Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 05. Aug. 2015 - 17 K 3203/13

bei uns veröffentlicht am05.08.2015

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2013 verpflichtet, dem Kläger das von ihr zu Rechtsfragen beim Einsatz eines neuen EDV-Programmes (SAP HCM) in Auftrag gegebene Gutachten vom 23.7.2012 ungekürzt zugänglich zu machen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten Beklagten, dem Kläger Einsicht in ein auf ihren Auftrag durch eine Rechtsanwaltskanzlei erstelltes Gutachten zu gewähren.

2

Der Kläger ist Angestellter und Mitglied des Personalrats des beklagten Universitätskrankenhauses Eppendorf. Dessen Leitung hatte bei der Anwaltskanzlei X ein Gutachten zum Einsatz eines neuen EDV-Programmes, welches eine effektivere Steuerung sämtlicher personalwirtschaftlicher Abläufe gewähren sollte, in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten wurde der Beklagten unter dem Datum vom 23.7.2012 vorgelegt.

3

Mit Schreiben vom 29.1.2013 wandte sich der Kläger an den Ärztlichen Direktor der Beklagten. Er habe in der Vergangenheit als Personalrat vergeblich versucht, das genannte Gutachten zu erhalten. Zur Vermeidung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens beantrage er nunmehr nach den Vorschriften des Hamburgischen Transparenzgesetzes die Überlassung einer Kopie des vollständigen Gutachtens.

4

Mit Bescheid vom 28.2.2013 lehnte die Beklagte dieses Begehren ab. Hier sei der Ausnahmetatbestand des § 5 Nr. 5 Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG) erfüllt. Das fragliche Gutachten sei gefertigt worden, um Ablauf und Erfolgsaussichten möglicher sich aus Dienstvereinbarungen ergebender Rechtsstreitigkeiten mit dem Personalrat zu bewerten.

5

Hiergegen legte der Kläger unter dem 24.3.2013 Widerspruch ein, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

6

Mit Bescheid vom 28.6.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Gutachten betreffe die mit der Einführung des fraglichen Programms verbundenen datenschutzrechtlichen und arbeitsrechtlichen Auswirkungen. Es gehe somit um Lebenssachverhalte, die Gegenstand personalvertretungsrechtlicher Fragestellungen sein könnten. In dem Gutachten würden konkrete Empfehlungen zur Vorgehensweise bei der Einführung des Programms und zum Umgang mit dem Personalrat getroffen und festgestellt, dass es sich um einen nicht mitbestimmungspflichtigen Vorgang handele. Somit sei der Schutzbereich des § 5 Nr. 5 HmbTG berührt. Im Hinblick darauf, dass die Einführung des Vorgängerprogramms Gegenstand einer Dienstvereinbarung gewesen sei, würde eine Überlassung des Gutachtens die Verhandlungsposition des UKE gegenüber dem Betriebsrat möglicherweise schwächen. Der Grundsatz der Waffengleichheit gebiete es, auch einer auskunftspflichtigen Stelle einen Bereich zu belassen, in dem sie aufgrund objektiver und geheimer Informationen Entscheidungen treffen könne, ohne dass die von dieser Entscheidung möglicherweise betroffene andere Partei einer späteren Auseinandersetzung Gebrauch von dieser Information machen könne. Der Kläger wolle das Gutachten offensichtlich einsehen, um Abweichungen von der bisherigen Dienstvereinbarung zu prüfen. Sollten solche Abweichungen vorliegen, könne dies Gegenstand einer Auseinandersetzung, eventuell auch eines Rechtsstreits sein. Dem Anspruch stehe zudem § 7 Abs. 2 HmbTG entgegen, weil das Gutachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalte. Es habe unmittelbaren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit des UKE und erlaube Rückschlüsse auf die Mitarbeiterführung und die Personalplanungskosten. Dem Anspruch stehe zudem die Subsidiaritätsklausel in § 9 Abs. 2 HmbTG entgegen. Im Hamburgischen Personalvertretungsgesetz sei festgelegt, welche Mitbestimmungsrechte und Befugnisse dem Personalrat zukämen und zu welchen Informationen Zugang zu gewähren sei. Dies lasse den Umkehrschluss zu, dass Bereiche, die von der Information und Mitbestimmung ausgenommen seien, als nicht informationsfähig zu bewerten seien.

7

Gegen den am 23.7.2013 per Einschreiben in die Post gegebenen Bescheid erhob der Kläger am 18.8.2013 Klage. Ihm stehe ein Rechtsanspruch auf Zugang zu der begehrten Information zu.

8

Der Kläger beantragt,

9

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2013 zu verpflichten, ihm das von dieser zu Rechtsfragen beim Einsatz eines neuen EDV-Programms (SAP HCM) in Auftrag gegebene Gutachten vom 23.7.2012 ungekürzt zugänglich zu machen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie rügt die Verfristung der Klage.

13

Zudem sei die Klage unbegründet. Das Gutachten betreffe von der Informationsverschaffung gemäß § 7 Abs. 2 HmbTG ausgenommene Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten überwiege das vom Kläger geltend gemachte Informationsinteresse. Das Gutachten beinhalte Geschäftsgeheimnisse, weil Mitbewerber am Markt der stationären Krankenversorgung aus den Einsatzmöglichkeiten des Programms u.a. die personalwirtschaftliche Aufstellung der Beklagten herleiten könnten. Hierbei handele es sich um einen erheblichen Kostenfaktor im Wettbewerb. Die vollständige Offenlegung der im Gutachten enthaltenen Informationen würde Rückschlüsse auf strategische Erwägungen im Bereich der Personalkostenplanung und ihrer technischen Abwicklung erlauben. Dies seien Faktoren mit erheblicher Wettbewerbsrelevanz. Das Bekanntwerden dieser Informationen würde die Umsetzung der Maßnahme selbst in Frage stellen. Demgegenüber seien die hinter dem Begehren des Klägers stehenden Belange nicht schutzwürdig. Nach personalvertretungsrechtlichen Vorschriften stehe ihm kein Anspruch auf Offenlegung zu. Er beschreite den Weg über das Hamburgische Transparenzgesetz nur, um ihm ansonsten nicht zugängliche Informationen zu erhalten. Der Anspruch des Klägers sei zudem nach § 9 HmbTG ausgeschlossen. Der Weitergabe stehe die in § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG geregelte Verschwiegenheitspflicht der Organe der Beklagten entgegen.

14

Am 20.5.2015 hat die Kammer über den Rechtsstreit mündlich verhandelt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Im Hinblick auf eine etwaige vergleichsweise Regelung und auf die vertiefte rechtliche Prüfung einer etwaigen Einschränkung der Informationspflicht nach Maßgabe von § 9 HmbTG haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

15

Mit Schriftsatz vom 29.7.2015 hat die Beklagte ihre Rechtsauffassung, das ihr zustehende Geheimhaltungsinteresse überwiege das Informationsinteresse des Klägers, nochmals vertieft dargelegt. Müsse sie dem Kläger Zugang zu dem Gutachten gewähren, wäre nicht mehr gewährleistet, dass dessen Inhalt geheim bliebe. Es stünde dem Kläger frei, das Gutachten beispielsweise an die Betriebsräte konkurrierender Krankenhäuser weiterzuleiten. Sie, die Beklagte, habe keine rechtliche Möglichkeit, dies zu verhindern.

16

Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.

17

Der bei der Beklagten entstandene Sachvorgang ist vom Gericht beigezogen worden.

Entscheidungsgründe

I.

