Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Sept. 2014 - 7 K 2103/14

bei uns veröffentlicht am02.09.2014

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Bewertung der Leistung des Antragstellers in der mündlichen Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich „Unternehmens- und Steuerrecht mit dem Teilbereich Steuerrecht“ vom 02.07.2014 mit der Note 9 Punkte bis zum 24.09.2014 schriftlich zu begründen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Bewertung der Leistung des Antragstellers in der mündlichen Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich „Unternehmens- und Steuerrecht mit dem Teilbereich Steuerrecht“ vom 02.07.2014 mit der Note 9 Punkte schriftlich zu begründen,
hat Erfolg.
Der gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist zulässig, insbesondere steht ihm nicht § 44a VwGO entgegen. Zwar ist dieses auf die Erlangung einer Begründung der Prüfungsentscheidung gerichtete Antragsverfahren eingebettet in den größeren Rahmen des mit dem Antrag auf Prüfungszulassung beginnenden und mit dem Abschluss des Widerspruchsverfahrens endenden (Gesamt-) Prüfungsverfahrens. Das schließt aber nicht aus, dass in diesem Rahmen einzelne Verfahrensabschnitte und -entscheidungen selbständige rechtliche Bedeutung haben können und auch isoliert rechtsschutzfähig sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.08.1993 – 9 S 2023/93 –, juris). Das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Prinzip der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebietet eine einschränkende Auslegung des § 44a Satz 1 VwGO in den Fällen, in denen bei einer Abwägung zwischen dem von § 44a Satz 1 VwGO verfolgten Zweck der Gewährleistung eines effektiven Verwaltungsverfahrens und den Belangen des Betroffenen Letzteren eindeutig der Vorrang einzuräumen ist, insbesondere deshalb, weil die negativen Folgen für diesen besonders schwer wiegen (BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 – 7 C 12/10 –, juris). So verhält es sich bei der vorliegenden Fallgestaltung. Es spricht Überwiegendes dafür, dass dem Antragsteller besonders schwerwiegende negative Folgen drohen, weil mit jedem Tag des Wartens auf eine schriftliche Begründung der Prüfungsentscheidung die Erinnerung des Prüfers Prof. Dr. ... an die konkrete Prüfung des Antragstellers, insbesondere an die vom ihm und seinen drei Mitprüflingen gegebenen Antworten verblasst. So geht das Bundesverwaltungsgericht von dem Erfahrungssatz aus, dass das Erstellen einer substantiellen Begründung nach einer Zeit von rund zwei Monaten bereits nicht mehr möglich ist (BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris Rn. 43). Dem Antragsteller würde als Folge davon die Möglichkeit der Neubewertung seiner mündlichen Prüfungsleistung genommen und er würde in einen neuen Prüfungsversuch gezwungen werden. Denn die Neubewertung einer mündlichen Prüfung ist nur möglich, wenn Zeitablauf und Erinnerungslücken der Prüfer und ggf. der Mitprüflinge dies nicht ausschließen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Auflage, Rn. 509, 690; BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 6 B 13.96 -, juris). Allerdings ist es dem Antragsteller ohne ausreichende Begründung seines Prüfungsergebnisses nicht möglich, substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfung vorzubringen, wie dies nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von ihm verlangt wird (BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 - 6 C 35.92 -, juris). Somit könnte ein ordnungsgemäßes Überdenkungsverfahren, welches den wegen des Beurteilungsspielraums der Prüfer eingeschränkten gerichtlichen Rechtsschutz ausgleichen soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 -; BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 - 6 C 35.92 -, alle juris), nicht (mehr rechtzeitig) stattfinden. Wäre das Prüfungsgeschehen nach entsprechendem Zeitablauf im gerichtlichen Verfahren nicht mehr aufklärbar, würde dies zwar nicht zu Lasten des Antragstellers gehen, da er rechtzeitig und substantiiert eine schriftliche Begründung verlangt hat und damit seiner Mitwirkungsobliegenheit im Prüfungsverfahren nachgekommen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2003 – 6 C 22/02 –, juris Rn. 17), jedoch käme eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich einer Neubewertung mangels Aufklärbarkeit des Prüfungsgeschehens als Grundlage für eine Neubewertung aufgrund des Zeitablaufs und der dadurch bedingten Erinnerungslücken des Prüfers und der Mitprüflinge nicht mehr in Betracht, sondern lediglich eine Wiederholung. Eine Wiederholung der Prüfung anstelle einer Neubewertung der erbrachten Leistungen bedeutet für den Prüfling aber eine besondere Härte, zumal wenn er sich nach längerer Zeit erneut auf die Prüfung vorbereiten muss (BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 6 B 13.96 -, juris Rn. 14).
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich die Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung für den Antragsteller, der damit einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Anspruch des Antragstellers auf eine Bekanntgabe der Gründe, die den Prüfer dazu bewogen haben, seine Prüfungsleistung mit dem Ergebnis 9 Punkte zu bewerten, folgt aus den Grundrechten auf freie Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und auf einen effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.Da die Notengebung durch subjektive Eindrücke und die Zufälligkeit fachlicher Prägungen der Prüfer beeinflusst wird, ist die gemäß Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich gebotene gerichtliche Kontrolle des Bewertungsvorgangs nur eingeschränkt möglich. Dieses Defizit ist durch Regelungen des Prüfungsverfahrens soweit wie möglich auszugleichen. Zu dem danach gebotenen „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ gehört auch, dass der Prüfling diejenigen Informationen erhält, die er benötigt, um feststellen zu können, ob die rechtlichen Vorgaben und Grenzen der Prüfung, insbesondere der Beurteilung seiner Leistungen, eingehalten worden sind. Der so dem Grunde nach anerkannte Informationsanspruch des Prüflings richtet sich grundsätzlich auch auf eine angemessene Begründung der Prüfungsentscheidung, d.h. auf die Bekanntgabe der wesentlichen Gründe, mit denen die Prüfer zu einer bestimmten Bewertung der Prüfungsleistung gelangt sind. Dies kann nach Form, Zeitpunkt, Umfang und Inhalt auf unterschiedliche Weise geschehen. Fehlt es - wie hier - an einer normativen Regelung, die den dargelegten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen und den tatsächlichen Möglichkeiten der Prüfer angemessen Rechnung trägt, muss sich die Verwaltungspraxis daran orientieren, dass nach den Umständen des Einzelfalls dem Grundrechtsschutz des Prüflings Rechnung getragen wird, soweit dies unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten den Prüfern zumutbar ist. Jeder Prüfling, der meint, ungerecht beurteilt worden zu sein, hat einen Anspruch auf Bekanntgabe jedenfalls der tragenden Gründe für die Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris).
Dieser Anspruch besteht bei mündlichen Prüfungen allerdings nicht voraussetzungslos. Vielmehr ist hier den besonderen Bedingungen, die mündliche Prüfungen von schriftlichen Prüfungen wesentlich unterscheiden, angemessen Rechnung zu tragen. Dazu gehört es, den Aufwand, der für die Prüfer mit jeglicher Begründung ihrer Bewertung von Prüfungsleistungen verbunden ist, auf dasjenige Maß zu beschränken, das nach den im Einzelfall gegebenen Umständen notwendig, weil durch den Anspruch des betroffenen Prüflings auf wirksamen Schutz in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG konkret bedingt ist. Danach ist es zur Wahrung des individuellen Rechtsschutzes unnötig und folglich auch nicht geboten, bei mündlichen Prüfungen in jedem Falle eine schriftliche oder auch nur mündliche Begründung der Bewertung sämtlicher Prüfungsleistungen zu verlangen ohne Rücksicht darauf, ob der jeweilige Prüfling überhaupt erwägt, Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen vorzubringen, und (allein) zu diesem Zweck eine Begründung benötigt. Vielmehr hängt der konkrete Inhalt des Anspruchs des Prüflings auf eine Begründung und damit korrespondierend der Pflicht der Prüfer, ihre Bewertungen von mündlichen Prüfungsleistungen zu begründen, davon ab, ob der jeweilige Prüfling eine Begründung verlangt, wann er dies tut und mit welchem konkreten Begehren und mit welcher Begründung. Erst durch eine solche Spezifizierung durch den Prüfling wird aus seinem verfassungsrechtlich nur dem Grunde nach gewährten allgemeinen Informationsanspruch ein konkreter Anspruch, der auf die Begründung näher bezeichneter, für den Prüfling nicht ohne weiteres durchschaubarer Bewertungen in einem bestimmten Fach gerichtet ist (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris).
