Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 173/17

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:0827.4A173.17.00
bei uns veröffentlicht am27.08.2018

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 23.11.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2017 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zur Entrichtung von Abwassergebühren.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstückes A-Straße in A-Stadt.

3

Die amtsangehörige Gemeinde A-Stadt erließ für ihr Gemeindegebiet eine Satzung über die Abwasserbeseitigung vom 24. November 1997 (Abwasserbeseitigungssatzung) und eine dazugehörige Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung vom 24. November 1997 (Gebührensatzung).

4

Die Gebührensatzung sah in § 4 zunächst einen Gebührensatz von 1,40 Euro je cbm Abwasser vor. Diesem Gebührensatz lag eine Kalkulation aus dem Jahr 2004 zugrunde, in welcher die Kosten der Teichanlage A-Stadt für das Jahr 2004 und den sich daraus ergebenden Gebührensatz von 1,41 Euro kalkulierte sind. Der Finanzausschuss empfahl im Zusammenhang mit der Kalkulationserstellung eine Absenkung auf 1,40 Euro.

5

Mit 6. Änderungssatzung vom 28.09.2016 änderte die Gemeinde den Gebührensatz in § 4 der Gebührensatzung mit Wirkung zum 01.10.2016 dahingehend, dass sie nunmehr eine monatliche Grundgebühr i.H.v. 6,00 Euro pro Grundstück einführte und eine erhöhte Zusatzgebühr von 1,80 je cbm Schmutzwasser festschrieb. Dieser Änderung lag eine am 08.09.2016 erstellte Kalkulation zugrunde, die als „Schmutzwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt“ „Kalkulation 2017-2019“ überschrieben ist. Die Kalkulation weist Kosten und Erlöse aus, die nach den Jahren 2015 bis 2019 aufgegliedert sind. Sie weist zudem „Bestände zum 31.12. eines Jahres“ aus. Unter dem Punkt „2.“ enthält die Kalkulation den durch die Gemeinde A-Stadt umgesetzten Vorschlag zur „Gebührenerhöhung incl. Grundgebühr“, wobei in dieser Variante der Kalkulation eine „Gebühr je cbm Schmutzwasser ab 2017“ in Höhe von 1,80 Euro und die Einführung einer Grundgebühr „ab 2017“ vorgeschlagen werden.

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Als Erhebungszeitraum sah § 7 Gebührensatzung zunächst das Kalenderjahr vor. Mit 7. Änderungssatzung vom 15.05.2017 änderte die Gemeinde A-Stadt § 7 der Gebührensatzung rückwirkend zum 01.10.2015 dahingehend, dass nunmehr die Zeit vom 01.10. eines Jahres bis zum 30.09. des Folgejahres den Erhebungszeitraum darstellt.

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Die Gebührensatzung endet mit „§ 12 Ordnungswidrigkeiten“. Unter dieser Vorschrift findet sich kein weiterer Text.

8

Der Beklagte übersandte den Klägern am 23.11.2016 ein Schreiben, welches er als „Abrechnung Abwassergebühren für den Zeitraum 01.10.2015 bis 30.09.2016“ […] „für: A-Straße“ überschrieb. Unter „Abrechnung Kanal“ führte der Beklagte den „Abrechnungsbetrag“ i.H.v. 63,00 Euro auf. Das Schriftstück weist einen Verbrauch von 45 cbm aus, den der Beklagte mit der Gebühr i.H.v. 1,40 Euro multiplizierte und hieraus den Betrag von 63,00 Euro errechnete. Unter „Neue Abschläge Kanal“ wies der Beklagte eine „Abschlagsrate“ von 25,00 Euro aus, die er mit vier Terminen multiplizierte und auf diese Weise „Gesamtabschläge“ i.H.v. 100,00 Euro errechnete. Das Schriftstück enthält ferner den nachfolgenden Text: „Ab dem 01.10.2016 beträgt die monatliche Grundgebühr 6,00 €. Die Verbrauchsgebühr steigt von 1,40 € auf 1,80 € je m³ Schmutzwasser“.

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Die Kläger wandten sich mit ihrem Widerspruch vom 30.11.2016 gegen dieses Schreiben und „vornehmlich gegen die für die nächste Gebührenperiode vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2017 festgesetzten Vorauszahlungen“. Die sich gegenüber der vorherigen Abrechnungsperiode ergebende Gebührensteigerung i.H.v. 243 % sei nicht nachvollziehbar. Die maßgebliche Kalkulation sei vorzulegen.

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Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2017 als unbegründet zurück. Er führte aus, dass die Gebührenerhöhung zum Ausgleich eines Gebührenfehlbetrages, aufgrund gestiegener Kosten der Schmutzwasserbeseitigung und notwendiger Reparaturen geboten sei. Dem Widerspruchsbescheid fügte er die vorgenannte Kalkulation aus dem Jahr 2016 bei. Der Widerspruchsbescheid enthielt zudem die Aussage, dass der Beklagte mit dem Schreiben vom 23.11.2016 unter anderem Vorausleistungen für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2017 festgesetzt habe.

11

Die Kläger haben am 07.03.2017 Klage erhoben.