18

Infolge des Einverständnisses der Beteiligten ist die Kammer berechtigt, über den Rechtsstreit ohne (erneute) mündliche Verhandlung zu entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO.

II.

19

Die Verpflichtungsklage ist zulässig.

20

1.) Die Verpflichtungsklage ist statthaft. Das Begehren des Klägers ist auf den Erlass eines zuvor abgelehnten Verwaltungsaktes gerichtet, § 42 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO. Zwar ist das Zugänglichmachen der Information, § 13 Abs. 1 HmbTG, als solches ein Realakt. Doch ist die ablehnende Entscheidung eines entsprechenden Begehrens nach der gesetzlichen Regelung in § 13 Abs. 2 HmbTG als Verwaltungsakt ausgestaltet. Deshalb ist auch der actus contrarius, das Zugänglichmachen der Information, als – regelmäßig konkludent ergehende – Entscheidung über einen Einzelfall i.S. von § 35 HmbVwVfG zu bewerten.

21

2.) Ferner ist die Klagfrist, § 74 VwGO, gewahrt. Danach muss (auch) die Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Der Kläger hat diese Frist nach seinem schlüssigen Vorbringen, welches durch die in der Sachakte enthaltenen Zustellungsvermerke bestätigt wird, eingehalten. Vertiefender Ausführungen hierzu bedarf es nicht mehr, weil die Beklagte ihre diesbezüglichen Einwendungen ausdrücklich nicht mehr aufrechterhält.

III.

22

Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat das Begehren des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Dem Kläger steht nach § 1 Abs. 2 i.V.m. §§ 2 Abs. 7, 12 Abs. 1 HmbTG gegenüber der Beklagten ein gesetzlicher Anspruch darauf zu, ihm die begehrte Information zugänglich zu machen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

23

1.) Gemäß § 1 Abs. 2 HmbTG hat jede Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen.

24

a) Fraglos und unstreitig handelt es sich bei dem Gutachten um Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 HmbTG.

25

b) Die Beklagte ist als der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts auch eine auskunftspflichtige Stelle im Sinne des Hamburgischen Transparenzgesetzes, § 2 Abs. 5 Satz 1 HmbTG.

26

2.) Zur Überzeugung der Kammer ist vorliegend auch keine der in § 5 HmbTG geregelten Ausnahmen von der grundsätzlichen Informationspflicht gegeben.

27

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf den Ausnahmetatbestand des § 5 Nr. 5 HmbTG. Danach besteht eine Informationspflicht nicht für Prognosen, Bewertungen, Empfehlungen oder Anweisungen im Zusammenhang mit der gerichtlichen oder außergerichtlichen Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen. Diese Bestimmung ist nicht einschlägig. Sie dient dazu, Verlauf und Ausgang rechtsförmiger Auseinandersetzungen, welche zwischen dem Informationsanspruchsteller und der informationsverpflichteten Stelle geführt werden, nicht durch Preisgabe auf eben diese Auseinandersetzung bezogener Informationen zum Nachteil der informationsverpflichteten Stelle zu beeinflussen. Das Transparenzgesetz soll nicht als prozesstaktisches Instrument eingesetzt werden können und so den Grundsatz der Waffengleichheit, welcher in den unterstellten parallel geführten gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzungen gilt, gefährden.

28

Eine solche Konstellation liegt nicht vor. Das würde voraussetzen, dass zwischen den Beteiligten parallel zum Informationsbegehren eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung geführt wird. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut. Das Gesetz stellt ausdrücklich auf den Zusammenhang mit einer konkreten Auseinandersetzung ab. Daran fehlt es jedoch offenkundig. Wollte man, wie es die Beklagte tut, die bloße Möglichkeit eines künftigen Konflikts ausreichen lassen, würde der Anwendungsbereich dieses Ausnahmetatbestandes über den Wortlaut hinaus ausgeweitet werden. Das wäre mit dem Grundanliegen des Gesetzes, Transparenz als Strukturmerkmal staatlichen Verwaltungshandelns einzuführen (näher hierzu unten 4.) b) aa)), nicht zu vereinbaren.

29

3.) Das Gericht erkennt ferner keine Einschränkung der die Beklagte treffenden Informationspflicht nach § 9 Abs. 1 HmbTG.

30

Danach besteht eine lediglich auf die Darstellung des jeweiligen Informationsgegenstandes und ihres Titels beschränkte Informationspflicht, soweit eine Weitergabe von Informationen durch höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen verboten ist. Der von der Beklagten vertretenen Auffassung, aus den Bestimmungen des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes sowie aus der in § 6 UKEG geregelten Verschwiegenheitspflicht ergebe sich ein Informationsweitergabeverbot, vermag die Kammer nicht zu folgen.

31

Durch die Regelung wird eine bereichsspezifische Informationspflicht geschaffen, welche, dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung Rechnung tragend, verhindern soll, dass spezialgesetzlich, d.h. für spezifische Lebensbereiche geregelte Informationsweitergabeverbote durch die allgemeine Regelung des Transparenzgesetzes unterlaufen werden. Vorausgesetzt wird somit ein konkreter Wertungswiderspruch zwischen dem allgemeinen Informationsanspruch und dessen spezialgesetzlich geregelter Beschränkung. Ein solcher Widerspruch ist keiner der von der Beklagten angeführten gesetzlichen Regelungen zu entnehmen.

32

a) Ein Informationsweitergabeverbot ist hinsichtlich der geltenden personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen nicht gegeben. Der in § 78 Abs. 2 Hamburgisches Personalvertretungsgesetz (HmbPersVG) geregelte Unterrichtungs- und Informationsanspruch des Personalrats wird durch das verfahrensgegenständliche Informationsbegehren des Klägers nicht im vorstehend dargelegten Sinne ausgeweitet. Er betrifft gemäß § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG auch die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die das Überwachen des Verhaltens oder der Leistung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes ermöglichen. Dieser Mitbestimmungstatbestand würde auch die von dem streitgegenständlichen Gutachten behandelten Sachverhalte erfassen. Das ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, zwischen den Beteiligten nunmehr unstreitig und muss daher nicht weiter ausgeführt werden. Somit kann aus der gesetzlichen Ausgestaltung der Mitwirkung des Personalrates schon im Ansatz keine Einschränkung der die Beklagte grundsätzlich treffenden Informationspflicht hergeleitet werden.

33

b) Die Beklagte leitet ein spezialgesetzliches Informationsweitergabeverbot zudem aus der in § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG geregelten Verschwiegenheitspflicht her. Dem vermag sich das Gericht nicht anzuschließen.

34

Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG haben die Mitglieder der Organe der Beklagten über alle zu ihrer Kenntnis gelangenden vertraulichen Angaben über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des UKE Verschwiegenheit zu bewahren. Zwar ist ein grundsätzlich der Verschwiegenheitspflicht unterliegendes Organ der Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 UKEG auch deren Vorstand. Doch statuiert die Vorschrift kein spezialgesetzliches, mit dem allgemeinen Informationsanspruch kollidierendes Informationsweitergabeverbot der Beklagten.

35

aa) Der Normwortlaut gibt für ein solches Verständnis nichts her. Die Verschwiegenheitspflicht ist an die Mitglieder des Vorstandes der Beklagten adressiert, nicht jedoch an die Beklagte als grundsätzlich zur Information verpflichtete Stelle. Bereits deshalb wird sich aus § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG keine Einschränkung der Informationspflicht herleiten lassen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 24.5.2011 – 7 C 6/10 – juris Rn 15; a.A. wohl OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.1.15 – OVG 12 B 21.13 – juris Rn. 19).