Jeder Prüfling, der meint, in einer mündlichen Prüfung ungerecht benotet worden zu sein, und daher die Anfechtung der Prüfungsnote erwägt, kann seinen Anspruch auf eine Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen unmittelbar im Anschluss an die Bekanntgabe der Prüfungsnote geltend machen; er kann dies aber - entgegen der Annahme der Antragsgegnerin - auch später noch tun. Allerdings liegt es in seinem eigenen Interesse, dann, wenn er eine Begründung verlangen will, dies so frühzeitig wie möglich zu tun, weil die Erinnerung der Prüfer an das konkrete Prüfungsgeschehen, zumal bei einer Mehrzahl von Prüflingen und erst recht dann, wenn der jeweilige Prüfer in der Folgezeit noch an weiteren Prüfungen mitwirkt, wie ausgeführt, schnell nachlässt. Dementsprechend verringert sich mit jedem Tag nicht nur die Chance des Prüflings, auf sein Verlangen hin eine möglichst vollständige und zutreffende Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen zu erhalten, sondern in gleichem Maße wird es ihm erschwert, in Ermangelung einer solchen Begründung wirkungsvolle Einwände gegen die Bewertung vorzubringen. Trotz dieser Schwierigkeiten und der daraus möglicherweise entstehenden Nachteile für den Rechtsschutz ist es hier - anders als bei der Bewertung schriftlicher Prüfungsarbeiten - nicht geboten, dass die Prüfer ihre Bewertung der mündlichen Leistungen stets schriftlich begründen. Denn im Anschluss an die mündliche Prüfung und die Bekanntgabe der Bewertung hat es der Prüfling selbst in der Hand, den Zeitpunkt und die Form der Begründung zu bestimmen (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris).
Die Konkretisierung des Rechts auf eine Begründung der Bewertung der mündlichen Prüfungsleistungen hängt maßgeblich vom Verhalten des jeweiligen Prüflings ab, insbesondere davon, wann er den Anspruch geltend macht und wie er sein Verlangen begründet. Je konkreter er dies tut, desto konkreter wird die Begründung sein müssen, um den Prüfling in den Stand zu setzen, etwa berechtigte Einwände wirkungsvoll vorzubringen. Da er substantiierte Einwände in der Regel erst erheben kann, wenn er zunächst die wesentlichen Gründe für die Bewertung seiner Prüfungsleistungen erfährt, ist sein Anspruch auf eine Begründung nicht zwingend mit einer ersten, auf die wesentlichen Punkte beschränkten Begründung erfüllt. Vielmehr kann er, um substantiierte Einwände vorbringen zu können, zusätzlich eine weitere, konkretere Begründung verlangen; dies setzt dann allerdings eine entsprechende Substantiierung voraus, ebenso wie er - nach Erhalt einer ausreichenden Begründung - einen Anspruch auf Überdenken der von ihm angefochtenen Prüfungsnote nur insoweit hat, wie er seine Einwände gegen die Bewertung hinreichend substantiiert hat (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris).
10 
Unmittelbar im Anschluss an die Bekanntgabe der Prüfungsnote kann der Prüfling aus Gründen der Verhältnismäßigkeit lediglich eine mündliche Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen verlangen. Macht er mit sachlich-vertretbaren Gründen geltend, dass diese z.B. unvollständig, nicht hinreichend verständlich oder gar widersprüchlich sei und daher nicht ausreiche, ihm das Vorbringen von substantiierten Einwänden zu ermöglichen, kann er eine weitere, konkretere Begründung der Prüfer verlangen (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris).
11 
Nach alledem hat der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach einen Anspruch auf Begründung der Bewertung seiner in der mündlichen Prüfung am 02.07.2014 gezeigten Prüfungsleistungen. Der Antragsteller hat sein Verlangen nach einer schriftlichen Begründung zum einen rechtzeitig gestellt, denn er hat noch mit Schreiben vom Prüfungstag seinen Anspruch auf eine schriftliche Begründung geltend gemacht. Er hat seinen Anspruch auch nicht bereits dadurch verwirkt, dass er auf die Frage des Prüfers im Anschluss an die mündliche Prüfung, ob eine nähere Begründung gewünscht werde, geschwiegen hat. Ein Prüfling muss seinen Anspruch auf eine Begründung nämlich nicht unmittelbar im Anschluss an die Prüfung geltend machen, er kann dies auch später noch tun (vgl. BVerwG a.a.O.). Ein Verzicht ist in dem Schweigen daher nicht zu sehen. Zum anderen hat der Antragsteller sein Begründungsverlangen auch sachlich-vertretbar dargelegt. In seinem Schreiben vom 02.07.2014 verlangt der Antragsteller nicht lediglich eine Begründung, sondern geht auch auf die ihm bisher gegebene Begründung des Prüfers, er sei unstrukturiert gewesen, ein. Eine weitere Substantiierung war ihm zu diesem Zeitpunkt nicht möglich und nicht zuzumuten, da er bis zu diesem Zeitpunkt lediglich einen sehr kurze, allgemein gehaltene Begründung erhalten hatte. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, der Antragsteller habe nicht substantiiert vorgetragen, insbesondere habe er keine Fragen gestellt oder seine Antworten ins Verhältnis zu den anderen Prüfungskandidaten gesetzt, überspannt sie die Anforderungen an ein erstes Begründungsverlangen und verkennt den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens. Es obliegt zunächst dem Prüfer, auf das entsprechende Verlangen des Prüflings eine Begründung der Bewertung abzugeben. Erst danach muss der Prüfling gegen die Bewertung substantiiert einwenden, sei es um eine weitere genauere Begründung zu erhalten oder um ein Überdenkungsverfahren anzustrengen. Der allgemeine Verweis auf eine Unstrukturiertheit des Antragstellers genügt als eine erste Begründung nicht.
12 
Das somit ordnungsgemäße Verlangen des Antragstellers nach einer schriftlichen Begründung hat die Antragsgegnerin bislang noch nicht erfüllt. Insbesondere ist dies nicht durch die mündliche Begründung von Prof. Dr. ... im Gespräch am 07.07.2014 geschehen. Denn im Anschluss an eine mündliche Prüfung hat es der Prüfling selbst in der Hand, den Zeitpunkt und die Form der Begründung zu bestimmen (BVerwG a.a.O.). Es liegt also am Prüfling, zu bestimmen, ob eine mündliche oder eine schriftliche Begründung zu erfolgen hat.
13 
Selbst wenn man die mündliche Begründung vom 07.07.2014 als ausreichend ansehen würde, wäre das daraufhin mit Schreiben vom 09.07.2014 erfolgte weitere Begründungsverlangen ebenfalls rechtzeitig erfolgt und substantiiert dargelegt. Denn der Antragsteller hat darin konkret eine Begründung der unterschiedlichen Notengebung zwischen ihm und seinen Mitprüflingen mit einer Differenz von 5 Notenpunkten gefordert. Weiterhin hat er im Hinblick auf den Fall 2 in der mündlichen Prüfung drei konkrete Aussagen genannt, welche er in der Prüfung gemacht habe und welche vom Prüfer wohl bemängelt worden seien. Außerdem bringt er vor, warum er dies für eine fehlerhafte Bewertung hält.
14 
Die schriftliche Zusammenfassung der Gründe zum jetzigen Zeitpunkt ist dem Prüfer Prof. Dr. ... auch noch unter zumutbaren Bedingungen möglich.
15 
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller daher bis zum 24.09.2014 die wesentlichen Gründe, aufgrund derer der Prüfer Prof. Dr. ... zu der Bewertung der Leistung mit der Note 9 Punkte gelangt ist, schriftlich mitzuteilen. Diese Begründung muss ihrem Inhalt nach so beschaffen sein, dass das Recht des Prüflings, Einwände gegen die Note wirksam vorzubringen, ebenso gewährleistet ist wie das Recht auf gerichtliche Kontrolle des Prüfungsverfahrens unter Beachtung des Beurteilungsspielraums der Prüfer. Daher müssen die maßgeblichen Gründe, die den Prüfer zu der abschließenden Bewertung veranlasst haben, zwar nicht in den Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennbar sein (BVerwG, Urteil vom 09.12.1992 - 6 C 3.92 -). Die Begründung hat sowohl die fachspezifischen Inhalte der Prüfung als auch die prüfungsspezifischen Wertungen zu umfassen, wobei der Schwerpunkt der Begründungspflicht bei den fachspezifischen Inhalten der Prüfung liegt (BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris).
16 
Darin liegt keine Vorwegnahme der Hauptsache, weil sich eine Klage in der Hauptsache nicht auf die Begründung der Bewertung, sondern auf eine Überprüfung der rechtmäßigen Bewertung der Prüfungsleistungen richten würde. Denn bei dem Anspruch auf Bekanntgabe der Gründe handelt es sich nur um einen unselbständigen verfahrensrechtlichen Bestandteil des materiellrechtlichen Anspruchs auf eine rechtmäßige Bewertung der Prüfungsleistungen (BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 18.93 -, juris Rn. 18), welcher hier allerdings aus den oben genannten Gründen ausnahmsweise im einstweiligen Rechtsschutz eigenständig geltend gemacht werden kann.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
18 
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Sept. 2014 - 7 K 2103/14