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Sie tragen zur Begründung unter anderem vor, dass das angegriffene Schreiben des Beklagten vom 23.11.2016 unverständlich sei. Die Abrechnung der Abwassergebühren erfülle nicht die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes. Es komme nicht hinreichend zum Ausdruck, dass eine Entscheidung mit verbindlicher Rechtswirkung nach außen getroffen werden solle. Der Beklagte habe in dem Schreiben zudem vier Vorauszahlungen i.H.v. insgesamt 100,00 Euro vorgesehen. Dabei handele es sich ebenfalls nicht um eine Festsetzung im Sinne eines Verwaltungsaktes, sondern um eine bloße Mitteilung. Dem Bescheid sei der Vorauszahlungszeitraum nicht ausdrücklich zu entnehmen, erst im Widerspruchsbescheid sei eine Klarstellung über den Zeitraum der Vorauszahlungen vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2017 erfolgt. Es sei unverständlich, dass das Wort „Kanal“ unter dem Punkt „Neue Abschläge“ aufgeführt sei. Es bleibe völlig unklar, was hiermit gemeint sei.

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Jedenfalls fehle es hinsichtlich der Festsetzung der Gebühren an einer ausreichenden Rechtsgrundlage. Der angegriffene Bescheid und die ihm zugrundeliegende Satzungsregelung beruhten auf einer nicht ausreichenden Kalkulation. Die seitens des Beklagten vorgelegte Kalkulation umfasse den Zeitraum von 2017 bis 2019. Die Einführung einer Grundgebühr und die Erhöhung der Verbrauchsgebühr zum 01.10.2016 durch die Satzung zur 6. Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt vom 24. November 1997 sei deswegen rechtswidrig.

14

Die streitigen „Abschläge“ habe man gezahlt. Der Beklagte habe sodann mit Bescheid vom 27.11.2017 endgültig über die Abwassergebühren des Zeitraumes vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 abgerechnet und insoweit eine Gebührenschuld von 176,40 Euro ermittelt. Diesen Bescheid habe man mit Widerspruch und Klage (4 A 142/18) ebenfalls angegriffen.

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Die Kläger beantragen,

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den gegen sie erlassenen Abwassergebührenbescheid (bezeichnet als Abrechnung Abwassergebühren) vom 23.11.2016 mit der Steuer-Nr. xx / xxx xxx xx / xxx in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2017 aufzuheben und

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hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 23.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2017 rechtswidrig ist.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Zur Begründung führt er insbesondere aus, dass der angefochtene Bescheid ein Verwaltungsakt sei. Es komme hinreichend zum Ausdruck, dass es sich um die Abrechnung für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 handele und zum anderen um Vorauszahlungen zu den im Bescheid benannten vier Terminen. Unklarheiten seien spätestens durch den Widerspruchsbescheid ausgeräumt. Die Formulierung der Zahlungsaufforderung als Bitte sei unschädlich.

21

Die hinsichtlich des Vorausleistungszeitraumes vorgelegte Kalkulation erstrecke sich auf den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2019. In der zunächst geltenden Gebührensatzung habe die Gemeinde A-Stadt demgegenüber zwar zunächst das Kalenderjahr als Erhebungszeitraum benannt. Die Gemeinde habe diese Regelung jedoch rückwirkend zum 01.10.2015 geändert und als Erhebungszeitraum nunmehr den 01.10 eines Jahres bis zum 30.09. des Folgejahres bestimmt.

22

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang im vorliegen-den Verfahren und in dem parallel verhandelten Verfahren 4 A 142/18 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 1 VwGO zulässig.

24

1. Insbesondere ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart, wenn der Kläger die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehrt. Bei dem angegriffenen Schreiben vom 23.11.2016 handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Nach § 35 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere öffentlich-rechtliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ob eine behördliche Äußerung als formlose Mitteilung bzw. Zahlungsaufforderung oder als Leistungsbescheid in Gestalt eines anfechtbaren Verwaltungsaktes zu qualifizieren ist, richtet sich nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt (BVerwG, Urt. v. 26.10.1978 – V C 52.77, BVerwGE 57, 26-31, Rn. 17 juris).

25

Zwar ist das Schreiben des Beklagten vom 23.11.2016 nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet. Aus dem Schriftstück wird aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (§§ 133,157 BGB analog) gleichwohl noch hinreichend deutlich ersichtlich, dass der Beklagte gegenüber den Klägern hoheitliche Regelungen eines Einzelfalles mit Außenwirkung getroffen hat. Der Beklagte hat in dem streitbefangenen Bescheid einerseits die zu entrichtenden Abwassergebühren für die Gebührenperiode vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 in Höhe von 63,00 Euro festgesetzt. Dies ergibt sich aus der Kombination der Überschrift „Abrechnung Abwassergebühren“ und dem Zusatz „für den Abrechnungszeitraum vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016“ sowie der Angabe „Wasserbezug zum 30.09.16“ „45 cbm“ zu „1,40 EUR“ und der im Wege der Multiplikation errechneten Angabe des „Abrechnungsbetrages“ in Höhe von „63,00 Euro“. Der Beklagte hat den Klägern durch das Schreiben vom 23.11.2016 nicht lediglich formlos eine zu zahlende Summe mitgeteilt, sondern die von ihnen zu entrichtenden Gebühren anhand ihres tatsächlichen Verbrauchs errechnet. Dies ist als Festsetzung mit Regelungscharakter zu qualifizieren, da der Beklagte mittels des Bescheides eine Konkretisierung der von den Klägern geschuldeten Abwassergebühren für den streitbefangenen Erhebungszeitraum vorgenommen hat. Spätestens in dem streitbefangenen Widerspruchsbescheid hat der Beklagte nochmals klargestellt, dass er mit „dem Bescheid vom 23.11.2016 Abwassergebühren für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 abgerechnet“ hat.