36

bb) Dies Normverständnis wird durch Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Die fragliche Bestimmung soll die Funktionsfähigkeit der Führung und der Verwaltung der Beklagten dadurch gewährleisten, dass die arbeitsvertragliche Loyalitätspflicht ihrer leitenden Funktionäre durch eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht bekräftigt wird. Erfasst wird damit eine spezifische Form illoyalen Verhaltens der von der Regelung betroffenen Funktionsträger gegenüber der Beklagten, nämlich die unbefugte Preisgabe ihrem Wesen nach geheimer Informationen, die sie infolge ihrer Organzugehörigkeit erlangt haben. Die Vorschrift bezweckt jedoch nicht, es der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts generell zu verbieten, Informationsansprüche nach Maßgabe des allgemeinen Transparenzgesetzes und der in ihm geregelten Beschränkungen für den Geheimnisschutz zu erfüllen.

37

Die im o.g. Sinne funktionsbezogene Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder der Organe der Beklagten kann mithin weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck der Norm als spezialgesetzliche Anordnung eines umfassenden Geheimnisschutzes bewertet werden. Es verbleibt daher bei der Ausgestaltung des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch das Hamburgische Transparenzgesetz selbst.

38

4.) Doch auch die Ausgestaltung des Geheimnisschutzes in § 7 HmbTG steht dem Informationsanspruch des Klägers nicht entgegen. Das Gericht vermag bereits nicht zu erkennen, dass das streitgegenständliche Gutachten überhaupt die gesetzlichen Voraussetzungen für ein schutzwürdiges Geheimnis, § 7 Abs. 1 HmbTG, erfüllt. Jedenfalls aber geht die gemäß § 7 Abs. 2 HmbTG vorzunehmende Abwägung zugunsten des vom Kläger geltend gemachten Informationsinteresses aus.

39

a) Aus Sicht der Kammer enthält das streitgegenständliche Gutachten keine schutzwürdigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beklagten. Dies sind gemäß § 7 Abs. Satz 1 HmbTG alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.

40

aa) Allerdings wird nicht zu bezweifeln sein, dass das Gutachten jedenfalls Bewertungen, Einschätzungen und Empfehlungen der Gutachtenerstatter enthält, die nicht offenkundig, sondern nur einem Organ der Beklagten, dem Vorstand, und damit einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind. Solche Bewertungen, Einschätzungen und Empfehlungen werden unter die Tatbestandsmerkmale „Umstände und Vorgänge“ zu fassen sein, die dazu dienen, den Geheimnisschutz auf über dem Beweis zugängliche Tatsachen hinaus zu erweitern.

41

bb) Für nicht erwiesen hält es die Kammer indes, ob die Beklagte, wie von § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 HmbTG weiterhin gefordert, ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung dieser Bewertungen und Einschätzungen hat.

42

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 HmbTG liegt ein berechtigtes Interesse vor, wenn das Bekanntwerden einer Tatsache geeignet ist, die Wettbewerbsposition eines Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern oder wenn es geeignet ist, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Weil schutzwürdige Geheimnisse von der allgemeinen Informationspflicht ausgenommen sind, § 7 Abs. 3 Satz 3 HmbTG, obliegt es der informationsverpflichteten Stelle das Vorliegen dieser Voraussetzungen plausibel darzulegen (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 2 HmbTG).

43

Die Beklagte hat das Gericht mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen nicht überzeugt. Sie macht insoweit nicht geltend, dass konkrete Tatsachen, die sich ggfs. unkenntlich machen oder abtrennen ließen (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 3 HmbTG) geheimhaltungsbedürftig seien. Vielmehr soll, so kann das Vorbringen der Beklagten nur verstanden werden, dies auf das Gutachten insgesamt zutreffen, weil sich aus den hierin vorgenommenen Bewertungen, Einschätzungen und Empfehlungen in ihrer untrennbaren Gesamtheit „Rückschlüsse“ auf ihre künftige personalwirtschaftliche Strategie und Aufstellung ergäben. Dies sei im Wettbewerb ein relevanter Kostenfaktor, dessen Bekanntwerden geeignet sei, ihre, der Beklagten, Wettbewerbsposition zu schmälern.

44

(1.) Zwar wird sich ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten nicht bereits unter Hinweis auf den Normwortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 HmbTG, der ausdrücklich (nur) auf Tatsachen abstellt, verneinen lassen. Man wird hierin eine redaktionelle Unschärfe des Gesetzes zu sehen und die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes des berechtigten Interesses auf „Umstände und Vorgänge“, welche nach § 7 Abs. 1 neben Tatsachen ebenfalls „geheimnisfähig“ sind, zu erstrecken haben.

45

(2.) Doch kann die Kammer dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, inwiefern ein berechtigtes Interesse daran bestehen sollte, das Gutachten insgesamt geheim zu halten.

46

Es ist davon auszugehen, dass die in dem Gutachten getroffenen Bewertungen und Einschätzungen sich auf die spezifischen Verhältnisse und Strukturen der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts beziehen. Diese dürften jedoch schwerlich mit denen eines privatrechtlich organisierten Wettbewerbers am regionalen Markt der stationären Krankenversorgung vergleichbar sein. Die Beklagte erfüllt gemäß § 2 UKEG hoch komplexe Aufgaben, nämlich neben der eigentlichen Krankenversorgung noch medizinwissenschaftliche Forschung und Lehre. Auch im Rahmen der Versorgung der Bevölkerung mit eigentlichen Krankenhausleistungen bleibt es bei der Verzahnung mit Aufgaben der Forschung, Lehre und Ausbildung (vgl. § 2 Abs. 2 UKEG). Es ist angesichts dieser singulären Stellung und Ausstattung dem pauschalen Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen, inwiefern in dem Gutachten verallgemeinerungsfähige Erkenntnisse (Bewertungen, Einschätzungen und Empfehlungen) enthalten sein könnten, die beim Bekanntwerden zum Vorteil der Mitbewerber bzw. zum Nachteil der Beklagten gereichen würden.

47

(3.) Zusätzliche Zweifel am Bestehen eines berechtigten Interesses der Beklagten an der Geheimhaltung des Gutachtens ergeben sich ferner aus der Erwägung, dass die Erfüllung des Informationsanspruches gegenüber dem Kläger schwerlich mit einem Bekanntwerden im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 HmbTG gleichgesetzt werden kann.

48

Dies wird freilich für den Regelfall der Erfüllung einer Informationspflicht anzunehmen sein, weil damit die grundsätzlich informationsverpflichtete Stelle die ihrem Wesen nach geheime Information gleichsam aus der Hand gegeben hat und von ihr weder kontrollierbar noch überschaubar ist, welchen Gebrauch der jeweilige Anspruchsteller davon macht. Doch sind die Verhältnisse hier besonders gelagert. Der Kläger ist der Beklagten nämlich auf doppelte Weise verbunden. Zum einen ist dies infolge seiner rechtlichen Sonderverbindung mit der Beklagten als Angestellter der Fall. Hieraus ergibt sich in Bezug auf die ausschließlich ökonomische Prägung des berechtigten Interesses in § 7 Abs. 1 Satz 2 HmbTG eine Interessenkoinzidenz. Seine berufliche Existenz und sein wirtschaftliches Auskommen hängen davon ab, dass die Beklagte gegenüber den konkurrierenden Einrichtungen keine konkreten oder strukturellen ökonomischen Nachteile erfährt. Zum anderen ist der Kläger als Personalrat spezifisch funktionaler Teil der Beklagten. Hieraus erwächst diesbezüglich eine gesteigerte Verantwortung insofern, als das vorerwähnte Interesse sich nicht nur auf seine individuelle wirtschaftliche Position, sondern auf die der Arbeitnehmer insgesamt bezieht. Dies lässt es als fernliegend, zumindest jedoch als höchst zweifelhaft erscheinen, ob die Erfüllung der Informationspflicht vorliegend mit einem „Bekanntwerden“ etwaiger Geheimnisse gleichzusetzen ist.