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Sept. 2014 - 7 K 2103/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels
Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Sept. 2014 - 7 K 2103/14 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Sept. 2014 - 7 K 2103/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 24. Nov. 2011 - 7 C 12/10

bei uns veröffentlicht am 24.11.2011

Tatbestand 1 Die Kläger sind Miteigentümer der Musikbibliothek P. Sie wenden sich gegen die Einleitung eines Verfahrens zur Eintragung der Musikbibliothek in das Verzeic
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Sept. 2014 - 7 K 2103/14.

Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 24. Juli 2017 - 1 L 560/17.MZ

bei uns veröffentlicht am 24.07.2017

Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antragssteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 3750,- EUR festgesetzt. Gründe I

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

Tatbestand

1

Die Kläger sind Miteigentümer der Musikbibliothek P. Sie wenden sich gegen die Einleitung eines Verfahrens zur Eintragung der Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG). Die Einleitung des Verfahrens hat ein Ausfuhrverbot zur Folge, das bis zur Unanfechtbarkeit der Eintragung andauert.

2

Die Musikbibliothek P. war Eigentum der C. ... OHG, deren Vermögen während der NS-Zeit enteignet wurde. Geschäftsbetrieb und Musikbibliothek wurden 1939/1940 auf die neu gegründete OHG C. ... übertragen. Zu den Gesellschaftern der C. ... OHG gehörte auch Dr. H. H, der 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Die überlebenden Kinder von H. H. verzichteten seinerzeit zugunsten des in die USA emigrierten Sohnes W. H. auf ihr Erbe. Ab 1950 wurde der Musikverlag - nach kurzzeitiger Rückgabe an W. H. während der Besatzungszeit - vom VEB ... P. weitergeführt. Der VEB übergab die Bibliothek 1954 dem Rat der Stadt L.

3

Mit Bescheid vom 1. September 1993 übertrug das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen alle Anteile an der ... P. L. GmbH, die aus dem VEB ... P. hervorgegangen war, nach § 1 Abs. 6 i.V.m. § 6 VermG an die Alleinerbin nach W. H., Frau E. H. Diese übertrug ihre Anteile an die C. ... GmbH & Co. KG in F., die am Revisionsverfahren nicht beteiligte Klägerin zu 1.

4

Die Musikbibliothek befand sich zu DDR-Zeiten und nach 1990 in der Stadt- und Musikbibliothek der Stadt L. sowie - teilweise - im Bestand des Bach-Archivs L. Die C. ... GmbH & Co. KG schloss mit der Stadt L. im Jahre 1998 und mit dem Bach-Archiv L. in den Jahren 2002/2003 auf unbestimmte Zeit verschiedene Überlassungs- und Verwahrungsverträge, die die Musikbibliothek bzw. einzelne im Besitz des Bach-Archivs befindliche Stücke der Musikbibliothek zum Gegenstand hatten. Mitte 2004 kündigte die C. ... GmbH & Co. KG diese Verträge (teilweise) und forderte die Stadtbibliothek L. sowie das Bach-Archiv auf, die von der Kündigung betroffenen Gegenstände herauszugeben. Der von der Kündigung betroffene Teilbestand, der insgesamt 206 Einzelstücke der Musikbibliothek umfasste, wurde zu einer Kunstspedition in Berlin verbracht.

5

Hinsichtlich dieses Teilbestandes leitete das Land Berlin Ende August 2004 ein Verfahren nach dem Kulturgutschutzgesetz ein und verfügte im Februar 2006 die Eintragung des Teilbestandes in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes. Die dagegen vor dem Verwaltungsgericht Berlin erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Berliner Verfahren hat sich erledigt, nachdem der betroffene Teilbestand inzwischen wieder dauerhaft in L. verwahrt wird.

6

Mit streitgegenständlichem Schreiben vom 27. August 2004 an die C. ... GmbH & Co. KG leitete der Beklagte unter Hinweis auf das strafbewehrte Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG hinsichtlich der in L. verbliebenen Bestände der Musikbibliothek ebenfalls ein Eintragungsverfahren nach dem Kulturgutschutzgesetz ein. Die Einleitung des Verfahrens wurde im Sächsischen Amtsblatt vom 30. September 2004 (Nr. 40, S. 1039) bekannt gemacht. Mit Schreiben vom 13. August 2010 wurde das Verfahren auf den Berliner Teilbestand erweitert. Der nach § 2 Abs. 2 KultgSchG im Freistaat Sachsen gebildete Sachverständigenausschuss sprach sich in einer Stellungnahme vom 17. März 2005 für die Eintragung der Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes aus.

7

Im August/September 2005 schlossen die Kläger und die anderen Nachkommen nach Dr. H. H. mit der Komplementärin der C. ... GmbH & Co. KG, der ... P. L. GmbH, einen Vertrag, in dem das Eigentum an der Musikbibliothek auf die H.-Erben übertragen wurde. Ende August 2005 erhob die C. ... GmbH & Co. KG vor dem Verwaltungsgericht Dresden Klage gegen die Einleitung des Verfahrens, der sich die Kläger im Februar 2007 anschlossen.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 5. November 2008 ab. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. August 2010 zurückgewiesen:

9

Die Klage auf Aufhebung der Mitteilungen über die Einleitung des Eintragungsverfahrens vom 27. August 2004 und 13. August 2010 sei unzulässig, weil es sich dabei nicht um Verwaltungsakte handele. Die hilfsweise erhobene allgemeine Leistungsklage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Einstellung des Verfahrens. Die Einleitung stehe nicht im Ermessen der Behörde, die Mitteilungen seien hinreichend bestimmt. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen seien nicht ersichtlich. Das Verfahren sei zwar nicht mit der gebotenen Zügigkeit abgeschlossen worden. Bei unzumutbarer Verfahrensdauer stehe den Betroffenen aber nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung in entsprechender Anwendung der § 1 Abs. 4, § 5 Abs. 1 KultgSchG zu.

10

Bedenken gegen die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf die Musikbibliothek ergäben sich weder im Hinblick auf das Vermögensgesetz noch auf Völker-, Verfassungs- und Unionsrecht. Die Anwendbarkeit des Kulturgutschutzgesetzes werde durch die Grundsätze der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998 und die Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vom 9. Dezember 1999 sowie die dazu erlassene Handreichung nicht in Frage gestellt. Abweichendes folge auch nicht aus der Vereinbarung der Bundesrepublik Deutschland mit den drei Westmächten vom 27./28. September 1990.

11

Die mit der Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes für die Eigentümer verbundenen Folgen stellten zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Die Regelungen des Kulturgutschutzgesetzes verstießen nicht gegen den EU-Vertrag. Nach Art. 36 Satz 1 AEUV dürfe vom Grundsatz des freien Warenverkehrs u.a. zum Schutz nationalen Kulturgutes abgewichen werden.

12

Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen:

13

Die Anfechtungsklage sei zulässig. Die Mitteilung über die Einleitung des Eintragungsverfahrens entfalte unmittelbare Außenwirkung, weil sie ein absolutes Ausfuhrverbot zur Folge habe. Dieses Ausfuhrverbot dauere inzwischen seit über sieben Jahren an. Schon daraus folge ein Anspruch auf Einstellung des Verfahrens wegen überlanger Verfahrensdauer.