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Gleichzeitig hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 23.11.2016 Vorausleistungen für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2017 in Höhe von vier Mal 25,00 Euro festgesetzt. Dies hat der Beklagte spätestens in dem Widerspruchsbescheid, in dessen Gestalt der Ausgangsbescheid zu beurteilen ist, nochmals eindeutig klargestellt. Dieser enthält die Aussage, dass der Beklagte mit dem Bescheid vom 23.11.2016 Vorauszahlungen für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2017 festgesetzt habe.

27

Die Kläger haben durch ihr Widerspruchsschreiben, in welchem sie das Schriftstück des Beklagten vom 23.11.2016 als „Abrechnungsbescheid“ bezeichnen und auf die in diesem erfolgte Abrechnung über die Gebührenperiode vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 sowie die Festsetzung von Vorauszahlungen für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2017 verweisen, zudem eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie die Schreiben des Beklagten selbst als Verwaltungsakt gedeutet haben.

28

2. Ferner steht den Klägern das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Es ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass der angegriffene Verwaltungsakt hinsichtlich des die Vorausleistungen festsetzenden Teils durch den Erlass des endgültigen Gebührenbescheides vom 27.11.2017, in welchem der Beklagte die Abwassergebühren für den vom Vorausleistungsbescheid betroffenen Zeitraum endgültig festsetzt hat, vollständig abgelöst und damit hinsichtlich seiner Regelungswirkung erledigt worden wäre.

29

Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, Beschl. v. 25.09.2008 – 7 C 5.08, Rn. 13 juris und v. 17.11.1998 – 4 B 11.98, Rn. 9 juris). Das Rechtsschutzinteresse für eine Klage gegen einen Vorausleistungsbescheid entfällt in diesem Sinne, soweit dessen Regelung durch einen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst und der Vorausleistungsbescheid insoweit erledigt wird (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 14.09.2017 – 2 LB 14/16, Rn. 30 juris).

30

Einem Vorausleistungsbescheid kommen in der Regel zwei rechtlich selbstständige Regelungen zu. Dies ist einerseits die – vorläufige – Festsetzung des vom Gebührenschuldner zu entrichtenden Betrages und andererseits ein an den Adressaten des Bescheides gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrages (VGH Mannheim, Urt. v. 12.10.2010 – 2 S 2555/09, Rn. 16 juris; BVerwG, Beschl. v. 19.12.1997 – 8 B 244/97, Rn. 9 juris). Beide Regelungsgegenstände sind bei der Beurteilung der Ablösungswirkung grundsätzlich in den Blick zu nehmen.

31

So liegt es auch hier. Der Bescheid vom 23.11.2016 enthält wie zuvor dargelegt Regelungen zur Festsetzung der zu entrichtenden Vorausleistungen auf die Abwassergebühren und den damit verbundenen Zahlungsbefehl über vier Mal 25,00 Euro.

32

a) Zwar ist das Leistungsgebot durch die Zahlung der Kläger auf die in dem Bescheid festgesetzten Vorauszahlungen erloschen (s. zur Erledigung des Leistungsgebotes durch Zahlung VGH Mannheim, Urt. v. 12.10.2010 – 2 S 2555/09, Rn. 16 juris). Der durch die Zahlung gegenstandslos gewordenen Zahlungsaufforderung kommt nämlich keine eigenständige, die Gebührenschuldner weiter belastende Regelungswirkung mehr zu (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 19.12.1997 – 8 B 244/97, Rn. 9 juris).

33

b) Die Festsetzung der geschuldeten Vorausleistungen ist durch den Erlass des endgültigen Gebührenbescheides vom 27.11.2017 jedoch nicht in seiner Regelungswirkung erledigt worden. Zwar rechnete der Beklagte mit diesem Bescheid die Abwassergebühren für denjenigen Zeitraum endgültig ab, für den die vorgenannten Vorauszahlungen zu entrichten waren. Er setzte insoweit eine Gebührenschuld von 176,40 Euro fest. Die bisherige vorläufige Regelung über die Festsetzung von Abwassergebühren i.H.v. von 100,00 Euro wurde damit grundsätzlich hinfällig. Mit dem Erlass des endgültigen Gebührenbescheides bringt der Beklagte zum Ausdruck, dass er vom Entstehen der Gebührenpflicht in der im Bescheid bezeichneten Höhe ausgeht und an der im Vorausleistungsbescheid lediglich prognostizierten Gebührenlast nicht länger festhalten will. Durch den endgültigen Bescheid hat er die Rechtslage mittels der finalen Konkretisierung der Gebührenlast neu gestaltet und einen dauerhaften Behaltensgrund für die entrichteten Zahlungen geschaffen.