49

b) Doch selbst wenn man der Beklagten trotz ihres wenig substantiierten Vorbringens ein grundsätzlich berechtigtes Geheimhaltungsinteresse zusprechen wollte, würde die gemäß § 7 Abs. 2 HmbTG vorzunehmende Abwägung zugunsten des vom Kläger vertretenen Informationsinteresses ausgehen.

50

Gemäß § 7 Abs. 2 HmbTG besteht auch bei Vorliegen eines schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses kein absolutes Informationsverbot. Vielmehr knüpft das Gesetz die Erfüllung des Informationsanspruches, selbst wenn ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt, an dessen Nichtbekanntwerden ein grundsätzlich berechtigtes Interesse der informationsverpflichteten Stelle besteht, an eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und dem Geheimhaltungsinteresse im Einzelfall. Für den Anspruch des Klägers streitet neben dem hohen Wert des mit dem Informationsanspruch einhergehenden Transparenzgebotes sein konkretes Informationsinteresse. Dem Geheimhaltungsinteresse der Beklagten kommt ein nicht annähernd gleiches Gewicht zu.

51

aa) In die nach § 7 Abs. 2 HmbTG vorzunehmende Abwägung ist zugunsten des Klägers zunächst einzustellen, dass der gesetzliche Informationsanspruch an sich einen hohen Wert hat. Das Gesetz bezweckt die Herstellung umfassender Transparenz des Verwaltungshandelns, um die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen, § 1 Abs. 1 HmbTG. Transparenz ist damit als Strukturmerkmal staatlichen Handelns definiert, welches der Emanzipation des Bürgers vom bloßen Gewaltunterworfenen zum durch Information mündigen Partner der Verwaltung dient. Durch die Informationspflicht wird strukturell die Erklärungs- und Rechtfertigungspflicht staatlicher Stellen für hoheitliche Maßnahmen erhöht. Der Prozess demokratischer Willensbildung wird belebt, demokratische Teilhabe wird verbessert und insgesamt wird der von der Verfassung gewollte demokratische Rechtsstaat durch einen weiteren wesentlichen Schritt vom Obrigkeitsstaat abgegrenzt.

52

bb) Der geltend gemachte Anspruch erhält zusätzliches Gewicht durch das konkrete Informationsinteresse des Klägers. Zwar besteht der hohe Rang des Informationsanspruches unabhängig von dem ihm regelmäßig konkret zugrunde liegenden Informationsinteresse des informationsbegehrenden Bürgers. Dieses muss er wohlweißlich nicht darlegen, weil hierdurch die vom Gesetz gewollte „Kultur der Transparenz“ von vornherein durch Nachweislasten des Anspruchstellers eingeschränkt würde. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein solches Informationsinteresse, wenn es sich aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ergibt oder vom Anspruchsteller konkret benannt wird, nicht in die gemäß § 7 Abs. 2 HmbTG vorzunehmende Abwägung einzustellen wäre. Denn das Gesetz belässt es nicht etwa bei einer Abwägung zwischen dem „Informationsanspruch“ und dem Geheimhaltungsinteresse, sondern stellt ausdrücklich auf das Informationsinteresse ab und bezieht daher die vorgenannten Umstände ein. Ins Gewicht fällt daher, dass der Kläger sein Informationsinteresse unmissverständlich bezeichnet hat. Dieses Interesse ist legitim und von der Rechtsordnung ausweislich der Ausgestaltung der betrieblichen Mitbestimmung positiv bewertet. Insgesamt überwiegt dieses das Begehren des Klägers stützende Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten annimmt, bestimmte Wertungen und Einschätzungen in dem Gutachten könnten grundsätzlich überhaupt geeignet sein, deren ökonomische Belange zu beeinträchtigen, vermag das Gericht jedenfalls nichts für eine schwerwiegende oder gar nachhaltige ökonomische Beeinträchtigung zu erkennen. Vielmehr lassen die sehr abstrakten Ausführungen der Beklagten dies als eher fernliegend erscheinen. Hinzu kommt, dass die Beklagte im Wettbewerb mit den privatrechtlich organisierten Erbringern von Krankenhausleistungen ohnehin eine ökonomisch gleichsam unerschütterliche Position besitzt. Sie ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert und wird wirtschaftlich von der Freien und Hansestadt Hamburg getragen (vgl. § 3 UKEG). Selbst wenn die privatrechtlich organisierten Konkurrenten der Beklagten messbar von durch die Bekanntgabe der in Rede stehenden Einschätzungen und Bewertungen in dem Gutachten profitieren sollten, kann jedenfalls eine ins Gewicht fallende Verschlechterung der Situation der Beklagten nicht ansatzweise erkannt werden.

IV.

53

Als unterlegener Teil hat die Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die sonstigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 05. Aug. 2015 - 17 K 3203/13

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 05. Aug. 2015 - 17 K 3203/13 zitiert 9 §§.

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Informationsbegehrens über meldepflichtige Beteiligungen an einem Unternehmen.

2

Die Klägerin hält Aktien der A. Diese Gesellschaft hat ihren Sitz in I. Ihre Wertpapiere sind erstmals im Februar 2000 am organisierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen worden; über weitere Zulassungen in einem Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) verfügt sie nicht.

3

Mit Schreiben vom 5. Mai 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz u.a. darüber, ob der Beklagten die Überschreitung der in § 21 Abs. 1 WpHG genannten Schwellenwerte durch die A. mitgeteilt worden sei und welche anderen meldepflichtigen Beteiligungen an der A. seit dem 1. Januar 2007 gemeldet worden seien. Mit Bescheid vom 10. September 2008 teilte die Beklagte mit, dass das Überschreiten der in § 21 Abs. 1 WpHG genannten Schwellen durch die R. nicht mitgeteilt worden sei. Meldepflichtige Beteiligungen an der A. existierten nicht, da sie kein Emittent mit Herkunftsstaat Deutschland sei. Stimmrechtsmitteilungen seien jedoch von der Klägerin und der S. abgegeben worden. Ferner habe eine weitere Person eine Stimmrechtsmitteilung abgegeben; sie habe jedoch der Weitergabe der Information nicht zugestimmt. Insoweit sei wegen des entgegenstehenden schutzwürdigen Interesses des Dritten der Antrag abzulehnen.

