden Genehmigungsverfahren reichte die Beigeladene ein am 12. Februar 2014 erstelltes schalltechnisches Gutachten ein, das am 24. April 2014 ergänzt wurde. Der Ermittlung der Vorbelastung wurden sowohl in der Ausarbeitung vom 12. Februar 2014 als auch in der Ergänzung hierzu jeweils die Geräuschemissionen von drei zwischen W.-... und G. bestehenden, von vier nordwestlich von W.-... geplanten (zwischenzeitlich durch Bescheid des Landratsamts A. vom 15.8.2014 genehmigten) und von zwei nordwestlich von C. liegenden Windkraftanlagen zugrunde gelegt. In der ergänzenden Ausarbeitung vom 24. April 2014 führte der Gutachter aus, bei einer Ortseinsicht am 24. August 2012 seien keine weiteren relevanten Vorbelastungsquellen entdeckt worden.

In einem Anhang zu der letztgenannten Ausarbeitung wurde eine Immissionsprognose u. a. in Bezug auf das Wohnanwesen der Antragstellerin vorgenommen. Für diesen Immissionsort, hinsichtlich dessen der Gutachter von der Maßgeblichkeit eines nächtlichen Immissionsrichtwerts von 40 dB(A) ausging, nennt die Ergänzung vom 24. April 2014 eine durch Windkraftanlagen hervorgerufene Vorbelastung von 19,8 dB(A), eine Zusatzbelastung von 36,8 dB(A) und eine durch Windkraftanlagen bedingte Gesamtbelastung von 36,9 dB(A).

Das Ergebnis der Überprüfung des Gutachtens vom 12. Februar 2014 in der Gestalt der Ergänzung vom 24. April 2014 fasste das Sachgebiet „Technischer Immissionsschutz“ des Landratsamts am 5. Juni 2014 u. a. dahingehend zusammen, dass weitere Vorbelastungen als diejenigen, die von den in diesen Ausarbeitungen berücksichtigten Windkraftanlagen hervorgerufen würden, nicht vorhanden seien.

4. Die Beigeladene hat dem Landratsamt ferner eine im Februar 2014 erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung sowie eine vom Januar 2014 stammende faunistische Bestandsaufnahme zur Verfügung gestellt. Beide Untersuchungen beziehen sich sowohl auf die vorliegend verfahrensgegenständlichen als auch auf die von der Beigeladenen im Gebiet der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen.

Hinsichtlich des Rotmilans wird in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung ausgeführt, Tiere dieser Art seien im Bereich der geplanten Windkraftanlagen als opportunistische Nahrungsgäste einzustufen; bei Durchführung der in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen sei nicht von einem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

Nachdem die Regierung von Mittelfranken - höhere Naturschutzbehörde - Bedenken gegen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vorgebracht hatte, reichte die Beigeladene eine am 10. Juli 2014 erstellte Ergänzung zu dieser Ausarbeitung ein, in der sie die Auffassung vertrat, ein projektbedingt erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan könne nach wie vor mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.

Der wiederholten Forderung der höheren Naturschutzbehörde, die Aufenthaltszeiten des Rotmilans in Bezug auf jede einzelne Anlage darzustellen, kam der Gutachter erst mit einer vom 15. August 2014 datierenden Ergänzung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung nach. In einer E-Mail an die Beigeladene vom 1. September 2014 führte die höhere Naturschutzbehörde daraufhin aus, da die Aufenthaltszeit von Rotmilanen im Gefahrenbereich der WKA 2 mit 122,46 min/km² deutlich über der durchschnittlichen Aufenthaltszeit von 66,84 min/km² im Prüfbereich liege, sei bei dieser Anlage - anders als bei der WKA 1 - von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan auszugehen. Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG müsse bei der WKA 2 demnach als erfüllt angesehen werden. Dem Landratsamt teilte die höhere Naturschutzbehörde mit Schreiben vom 17. September 2014 mit, eine Genehmigung der WKA 2 komme nur mit den Auflagen in Betracht, dass diese Anlage zum einen von Anfang April bis Ende August von 8.00 Uhr bis Sonnenuntergang abgeschaltet und zum anderen ein die Raumnutzung durch den Rotmilan betreffendes Monitoring angeordnet werde, das die Wirksamkeit der gutachterlich vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen zum Gegenstand habe. Werde nachgewiesen, dass aus diesem Grund ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan nicht mehr zu erwarten sei, könne die erforderliche Abschaltzeit für die WKA 2 angepasst bzw. aufgehoben werden.

5. In einem Aktenvermerk vom 29. September 2014 hielt das Landratsamt fest, für das Vorhaben der Beigeladenen sei nach der Nummer 1.6.3 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles durchzuführen gewesen, da es sich „um ein kumulierendes Vorhaben mit weiteren geplanten Windkraftanlagen in der näheren Umgebung“ handele. Die standortbezogene Vorprüfung habe ergeben, dass keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gemäß den in der Nummer 2 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgestellten Kriterien zu erwarten seien und das Vorhaben deshalb keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe. Insbesondere lägen an dem beantragten Standort keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vor, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern würden.

6. Die am 17. November 2014 erteilte, der Beigeladenen am Folgetag zugestellte immissionsschutzrechtliche Genehmigung enthält u. a. die Auflage, die in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom 14. Februar 2014 aufgeführten, den Rotmilan betreffenden Vermeidungsmaßnahmen zu beachten. Ferner wurde der Beigeladenen aufgegeben, die WKA 2 von Anfang April bis Ende August von 8.00 Uhr morgens bis Sonnenuntergang abzuschalten. Um die Wirksamkeit der vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen zu prüfen, wurde die Beigeladene außerdem zur Durchführung eines die Raumnutzung durch den Rotmilan betreffenden Monitorings verpflichtet, dessen Ablauf und Details eng mit der höheren Naturschutzbehörde abzustimmen seien.

7. Die gegen den Bescheid vom 17. November 2014 erhobene Anfechtungsklage der Antragstellerin wies das Verwaltungsgericht Ansbach durch Urteil vom 23. Juli 2015 (Az. AN 11 K 14.1943) als unbegründet ab. Über das Begehren der Antragstellerin, hiergegen die Berufung zuzulassen (Az. 22 ZB 15.2322), hat der Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden.

8. Bereits durch Bescheid vom 25. Juni 2015 hatte das Landratsamt den Bescheid vom 17. November 2014 auf Antrag der Beigeladenen hin für sofort vollziehbar erklärt.

Die Anträge der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen, hilfsweise die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit aufzuheben, lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 6. August 2015 ab.

9. Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin den vorgenannten Haupt- und Hilfsantrag unverändert weiter.

Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich auf das form- und fristgerechte Beschwerdevorbringen beschränkt ist, hat nur mit der Maßgabe Erfolg, dass dem Antragsgegner und der Beigeladenen entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die aus den Nummern II und III des Beschlusstenors ersichtlichen Auflagen zu erteilen waren. Denn die Beschwerdebegründung zeigt Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 17. November 2014 nur insofern auf, als derzeit zu bezweifeln ist, ob das Landratsamt seiner sich aus Art. 24 Abs. 1 und 2 BayVwVfG ergebenden Verpflichtung, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, hinsichtlich der Geräuschvorbelastung des Wohnanwesens der Antragstellerin vollumfänglich nachgekommen ist. Da das insoweit gegenwärtig bestehende Erkenntnisdefizit der Genehmigungsfähigkeit der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Anlagen dem Grunde nach wohl nicht entgegensteht und nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die erteilte Genehmigung als Folge der nachzuholenden Ermittlungsmaßnahmen zugunsten der Antragstellerin abgeändert werden muss (eine solche Änderung überdies allenfalls in begrenztem Umfang erforderlich sein kann), gebietet es die Interessenabwägung, auf die es bei einer Entscheidung nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ausschlaggebend ankommt, nicht, der anhängigen Klage (bzw. dem Antrag auf Zulassung der Berufung) aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die bisherige Fassung des Bescheids vom 17. November 2014 das Recht der Antragstellerin verletzt, vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt einer zu hohen Geräuschgesamtbelastung verschont zu bleiben, die auf das Hinzutreten der beiden hier verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen zurückzuführen ist, ließe sich dieser Mangel nämlich unschwer durch einen die Schallemissionen dieser Anlagen auf das rechtskonforme Maß begrenzenden Verwaltungsakt ausräumen.

1. Soweit die Beschwerdebegründung eine am Maßstab von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unzureichende Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bemängelt, ist dem nicht zu folgen.

Das Landratsamt hat im Bescheid vom 25. Juni 2015 die Gründe, die aus dortiger Sicht die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung vom 17. November 2014 rechtfertigen, eingehend dargelegt. Hierbei hat es zum einen auf nach Auffassung der Behörde schutzwürdige Belange der Beigeladenen (Abschnitt II.2 der Bescheidsgründe), zum anderen darauf verwiesen, dass auch gewichtige öffentliche Interessen für einen Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin sprächen (Abschnitt II.3 der Bescheidsgründe). Diese Gesichtspunkte wurden in Abschnitt II.4 der Bescheidsgründe mit dem Wunsch der Antragstellerin abgewogen, vor der Unanfechtbarkeit der Genehmigung nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Damit ist den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Genüge getan.

2. Den Einwänden in Abschnitt B.II.2.2 der Beschwerdebegründungsschrift vom 21. Oktober 2015 kann insoweit grundsätzliche Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden, als darin Bedenken gegen die Verlässlichkeit der im Verwaltungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Untersuchung vom 12. Februar 2014 - auch unter Berücksichtigung der mit Schreiben vom 24. April 2014 erfolgten Ergänzung - angemeldet werden, die aus der unterbliebenen Berücksichtigung der Geräusche resultieren, die durch einen Betrieb der in B. bestehenden Asphaltmischanlage während der Nachtzeit hervorgerufen werden.

Nach der Nummer 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 2 bis 5 dieser Nummer dann sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionswerte nach der Nummer 6 TA Lärm nicht überschreitet.

Zwischen den Beteiligten ist nicht strittig, dass das von der Antragstellerin für eigene Wohnzwecke genutzte Gebäude in einem Gebiet liegt, das angesichts der dort tatsächlich ausgeübten Nutzungen einem allgemeinen Wohngebiet im Sinn von § 4 Abs. 1 BauNVO entspricht. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem regelmäßig eine nur überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage ausreicht, kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Geräuschgesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort dieses Gebäudes (vgl. dazu Nummer A.1.3 Abs. 1 Buchst. a TA Lärm) während der lautesten Stunde der Nachtzeit (Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm) gemäß der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. d TA Lärm einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigen darf.

Die Gesamtbelastung ist in der Nummer 2.4 Abs. 3 TA Lärm dahingehend definiert, dass sie die Belastung eines Immissionsortes mit Geräuschen darstellt, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, für die die TA Lärm gilt; sie wird durch energetische Addition der Kenngrößen für die Vor- und die Zusatzbelastung bestimmt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, o. J., Nr. 2 Rn. 53).

2.1 Entgegen dem Vorbringen in Abschnitt B.II.2.2 der Beschwerdebegründung ist die schalltechnische Untersuchung insoweit nicht zu beanstanden, als sie die Geräusche unberücksichtigt gelassen hat, die von den beiden Windkraftanlagen hervorgerufen werden, deren Errichtung und Betrieb die Stadt A. mit Bescheid vom 19. März 2015 genehmigt hat. Dass es sich hierbei um keinen Bestandteil der „Zusatzbelastung“ im Sinn der Nummer 2.4 Abs. 2 TA Lärm handeln kann, folgt bereits daraus, dass es sich bei jenem Vorhaben nicht um die Anlagen handelt, die in dem Verwaltungsverfahren, das dem Bescheid vom 17. November 2014 vorausging, zu beurteilen waren. Da die Anlagen, die den Gegenstand des Bescheids vom 19. März 2015 bilden, im vorliegend maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (nämlich bei Erlass bzw. bei der Bekanntgabe des Bescheids vom 17.11.2014) weder tatsächlich vorhanden noch - falls es darauf ankommen sollte - auch nur genehmigt waren, stellen die von ihnen verursachten Schallimmissionen aber auch keinen Bestandteil der Vorbelastung im Sinn der Nummer 2.4 Abs. 1 TA Lärm dar.

Dieses aus den Begriffsbestimmungen der Vor- und der Zusatzbelastung folgende Ergebnis ist auch sachgerecht. Wären die Immissionen der beiden von der Beigeladenen im Gebiet der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen bereits - wie von der Antragstellerin gefordert - in dem dem Bescheid vom 17. November 2014 vorangehenden Verwaltungsverfahren bei der Ermittlung der Vor- oder der Zusatzbelastung berücksichtigt worden, so hätte sich die Beigeladene u. U. dann ungerechtfertigten Einschränkungen hinsichtlich des Emissionsverhaltens (und damit mittelbar des zulässigen Betriebsumfangs) der beiden im Landkreis A. zu errichtenden Anlagen ausgesetzt gesehen, wenn die Mitberücksichtigung des von ihr im Gebiet der Stadt A. geplanten Vorhabens zu dem Ergebnis geführt hätte, dass durch das Hinzutreten der beiden dort zu errichtenden Anlagen die einzuhaltenden Immissionswerte an irgendeinem in die Betrachtung einzubeziehenden Immissionsort überschritten worden wären, sich im weiteren Verfahrensfortgang jedoch herausgestellt hätte, dass die letztgenannten Anlagen (oder auch nur eine hiervon) nicht genehmigungsfähig sind oder die Beigeladene ihre diesbezüglichen Planungen nicht weiterverfolgt (bzw. sie ihren Genehmigungsantrag zurückgenommen) hätte. Dieses rechtswidrige Ergebnis wurde dadurch vermieden, dass die beiden im Gebiet der Stadt A. zu errichtenden Anlagen bei der Ermittlung der im vorliegenden Verwaltungsverfahren zu berücksichtigenden Vor- und Zusatzbelastung außer Betracht blieben, andererseits jedoch die Geräuschimmissionen der zwei hier verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen in die Vorbelastung eingegangen sind, die im Vorfeld der Genehmigung der beiden in der Gemarkung C. der Stadt A. geplanten Anlagen zu ermitteln war.

2.2 Ungesichert ist die Einhaltung der Lärmgrenzwerte zum Schutz der Antragstellerin jedoch insofern, als die Geräusche der in B. bestehenden Asphaltmischanlage weder in die schalltechnische Untersuchung vom 12. Februar 2014 noch in deren Ergänzung vom 24. April 2014 Eingang gefunden haben. Da Asphaltmischanlagen dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterfallen und die Anlage in B. nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs während der Nachtzeit von Rechts wegen betrieben werden darf, nach dem Vorbringen der Antragstellerin ferner eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass während der Nachtstunden dort zumindest gelegentlich auch tatsächlich Produktionsvorgänge stattfinden, ist zu bezweifeln, dass die mit einem Nachtbetrieb der Asphaltmischanlage ggf. einhergehenden Schallimmissionen bei der Ermittlung der auf das Wohnanwesen der Antragstellerin während der Nachtzeit einwirkenden Geräuschvorbelastung unberücksichtigt bleiben durften. Denn da die verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen am Wohngebäude der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 36,8 dB(A) hervorrufen - sie mithin den während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nicht um mindestens 6 dB(A) unterschreiten -, kann nach der Nummer 3.2.1 Abs. 6 Satz 2 TA Lärm auf die (rechtskonforme) Bestimmung der Vorbelastung nicht verzichtet werden. Das Wohngebäude der Antragstellerin liegt wahrscheinlich noch im Einwirkungsbereich des Asphaltmischwerks, da dieses dort einen Beurteilungspegel verursachen dürfte, der um weniger als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert für die Nachtzeit von 40 dB(A) liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Nach dem Vorbringen in Abschnitt 4 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 30. November 2015, wonach das Asphaltmischwerk, falls es mit einem Schallleistungspegel von 108,4 dB(A) betrieben wird, am Anwesen der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 31,7 dB(A) hervorruft, ist wohl hiervon auszugehen. Auch das Landratsamt A. spricht in seiner Stellungnahme vom 3. Dezember 2015 bezeichnenderweise davon, es sei nur „fraglich“, ob die Asphaltmischanlage wegen der Irrelevanzgrenze bei der Ermittlung der Vorbelastung hätte berücksichtigt werden müssen. Unabhängig hiervon darf nicht außer Betracht bleiben, dass die schalltechnische Beurteilung vom 30. November 2015, die dem Verwaltungsgerichtshof als Anlage zum Schreiben der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom gleichen Tage zugegangen ist, ersichtlich in großer Eile erstellt wurde. Dies gebietet es, die darin zum Ausdruck gebrachten Einschätzungen zurückhaltend zu bewerten.

Sollte sich herausstellen, dass nächtliche Schallimmissionen der Asphaltmischanlage grundsätzlich in die Ermittlung der Vorbelastung hätten Eingang finden müssen, diese Einbeziehung jedoch dazu führen würde, dass die am maßgeblichen Immissionsort des Wohnanwesens der Antragstellerin zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung während der lautesten Nachtstunde einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigt, würde die Antragstellerin nicht in ihrem subjektiven Recht verletzt, vor schädlichen Lärmeinwirkungen verschont zu bleiben. Da die an diesem Immissionsort unter Ausklammerung der Asphaltmischanlage zu erwartende nächtliche Geräuschgesamtbelastung nur mit 36,9 dB(A) prognostiziert wurde, spricht hierfür angesichts der voraussichtlich allenfalls maßvollen akustischen Auswirkungen der Asphaltmischanlage eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit. Das würde umso mehr gelten, sollte sich das Vorbringen der Beigeladenen als zutreffend herausstellen, die zwischenzeitlich erfolgte Dreifachvermessung von Windkraftanlagen des Typs, dessen Errichtung und Betrieb durch den Bescheid vom 17. November 2014 genehmigt wurden, habe ergeben, dass sie nur einen geringeren Schallleistungspegel hervorrufen als er den Immissionsprognosen vom 12. Februar 2014 und vom 24. April 2014 zugrunde gelegt wurde. Sollte sich aber herausstellen, dass der Beurteilungspegel von 40 dB(A) bei Mitberücksichtigung des von der Asphaltmischanlage ausgehenden Immissionsanteils (auch insoweit noch ohne Einbeziehung der weiteren Geräuschbelastung, der sich die Antragstellerin nach einer Inbetriebnahme der beiden mit Bescheid der Stadt A. vom 19.3.2015 genehmigten Anlagen ausgesetzt sehen wird) überschritten würde, wäre diesem Umstand vorrangig dadurch Rechnung zu tragen, dass hinsichtlich der beiden Anlagen, auf die sich der Bescheid vom 17. November 2014 bezieht, entweder eine Betriebszeitbeschränkung oder eine Begrenzung des Schallleistungspegels angeordnet wird, den sie während der Nachtzeit (und auch das ggf. nur bei gleichzeitigem Betrieb der Asphaltmischanlage) höchstens hervorrufen dürfen.

Um insoweit alsbald Klarheit zu schaffen, hält es der Verwaltungsgerichtshof - auch mit Blickrichtung auf das hier in Gestalt eines Antrags auf Zulassung der Berufung anhängige Hauptsacheverfahren - für angezeigt, entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die Erstellung eines diese Fragen beantwortenden schalltechnischen Prognosegutachtens zu verlangen. Die Notwendigkeit eines solchen Gutachtens wird dadurch bestätigt, dass sich der Umweltingenieur des Landratsamts auf der Grundlage der derzeitigen Erkenntnislage zu einer abschließenden Aussage über die am Wohnanwesen der Antragstellerin zu erwartende Geräuschgesamtbelastung nicht in der Lage sieht (vgl. seine Stellungnahme vom 10.12.2015). Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO zusteht, entspricht es hierbei, dieses Gutachten im Interesse einer höchstmöglichen Richtigkeitsgewähr durch eine gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle fertigen zu lassen und die Auswahl dieser Stelle nicht der Beigeladenen zu überlassen, sondern sie dem Antragsgegner als Träger der Genehmigungsbehörde zu überantworten. Ebenfalls auf § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO beruht die Regelung, dass die Kosten dieses Gutachtens von der Beigeladenen zu tragen sind. Denn sie ist ihrer Obliegenheit, den Nachweis der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen zu führen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV), durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Ausarbeitungen noch nicht vollauf gerecht geworden.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das angeordnete Prognosegutachten zeitgerecht erstellt wird und dass das Landratsamt - sollten sich entgegen der überwiegenden Wahrscheinlichkeit doch schädliche Lärmeinwirkungen auf das Anwesen der Antragstellerin ergeben - unverzüglich bescheidsmäßige Konsequenzen ziehen wird. Andernfalls bestünden die Möglichkeiten des § 80 Abs. 7 VwGO.

Des weiteren sind zur Klarstellung folgende Hinweise veranlasst:

Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Nummer II des Tenors dieses Beschlusses fordert, dass das in Auftrag zu gebende Gutachten die Vorbelastung unter Berücksichtigung der Geräusche zu ermitteln hat, die „von allen nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen“ ausgehen, so trägt er damit dem Umstand Rechnung, dass das Landratsamt nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat und deshalb eine Vergewisserung darüber angezeigt erscheint, ob in der Umgebung außer dem Asphaltmischwerk noch andere der TA Lärm unterfallende Anlagen vorhanden sind, die während der Nachtzeit ebenfalls Geräusche emittieren, die am Wohnanwesen der Antragstellerin pegelerhöhend wirken.

3. Das übrige Beschwerdevorbringen rechtfertigt demgegenüber keine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

3.1 Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin in Abschnitt B.II.1.1 der Beschwerdebegründung, anstelle der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung sei vorliegend eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles geboten gewesen. Das Landratsamt und das Verwaltungsgericht gingen jedenfalls im Ergebnis vielmehr zu Recht davon aus, dass sich die Art einer vorzunehmenden Umweltverträglichkeitsvorprüfung vorliegend nach der Nummer 1.6.3 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestimmten. Denn die zwei Windkraftanlagen, die Gegenstand des dem Bescheid vom 17. November 2014 vorausgehenden Verwaltungsverfahrens waren, bilden allenfalls zusammen mit den beiden Anlagen, deren Errichtung die Beigeladene in der Gemarkung C. der Stadt A. bereits damals plante, ein „kumulierendes Vorhaben“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG. Allein mit diesen beiden Anlagen, nicht aber mit den im fünften Absatz des Abschnitts B.II.1.1 der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen, in der weiteren Umgebung außerdem vorhandenen bzw. geplanten neun sonstigen Windkraftanlagen weist das streitgegenständliche Vorhaben ggf. nämlich den nach den letztgenannten Bestimmungen erforderlichen „engen Zusammenhang“ auf.

Ob zwischen mehreren Anlagen ein solcher Zusammenhang besteht, hängt nicht von optisch wahrnehmbaren Umständen, insbesondere nicht davon ab, ob diese Anlagen einen wenigstens in Ansätzen erkennbaren Bebauungszusammenhang bilden (BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 4 C 4.14 - NVwZ 2015, 1458 Rn. 24). Dieses Kriterium ist nach dem Sinn und Zweck der Kumulationsregelung, Vorhaben mit einem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu erfassen, vielmehr danach zu bestimmen, ob damit zu rechnen ist, dass sich ihre Umweltauswirkungen überlagern (BVerwG, U. v. 18.6.2015 a. a. O. Rn. 24). Bei dem Erfordernis, dass es voraussichtlich zu Wirkungsüberschneidungen der Anlagen kommen wird, handelt es sich jedoch lediglich um ein notwendiges, nicht aber ein hinreichendes Kriterium dafür, um ein „kumulierendes Vorhaben“ annehmen zu können. Vorhaben, die beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden, unterliegen nämlich nicht schon wegen ihrer sich überlagernden Umweltauswirkungen der Vorprüfungspflicht (BVerwG, U. v. 18.6.2015 a. a. O. Rn. 25). Denn § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verlangt eine Ausführung „auf demselben Betriebs- oder Baugelände“ und eine Verbindung „mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen“. Dies setzt einen räumlich-betrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug der einzelnen Anlagen aufeinander voraus (BVerwG, U. v. 18.6.2015 a. a. O. Rn. 26).

Die Antragstellerin hat auch nach Erhalt des Schreibens vom 3. November 2015, in dem der Verwaltungsgerichtshof die Beteiligten auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (a. a. O.) hingewiesen hat, nicht aufgezeigt, dass zwischen dem hier verfahrensgegenständlichen Vorhaben und den in der Beschwerdebegründung erwähnten neun weiteren Windkraftanlagen ein räumlich-betrieblicher Zusammenhang besteht bzw. sie funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen sind. Dies ist auch unabhängig von einschlägigem Vorbringen der Antragstellerin zu verneinen, da nicht einmal entfernte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie technisch miteinander verknüpft oder sie wirtschaftlich in einer Weise verbunden sind, dass der von ihren Betreibern verfolgte ökonomische Zweck nur mit Rücksicht auf den Bestand und den Betrieb der jeweils anderen Anlagen sinnvoll verwirklicht werden kann. Auf die in der Beschwerdebegründung umfänglich thematisierte Frage, ob sich die Umweltauswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen mit denjenigen der neun in der Beschwerdebegründung erwähnten weiteren Windkraftanlagen überlagern, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an.

An dem Ergebnis, dass aus diesem Grund keine Zusammenrechnung von Windkraftanlagen stattzufinden hat, die dazu führt, dass die in der Nummer 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannte Zahl von mindestens sechs Windkraftanlagen erreicht und damit eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Sinn von § 3c Satz 1 UVPG notwendig und ändert auch der in der Zuschrift der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 16. November 2015 enthaltene knappe Hinweis nichts, die vier von der Beigeladenen geplanten und die neun in der Umgebung außerdem vorhandenen bzw. bereits genehmigten Windkraftanlagen seien jedenfalls als „sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG anzusehen. Dieses Vorbringen erweist sich unabhängig von seiner unterbliebenen Substantiierung deshalb als nicht stichhaltig, weil es sich bei § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG zutreffender Auffassung zufolge (vgl. Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand Mai 2003, § 3b UVPG Rn. 33; Dienes in Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 32) um einen Auffangtatbestand handelt, der ausschließlich Vorhaben erfasst, die keine „Anlagen“ im Rechtssinne zum Gegenstand haben. Denn die eingangs des § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verwendete Formulierung „technische und sonstige Anlagen“ bringt eindeutig zum Ausdruck, dass diese Bestimmung abschließend regelt, unter welchen Voraussetzungen bei Anlagen ein „enger Zusammenhang“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht.