14

Ungeachtet dessen erweise sich die Einleitung des Eintragungsverfahrens wegen einer Vielzahl weiterer Rechtsverstöße als rechtswidrig. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum fehlenden Ermessen seien unzutreffend und praxisfern. So belegten etwa die Rückgabe des Kirchner-Bildes "Berliner Straßenszene", das Restitutionsverhalten der Stadt L. und nicht zuletzt die allgemein geübte Praxis beim Vollzug des Kulturgutschutzgesetzes, dass die zuständigen Behörden und Ämter weitreichende Ermessensspielräume in Anspruch nähmen. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verfahrens zeige sich weiter darin, dass der Beklagte von 1993 bis 2004 zu keiner Zeit auf die Idee gekommen sei, die Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes einzutragen. Die Bescheide seien überdies nicht hinreichend bestimmt, weil darin nur auf nicht detailliert bezeichnete Einheiten der Musikbibliothek Bezug genommen werde.

15

§ 1 Abs. 6 VermG werde durch die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes in unzulässiger Weise eingeschränkt. Da das Vermögensgesetz keinen Vorbehalt zugunsten des Kulturgutschutzes enthalte, seien nach § 1 Abs. 6 VermG restituierte Gegenstände dem Kulturgutschutz von vornherein entzogen. Nicht umsonst sei der vorliegende Fall in der Bundesrepublik Deutschland einzigartig.

16

Das angegriffene Urteil verkenne den besonderen Stellenwert, der § 1 Abs. 6 VermG durch seine Funktion zur Umsetzung von die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar bindenden völkerrechtlichen Verträgen zukomme. Nach den völkerrechtlichen Vorgaben aus dem sog. Zwei-plus-Vier-Vertrag sei die Bundesrepublik verpflichtet, im Beitrittsgebiet alliiertes Rückerstattungsrecht in Kraft zu setzen, das eine vorbehaltlose Rückgabe fordere. Diese höherrangige Verpflichtung könne nicht durch einfachgesetzlichen Kulturgutschutz wieder eingeschränkt werden. Anderenfalls laufe § 1 Abs. 6 VermG leer. Das alliierte Recht, auf das sich § 1 Abs. 6 VermG beziehe, habe die Restitution immer vor den Kulturgutschutz gestellt. Dafür gebe es unzählige Beispielsfälle.

17

Das Oberverwaltungsgericht habe zudem die Bedeutung der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998 und der Gemeinsamen Erklärung vom 9. Dezember 1999 verkannt. Der Washingtoner Erklärung und den Umsetzungsakten müssten zumindest Auslegungshinweise für das Verhältnis von § 1 Abs. 6 VermG zum Kulturgutschutz entnommen werden.

18

Das Kulturgutschutzgesetz sei - soweit es auch auf Vermögensgegenstände Anwendung finde, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert wurden - mit Art. 14 GG nicht vereinbar. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Nutzung den Eigentümern auch nach Eintragung in die Kulturgutliste grundsätzlich erhalten bleibe und die Eintragung daher keine übermäßige Belastung darstelle. Die Restitutionsberechtigten und ihre Nachkommen seien vielfach im Ausland wohnhaft und könnten die restituierten Kulturgüter daher nicht einmal in Besitz nehmen.

19

Die Einleitung des Eintragungsverfahrens verstoße schließlich auch gegen Unionsrecht, weil sie sich vorliegend, wie etwa anhand der Restitution des Kirchner-Bildes "Berliner Straßenszene" oder der Speck von Sternburg'schen Sammlung belegt werden könne, als ein Mittel willkürlicher Diskriminierung erweise.

20

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

21

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

23

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Kläger ohne Verstoß gegen revisibles Recht zurückgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Mitteilungen vom 27. August 2004 und 13. August 2010 oder Einstellung des Eintragungsverfahrens. Die im Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig (1). Die hilfsweise erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig, aber nicht begründet (2).

24

1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zutreffend mit der Begründung als unzulässig erachtet, dass die streitgegenständlichen Mitteilungen vom 27. August 2004 und 13. August 2010 über die Einleitung bzw. Erweiterung des Eintragungsverfahrens nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (KultgSchG) vom 6. August 1955 (in der Fassung der Neubekanntmachung vom 8. Juli 1999, BGBl I S. 1754, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18. Mai 2007, BGBl I S. 757) nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind. Nach der gesetzlichen Definition in § 35 Satz 1 VwVfG ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine behördliche Maßnahme stellt nur dann eine Regelung mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen dar, wenn sie darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden (Urteil vom 20. Mai 1987 - BVerwG 7 C 83.84 - BVerwGE 77, 268 = Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 24).

25

Daran fehlt es hier. Die Schreiben vom 27. August 2004 und 13. August 2010 messen sich zu Recht keinen Regelungscharakter bei, sondern haben erkennbar nur die Funktion, die Kläger über die Einleitung des Eintragungsverfahrens zu informieren, ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu eröffnen und vorsorglich auf das Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG sowie dessen Strafbewehrung hinzuweisen. Dies entspricht der Rechtslage, denn die Mitteilung über die Einleitung eines Eintragungsverfahrens nach dem Kulturgutschutzgesetz entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung im o.g. Sinne, sie ist insbesondere nicht konstitutiv für das Wirksamwerden des Ausfuhrverbots nach § 4 Abs. 1 KultgSchG. Die Einleitung eines Verfahrens nach dem Kulturgutschutzgesetz stellt lediglich eine vorläufige Entscheidung dar, die mit Hilfe des gesetzlichen Ausfuhrverbots eine geordnete Weiterführung des Verfahrens sicherstellen und die abschließende Entscheidung - Einstellung des Verfahrens oder Eintragung des Kulturgutes - vorbereiten soll. Im Einzelnen ergibt sich das aus folgenden Erwägungen:

26

Nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 1 KultgSchG tritt das Ausfuhrverbot mit der Einleitung des Verfahrens kraft Gesetzes ein, ohne dass es einer auf dieses Ziel gerichteten behördlichen Verfügung bedarf. Diese Regelungstechnik begegnet keinen Bedenken. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, eine gesetzliche Rechtsfolge an ein behördliches Handeln anzuknüpfen, das nicht die Rechtsqualität eines Verwaltungsaktes hat. Auch in einem solchen Fall wird die gesetzlich geregelte Folge nicht zum Inhalt einer durch die Behörde getroffenen Maßnahme (Urteil vom 27. Juni 1991 - BVerwG 2 C 26.89 - BVerwGE 88, 332 ff. = Buchholz 237.7 § 47 NWLBG Nr. 4).

27

Sinn und Zweck des Kulturgutschutzgesetzes sowie die Gesetzessystematik sprechen ebenfalls dafür, dass die Einleitung des Eintragungsverfahrens bzw. die Mitteilung der Verfahrenseinleitung gegenüber den Eigentümern nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Der mit dem vorläufigen absoluten Ausfuhrverbot verfolgte Sicherungszweck würde verfehlt, wenn die zuständige Behörde in jedem Einzelfall nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen und dies den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründen müsste, um die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Einleitung des Verfahrens auszuschließen. Wenn der Gesetzgeber die Einleitung als Verwaltungsakt verstanden wissen wollte, hätte sich ihm daher die Notwendigkeit aufdrängen müssen, die aufschiebende Wirkung mittels spezialgesetzlicher Regelung auszuschließen. Eine solche Regelung enthält das Kulturgutschutzgesetz nicht.

28

Anhaltspunkte für eine entsprechende Regelungsabsicht ergeben sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien. § 4 Satz 2 des Gesetzentwurfs sah vor, dass das Nähere zur Einleitung des Verfahrens in Durchführungsbestimmungen geregelt wird. Die Durchführungsbestimmungen sollten u.a. Regelungen zur Bekanntgabe und über eine etwaige zeitliche Beschränkung des vorläufigen Ausfuhrverbots enthalten (BTDrucks 2/76 S. 2 und 8). Zudem war in § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzentwurfs bestimmt, dass die Beschwerde gegen die Ausfuhrgenehmigung aufschiebende Wirkung hat, weil - so die Begründung - der Zweck des Gesetzes sonst verfehlt würde (BTDrucks 2/76 S. 3 und 9). § 4 Satz 2 des Entwurfs wurde im Verlaufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens zugunsten einer Verordnungsermächtigung in § 23 - ebenso wie § 8 des Entwurfs - gestrichen (BTDrucks 2/76 S. 15 und 18). Eine Durchführungsverordnung wurde nicht erlassen, inzwischen ist § 23 weggefallen.