4

Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und zunächst beantragt, die Beklagte zur uneingeschränkten Auskunftserteilung über alle Beteiligungen an der A., die der Beklagten gemäß § 21 Abs. 1 WpHG mitgeteilt worden seien, zu verpflichten. Nachdem die Beklagte diesem Begehren im Anschluss an die von dem betreffenden Anteilseigner erteilte Zustimmung zur Weitergabe der Information entsprochen hatte, hat die Klägerin einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt. Mit Urteil vom 26. März 2010 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Verweigerung der Auskunft rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei angesichts einer konkreten Wiederholungsgefahr zulässig; sie sei auch begründet. Die Beklagte habe den Informationszugang zu Unrecht verweigert. Dem Informationszugang stehe der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG nicht entgegen. Auch der Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 4 IFG liege nicht vor. Die Beklagte habe sich auf die in § 8 Abs. 1 WpHG geregelte Verschwiegenheitspflicht, die sich auch an diese selbst richte, nicht berufen können. Die A. unterliege als Emittent mit dem Herkunftsstaat Deutschland den Meldepflichten nach § 21 Abs. 1 WpHG und den daraus folgenden Veröffentlichungspflichten gemäß § 26 Abs. 1 WpHG. Die begehrte Information sei demnach objektiv nicht geeignet, Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht zu sein. Nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. b WpHG sei für einen Drittstaatemittenten wie die A. Deutschland Herkunftsstaat, wenn er verpflichtet sei, ein jährliches Dokument im Sinne von § 10 WpPG bei der Beklagten als der zuständigen Behörde des Herkunftsstaats im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes zu hinterlegen. § 2 Nr. 13 Buchst. c WpPG räume dem Drittstaatemittenten insoweit die Wahlmöglichkeit ein zwischen dem Staat, in dem die Wertpapiere erstmals öffentlich angeboten werden sollten, und dem Staat, in dem der erste Antrag auf Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt gestellt werde. Nach der hier einschlägigen Übergangsvorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG habe die A. als Altemittent, deren Wertpapiere bereits vor der Novellierung des Wertpapierprospektgesetzes zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen seien, kein Wahlrecht. Der Wortlaut der Bestimmung sei sowohl offen für die Auslegung im Sinne einer Wahlausübungspflicht als auch im Sinne einer Wahlfreiheit des Drittstaatemittenten. Ausschlaggebend sei der mit der Transparenzrichtlinie und der Prospektrichtlinie verfolgte Zweck. Danach sollten im Interesse des Anlegerschutzes für alle Emittenten von Wertpapieren an einem organisierten Markt der EU oder des EWR die gesetzlichen Regeln lückenlos gelten. Nach Verstreichen der in § 31 Abs. 1 WpPG genannten Stichtage sollten Altemittenten keinen Sonderregeln unterfallen. Die A. hätte danach nach dem 31. Dezember 2005 ihre Wahlpflicht ausüben müssen. Auf die Ausschlussgründe nach §§ 5 und 6 IFG könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Bestimmungen des Kapitalmarktrechts den Schutz der dort genannten Rechtsgüter zurücktreten ließen. Schließlich stehe auch § 9 Abs. 3 IFG dem Informationsbegehren nicht entgegen. Denn nach der Rechtsauffassung der Beklagten müsse die A. gerade nicht die Handlungen vornehmen, die Dritten die Informationsbeschaffung aus allgemeinen zugänglichen Quellen ermöglichten.

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Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen und mit Zustimmung der Klägerin eingelegten Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt zur Begründung vor:

6

Die begehrte Auskunft werde von der Verschwiegenheitspflicht erfasst, denn die A. unterliege nicht den Publizitätspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz. Deutschland sei nicht deren Herkunftsstaat im Sinne von § 2 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. b WpHG, der insoweit über § 10 WpPG - im Wege einer einschränkenden Auslegung dieser Vorschrift - auf die prospektrechtliche Bestimmung des Herkunftsstaats verweise. Die Vorschrift des § 2 Nr. 13 Buchst. c WpPG, die eine Wahlmöglichkeit des Emittenten vorsehe, sei nicht anwendbar. Sie sei nämlich zukunftsgerichtet und beziehe sich nur auf Sachverhalte nach Inkrafttreten des Wertpapierprospektgesetzes. Für Drittstaatemittenten, deren Wertpapiere bereits, d.h. vor Inkrafttreten des Wertpapierprospektgesetzes, an einem organisierten Markt zugelassen seien, gelte die Übergangsregelung des § 31 Abs. 1 WpPG; einschlägig sei hier § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG. Danach erfolge die Bestimmung des Herkunftsstaates in zwei Schritten, nämlich der möglichen Wahl und der Mitteilung dieser Wahl an die Beklagte. Für die Annahme einer Wahlpflicht gebe auch der Text der Prospektrichtlinie nichts her. Vielmehr solle der Emittent, der vor dem Erlass der gesetzlichen Regelung tätig geworden sei, es selbst in der Hand halten, welchem nationalen Regelungsregime er unterfallen wolle. Dies gelte insbesondere dann, wenn seine Wertpapiere an mehreren Märkten zugelassen seien. Demgegenüber verfügten die zuständigen Aufsichtsbehörden nicht über die erforderlichen Daten, um zuverlässig bestimmen zu können, unter welche Jurisdiktion ein Drittstaatemittent falle. So habe die Beklagte schon aufgrund der gesetzlichen Regelung des Verfahrens der Marktzulassung keinen Datenbestand zur Erstzulassung. Aber auch bei Annahme einer Wahlpflicht bleibe festzuhalten, dass die A. bis zum 31. Dezember 2005 weder eine Wahl ausgeübt, noch diese der Beklagten mitgeteilt habe. Für diesen Fall fehle es an einer gesetzlichen Regelung. Diese Regelungslücke könne nicht durch einen Rückgriff auf § 2 Nr. 13 Buchst. c WpPG geschlossen werden. Die Wahl sei auch nicht deswegen entbehrlich, weil die Wertpapiere der A. allein in Deutschland zum Handel zugelassen seien. Eine teleologische Reduktion der Norm komme einer Fiktion gleich. Diese könne auch in der Praxis nicht angewandt werden, da sich die Anzahl der Handelsplätze nicht abschließend für jeden Emittenten feststellen lasse. Im Interesse der Rechtsklarheit sei es nicht angezeigt, nur eine der möglichen Fallkonstellationen durch eine richterliche Fiktion zu schließen. Vielmehr sei die - wünschenswerte - Beseitigung der Regelungslücke insgesamt Aufgabe des Gesetzgebers. Eine konkludente Wahl durch Veröffentlichung eines jährlichen Dokuments im Sinne des § 10 WpPG sei abzulehnen.

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Das Urteil verletze des Weiteren den Vorbehalt des Gesetzes nach Art. 20 Abs. 3 GG. Weder § 2 Nr. 13 Buchst. c noch § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG könnten im Wege der Auslegung auf den vorliegenden Fall angewandt werden; der Wortlaut als Grenze der Auslegung wäre jeweils überschritten. Auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung lägen nicht vor. Eine planwidrige Regelungslücke sei nicht gegeben; denn der nationale Gesetzgeber habe nur die im europäischen Recht verankerte Lücke übernommen. Des Weiteren sei im Rahmen der Eingriffsverwaltung eine Analogie unzulässig. Mit der verfassungsrechtlich nicht vertretbaren Rechtsfortbildung verletze das Verwaltungsgericht durch die Einwirkung auf die Verwaltungspraxis der Beklagten das Grundrecht der Anteilseigner auf informationelle Selbstbestimmung. Schließlich verstoße die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts auch gegen das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz der Verhaltenssicherheit aus Art. 103 Abs. 2 GG, denn die bußgeldgeldrechtliche Blankettvorschrift des § 39 WpHG beziehe sich auch auf §§ 21 ff. WpHG.

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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

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Die Revision der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht und Zustimmung durch die Klägerin nach § 134 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil festgestellt, dass die Verweigerung der begehrten Auskunft über alle Stimmrechtsmitteilungen rechtswidrig war.