3.2 Auf sich beruhen kann, ob zwischen dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben und den beiden von der Beigeladenen in der Gemarkung C. der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen ein räumlich-betrieblicher Zusammenhang bzw. ein funktionaler und wirtschaftlicher Bezug besteht, ob sich ein solcher Zusammenhang in Ermangelung eines gemeinsamen Betriebsgeländes insbesondere daraus ergibt, dass sie nach der Darstellung in Abschnitt 2 des Schreibens der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 16. November 2015 über ein und dasselbe Stromkabel an das Stromnetz angebunden sind (zweifelnd für einen solchen Fall Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Bd. 1, 0600, § 3b UVPG Rn. 73).

Die Beschwerdebegründung zeigt jedenfalls keine Mängel der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls auf. Die gerichtliche Überprüfung hat sich hierbei gemäß § 3a Satz 4 UVPG darauf zu beschränken, ob diese Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c Satz 2 UVPG durchgeführt wurde und das Ergebnis nachvollziehbar ist.

Auch die Antragstellerin räumt eingangs des Abschnitts B.II.1.2 der Beschwerdebegründung ein, dass im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG lediglich der Frage nachzugehen ist, ob das Vorhaben aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nummer 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen erwarten lässt. Durch den Gebrauch des Begriffs „Schutzkriterien“ in § 3c Satz 2 UVPG bringt das Gesetz trotz der Erwähnung der gesamten Nummer 2 der Anlage 2 im Ergebnis eindeutig zum Ausdruck, dass allein darauf abzustellen ist, ob durch das Vorhaben die in der Nummer 2.3 der Anlage 2 aufgeführten Gesichtspunkte erheblich tangiert werden können. Denn diese Nummer enthält eine gesetzliche Definition des Begriffs der „Schutzkriterien“; sie treten insoweit klar abgegrenzt neben die in der Nummer 2.1 der Anlage 2 ebenfalls einer gesetzlichen Begriffsbestimmung zugeführten „Nutzungskriterien“ und die in der Nummer 2.2 definierten „Qualitätskriterien“. Dass bei einer standortbezogenen Vorprüfung allein darauf abzustellen ist, ob erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien zu erwarten sind, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Übrigen bereits im Beschluss vom 12. März 2008 (22 CS 07.2027 - juris Rn. 12) festgehalten. In Übereinstimmung damit hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Sachsen-Anhalt (U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 81) ausgeführt, dass bei einer standortbezogenen Umweltverträglichkeitsvorprüfung die in den Nummern 2.1 bzw. 2.2 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erwähnten Nutzungs- und Qualitätskriterien nicht heranzuziehen sind. Fehlt es - wie hier - an Anhaltspunkten dafür, dass das Vorhaben nachteilige Auswirkungen auf von der Nummer 2.3 dieser Anlage erfasste Gebiete oder Einzelobjekte zu zeitigen vermag, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden (OVG SA, U. v. 24.3.2015 a. a. O. Rn. 81; vgl. zur fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit etwaiger Beeinträchtigungen von nicht in der Nummer 2.3 der Anlage 2 aufgeführten Schutzgütern bei einer standortbezogenen Umweltverträglichkeitsvorprüfung auch VGH BW, B. v. 8.3.2011 - 10 S 161/09 - NVwZ-RR 2011, 355/356 f.; HessVGH, B. v. 19.3.2012 - 9 B 1916/11 - juris Rn. 73). Auf die insoweit bestehende ausschließliche Relevanz der in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien weisen auch Storm/Bunge (Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Bd. 1, 0600, Stand März 2006, § 3c UVPG Rn. 85 - 88) sowie Sangenstedt (in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand Mai 2003, § 3c UVPG Rn. 33 f.) hin.

Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben - sei es auch unter Einbeziehung der beiden von der Beigeladenen in der Gemarkung C. der Stadt A. geplanten weiteren Anlagen - ein Gebiet der in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.4 sowie 2.3.7 bis 2.3.10 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Art oder ein von den Nummern 2.3.5, 2.3.6 oder 2.3.11 dieser Anlage erfasstes Einzelobjekt nachteilig beeinflusst werden kann. Dahinstehen kann deshalb, ob durch die Ausführungen in Abschnitt B.I.1.2 des Schriftsatzes vom 21. Oktober 2015 eine mit dem Vorhaben potentiell einhergehende Gefährdung des Rotmilans dargetan wird. Denn hierdurch würde auch dann, wenn diesem Vorbringen zu folgen sein sollte, keine Beeinträchtigung einer der in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien aufgezeigt.

Als unbehelflich erweist sich vor diesem Hintergrund ferner der im gleichen Abschnitt der Beschwerdebegründung enthaltene Hinweis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2015 (8 A 959/10 - ZNER 2015, 177). In dieser Entscheidung wurde das Ergebnis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles (§ 3c Satz 1 UVPG) dann als nicht nachvollziehbar im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG eingestuft, wenn sich die avifaunistische Unbedenklichkeit eines Vorhabens nur dadurch sicherstellen lässt, dass der Genehmigungsbescheid mit mehreren, den Vorhabensträger nicht unwesentlich einschränkenden Nebenbestimmungen versehen wird. Um aus der Erforderlichkeit derartiger Nebenbestimmungen die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung herleiten zu können, bedarf es jedoch stets eines Bezuges zwischen den betroffenen Umweltbelangen und den in der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Kriterien (vgl. auch OVG NRW, U. v. 25.2.2015 a. a. O. S. 185). Muss - wie hier - allenfalls eine standortbezogene Vorprüfung durchgeführt werden und ist deshalb allein zu fragen, ob in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zu diesem Gesetz genannte Gebiete oder Einzelobjekte nachteilig betroffen sein können, vermag die Notwendigkeit umfangreicher oder gravierender Nebenbestimmungen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit nur dann Indizwirkung für die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu entfalten, wenn diese Nebenbestimmungen dazu dienen, Beeinträchtigungen dieser Gebiete oder Einzelobjekte zu verhindern. Einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beigefügte Auflagen, die - wie hier - der Vermeidung eines Verstoßes gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG dienen, weisen jedenfalls dann keinen Bezug zu den in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien auf, wenn die zu schützenden Tiere in keinem der in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.4 sowie 2.3.7 bis 2.3.10 dieser Anlage genannten Gebiete leben.

Ebenfalls nicht geeignet, die fehlende Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der Umweltverträglichkeitsvorprüfung im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG darzutun, ist vor diesem Hintergrund die Rüge der Antragstellerin, das Landratsamt habe im Rahmen dieses Verfahrensabschnitts die Ergebnisse der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung unberücksichtigt gelassen.

3.3 Die Ausführungen in Abschnitt B.II.2.3 der Beschwerdebegründung, in denen eine Missachtung des Rücksichtnahmegebots durch die Nachtkennzeichnung der verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen behauptet wird, zeigen die rechtliche Fehlerhaftigkeit des Bescheids vom 17. November 2014 ebenfalls nicht auf. Da Windkraftanlagen inzwischen weit verbreitet sind, kann sich jedermann einen unmittelbaren Eindruck von den Auswirkungen der nächtlichen Beleuchtung derartiger Anlagen verschaffen; das insoweit einschlägige Erfahrungswissen kann deshalb - zumindest in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - als allgemeinkundig angesehen werden. Danach spricht nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit dafür, dass die nächtliche Befeuerung von Windkraftanlagen, die vom Wohnanwesen der Antragstellerin Abstände der hier inmitten stehenden Art aufweisen, zu einer Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin führt. Glaubhaft erscheinen vielmehr die Ausführungen auf Seite 4 unten und Seite 5 oben in der Beschwerdeerwiderung der Landesanwaltschaft Bayern vom 27. Oktober 2015, wonach eine im Jahr 2010 von der Universität Wittenberg-Halle durchgeführte Studie ergeben hat, dass solche Hinderniskennzeichnungen keine erhebliche Belästigungswirkung auslösen und auch keine ins Gewicht fallende Blendwirkung verursachen. Hierfür spricht vor allem, dass die von der Befeuerung von Windkraftanlagen ausgehenden Lichtstrahlen dazu dienen, von Luftfahrzeugführern wahrgenommen zu werden, sie mithin nicht gezielt auf die Erdoberfläche hin ausgerichtet oder gar gebündelt sind.

3.4 Soweit die Antragstellerin in Abschnitt B.II.2.4 der Beschwerdebegründung moniert, dass es das Verwaltungsgericht unterlassen habe, ihre Gesamtbelastung mit „Immissionen“ jedweder Art (sie versteht hierunter außer Geräuschen, dem Schattenwurf der Windkraftanlagen sowie den Lichtimmissionen der Blinkfeuer auch die Beeinträchtigungen, denen sie sich durch die farbig markierten Rotoren ausgesetzt sehe) festzustellen und zu bewerten, ergibt sich hieraus ebenfalls keine Notwendigkeit, den Beschluss vom 6. August 2015 abzuändern. Das wäre nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur veranlasst, wenn die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung aufgezeigt hätte, dass es einen Rechtssatz gibt, der eine Summation der Effekte verschiedener Immissionsarten (sowie ggf. sonstiger optischer Beeinträchtigungen) gebietet, und die Voraussetzungen eines solchen Rechtssatzes im vorliegenden Fall erfüllt sind. Diese Aufgabe wird im Schriftsatz vom 21. Oktober 2015 indes nicht einmal ansatzweise geleistet. Die dortigen Ausführungen beschränken sich vielmehr darauf, die Existenz eines derartigen Rechtssatzes lediglich zu postulieren.

Auch das rechtswissenschaftliche Schrifttum geht im Übrigen, soweit es dieser Frage Aufmerksamkeit widmet, davon aus, dass sich das Erfordernis, die Gesamtbelastung eines Schutzgutes durch Immissionen zu berücksichtigen, grundsätzlich auf die einzelnen Immissionsarten beschränkt (vgl. dazu näher BayVGH, B. v. 13.10.2015 - 22 ZB 15.1186 - Rn. 67 ff.).

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt bei alledem nicht, dass es Fallgestaltungen geben kann, in denen die Schutzpflicht, die der öffentlichen Gewalt in Bezug auf die Grundrechte obliegt, es u. U. gebietet, Immissionen dann nicht zuzulassen oder sie zu unterbinden, wenn ein Rechtsgut bereits durch Immissionen anderer Art über das von Verfassungs wegen hinzunehmende Maß belastet ist, oder diese verfassungsrechtliche Grenze durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Arten von Umwelteinwirkungen erstmals überschritten wird (vgl. zu dem Gebot, im Einzelfall auch Kombinationen und Summationen verschiedener Immissionsarten zu erfassen, Thiel in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Januar 2014, § 3 BImSchG, Rn. 59). Hieraus kann die Antragstellerin jedoch nicht nur deshalb nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil sie der ihr obliegenden Darlegungslast hinsichtlich der Existenz und der Reichweite eines solchen Rechtssatzes nicht nachgekommen ist; auch ihre Immissionsbetroffenheit bleibt nach dem Vorgesagten selbst bei einer Zusammenschau der einzelnen ggf. in die Betrachtung einzubeziehenden Faktoren weit hinter dem Grad an Erheblichkeit zurück, von dem an ein etwaiges Erfordernis der Kumulation unterschiedlicher Immissionsarten (sowie ggf. weiterer nachteiliger Einwirkungen) praktische Relevanz erlangen könnte.

4. Dass der Bescheid vom 17. November 2014, sollte er sich nicht zur Gänze als rechtmäßig erweisen, allenfalls der Ergänzung durch begrenzte Schutzanordnungen zugunsten der Antragstellerin bedarf, er aller Voraussicht nach aber nicht aufzuheben sein wird, spricht dafür, an dessen sofortiger Vollziehbarkeit festzuhalten. Auch eine vom mutmaßlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Abwägung der für und gegen die sofortige Vollziehbarkeit dieser immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sprechenden Belange legt ein solches Ergebnis nahe. Denn jedenfalls die für eine alsbaldige Verwirklichung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens streitenden gemeinwohlbezogenen Gesichtspunkte überwiegen das Suspensivinteresse der Antragstellerin. Wenn die beiden von der Beigeladenen geplanten Anlagen alsbald einen Beitrag zur Erzeugung elektrischer Energie aus regenerativen Quellen leisten können, so entspricht das der Zielsetzung, die in § 1 EEG sowie in der Nummer 6.2.1 des Landesentwicklungsprogramms Bayern vom 22. August 2013 (GVBl S. 550; BayRS 230-1-5-F) zum Ausdruck gelangt. Die in Abschnitt B.I.3 der Beschwerdebegründung als Indiz für den Wegfall eines breiten gesellschaftlichen und politischen Konsenses hinsichtlich des raschen Ausbaus erneuerbarer Energien in Bezug genommene sog. 10-H-Regelung (§ 1 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung u. a. vom 17.11.2014, GVBl S. 478) ist hier nicht anwendbar, weil der Genehmigungsbescheid vom 17. November 2014 nicht nur vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsänderung am 21. November 2014 (vgl. § 3 des o.g. Gesetzes) erlassen, sondern er - soweit es hierauf ankommen sollte - auch vor diesem Stichtag der Genehmigungsadressatin bekanntgegeben wurde und sich die Neufassung der Art. 82 f. BayBO keine Rückwirkung beilegt. Für die Entscheidung über Anfechtungsklagen Dritter gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist aber die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erteilung maßgeblich (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1991 - 7 B 102/90 - NVwZ-RR 1991, 236; BayVGH, U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - BayVBl 2014, 502/505 Rn. 47; BayVGH, B. v. 24.3.2015 - 22 ZB 15.113 - juris Rn. 36). Rückschlüsse aus einer späteren Gesetzesänderung verbieten sich mit Blick auf den Vertrauensschutz eines Genehmigungsinhabers.

Wenn die Antragstellerin das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung vom 17. November 2014 mit der Behauptung in Abrede stellt, die beiden verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen würden nur „eine Standortqualität von 58,13%“ erreichen, kann dieses Vorbringen im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil es nicht ausreichend substantiiert wurde. Insbesondere enthält der Bescheid vom 25. Juni 2015 entgegen der Darstellung in Abschnitt B.I.3 der Beschwerdebegründung keine dahingehende Angabe. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf das in Abschnitt 9.4.4 der „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA)“ (Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2011) erwähnte 60-%-Kriterium verweist, bezieht sich diese Regelung im Übrigen nur auf die Voraussetzungen, unter denen von der Ermessensvorschrift des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG Gebrauch gemacht, d. h. eine Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) zugelassen werden darf. Für die Beantwortung der Frage, wann ein hinreichendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der für eine Windkraftanlage erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung besteht, folgt hieraus schon deshalb nichts, weil § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - anders als § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG - kein „zwingendes“ öffentliches Interesse verlangt.

Rechtfertigen es aber jedenfalls gemeinwohlbezogene Belange, an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids vom 17. November 2014 festzuhalten, so kann dahinstehen, welches Gewicht in diesem Zusammenhang den wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zukommt, inwiefern namentlich dem sich hierauf beziehenden Vorbringen in Abschnitt B.I.2 der Beschwerdebegründung zu folgen wäre. Festzuhalten ist insofern lediglich, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wegen des in den Nebenbestimmungen 4.1.2 bis 4.1.4 des Bescheids vom 17. November 2014 vorgegebenen „Bauzeitfensters“ zur Folge hätte, dass sich die Gewinnung regenerativer Energie aus den beiden verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen um mindestens ein volles Jahr verschieben würde.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO, der Ausspruch über die teilweise Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. August 2015 wird in den Nummern 1 und 2 geändert.

II.

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Antragsgegner aufgegeben wird, eine von ihm auszuwählende, mit dem Vorhaben bisher noch nicht befasste und gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle mit der Erstellung eines nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) zu fertigenden Prognosegutachtens zu beauftragen. Das Gutachten muss dem Landratsamt A. sowie der Antragstellerin und der Beigeladenen bis spätestens 31. März 2016 zur Verfügung stehen. Es hat dazu Stellung zu nehmen, ob nach einer Inbetriebnahme der beiden mit Bescheid des Landratsamts A. vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen die Geräuschgesamtbelastung an dem nach der Nummer A.1.3 TA Lärm maßgeblichen Immissionsort des Anwesens W. 4 unter Berücksichtigung der Vorbelastung, die von allen nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen ausgeht, während der lautesten Stunde zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigen wird. Die mit Bescheid der Stadt A. vom 19. März 2015 genehmigten Windkraftanlagen in der Gemarkung C. haben dabei außer Betracht zu bleiben. Sollte diese Frage zu verneinen sein, hat sich das Gutachten ferner dazu zu äußern, welchen Voraussetzungen der Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen genügen muss, damit der vorgenannte Beurteilungspegel während der lautesten Nachtstunde nicht überschritten werden wird.

III.

Die Beigeladene wird verpflichtet, die Kosten dieses Prognosegutachtens zu tragen.

IV.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen fallen zu vier Fünfteln der Antragstellerin, zu je einem Zehntel dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu Last. Die Antragstellerin hat ferner vier Fünftel der in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

V.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die das Landratsamt A. der Beigeladenen am 17. November 2014 für die Errichtung und den Betrieb zweier Windkraftanlagen erteilt hat.

Die Antragstellerin ist eigenen Angaben zufolge u. a. Eigentümerin der Grundstücke Fl. Nr. ... und ..., die mit Wohnhäusern bebaut seien. Diese Grundstücke liegen in W.., einem Ortsteil des kreisfreien Stadt A. Die verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen sollen auf den im Gebiet des Marktes L. (Landkreis A.) liegenden Grundstücken Fl. Nr. 647 der Gemarkung U. (nachfolgend „WKA 1“ genannt) bzw. Fl. Nr. 1896 der Gemarkung R. („WKA 2“) am nördlichen Rand eines Waldgebiets errichtet werden.

2. Noch vor der Einreichung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags für diese Anlagen wies die Beigeladene das Landratsamt darauf hin, dass sie auch in der zum Gebiet der Stadt A. gehörenden Gemarkung C. die Errichtung zweier Windkraftanlagen beabsichtige. Der im April 2014 beim Landratsamt eingereichte Genehmigungsantrag für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Anlagen enthielt sodann die Erklärung, die Realisierbarkeit der beiden im Gebiet der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen, die annähernd südlich der WKA 1 bzw. südwestlich der WKA 2 am Westrand des vorerwähnten Waldgebiets entstehen sollen, lasse sich noch nicht beurteilen; das Landratsamt habe deshalb von der Verwirklichung nur der beiden vorliegend streitgegenständlichen Anlagen auszugehen.

Mit Schreiben vom 6. August 2014 setzte die Beigeladene das Landratsamt davon in Kenntnis, dass sie bei der Stadt A. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren für die zwei in der Gemarkung C. zu errichtenden Anlagen einleiten werde. Die durch die beiden hier verfahrensgegenständlichen Anlagen hervorgerufenen Geräusche sollten in dem von der Stadt A. durchzuführenden Verfahren als Vorbelastung gewertet werden.

3. In dem dem Bescheid vom 17. November 2014 vorausgehenden Genehmigungsverfahren reichte die Beigeladene ein am 12. Februar 2014 erstelltes schalltechnisches Gutachten ein, das am 24. April 2014 ergänzt wurde. Der Ermittlung der Vorbelastung wurden sowohl in der Ausarbeitung vom 12. Februar 2014 als auch in der Ergänzung hierzu jeweils die Geräuschemissionen von drei zwischen W.-... und G. bestehenden, von vier nordwestlich von W.-... geplanten (zwischenzeitlich durch Bescheid des Landratsamts A. vom 15.8.2014 genehmigten) und von zwei nordwestlich von C. liegenden Windkraftanlagen zugrunde gelegt. In der ergänzenden Ausarbeitung vom 24. April 2014 führte der Gutachter aus, bei einer Ortseinsicht am 24. August 2012 seien keine weiteren relevanten Vorbelastungsquellen entdeckt worden.

In einem Anhang zu der letztgenannten Ausarbeitung wurde eine Immissionsprognose u. a. in Bezug auf das Wohnanwesen der Antragstellerin vorgenommen. Für diesen Immissionsort, hinsichtlich dessen der Gutachter von der Maßgeblichkeit eines nächtlichen Immissionsrichtwerts von 40 dB(A) ausging, nennt die Ergänzung vom 24. April 2014 eine durch Windkraftanlagen hervorgerufene Vorbelastung von 19,8 dB(A), eine Zusatzbelastung von 36,8 dB(A) und eine durch Windkraftanlagen bedingte Gesamtbelastung von 36,9 dB(A).

Das Ergebnis der Überprüfung des Gutachtens vom 12. Februar 2014 in der Gestalt der Ergänzung vom 24. April 2014 fasste das Sachgebiet „Technischer Immissionsschutz“ des Landratsamts am 5. Juni 2014 u. a. dahingehend zusammen, dass weitere Vorbelastungen als diejenigen, die von den in diesen Ausarbeitungen berücksichtigten Windkraftanlagen hervorgerufen würden, nicht vorhanden seien.

4. Die Beigeladene hat dem Landratsamt ferner eine im Februar 2014 erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung sowie eine vom Januar 2014 stammende faunistische Bestandsaufnahme zur Verfügung gestellt. Beide Untersuchungen beziehen sich sowohl auf die vorliegend verfahrensgegenständlichen als auch auf die von der Beigeladenen im Gebiet der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen.

Hinsichtlich des Rotmilans wird in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung ausgeführt, Tiere dieser Art seien im Bereich der geplanten Windkraftanlagen als opportunistische Nahrungsgäste einzustufen; bei Durchführung der in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen sei nicht von einem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

Nachdem die Regierung von Mittelfranken - höhere Naturschutzbehörde - Bedenken gegen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vorgebracht hatte, reichte die Beigeladene eine am 10. Juli 2014 erstellte Ergänzung zu dieser Ausarbeitung ein, in der sie die Auffassung vertrat, ein projektbedingt erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan könne nach wie vor mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.

Der wiederholten Forderung der höheren Naturschutzbehörde, die Aufenthaltszeiten des Rotmilans in Bezug auf jede einzelne Anlage darzustellen, kam der Gutachter erst mit einer vom 15. August 2014 datierenden Ergänzung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung nach. In einer E-Mail an die Beigeladene vom 1. September 2014 führte die höhere Naturschutzbehörde daraufhin aus, da die Aufenthaltszeit von Rotmilanen im Gefahrenbereich der WKA 2 mit 122,46 min/km² deutlich über der durchschnittlichen Aufenthaltszeit von 66,84 min/km² im Prüfbereich liege, sei bei dieser Anlage - anders als bei der WKA 1 - von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan auszugehen. Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG müsse bei der WKA 2 demnach als erfüllt angesehen werden. Dem Landratsamt teilte die höhere Naturschutzbehörde mit Schreiben vom 17. September 2014 mit, eine Genehmigung der WKA 2 komme nur mit den Auflagen in Betracht, dass diese Anlage zum einen von Anfang April bis Ende August von 8.00 Uhr bis Sonnenuntergang abgeschaltet und zum anderen ein die Raumnutzung durch den Rotmilan betreffendes Monitoring angeordnet werde, das die Wirksamkeit der gutachterlich vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen zum Gegenstand habe. Werde nachgewiesen, dass aus diesem Grund ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan nicht mehr zu erwarten sei, könne die erforderliche Abschaltzeit für die WKA 2 angepasst bzw. aufgehoben werden.

5. In einem Aktenvermerk vom 29. September 2014 hielt das Landratsamt fest, für das Vorhaben der Beigeladenen sei nach der Nummer 1.6.3 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles durchzuführen gewesen, da es sich „um ein kumulierendes Vorhaben mit weiteren geplanten Windkraftanlagen in der näheren Umgebung“ handele. Die standortbezogene Vorprüfung habe ergeben, dass keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gemäß den in der Nummer 2 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgestellten Kriterien zu erwarten seien und das Vorhaben deshalb keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe. Insbesondere lägen an dem beantragten Standort keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vor, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern würden.

6. Die am 17. November 2014 erteilte, der Beigeladenen am Folgetag zugestellte immissionsschutzrechtliche Genehmigung enthält u. a. die Auflage, die in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom 14. Februar 2014 aufgeführten, den Rotmilan betreffenden Vermeidungsmaßnahmen zu beachten. Ferner wurde der Beigeladenen aufgegeben, die WKA 2 von Anfang April bis Ende August von 8.00 Uhr morgens bis Sonnenuntergang abzuschalten. Um die Wirksamkeit der vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen zu prüfen, wurde die Beigeladene außerdem zur Durchführung eines die Raumnutzung durch den Rotmilan betreffenden Monitorings verpflichtet, dessen Ablauf und Details eng mit der höheren Naturschutzbehörde abzustimmen seien.

7. Die gegen den Bescheid vom 17. November 2014 erhobene Anfechtungsklage der Antragstellerin wies das Verwaltungsgericht Ansbach durch Urteil vom 23. Juli 2015 (Az. AN 11 K 14.1943) als unbegründet ab. Über das Begehren der Antragstellerin, hiergegen die Berufung zuzulassen (Az. 22 ZB 15.2322), hat der Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden.

8. Bereits durch Bescheid vom 25. Juni 2015 hatte das Landratsamt den Bescheid vom 17. November 2014 auf Antrag der Beigeladenen hin für sofort vollziehbar erklärt.

Die Anträge der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen, hilfsweise die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit aufzuheben, lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 6. August 2015 ab.

9. Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin den vorgenannten Haupt- und Hilfsantrag unverändert weiter.

Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich auf das form- und fristgerechte Beschwerdevorbringen beschränkt ist, hat nur mit der Maßgabe Erfolg, dass dem Antragsgegner und der Beigeladenen entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die aus den Nummern II und III des Beschlusstenors ersichtlichen Auflagen zu erteilen waren. Denn die Beschwerdebegründung zeigt Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 17. November 2014 nur insofern auf, als derzeit zu bezweifeln ist, ob das Landratsamt seiner sich aus Art. 24 Abs. 1 und 2 BayVwVfG ergebenden Verpflichtung, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, hinsichtlich der Geräuschvorbelastung des Wohnanwesens der Antragstellerin vollumfänglich nachgekommen ist. Da das insoweit gegenwärtig bestehende Erkenntnisdefizit der Genehmigungsfähigkeit der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Anlagen dem Grunde nach wohl nicht entgegensteht und nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die erteilte Genehmigung als Folge der nachzuholenden Ermittlungsmaßnahmen zugunsten der Antragstellerin abgeändert werden muss (eine solche Änderung überdies allenfalls in begrenztem Umfang erforderlich sein kann), gebietet es die Interessenabwägung, auf die es bei einer Entscheidung nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ausschlaggebend ankommt, nicht, der anhängigen Klage (bzw. dem Antrag auf Zulassung der Berufung) aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die bisherige Fassung des Bescheids vom 17. November 2014 das Recht der Antragstellerin verletzt, vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt einer zu hohen Geräuschgesamtbelastung verschont zu bleiben, die auf das Hinzutreten der beiden hier verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen zurückzuführen ist, ließe sich dieser Mangel nämlich unschwer durch einen die Schallemissionen dieser Anlagen auf das rechtskonforme Maß begrenzenden Verwaltungsakt ausräumen.

1. Soweit die Beschwerdebegründung eine am Maßstab von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unzureichende Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bemängelt, ist dem nicht zu folgen.

Das Landratsamt hat im Bescheid vom 25. Juni 2015 die Gründe, die aus dortiger Sicht die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung vom 17. November 2014 rechtfertigen, eingehend dargelegt. Hierbei hat es zum einen auf nach Auffassung der Behörde schutzwürdige Belange der Beigeladenen (Abschnitt II.2 der Bescheidsgründe), zum anderen darauf verwiesen, dass auch gewichtige öffentliche Interessen für einen Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin sprächen (Abschnitt II.3 der Bescheidsgründe). Diese Gesichtspunkte wurden in Abschnitt II.4 der Bescheidsgründe mit dem Wunsch der Antragstellerin abgewogen, vor der Unanfechtbarkeit der Genehmigung nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Damit ist den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Genüge getan.

2. Den Einwänden in Abschnitt B.II.2.2 der Beschwerdebegründungsschrift vom 21. Oktober 2015 kann insoweit grundsätzliche Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden, als darin Bedenken gegen die Verlässlichkeit der im Verwaltungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Untersuchung vom 12. Februar 2014 - auch unter Berücksichtigung der mit Schreiben vom 24. April 2014 erfolgten Ergänzung - angemeldet werden, die aus der unterbliebenen Berücksichtigung der Geräusche resultieren, die durch einen Betrieb der in B. bestehenden Asphaltmischanlage während der Nachtzeit hervorgerufen werden.

Nach der Nummer 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 2 bis 5 dieser Nummer dann sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionswerte nach der Nummer 6 TA Lärm nicht überschreitet.

Zwischen den Beteiligten ist nicht strittig, dass das von der Antragstellerin für eigene Wohnzwecke genutzte Gebäude in einem Gebiet liegt, das angesichts der dort tatsächlich ausgeübten Nutzungen einem allgemeinen Wohngebiet im Sinn von § 4 Abs. 1 BauNVO entspricht. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem regelmäßig eine nur überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage ausreicht, kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Geräuschgesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort dieses Gebäudes (vgl. dazu Nummer A.1.3 Abs. 1 Buchst. a TA Lärm) während der lautesten Stunde der Nachtzeit (Nummer 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm) gemäß der Nummer 6.1 Abs. 1 Buchst. d TA Lärm einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigen darf.

Die Gesamtbelastung ist in der Nummer 2.4 Abs. 3 TA Lärm dahingehend definiert, dass sie die Belastung eines Immissionsortes mit Geräuschen darstellt, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, für die die TA Lärm gilt; sie wird durch energetische Addition der Kenngrößen für die Vor- und die Zusatzbelastung bestimmt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, o. J., Nr. 2 Rn. 53).

2.1 Entgegen dem Vorbringen in Abschnitt B.II.2.2 der Beschwerdebegründung ist die schalltechnische Untersuchung insoweit nicht zu beanstanden, als sie die Geräusche unberücksichtigt gelassen hat, die von den beiden Windkraftanlagen hervorgerufen werden, deren Errichtung und Betrieb die Stadt A. mit Bescheid vom 19. März 2015 genehmigt hat. Dass es sich hierbei um keinen Bestandteil der „Zusatzbelastung“ im Sinn der Nummer 2.4 Abs. 2 TA Lärm handeln kann, folgt bereits daraus, dass es sich bei jenem Vorhaben nicht um die Anlagen handelt, die in dem Verwaltungsverfahren, das dem Bescheid vom 17. November 2014 vorausging, zu beurteilen waren. Da die Anlagen, die den Gegenstand des Bescheids vom 19. März 2015 bilden, im vorliegend maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (nämlich bei Erlass bzw. bei der Bekanntgabe des Bescheids vom 17.11.2014) weder tatsächlich vorhanden noch - falls es darauf ankommen sollte - auch nur genehmigt waren, stellen die von ihnen verursachten Schallimmissionen aber auch keinen Bestandteil der Vorbelastung im Sinn der Nummer 2.4 Abs. 1 TA Lärm dar.

Dieses aus den Begriffsbestimmungen der Vor- und der Zusatzbelastung folgende Ergebnis ist auch sachgerecht. Wären die Immissionen der beiden von der Beigeladenen im Gebiet der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen bereits - wie von der Antragstellerin gefordert - in dem dem Bescheid vom 17. November 2014 vorangehenden Verwaltungsverfahren bei der Ermittlung der Vor- oder der Zusatzbelastung berücksichtigt worden, so hätte sich die Beigeladene u. U. dann ungerechtfertigten Einschränkungen hinsichtlich des Emissionsverhaltens (und damit mittelbar des zulässigen Betriebsumfangs) der beiden im Landkreis A. zu errichtenden Anlagen ausgesetzt gesehen, wenn die Mitberücksichtigung des von ihr im Gebiet der Stadt A. geplanten Vorhabens zu dem Ergebnis geführt hätte, dass durch das Hinzutreten der beiden dort zu errichtenden Anlagen die einzuhaltenden Immissionswerte an irgendeinem in die Betrachtung einzubeziehenden Immissionsort überschritten worden wären, sich im weiteren Verfahrensfortgang jedoch herausgestellt hätte, dass die letztgenannten Anlagen (oder auch nur eine hiervon) nicht genehmigungsfähig sind oder die Beigeladene ihre diesbezüglichen Planungen nicht weiterverfolgt (bzw. sie ihren Genehmigungsantrag zurückgenommen) hätte. Dieses rechtswidrige Ergebnis wurde dadurch vermieden, dass die beiden im Gebiet der Stadt A. zu errichtenden Anlagen bei der Ermittlung der im vorliegenden Verwaltungsverfahren zu berücksichtigenden Vor- und Zusatzbelastung außer Betracht blieben, andererseits jedoch die Geräuschimmissionen der zwei hier verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen in die Vorbelastung eingegangen sind, die im Vorfeld der Genehmigung der beiden in der Gemarkung C. der Stadt A. geplanten Anlagen zu ermitteln war.

2.2 Ungesichert ist die Einhaltung der Lärmgrenzwerte zum Schutz der Antragstellerin jedoch insofern, als die Geräusche der in B. bestehenden Asphaltmischanlage weder in die schalltechnische Untersuchung vom 12. Februar 2014 noch in deren Ergänzung vom 24. April 2014 Eingang gefunden haben. Da Asphaltmischanlagen dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterfallen und die Anlage in B. nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs während der Nachtzeit von Rechts wegen betrieben werden darf, nach dem Vorbringen der Antragstellerin ferner eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass während der Nachtstunden dort zumindest gelegentlich auch tatsächlich Produktionsvorgänge stattfinden, ist zu bezweifeln, dass die mit einem Nachtbetrieb der Asphaltmischanlage ggf. einhergehenden Schallimmissionen bei der Ermittlung der auf das Wohnanwesen der Antragstellerin während der Nachtzeit einwirkenden Geräuschvorbelastung unberücksichtigt bleiben durften. Denn da die verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen am Wohngebäude der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 36,8 dB(A) hervorrufen - sie mithin den während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nicht um mindestens 6 dB(A) unterschreiten -, kann nach der Nummer 3.2.1 Abs. 6 Satz 2 TA Lärm auf die (rechtskonforme) Bestimmung der Vorbelastung nicht verzichtet werden. Das Wohngebäude der Antragstellerin liegt wahrscheinlich noch im Einwirkungsbereich des Asphaltmischwerks, da dieses dort einen Beurteilungspegel verursachen dürfte, der um weniger als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert für die Nachtzeit von 40 dB(A) liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Nach dem Vorbringen in Abschnitt 4 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 30. November 2015, wonach das Asphaltmischwerk, falls es mit einem Schallleistungspegel von 108,4 dB(A) betrieben wird, am Anwesen der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 31,7 dB(A) hervorruft, ist wohl hiervon auszugehen. Auch das Landratsamt A. spricht in seiner Stellungnahme vom 3. Dezember 2015 bezeichnenderweise davon, es sei nur „fraglich“, ob die Asphaltmischanlage wegen der Irrelevanzgrenze bei der Ermittlung der Vorbelastung hätte berücksichtigt werden müssen. Unabhängig hiervon darf nicht außer Betracht bleiben, dass die schalltechnische Beurteilung vom 30. November 2015, die dem Verwaltungsgerichtshof als Anlage zum Schreiben der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom gleichen Tage zugegangen ist, ersichtlich in großer Eile erstellt wurde. Dies gebietet es, die darin zum Ausdruck gebrachten Einschätzungen zurückhaltend zu bewerten.

Sollte sich herausstellen, dass nächtliche Schallimmissionen der Asphaltmischanlage grundsätzlich in die Ermittlung der Vorbelastung hätten Eingang finden müssen, diese Einbeziehung jedoch dazu führen würde, dass die am maßgeblichen Immissionsort des Wohnanwesens der Antragstellerin zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung während der lautesten Nachtstunde einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigt, würde die Antragstellerin nicht in ihrem subjektiven Recht verletzt, vor schädlichen Lärmeinwirkungen verschont zu bleiben. Da die an diesem Immissionsort unter Ausklammerung der Asphaltmischanlage zu erwartende nächtliche Geräuschgesamtbelastung nur mit 36,9 dB(A) prognostiziert wurde, spricht hierfür angesichts der voraussichtlich allenfalls maßvollen akustischen Auswirkungen der Asphaltmischanlage eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit. Das würde umso mehr gelten, sollte sich das Vorbringen der Beigeladenen als zutreffend herausstellen, die zwischenzeitlich erfolgte Dreifachvermessung von Windkraftanlagen des Typs, dessen Errichtung und Betrieb durch den Bescheid vom 17. November 2014 genehmigt wurden, habe ergeben, dass sie nur einen geringeren Schallleistungspegel hervorrufen als er den Immissionsprognosen vom 12. Februar 2014 und vom 24. April 2014 zugrunde gelegt wurde. Sollte sich aber herausstellen, dass der Beurteilungspegel von 40 dB(A) bei Mitberücksichtigung des von der Asphaltmischanlage ausgehenden Immissionsanteils (auch insoweit noch ohne Einbeziehung der weiteren Geräuschbelastung, der sich die Antragstellerin nach einer Inbetriebnahme der beiden mit Bescheid der Stadt A. vom 19.3.2015 genehmigten Anlagen ausgesetzt sehen wird) überschritten würde, wäre diesem Umstand vorrangig dadurch Rechnung zu tragen, dass hinsichtlich der beiden Anlagen, auf die sich der Bescheid vom 17. November 2014 bezieht, entweder eine Betriebszeitbeschränkung oder eine Begrenzung des Schallleistungspegels angeordnet wird, den sie während der Nachtzeit (und auch das ggf. nur bei gleichzeitigem Betrieb der Asphaltmischanlage) höchstens hervorrufen dürfen.

Um insoweit alsbald Klarheit zu schaffen, hält es der Verwaltungsgerichtshof - auch mit Blickrichtung auf das hier in Gestalt eines Antrags auf Zulassung der Berufung anhängige Hauptsacheverfahren - für angezeigt, entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die Erstellung eines diese Fragen beantwortenden schalltechnischen Prognosegutachtens zu verlangen. Die Notwendigkeit eines solchen Gutachtens wird dadurch bestätigt, dass sich der Umweltingenieur des Landratsamts auf der Grundlage der derzeitigen Erkenntnislage zu einer abschließenden Aussage über die am Wohnanwesen der Antragstellerin zu erwartende Geräuschgesamtbelastung nicht in der Lage sieht (vgl. seine Stellungnahme vom 10.12.2015). Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO zusteht, entspricht es hierbei, dieses Gutachten im Interesse einer höchstmöglichen Richtigkeitsgewähr durch eine gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle fertigen zu lassen und die Auswahl dieser Stelle nicht der Beigeladenen zu überlassen, sondern sie dem Antragsgegner als Träger der Genehmigungsbehörde zu überantworten. Ebenfalls auf § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO beruht die Regelung, dass die Kosten dieses Gutachtens von der Beigeladenen zu tragen sind. Denn sie ist ihrer Obliegenheit, den Nachweis der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen zu führen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV), durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Ausarbeitungen noch nicht vollauf gerecht geworden.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das angeordnete Prognosegutachten zeitgerecht erstellt wird und dass das Landratsamt - sollten sich entgegen der überwiegenden Wahrscheinlichkeit doch schädliche Lärmeinwirkungen auf das Anwesen der Antragstellerin ergeben - unverzüglich bescheidsmäßige Konsequenzen ziehen wird. Andernfalls bestünden die Möglichkeiten des § 80 Abs. 7 VwGO.

Des weiteren sind zur Klarstellung folgende Hinweise veranlasst:

Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Nummer II des Tenors dieses Beschlusses fordert, dass das in Auftrag zu gebende Gutachten die Vorbelastung unter Berücksichtigung der Geräusche zu ermitteln hat, die „von allen nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen“ ausgehen, so trägt er damit dem Umstand Rechnung, dass das Landratsamt nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat und deshalb eine Vergewisserung darüber angezeigt erscheint, ob in der Umgebung außer dem Asphaltmischwerk noch andere der TA Lärm unterfallende Anlagen vorhanden sind, die während der Nachtzeit ebenfalls Geräusche emittieren, die am Wohnanwesen der Antragstellerin pegelerhöhend wirken.

3. Das übrige Beschwerdevorbringen rechtfertigt demgegenüber keine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

3.1 Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin in Abschnitt B.II.1.1 der Beschwerdebegründung, anstelle der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung sei vorliegend eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles geboten gewesen. Das Landratsamt und das Verwaltungsgericht gingen jedenfalls im Ergebnis vielmehr zu Recht davon aus, dass sich die Art einer vorzunehmenden Umweltverträglichkeitsvorprüfung vorliegend nach der Nummer 1.6.3 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestimmten. Denn die zwei Windkraftanlagen, die Gegenstand des dem Bescheid vom 17. November 2014 vorausgehenden Verwaltungsverfahrens waren, bilden allenfalls zusammen mit den beiden Anlagen, deren Errichtung die Beigeladene in der Gemarkung C. der Stadt A. bereits damals plante, ein „kumulierendes Vorhaben“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG. Allein mit diesen beiden Anlagen, nicht aber mit den im fünften Absatz des Abschnitts B.II.1.1 der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen, in der weiteren Umgebung außerdem vorhandenen bzw. geplanten neun sonstigen Windkraftanlagen weist das streitgegenständliche Vorhaben ggf. nämlich den nach den letztgenannten Bestimmungen erforderlichen „engen Zusammenhang“ auf.

Ob zwischen mehreren Anlagen ein solcher Zusammenhang besteht, hängt nicht von optisch wahrnehmbaren Umständen, insbesondere nicht davon ab, ob diese Anlagen einen wenigstens in Ansätzen erkennbaren Bebauungszusammenhang bilden (BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 4 C 4.14 - NVwZ 2015, 1458 Rn. 24). Dieses Kriterium ist nach dem Sinn und Zweck der Kumulationsregelung, Vorhaben mit einem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu erfassen, vielmehr danach zu bestimmen, ob damit zu rechnen ist, dass sich ihre Umweltauswirkungen überlagern (BVerwG, U. v. 18.6.2015 a. a. O. Rn. 24). Bei dem Erfordernis, dass es voraussichtlich zu Wirkungsüberschneidungen der Anlagen kommen wird, handelt es sich jedoch lediglich um ein notwendiges, nicht aber ein hinreichendes Kriterium dafür, um ein „kumulierendes Vorhaben“ annehmen zu können. Vorhaben, die beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden, unterliegen nämlich nicht schon wegen ihrer sich überlagernden Umweltauswirkungen der Vorprüfungspflicht (BVerwG, U. v. 18.6.2015 a. a. O. Rn. 25). Denn § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verlangt eine Ausführung „auf demselben Betriebs- oder Baugelände“ und eine Verbindung „mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen“. Dies setzt einen räumlich-betrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug der einzelnen Anlagen aufeinander voraus (BVerwG, U. v. 18.6.2015 a. a. O. Rn. 26).

Die Antragstellerin hat auch nach Erhalt des Schreibens vom 3. November 2015, in dem der Verwaltungsgerichtshof die Beteiligten auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (a. a. O.) hingewiesen hat, nicht aufgezeigt, dass zwischen dem hier verfahrensgegenständlichen Vorhaben und den in der Beschwerdebegründung erwähnten neun weiteren Windkraftanlagen ein räumlich-betrieblicher Zusammenhang besteht bzw. sie funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen sind. Dies ist auch unabhängig von einschlägigem Vorbringen der Antragstellerin zu verneinen, da nicht einmal entfernte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie technisch miteinander verknüpft oder sie wirtschaftlich in einer Weise verbunden sind, dass der von ihren Betreibern verfolgte ökonomische Zweck nur mit Rücksicht auf den Bestand und den Betrieb der jeweils anderen Anlagen sinnvoll verwirklicht werden kann. Auf die in der Beschwerdebegründung umfänglich thematisierte Frage, ob sich die Umweltauswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen mit denjenigen der neun in der Beschwerdebegründung erwähnten weiteren Windkraftanlagen überlagern, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an.

An dem Ergebnis, dass aus diesem Grund keine Zusammenrechnung von Windkraftanlagen stattzufinden hat, die dazu führt, dass die in der Nummer 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannte Zahl von mindestens sechs Windkraftanlagen erreicht und damit eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Sinn von § 3c Satz 1 UVPG notwendig und ändert auch der in der Zuschrift der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 16. November 2015 enthaltene knappe Hinweis nichts, die vier von der Beigeladenen geplanten und die neun in der Umgebung außerdem vorhandenen bzw. bereits genehmigten Windkraftanlagen seien jedenfalls als „sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG anzusehen. Dieses Vorbringen erweist sich unabhängig von seiner unterbliebenen Substantiierung deshalb als nicht stichhaltig, weil es sich bei § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG zutreffender Auffassung zufolge (vgl. Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand Mai 2003, § 3b UVPG Rn. 33; Dienes in Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 32) um einen Auffangtatbestand handelt, der ausschließlich Vorhaben erfasst, die keine „Anlagen“ im Rechtssinne zum Gegenstand haben. Denn die eingangs des § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verwendete Formulierung „technische und sonstige Anlagen“ bringt eindeutig zum Ausdruck, dass diese Bestimmung abschließend regelt, unter welchen Voraussetzungen bei Anlagen ein „enger Zusammenhang“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht.

3.2 Auf sich beruhen kann, ob zwischen dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben und den beiden von der Beigeladenen in der Gemarkung C. der Stadt A. geplanten Windkraftanlagen ein räumlich-betrieblicher Zusammenhang bzw. ein funktionaler und wirtschaftlicher Bezug besteht, ob sich ein solcher Zusammenhang in Ermangelung eines gemeinsamen Betriebsgeländes insbesondere daraus ergibt, dass sie nach der Darstellung in Abschnitt 2 des Schreibens der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 16. November 2015 über ein und dasselbe Stromkabel an das Stromnetz angebunden sind (zweifelnd für einen solchen Fall Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Bd. 1, 0600, § 3b UVPG Rn. 73).

Die Beschwerdebegründung zeigt jedenfalls keine Mängel der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls auf. Die gerichtliche Überprüfung hat sich hierbei gemäß § 3a Satz 4 UVPG darauf zu beschränken, ob diese Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c Satz 2 UVPG durchgeführt wurde und das Ergebnis nachvollziehbar ist.

Auch die Antragstellerin räumt eingangs des Abschnitts B.II.1.2 der Beschwerdebegründung ein, dass im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG lediglich der Frage nachzugehen ist, ob das Vorhaben aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nummer 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen erwarten lässt. Durch den Gebrauch des Begriffs „Schutzkriterien“ in § 3c Satz 2 UVPG bringt das Gesetz trotz der Erwähnung der gesamten Nummer 2 der Anlage 2 im Ergebnis eindeutig zum Ausdruck, dass allein darauf abzustellen ist, ob durch das Vorhaben die in der Nummer 2.3 der Anlage 2 aufgeführten Gesichtspunkte erheblich tangiert werden können. Denn diese Nummer enthält eine gesetzliche Definition des Begriffs der „Schutzkriterien“; sie treten insoweit klar abgegrenzt neben die in der Nummer 2.1 der Anlage 2 ebenfalls einer gesetzlichen Begriffsbestimmung zugeführten „Nutzungskriterien“ und die in der Nummer 2.2 definierten „Qualitätskriterien“. Dass bei einer standortbezogenen Vorprüfung allein darauf abzustellen ist, ob erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien zu erwarten sind, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Übrigen bereits im Beschluss vom 12. März 2008 (22 CS 07.2027 - juris Rn. 12) festgehalten. In Übereinstimmung damit hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Sachsen-Anhalt (U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 81) ausgeführt, dass bei einer standortbezogenen Umweltverträglichkeitsvorprüfung die in den Nummern 2.1 bzw. 2.2 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erwähnten Nutzungs- und Qualitätskriterien nicht heranzuziehen sind. Fehlt es - wie hier - an Anhaltspunkten dafür, dass das Vorhaben nachteilige Auswirkungen auf von der Nummer 2.3 dieser Anlage erfasste Gebiete oder Einzelobjekte zu zeitigen vermag, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden (OVG SA, U. v. 24.3.2015 a. a. O. Rn. 81; vgl. zur fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit etwaiger Beeinträchtigungen von nicht in der Nummer 2.3 der Anlage 2 aufgeführten Schutzgütern bei einer standortbezogenen Umweltverträglichkeitsvorprüfung auch VGH BW, B. v. 8.3.2011 - 10 S 161/09 - NVwZ-RR 2011, 355/356 f.; HessVGH, B. v. 19.3.2012 - 9 B 1916/11 - juris Rn. 73). Auf die insoweit bestehende ausschließliche Relevanz der in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien weisen auch Storm/Bunge (Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Bd. 1, 0600, Stand März 2006, § 3c UVPG Rn. 85 - 88) sowie Sangenstedt (in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand Mai 2003, § 3c UVPG Rn. 33 f.) hin.

Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben - sei es auch unter Einbeziehung der beiden von der Beigeladenen in der Gemarkung C. der Stadt A. geplanten weiteren Anlagen - ein Gebiet der in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.4 sowie 2.3.7 bis 2.3.10 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Art oder ein von den Nummern 2.3.5, 2.3.6 oder 2.3.11 dieser Anlage erfasstes Einzelobjekt nachteilig beeinflusst werden kann. Dahinstehen kann deshalb, ob durch die Ausführungen in Abschnitt B.I.1.2 des Schriftsatzes vom 21. Oktober 2015 eine mit dem Vorhaben potentiell einhergehende Gefährdung des Rotmilans dargetan wird. Denn hierdurch würde auch dann, wenn diesem Vorbringen zu folgen sein sollte, keine Beeinträchtigung einer der in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien aufgezeigt.

Als unbehelflich erweist sich vor diesem Hintergrund ferner der im gleichen Abschnitt der Beschwerdebegründung enthaltene Hinweis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 2015 (8 A 959/10 - ZNER 2015, 177). In dieser Entscheidung wurde das Ergebnis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles (§ 3c Satz 1 UVPG) dann als nicht nachvollziehbar im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG eingestuft, wenn sich die avifaunistische Unbedenklichkeit eines Vorhabens nur dadurch sicherstellen lässt, dass der Genehmigungsbescheid mit mehreren, den Vorhabensträger nicht unwesentlich einschränkenden Nebenbestimmungen versehen wird. Um aus der Erforderlichkeit derartiger Nebenbestimmungen die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung herleiten zu können, bedarf es jedoch stets eines Bezuges zwischen den betroffenen Umweltbelangen und den in der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Kriterien (vgl. auch OVG NRW, U. v. 25.2.2015 a. a. O. S. 185). Muss - wie hier - allenfalls eine standortbezogene Vorprüfung durchgeführt werden und ist deshalb allein zu fragen, ob in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zu diesem Gesetz genannte Gebiete oder Einzelobjekte nachteilig betroffen sein können, vermag die Notwendigkeit umfangreicher oder gravierender Nebenbestimmungen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit nur dann Indizwirkung für die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu entfalten, wenn diese Nebenbestimmungen dazu dienen, Beeinträchtigungen dieser Gebiete oder Einzelobjekte zu verhindern. Einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beigefügte Auflagen, die - wie hier - der Vermeidung eines Verstoßes gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG dienen, weisen jedenfalls dann keinen Bezug zu den in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien auf, wenn die zu schützenden Tiere in keinem der in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.4 sowie 2.3.7 bis 2.3.10 dieser Anlage genannten Gebiete leben.