29

Die Einleitung des Verfahrens hat schließlich nicht deshalb Verwaltungsaktcharakter, weil sie nach § 4 Abs. 2 KultgSchG öffentlich bekanntzumachen ist. Die öffentliche Bekanntmachung nach dieser Vorschrift stellt keinen feststellenden Verwaltungsakt dar, der für das Wirksamwerden des Ausfuhrverbots konstitutiv ist (vgl. zu einem so gelagerten Fall Urteil vom 16. Januar 2003 - BVerwG 7 C 31.02 - BVerwGE 117, 322 ff. = Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 3). Die Bekanntmachungsregelung in § 4 Abs. 2 KultgSchG ist mehr als 40 Jahre nach Inkrafttreten des Kulturgutschutzgesetzes durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b des Kulturgutsicherungsgesetzes vom 15. Oktober 1998 (KultgutSiG, BGBl I S. 3162) eingefügt worden. Nach der Gesetzesbegründung dient sie zur Sicherung der Transparenz (BTDrucks 13/10789 S. 6 und 10). Daraus ergibt sich nichts für die Annahme, dass die öffentliche Bekanntmachung der Einleitung Verwaltungsaktcharakter verleiht und das Ausfuhrverbot erst mit der Bekanntmachung in Kraft gesetzt wird. Dies gilt umso mehr, als § 4 Abs. 1 KultgSchG, nach dessen Wortlaut das Ausfuhrverbot an die Einleitung als solche geknüpft ist, im Zuge der Ergänzung der Norm um die Bekanntmachungsregelung in Absatz 2 nicht geändert worden ist. Die im Kulturgutschutzgesetz nicht explizit vorgesehene Mitteilung an den Eigentümer des betroffenen Kulturgutes und die öffentliche Bekanntmachung der Einleitung eines Eintragungsverfahrens stellen danach lediglich sicher, dass das Ausfuhrverbot und die Strafvorschrift des § 16 KultgSchG nicht leerlaufen.

30

Die Verwaltungsaktqualität der Einleitung des Eintragungsverfahrens muss nicht aus Rechtsschutzgründen bejaht werden. Unter der Geltung des Art. 19 Abs. 4 GG und der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel (§ 40 VwGO) ist die Möglichkeit, vor Gericht Rechtsschutz gegen hoheitliche Maßnahmen zu suchen, nicht von der Rechtsnatur der angegriffenen Maßnahme und damit nicht von der zur Verfügung stehenden Klageart, sondern allein davon abhängig, ob sich der Betroffene auf eine Verletzung eigener Rechtspositionen berufen kann. Unter diesen Voraussetzungen kann ein Betroffener, z.B. im Wege einer allgemeinen Leistungs-, Unterlassungs- oder der Feststellungsklage, auch gegen eine hoheitliche Maßnahme ohne Verwaltungsaktcharakter vorgehen (Urteil vom 20. Mai 1987 - BVerwG 7 C 83.84 - BVerwGE 77, 268 ff. = Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 24). Von dieser Möglichkeit haben die Kläger Gebrauch gemacht.

31

2. Die hilfsweise erhobene allgemeine Leistungsklage auf Einstellung des Verfahrens ist zulässig (a), aber nicht begründet (b).

32

a) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kläger ihr Begehren auf Einstellung des Verfahrens mit einer allgemeinen Leistungsklage verfolgen können. Die Vorschrift des § 44a Satz 1 VwGO, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, steht dem nicht entgegen. Das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Prinzip der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebietet eine einschränkende Auslegung des § 44a Satz 1 VwGO in den Fällen, in denen bei einer Abwägung zwischen dem von § 44a Satz 1 VwGO verfolgten Zweck der Gewährleistung eines effektiven Verwaltungsverfahrens und den Belangen des Betroffenen Letzteren eindeutig der Vorrang einzuräumen ist, insbesondere deshalb, weil die negativen Folgen für diesen besonders schwer wiegen (Geiger, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 44a Rn. 16). So können etwa Verfahrenshandlungen, die in materielle Rechtspositionen des Betroffenen eingreifen und dadurch eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthalten, selbständig angefochten werden (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 44a Rn. 10). So liegen die Dinge hier. Eine nachfolgende gerichtliche Entscheidung über die Eintragung der Musikbibliothek in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes könnte das durch die Einleitung des Verfahrens ausgelöste und bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Eintragung andauernde Ausfuhrverbot rückwirkend nicht mehr beseitigen.

33

b) Die Kläger haben keinen Anspruch auf Einstellung des Eintragungsverfahrens. Das Verfahren ist zu Recht eingeleitet worden. Das Kulturgutschutzgesetz findet auch auf solche Vermögensgegenstände Anwendung, die ihren jüdischen Eigentümern in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 durch nationalsozialistische Unrechtsmaßnahmen entzogen und nach der Wiedervereinigung gemäß § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind (aa). Dem stehen weder Völker- noch Verfassungs- oder Unionsrecht entgegen (bb). Das Eintragungsverfahren ist überdies nicht mit materiellen Rechtsfehlern behaftet, die zu seiner Einstellung führen müssen (cc). Es stellt sich schließlich auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar (dd).

34

aa) Weder das Kulturgutschutzgesetz noch das Vermögensgesetz enthalten eine ausdrückliche Regelung, nach der das Kulturgutschutzgesetz auf Vermögensgegenstände, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind, keine Anwendung findet.

35

Entgegen der Auffassung der Kläger stehen auch Sinn und Zweck des § 1 Abs. 6 VermG der Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger sich schon deshalb nicht auf § 1 Abs. 6 VermG berufen können, weil sie das Eigentum an der Musikbibliothek nicht im Wege der Restitution, sondern durch Rechtsgeschäft erworben haben. § 1 Abs. 6 VermG würde die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf die Musikbibliothek P. selbst dann nicht hindern, wenn diese an die Kläger restituiert worden wäre.

36

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es Sinn und Zweck des § 1 Abs. 6 VermG, die Wiedergutmachungslücke zu schließen, die dadurch entstanden ist, dass in der SBZ/DDR keine Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts stattgefunden hat. Mit der Einbeziehung von Wiedergutmachungsansprüchen NS-Verfolgter in das Vermögensgesetz ist die Bundesrepublik Deutschland den von ihr in der Vereinbarung mit den drei Westmächten vom 27./28. September 1990 (BGBl II S. 1386) eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen. Weil die alliierten Rückerstattungsgesetze nicht auf das Gebiet der ehemaligen DDR ausgedehnt wurden und das Bundesrückerstattungsgesetz trotz seiner Erstreckung auf das Beitrittsgebiet durch Art. 8 des Einigungsvertrages wegen der nicht wieder eröffneten Antragsfristen (§ 27 Abs. 2 BRüG: 31. Dezember 1958 bzw. 1. April 1959) dort praktisch wirkungslos bleiben musste (BGH, VIZ 1995, 644 <645> m.w.N.), übernahm § 1 Abs. 6 VermG die Aufgabe der Rückerstattung im Beitrittsgebiet. Durch diese Vorschrift sind Rückübertragungsansprüche von Bürgern und Vereinigungen, denen Vermögen durch NS-Verfolgungsmaßnahmen auf dem Gebiet der späteren DDR und des sowjetischen Sektors von Berlin entzogen wurde, konstitutiv begründet worden (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 7 C 19.94 - BVerwGE 98, 261 ff. = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 44, bestätigt durch BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Februar 1999 - 1 BvR 1579/95, 1 BvR 495/96 - ZOV 1999, 188; BVerwG, Urteile vom 9. Dezember 2004 - BVerwG 7 C 2.04 - BVerwGE 122, 286 ff. = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 31 und vom 25. November 2009 - BVerwG 8 C 12.08 - BVerwGE 135, 272 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 52).