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Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig; gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr als Grundlage des Fortsetzungsfeststellungsinteresses ist nichts zu erinnern. Die Klage ist auch begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des geltend gemachten Informationsanspruchs bejaht.

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1. Nach § 1 Abs. 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Klägerin ist anspruchsberechtigt. Jeder im Sinne der genannten Vorschrift ist nicht nur die natürliche, sondern auch die juristische Person; dabei ist unbeachtlich, dass es sich bei der Klägerin um eine juristische Person mit Sitz im Ausland handelt (siehe Schoch, IFG, Kommentar, 2009, § 1 Rn. 46). Die Beklagte ist als Behörde des Bundes anspruchsverpflichtet. Bei den Stimmrechtsmitteilungen handelt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne von § 2 Nr. 1 IFG. Die Ausnahmevorschriften nach §§ 3 ff. IFG stehen dem Anspruch nicht entgegen.

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2. Der Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG greift nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden. Zwar ist die Beklagte eine Finanzbehörde im Sinne dieser Vorschrift. Hierzu zählt jede Behörde im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums. Nichts anderes folgt aus der Begründung des Gesetzentwurfs, wo lediglich die Steuerbehörden aufgeführt sind; denn diese Erwähnung ist angesichts des weiten Wortlauts des Gesetzes nur beispielhaft (vgl. Schoch, VBlBW 2010, 333 <340>; VGH Kassel, Beschluss vom 24. März 2010 - 6 A 1832/09 - NVwZ 2010, 1112 = m.w.N.; a.A. Gurlit, WM 2009, 773 <776>). Allein diese Feststellung steht dem Informationsanspruch allerdings nicht entgegen. Denn anders als in § 3 Nr. 8 IFG ist eine umfassende Bereichsausnahme für die genannten Behörden nicht normiert (vgl. Schoch, IFG, Kommentar, 2009, Rn. 34 ff. vor § 3; § 3 Rn. 39). Ein Vorschlag zur Einführung eines ausdrücklichen Ausschlusses des Informationszugangs, soweit die Beklagte aufgrund von Gesetzen Aufgaben der Finanz-, Wertpapier- und Versicherungsaufsicht wahrnimmt, hat im Jahr 2009 im Gesetzgebungsverfahren keine Zustimmung gefunden (siehe dazu Tolkmitt/Schomerus, NVwZ 2009, 568 <570>; Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit - BfDI -, Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2008 und 2009, BTDrucks 17/1350, S. 28 f.). Deswegen verbietet sich auch die Annahme, dass jedenfalls das konkrete Aufgabenfeld der Wertpapieraufsicht generell die Verweigerung des Informationszugangs rechtfertigt; denn es lässt sich nicht pauschal feststellen, dass das Bekanntwerden diesbezüglicher Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Tätigkeit der Beklagten haben kann (vgl. Samm, in: Beck/Samm/Kokemoor, Gesetz über das Kreditwesen, § 9 Rn. 99 ff. m.w.N.). Vielmehr lässt sich das nur bezogen auf den jeweiligen Sachbereich und Regelungskontext beurteilen, in dem die Information steht. Hinsichtlich der hier streitigen Stimmrechtsmitteilungen fehlt es jedenfalls an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass die Aufsichtstätigkeit der Beklagten beeinträchtigt werden könnte.

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3. § 3 Nr. 4 IFG schließt den Informationszugang ebenso wenig aus. Danach besteht der Anspruch nicht, wenn die begehrte Information einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Mit dieser Bezugnahme auf die jeweils einschlägigen Spezialvorschriften wird der Geheimnisschutz bereichsspezifisch ausgestaltet (BTDrucks 15/4493, S. 11). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs gehört zu den spezialgesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften der dort durch die Erwähnung des Kreditwesengesetzes ausdrücklich angesprochene § 9 KWG; für die nahezu wortgleiche Bestimmung des § 8 des Gesetzes über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz - WpHG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2708) mit späteren Änderungen kann dann nichts anderes gelten (so insbesondere VG Frankfurt, Urteile vom 23. Januar 2008 - 7 E 3280/06 (V) - NVwZ 2008, 1384 = und vom 12. März 2008 - 7 E 5426/06 - ZIP 2008, 2138 = ; im Anschluss daran VGH Kassel, Beschluss vom 24. März 2010 - 6 A 1832/09 - NVwZ 2010, 1112 = ).

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Diese rechtliche Einordnung steht nicht im Widerspruch zum Regelungsziel des Gesetzgebers, wonach aus der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit ein Amtsgeheimnis nicht folgt, weil das Informationsfreiheitsgesetz ansonsten leerliefe (vgl. BTDrucks 15/4493, S. 13 zu § 5 Abs. 2; so aber insbesondere BfDI, BTDrucks 17/1350, S. 86 sowie S. 58 f.; auch Schoch, VBlBW 2010, 333 <340>). Denn die genannten Regelungen unterscheiden sich von der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und gehen über sie hinaus, indem sie nach materiellen Kriterien umschriebene Informationen einem besonderen Schutz unterstellen (vgl. Gurlit, WM 2009, 773 <777>). Ob allerdings die Tatsache, dass die Pflicht zur Dienstverschwiegenheit an den einzelnen Bediensteten adressiert ist, während sich der Informationsanspruch an die Beklagte selbst richtet, eine Deutung der Verschwiegenheitspflicht als spezialgesetzliche Anordnung des Geheimnisschutzes nahelegt (so Schoch, a.a.O. <340>; zur Adressateneigenschaft der Beklagten siehe Beck, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl. 2010, § 8 WpHG Rn. 4), kann dahinstehen. Denn Art und Umfang der Beschränkung des Informationszugangs richten sich jedenfalls nach den einschlägigen Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes über den Schutz geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen. Diese schließen die Auskunft über die Stimmrechtsmitteilungen nicht aus.

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a) § 8 Abs. 1 Satz 1 WpHG verbietet die unbefugte Offenbarung von Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt; hierzu gehören insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten. Die wirtschaftlichen Verhältnisse einer natürlichen Person gehören grundsätzlich zu den schutzwürdigen personenbezogenen Daten. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge zu verstehen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 7 C 18.08 - Buchholz 406.252 § 9 UIG Nr. 1 im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087, 2111/03 - BVerfGE 115, 205 <230 f.>). Die streitigen Informationen über die Höhe der von einem Unternehmen oder einer natürlichen Person gehaltenen Stimmrechtsanteile an einer Kapitalgesellschaft erfüllen diese Voraussetzungen aber jedenfalls dann nicht mehr, wenn sie Gegenstand einer kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungspflicht sind, die im Falle ihrer Nichterfüllung im Wege der Ersatzvornahme durchgesetzt werden kann (§ 4 Abs. 6 WpHG). Denn damit legt die Rechtsordnung fest, dass ein Interesse an der Nichtverbreitung der Information gerade nicht mehr als berechtigt angesehen wird (vgl. etwa Möllers/Wenninger, ZHR 170 <2006> 455 <468>; Gurlit, WM 2009, 773 <777 f.>; Samm, a.a.O. § 9 Rn. 114>).