Ebenfalls nicht geeignet, die fehlende Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der Umweltverträglichkeitsvorprüfung im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG darzutun, ist vor diesem Hintergrund die Rüge der Antragstellerin, das Landratsamt habe im Rahmen dieses Verfahrensabschnitts die Ergebnisse der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung unberücksichtigt gelassen.

3.3 Die Ausführungen in Abschnitt B.II.2.3 der Beschwerdebegründung, in denen eine Missachtung des Rücksichtnahmegebots durch die Nachtkennzeichnung der verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen behauptet wird, zeigen die rechtliche Fehlerhaftigkeit des Bescheids vom 17. November 2014 ebenfalls nicht auf. Da Windkraftanlagen inzwischen weit verbreitet sind, kann sich jedermann einen unmittelbaren Eindruck von den Auswirkungen der nächtlichen Beleuchtung derartiger Anlagen verschaffen; das insoweit einschlägige Erfahrungswissen kann deshalb - zumindest in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - als allgemeinkundig angesehen werden. Danach spricht nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit dafür, dass die nächtliche Befeuerung von Windkraftanlagen, die vom Wohnanwesen der Antragstellerin Abstände der hier inmitten stehenden Art aufweisen, zu einer Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin führt. Glaubhaft erscheinen vielmehr die Ausführungen auf Seite 4 unten und Seite 5 oben in der Beschwerdeerwiderung der Landesanwaltschaft Bayern vom 27. Oktober 2015, wonach eine im Jahr 2010 von der Universität Wittenberg-Halle durchgeführte Studie ergeben hat, dass solche Hinderniskennzeichnungen keine erhebliche Belästigungswirkung auslösen und auch keine ins Gewicht fallende Blendwirkung verursachen. Hierfür spricht vor allem, dass die von der Befeuerung von Windkraftanlagen ausgehenden Lichtstrahlen dazu dienen, von Luftfahrzeugführern wahrgenommen zu werden, sie mithin nicht gezielt auf die Erdoberfläche hin ausgerichtet oder gar gebündelt sind.

3.4 Soweit die Antragstellerin in Abschnitt B.II.2.4 der Beschwerdebegründung moniert, dass es das Verwaltungsgericht unterlassen habe, ihre Gesamtbelastung mit „Immissionen“ jedweder Art (sie versteht hierunter außer Geräuschen, dem Schattenwurf der Windkraftanlagen sowie den Lichtimmissionen der Blinkfeuer auch die Beeinträchtigungen, denen sie sich durch die farbig markierten Rotoren ausgesetzt sehe) festzustellen und zu bewerten, ergibt sich hieraus ebenfalls keine Notwendigkeit, den Beschluss vom 6. August 2015 abzuändern. Das wäre nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur veranlasst, wenn die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung aufgezeigt hätte, dass es einen Rechtssatz gibt, der eine Summation der Effekte verschiedener Immissionsarten (sowie ggf. sonstiger optischer Beeinträchtigungen) gebietet, und die Voraussetzungen eines solchen Rechtssatzes im vorliegenden Fall erfüllt sind. Diese Aufgabe wird im Schriftsatz vom 21. Oktober 2015 indes nicht einmal ansatzweise geleistet. Die dortigen Ausführungen beschränken sich vielmehr darauf, die Existenz eines derartigen Rechtssatzes lediglich zu postulieren.

Auch das rechtswissenschaftliche Schrifttum geht im Übrigen, soweit es dieser Frage Aufmerksamkeit widmet, davon aus, dass sich das Erfordernis, die Gesamtbelastung eines Schutzgutes durch Immissionen zu berücksichtigen, grundsätzlich auf die einzelnen Immissionsarten beschränkt (vgl. dazu näher BayVGH, B. v. 13.10.2015 - 22 ZB 15.1186 - Rn. 67 ff.).

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt bei alledem nicht, dass es Fallgestaltungen geben kann, in denen die Schutzpflicht, die der öffentlichen Gewalt in Bezug auf die Grundrechte obliegt, es u. U. gebietet, Immissionen dann nicht zuzulassen oder sie zu unterbinden, wenn ein Rechtsgut bereits durch Immissionen anderer Art über das von Verfassungs wegen hinzunehmende Maß belastet ist, oder diese verfassungsrechtliche Grenze durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Arten von Umwelteinwirkungen erstmals überschritten wird (vgl. zu dem Gebot, im Einzelfall auch Kombinationen und Summationen verschiedener Immissionsarten zu erfassen, Thiel in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Januar 2014, § 3 BImSchG, Rn. 59). Hieraus kann die Antragstellerin jedoch nicht nur deshalb nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil sie der ihr obliegenden Darlegungslast hinsichtlich der Existenz und der Reichweite eines solchen Rechtssatzes nicht nachgekommen ist; auch ihre Immissionsbetroffenheit bleibt nach dem Vorgesagten selbst bei einer Zusammenschau der einzelnen ggf. in die Betrachtung einzubeziehenden Faktoren weit hinter dem Grad an Erheblichkeit zurück, von dem an ein etwaiges Erfordernis der Kumulation unterschiedlicher Immissionsarten (sowie ggf. weiterer nachteiliger Einwirkungen) praktische Relevanz erlangen könnte.

4. Dass der Bescheid vom 17. November 2014, sollte er sich nicht zur Gänze als rechtmäßig erweisen, allenfalls der Ergänzung durch begrenzte Schutzanordnungen zugunsten der Antragstellerin bedarf, er aller Voraussicht nach aber nicht aufzuheben sein wird, spricht dafür, an dessen sofortiger Vollziehbarkeit festzuhalten. Auch eine vom mutmaßlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens unabhängige Abwägung der für und gegen die sofortige Vollziehbarkeit dieser immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sprechenden Belange legt ein solches Ergebnis nahe. Denn jedenfalls die für eine alsbaldige Verwirklichung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens streitenden gemeinwohlbezogenen Gesichtspunkte überwiegen das Suspensivinteresse der Antragstellerin. Wenn die beiden von der Beigeladenen geplanten Anlagen alsbald einen Beitrag zur Erzeugung elektrischer Energie aus regenerativen Quellen leisten können, so entspricht das der Zielsetzung, die in § 1 EEG sowie in der Nummer 6.2.1 des Landesentwicklungsprogramms Bayern vom 22. August 2013 (GVBl S. 550; BayRS 230-1-5-F) zum Ausdruck gelangt. Die in Abschnitt B.I.3 der Beschwerdebegründung als Indiz für den Wegfall eines breiten gesellschaftlichen und politischen Konsenses hinsichtlich des raschen Ausbaus erneuerbarer Energien in Bezug genommene sog. 10-H-Regelung (§ 1 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung u. a. vom 17.11.2014, GVBl S. 478) ist hier nicht anwendbar, weil der Genehmigungsbescheid vom 17. November 2014 nicht nur vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsänderung am 21. November 2014 (vgl. § 3 des o.g. Gesetzes) erlassen, sondern er - soweit es hierauf ankommen sollte - auch vor diesem Stichtag der Genehmigungsadressatin bekanntgegeben wurde und sich die Neufassung der Art. 82 f. BayBO keine Rückwirkung beilegt. Für die Entscheidung über Anfechtungsklagen Dritter gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist aber die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erteilung maßgeblich (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1991 - 7 B 102/90 - NVwZ-RR 1991, 236; BayVGH, U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - BayVBl 2014, 502/505 Rn. 47; BayVGH, B. v. 24.3.2015 - 22 ZB 15.113 - juris Rn. 36). Rückschlüsse aus einer späteren Gesetzesänderung verbieten sich mit Blick auf den Vertrauensschutz eines Genehmigungsinhabers.

Wenn die Antragstellerin das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung vom 17. November 2014 mit der Behauptung in Abrede stellt, die beiden verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen würden nur „eine Standortqualität von 58,13%“ erreichen, kann dieses Vorbringen im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil es nicht ausreichend substantiiert wurde. Insbesondere enthält der Bescheid vom 25. Juni 2015 entgegen der Darstellung in Abschnitt B.I.3 der Beschwerdebegründung keine dahingehende Angabe. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf das in Abschnitt 9.4.4 der „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA)“ (Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2011) erwähnte 60-%-Kriterium verweist, bezieht sich diese Regelung im Übrigen nur auf die Voraussetzungen, unter denen von der Ermessensvorschrift des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG Gebrauch gemacht, d. h. eine Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) zugelassen werden darf. Für die Beantwortung der Frage, wann ein hinreichendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der für eine Windkraftanlage erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung besteht, folgt hieraus schon deshalb nichts, weil § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - anders als § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG - kein „zwingendes“ öffentliches Interesse verlangt.

Rechtfertigen es aber jedenfalls gemeinwohlbezogene Belange, an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids vom 17. November 2014 festzuhalten, so kann dahinstehen, welches Gewicht in diesem Zusammenhang den wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zukommt, inwiefern namentlich dem sich hierauf beziehenden Vorbringen in Abschnitt B.I.2 der Beschwerdebegründung zu folgen wäre. Festzuhalten ist insofern lediglich, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wegen des in den Nebenbestimmungen 4.1.2 bis 4.1.4 des Bescheids vom 17. November 2014 vorgegebenen „Bauzeitfensters“ zur Folge hätte, dass sich die Gewinnung regenerativer Energie aus den beiden verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen um mindestens ein volles Jahr verschieben würde.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO, der Ausspruch über die teilweise Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.

2

Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.

3

Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.

4

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.

5

Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.

11

Die Beigeladene hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

14

Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.

15

Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.

16

Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.

17

Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.

18

Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.

19

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.

21

Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.

22

Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.

23

Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.

24

Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.

25

Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.

26

Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.

27

Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.

28

Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.

29

Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.

30

Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.

31

Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.

32

Die Klägerin beantragt,

33

das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.

37

Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

38

Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.

39

Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.

40

Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.

41

Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.

42

In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.

43

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:

46

Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.

47

Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.

48

Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.

49

Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.

50

Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

53

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.

54

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.

55

Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).

56

2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

57

2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.

58

Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).

59

Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.

60

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.

61

2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.

62

Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.

63

Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.

64

2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.

65

2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.

66

Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).

67

Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).

68

2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.

69

2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).

70

Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.

71

2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.

72

2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.

73

2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.

74

a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.

75

Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).

76

Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).

77

b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

78

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

79

Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).

80

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.

81

§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).

82

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.

83

Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.

84

Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.

85

Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.

86

2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.

87

Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).

88

Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.

89

2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

90

Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

91

2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

92

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).

93

2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

94

2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

95

a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).

96

Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).

97

b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

98

c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.

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d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.

100

Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.

101

Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.

102

aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.

103

Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.

104

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.

105

Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.

106

bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.

107

aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.

108

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.

109

Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.

110

Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.

111

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.

112

Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.

113

Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.

114

bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.

115

ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.

116

Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.

117

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.

118

Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.

119

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.

120

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.

121

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).

122

Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:

123

zin m

 CORINE-Klasse

 0.01 

Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)

 0,02 

Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)

 0,05 

Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)

 0,10 

Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)

 0,20 

Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)

 0,50 

Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)

 1,00 

Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)

 1,50 

Laubwälder (311); Mischwälder (313)

 2,00 

Durchgängig städtische Prägung (111)

124

Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.

125

Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.

126

Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.

127

Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.

128

Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.

129

2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.

130

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).

131

Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.

132

2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.

133

Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.

134

Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).

135

Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.

136

2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.

137

Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).

138

2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.

139

a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).

140

b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

141

c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

142

d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.

143

aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).

144

Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.

145

bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.

146

Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).

147

aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.

148

bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.

149

ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.

150

Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.

151

dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.

152

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

153

aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).

154

Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.

155

Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.

156

bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).

157

Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.

158

ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).

159

Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).

160

Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.

161

ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.

162

Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.

163

2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

164

Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.

165

2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).

166

2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.

167

Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.

168

2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

169

Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).

170

Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

171

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

172

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

173

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zeigt die Beschwerde nicht auf.

3

a) Die Beschwerde möchte in einem Revisionsverfahren klären lassen,

ob § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 6 Satz 2 sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG die Auslegung einer landesrechtlichen Vorschrift dahingehend gestatten, dass zielförmige Festlegungen eines in Kraft getretenen und nicht förmlich aufgehobenen Regionalplans dann nicht mehr der Beachtenspflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG unterliegen, wenn nachfolgend zielförmige Festlegungen eines Landesentwicklungsplans in Kraft getreten sind, die die Notwendigkeit einer Anpassung des Regionalplans auslösen (Frage B.I.1), und ferner

ob die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftVG auch dann die Auslegung dahingehend gestattet, dieser enthalte eine implizite Zielabweichungsentscheidung von zielförmigen Festlegungen eines Raumordnungsplans, wenn der Planfeststellungsbeschluss in seiner Begründung ausdrücklich davon ausgeht, dass eine solche Zielabweichung nicht erforderlich sei (Frage B.I.2).

4

Mit diesen Fragen macht die Beschwerde geltend, der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 317 juris Rn. 803 ff.) habe der Auffassung des Klägers, dass der Planfeststellungsbeschluss gegen die im Regionalplan Südhessen 2000 (RPS 2000) festgelegten Ziele Ziffer 10.2-14 (Waldbereich, Bestand), Ziffer 3.1-2 (Regionaler Grünzug) sowie Ziffer 4.1-5 und 4.1-7 (Grundwassersicherung) und damit gegen die raumordnungsrechtliche Beachtenspflicht aus § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG verstoße, zu Unrecht eine Absage erteilt (Beschwerdebegründung S. 3 f.).

5

Offenbleiben kann, ob der Kläger als anerkannter Naturschutzverein die Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit den Zielfestlegungen eines Regionalplans trotz seiner auf naturschutzrelevante Regelungen beschränkten Rügebefugnis (§ 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG vom 25. März 2002, BGBl I S. 1193 - im Folgenden: BNatSchG a.F.; entspricht im Wesentlichen § 64 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i.d.F. vom 29. Juli 2009, BGBl I S. 2542 - im Folgenden: BNatSchG n.F.) rügen kann. Der Grundsatzrüge bleibt jedenfalls deshalb der Erfolg versagt, weil entscheidungserhebliche Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan sind.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich - ebenso wie zuvor schon die Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss - auf den Standpunkt gestellt, dass durch den Landesentwicklungsplan 2000 (LEP 2000) i.d.F. der LEP-Änderung 2007 die neue wirksame Zielbestimmung "Vorrangflächen Flughafenerweiterung" hinzugetreten sei, die die Notwendigkeit der Anpassung des RPS 2000 auslöse und die dem neuen Ziel entgegenstehenden Zielfestlegungen im RPS 2000 bis zu einer Anpassung zurückdränge. Die Auflösung dieser Normenkollision erfolge mit Hilfe des Gedankens der Planhierarchie, nach der sich der höherstufige LEP 2000 durchsetze. Außerdem führe auch die Kollisionsregel, wonach eine neuere Norm - hier der LEP 2000 i.d.F. der LEP-Änderung 2007 - die ältere - hier den RPS 2000 - verdränge, zum Vorrang des LEP (UA S. 317 f. juris Rn. 805 f.). "Unabhängig von alledem" führten die beanstandeten Abweichungen von den Festsetzungen im RPS 2000 auch deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil die Planfeststellungsbehörde - wenn auch nicht ausdrücklich - insoweit eine wirksame landesplanerische Abweichungsentscheidung nach § 12 Abs. 3 HLPG getroffen habe. "Im Einzelnen" verweist der Verwaltungsgerichtshof hierzu auf sein Urteil vom 28. Juni 2005 - 12 A 8/05 - (NVwZ 2006, 230; nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2006 - BVerwG 4 B 49.05 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 21). Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung damit auf zwei selbständig tragende Begründungselemente gestützt.

7

aa) Die Frage B.I.2, die auf das zweite Begründungselement des Verwaltungsgerichtshofs zielt, kann nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantwortet werden.

8

Mit dieser Frage will die Beschwerde geklärt wissen, ob auch dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ausdrücklich zugrunde legt, dass eine Zielabweichungsentscheidung nicht erforderlich sei, und aus diesem Grund auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen einer Zielabweichung nicht prüft, davon auszugehen ist, dass eine solche Entscheidung aufgrund der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses von diesem mit umfasst sein kann (Beschwerdebegründung S. 10). Ob die Planfeststellungsbehörde implizit eine Zielabweichung zugelassen hat, ist eine Frage der Auslegung des jeweiligen Planfeststellungsbeschlusses. Der Auslegung des Inhalts eines konkreten Verwaltungsakts kommt eine fallübergreifende, grundsätzliche Bedeutung in der Regel nicht zu (Beschluss vom 2. August 2000 - BVerwG 9 B 210.00 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 61). Allein aus dem Vortrag, die Planfeststellungsbehörde habe eine Zielabweichung nicht für erforderlich gehalten, ergibt sich nicht zwingend, dass das Ergebnis der Auslegung aus Rechtsgründen in einer bestimmten Richtung vorgezeichnet gewesen wäre. Auch insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

9

Einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde auch nicht mit der Behauptung auf, eine rechtliche Würdigung der Frage, ob Ziele des RPS 2000 dem Planfeststellungsbeschluss entgegenstehen und ob eine wirksame Abweichungsentscheidung vom Planfeststellungsbeschluss konzentriert werde, sei dem angegriffenen Urteil nicht zu entnehmen und werde auch nicht durch den Verweis auf das Urteil vom 28. Juni 2005 ersetzt, weil der dort zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem hier zu würdigenden Sachverhalt vergleichbar sei (Beschwerdebegründung S. 13). Mit dieser Behauptung wird allein eine unrichtige Rechtsanwendung geltend gemacht.

10

Zur Konzentrationswirkung eines Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 9 LuftVG selbst wirft die Beschwerde keine rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftigen Fragen auf.

11

bb) Die hinsichtlich des ersten Begründungselements des Verwaltungsgerichtshofs erhobene Grundsatzrüge (Frage B.I.1) rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Die Frage ist nicht entscheidungserheblich.

12

Ist eine Entscheidung - wie hier - auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Nichtzulassungsbeschwerde nur Erfolg haben, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargelegt und gegeben ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 Nr. 26 = NJW 1997, 3328; stRspr). Daran fehlt es hier, weil hinsichtlich des zweiten Begründungselements - wie dargelegt - ein Zulassungsgrund nicht gegeben ist. Das erste Begründungselement kann deshalb hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.

13

b) Zum Gebietsschutz hält die Beschwerde die Frage für klärungsbedürftig,

ob es in einer Situation, in der sich die Möglichkeit einer vorhabenbedingt erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele eines FFH- oder Vogelschutz-Gebiets durch einen bestimmten Wirkungszusammenhang nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht ausschließen lässt, mit Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL bzw. § 34 Abs. 2 BNatSchG bzw. den hierzu ergangenen landesrechtlichen Vorschriften vereinbar ist, auf eine "Worst-Case-Betrachtung" zu verzichten, wenn die vorliegenden standortspezifischen Erkenntnisse ihrerseits nur eine plausible, aber keine über wissenschaftlich vernünftige Zweifel erhabene Prognose über das Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen erlauben (Frage B.II.1).

14

Die Beschwerde meint, nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs dürfe immer dann, wenn gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse fehlen, mit Analogieschlüssen gearbeitet werden, die ihrerseits nicht über jeden vernünftigen und wissenschaftlich begründeten Zweifel erhaben, sondern lediglich plausibel begründet und vertretbar sein müssten (Beschwerdebegründung S. 22 f.). Ohne Rückgriff auf diese rechtlichen Maßstäbe, die der Verwaltungsgerichtshof herangezogen habe, wäre - so die Beschwerde weiter - der Beweis des Ausbleibens erheblicher Beeinträchtigungen der Avifauna durch Lärmimmissionen und von Lebensraumtypen durch Schadstoffeinträge (insbesondere Stickstoffoxyde) nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu führen gewesen. Diese Maßstäbe seien aber mit den unionsrechtlichen Vorgaben der FFH-Richtlinie unvereinbar. Im Kern geht es der Beschwerde damit um die Frage, ob die Behörde im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung mangels gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung auf der Grundlage von Analogieschlüssen verneinen darf, auch wenn diese ihrerseits nicht über jeden vernünftigen und wissenschaftlich begründeten Zweifel erhaben, sondern lediglich plausibel begründet und vertretbar sind. Die Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich.

15

aa) Soweit es um Beeinträchtigungen der Avifauna durch Lärmimmissionen geht, beruht die Frage auf Annahmen, von denen der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen ist.

16

Dass die vorliegenden standortspezifischen Erkenntnisse nur eine plausible, aber keine über wissenschaftlich vernünftige Zweifel erhabene Prognose über das Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen durch Lärmimmissionen erlauben, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt. Er hat im Gegenteil ausgeführt, die von der Beigeladenen angewandte Methode zur Bewertung der Wirkungen der vorhabenbedingten Lärmzunahme auf die Avifauna in den Natura-2000-Gebieten im Umfeld des Frankfurter Flughafens sei aus naturschutzfachlicher Sicht hinreichend geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung der vorgenannten Schutzgebiete mit der zu fordernden Gewissheit auszuschließen; auch der von der Planfeststellungsbehörde gezogene Analogieschluss von der derzeitigen Lärmsituation im Umfeld des bestehenden Flughafens auf die zukünftige Situation sei berechtigt und führe zur hinreichenden Gewissheit, dass im Planungsfall keine erheblichen Lärmbeeinträchtigungen der maßgeblichen Avifauna stattfinden würden (UA S. 53 f. juris Rn. 136). Hiergegen gerichtete Einwände des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof im Einzelnen erörtert und zurückgewiesen (UA S. 63 juris Rn. 157).

17

Nichts anderes ergibt sich, soweit die Beschwerde auf Rn. 149 des erstinstanzlichen Urteils (UA S. 58 f.; Rn. zitiert nach juris) verweist. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof zwar ausgeführt, es sei "schlüssig und plausibel", dass die Planfeststellungsbehörde dem Vorschlag des Kieler Instituts für Landschaftsökologie nicht gefolgt sei. Damit hat der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass insoweit wissenschaftlich vernünftige Zweifel hinsichtlich des Ausbleibens erheblicher Beeinträchtigungen durch Lärmimmissionen verbleiben. Er hat derartige Zweifel vielmehr verneint, weil es schlüssig und plausibel sei, den Schwellenwert für die Dauer der Störgeräusche nicht für alle hier maßgeblichen Brutvogelarten auf zwölf Minuten je Stunde festzulegen, sondern ihn artspezifisch nach der Länge der Gesangsstrophe der jeweils betroffenen Vogelart zu bestimmen. Welche vernünftigen Zweifel an diesem Ansatz bestehen sollten, zeigt auch die Beschwerde nicht auf.

18

bb) Soweit erhebliche Beeinträchtigungen von Lebensraumtypen durch vorhabenbedingte Stickstoffeinträge in Frage stehen, rechtfertigt die aufgeworfene Frage ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Die Rechtssätze der Vorinstanz, die die Beschwerde insoweit beanstandet, waren für die angegriffene Entscheidung nicht tragend.

19

In rechtlicher Hinsicht hat der Verwaltungsgerichtshof die folgenden Maßstäbe formuliert: Die Situation, in der Analogieschlüsse für zulässig erachtet werden, sei dadurch gekennzeichnet, dass sich die ökologische Wissenschaft nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweise. Dieser durch "wissenschaftliche Unsicherheit" geprägte Zustand schlage zwangsläufig auf die wissenschaftliche Absicherung des Analogieschlusses durch. Solle der Analogieschluss als Möglichkeit, unter Einhaltung wissenschaftlicher Standards bestehende Wissenslücken zu überbrücken, nicht ad absurdum geführt werden, sei es notwendig, die Überprüfung der Berechtigung des Analogieschlusses auf die Vertretbarkeit zu beschränken. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - (BVerwGE 131, 274 Rn. 65 f.) hat der Verwaltungsgerichtshof sodann weiter ausgeführt, "von daher" erweise sich eine naturschutzfachliche Meinung - wie die der Gutachter des Klägers - nicht bereits deshalb als vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwendigere Ermittlungen oder strengere Anforderungen für richtig hält. Dies sei erst dann der Fall, wenn sich die "strengere Auffassung" als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt habe und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen werde (UA S. 102 f. juris Rn. 245).

20

Ob diese Maßstäbe mit Bundesrecht vereinbar sind, kann dahingestellt bleiben, denn sie waren für die vorinstanzliche Entscheidung nicht tragend.

21

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, die Planfeststellungsbehörde habe sich die hinreichende Gewissheit davon verschafft, dass den betroffenen Natura-2000-Gebieten keine erhebliche Beeinträchtigung durch Schadstoffeinträge drohten (UA S. 75 juris Rn. 186); es bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit der Prognose der Planfeststellungsbehörde (UA S. 77 juris Rn. 190). Die hiergegen erhobenen Einwände des Klägers seien nicht begründet. Die Planfeststellungsbehörde sei nicht gehalten gewesen, ihre Risikobetrachtung nach dem Konzept der Critical Loads vorzunehmen (UA S. 78 ff. juris Rn. 192 ff.). Da es für die Bewertung von Stickstoffeinträgen keine allgemein anerkannten Erkenntnisse gebe, die eine verlässliche Risikoprognose im Hinblick auf die Wirkung vorhabenbedingter Schadstoffeinträge zuließen, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde zum Zwecke der Risikoabschätzung aus der Belastung und dem Zustand von Lebensraumtypen im Umfeld des Flughafens in der Ist-Situation 2005 schlussfolgert, wie sich die vorhabenbedingt zunehmende Stickoxydbelastung auf den Erhaltungszustand der umliegenden FFH-Gebiete auswirken werde (UA S. 80 f. juris Rn. 197). Der Abschätzung liege die Annahme zugrunde, dass eine bestimmte gegenwärtige Belastung mit Stickoxyden, die einen günstigen Erhaltungszustand von Lebensraumtypen nicht verhindert, eine Irrelevanzschwelle markiere; wenn diese auch nach Verwirklichung des zugelassenen Vorhabens nicht überschritten wird, könne eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung der Lebensraumtypen mit der zu fordernden hinreichenden Gewissheit ausgeschlossen werden (UA S. 81 f. juris Rn. 200). Das von der Planfeststellungsbehörde gewählte Modell rechtfertige die Prognose, dass eine Beeinträchtigung der Lebensraumtypen ausgeschlossen werden könne (UA S. 96 f. juris Rn. 234).