34

Die Ablösungswirkung scheitert gleichwohl an der nicht eingetretenen Bestandskraft des endgültigen Heranziehungsbescheides vom 27.11.2017. Das erkennende Gericht hat diesen endgültigen Heranziehungsbescheid in dem parallel verhandelten Verfahren 4 A 142/18 mit Urteil vom 27.08.2018 aufgehoben. Die Frage, ob die einen Vorausleistungsbescheid ablösende Wirkung des endgültigen Abgabenbescheids von dessen Bestandskraft abhängt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet (bejahend OVG Schleswig, Urt. v. 14.04.2016 – 2 LB 1/16, Rn. 44 juris; überblicksartige Darstellung in VGH Mannheim, Urt. v. 12.10.2010 – 2 S 2555/09, Rn. 17 juris). Teilweise wird es für ausreichend erachtet, dass der endgültige Heranziehungsbescheid wirksam wird (siehe OVG Thüringen, Beschl. v. 29.06.2001 – 4 ZEO 917/97, juris; VGH Mannheim, Urt. v. 12.10.2010 – 2 S 2555/09, juris). Hiernach komme es nicht auf das Schicksal des endgültigen Bescheides an. Der Vorausleistungsbescheid lebe auch im Falle einer Aufhebung des endgültigen Heranziehungsbescheides durch das Gericht nicht wieder auf. Soweit auch der Bundesfinanzhof dieser Auffassung folgt (BFH, Vorlagebeschl. v. 23.06.1993 – X B 134/91, juris), liegt dieser Entscheidung die Auffassung zu Grunde, dass der Vorausleistungsbescheid und der Einkommenssteuerbescheid zueinander nicht im Verhältnis wie Erst- und Änderungsbescheid stehen, wie es jedoch das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Gebührenrechts für zutreffend erachtet (BVerwG, Beschl. v. 19.12.1997 – 8 B 244/97, Rn. 8 juris).

35

Die Auffassung, nach der es ausschließlich auf die Wirksamkeit des endgültigen Heranziehungsbescheides ankomme, vermag die Kammer vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen. Im Falle der erfolgreichen Anfechtungsklage hebt das Gericht den angegriffenen Vorausleistungsbescheid regelmäßig mit Wirkung für die Vergangenheit (ex-tunc Wirkung) auf. Dies hat zur Folge, dass der Vorausleistungsbescheid gemäß § 112 Abs. 2 LVwG weiterhin wirksam ist. Nach dieser Norm bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Dieser gesetzlichen Regelung liefe es zuwider, wenn man die bloße Wirksamkeit des endgültigen Heranziehungsbescheides für den Eintritt der Ablösungswirkung ausreichen ließe. Im Falle der rückwirkenden Aufhebung des endgültigen Heranziehungsbescheides existiert nämlich aus rechtlicher Perspektive zu keiner Zeit eine endgültige Regelung über die konkrete Gebührenschuld, welche die vorläufige Regelung des Vorausleistungsbescheides abzulösen vermag. Das Schicksal des endgültigen Bescheides ist demnach für den Fortbestand der Regelungswirkung des Vorausleistungsbescheides gerade entscheidend, weswegen die ablösende Wirkung erst mit der Bestandskraft des endgültigen Heranziehungsbescheides eintritt.

36

Der Vorausleistungsbescheid erledigt sich in dieser Fallkonstellation auch nicht durch bloßen Zeitablauf, da dieser Bescheid die Gebührenschuld seinem Regelungsgehalt nach vorläufig regelt und zwar grundsätzlich bis zu einer endgültigen Festsetzung der Gebührenschuld.

37

Im konkret zu beurteilenden Fall hat das erkennende Gericht den endgültigen Heranziehungsbescheid vom 27.11.2017 in dem parallel verhandelten Verfahren 4 A 142/18 durch Urteil vom 27.08.2018 mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben. Der Vorausleistungsbescheid entfaltet daher nach den vorgenannten Maßstäben weiterhin die ihm innewohnende Regelungswirkung.

38

II. Die Klage ist auch begründet.

39

Der streitbefangene Bescheid vom 23.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2017 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

40

1. Der Gebührenbescheid findet, soweit in diesem Abwassergebühren für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 festgesetzt worden sind, in § 6 Abs. 1 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt (Gebührensatzung) vom 24. November 1997 in der Fassung der 5. Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt (a.F.) sowie der Satzung über die Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt (Abwasserbeseitigungssatzung) seine Rechtsgrundlage.

41

a) Die Kammer hat bereits hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Gebührensatzung erhebliche Bedenken. Die dem erkennenden Gericht seitens des Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen enthalten – ebenso wie die im Internet abrufbaren Fassungen – keinerlei Informationen darüber, zu welchem Zeitpunkt die Satzung im Sinne des § 68 Satz 1 LVwG bekannt gemacht worden oder gem. § 69 LVwG in Kraft getreten ist. Die gemäß § 4 Abs. 2 GO erforderliche Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister sowie das nach § 66 Abs. 1 Nummer 4 LVwG auszuweisende Ausfertigungsdatum werden aus den vorgelegten Unterlagen ebenfalls nicht ersichtlich. Lediglich die 7. Änderungssatzung enthält eine entsprechende Ausfertigung. Letztlich kann dieser Gesichtspunkt jedoch aus dem nachfolgenden Grund dahinstehen.

42

b) Die maßgebliche Gebührensatzung der Gemeinde A-Stadt leidet jedenfalls an einem materiellen Satzungsfehler.