37

Da der Gesetzgeber zwar keine generelle Übernahme der alliierten Rückerstattungsregelungen, aber eine möglichst weitgehende Anlehnung wollte, ist der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 6 VermG anhand der früheren Rückerstattungsregelungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung, mithin im Lichte des Art. 3 Abs. 1 der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandatur Berlin vom 26. Juli 1949 zur Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen (REAO), auf die § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG Bezug nimmt, auszulegen (Urteile vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 17, vom 24. Februar 1999 - BVerwG 8 C 15.98 - BVerwGE 108, 301 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 1 und vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 12.00 - BVerwGE 114, 68 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 10; Beschluss vom 29. Juni 2009 - BVerwG 8 B 129.09 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 53). Soweit der Gesetzgeber Besonderheiten der angestrebten Wiedergutmachung von NS-Vermögensunrecht berücksichtigt wissen wollte, hat er besondere Regelungen, etwa § 1 Abs. 6 Satz 2 (Verfolgungsvermutung), § 1 Abs. 8 Buchst. a (Verhältnis zu nochmaligen Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitliche Grundlage), § 2 Abs. 1 VermG (Rechtsstellung jüdischer Verfolgtenorganisationen) und § 22 InVorG (Einschränkung des Investitionsvorrangs bei Grundstücken der Liste C) geschaffen. Fehlt es an Spezialregelungen für vermögensrechtliche Ansprüche NS-Verfolgter, gelten die allgemeinen Bestimmungen des Vermögensgesetzes (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 16 bis 18).

38

In der REAO findet sich - ebenso wie in den anderen alliierten Rückerstattungsvorschriften - keine Regelung, die sich zum Verhältnis zwischen Rückerstattung und Kulturgutschutz verhält. Auch die Kläger haben solche Vorschriften weder konkret benannt noch Substantielles zu einer entsprechenden Spruchpraxis der Rückerstattungsgerichte dargetan. Ihr Vorbringen beschränkt sich insoweit auf die nicht näher belegte Behauptung, es sei allgemeine Rückerstattungspraxis gewesen und habe sich so zu einem allgemeinen Rechtsgrundsatz entwickelt, dass rückerstattete Vermögensgegenstände dem Kulturgutschutz entzogen sind. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten. Abweichendes folgt weder aus dem in der Revisionsbegründung beschriebenen Fall "Pringsheim" noch der im Schriftsatz vom 15. November 2011 geschilderten, von der amerikanischen Besatzungsmacht unterbundenen Praxis der Finanzbehörden, für rückerstattete Vermögenswerte rückwirkend Steuern zu erheben. Der Umstand, dass der zuständige Ausschuss im Fall "Pringsheim" die Genehmigung nach § 1 des Bayerischen Gesetzes über die Ausfuhr von Kunstwerken vom 30. Mai 1949 (GVBl S. 120) erteilt hat, gibt für die Annahme, dass rückerstattete Vermögensgegenstände dem Kulturgutschutz von vornherein nicht unterfallen sollten, nichts her. Auch nach § 1 Abs. 4 KultgSchG kann die Ausfuhr eingetragener Kulturgüter genehmigt werden. Dabei ist im Rahmen der gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 KultgSchG vorzunehmenden Abwägung der Einzelfallumstände u.a. der zeitgeschichtliche Hintergrund zu berücksichtigen. Der Beispielsfall der rückwirkenden Erhebung von Steuern stützt das Vorbringen der Kläger schon deshalb nicht, weil in Art. 79 Abs. 1 REAO ausdrücklich geregelt war, dass die Erhebung von Steuern und sonstigen öffentlichen Abgaben aus Anlass der Rückerstattung und für die Zeit der unrechtmäßigen Entziehung der Vermögensgegenstände unzulässig ist. Die Eigentümer von Vermögensgegenständen, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert wurden, sind daher denselben Bindungen, namentlich Inhalts- und Schrankenbestimmungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, unterworfen wie jeder andere Eigentümer auch. Ob davon - wie der Beklagte meint - selbst dann auszugehen wäre, wenn das alliierte Rückerstattungsrecht oder die Spruchpraxis der Rückerstattungsgerichte in solchen Fällen Kulturgutschutz ausgeschlossen hätte, weil § 16 VermG diesen Fall für Restitutionen nach dem Vermögensgesetz abweichend regelt, kann dahinstehen.

39

Entgegen der Auffassung der Kläger läuft § 1 Abs. 6 VermG nicht leer, wenn das Kulturgutschutzgesetz auf Vermögensgegenstände Anwendung findet, die nach dieser Vorschrift restituiert wurden. Abgesehen davon, dass nur ein kleiner Teil der nach § 1 Abs. 6 VermG restituierten Vermögensgegenstände zugleich national wertvolles Kulturgut i.S.d. Kulturgutschutzgesetzes darstellen dürfte, hindert die Aufnahme eines Kulturgutes in die Liste national wertvollen Kulturgutes weder die das NS-Unrecht wiedergutmachende Restitution noch macht sie die Restitution rückgängig, indem sie das Eigentum erneut entzieht. Der Eigentümer kann über das Kulturgut - wenngleich mit Einschränkungen - grundsätzlich verfügen. Daran ändert auch der Einwand der Kläger, die Betroffenen seien oftmals im Ausland wohnhaft und könnten die zurückgegebenen Vermögensgegenstände nicht in Besitz nehmen, nichts.

40

bb) Die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf Vermögenswerte, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind, wird nicht durch völkerrechtliche Verpflichtungen ausgeschlossen.

41

Sofern die Kläger einen Verstoß gegen die Vereinbarung der Bundesrepublik Deutschland mit den drei Westmächten vom 27./28. September 1990 (BGBl II S. 1386) geltend machen wollen, können sie damit schon deshalb nicht gehört werden, weil diese Vereinbarung weder eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG darstellt noch gemäß Art. 59 Abs. 2 GG in das nationale Recht transformiert wurde und daher kein revisibles Bundesrecht ist (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 25).

42

Ungeachtet dessen ist das Kulturgutschutzgesetz entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht im Lichte der Vereinbarung vom 27./28. September 1990 dahingehend auszulegen, dass Vermögenswerte, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert worden sind, dem Kulturgutschutz von vornherein entzogen sind. Aus der Vereinbarung ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein entsprechendes (Vor-)Verständnis der Vertragsparteien. Nr. 4 Buchst. c Abs. 1 Satz 1 der Vereinbarung bezieht sich ausschließlich auf die Wiedergutmachung in den ehemaligen westlichen Besatzungszonen und Sektoren. Für das Beitrittsgebiet hat die Bundesregierung in Nr. 4 Buchst. c Abs. 3 Satz 1 die Absicht erklärt, das Bundesrückerstattungsgesetz und das Bundesentschädigungsgesetz auf das Gebiet der gegenwärtigen DDR zu erstrecken. Dies ist vor allem durch den Erlass des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes geschehen, das in seinem § 2 Satz 1 auf die §§ 16 bis 26 des Bundesrückerstattungsgesetzes verweist. Die alliierten Rückerstattungsgesetze sind dagegen in der Vereinbarung nicht aufgeführt, offenbar deshalb, weil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Inkrafttreten des Vermögensgesetzes mit der in § 1 Abs. 6 VermG enthaltenen Regelung unmittelbar bevorstand (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. Rn. 26; Wasmuth, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand Januar 2011, § 1 VermG Rn. 142 f.; Säcker, VermG, 1995, § 1 Rn. 131).

43

Die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf nach § 1 Abs. 6 VermG restituierte Vermögensgegenstände verstößt überdies nicht gegen die auf der Washingtoner Konferenz vom 3. Dezember 1998 "in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden" aufgestellten Washingtoner Grundsätze. Wie schon der den Grundsätzen vorangestellten Einleitung entnommen werden kann, handelt es sich dabei nicht um einen völkerrechtlich bindenden Vertrag, sondern lediglich um eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung, die folglich auch nicht nach Art. 59 Abs. 2 GG in revisibles Bundesrecht transformiert wurde. Rechtlich gleichermaßen unverbindlich sind die Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vom 9. Dezember 1999 nebst Handreichung von Februar 2001/November 2007.