22

Auch die methodischen Einwände des Klägers griffen nicht durch. Die theoretischen Ausführungen der Gutachterin des Beklagten zeigten, dass der Analogieschluss wissenschaftlich plausibel und vertretbar sei; die Plausibilität werde durch die Stellungnahmen der Gutachter des Klägers nicht in Frage gestellt. Diese führten selbst im Hinblick auf die Kernthese der Gutachterin des Beklagten aus, es sei möglich, dass Stickstoffeinträge den durchwurzelten Bodenraum ohne schädliche Wechselwirkungen passieren und keine Schädigungen der Vegetation hervorrufen; sie seien allerdings der Auffassung, dass zur Verifizierung dieser These weitere Untersuchungen angestellt werden müssten. Die Notwendigkeit einer tiefer gehenden Prüfung des konkreten Einzelfalls sei indes nicht zu erkennen (UA S. 100 f. juris Rn. 240 f.).

23

Auch den Einwand des Klägers, eine fachlich angemessene Prognose könne nicht durch einen Vergleich der in der Luft vorhandenen Stickstoffanteile vorgenommen werden, sondern verlange eine Bestimmung der konkreten Bodeneinträge, weist der Verwaltungsgerichtshof zurück (UA S. 101 f. juris Rn. 242).

24

Die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, die Planfeststellungsbehörde habe sich die hinreichende Gewissheit davon verschafft, dass den betroffenen Natura-2000-Gebieten keine erhebliche Beeinträchtigung durch Schadstoffeinträge drohten (UA S. 75 juris Rn. 186), wird von dieser detaillierten Prüfung getragen. Der Verwaltungsgerichtshof kommt bereits auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass der Analogieschluss des Beklagten keinen vernünftigen, wissenschaftlich begründeten Zweifeln ausgesetzt sei, eben weil die seitens des Klägers vorgetragenen Zweifel aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofs wissenschaftlich nicht durchgriffen und auch sonstige Umstände zu Zweifeln keinen Anlass gäben.

25

Erst im Anschluss hieran und "ungeachtet dessen" (UA S. 102 f. juris Rn. 245) sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu dem Hinweis veranlasst, dass eine naturschutzfachliche Meinung - wie die der Gutachter des Klägers - sich nicht bereits deshalb als vorzugswürdig erweise, weil sie umfangreichere oder aufwendigere Ermittlungen oder strengere Anforderungen für richtig halte, sondern erst dann, wenn sich die "strengere Auffassung" als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt habe und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen werde. Der Verwaltungsgerichtshof bezieht diese Maßstäbe "insbesondere" auf die von den Gutachtern des Klägers vertretene Auffassung, wonach bei Berücksichtigung der besten wissenschaftlichen Erkenntnisse eine erhebliche Beeinträchtigung der FFH-Gebiete nicht habe verneint werden dürfen. Diese ergänzenden Erwägungen haben die Funktion eines weiteren, selbständig tragenden Begründungselements, mit dem das bereits zuvor gewonnene Ergebnis zusätzlich untermauert werden sollte.

26

Die Prämisse, die die Beschwerde ihrer Frage unterlegt, dass nämlich der Verwaltungsgerichtshof eine lediglich plausible, aber nicht über wissenschaftlich vernünftige Zweifel erhabene Prognose habe ausreichen lassen und seine Entscheidung hierauf auch gestützt habe, trifft also auch hinsichtlich der Beeinträchtigung von Lebensraumtypen durch vorhabenbedingte Schadstoffeinträge nicht zu. Die Behauptungen der Beschwerde, dass der Verwaltungsgerichtshof erst am Ende seiner umfangreichen Ausführungen klarstelle, anhand welchen Maßstabs er die Prognosemodelle und Analogieschlüsse der Planfeststellungsbehörde überprüft habe, und dass sich nur auf diesen - nach Ansicht der Beschwerde verfehlten - Maßstab die wiederholten Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs beziehen ließen, die Planfeststellungsbehörde habe sich die "hinreichende Gewissheit" vom Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen verschafft (Beschwerdebegründung S. 19), findet in der angegriffenen Entscheidung keine Stütze. Sie wird sowohl durch die Wortwahl ("ungeachtet dessen") als auch durch Prüfungsabfolge und -inhalt widerlegt.

27

c) Rechtsgrundsätzlich klären lassen möchte die Beschwerde ferner die Frage,

ob Art. 6 Abs. 4 FFH-RL verlangt, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung erheblicher Beeinträchtigungen im Sinne von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL die hierzu behördlicherseits angeordneten Kohärenzmaßnahmen auf FFH-Flächen wirksam werden, die zuvor in die Liste gemäß Art. 4 Abs. 2 FFH-RL aufgenommen worden sind und mithin gemäß Art. 4 Abs. 5 FFH-RL dem Schutzregime des Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL unterfallen (Frage B.II.2.1),

bzw. ob es zur Gewährleistung der Anforderungen aus Art. 6 Abs. 4 FFH-RL jedenfalls erforderlich ist, dass in diesem Zeitpunkt die für Kohärenzmaßnahmen benötigten Flächen der Kommission bereits nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL nachgemeldet worden sind (Frage B.II.2.2).

28

Diese Fragen lassen sich auf der Grundlage der bereits vorhandenen Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten; es besteht kein Zweifel, dass sie zu verneinen sind.

29

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes "Natura 2000" nicht stets bereits zum Zeitpunkt der Genehmigung erheblicher Beeinträchtigungen eines FFH-Gebiets wirksam sein müssen. Die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen hat sich funktionsbezogen an der jeweiligen erheblichen Beeinträchtigung auszurichten, derentwegen sie ergriffen werden; das gilt nicht nur für Art und Umfang der Maßnahmen, sondern auch für den räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird; ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber - wie im Regelfall - nicht zeitnah ausgleichen, so kann es im Einzelfall hinnehmbar sein, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 199 f.). Je nach Art der Beeinträchtigung und der zum Ausgleich vorgesehenen Maßnahmen kann es funktionsbezogen aber auch geboten sein, dass die erforderlichen Maßnahmen bereits vor dem Beginn der Vollzugsmaßnahmen eingeleitet oder wirksam werden. Das gilt auch, wenn die Kohärenz des Netzes "Natura 2000" - wie hier - durch Integration neuer Flächen in das Schutzgebietsnetz gesichert werden soll. Auch insoweit kann es hingenommen werden, dass die in das Schutzgebietsnetz zu integrierenden Flächen im Zeitpunkt der Genehmigung erheblicher Beeinträchtigungen im Sinne des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL noch nicht in die Liste gemäß Art. 4 Abs. 2 FFH-RL aufgenommen und der Kommission auch noch nicht nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL nachgemeldet worden sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Planfeststellungsbehörde sichergestellt hat, dass im Ergebnis alle Maßnahmen ergriffen werden, die notwendig sind, um die globale Kohärenz von Natura 2000 zu schützen (vgl. Beschluss vom 31. Januar 2006 - BVerwG 4 B 49.05 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 21 Rn. 21).

30

Der Verwaltungsgerichtshof hatte keinen Anlass, in Zweifel zu ziehen, dass diese Voraussetzung hier erfüllt ist. Er konnte mit der Planfeststellungsbehörde realistischerweise davon ausgehen, dass die Kommission die bezeichneten Gebiete bis zur Vollendung des Vorhabens gemäß Art. 4 Abs. 2 FFH-RL in die Liste aufnehmen wird bzw. dass die Gebiete jedenfalls nachgemeldet sein werden. Gründe, aus denen eine Nachmeldung der Flächen sowie eine entsprechende Änderung der Kommissionsliste scheitern könnten, sind nicht ersichtlich; sie lassen sich weder den Feststellungen der Vorinstanz noch dem Vorbringen der Beschwerde entnehmen. Die Planfeststellungsbehörde hat außerdem Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass die Integration der Gebiete in das Schutzgebietsnetz - aus welchem Grund auch immer - scheitert. Für den Fall, dass die Europäische Kommission die bezeichneten Gebiete nicht oder nicht vollständig in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 UAbs. 3 FFH-RL aufnehmen sollte, hat sich die Planfeststellungsbehörde vorbehalten, der Vorhabenträgerin ergänzende Kohärenzsicherungsmaßnahmen aufzuerlegen.

31

d) Klären lassen möchte die Beschwerde weiter die Fragen,

ob Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III (Phase 1) sowie i.V.m. Art. 3 der FFH-RL verlangt, dass alle in einem seitens eines Mitgliedstaates gemeldeten FFH-Gebiet tatsächlich vorkommenden prioritären Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-RL im Rahmen der Gebietsmeldung im sog. "Standarddatenbogen" erfasst sein müssen (B.II.3.1.1),

ob nach Feststellung der Existenz eines prioritären Lebensraumtyps nach Anhang I der FFH-RL in einer Grunddatenerfassung in einem zu meldenden oder bereits gemeldeten FFH-Gebiet die Pflicht für den Mitgliedstaat besteht, nach dem Kriterium des Anhangs III, Phase 1, A. d) diesen Lebensraumtyp einzubeziehen (B.II.3.1.2),

ob sich die FFH-Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der FFH-RL auch auf solche (prioritären) Lebensraumtypen nach Anhang I zu erstrecken hat, die im Zuge der Meldung des Gebiets nicht im "Standarddatenbogen" aufgeführt waren bzw. welche der Mitgliedstaat bei der Bestimmung der für dieses Gebiet geltenden Schutzgegenstände und -ziele nicht mit aufgenommen hat, wenn solche (prioritären) Lebensraumtypen nach Anhang I innerhalb des gemeldeten bzw. ausgewiesenen FFH-Gebiets tatsächlich vorkommen (B.II.3.2), und schließlich

ob die Vorschrift des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL (Einholung einer Stellungnahme der Kommission) bereits dann anwendbar ist, wenn ein im Sinne von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL durch ein Projekt betroffenes FFH-Gebiet einen prioritären Lebensraumtyp nach Anhang I einschließt, welcher nicht zu den Schutz- und Erhaltungszielen des Gebiets erklärt wurde und durch das betreffende Projekt erheblich beeinträchtigt wird (B.II.3.3).

32

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Auffassung vertreten, dass das strenge Schutzregime des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL für prioritäre Lebensraumtypen an die Verträglichkeitsprüfung gemäß Art. 6 Abs. 3 FFH-RL anknüpfe und deshalb nur für solche prioritären Lebensraumtypen gelten könne, für die eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Dies setze voraus, dass die Erhaltung oder Wiederherstellung des betreffenden priöritären Lebensraumtyps zum Ziel der Gebietsausweisung bestimmt worden seien (UA S. 36 f. juris Rn. 98 f.). Hinsichtlich des eventuell im FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald vorkommenden Lebensraumtyps LRT*6230 ("Artenreiche montane Borstgrasrasen auf Silikatböden") sei ein Schutzziel nicht bestimmt und deshalb auch eine Verträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden. Infolgedessen würden sich auch die auf die Existenz des prioritären Lebensraumtyps LRT*6230 gerichteten, in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge des Klägers als unerheblich erweisen (UA S. 37 f. juris Rn. 100). Die Fläche, die der vom Kläger behauptete prioritäre Lebensraumtyp LRT*6230 im FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald einnehme, stelle auch kein potentielles FFH-Gebiet dar mit der Folge, dass die Zulässigkeit des Vorhabens, das diesen Lebensraumtyp berühre, an den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zu messen wäre (UA S. 38 juris Rn. 102). Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Lebensraumtyp LRT*6230, wenn er denn vorläge, zu melden.

33

Hiergegen wendet sich die Beschwerde. In erster Linie geht es ihr um Klärung der Fragen B.II.3.2 und 3, die darauf zielen, ob das strenge Schutzregime des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL unabhängig von der Formulierung eines entsprechenden Erhaltungsziels immer dann greift, wenn prioritäre Lebensraumtypen in einem FFH-Gebiet tatsächlich vorhanden sind und vorhabenbedingt beeinträchtigt werden. Nur wenn diese Frage zu verneinen wäre, stellen sich die Fragen B.II.3.1.1 und 2.

34

aa) Die Fragen B.II.3.2 und 3 rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Sie sind, soweit entscheidungserheblich, nicht klärungsbedürftig.

35

Ob die Fragen - wie der Beklagte und der Beigeladene meinen - bereits deshalb nicht entscheidungserheblich sind, weil sich der Verwaltungsgerichtshof "schließlich" davon überzeugt gezeigt hat, "dass das FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald auch tatsächlich keinen Lebensraumtyp *6230 einschließt" (UA S. 43 juris Rn. 110), kann dahingestellt bleiben. Gerade auf das Vorliegen dieses Lebensraumtyps zielten die Beweisanträge des Klägers vom 5. und 19. Juni 2009. Gegen ihre Ablehnung wendet sich der Kläger mit einer Verfahrensrüge.

36

Die Fragen III.3.2 und 3 lassen sich aber auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens ohne Weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs beantworten. Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 und 2 FFH-RL knüpfen nach Wortlaut und Systematik nicht an jedwede Gebietsbeeinträchtigung, sondern an "negative Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung" an (EuGH, Urteil vom 14. April 2005 - Rs. C-441/03 - Slg. 2005, I-3043 Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 35 Rn. 8). Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit eines Projekts mit den Schutzzielen des betreffenden Gebiets (EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 243 sowie vom 14. April 2005 a.a.O. Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 72). Gehört der Schutz eines prioritären Lebensraumtyps nicht zu den Erhaltungszielen des Gebiets, kann die Verträglichkeitsprüfung bezogen auf diesen Lebensraumtyp nicht - wie in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL vorausgesetzt - zu einem negativen Ergebnis führen.

37

Der Schutzgedanke, auf den der Senat in seinem Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - (a.a.O. Rn. 8) abgestellt hat, führt entgegen der Auffassung der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 44) nicht zu einem anderen Ergebnis. Die verfahrensrechtliche Einbeziehung der Kommission dient zwar dem besonderen Schutz prioritärer Lebensräume und Arten; die Kommission soll jedoch nur für den Fall, "dass eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu dem Ergebnis kommt, das Vorhaben könne ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigen (Art. 6 Abs. 3 FFH-RL)", ihrerseits einer Bewertung der möglicherweise beeinträchtigten ökologischen Werte vornehmen können.

38

bb) Die Fragen B.II.3.1.1 und 2 versteht der Senat so, dass die Beschwerde klären lassen möchte, ob Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL jedenfalls dann anwendbar ist, wenn für einen prioritären Lebensraumtyp zwar kein Erhaltungsziel formuliert worden ist, ein solches Ziel aber hätte formuliert werden müssen, sei es im Wege der Aufnahme im sog. Standarddatenbogen für das betreffende Schutzgebiet, sei es durch Nachmeldung. Damit zielen die Fragen B.II.3.1.1 und 2 in der Sache auf das, was der Verwaltungsgerichtshof unter der Überschrift "Potenzielles FFH-Gebiet" (UA S. 38 ff. juris Rn. 101 ff.) erörtert hat, auch wenn sich die Beschwerde die damit verbundenen rechtlichen Maßstäbe ausdrücklich nicht zu Eigen macht (Beschwerdebegründung S. 53).

39

Diese Fragen lassen sich ebenfalls auf der Grundlage bisheriger Rechtsprechung beantworten; der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es auch insoweit nicht. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der der Kommission vorzuschlagenden Gebiete einen gewissen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum einräumt (EuGH, Urteil vom 11. September 2001 - Rs. C-67/99 - Slg. 2001, I-5757 Rn. 33). Dies gilt auch bei Gebieten mit prioritären Lebensraumtypen. Auch derartige Gebiete haben die Mitgliedstaaten nicht ausnahmslos zu melden (Urteil vom 27. Februar 2003 - BVerwG 4 A 59.01 - BVerwGE 118, 15 - juris Rn. 23 und 25). Dementsprechend müssen sie auch nicht den Schutz jedes im Gebiet vorhandenen prioritären Lebensraumtyps unabhängig von seiner konkreten Schutzwürdigkeit als Erhaltungsziel festlegen. Nichts anderes gilt, wenn es nicht um die erstmalige Meldung eines Gebiets geht, sondern um eine entsprechende Nachmeldung. Denn es macht keinen Unterschied, ob es um die erstmalige Unterschutzstellung oder um die erstmalige Identifizierung eines in einem mit anderen Erhaltungszielen unter Schutz gestellten FFH-Gebiet gelegenen prioritären Lebensraumtyps geht. Anhaltspunkte dafür, dass die Nichteinbeziehung des Lebensraumtyps LRT*6230 die Grenzen des naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums überschritten haben könnte, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt (UA S. 39 ff. juris Rn. 104 ff.).

40

e) Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde die Frage auf,

ob es den Anforderungen des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL an die Transparenz einer Verkehrsprognose, der mit ihr verbundenen Prognoseunsicherheiten und damit an die Überprüfbarkeit der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses genügt, wenn ein Gericht bei der Rechtskontrolle einer Verkehrsprognose, die sowohl hinsichtlich ihrer Methodik, der Datengrundlagen und ihrer Ergebnisse angegriffen wird, nur darauf abstellt, dass eine behördliche Prognose über einen bestimmten Verkehrsbedarf rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der der Prognose zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt worden und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (Frage B.II.4).

41

Diese Frage bedarf ebenfalls nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.

42

Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass ein im Rahmen der Prüfung des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL berücksichtigungsfähiger Abweichungsgrund vorliegt, wenn ein Vorhaben den Vorgaben der fachplanerischen Planrechtfertigung entspricht (Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 14, vgl. auch Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 159). Damit gilt der diesbezüglich für die Überprüfung von Verkehrsprognosen entwickelte rechtliche Maßstab (vgl. Urteile vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 30 sowie vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 105, jeweils m.w.N.) auch bei der Prüfung von Abweichungsgründen im Sinne des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL. Ob der Abweichungsgrund der FFH-Belange überwiegt, hängt von dem Ergebnis der im Weiteren erforderlichen konkreten Abwägung ab (Urteil vom 9. Juli 2009 a.a.O. Rn. 14).

43

Die Revision wäre auch dann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, wenn die Frage dahingehend zu verstehen sein sollte, dass die Beschwerde klären lassen will,

welche Nachweise für die Feststellung und die sich daran anschließende Gewichtung der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL erforderlich sind (S. 57 der Beschwerdebegründung),

oder

welche Darlegungspflichten betreffend Detaillierungsgrad und Transparenz der Verkehrsprognose zur Nachvollziehbarkeit und Beurteilung der Belastbarkeit derselben - einschließlich der enthaltenen Prognoseunsicherheiten - seitens des Vorhabenträgers und insbesondere für die die Abweichungsentscheidung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL treffende Behörde bestehen (S. 62 und 68 der Beschwerdebegründung).

44

Diese Fragen lassen sich nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilen und sind somit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht fähig. Dasselbe gilt für die augenscheinlich hinter diesen Fragen stehende Frage, ob die einer (Luft-) Verkehrsprognose zugrunde liegende Ziel-Quell-Matrix offenzulegen ist.

45

Soweit die Beschwerde die Bedeutung von "Prognoseunsicherheiten" bei der Gewichtung der Abweichungsgründe thematisiert (Beschwerdebegründung S. 60 ff.), zeigt sie einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf ebenfalls nicht auf. Mit welchem Gewicht Prognoseunsicherheiten zu Buche schlagen, beurteilt sich nach der Senatsrechtsprechung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Reichen die Prognoseunsicherheiten weiter als in anderen Fällen, bedarf es der Darlegung, warum dem Vorhaben gleichwohl ein besonderer Stellenwert zukommt. Das kann etwa der Fall sein, wenn mit normativer Verbindlichkeit die besondere Dringlichkeit des Vorhabens angeordnet worden ist. Als Faustregel lässt sich festhalten: Je weiter die Unsicherheiten reichen, desto geringer wiegt das öffentliche Interesse an dem Vorhaben und desto konkreter und verbindlicher müssen die das Vorhaben stützenden Zielvorgaben sein, wenn ihm trotz des unsicheren Bedarfs ein hohes Gewicht beigemessen werden soll (Urteil vom 9. Juli 2009 a.a.O. Rn. 17).

46

f) Die Beschwerde möchte in einem Revisionsverfahren klären lassen,

ob nach dem Zeitpunkt der Feststellung der EU-Kommission, dass ein ausreichendes Netz von Vogelschutzgebieten in einem Mitgliedstaat ausgewiesen worden ist, auch weiterhin die Verpflichtung nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 V-RL besteht, "flächen- und zahlenmäßig geeignete Gebiete" auszuweisen (B.II.5.1), und weiter

ob ein Teilgebiet, welches zum integralen Bestandteil eines bereits ausgewiesenen Vogelschutzgebiets gehört und von der ökologischen Ausstattung die Vogelarten beherbergt, die für die Ausweisung als Vogelschutzgebiet maßgeblich waren, von dem räumlichen Umgriff des ausgewiesenen Vogelschutzgebiets ausgegrenzt werden darf (B.II.5.2).

47

Die Beschwerde bezieht diese Fragen auf die Annahme, dass der Kelsterbacher Wald aufgrund seines Mittel- und Schwarzspechtvorkommens als Teil des Vogelschutzgebiets "Mönchbruch und Wälder bei Mörfelden-Walldorf und Groß-Gerau" hätte mit ausgewiesen werden müssen (Beschwerdebegründung S. 70). Sie ist der Auffassung, dass der Kelsterbacher Wald bis zu einer entsprechenden Ausweisung oder Einbeziehung in das betreffende Gebiet als faktisches Vogelschutzgebiet zu behandeln sei. Im Ergebnis sei der Planfeststellungsbeschluss deshalb rechtswidrig, weil er gegen das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 V-RL verstoße (Beschwerdebegründung S. 76).

48

aa) Frage II.5.1 ist nicht klärungsbedürftig. Wie die Beschwerde selbst einräumt (Beschwerdebegründung S. 76 f.), ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 23. März 2006 - Rs. C-209/04 - Slg. 2006, I-2755 Rn. 43) geklärt, dass das Melde- und Gebietsausweisungsverfahren der Vogelschutzrichtlinie zwar einen fortgeschrittenen Stand erreicht hat, so dass zwischenzeitlich in Deutschland das von der Vogelschutzrichtlinie angestrebte zusammenhängende Netz von Vogelschutzgebieten entstanden ist, dass aber auch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse für die Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen sind, so dass weitere Gebiete gegebenenfalls trotz des bereits erreichten Verfahrensstandes noch unter Schutz zu stellen sind, wenn sich ihre herausragende Eignung erst jetzt herausstellt (Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 LS 4 und Rn. 21). Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

49

Das gilt auch, soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts spiegele sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht wieder (Beschwerdebegründung S. 74 ff.). Die Beschwerde entnimmt der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O. Rn. 16) den Rechtssatz, angesichts des in Deutschland erreichten Melde- und Gebietsausweisungsstandes sei eine weitere Meldung nur dann notwendig, wenn ein zusätzliches Gebiet vorliege, welches eine Lücke im Netz der Vogelschutzrichtlinie schließe. Hiernach - so die Beschwerde weiter - könnte angenommen werden, dass eine weitere Meldung zusätzlicher Gebiete nicht mehr in Betracht komme, weil inzwischen ein Netz von Vogelschutzgebieten entstanden sei. Eine solche Auffassung sei mit der Verpflichtung, die zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete als Vogelschutzgebiete auszuweisen (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 V-RL), und mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu vereinbaren. Diese Annahmen der Beschwerde finden in der bisherigen Rechtsprechung keine Stütze. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der zitierten Entscheidung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O. Rn. 21) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs herausgestrichen, dass neuere wissenschaftliche Erkenntnisse auch "für die Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen" sind, so dass weitere Gebiete gegebenenfalls trotz des bereits erreichten Verfahrensstandes unter Schutz zu stellen sind, wenn sich ihre herausragende Eignung erst jetzt herausstellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat damit klargestellt, dass auch in dem von der Beschwerde unterstellten Fall einer fachlich unzutreffenden Gebietsabgrenzung eine Pflicht zur Nachmeldung bestehen kann. Der behauptete Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt deshalb nicht vor.

50

Die aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Einen Rechtssatz dergestalt, dass künftig keine Verpflichtung mehr bestehe, flächen- und zahlenmäßig geeignete Gebiete als Europäische Vogelschutzgebiete auszuweisen oder in bestehende Vogelschutzgebiete einzubeziehen, hat die Vorinstanz nicht aufgestellt.

51

bb) Frage B.II.5.2 ist nicht entscheidungserheblich; im Übrigen wäre sie auch nicht klärungsbedürftig.