43

Die Satzungsbestimmung des § 4 Gebührensatzung a.F. über den Gebührensatz i.H.v. 1,40 Euro je cbm Abwasser verstößt gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 KAG und damit gegen höherrangiges Recht. Hiernach sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung decken. Die Kosten sind nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. Die erforderlichen Kosten sind in diesem Sinne regelmäßig im Rahmen einer (Voraus-)Kalkulation für eine Rechnungsperiode zu veranschlagen, um in einem weiteren Schritt unter Berücksichtigung der voraussichtlich in Anspruch genommenen Leistungseinheiten die Gebührenhöhe durch Satzung (§ 2 Abs. 1 KAG) festzulegen (OVG Schleswig Urt. v. 23.09.2009 – 2 LB 34/08, BeckRS 2010, 46355, beck-online).

44

Der Beklagte hat für den Erhebungszeitraum vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 keine Kalkulation erstellt und somit entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 KAG die erforderliche Ermittlung derjenigen Kosten unterlassen, die für den Erhebungszeitraum maßgeblich gewesen sind. Dem in § 4 Gebührensatzung a.F. festgeschriebenen Gebührensatz von 1,40 Euro liegt eine Gebührenkalkulation zugrunde, die aus dem Jahr 2004 datiert. Sie enthält keine Daten über die (voraussichtlichen) Kosten des streitgegenständlichen Erhebungszeitraumes. Die Kalkulation berücksichtigt vielmehr ausschließlich Kosten der Abwasserbeseitigung des Jahres 2004.

45

Der in § 4 Gebührensatzung a.F. geregelte Gebührensatz i.H.v. 1,40 Euro ist wegen des Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Wird der Gebührensatz ohne Berücksichtigung der zu stellenden Anforderungen bestimmt, so ist er unabhängig davon ungültig, ob sich durch im Nachgang erstellte Berechnung nachweisen lässt, dass der in der Satzung bestimmte Gebührensatz – gleichsam zufällig - nicht aufwandsüberschreitend ist (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 23.08.2000 – 2 L 226/98 –, Rn. 51, juris). Die Gebührenschuldner sind im Rahmen des § 2 Abs. 1 KAG nicht allein vor einer den gebührenfähigen Aufwand überschreitenden Abgabenerhebung geschützt, sondern auch davor, dass die auf sie im Einzelfall entfallende Gebührenlast in rechtswidriger Weise ermittelt worden ist (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 23.08.2000 – 2 L 226/98 –, Rn. 49, juris).

46

2. Soweit in dem streitbefangenen Bescheid Vorausleistungen auf Abwassergebühren für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2016 festgesetzt worden sind, findet der Gebührenbescheid in § 6 Abs. 1 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt (Gebührensatzung) vom 24. November 1997 in der Fassung der 6. Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt vom 28. September 2016 sowie der Satzung über die Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt (Abwasserbeseitigungssatzung) seine Rechtsgrundlage.

47

§ 4 der Gebührensatzung i.d.F. der Satzung zur 6. Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung der Gemeinde A-Stadt vom 24.11.1997 widerspricht ebenfalls höherrangigem Recht. Die Satzungsbestimmung verstößt in Verbindung mit der ihr zugrundeliegenden Kalkulation gegen den gebührenrechtlichen Grundsatz der Periodengerechtigkeit.

48

Die satzungsrechtlichen Vorschriften zu zeitraumbezogenen Benutzungsgebühren müssen sicherstellen, dass sich Erhebungszeitraum und Kalkulationszeitraum decken, um zu gewährleisten, dass die Gebührenschuldner nur mit denjenigen Kosten belastet werden, die auf die betreffende Erhebungsperiode entfallen (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 22.08.2002 – 2 D 10/02.NE, 3. Leitsatz, LKV 2003, 278; vgl. auch Bayerischer VGH, Urt. v. 17.08.2017 – 4 N 15.1685 –, Rn. 28, juris und OVG Schleswig, Urt. v. 23.09.2009 – 2 LB 34/08, Rn. 60 juris). Dieser gebührenrechtliche Grundsatz der Periodengerechtigkeit wird zum Teil als zeitliche Ausprägung des Äquivalenzprinzipes betrachtet, bzw. aus dem Prinzip der Leistungsproportionalität oder speziellen Entgeltlichkeit hergeleitet (siehe Habermann, Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein, 1/2018, § 6 Rn. 190 m.w.N.). Er lässt sich zudem aus dem Kostenbegriff des § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG herleiten (Habermann, a.a.O., § 6 Rn. 190). Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG wird für die durch Benutzungsgebühren abzudeckenden Kosten auf die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung abgestellt. Kosten in diesem Sinne sind nach § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. Diese Grundsätze verlangen, dass für – wie hier – zeitraumbezogene Leistungen nur diejenigen Kosten umgelegt werden dürfen, die auf die maßgebliche Periode entfallen, für welche die Gebühr erhoben wird. Dieser Grundsatz wird zwar durch § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG modifiziert, wonach ungeachtet eines kürzeren Erhebungszeitraumes eine Kalkulation des Gebührensatzes für maximal drei Jahre ermöglicht wird. Für auf ein Jahr bezogene Erhebungszeiträume bedeutet eine Dreijahreskalkulation etwa, dass der Satzungsgeber eine „Mischkalkulation“ der Kosten von drei Erhebungsperioden aufstellen kann und mithin die in einer dieser Erhebungsperioden umgelegten Kosten nicht mehr zwingend den Kosten dieser Erhebungsperiode, sondern nur dem für drei Jahre ermittelten Jahreskostendurchschnitt entsprechen müssen (vgl. VG Potsdam, Urt. v. 25.05.2016 – 9 K 2234/13, BeckRS 2016, 47463, beck-online). § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG ermöglicht aber nicht die Durchschnittsbildung unter Einbeziehung von Kosten, die außerhalb von drei jährlichen Erhebungszeiträumen liegen.