44

Abgesehen davon sind die Washingtoner Grundsätze vorliegend schon in der Sache nicht einschlägig. Die Prinzipien betreffen nach ihrer Nr. 1 nur solche Kunstwerke, "die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Folge nicht zurückerstattet wurden". Zum Verhältnis von Rückgabe und Kulturgutschutz verhalten sie sich nicht. Ihr Anliegen ist die Identifizierung beschlagnahmter und nicht zurückerstatteter Kunstwerke. Zu diesem Zweck sollen der Provenienzrecherche einschlägige Unterlagen und Archive zugänglich gemacht werden, ausreichend Mittel und Personal zur Verfügung gestellt werden und alle Anstrengungen unternommen werden, um durch Veröffentlichungen sowie Einrichtung eines zentralen Registers mit entsprechenden Informationen die Vorkriegseigentümer oder ihre Erben ausfindig zu machen (Nr. 1, 2, 3, 5 und 6). Sofern die Vorkriegseigentümer oder ihre Erben ausfindig gemacht werden können, sollen rasch die nötigen Schritte unternommen werden, um eine gerechte und faire Lösung zu finden, wobei diese je nach den Gegebenheiten und Umständen des spezifischen Falls unterschiedlich ausfallen könne (Nr. 8). Dabei anerkennt die Washingtoner Konferenz in der Einleitung ausdrücklich, dass die Teilnehmerstaaten unterschiedliche Rechtssysteme haben und die Länder im Rahmen ihrer eigenen Rechtsvorschriften handeln. Hierzu gehören auch die Regelungen des Kulturgutschutzgesetzes.

45

Die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf nach § 1 Abs. 6 VermG restituierte Kulturgüter begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die vermögensrechtlichen Ansprüche für Bürger und Vereinigungen, denen durch NS-Verfolgungsmaßnahmen auf dem Gebiet der späteren DDR und des sowjetischen Sektors von Berlin Vermögenswerte entzogen wurden, sind durch die Vorschrift des § 1 Abs. 6 VermG konstitutiv und damit von vornherein mit den Belastungen durch das Kulturgutschutzgesetz begründet worden.

46

In der Rechtsprechung des Senats ist bereits geklärt, dass die Eintragung eines Kulturgutes in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes und die damit verbundenen Ausfuhrbeschränkungen keine Enteignung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG, sondern eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen. Den mit der Eintragung verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen wird angemessen Rechnung getragen (vgl. §§ 8, 1 Abs. 3 KultgSchG), nach fünf Jahren kann bei wesentlicher Veränderung der Umstände die Löschung der Eintragung beantragt werden (§ 7 Abs. 1 KultgSchG). Das Kulturgutschutzgesetz ist insgesamt auf einen gerechten Ausgleich der öffentlichen und privaten Interessen angelegt (Urteil vom 27. Mai 1993 - BVerwG 7 C 33.92 - BVerwGE 92, 288 ff. = Buchholz 406.391 Kulturgutschutz Nr. 2).

47

Für das vorläufige Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG gilt nichts anderes. Es soll sicherstellen, dass während des schwebenden Verfahrens bis zur Unanfechtbarkeit der Eintragung nicht dadurch vollendete Tatsachen geschaffen werden, dass das Kulturgut aus dem Geltungsbereich des Gesetzes verbracht wird. Diese Zielsetzung ist verfassungsrechtlich legitim. Das folgt schon aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 5a GG (ex Art. 74 Nr. 5), der "den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung in das Ausland" zum Gegenstand bundesgesetzlicher Fürsorge macht und so die in dieser Hinsicht bestehende besondere Sozialpflichtigkeit der Eigentümer von Kulturgut unterstreicht. Überdies erfasst das Kulturgutschutzgesetz die Eigentumsobjekte ausschließlich in ihrer sozialen Funktion; sie müssen nämlich "national" wertvoll, d.h. "nach ihrer künstlerischen Eigenart, nach ihrem kulturellen Wert oder durch ihre Bedeutung für die kulturelle Entwicklung in Deutschland als dauernd besonders wertvoller Bestandteil deutschen Kulturbesitzes anzusehen" sein. Der Schutz solcher Eigentumsobjekte gegen Abwanderung dient mithin allein einem qualifizierten öffentlichen Interesse an der Bewahrung herausragender deutscher Kulturgüter (Urteil vom 27. Mai 1993 a.a.O. Rn. 15). Ohne vorläufiges Ausfuhrverbot während des Eintragungsverfahrens könnte dieser Schutz nicht gewährleistet werden.

48

Das Ausfuhrverbot nach § 4 Abs. 1 KultgSchG führt nicht zu einer übermäßigen Belastung des Eigentümers und ist daher auch in wirtschaftlicher Hinsicht zumutbar. Verfügungen im Inland bleiben in jeder Hinsicht uneingeschränkt möglich und auch Veräußerungen in das Ausland sind rechtlich nicht ausgeschlossen. Zudem ist das Ausfuhrverbot nur vorläufig, auch dürfte das Eintragungsverfahren in der Regel in einem angemessenen Zeitraum abgeschlossen werden; nach Unanfechtbarkeit der Eintragung kann eine Ausfuhrgenehmigung beantragt werden. Der Gesetzgeber hat zwar für die (atypischen) Fälle, in denen das Eintragungsverfahren unzumutbar lang dauert, keine Regelung getroffen. Diese Lücke kann aber mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG dadurch geschlossen werden, dass die Betroffenen bei unzumutbarer Verfahrensdauer so gestellt werden wie die Eigentümer bereits unanfechtbar eingetragener Kulturgüter. Ihnen steht daher in solchen Fällen ausnahmsweise in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 KultgSchG ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung zu. Der dagegen vom Vertreter des Bundesinteresses erhobene Einwand, der zur Entscheidung über die Ausfuhrgenehmigung berufene Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) müsste seine Entscheidung in solchen Fällen auf eine hypothetische Einschätzung des Wertes stützen und die Bewertung durch den vor Erteilung der Ausfuhrgenehmigung zu hörenden Gutachterausschusses vorwegnehmen, greift nicht durch. Der Gutachterausschuss nach § 5 Abs. 2 KultgSchG ist vor jeder Entscheidung über die Ausfuhrgenehmigung anzuhören. Seine Beteiligung hat gerade den Zweck, dem BKM den notwendigen Sachverstand zu verschaffen und sich vor allem zu den öffentlichen Belangen zu äußern (Bernsdorff/Kleine-Tebbe, Kulturgutschutz in Deutschland, 1996, § 5 Rn. 4). Regionalen oder landesspezifischen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass zwei der fünf Sachverständigen des Ausschusses auf Vorschlag des Landes berufen sind, in dessen Verzeichnis das Kulturgut eingetragen ist (bzw. eingetragen werden soll). Überdies dürfte gerade in den atypischen Fällen mit unzumutbar langer Verfahrensdauer der nach § 2 Abs. 2 KultgSchG zu beteiligende Sachverständigen-Ausschuss des jeweiligen Bundeslandes in der Regel - so auch hier - schon eine fachliche Stellungnahme abgegeben haben, die in die Entscheidungsfindung einbezogen werden kann.

49

Das Ausfuhrverbot des § 4 KultgSchG steht im Einklang mit Unionsrecht. Zwar sind mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen nach Art. 34, 35 AEUV grundsätzlich verboten. Vom Grundsatz des freien Warenverkehrs darf aber nach Art. 36 AEUV u.a. dann abgewichen werden, wenn es um den Schutz nationalen Kulturgutes von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert geht, sofern entsprechende nationale Schutzvorschriften weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. Das ist beim Kulturgutschutzgesetz, das sich nur auf national wertvolles Kulturgut bzw. auf das für den deutschen Kulturbesitz wesentliche Kulturgut beschränkt, mithin einen international üblichen, "normalen" Kunst- und Antiquitätenhandel weder verhindert noch erschwert, ersichtlich nicht der Fall (Urteil vom 27. Mai 1993 a.a.O. Rn. 18). Der Einwand der Kläger, die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes auf Vermögenswerte, die nach § 1 Abs. 6 VermG restituiert wurden, stelle eine willkürliche Diskriminierung dar, liegt aus den o.g. Gründen neben der Sache.

50

Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, dass auch die Europäische Union seit 1992 verbindliche Regelungen zur Ausfuhr von Kulturgütern hat, nach denen die Ausfuhr von Kulturgütern einer Genehmigung bedarf, die verweigert werden kann, wenn die betreffenden Kulturgüter unter eine Rechtsvorschrift zum Schutz national wertvollen Kulturgutes fallen (vgl. Art. 2 Abs. 1 und 2 Unterabs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3911/92 des Rates vom 9. Dezember 1992, ABl L 395/1, sowie Art. 2 Abs. 1 und 2 Unterabs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008, ABl L 39/1).

51

cc) Das Einleitungsverfahren leidet nicht an materiellen Rechtsfehlern, die zu seiner Einstellung führen müssten.