17

Die Pflicht zur Veröffentlichung der Stimmrechtsmeldungen folgt aus § 21 Abs. 1 und § 26 Abs. 1 WpHG. Stimmrechtsmeldungen bei Erreichen, Über- oder Unterschreiten bestimmter Schwellenwerte müssen der emittierenden Gesellschaft und der Beklagten gegenüber abgegeben werden, wenn der betreffende Emittent Deutschland als Herkunftsstaat hat (§ 2 Abs. 6 WpHG). Die hierauf aufbauende Veröffentlichungspflicht trifft die Kapitalgesellschaft, wenn sie Inlandsemittent im Sinne von § 2 Abs. 7 WpHG ist. Dieser Begriff knüpft an den Begriff des Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland an, modifiziert ihn jedoch. So sind nach § 2 Abs. 7 Nr. 1 WpHG solche Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland ausgenommen, deren Wertpapiere nur in einem anderen EU/EWR-Staat, nicht aber in Deutschland zum Handel zugelassen sind, soweit sie Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten unterliegen, die mit denen in Deutschland vergleichbar sind.

18

b) Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die A. ein Emittent mit Herkunftsstaat Deutschland ist; sie ist auch Inlandsemittent, da ein Sonderfall, nach denen beide Einstufungen nicht deckungsgleich sind, nicht gegeben ist.

19

Die A. ist Aktienemittent mit satzungsrechtlichem Sitz in I. Als sogenannter Drittstaatemittent, dessen Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, hat sie gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. b WpHG Deutschland als Herkunftsstaat, wenn das jährliche Dokument im Sinne des § 10 des Gesetzes über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist (Wertpapierprospektgesetz - WpPG) vom 22. Juni 2005 (BGBl I S. 1698) bei der Beklagten zu hinterlegen ist. Mit diesem Verweis nimmt das Wertpapierhandelsgesetz auf die Bestimmung des Herkunftsstaats nach den prospektrechtlichen Vorschriften Bezug. § 10 WpPG benennt zwar als Adressaten der Verpflichtung zur Vorlage des Dokuments ohne nähere Umschreibung den Emittenten, dessen Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Aus den Bestimmungen der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 345/64 vom 31. Dezember 2003) - Prospektrichtlinie -, deren Umsetzung das Wertpapierprospektgesetz dient, folgt indessen die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie nimmt mit dem Begriff des "geregelten Markts" nur auf im EWR angesiedelte Börsen Bezug. Aus Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie sowie Art. 27 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die im Prospekt enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung (ABl. L 215 vom 16. Juni 2004) - Prospektverordnung - ergibt sich des Weiteren, dass § 10 WpPG sich nur auf solche Emittenten bezieht, deren Herkunftsstaat Deutschland ist (einhellige Ansicht, vgl. etwa Götze, NZG 2007, 570 f.; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, a.a.O. § 10 WpPG Rn. 11; sowie BaFin, Häufig gestellte Fragen zum jährlichen Dokument, I.3.). Das wiederum richtet sich nach § 2 Nr. 13 WpPG sowie der hierauf bezogenen Übergangsvorschrift des § 31 Abs. 1 WpPG.

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c) Hat der Emittent von Aktien seinen Sitz in einem Drittstaat, kann gemäß § 2 Nr. 13 Buchst. c WpPG der Herkunftsstaat vom Emittenten, vom Anbieter oder vom Zulassungsantragsteller gewählt werden. Zur Auswahl stehen entweder der EU- oder EWR-Staat, in dem die Wertpapiere erstmals öffentlich angeboten werden sollen, oder der EU- oder EWR-Staat, in dem der erste Antrag auf Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt gestellt wird. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist im vorliegenden Fall aber nicht eröffnet. Denn sie greift nur dann, wenn das erste öffentliche Angebot bzw. der erste Zulassungsantrag nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2005 erfolgt.

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Für frühere Sachverhalte gilt die Übergangsvorschrift des § 31 Abs. 1 WpPG. Mit der Verwendung des Wortes "bereits" stellt § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG - in gleicher Weise wie die ausdrückliche Regelung in § 31 Abs. 1 Satz 2 WpPG - auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Wertpapierprospektgesetzes ab. § 31 Abs. 1 Satz 2 WpPG legt - ohne Wahlrecht - Deutschland als Herkunftsstaat fest, soweit Drittstaatemittenten im Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 1. Juli 2005, d.h. nach Inkrafttreten der Prospektrichtlinie (siehe Art. 32), innerhalb von EU und EWR erstmals in Deutschland Wertpapiere öffentlich angeboten haben oder der erste Antrag auf Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem in der EU oder EWR gelegenen organisierten Markt in Deutschland gestellt wurde. Da die A. demgegenüber schon im Februar 2000 an der Frankfurter Wertpapierbörse zum Handel zugelassen worden ist, findet hier § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG Anwendung. Danach können Drittstaatemittenten, deren Wertpapiere bereits zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, die Bundesanstalt als für sie zuständige Behörde im Sinne des § 2 Nr. 13 Buchst. c WpPG wählen und haben dies der Bundesanstalt bis zum 31. Dezember 2005 mitzuteilen. Die Vorschrift spricht zwar - ebenso wie die entsprechende Bestimmung des Art. 30 Abs. 1 der Prospektrichtlinie - von der Wahl der zuständigen Behörde; die Bezugnahme auf § 2 Nr. 13 Buchst. c WpPG - bzw. Art. 2 Abs. 1 Buchst. m) Ziff. iii) der Richtlinie - macht aber deutlich, dass damit lediglich die Folge aus der in der genannten Vorschrift geregelten Wahl des Herkunftsstaats herausgestellt wird (so auch BTDrucks 15/4999, S. 10). Zur Auswahl stehen dabei die EU- oder EWR-Staaten, in denen die Wertpapiere an einem regulierten Markt zugelassen sind.

22

aa) Eine Wahl im Sinne einer willentlichen Bestimmung des Herkunftsstaats setzt eine Auswahlmöglichkeit voraus. Fehlt es daran, ist sie entbehrlich.

23

Eine Auswahl zwischen mehreren potentiellen Herkunftsstaaten kann der Emittent angesichts des hierfür maßgeblichen Anknüpfungspunkts nur dann treffen, wenn eine Zulassung in mehreren EU-/EWR-Staaten besteht. Beschränkt sich die Zulassung indessen - wie hier - auf lediglich einen Staat, ist für eine Wahl kein Raum. Die Bestimmung des Herkunftsstaats richtet sich dann allein nach den objektiven Umständen (vgl. Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, a.a.O. § 31 WpPG Rn. 6).

24

Insoweit gilt nichts anderes als bei der Regelung des § 2 Nr. 13 Buchst. c WpPG. Dort ist die (Aus)Wahlmöglichkeit auf eine Alternative reduziert: Der Emittent kann entweder das Land des ersten Angebots oder das der ersten Zulassung als Herkunftsstaat bestimmen. Sind die beiden identisch, erübrigt sich eine Wahl. Das ist die zwingende Konsequenz einer Regelung, die für die zur Auswahl stehenden Staaten zwei Anknüpfungspunkte benennt, die sich nicht zwingend unterscheiden müssen, sondern die sich decken können (vgl. auch Zickler/von Falkenhausen, BB 2009, 1994).