52

Die Frage setzt als Prämisse voraus, dass das fragliche Gebiet "Kelsterbacher Wald" integraler Bestandteil des ausgewiesenen Vogelschutzgebiets ist. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen. Er hat im Gegenteil angenommen, "dass die Waldfläche des ausgewiesenen Vogelschutzgebiets Mönchbruch und der Kelsterbacher Wald keine integralen Bestandteile eines Gebiets und keine zusammengehörige einheitliche Waldfläche darstellen". Dies werde letztlich auch vom Kläger nicht verkannt, der ja neben der Einbeziehung in das vorhandene auch die Ausweisung des Kelsterbacher Waldes als eigenständiges Vogelschutzgebiet gefordert habe, was aber bei einem einheitlichen homogenen Gebiet ein verfehlter Vorschlag wäre (UA S. 22 juris Rn. 62). Die Vorinstanz hat auch nicht - wie von der Beschwerde weiter vorausgesetzt - festgestellt, dass der Kelsterbacher Wald dieselben Vogelarten beherbergt, die für die Ausweisung des Landschaftsschutzgebiets "Mönchbruch und Wälder bei Mörfelden-Walldorf und Groß-Gerau" maßgeblich waren. Die Beschwerde beschränkt sich insoweit darauf, der Bewertung des Verwaltungsgerichtshofs ihre eigene Sichtweise, dass das ausgewiesene Vogelschutzgebiet fehlerhaft abgegrenzt worden sei, gegenüber zu stellen.

53

Frage B.II.5.2 wäre - ihre Entscheidungserheblichkeit unterstellt - im Übrigen auch nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich auf der Grundlage vorhandener Rechtsprechung ohne Weiteres verneinen. Hiervon geht die Beschwerde letztlich selbst aus, indem sie ausführt, die grundsätzliche Bedeutung der zu klärenden Rechtsfrage ergebe sich insbesondere aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 145), und dem Verwaltungsgerichtshof vorhält, der von ihm zugrunde gelegte Rechtssatz stehe im Widerspruch hierzu (Beschwerdebegründung S. 72). Unberechtigt ist in diesem Zusammenhang auch der Vorwurf der Beschwerde, die Vorinstanz habe sich, obwohl der Kläger schriftsätzlich auf diese Rechtsprechung hingewiesen und seinen Tatsachenvortrag hierauf bezogen habe, hiermit nicht auseinandergesetzt (Beschwerdebegründung S. 73); das Gegenteil ist der Fall (UA S. 21 f. juris Rn. 62).

54

cc) Der Sache nach geht es der Beschwerde - über die ausdrücklich formulierten Grundsatzfragen hinaus - schließlich auch darum, "ob in Deutschland - trotz der abgeschlossenen Meldung und der Bestätigung der Gebietskulisse durch die EU-Kommission - dann von faktischen Vogelschutzgebieten auszugehen ist, wenn sich herausstellt, dass ausgewiesene Vogelschutzgebiete fehlerhaft abgegrenzt worden sind" (Beschwerdebegründung S. 76). Diese Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Sie ist weder entscheidungserheblich noch klärungsbedürftig.

55

Auch diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die Vorinstanz ist nicht - wie die Frage voraussetzt - zu dem Ergebnis gelangt, dass das Landschaftsschutzgebiet "Mönchbruch und Wälder bei Mörfelden-Walldorf und Groß-Gerau" falsch abgegrenzt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr unter Auswertung des aktuellen Verzeichnisses der "Important Bird Areas" aus dem Jahre 2002 (IBA 2002), des hessischen Fachkonzepts für die Auswahl der Vogelschutzgebiete sowie weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse angenommen, dass die Abgrenzung dieses Schutzgebiets rechtlich nicht zu beanstanden sei (UA S. 20 ff. juris Rn. 60 ff.). Auch insoweit beschränkt sich die Beschwerde im Wesentlichen darauf, der Wertung der Vorinstanz ihre eigene Auffassung entgegenzusetzen, ohne damit eine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufzuwerfen. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang die Auslegung des hessischen Fachkonzepts durch die Vorinstanz angreift, verkennt sie, dass hierbei nicht Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung in Frage steht (vgl. Beschluss vom 5. Oktober 2009 - BVerwG 4 B 8.09 - juris Rn. 7), an die das Bundesverwaltungsgericht in einem Revisionsverfahren gebunden wäre (§ 137 Abs. 2 VwGO).

56

Im Übrigen hat der Senat bereits an anderer Stelle betont, dass alles dafür spricht, dass bezüglich der unter Schutz gestellten Gebietsteile gemäß Art. 7 FFH-RL ein Regimewechsel eintritt, während es für die aufgrund fehlerhafter Abgrenzung nicht unter Schutz gestellten, aber unter Schutz zu stellenden Gebietsteile beim Verschlechterungsverbot des Art. 4 Abs. 4 V-RL bleibt (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 , juris Rn. 12).

57

g) Hinsichtlich des FFH-Gebietsschutzes für klärungsbedürftig hält die Beschwerde schließlich die Fragen,

ob der Schutzgebietstyp der Landschaftsschutzverordnung geeignet ist, hinsichtlich eines ausgewählten Vogelschutzgebiets den Regimewechsel gemäß Art. 7 FFH-RL herbeizuführen (Frage B.II.6.1.),

ferner

ob es für den Regimewechsel ausreicht, dass in einer Schutzgebietsverordnung zur Ausweisung eines Vogelschutzgebiets dieses räumlich bestimmt ist und der Schutzzweck benannt wird, oder ob es für den Regimewechsel nicht vielmehr auch verordnungsrechtlicher Hinweise auf das allgemeine Störungs- und Verschlechterungsverbot im Sinne von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL sowie insbesondere Festsetzungen der zu beachtenden Ge- und Verbote bedarf (Frage B.II.6.2.).

58

Mit diesen Fragen wendet sich die Beschwerde gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach es für den Regimewechsel gemäß Art. 7 FFH-RL ausreiche, dass das Vogelschutzgebiet räumlich eindeutig bestimmt ist und der Schutzzweck benannt wird (UA S. 14 juris Rn. 43). Dem hält die Beschwerde entgegen, dass der Regimewechsel nur Platz greifen könne, wenn die Schutzgebietsausweisung im Einklang mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 4 Abs. 1 und 2 V-RL und Art. 6 Abs. 2 FFH-RL, vorgenommen worden ist (Beschwerdebegründung S. 88).

59

Dass die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zutrifft, lässt sich auf der Grundlage der einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften und der hierzu ergangenen Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens feststellen: Der Wechsel des Schutzregimes gemäß Art. 7 FFH-RL von Art. 4 Abs. 4 Satz 1 V-RL zu Art. 6 Abs. 2 FFH-RL tritt unabhängig davon ein, ob eine Schutzgebietsausweisung die materiellrechtlichen Anforderungen nach Art. 4 Abs. 1 und 2 V-RL oder nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL an die zu treffenden Schutzmaßnahmen erfüllt.

60

Gemäß Art. 7 FFH-RL treten, was die nach Art. 4 Abs. 1 der V-RL zu besonderen Schutzgebieten (im Folgenden: BSG) erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der FFH-RL bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der V-RL zum BSG erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL ergeben. Nach seinem Wortlaut knüpft Art. 7 FFH-RL den Regimewechsel also lediglich an den Umstand, dass ein Gebiet überhaupt zum Schutzgebiet erklärt worden ist.

61

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es für den Wechsel des Schutzregimes einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung (Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <285> juris Rn. 32). Der Europäische Gerichtshof fordert überdies, dass die Bestimmung der Arten, die die Ausweisung des betreffenden BSG gerechtfertigt haben, ebenso wie die Abgrenzung eines BSG unbestreitbare Verbindlichkeit aufweisen muss, weil andernfalls die Gefahr bestünde, dass das aus Art. 4 Abs. 1 und 2 V-RL sowie aus Art. 6 Abs. 2 FFH-RL in Verbindung mit Art. 7 der FFH-RL resultierende Schutzziel nicht vollständig erreicht würde (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - Rs. C-535/07 - NuR 2010, 791 Rn. 64). Eine solche Entscheidung mit Außenwirkung, die die Arten, die die Ausweisung des betreffenden BSG gerechtfertigt haben, ebenso wie die Abgrenzung des BSG verbindlich festlegt, liegt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 13 juris Rn. 42) hier in Gestalt der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Untermainschleusen" vom 28. März 2006 (StAnz S. 910) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 7. September 2006 (StAnz S. 2324) vor. Die Verordnung zur Festsetzung des Landschaftsschutzgebiets "Untermainschleusen" bestimmt den Schutzzweck (§ 2 Abs. 1 bis 3) sowie die Erhaltungsziele (§ 2 Abs. 4), legt die Grenzen des Schutzgebiets fest (§ 1 Abs. 2 bis 4) und enthält Schutz- und Erhaltungsregelungen (§§ 3 ff.). Damit ist den Mindestanforderungen für einen Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 Satz 1 V-RL zu Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL Rechnung getragen.

62

Weder Art. 7 FFH-RL noch das Bundesnaturschutzgesetz machen den Regimewechsel demgegenüber davon abhängig, dass das durch die Ausweisung als Schutzgebiet gewährleistete Schutzniveau auch den materiellrechtlichen Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL genügt. Der Europäische Gerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass es für einen Wechsel des Schutzregimes gemäß Art. 7 FFH-RL unbeachtlich ist, ob das mit der Ausweisung gewährleistete Schutzniveau den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL entspricht (EuGH, Urteile vom 13. Juni 2002 - Rs. C-117/00 - Slg. 2002, I-5335 Rn. 25 sowie vom 20. September 2007 - Rs. C-388/05 - Slg. 2007, I-7555 Rn. 25). In beiden Fällen hat der Europäische Gerichtshof den beklagten Mitgliedstaat wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 FFH-RL verurteilt, weil ein Europäisches Vogelschutzgebiet nicht ausreichend geschützt worden sei. Trotz dieses Befundes hat der Gerichtshof in beiden Fällen festgestellt, dass aufgrund der erfolgten Ausweisung als Schutzgebiet Art. 6 Abs. 2 FFH-RL und nicht Art. 4 Abs. 4 Satz 1 V-RL Anwendung findet, der Wechsel des Schutzregimes also eingetreten ist. Daraus folgt, dass es auch nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für den Wechsel des Schutzregimes zwar auf die Ausweisung als Schutzgebiet, nicht aber darauf ankommt, ob das mit der Ausweisung gewährleistete Schutzniveau den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL genügt. Diese Position ist im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Oktober 2010 (a.a.O.), auf das sich die Beschwerde bezieht und hierbei insbesondere aus der Einlassung der Kommission Argumente für ihre Auffassung herzuleiten versucht, bestätigt worden. Auch in dieser Entscheidung hat der Gerichtshof geprüft, ob die Rüge, der beklagte Mitgliedstaat habe allgemein gegen die Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 bzw. 2 V-RL und aus Art. 6 Abs. 2 FFH-RL i.V.m. Art. 7 FFH-RL verstoßen, begründet ist, was voraussetzt, dass der Wechsel des Schutzregimes gemäß Art. 7 FFH-RL unabhängig von der Einhaltung der Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 bzw. 2 V-RL und aus Art. 6 Abs. 2 FFH-RL eintreten kann.

63

Nichts anderes folgt entgegen Gellermann (DVBl. 2004, 1198 <1202 ff.>) aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 (a.a.O.). Zwar heißt es in dieser Entscheidung (S. 284 f. juris Rn. 31) unter Bezugnahme auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26), die Ausweisung als Schutzgebiet müsse automatisch und unmittelbar die Anwendung einer mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen. Mit diesen Ausführungen werden aber lediglich die materiellrechtlichen Anforderungen in Bezug genommen, denen Schutz- und Erhaltungsregelungen genügen müssen. Die Aussage, dass ein Wechsel des Schutzregimes nur dann erfolgt, wenn das mit der Ausweisung als Schutzgebiet gewährleistete Schutzniveau den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL genügt, lässt sich auch diesen Ausführungen nicht entnehmen.

64

h) Zum Artenschutzrecht wirft die Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig die Fragen auf,

ob es mit den Anforderungen der Art. 12 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 FFH-RL und Art. 5, Art. 9 Abs. 1 V-RL bzw. der § 42 Abs. 1, § 43 Abs. 8 BNatSchG vereinbar ist,

den Umfang und die Reichweite einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung lediglich mit der Angabe zu umreißen, in Bezug auf welche Tierarten und welche Verbotstatbestände diese gilt, ohne genauer darzulegen, welche Maßnahmen an welchen Orten in Bezug auf welche geschützten Lebensstätten von Tierarten des Anhangs IV der FFH-RL oder europäischer Vogelarten zugelassen werden (Frage B.III.1.1),

die Entscheidung auf Erkenntnisse floristischer und faunistischer Bestandsaufnahmen zu stützen, die im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung sechs bis sieben Jahre alt waren und nicht mit dem Ziel der Prüfung einer vorhabenbedingten Erfüllung der Verbotstatbestände erhoben wurden (Frage B.III.1.2.),

ferner

ob es mit den Anforderungen der Art. 16 Abs. 1 FFH-RL, Art. 9 Abs. 1 V-RL bzw. des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG,

wonach eine Ausnahme nur zugelassen werden darf, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind bzw. es keine andere zufriedenstellende Lösung geben darf,

vereinbar ist,

die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung einer grundsätzlich zur Vorhabenrealisierung in Frage kommenden Vorhabenalternative darauf zu beschränken, ob eine Vorhabenrealisierung auf den Alternativflächen zu ähnlichen Betroffenheiten von nach Anhang IV der FFH-RL geschützten Arten oder europäischen Vogelarten führt (Frage B.III.2.1),

behördlicherseits keine genauen Feststellungen darüber zu treffen, welche Verbotstatbestände in Bezug auf welche Angehörigen von Arten des Anhangs IV der FFH-RL bzw. europäischen Vogelarten in welcher Qualität und Quantität sowie an welchen Orten und in Bezug auf welche geschützten Lebensstätten letztlich erfüllt zu werden drohen (Frage B.III.2.2),

sowie schließlich

ob Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL bzw. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG,

wonach eine Ausnahme nur aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art zugelassen werden darf,

es nicht erfordert,

dass vor Erteilung einer Ausnahmegenehmigung das qualitative und quantitative Ausmaß der Verwirklichung von Verbotstatbeständen im Hinblick auf die Anzahl der betroffenen Arten und Individuen der Arten des Anhangs IV der FFH-RL sowie der europäischen Vogelarten ermittelt werden muss (Frage B.III.3.1),

dass die Behörde das Gewicht der artenschutzrechtlichen Belange im Rahmen einer spezifischen Abwägung davon abhängig machen muss, in welcher Quantität und Qualität es in Bezug auf Individuen und geschützte Lebensstätten von Arten des Anhangs IV der FFH-RL sowie der europäischen Vogelarten zur Verwirklichung von Verbotstatbeständen kommt (Frage B.III.3.2).

65

aa) Frage B.III.1.1 ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. In welcher Weise Art und Umfang einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung umschrieben werden müssen, um hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 HVwVfG) festzulegen, inwieweit Verbotstatbestände verwirklicht werden dürfen, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, u.a. von der Verbreitung der Arten sowie den Standorten ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Maßnahmegebiet und Art und Umfang der Maßnahmen, durch die Verbotstatbestände verwirklicht werden können. Der Sache nach richtet sich die Beschwerde gegen die auf den vorliegenden Fall bezogene Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs, dass sich aus dem verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses in Verbindung mit der Begründung eindeutig ergebe, für welche Arten die Planfeststellungsbehörde von der Verwirklichung welcher Verbote ausgehe (UA S. 247 juris Rn. 617). Der Auslegung des Inhalts eines konkreten Verwaltungsakts kommt indes eine fallübergreifende, grundsätzliche Bedeutung regelmäßig nicht zu (Beschluss vom 30. Mai 2000 - BVerwG 11 B 18.00 - juris).

66

bb) Frage B.III.1.2 ist, soweit sie auf die zu fordernde Aktualität naturschutzfachlicher Bestandsaufnahmen zielt, einer rechtsgrundsätzlichen Klärung ebenfalls nicht zugänglich. Auch die Beantwortung dieser Frage hängt - wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat - von den Umständen des Einzelfalls ab, namentlich davon, ob zwischenzeitlich so gravierende Änderungen aufgetreten sind, dass die gewonnenen Erkenntnisse nicht mehr die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergeben. Letzteres hat die Vorinstanz für den vorliegenden Fall verneint, ohne dass die Beschwerde dieser Feststellung mit beachtlichen Verfahrensrügen entgegengetreten wäre.

67

Soweit Frage B.III.1.2 darauf abzielt zu klären, ob eine naturschutzfachliche Bestandsaufnahme auch dann als Grundlage für die Ermittlung einer vorhabenbedingten Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände tauglich ist, wenn sie nicht mit diesem Ziel erhoben wurde, ist sie nicht klärungsbedürftig. Die Frage lässt sich ohne Weiteres in der Weise beantworten, dass sich die Planfeststellungsbehörde auf alle einschlägigen Erkenntnisse stützen darf, unabhängig davon, aus welchem Anlass und zu welchem Zweck diese gewonnen wurden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 59 sowie vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 35 Rn. 44 f.) speisen sich die erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum regelmäßig aus zwei wesentlichen Quellen: der Bestandserfassung vor Ort sowie der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur. Eine aus beiden Quellen gewonnene, sich wechselseitig ergänzende Gesamtschau wird der Planfeststellungsbehörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen können (Urteile vom 9. Juli 2009 a.a.O. Rn. 45 und vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 59 ff.).

68

cc) Auch die unter B.III.2 formulierten Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Sie sind nicht entscheidungserheblich.

69

Der Verwaltungsgerichtshof hat aus zwei selbständig tragenden Gründen angenommen, dass es zur Erreichung der Planziele keine zumutbare Alternative gemäß § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.d.F. vom 12. Dezember 2007, BGBl I 2873, in Kraft getreten am 18. Dezember 2007, im Folgenden: BNatSchG 2007, bzw. keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL gebe: Wenn man sich dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 240 f.) anschließe, folge allein daraus, dass sich sowohl die Variante Start-/Landebahn Süd als auch die Landebahn Nordost als ihrerseits mit den Erhaltungszielen von FFH-Gebieten unverträglich erweisen, dass keine dieser Varianten eine anderweitige zufriedenstellende Lösung darstelle, ohne dass es noch auf einen zusätzlichen Vergleich in artenschutzrechtlicher Hinsicht ankäme (UA S. 275 juris Rn. 691 ff.). "Ungeachtet dessen" stünden hier auch die artenschutzrechtlichen Schutzvorschriften den vorgeschlagenen Alternativen entgegen (UA S. 276 juris Rn. 694).

70

Die Beschwerde kann nur Erfolg haben, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargelegt und gegeben ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 Nr. 26; stRspr). Daran fehlt es hier. Hinsichtlich des ersten Begründungselements - die Unverträglichkeit der in Betracht kommenden Alternativen mit den Erhaltungszielen der FFH-Gebiete - macht die Beschwerde einen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht geltend. Lediglich in der Begründung legt sie dar, es bedürfe höchstrichterlicher Überprüfung, ob in der Weise, wie der Verwaltungsgerichtshof es vorliegend als geklärt erachte, wirklich jede - gegebenenfalls auch nur geringfügige - erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000 Gebiets, welche sich bei Realisierung eines Vorhabens in einer nicht planfestgestellten Variante einstellen würde, dazu führe, dass es zu einer Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbote bei Realisierung des Vorhabens in der planfestgestellten Variante keine in rechtlicher Hinsicht vorrangige Alternative gebe (Beschwerdebegründung S. 105). Damit ist ein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf im Hinblick auf die erste Begründung nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs wäre die Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Schwanheimer Wald durch die Nordost-Variante nicht - auch nicht im Vergleich zum planfestgestellten Vorhaben - geringfügig; keine der untersuchten Varianten gehe mit geringeren Beeinträchtigungen als das planfestgestellte Vorhaben einher (UA S. 217 juris Rn. 538 f.).

71

Unabhängig davon sind die unter B.III.2.1 und 2 formulierten Fragen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Hiernach braucht sich ein Vorhabenträger nicht auf eine Alternativlösung verweisen zu lassen, wenn sich die maßgeblichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort; außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteile vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 119, vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 sowie vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 567). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass alle drei näher zu betrachtenden Varianten zu ähnlichen Betroffenheiten von nach Anhang IV geschützten Arten führten; auch bei den betroffenen Vogelarten bestünden keine signifikanten Unterschiede (UA S. 276 juris Rn. 694). Die Variante Nordost scheide zudem aus naturschutzexternen Gründen, insbesondere aus Gründen des Lärmschutzes, und bei Berücksichtigung aller Belange als Alternative aus (UA S. 277 juris Rn. 697). Soweit die Beschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe hierbei die Belange des Artenschutzes nicht mit dem diesen tatsächlich zukommenden Gewicht gegenüber gestellt (Beschwerdebegründung S. 97), rügt sie die Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall; eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich daraus nicht.

72

dd) Auch die Fragen B.III.3.1 und 2 lassen sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte.

73

Frage B.III.3.1 bezieht sich - ebenso wie bereits Frage B.III.2.2 - auf die artenschutzrechtlich gebotene Ermittlungsintensität, hier allerdings fokussiert auf die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung. Auch insoweit gilt, dass es von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens abhängt, welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, und dass es diesbezüglich keinen allgemeinverbindlichen Standard gibt. Auch die zu fordernde Ermittlungsintensität hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zudem müssen die Anforderungen an die Ermittlungstiefe sowohl die Grenzen der tatsächlichen Durchführbarkeit von Ermittlungen als auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen. Insoweit kann auf die Ausführungen zu Frage B.III.1.1 verwiesen werden.

74

Auch Frage III.3.2 lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Bei der Prüfung, ob zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL bzw. des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung rechtfertigen, sind die für das Vorhaben sprechenden Belange den vorhabenbedingten Beeinträchtigungen geschützter Arten gegenüber zu stellen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 127 sowie vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 239). Das Gewicht, mit dem das Artenschutzinteresse in die Abwägung einzustellen ist, hängt auch vom Ausmaß der vorhabenbedingten Beeinträchtigungen ab. Erforderlich ist eine Beurteilung dieser Beeinträchtigung in qualitativer und quantitativer Hinsicht (vgl. Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 26 zu der im Rahmen der Prüfung des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL vorzunehmenden Abwägung). Soweit die Beschwerde geltend macht, die Vorinstanz habe diese Grundsätze falsch angewandt, rügt sie eine unzutreffende Rechtsanwendung; ein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO wird insoweit nicht geltend gemacht.

75

i) Für klärungsbedürftig hält die Beschwerde im Bereich des Artenschutzrechts ferner die Fragen (B.III.4),

ob Art. 16 Abs. 1 FFH-RL mit der Formulierung, "unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen", die Anforderung stellt, dass jedenfalls hinsichtlich solcher Populationen im Einwirkungsbereich eines Vorhabens keine Beeinträchtigung des Erhaltungszustandes eintreten darf, die in keinem Austauschverhältnis mit anderen, für Individuen der Art nicht erreichbaren Populationen der Art stehen,

und ob die Erhaltung solcher Populationen ein selbständiges Schutzgut darstellt, so dass es für eine Ausnahmeerteilung nach Art. 16 Abs. 1 FFH-RL auf die Beibehaltung des Erhaltungszustandes der im Einwirkungsbereich des Vorhabens betroffenen Population ankommt.

76

So formuliert würden sich die Fragen in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Sie wären nur entscheidungserheblich, wenn davon auszugehen wäre, dass sich "im Einwirkungsbereich" des streitgegenständlichen Vorhabens der Erhaltungszustand mindestens einer der dort vorhandenen Populationen einer geschützten Art, die in keinem Austauschverhältnis mit anderen Populationen dieser Art stehen und deshalb "isoliert" sind, verschlechtern würde. Demgegenüber hat die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die zusammenfassende Aussage des qualitätssichernden Gutachtens festgestellt, dass "für alle betroffenen Arten des Anhangs IV der FFH-RL sich der Erhaltungszustand im Umfeld des Flughafens durch das Vorhaben nicht verschlechtern wird und die aktuellen Populationsgrößen gewahrt bleiben werden, weil im Vorfeld oder während des Eingriffs geeignete konfliktmindernde und funktionserhaltende Maßnahmen sowie mittel- bis langfristig wirkende Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes getroffen werden" (UA S. 288 juris Rn. 728). An diese Feststellungen, denen die Beschwerde nicht in beachtlicher Weise durch Verfahrensrügen entgegen getreten ist, wäre der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO in einem Revisionsverfahren gebunden.

77

Die Beschwerde ist allerdings offenbar der Auffassung, dass der Verwaltungsgerichtshof und - so ist im Sinne der Beschwerde weiter zu unterstellen - auch das qualitätssichernde Gutachten von einem unzutreffenden rechtlichen Verständnis des in Art. 16 Abs. 1 FFH-RL verwendeten Begriffs der "Populationen" ausgegangen seien mit der Folge, dass die auf das Qualitätssicherungsgutachten gestützte Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs von einem Bundesrechtsverstoß infiziert sein könnte. In der Beschwerdebegründung (S. 111) wendet sie sich jedenfalls auch gegen die vom Verwaltungsgerichtshof formulierten Rechtssätze, wonach es für § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 entgegen dem klägerischen Vortrag nicht auf eine Beurteilung der Vorhabenswirkung auf jede selbständige Population der jeweiligen Art ankomme, sondern auf die Auswirkungen auf die Populationen in einem größeren räumlichen Zusammenhang (UA S. 287 juris Rn. 725), und dass maßgeblich sei, ob die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreiche, als lebensfähiges Element erhalten bleibe (UA S. 286 juris Rn. 722). Sie hält dem entgegen, der Begriff "Populationen" könne schlechterdings nur so verstanden werden, dass damit sämtliche vom Austausch mit anderen Populationen der jeweils gleichen Art abgekoppelten Vorkommen gemeint seien. Diese Populationen müssten "mithin jeweils - also alle - in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet - also nicht etwa durch Umsiedlung 'verpflanzt' - in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen" oder mindestens - was allerdings bereits dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zuwider laufe - in ihrem jeweiligen Erhaltungszustand verweilen (Beschwerdebegründung S. 114 f.). Die Beschwerde möchte mithin auch geklärt wissen, ob es bei der in Art. 16 Abs. 1 FFH-RL formulierten "Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen", um den Erhaltungszustand der Art oder aber um den Erhaltungszustand der einzelnen Populationen geht (Beschwerdebegründung S. 111).