49

Den vorgenannten Maßgaben genügt der in § 4 der Gebührensatzung geregelte Gebührensatz nicht.

50

Der mit der 6. Änderungssatzung in § 4 festgelegte Gebührensatz ist von der Gemeinde A-Stadt auf Basis einer Gebührenkalkulation vom 08.09.2016 ermittelt worden. Die Kalkulation erfasst zur Überzeugung der Kammer den Zeitraum vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2019. Dem Beklagten ist in seinem Vortrag, dass die Kalkulation den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2019 erfasse, nicht zu folgen. Gegen dieses Verständnis der Kalkulation spricht, dass dieser Zeitraum in keiner Weise aus der Kalkulation ersichtlich wird. Die Kalkulation wird vielmehr eindeutig als „Kalkulation 2017-2019“ bezeichnet. Bestände sind ebenfalls zum „31.12. eines Jahres“ ausgewiesen. Darüber hinaus sind erhöhte Gebühreneinnahmen nach einer neu einzuführenden Grundgebühr und der erhöhten Verbrauchsgebühr jeweils „ab 2017“ ausgewiesen und in der Kalkulation entsprechend ab dem Jahr 2017 auf der Erlösseite berücksichtigt. Die Kalkulation bezieht sich demnach offensichtlich auf die benannten Kalenderjahre. Hierfür spricht auch, dass die Gebührensatzung zum Zeitpunkt der Kalkulationserstellung (08.09.2016) das Kalenderjahr als Erhebungszeitraum vorgesehen hat. Die Gemeinde A-Stadt hat den Erhebungszeitraum erst nach Kalkulationserstellung durch die Satzung zur 7. Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung vom 15.05.2015 in § 7 Abs. 1 dahingehend geändert, dass rückwirkend seit dem 01.10.2015 der 01.10 eines Jahres bis zum 30.09. eines Folgejahres das Abrechnungsjahr darstellt.

51

Die Kalkulation berücksichtigt demnach die voraussichtlichen Kosten des Zeitraumes vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2019. Die Gebührenschuldner werden durch den in § 4 der Gebührensatzung (i.d.F. der 6. Änderungssatzung) niedergeschriebenen Gebührensatz schon ab dem 01.10.2016 mit den voraussichtlichen Kosten des gesamten Zeitraumes der Jahre 2017 bis 2019 und daher auch mit denjenigen periodenfremden Kosten, die für den Zeitraum vom 01.10. bis zum 31.12.2019 kalkuliert sind, belastet. Diese Kosten sind nicht Bestandteil des zulässigen dreijährigen Kalkulationszeitraumes i.S.v. § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG und der sich daraus ergebenden längstens zulässigen Kalkulationsperiode vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2019.

52

Der in § 4 Gebührensatzung geregelte Gebührensatz über die monatliche Grundgebühr von 6,00 Euro je Grundstück und 1,80 Euro je cbm Schmutzwasser ist wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Periodengerechtigkeit nach den oben genannten Grundsätzen unwirksam.

53

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 173/17

Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 173/17

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 173/17 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Referenzen - Urteile

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 173/17 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 173/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Endurteil, 17. Aug. 2017 - 4 N 15.1685

bei uns veröffentlicht am 17.08.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Siche

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 14. Sept. 2017 - 2 LB 14/16

bei uns veröffentlicht am 14.09.2017

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des U

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 14. Apr. 2016 - 2 LB 1/16

bei uns veröffentlicht am 14.04.2016

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer, Einzelrichter -vom 10. Oktober 2012 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. Okt. 2010 - 2 S 2555/09

bei uns veröffentlicht am 12.10.2010

Tenor Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. März 2009 - 1 K 1237/07 - werden zurückgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.Die Revision wird nicht zugelassen. Ta
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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 177/17

bei uns veröffentlicht am 27.08.2018

Tenor Die Bescheide des Beklagten vom 23.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2017 (      und         ) werden aufgehoben, soweit in diesen Abwassergebühren für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 30.09.2016 festgesetzt worden

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Aug. 2018 - 4 A 180/17

bei uns veröffentlicht am 27.08.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund d

Referenzen

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer für das letzte Quartal 2014 und gegen die festgesetzte Vorauszahlung der Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015.

2

Der Kläger, der im Jahre 19.. im Alter von x Jahren den Ort A... verließ, lebt in … und ist darüber hinaus Eigentümer seines Elternhauses, eines Reihenhauses im … in B..., nachdem seine Mutter ihm dieses mit notariellem Überlassungsvertrag vom 00.00.0000 übertragen hatte. Die Vereinbarung eines Nießbrauchvorbehalts bzw. eines lebenslangen Wohnrechts enthält der Vertrag trotz notarieller Belehrung in § 6 des Vertrages nicht. Gleichwohl sollte die Mutter die Immobilie unentgeltlich und bis zu ihrem Lebensende allein bewohnen.

3

Die Mutter lebt weiterhin in dem Reihenhaus. Der Kläger übernimmt alle, auch die verbrauchsabhängigen Kosten für die Immobilie.