52

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Einleitung eines Eintragungsverfahrens ebenso wie die Eintragung als solche nicht in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. Allerdings sind die jeweils anzulegenden Prüfungsmaßstäbe unterschiedlich streng. Während die Entscheidung über die Eintragung eine sorgfältige Prüfung erfordert, ob das betreffende Kulturgut tatsächlich als national wertvoll einzustufen ist, weil seine Abwanderung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einen wesentlichen Verlust für den gesamten deutschen Kulturbesitz bedeuten würde (vgl. BTDrucks 2/76 S. 7), reicht es für die Einleitung eines Verfahrens aus, wenn tragfähige und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das betreffende Kulturgut national wertvoll i.S.d. § 1 Abs. 1 KultgSchG ist. Erscheint eine Eintragung danach nicht von vornherein als ausgeschlossen, hat die zuständige Behörde das Verfahren einzuleiten. Anderenfalls würde der Gesetzeszweck verfehlt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - Kulturgüter betroffen sind, deren Abwanderung aus dem Bundesgebiet konkret droht. Davon ausgehend begegnet die Verfahrenseinleitung vorliegend angesichts der vom zuständigen Ausschuss nach § 2 Abs. 2 KultgSchG abgegebenen Stellungnahme vom 17. März 2005, die sich für eine Eintragung der Musikbibliothek ausspricht und dies näher begründet, keinen Bedenken.

53

Der Rüge der Kläger, die Schreiben vom 27. August 2004 und 13. August 2010 seien zu unbestimmt, weil darin nur auf nicht detailliert bezeichnete Einheiten der Musikbibliothek Bezug genommen werde, geht fehl. Ungeachtet dessen, dass die Kläger selbst es bei Abschluss des Vertrages zur Übereignung der Musikbibliothek als ausreichend erachtet haben, in § 1 zur Beschreibung des Vertragsgegenstandes auf den Zettelkatalog der Stadtbibliothek L. zu verweisen, ist ihre Rüge auch in der Sache nicht begründet. Die Einleitung dient - wie ausgeführt - allein dazu, das Verfahren in Gang zu setzen und mit Hilfe des vorläufigen - strafbewehrten - Ausfuhrverbots sicherzustellen, dass vor der abschließenden (bestandskräftigen) Entscheidung über die Eintragung keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Hierfür reicht es aus, wenn sich für den Betroffenen ausgehend von seinem Empfängerhorizont aus der Mitteilung über die Einleitung des Verfahrens - ggf. in Verbindung mit der öffentlichen Bekanntmachung - hinreichend deutlich ergibt, welche Kulturgüter Gegenstand des Verfahrens sind und vom Ausfuhrverbot erfasst werden. Diesen Anforderungen genügen die Schreiben vom 27. August 2004 und 13. August 2010. Im Schreiben vom 27. August 2004 wird der Inhalt der in der Stadtbibliothek L. befindlichen Musikbibliothek ausführlich beschrieben und zudem auf die vollständige Erfassung der Altbestände im "Repertoire International des Sources Musicales" (RISM) Bezug genommen. Die öffentliche Bekanntmachung im Sächsischen Amtsblatt vom 30. September 2004 (Nr. 40, S. 1039) verweist ebenfalls auf das RISM, Katalog und Jahrbuch der Musikbibliothek und bibliographische Veröffentlichungen der Stadt L. Das Schreiben vom 13. August 2010 bezieht sich ausdrücklich auf den sog. "Berliner Teilbestand", wie er Gegenstand des vom Land Berlin betriebenen Eintragungsverfahrens war und macht sich insoweit die Mitteilung der Senatsverwaltung Berlin vom 26. August 2004 zu eigen, in der die betroffenen 206 Einzelstücke aus der Musikbibliothek einzeln aufgeführt sind. Von einer mangelnden Konkretisierung kann daher nicht die Rede sein.

54

dd) Die Einleitung des Eintragungsverfahrens erweist sich nicht als rechtsmissbräuchlich. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt der Umstand, dass das Verfahren nicht schon 1990, sondern erst 2004 eingeleitet worden ist, keine Rückschlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zu. Die Einleitung des Verfahrens (erst) im Sommer 2004 beruht erkennbar darauf, dass die Stadt L. die Musikbibliothek zunächst als nicht von dem Restitutionsbescheid erfasst betrachtete und aufgrund der mit der C. ... GmbH & Co. KG auf unbestimmte Zeit geschlossenen Dauerleih- und Verwahrungsverträge bis zur (teilweisen) Kündigung der Verträge im Sommer 2004 keine Abwanderung der Musikbibliothek drohte. In § 1 Nr. 3 des Dauerleih- und Verwahrungsvertrages von Mai/Juni 1998 hatte die C. ... GmbH & Co. KG sich in Anbetracht der historischen Bedeutung der Musikbibliothek Peters für die Stadt L. und die gesamte Musikwelt verpflichtet, die Bestände der Musikbibliothek ohne zeitliche Begrenzung in L. zu belassen. Der treuhänderische Abschluss des Dauerleih- und Verwahrungsvertrages ist im Übrigen von den Klägern in § 7 Abs. 1 des Übereignungsvertrages von August/September 2005 ausdrücklich akzeptiert worden. Erst nachdem das durch die o.g. Verträge begründete Vertrauen auf einen dauerhaften Verbleib der Musikbibliothek in L. durch deren teilweise Kündigung im Sommer 2004 entfallen war und verschiedene Einzelstücke herausgegeben werden mussten, ist die für die Einleitung des Eintragungsverfahrens zuständige oberste Landesbehörde informiert und das Verfahren von dort im August 2004 zeitnah eingeleitet worden.

55

Anhaltspunkte dafür, dass die Verfahrenseinleitung in Wahrheit nicht darauf zielte, die drohende Ausfuhr zu verhindern, sondern den Verkaufswert der Musikbibliothek und/oder besonderer Stücke zu mindern, um so einen Erwerb durch die Stadt L. zu ermöglichen oder zu erleichtern, sind nach den von den Klägern nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht ersichtlich.

56

Hinweise für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen der Kläger, die Stadt L. habe nicht nur die Wolff-Dieter Freiherr Speck von Sternburg-Sammlung (mit 202 Gemälden, 126 Zeichnungen, mehr als 500 druckgrafischen Blättern sowie einem hervorragenden Bestand an Illustrierten, Büchern und Kunstliteratur aus der Zeitspanne vom 14. bis zum 19. Jahrhundert) zurückgegeben, sondern auch diverse Gemälde aus dem Museum der Bildenden Künste der Stadt L. an sie restituiert, ohne sich auf Kulturgutschutz zu berufen. Abgesehen davon, dass die Kläger insoweit einen Sachverhalt vortragen, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat, kommt es für die Frage, ob das Eintragungsverfahren vorliegend rechtsmissbräuchlich eingeleitet worden ist, auf die Restitutionspraxis der Stadt L. nicht an. Die Kläger übersehen, dass die Restitution von Vermögensgegenständen nach dem Vermögensgesetz von ihrer Unterschutzstellung nach dem Kulturgutschutzgesetz zu unterscheiden ist und für die Restitution bzw. Eintragung jeweils unterschiedliche Behörden zuständig sind. Während die Rückgabe die Wiedereinräumung der Eigentümerstellung bewirkt, dient die Eintragung nach dem Kulturgutschutzgesetz allein dazu, die Abwanderung national wertvollen Kulturgutes aus der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern. Die Restitution schließt eine nachfolgende Eintragung daher ebenso wenig aus wie eine bereits erfolgte Eintragung die Restitution.

57

Das Verfahren ist schließlich nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil es schon seit mehr als sieben Jahre andauert. Zwar war der Beklagte während des laufenden Gerichtsverfahrens nicht gehindert, das Verfahren fortzuführen und über die Eintragung der Musikbibliothek zu entscheiden. Sein Vorbringen, er habe nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen wollen und sei, sofern man die Einleitung als Verwaltungsakt qualifiziere, durch die aufschiebende Wirkung der Klage an einer Fortsetzung des Verfahrens gehindert gewesen, liegt neben der Sache. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, das Verfahren werde rechtsmissbräuchlich in die Länge gezogen, zumal es nach den Erläuterungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die Erörterungen im Termin vor dem Oberverwaltungsgericht seinen Fortgang genommen hat und noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Zudem bleibt es den Eigentümern bei unzumutbarer Verfahrensdauer unbenommen, in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 KultgSchG eine Ausfuhrgenehmigung zu beantragen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.