78

Auch diese Frage rechtfertigt indes nicht die Zulassung der Revision. Es fehlt bereits an einer ordnungsgemäßen Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit. Die Beschwerde trägt vor, die konkreten Auswirkungen einer unterschiedlichen Beantwortung dieser Rechtsfrage sei seitens des Klägers am Beispiel der Kreuzkröte festgemacht worden. Die vorhabenbetroffene Lokalpopulation der Kreuzkröte sei vorliegend unstreitig auf den Kelsterbacher Wald begrenzt und damit "isoliert", weil die Bundesautobahn A 3 eine unüberwindbare Barriere darstelle. Sie befinde sich dort in einem ungünstigen Erhaltungszustand. Daraus folge, dass von der "Wahrung eines günstigen Erhaltungszustandes" als Zulassungsgrund nicht ausgegangen werden könne. Durch die kumulativ wirksamen (vorhabenbedingten) Einwirkungen verschlechtere sich der Erhaltungszustand der Population erheblich (Beschwerdebegründung S. 112 f.). Damit legt die Beschwerde hinsichtlich der Kreuzkröte einen Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz so nicht festgestellt hat. Zwar ist auch der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass es sich bei der Kreuzkrötenpopulation im Kelsterbacher Wald um eine isolierte Population handelt (UA S. 295 juris Rn. 744). Eine vorhabenbedingte Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Kreuzkrötenpopulation im Kelsterbacher Wald hat die Vorinstanz indes gerade nicht angenommen. Sie hat im Gegenteil festgestellt, dass für den Bestand der Population der Kreuzkröte nördlich der A 3 die Maßnahmen M 6 und M 18 durchgeführt würden, und hierzu ausgeführt: "Hierdurch werden für die Kreuzkröte geeignete Lebensräume geschaffen bzw. verbessert, so dass der Erhaltungszustand der bestehenden Population nicht verschlechtert wird" (UA S. 296 juris Rn. 747).

79

Dass die Grundsatzfrage auch hinsichtlich anderer vorhabenbedingter Arten entscheidungserheblich sein könnte, hat die Beschwerde nicht dargelegt.

80

j) Für klärungsbedürftig hält die Beschwerde schließlich die Frage,

ob die Regelung des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007,

wonach "ein Verstoß gegen die lebensstättenbezogenen Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen die individuenbezogenen Verbote nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 nicht vor(liegt), soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird",

mit Art. 12 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 FFH-RL bzw. Art. 5, Art. 9 V-RL vereinbar ist, wenn sich aus der Anwendung des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 ergibt, dass das deutsche Recht eine Verwirklichung von in Art. 12 Abs. 1 FFH-RL oder Art. 5 V-RL genannten Verbotstatbestände per gesetzlicher Rückausnahme zulässt, ohne dass es darauf ankommt, ob die Tatbestandsverwirklichung unter allen einschlägigen Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL bzw. Art. 9 V-RL einer Ausnahmegenehmigung zugänglich wäre (Frage B.III.5.1),

und ob dies auch in Bezug auf die Erfüllung des Tötungsverbotstatbestandes des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL, Art. 5 V-RL, § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 gilt (Frage B.III.5.2).

81

Kurz gefasst geht es der Beschwerde um die Vereinbarkeit der mit der "Kleinen Novelle" zum Bundesnaturschutzgesetz eingeführten Rückausnahme zu den lebensstättenbezogenen Verboten nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 mit den Vorgaben der FFH-Richtlinie. Diese Fragen würden sich in einem durchzuführenden Revisionsverfahren nicht stellen.

82

Die Beschwerde weist selbst darauf hin, dass der Planfeststellungsbeschluss zunächst hinsichtlich einer ganzen Reihe von Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sowie von europäischen Vogelarten davon ausgeht, dass Verbotstatbestände im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 im Hinblick auf die gesetzliche Rückausnahme des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 nicht erfüllt sind, diese Vorgehensweise dann aber in der Weise einschränkt, dass er gleichwohl eine Verwirklichung des Verbotstatbestandes unterstellt und die Zulassung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 für erforderlich hält (Beschwerdebegründung S. 117). Daran anknüpfend hat der Verwaltungsgerichtshof zwar die Auffassung vertreten, dass § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 entgegen der klägerischen Einschätzung mit Unionsrecht vereinbar sei. Er hat aber zugleich festgestellt, dass die Planfeststellungsbehörde die Vorschrift des § 42 Abs. 5 BNatSchG 2007 ausdrücklich nicht zur Grundlage ihrer weiteren Entscheidung gemacht hat (UA S. 268 f. juris Rn. 672). Die für den Fall einer Verwirklichung von Verbotstatbeständen hinsichtlich der betroffenen Arten vorgenommene Ausnahmezulassung halte einer Überprüfung am Maßstab des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 stand. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung damit auch in diesem Punkt auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt, so dass die Nichtzulassungsbeschwerde nur Erfolg haben kann, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargelegt und gegeben ist. Daran fehlt es hier. Zu der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Ausnahmezulassung einer rechtlichen Überprüfung standhalte, ist ein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht dargetan. Insoweit geht auch der Einwand, es sei eine Vorlage dieser Fragen an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV erforderlich, ins Leere.

83

2. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die vorinstanzliche Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

84

a) Soweit die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe die Ablehnung des Beweisantrags des Klägers vom 5. Juni 2009 zum Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps LRT*6230 im FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald nicht ausreichend begründet und dadurch gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen (Verfahrensrüge C.I), legt sie nicht ordnungsgemäß dar, dass das angegriffene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen kann.

85

Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe den Beweisantrag zwar durch einen in der mündlichen Verhandlung verkündeten und mündlich begründeten Gerichtsbeschluss abgelehnt, der Inhalt der Begründung sei jedoch nicht protokolliert worden. Tatsächlich habe der Vorsitzende weniger eine Begründung gegeben als vielmehr erklärt, trotz der im Bauablauf unmittelbar bevorstehenden Zerstörung des - aus Sicht des Klägers - als LRT*6230 einzustufenden Biotops keine Veranlassung zu sehen, eine Unterbrechung der laufenden Bauarbeiten zu verfügen oder anderweitig herbeizuführen. Damit fehle es an einer aktenkundigen Begründung des ablehnenden Gerichtsbeschlusses. Im Urteil würden zwar die am 19. Juni 2009 gestellten Beweisanträge wiederholt angesprochen, der am 5. Juni 2009 gestellte Beweisantrag werde in der angegriffenen Entscheidung aber an keiner Stelle erwähnt. Da eine Begründung für die Ablehnung somit sowohl im Sitzungsprotokoll als auch in den Entscheidungsgründen fehle, verstoße das Urteil gegen § 86 Abs. 2 VwGO. Das Urteil könne auf diesem Verfahrensmangel beruhen. Schon im Hinblick auf § 138 Nr. 3 VwGO sei von einem Beruhenszusammenhang auszugehen. Aber auch unabhängig davon bestehe die konkrete Möglichkeit eines Beruhenszusammenhangs. Sie ergebe sich insbesondere aus der doppelten Begründung des angegriffenen Urteils. Der Verwaltungsgerichtshof habe zunächst ausgeführt, dass es auf das tatsächliche Vorkommen eines prioritären Lebensraumtyps LRT*6230 nicht ankomme, weil dieser Lebensraumtyp nicht zum Erhaltungsziel des Gebiets erklärt worden und auch nicht ersichtlich sei, dass sich seine Aufnahme in die Erhaltungsziele aus fachlichen Gründen aufgedrängt hätte. Trotz dieses rechtlichen Ausgangspunkts habe der Verwaltungsgerichtshof dann aber die tatsächliche Feststellung getroffen, dass ein prioritärer Lebensraumtyp LRT*6230 nicht vorkomme. Ein Verfahrensfehler ist damit nicht schlüssig geltend gemacht.

86

Zur schlüssigen Geltendmachung eines absoluten Revisionsgrundes im Sinne des § 138 Nr. 3 VwGO gehört, dass innerhalb der Beschwerdefrist substantiiert vorgetragen wird, welche - zur Klärung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs geeigneten - Ausführungen der Kläger bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch gemacht oder welche weitere Beweiserhebung er beantragt hätte (Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 2 B 178.96 - juris Ls 3). Daran fehlt es hier. Die Beschwerde beschränkt sich auf den - abstrakten - Hinweis, dass auch § 86 Abs. 2 VwGO einschließlich der darin enthaltenen Begründungspflicht der Gewährleistung rechtlichen Gehörs diene (Beschwerdebegründung S. 129). Inwiefern dem Kläger konkreter Vortrag oder die Möglichkeit weiterer Beweisantragstellung abgeschnitten worden sei, legt die Beschwerde nicht dar.

87

Auch im Übrigen hat die Beschwerde nicht schlüssig dargetan, dass das angegriffene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, ist vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte; nur dann kann nämlich die Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen (Beschluss vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 = NVwZ-RR 1996, 369). Nach der - mit Grundsatzrügen nicht erfolgreich angegriffenen - Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs war - wie bereits dargelegt - ein eventuell im FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald vorkommender Lebensraumtyp LRT*6230 bereits aus Rechtsgründen vom Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL ausgeschlossen (UA S. 37 f. und 43 juris Rn. 100 und 109). Der Verwaltungsgerichtshof hat den Beweisantrag des Klägers deshalb aus seiner Sicht konsequent als unerheblich abgelehnt. Die vom Verwaltungsgerichtshof gleichwohl geäußerte Überzeugung, "dass das FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald auch tatsächlich keinen prioritären Lebensraumtyp LRT*6230 einschließt" (UA S. 43 juris Rn. 110), war nach dem Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs nicht tragend.

88

b) Die Beschwerde rügt ferner eine verfahrensfehlerhafte Ablehnung der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. und 23. Juni 2009 gestellten Beweisanträge (Verfahrensrüge C.II). Auch insoweit hat sie einen Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG, auf dem das angegriffene Urteil beruhen kann, nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargetan.

89

Die Beschwerde räumt unter Bezugnahme auf die Sitzungsniederschrift (S. 47; VGH-Akte Bd. XXIV Bl. 4154) ein, dass der Vorsitzende des Verwaltungsgerichtshofs die Ablehnungsgründe stichwortartig erläutert und sodann zu jedem einzelnen Beweisantrag den jeweiligen Ablehnungsgrund benannt hat. Sie ist aber der Auffassung, dass dies den Anforderungen des § 86 Abs. 2 VwGO nicht entsprochen habe, u.a. weil nicht zum Ausdruck gekommen sei, welche Rechtsauffassung der Ablehnung zugrunde gelegt worden sei und auf welche Gutachten das Gericht seine Entscheidung stützen wolle (Beschwerdebegründung S. 134 ff.).

90

Damit überspannt die Beschwerde die Anforderungen an die Begründung eines Gerichtsbeschlusses nach § 86 Abs. 2 VwGO. Soweit das Gericht die Erhebung eines beantragten Beweises mangels Entscheidungserheblichkeit ablehnt, muss es seine Rechtsauffassung in der mündlichen Verhandlung nicht im Einzelnen darlegen; dies kann es vielmehr den schriftlichen Entscheidungsgründen vorbehalten (Beschluss vom 10. Juni 2003 - BVerwG 8 B 32.03 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 57). Gleiches gilt, soweit es die Einholung eines Sachverständigenbeweises ablehnt, weil es aufgrund der bereits vorliegenden Gutachten und fachkundigen Stellungnahmen hinreichend sachkundig ist (Beschluss vom 4. November 2010 - BVerwG 9 B 85.09 - NVwZ-RR 2011, 126); auch insoweit kann es die Würdigung der Gutachten und Stellungnahmen den schriftlichen Urteilsgründen vorbehalten. Etwas anderes gilt nur, soweit die Beteiligten mit der Rechtsauffassung und der Würdigung der Gutachten nicht zu rechnen brauchen (Beschluss vom 25. August 2004 - BVerwG 9 BN 2.04 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 167 = NVwZ 2004, 1510). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte.

91

Erst recht ist ein Mangel in der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO oder eine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht gemäß § 86 Abs. 3 VwGO nicht dargetan. Der Beschwerdevortrag enthält nichts dazu, welche weitere Sachverhaltsermittlung sich der Vorinstanz hinsichtlich welcher entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu Beschlüsse vom 27. Oktober 1999 - BVerwG 9 B 567.99 - juris und vom 19. Februar 2007 - BVerwG 2 B 19.07 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 49). Sie legt auch nicht dar, mit welchem rechtlichen Gesichtspunkt, auf den die Vorinstanz sein Urteil gestützt hat, auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen ohne richterlichen Hinweis nicht hätte zu rechnen brauchen (zu diesen Voraussetzungen Beschluss vom 12. Februar 1999 - BVerwG 3 B 169.98 - juris).

92

c) Die Beschwerde rügt schließlich einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO (Verfahrensrüge C.III). Sie macht geltend, die im Zusammenhang mit der Ablehnung der klägerischen Beweisanträge erhobene Verfahrensrüge setze sich dahin fort, dass es der Verwaltungsgerichtshof im angegriffenen Urteil rechtsfehlerhaft unterlassen habe, die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen seien. Das Urteil könne hierauf beruhen. Auch mit diesem Vortrag zeigt die Beschwerde einen Verfahrensmangel, der die Zulassung der Revision rechtfertigt, nicht auf.

93

aa) Die Beschwerde wendet sich gegen die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs, "aus den obigen Ausführungen" ergebe sich, dass zu der Frage der Bewertung der Beeinträchtigungen, denen die vorhandene Hirschkäferpopulation im FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald ausgesetzt sei, "eine Vielzahl gutachterlicher Stellungnahmen vorliegt, die dem Senat eine Entscheidung der strittigen Fragen ermöglicht" (UA S. 120 juris Rn. 283). Sie macht geltend, dass die jeweiligen Beweisthemen den "obigen Ausführungen" nicht zugeordnet werden könnten; es sei nicht erkennbar, aufgrund welcher gutachterlicher Stellungnahmen der Verwaltungsgerichtshof die jeweiligen Beweisthemen gewürdigt habe (Beschwerdebegründung S. 140). Insbesondere sei in Bezug auf Beweisthema C.12 nicht erkennbar, an welcher Stelle der Verwaltungsgerichtshof anhand von Gutachten beurteilt habe, ob der Erhaltungszustand der Hirschkäferpopulation im FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald vorhabenbedingt von der Wertstufe "sehr gut" (A) auf "mittel-schlecht" (C) im Sinne von Art. 1 der FFH-RL verschlechtert werde.

94

Dass der Verwaltungsgerichtshof damit gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO verstoßen haben könnte, ist dem Beschwerdevortrag nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht jede einzelne Beweisbehauptung abgehandelt, sondern die Einwände des Klägers zu Themenkomplexen zusammengefasst. So hat er sich unter den Überschriften "1.4.2.4.2 Habitateignung der Inselflächen" (UA S. 115 ff. juris Rn. 269 ff.) sowie "1.4.2.4.3 Habitateignung und Alter der Eichenbestände" (UA S. 118 f. juris Rn. 277 ff.) mit etwaigen Änderungen des Erhaltungszustands der Hirschkäferpopulation im Kelsterbacher Wald und dem diesbezüglichen Beweisvorbringen auseinandergesetzt. Dass er dabei entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen hätte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

95

Auch ein Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO ist insoweit nicht dargetan. Warum die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens geboten gewesen sein soll, insbesondere, aufgrund welcher besonderen Umstände das diesbezügliche tatrichterliche Ermessen (Beschlüsse vom 23. April 1996 - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 = NVwZ 1996, 1010 und vom 12. Juni 1997 - BVerwG 11 B 13.97 - juris) vorliegend hätte eingeschränkt sein können, legt die Beschwerde nicht dar.

96

bb) Als Beispiel für die behaupteten Verfahrensverstöße führt die Beschwerde die Begründung an, mit der der Verwaltungsgerichtshof den klägerischen Beweisantrag D.II.1 abgelehnt hat (Beschwerdebegründung S. 140 f.). Sie behauptet, der Verwaltungsgerichtshof verhalte sich nicht zu der damit unter Beweis gestellten Tatsache, dass die Anwendung von flächenbezogenen Schwellenwerten für den Eintrag von Schadstoffen ("Critical Loads") das nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft beste verfügbare Instrument zur Feststellung der Schwellenwerte für schadstoffbedingte Veränderung des Zustands eines Ökosystems sei; ein Gutachten, welches diese Frage beantworten könnte bzw. auf welches sich das Gericht beziehe, werde nicht benannt. Unter der Überschrift "1.4.2.3.2 Critical loads" enthalte das Urteil zwar Ausführungen, weshalb die Planfeststellungsbehörde nicht gehalten gewesen sei, ihre Risikobetrachtung nach dem Konzept der Critical Loads vorzunehmen. Damit habe das Gericht jedoch die unter Beweis gestellte Frage nicht unter Heranziehung von Gutachten gewürdigt. Sollte das Gericht zu der Überzeugung gelangt sein, dass der Beweisantrag unerheblich gewesen sei, wäre die Ablehnung jedenfalls fehlerhaft begründet (Beschwerdebegründung S. 141).

97

Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen ist, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (Beschluss vom 23. Januar 1996 a.a.O.). Die Beschwerde zieht selbst in Erwägung, dass das Konzept der Critical Loads vom Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs aus betrachtet nicht entscheidungserheblich und der Beweisantrag deshalb unerheblich war, meint aber, dass der Beweisantrag dann mit einer lediglich fehlerhaften Begründung abgelehnt worden sei. Ein Verstoß gegen die in § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO normierte Verpflichtung der Gerichte, die Begründung für die Zurückweisung von Beweisanträgen in den Entscheidungsgründen darzulegen, soweit dies nicht bereits durch Aufnahme in die Sitzungsniederschrift geschehen ist (Beschluss vom 10. Juni 2003 a.a.O.), ist damit von vornherein nicht dargetan.

98

cc) Gleiches gilt, soweit die Beschwerde schließlich behauptet, für den Kläger sei nicht erkennbar, in welchem Kapitel unter Zugrundelegung welcher Gutachten seine mit Beweisantrag D.II.2 unter Beweis gestellte Behauptung gewürdigt worden sei (Beschwerdebegründung S. 142).

99

Mit diesem Beweisantrag hat der Kläger seine Behauptung, dass Critical-Load-Ansätze unter Einbeziehung von Stoffbilanzen und biogeochemischer Modelle unmittelbar in den betroffenen Flächen für eine Risikoabschätzung unverzichtbar seien, unter Beweis gestellt. Auch insoweit räumt die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 142) ein, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in dem Kapitel "1.4.2.3.2 Critical loads" (UA S. 78 ff. juris Rn. 192 ff.) mit dem Thema auseinandergesetzt und hierbei zum Ausdruck gebracht habe, dass eine weitergehende Untersuchung der in den FFH-Gebieten geschützten Arten nicht notwendig gewesen sei. Gleichwohl beanstandet sie, dass sich das Gericht mit dem Beweisthema nicht auseinandergesetzt habe: Den Beweisantrag mit der pauschalen Begründung abzulehnen, dass Gutachten vorlägen und im Übrigen nicht ersichtlich sei, welcher zusätzliche Erkenntnisgewinn sich hätte erzielen lassen, sei aufgrund der mangelnden Angaben des Gerichts, wie es zu seiner Auffassung gelangt sei, nicht möglich (Beschwerdebegründung S. 142).

100

Auch damit verfehlt die Beschwerde die Substantiierungsanforderungen. Abgesehen davon findet auch die Behauptung der Beschwerde, das Gericht habe die unter Beweis gestellte Frage nicht unter Heranziehung von Gutachten gewürdigt, im angegriffenen Urteil keine Stütze (UA S. 79 f. juris Rn. 195).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
14 
Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Anträge werden mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, eine von ihr auszuwählende, mit dem Vorhaben bisher noch nicht befasste und gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle mit der Erstellung eines nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) zu fertigenden Prognosegutachtens zu beauftragen. Das Gutachten muss der Antragsgegnerin, der Antragstellerin und der Beigeladenen bis spätestens 31. März 2016 zur Verfügung stehen. Es hat dazu Stellung zu nehmen, ob nach einer Inbetriebnahme der beiden mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. März 2015 genehmigten Windkraftanlagen die Geräuschgesamtbelastung an dem nach der Nr. A.1.3 TA Lärm maßgeblichen Immissionsort des Anwesens W. unter Berücksichtigung der Vorbelastung, die von allen nach den Vorgaben der TA Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen ausgeht, während der lautesten Stunde zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) übersteigen wird. Die mit Bescheid des Landratsamts A. vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen auf den Grundstücken Fl.Nr. 647 der Gemarkung U. und Fl.Nr. 1896 der Gemarkung R. sind dabei als Vorbelastung zu berücksichtigen. Sollte die Gutachtensfrage zu bejahen sein, hat sich das Gutachten ferner dazu zu äußern, welchen Voraussetzungen der Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen genügen muss, damit der vorgenannte Beurteilungspegel während der lautesten Nachtstunde nicht überschritten werden wird.

II.

Die Beigeladene wird verpflichtet, die Kosten dieses Prognosegutachtens zu tragen.

III.

Die Kosten des Verfahrens fallen zu vier Fünfteln der Antragstellerin, zu je einem Zehntel der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zur Last. Die Antragstellerin hat ferner vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

IV.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. September 2005 für sofort vollziehbar erklärte, der Beigeladenen mit Bescheid vom 19. März 2015 erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windkraftanlagen (Gesamthöhe 175 m, Rotordurchmesser 112 m, Nabenhöhe 119 m, vgl. VG Ansbach, U. v. 16.9.2015 - AN 11 K 15.630 - S. 3) auf den Grundstücken FlNrn. 457 und 449 der Gemarkung C.

Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben Eigentümerin der Waldgrundstücke FlNrn. 466 und 480 der Gemarkung C., des Waldgrundstücks FlNr. 570/3 der Gemarkung U. sowie der mit Wohnhäusern bestandenen Grundstücke FlNrn. 335 und 573/1 der Gemarkung C. Die Antragstellerin hat gegen die erteilte Genehmigung Klage erhoben, welche das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 16. September 2015 abgewiesen hat. Hiergegen hat sie die Zulassung der Berufung beantragt, über die noch nicht entschieden ist (Az. 22 ZB 15.2326). Im vorliegenden Verfahren beantragt die Antragstellerin:

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 19. März 2015 wird wieder hergestellt.

2. Hilfsweise: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung mit Bescheid vom 14. September 2015 wird aufgehoben.

Zur Begründung macht die Antragstellerin im Wesentlichen Gesichtspunkte der Umweltverträglichkeitsprüfung und des Immissionsschutzes geltend. Ihre Wohngrundstücke lägen in einer Entfernung von etwa 1.300 m bis 1.350 m von den streitgegenständlichen Windkraftanlagen und befänden sich im Einwirkungsbereich von insgesamt 13 Windkraftanlagen sowie eines Asphaltmischwerks, was zu einander verstärkenden, in der Genehmigung unberücksichtigt gebliebenen Lärmbeeinträchtigungen führe. Die Antragsgegnerin habe zu Unrecht unterlassen, die Vor- und die Gesamtbelastung zu ermitteln. Die erteilte Genehmigung sei auch deswegen rechtswidrig, weil lediglich eine standortbezogene statt einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung durchgeführt worden sei, obwohl die 13 Windkraftanlagen sich innerhalb eines Bereichs von rund 4.000 m befänden und ihre Einwirkungsbereiche sich insbesondere hinsichtlich des Artenschutzes (Rotmilan und Fledermaus) kumulierend überschnitten. Die Umweltverträglichkeitsvorprüfung sei auch deswegen fehlerhaft, weil sie die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) nicht berücksichtigt habe, obwohl Rotmilan und Fledermaus ausweislich der Nebenbestimmungen zur Genehmigung konkret kollisionsgefährdete Tierarten seien.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Anträge abzulehnen.

Die Beigeladene trägt vor, die Anordnung des Sofortvollzugs sei wegen überwiegender öffentlicher Interessen an der Gewinnung von Windenergie sowie privater Interessen der Beigeladenen an einer baldigen Inbetriebnahme aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt. Solange die Genehmigung für die Windkraftanlagen nicht vollziehbar sei, würden die Banken die vereinbarten Kredite zur Finanzierung nicht auszahlen, könne die Beigeladene die von der Lieferantin für verbindliche Bestellungen der Windkraftanlagen geforderte Anzahlung nicht leisten und verzögere sich der Bau- und Betriebsbeginn. Das öffentliche Interesse zeige sich auch darin, dass sich die Windkraftanlagen in Vorranggebieten nach der Regionalplanung sowie in einer bauleitplanerischen Konzentrationszone befänden. Die Klage werde keine Aussicht auf Erfolg haben, weil die Antragstellerin nicht in eigenen Rechten verletzt sei. Die Lärmbelastung der Klägerin halte die Immissionsrichtwerte ein und betrage - nach einer nachgereichten gutachterlichen Äußerung vom 30. November 2015 - 40,0 dB(A) in der Nacht. Die darin angenommenen Prognosewerte seien aufgrund einer zwischenzeitlichen dreifachen Vermessung des Windkraftanlagentyps um bis zu 3,4 dB(A) abzusenken. Die westlich der Grundstücke der Klägerin gelegenen Windkraftanlagen befänden sich in einer Entfernung von etwa 2,4 km, jene östlich in einer Entfernung von über 5 km, auch das Asphaltmischwerk sei westlich etwa 1 km entfernt, so dass die Anlagen in entgegengesetzten Himmelsrichtungen lägen, nicht gleichzeitig auf die Grundstücke der Klägerin einwirkten und ihre Wirkungen auch nicht zu addieren seien. Die Umweltverträglichkeitsvorprüfung sei rechtmäßig, denn der Schwellenwert für eine allgemeine Vorprüfung sei nicht erreicht. Die 13 Windkraftanlagen hätten weder einen gemeinsamen Wirkraum, noch stünden sie in räumlichem oder technischem Zusammenhang. Auch ein von ihnen gemeinsam beeinflusstes Vorkommen des Rotmilans sei nicht vorhanden. Die saP habe bei der Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht näher berücksichtigt werden müssen, denn sie beinhalte lediglich Vorschläge für Vermeidungsmaßnahmen, um potentiellen artenschutzrechtlichen Konflikten durch ein Anlocken gefährdeter Tierarten entgegen zu wirken. Die Leuchtfeuer-Kennzeichnung der Windkraftanlagen sei unproblematisch, die Antragstellerin habe auch keine konkreten Belästigungen dargetan.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses verteidigt ohne eigene Antragstellung die behördlichen Entscheidungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die Behördenakten dieses Eil- und des Hauptsacheverfahrens (Az. 22 ZB 15.2326) sowie des parallelen Beschwerdeverfahrens (22 CS 15.2247).