4

Mit Bescheid vom 28. November 2014 zog die Beklagte den Kläger zu einer Vorauszahlung auf die Zweitwohnungssteuer für das 4. Quartal 2014 in Höhe von 243,78 € heran. Den dagegen erhobenen Widerspruch, den der Kläger damit begründete, dass der Nießbrauch nur nicht vereinbart worden sei, um die Anfechtung der Schenkung durch seine Schwester zu verhindern, aber klar gewesen sei, dass die Mutter bis zu ihrem Tode im … wohnen könne, wies die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. Dezember 2014 zurück.

5

Mit den hier streitgegenständlichen Bescheiden jeweils vom 20. Februar 2015 veranlagte die Beklagte den Kläger für das 4. Quartal 2014 zu einer Zweitwohnungssteuer in Höhe von 243,78 € und forderte zugleich eine Vorauszahlung auf die Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 in Höhe von 988,14 €.

6

Der Kläger, der die geforderten Beträge an die Beklagte gezahlt hat, legte hiergegen am 23. Februar 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er darauf, dass seine Mutter und er am 1. Januar 2015 einen Nutzungsüberlassungsvertrag geschlossen hätten, in dem folgendes geregelt werde:

7

„1. Der Sohn ... lässt seine Mutter ... in dem ihm von ihr übertragenen Haus … lebenslang kostenfrei wohnen.

8

2. Das Nutzungsrecht ist nicht auf andere übertragbar.

9

3. Der Vertrag endet automatisch mit dem Tod von ... .

10

4. Der Vertrag ist unwiderruflich und nicht kündbar.

11

5. Die Vertragspartner sind sich über die Tragweite dieses Vertrages im Klaren.“

12

Mit Bescheid vom 6. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die unentgeltliche tatsächliche Überlassung der Wohnung an die Mutter des Klägers seine rechtliche Verfügungsmacht und damit ein Innehaben der Wohnung nicht entfallen lasse. Der Nutzungsüberlassungsvertrag ändere hieran nichts; darin sei lediglich die unentgeltliche Überlassung der Wohnung geregelt.

13

Mit seiner hiergegen am 7. April 2015 erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft.

14

Während des erstinstanzlichen Verfahrens, und zwar mit Bescheid vom 25. Februar 2016 hat die Beklagte die Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 unverändert in Höhe der Vorauszahlung von 988,14 € festgesetzt. Auch hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 4. März 2016 Widerspruch eingelegt. Gleichzeitig hat er mit Schriftsatz vom 3. März 2016 beantragt, dieses Widerspruchsverfahren sowie das Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz in das Verwaltungsgerichtsverfahren einzubeziehen. Die Beklagte hat dem Antrag des Klägers auf Aussetzung der vorläufigen Vollziehung mit Schreiben vom 9. März 2016 stattgegeben und gleichzeitig im vorausgesetzten Einverständnis des Klägers das Widerspruchsverfahren analog § 94 VwGO bis zu einer Entscheidung im gerichtlichen Verfahren ruhen lassen.

15

Ohne seinen Antrag vom 3. März 2016 weiter zu verfolgen, hat der Kläger gerichtet gegen beide Bescheide vom 20. Februar 2015 beantragt,

16

den Zweitwohnungssteuerbescheid vom 20. Februar 2015 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 aufzuheben.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie hat zur Begründung ausgeführt, mit dem Nutzungsüberlassungsvertrag, der als Leihvertrag zu bewerten sei, habe der Kläger seine Verfügungsmacht ausgeübt, in dem er sich entschlossen habe, den Wohnraum unentgeltlich für Zwecke der persönlichen Lebensführung eines Familienangehörigen zu nutzen. Dies aber begründe die Steuerpflicht.

20

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 2. Kammer, Einzelrichter - hat der Klage mit Urteil vom 15. März 2016 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger besitze trotz der im Wege der Schenkung erlangten Eigentümerstellung keine Verfügungsmacht über das Grundstück. Dies begründe sich zwar nicht aus dem Nutzungsüberlassungsvertrag, da ein solcher nicht mit einem Mietvertrag über Wohnraum vergleichbar sei. Er stelle einen Leihvertrag dar, der gerade die Verfügungsmacht des Entleihers nicht entfallen lasse. Dennoch läge die Verfügungsmacht ausschließlich bei der Mutter, die das Haus allein bewohne und auch nur allein bewohnen dürfe. Der Kläger könne die Verfügungsmacht auch nicht zurückerlangen; denn die Mutter könne ein Herausgabeverlangen des Klägers jederzeit wirksam verweigern, da sie in diesem Fall die Schenkung wegen groben Undanks gemäß § 530 Abs. 1 BGB widerrufen könne.

21

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten, mit der sie ihre bisherige Argumentation wiederholt und vertieft und ergänzend geltend macht: Der Kläger könne jederzeit die Herausgabe des Grundvermögens verlangen, weil der Nutzungsüberlassungsvertrag vom 1. Januar 2015 nur zum Schein, und zwar zur Vermeidung der Zahlung von Zweitwohnungssteuer abgeschlossen worden und damit nichtig sei. Dies folge aus dem von ihnen beabsichtigten Zweck, die Schwester von jeglichen Erbansprüchen auszuschließen. Durch den Nutzungsüberlassungsvertrag, der rechtlich einem Nießbrauch gleichkäme, könnten sie dieses Ziel indes nicht mehr erreichen, weil die Mutter des Klägers durch die Schenkung ihr Grundvermögen noch nicht aus der Erbmasse ausgegliedert hätte. Demgemäß handele es sich bei der Gebrauchsüberlassung um eine solche tatsächlicher Art, die die Zweitwohnungssteuerpflicht nicht entfallen lasse.