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Einer solchen am Regelungszweck ausgerichteten teleologischen Auslegung steht der Wortlaut der Norm nicht entgegen. Aus diesem folgt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass von der Bestimmung eines Herkunftsstaats erst dann ausgegangen werden kann, wenn der Emittent von der ihm in einer solchen Situation eröffneten lediglich formalen Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht hat. Die Formulierung, wonach die Drittstaatemittenten die Bundesanstalt als zuständige Behörde wählen können, ist nicht so zu verstehen, dass diesen eine bloße Option eingeräumt ist, die es ihnen freistellt, einen Herkunftsstaat zu bestimmen oder nicht. Das ergibt sich aus der hier erforderlichen richtlinienkonformen Auslegung. Dabei ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich auf den Wortlaut der Richtlinie in der deutschen Fassung abzustellen. Vielmehr ist die maßgebliche Bedeutung der Richtlinie grundsätzlich einer vergleichenden Betrachtung ihrer Fassungen in allen Amtssprachen der EU zu entnehmen (siehe etwa Weiler, ZEuP 2010, 861 <866 f.> m.w.N.). Wenn auch eine dermaßen umfassende Analyse in der Praxis schwerlich geleistet werden kann, so zeigt aber bereits der Blick in die französische, englische, spanische und italienische Fassung der Übergangsvorschrift des Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie, dass dort jeweils auf ein Hilfsverb, das auf eine bloße Handlungsmöglichkeit hindeutet, verzichtet und somit allein auf den Vorgang der Wahl bzw. der Bezeichnung des Herkunftsstaats abgestellt wird (choisissent; shall choose, designarán; scelgono). Vor diesem Hintergrund kann der Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG nicht zum Beleg dafür herangezogen werden, dass der Gesetzgeber die Bestimmung eines Herkunftsstaats in das Belieben des Drittstaatemittenten gestellt habe.

26

Die Auslegung der Übergangsvorschrift in dem Sinne, dass in der gegebenen Fallkonstellation die Bestimmung des Herkunftsstaats die Abgabe einer Erklärung nicht voraussetzt, wird schließlich bestätigt durch die vom Ausschuss der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörden geäußerte Rechtsauffassung (Committee of European Securities Regulators - CESR -, eingesetzt durch Beschluss der Kommission vom 6. Juni 2001 - K<2001>1501 -; mittlerweile gemäß Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 ersetzt durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ; siehe Frequently asked questions regarding Prospectuses: Common positions agreed by CESR Members, 12th Updated Version - November 2010 - Ref. CESR/10-1337, 12. Notification which third country issuers are required to make under Article 30.1 Directive - July 2006). Die Tatsache, dass sich das CESR mit dieser Frage befasst hat, ist entgegen der von der Beklagten geäußerten Rechtsansicht kein Hinweis darauf, dass es sich dabei um eine lückenfüllende Rechtsfortbildung handelt. Unbeachtlich ist auch, dass es sich bei den diesbezüglichen Äußerungen, die sich auf der sogenannten Stufe 3 der Rechtsetzung nach dem sogenannten Lamfallussy-Verfahren bewegen, nicht um rechtsverbindliche Festlegungen handelt (vgl. etwa Möllers, ZEuP 2008, 480 <490 ff.>; Hupka, WM 2009, 1351 <1352 f.>; siehe auch CESR/10-1337, Introduction - The context and status of this "Q and A"). Sie geben allerdings eine gemeinsame Rechtsauffassung der mit dieser Rechtsfrage befassten Behörden wieder, die eine Richtigkeitsvermutung für sich beanspruchen kann (vgl. Möllers, NZG 2010, 285 <286>).

27

Unbeachtlich ist der Einwand der Beklagten, dass mit diesem Verständnis der Vorschrift die Entscheidung nicht für alle im Rahmen von § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG vorstellbaren Fallkonstellationen vorgezeichnet sei und es praktische Probleme bei den dann notwendigen Tatsachenfeststellungen geben könne. Denn zu entscheiden ist allein über den vorliegenden Fall, bei dem die erheblichen Sachverhaltselemente geklärt sind.

28

Die von der Beklagten aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Grundfragen der Gesetzesbindung der Rechtsprechung und der Reichweite des Gesetzesvorbehalts in der Eingriffsverwaltung stellen sich nicht. Denn sie knüpfen an die Auffassung an, dass die Rechtsanwendung auf einem Analogieschluss beruhe. Die teleologische Reduktion der Norm ist indessen Ergebnis einer methodengerechten Auslegung, so dass es schon an einer Regelungslücke als der ersten Voraussetzung einer Analogie fehlt. Bezüglich des in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltenen besonderen Bestimmtheitsgebots bleibt festzuhalten, dass dieses nur im entsprechenden Regelungszusammenhang zu beachten ist, d.h. nur insoweit, als die Zulässigkeit der Verhängung einer straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktion in Rede steht (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. Juni 2007 - 1 BvR 1290/05 - NVwZ 2007, 1172 = , vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905 = und vom 17. November 2009 - 1 BvR 2717/08 - NJW 2010, 754 = , sowie Tautges, BB 2010, 1291 <1294> m.w.N.).

29

bb) Deutschland ist schließlich auch dann Herkunftsstaat der A., wenn man auch im vorliegenden Fall am Erfordernis einer Wahl durch den Emittenten festhalten wollte. Denn eine solche Wahl hat die A. zwar nicht ausdrücklich, aber jedenfalls konkludent dadurch getroffen, dass sie ein jährliches Dokument gemäß § 10 WpPG für das Jahr 2006 auf ihrer Website veröffentlicht hat.

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Diese Tatsache hat die Klägerin bereits vor dem Verwaltungsgericht unter Vorlage eines entsprechenden Computerausdrucks vorgetragen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu Feststellungen, die den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO binden, nicht getroffen. Die Beklagte zieht das Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 14. Dezember 2010 allerdings nicht in Zweifel. Im angefochtenen Bescheid ist lediglich festgehalten, dass die A. das sogenannte "Zehnerdokument" nicht gemäß § 10 Abs. 2 WpPG bei der Beklagten hinterlegt habe. Vor diesem Hintergrund ist der Senat nicht gehindert, diesen unstreitigen Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010 § 137 Rn. 148 m.w.N.). Er trägt die Annahme einer willentlichen, wenn auch konkludenten Bestimmung des Herkunftsstaats.

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Über die Art der Ausübung des Wahlrechts treffen weder § 31 Abs. 1 Satz 1 noch § 2 Nr. 13 WpPG eine Regelung. Besondere Förmlichkeiten sind deswegen nicht einzuhalten; vielmehr reicht demnach für die Wahl jede Willensäußerung aus, die hinreichend deutlich zu erkennen gibt, dass der Emittent sich einem bestimmten nationalen Regelungs- und Aufsichtsregime unterwerfen will. Das ist etwa dann der Fall, wenn das Zehnerdokument bei der Behörde hinterlegt wird (vgl. etwa Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, a.a.O. § 2 WpPG Rn. 77). Aber auch schon die Veröffentlichung eines Dokuments unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Vorschriften des deutschen Kapitalmarktrechts lässt an dem Willen, sich dem am Börsenplatz geltenden Recht zu unterwerfen, keinen Zweifel aufkommen. § 31 Abs. 1 Satz 1 WpPG schreibt allerdings noch eine fristgerechte Mitteilung an die Beklagte vor. Deren Fehlen ist aber unbeachtlich. Denn der Fristbestimmung kommt ein eigenständiger materiell-rechtlicher Gehalt im Sinne einer Ausschlussfrist nicht zu. Mit der Normierung eines Endtermins soll der Emittent lediglich verpflichtet werden, seine Wahl im Interesse der Rechtsklarheit innerhalb eines angemessenen Zeitraums gegenüber der Beklagten kundzutun. Mit diesem allein verfahrensrechtlichen Regelungsziel wäre es aber nicht zu vereinbaren, die Versäumung dieser Frist dadurch noch zu belohnen, dass der Emittent sich weiterhin und auf Dauer den im Interesse eines transparenten Finanzmarkts und des Anlegerschutzes normierten kapitalmarktrechtlichen Verpflichtungen entziehen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.