II.

Die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Genehmigung vom 19. März 2015, hilfsweise auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Bescheid vom 14. September 2015, haben nur mit der Maßgabe Erfolg, dass der Antragsgegnerin und der Beigeladenen entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die aus Nr. I und II des Beschlusstenors ersichtlichen Auflagen zu erteilen waren.

1. Soweit die Antragstellerin eine am Maßstab von § 80 Abs. 3 VwGO unzureichende Begründung der Sofortvollzugsanordnung bemängelt, ist dem nicht zu folgen.

Die Antragsgegnerin hat in der mit Bescheid vom 14. September 2015 erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung eine ausführliche Interessenabwägung getroffen und darin das besondere Sofortvollzugsinteresse unter Verweis auf die für die Beigeladene hinsichtlich des kurzen Zeitfensters der Baugenehmigung entstehenden Nachteile einer Verzögerung des Baubeginns, die Gefahr von Lieferverzögerungen der Windkraftanlagen in Folge einer verspäteten, weil bankseitig sonst nicht vorfinanzierten Bestellung und die drohende sinkende Einspeisevergütung sowie unter Verweis auf das öffentliche Interesse an der baldigen Verwirklichung von Windkraftanlagen begründet und damit dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO Genüge getan.

2. Auch inhaltlich überwiegen das private Interesse der Beigeladenen an einem baldigen Baubeginn (dazu 2.1) und das öffentliche Interesse am Ausbau der Windenergie (dazu 2.2) - unter Anordnung der aus den Nr. I und II des Beschlusstenors ersichtlichen Auflagen - das private Interesse der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten ihrer Anfechtungsklage in der Hauptsache (dazu 2.3), vorläufig von Bau und Betrieb der Windkraftanlagen verschont zu bleiben.

2.1 Die Beigeladene hat - insoweit von der Antragstellerin unbestritten - darauf hingewiesen, dass sie auf einen Sofortvollzug der Genehmigung angewiesen ist, um die für eine verbindliche Bestellung der Windkraftanlagen beim Hersteller erforderliche Anzahlung bankseitig vorfinanziert zu erhalten und der Lieferantin diese Anzahlung leisten zu können. Soweit die Antragstellerin das Gewicht dieses Belangs in Abrede stellt, teilt der Verwaltungsgerichtshof diese Ansicht nicht.

Ebenso ist aus Sicht der Beigeladenen wegen des - jahreszeitlich, witterungsbedingt und faunistisch - kurzen Zeitfensters für den Baubeginn, der geltend gemachten Nachteile einer Lieferverzögerung der Windkraftanlagen und der Minderung der Einspeisevergütung das hohe Interesse an einem unverzüglichen Baubeginn nachvollziehbar. Dass andere Einflussfaktoren wie sinkende Windhöffigkeit oder steigende Bankzinsen ebenfalls den wirtschaftlichen Ertrag der Windkraftanlagen mindern könnten, wie die Antragstellerin geltend macht, ändert nichts an den von der Beigeladenen geltend gemachten Belangen.

Die Rügen der Antragstellerin gegen die Wirtschaftlichkeit der Windkraftanlagen greifen nicht durch. Sie hat eine Unwirtschaftlichkeit des Vorhabens als Folge eines unter Referenzwerten liegenden Ertrags unter Hinweis auf Nr. 9.4.4 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011), zwar behauptet. Aber der dort für ein „zwingendes Interesse im Sinn der Ausnahmeregelung“ genannte Stromertrag von mindestens 60% eines Referenzertrages (nach Anlage 3 zum EEG 2012) bezieht sich lediglich auf die Gewährung einer Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot, aber nicht auf die für einen Sofortvollzug einer Genehmigung maßgebliche Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO. Für die Beantwortung der Frage, wann ein hinreichendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der für eine Windkraftanlage erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung besteht, folgt hieraus auch deshalb nichts, weil § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - anders als § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG - kein „zwingendes“ öffentliches Interesse verlangt.

2.2 Auch das öffentliche Interesse an einem weiteren Ausbau der Windkraftnutzung und an der Errichtung und Inbetriebnahme der strittigen Windkraftanlagen zur Erhöhung der Kapazitäten von Windkraftanlagen und ihres Anteils an der Erzeugung erneuerbarer Energien ist von der Antragstellerin nicht ernstlich in Frage gestellt.

Dass die Nutzung der Windenergie keinen breiten politischen Konsens für sich hätte, wie sie meint, ist kein Genehmigungshindernis. Die von ihr als Indiz für einen gewandelten politischen Willen in Bezug genommene sog. 10 H-Regelung (§ 1 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung u. a. vom 17.11.2014, GVBl S. 478) ist hier nach Art. 82 Abs. 4 BayBO unanwendbar, weil zwar der entscheidungserhebliche Zeitpunkt der Bekanntgabe der Genehmigung vom 19. März 2015 deutlich nach dem Inkrafttreten der sog. 10 H-Regelung am 21. November 2014 (vgl. § 3 des o.g. Gesetzes) liegt, aber die Antragsgegnerin nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts für die Standorte der Windkraftanlagen eine von ihr selbst und von den Nachbargemeinden unwidersprochene Konzentrationszone ausgewiesen hat (VG Ansbach, U. v. 16.9.2015 - AN 11 K 15.00630 - S. 46 f.).

2.3 Das private Interesse der Antragstellerin, bis zum Eintritt der Bestandskraft der mit Bescheid vom 19. März 2015 erteilten Genehmigung vorläufig von Bau und Betrieb der Windkraftanlagen verschont zu bleiben, überwiegt das o.g. private und das öffentliche Sofortvollzugsinteresse unter Berücksichtigung der o.g. Auflagen nicht, weil sich der Bescheid mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen wird.

Rechtlichen Bedenken begegnet der Bescheid nur insofern, als derzeit zu bezweifeln ist, ob die Antragsgegnerin ihrer sich aus Art. 24 Abs. 1 und Abs. 2 BayVwVfG ergebenden Verpflichtung, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, hinsichtlich der Geräuschvorbelastung des Wohnanwesens der Antragstellerin vollumfänglich nachgekommen ist. Da das insoweit gegenwärtig bestehende Erkenntnisdefizit der Genehmigungsfähigkeit der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Windkraftanlagen dem Grunde nach wohl nicht entgegensteht und nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die erteilte Genehmigung als Folge der nachzuholenden Ermittlungsmaßnahmen zugunsten der Antragstellerin abgeändert werden muss (eine solche Änderung überdies allenfalls in begrenztem Umfang erforderlich sein kann), gebietet es die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung nicht, der anhängigen Klage (bzw. dem Antrag auf Zulassung der Berufung) aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die bisherige Fassung des Bescheids vom 14. September 2015 das Recht der Antragstellerin verletzt, vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt einer zu hohen Geräuschgesamtbelastung verschont zu bleiben, die auf das Hinzutreten der beiden hier verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen zurückzuführen ist, ließe sich dieser Mangel unschwer durch einen die Schallemissionen dieser Anlagen auf das rechtskonforme Maß begrenzenden Verwaltungsakt ausräumen.

2.3.1 Den Einwänden der Antragstellerin kann insoweit grundsätzliche Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden, als darin Bedenken gegen die Verlässlichkeit der im Verwaltungsverfahren vorgelegten schalltechnischen Untersuchung vom 31. Juli 2014 - auch unter Berücksichtigung der Ergänzung vom 30. November 2015 - angemeldet werden, die u. a. aus der unzureichenden Berücksichtigung der Geräusche resultieren, die aus dem Betrieb des in Burgoberbach gelegenen Asphaltmischwerks während der Nachtzeit hervorgerufen werden.

Nach Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche vorbehaltlich der Regelungen in Nr. 3.2.1 Abs. 2 bis 5 TA Lärm dann sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet.

Zwischen den Beteiligten ist nicht strittig, dass das von der Antragstellerin für eigene Wohnzwecke genutzte Gebäude in einem Gebiet liegt, das angesichts der dort tatsächlich ausgeübten Nutzungen einem allgemeinen Wohngebiet im Sinn von § 4 Abs. 1 BauNVO entspricht. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem regelmäßig eine nur überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage ausreicht, kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Geräuschgesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort dieses Gebäudes (vgl. dazu Nr. A.1.3 Abs. 1 Buchst. a TA Lärm) während der lautesten Stunde der Nachtzeit (Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 2 TA Lärm) gemäß Nr. 6.1 Abs. 1 Buchst. d TA Lärm einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigen darf.

Die Gesamtbelastung ist in Nr. 2.4 Abs. 3 TA Lärm dahingehend definiert, dass sie die Belastung eines Immissionsortes mit Geräuschen darstellt, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, für die die TA Lärm gilt; sie wird durch energetische Addition der Kenngrößen für die Vor- und die Zusatzbelastung bestimmt (Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, o. J., Nr. 2 Rn. 53).

2.3.1.1 Zwar ist der schalltechnischen Untersuchung mit ihrer Ergänzung vom 30. November 2014 zugute zu halten, dass sie die Geräusche berücksichtigt hat, die von den beiden mit Bescheid des Landratsamts A. vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen hervorgerufen werden („W. L... und L...“). Insoweit handelt es sich um eine im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 19. März 2015 bestehende Vorbelastung im Sinn der Nr. 2.4 Abs. 1 TA Lärm.

2.3.1.2 Ungesichert ist die Einhaltung der Immissionsrichtwerte zum Schutz der Antragstellerin jedoch insofern, als die Geräusche des in B... bestehenden Asphaltmischwerks in die schalltechnische Untersuchung vom 31. Juli 2014 keinen Eingang gefunden haben und erst mit Ergänzung vom 30. November 2015 überhaupt bewertet wurden. Da Asphaltmischwerke dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterfallen und die Anlage in B... nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs während der Nachtzeit von Rechts wegen betrieben werden darf, nach dem Vorbringen der Antragstellerin ferner eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass während der Nachtstunden dort zumindest gelegentlich auch tatsächlich Produktionsvorgänge stattfinden, was auch die Beigeladene nicht ausschließen kann (vgl. Schriftsatz vom 15.12.2015), sowie dem Umweltingenieur des Landratsamts A. als zuständiger Immissionsschutzbehörde „verifizierte Aussagen über den Betrieb… nicht möglich“ sind (vgl. seine Stellungnahme vom 10.12.2015), ist nach derzeitigem Stand der sachverständigen Stellungnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass die mit einem Nachtbetrieb des Asphaltmischwerks ggf. einhergehenden Schallimmissionen die auf das Wohnanwesen der Antragstellerin während der Nachtzeit einwirkende Geräuschgesamtbelastung über den während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) heben. Da die verfahrensgegenständlichen und die vom Landratsamt A. mit Bescheid vom 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen am Wohngebäude der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 39,3 dB(A) hervorrufen - sie mithin den während der Nachtzeit einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nicht um mindestens 6 dB(A) unterschreiten -, kann nach der Nr. 3.2.1 Abs. 6 Satz 2 TA Lärm auf die (rechtskonforme) Bestimmung der Vorbelastung unter Ansatz eines Nachtbetriebs des Asphaltmischwerks im zugelassenen Umfang nicht verzichtet werden. Das Wohngebäude der Antragstellerin liegt wahrscheinlich noch im Einwirkungsbereich des Asphaltmischwerks, da dieses dort einen Beurteilungspegel verursachen dürfte, der um weniger als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert für die Nachtzeit von 40 dB(A) liegt (vgl. Nr. 2.2 TA Lärm). Nach dem Vorbringen der Beigeladenen vom 30. November 2015, wonach das Asphaltmischwerk, falls es mit einem Schallleistungspegel von 108,4 dB(A) betrieben wird, am Anwesen der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von 31,7 dB(A) hervorruft, ist wohl hiervon auszugehen. Umso mehr gilt dies, als die schalltechnische Beurteilung vom 30. November 2015 am Anwesen der Antragstellerin einen Beurteilungspegel von nun 40,0 dB(A) errechnet hat, also der Immissionsrichtwert gerade noch eingehalten wäre. Da diese schalltechnische Beurteilung ersichtlich in großer Eile erstellt wurde, sind die darin zum Ausdruck gebrachten Einschätzungen zurückhaltend zu bewerten.

2.3.2. Sollte sich herausstellen, dass nächtliche Schallimmissionen des Asphaltmischwerks grundsätzlich in die Ermittlung der Vorbelastung hätten Eingang finden müssen, diese Einbeziehung jedoch dazu führen würde, dass die am maßgeblichen Immissionsort des Wohnanwesens der Antragstellerin zu verzeichnende Geräuschgesamtbelastung während der lautesten Nachtstunde einen Beurteilungspegel von 40 dB(A) nicht übersteigt, wofür die unter Einbeziehung des Asphaltmischwerks prognostizierte nächtliche Geräuschgesamtbelastung von 40,0 dB(A) und die zwischenzeitlich erfolgte Dreifachvermessung von Windkraftanlagen des streitgegenständlichen Typs sprechen, würde die Antragstellerin nicht in ihrem subjektiven Recht verletzt, vor schädlichen Lärmeinwirkungen verschont zu bleiben. Sollte sich aber herausstellen, dass der Beurteilungspegel von 40 dB(A) überschritten würde, könnte diesem Umstand wohl dadurch Rechnung getragen werden, dass für die beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen entweder eine Betriebszeitbeschränkung oder eine Begrenzung des Schallleistungspegels angeordnet wird, den sie während der Nachtzeit (und auch das ggf. nur bei gleichzeitigem Betrieb des Asphaltmischwerks) höchstens hervorrufen dürfen.

Um insoweit alsbald Klarheit zu schaffen, hält es der Verwaltungsgerichtshof - auch mit Blick auf das in Gestalt eines Antrags auf Zulassung der Berufung anhängige Hauptsacheverfahren - für angezeigt, entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die Erstellung eines diese Fragen beantwortenden schalltechnischen Prognosegutachtens zu verlangen. Die Notwendigkeit eines solchen Gutachtens wird dadurch bestätigt, dass sich der Umweltingenieur des Landratsamts auf der Grundlage der derzeitigen Erkenntnislage zu einer abschließenden Aussage über die am Wohnanwesen der Antragstellerin zu erwartende Geräuschgesamtbelastung nicht in der Lage sieht (vgl. seine Stellungnahme vom 10.12.2015). Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO zusteht, entspricht es hierbei, dieses Gutachten im Interesse einer höchstmöglichen Richtigkeitsgewähr durch eine gemäß § 26 Satz 1 BImSchG anerkannte Messstelle fertigen zu lassen und die Auswahl dieser Stelle nicht der Beigeladenen zu überlassen, sondern sie der Antragsgegnerin als Trägerin der Genehmigungsbehörde - ggf. im Benehmen mit dem für die im Parallelverfahren (22 CS 15.2247) streitgegenständlichen Windkraftanlagen zuständigen Landratsamt - zu überantworten. Die Erstellung eines gemeinsamen Prognosegutachtens für beide Verfahren - unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Fragestellungen - ist nicht ausgeschlossen. Ebenfalls auf § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO beruht die Regelung, dass die Kosten dieses Gutachtens von der Beigeladenen zu tragen sind. Denn sie ist ihrer Obliegenheit, den Nachweis der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen zu führen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV), durch die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Ausarbeitungen noch nicht vollauf gerecht geworden.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das angeordnete Prognosegutachten zeitgerecht erstellt wird und die Antragsgegnerin - sollten sich entgegen der überwiegenden Wahrscheinlichkeit doch schädliche Lärmeinwirkungen auf das Anwesen der Antragstellerin ergeben - unverzüglich bescheidsmäßige Konsequenzen ziehen wird. Andernfalls bestünden die Möglichkeiten des § 80 Abs. 7 VwGO.

2.3.3 Des weiteren sind zur Klarstellung folgende Hinweise veranlasst:

Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Nr. I des Tenors dieses Beschlusses fordert, dass das in Auftrag zu gebende Gutachten die Vorbelastung unter Berücksichtigung der Geräusche zu ermitteln hat, die „von allen nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Anlagen“ ausgehen, so trägt er damit dem Umstand Rechnung, dass die Antragsgegnerin nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat und deshalb eine Vergewisserung darüber angezeigt erscheint, ob in der Umgebung außer dem Asphaltmischwerk noch andere der TA Lärm unterfallende Anlagen vorhanden sind, die während der Nachtzeit ebenfalls Geräusche emittieren, die am Wohnanwesen der Antragstellerin pegelerhöhend wirken.

2.3.4 Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin, an Stelle der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung sei vorliegend eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles geboten gewesen. Das Landratsamt und das Verwaltungsgericht gingen jedenfalls im Ergebnis vielmehr zu Recht davon aus, dass sich die Art einer vorzunehmenden Umweltverträglichkeitsvorprüfung vorliegend nach der Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG bestimmt. Denn die zwei streitgegenständlichen Windkraftanlagen bilden allenfalls zusammen mit den beiden mit Bescheid vom 17. November 2014 in den Gemarkungen U. und R. genehmigten und im Parallelverfahren (22 CS 15.2247) gegenständlichen Windkraftanlagen ein „kumulierendes Vorhaben“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG. Allein mit diesen beiden Anlagen, nicht aber mit den in der Antragsbegründung in Bezug genommenen, in der weiteren Umgebung außerdem vorhandenen bzw. geplanten neun sonstigen Windkraftanlagen weist das streitgegenständliche Vorhaben nämlich ggf. den erforderlichen „engen Zusammenhang“ auf.

Ob zwischen mehreren Anlagen ein solcher Zusammenhang besteht, hängt nicht von optisch wahrnehmbaren Umständen, insbesondere nicht davon ab, ob diese Anlagen einen wenigstens in Ansätzen erkennbaren Bebauungszusammenhang bilden (vgl. BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 4 C 4.14 - NVwZ 2015, 1458 Rn. 24). Dieses Kriterium ist nach dem Sinn und Zweck der Kumulationsregelung, Vorhaben mit einem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu erfassen, vielmehr danach zu bestimmen, ob damit zu rechnen ist, dass sich ihre Umweltauswirkungen überlagern (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 24). Bei dem Erfordernis, dass es voraussichtlich zu Wirkungsüberschneidungen der Anlagen kommen wird, handelt es sich jedoch lediglich um ein notwendiges, nicht aber ein hinreichendes Kriterium dafür, ein „kumulierendes Vorhaben“ annehmen zu können. Vorhaben, die beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden, unterliegen nämlich nicht schon wegen ihrer sich überlagernden Umweltauswirkungen der Vorprüfungspflicht (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 25). Denn § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verlangt eine Ausführung „auf demselben Betriebs- oder Baugelände“ und eine Verbindung „mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen“. Dies setzt einen räumlichbetrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug der einzelnen Anlagen aufeinander voraus (BVerwG a. a. O. Rn. 26).

Die Antragstellerin hat nicht aufgezeigt, dass zwischen dem hier verfahrensgegenständlichen Vorhaben und den in der Antragsbegründung erwähnten neun weiteren Windkraftanlagen ein räumlichbetrieblicher Zusammenhang besteht bzw. sie funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen sind. Dies ist auch unabhängig von ihrem Vorbringen zu verneinen, da nicht einmal entfernte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie technisch miteinander verknüpft oder sie wirtschaftlich in einer Weise verbunden sind, dass der von ihren Betreibern verfolgte ökonomische Zweck nur mit Rücksicht auf den Bestand und den Betrieb der jeweils anderen Anlagen sinnvoll verwirklicht werden kann. Auf die in der Antragsbegründung umfänglich thematisierte Frage, ob sich die Umweltauswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen mit denjenigen der neun in der Beschwerdebegründung erwähnten weiteren Windkraftanlagen überlagern, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an.

An dem Ergebnis, dass aus diesem Grund keine Zusammenrechnung von Windkraftanlagen stattzufinden hat mit der Folge, dass die in der Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannte Zahl von mindestens sechs Windkraftanlagen nicht erreicht wird und damit keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinn von § 3c Satz 1 UVPG geboten ist, ändert auch der Hinweis der Antragstellerin nichts, die vier von der Beigeladenen geplanten und die neun in der Umgebung außerdem vorhandenen bzw. bereits genehmigten Windkraftanlagen seien jedenfalls als „sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen“ im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG anzusehen. Dieses Vorbringen erweist sich unabhängig von seiner unterbliebenen Substantiierung nicht als stichhaltig, weil es sich bei § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG um einen Auffangtatbestand handelt, der ausschließlich Vorhaben erfasst, die keine „Anlagen“ im Rechtssinne zum Gegenstand haben (vgl. näher BayVGH, B. v. 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - Rn. 38 ff.).

2.3.5 Die Antragsbegründung zeigt keine Mängel der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls auf. Die gerichtliche Überprüfung hat sich hierbei gemäß § 3a Satz 4 UVPG darauf zu beschränken, ob diese Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c Satz 2 UVPG durchgeführt wurde und das Ergebnis nachvollziehbar ist.

Im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG ist lediglich der Frage nachzugehen, ob das Vorhaben aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen erwarten lässt (vgl. näher BayVGH, B. v. 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - Rn. 41-44). Die Antragsbegründung zeigt nicht auf, dass durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben - auch unter Einbeziehung der beiden in den Gemarkungen U. und R. genehmigten Windkraftanlagen - ein Gebiet der in Nr. 2.3.1 bis 2.3.4 sowie 2.3.7 bis 2.3.10 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Art oder ein von Nr. 2.3.5, 2.3.6 oder 2.3.11 dieser Anlage erfasstes Einzelobjekt nachteilig beeinflusst werden kann. Dahinstehen kann deshalb, ob eine mit dem Vorhaben potentiell einhergehende Gefährdung des Rotmilans oder von Fledermäusen dargetan wird. Denn hierdurch würde auch dann, wenn diesem Vorbringen zu folgen sein sollte, keine Beeinträchtigung eines der in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien aufgezeigt.

2.3.6 Auch hinsichtlich der von der Antragstellerin gerügten Beeinträchtigung durch die Leuchtfeuer-Kennzeichnung der Windkraftanlagen hat das Verwaltungsgericht diese zum Einen zum Schutz nächtlichen Flugbetriebs in der Umgebung als zwingend notwendig angesehen und zum Anderen eine Störung für die Antragstellerin wegen der Ausrichtung himmelwärts zum Flugverkehr hin verneint (Urteil S. 44). Dass die Antragstellerin angesichts eines vom Verwaltungsgericht festgestellten Abstands der nächst gelegenen Windkraftanlage von fast 1.200 m (Urteil S. 45) bzw. nach ihren Angaben von etwa 1.300 m bis 1.350 m durch die Leuchtfeuer überhaupt beeinträchtigt würde, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht neben der reinen Entfernung die Verpflichtung zur Synchronisation nicht nur der Leuchtfeuer einer einzelnen Windkraftanlage (vgl. Nr. 13 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen vom 2.9.2004 i. d. F. vom 26.8.2015, BAnz. vom 1.9.2015, Allgemeiner Teil B4), sondern auch aller zusammengefassten Windkraftanlagen nach Nr. 3.11.13 des Bescheids vom 19. März 2015, auch ein entsprechender Erfahrungssatz dieses Inhalts. Da Windkraftanlagen inzwischen weit verbreitet sind, kann sich jedermann einen unmittelbaren Eindruck von den Auswirkungen der nächtlichen Beleuchtung derartiger Anlagen verschaffen; das insoweit einschlägige Erfahrungswissen kann deshalb - zumindest in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - als allgemeinkundig angesehen werden. Danach spricht nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit dafür, dass die nächtliche Befeuerung von Windkraftanlagen, die vom Wohnanwesen der Antragstellerin Abstände der hier in Mitten stehenden Art aufweisen, zu einer Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin führt. Glaubhaft erscheinen vielmehr die Ausführungen in der den Beteiligten des hiesigen Verfahrens bekannten Beschwerdeerwiderung der Landesanwaltschaft Bayern vom 27. Oktober 2015 im Parallelverfahren (22 CS 15.2247), wonach eine im Jahr 2010 von der Universität Wittenberg-Halle durchgeführte Studie ergeben hat, dass solche Hinderniskennzeichnungen keine erhebliche Belästigungswirkung auslösen und auch keine ins Gewicht fallende Blendwirkung verursachen. Hierfür spricht vor allem, dass die von der Befeuerung von Windkraftanlagen ausgehenden Lichtstrahlen dazu dienen, von Luftfahrzeugführern wahrgenommen zu werden, sie mithin nicht gezielt auf die Erdoberfläche hin ausgerichtet oder gar gebündelt sind.

2.3.7 Unter diesen Gegebenheiten fehlt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts jede Grundlage (Urteil S. 51), die Immissionen jedweder Art umfassende Gesamtbelastung der Antragstellerin einheitlich zu ermitteln und zu bewerten, zumal kein Rechtssatz eine Summation der Effekte verschiedener Immissionsarten gebietet. Dies entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B. v. 13.10.2015 - 22 ZB 15.1186 - Rn. 67 ff.) und führt daher ebenso wenig zur Annahme einer Aussicht auf Erfolg der Klage im Hauptsacheverfahren.

3. Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

4. Streitwert: § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i. V. m. Nrn. 2.2.2 und 19.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
14 
Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
14 
Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
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Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.