22

Die Beklagte beantragt,

23

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 2. Kammer, Einzelrichter – vom 15. März 2016 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

24

Der Kläger beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Der Kläger verweist zur Begründung des Fehlens seiner Verfügungsbefugnis über die Immobilie auf das Urteil des Senats vom 22. Juli 2016 - 2 LB 12/16 -, bestätigt durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 2017 (- 9 B 64.16 -).

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

28

I. Die gegen den Bescheid über die Zweitwohnungssteuerveranlagung für das Jahr 2014 in Höhe von 243,78 € vom 20. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis dafür liegt vor, auch wenn der Vorauszahlungsbescheid vom 28. November 2014 bestandskräftig ist. Einwendungen gegen den Beitragsanspruch, die bereits bei Erlass des Vorauszahlungsbescheides bekannt waren, können gegenüber dem späteren Abgabenbescheid ebenso geltend gemacht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1974 - 4 C 26.73 -, beck-online).

29

Die gegen den Bescheid über die Zweitwohnungssteuervorauszahlung für das Jahr 2015 in Höhe von 988,14 € vom 20. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 gerichtete Anfechtungsklage ist ebenfalls zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis dafür liegt weiterhin vor. Das Klagebegehren hat sich nicht durch den am 25. Februar 2016 erlassenen endgültigen Bescheid über die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 in gleicher Höhe erledigt. Denn der endgültige, indes nicht bestandskräftige Bescheid ersetzt den Vorauszahlungsbescheid nicht.

30

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts tritt die Erledigung eines Verwaltungsaktes erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2008 - 7 C 5.08 -, juris, Rn. 13 und vom 17. November 1998 – 4 B 11.98 -, juris, Rn. 9, jeweils m.w.N.). Das Rechtsschutzinteresse für eine Klage gegen einen Vorausleistungsbescheid entfällt, soweit dessen Regelungsteile durch einen endgültigen Heranziehungsbescheid ersetzt werden, in gleicher Weise, als wenn ein ursprünglicher Bescheid in seinen Regelungsteilen durch einen nachfolgenden Änderungsbescheid ersetzt wird. Für die maßgeblich nach dem jeweiligen Landesrecht zu beurteilende Frage, ob eine solche ersetzende Wirkung eintritt, ist zu berücksichtigen, dass der Regelungsinhalt von vorläufigen wie endgültigen Abgabenbescheiden zwei Gegenstände haben kann, nämlich zum einen die Festsetzung der Abgabe und zum anderen die Zahlungsaufforderung; die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses hat dementsprechend gegebenenfalls beide Regelungsgegenstände in den Blick zu nehmen (BVerwG, Beschlüsse vom 19. Dezember 1997 - 8 B 244.97 - juris, Rn. 8f. und vom 31. Mai 2005 - 10 B 65.04 - juris, Rn. 5 mit Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1997 - 8 B 244.97 -, Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 251).

31

Gemessen an diesen Grundsätzen enthält der Vorauszahlungsbescheid eine eigenständige Regelung, und zwar die auf der Grundlage von § 3 Abs. 6 Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein (KAG) in der Fassung vom 10. Januar 2005 (GVOBl Schl. H. S. 27), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des KAG und der GO vom 15. Juli 2014 (GVOBl Schl.- H. S. 129) iVm. § 6 Abs. 2 Satz 2 der Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Stadt F... vom 16. Dezember 2010 (ZwWstS) in der Form der 1. Nachtragssatzung vom 20. Dezember 2013 ergehende Aufforderung der Gemeinde zur Vorauszahlung der Zweitwohnungssteuer, also den sogenannten Zahlungsbefehl. Wird danach eine Steuer als Jahressteuer erhoben, kann durch Satzung festgelegt werden, dass der Steuerpflichtige Vorauszahlungen auf die Steuer zu entrichten hat, die er für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden wird (§ 3 Abs. 6 KAG a. F.). Dementsprechend hat die Beklagte in § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZwWStS geregelt, dass die Stadt F... auf die zu erwartende Höhe der Jahressteuer, die für das vorangegangene Steuerjahr am Anfang des Folgejahres für das abgelaufene Kalenderjahr rückwirkend festgesetzt wird, Vorauszahlungen erheben kann. Die Vorauszahlungsverpflichtung ist nicht erst am Ende des Veranlagungsjahres – hier am 31. Dezember 2015 – bzw. mit dem Erlass des endgültigen Veranlagungsbescheides am 25. Februar 2016 fällig, sondern als Vorauszahlungsverpflichtung beginnend mit dem 15. März 2015 jeweils zum 15. Mai 2015, 15. August 2015 und 15. November 2015 (vgl. auch § 6 Abs. 3 ZwWStS). Insoweit schafft der Vorauszahlungsbescheid, bei dem es sich um einen sofort vollziehbaren Abgabenbescheid mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung eines dagegen eingelegten Widerspruchs von Gesetzes wegen entfällt (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), handelt, nicht nur die Vollstreckungsgrundlage, sondern bildet den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung im Falle der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung durch den Vollstreckungsschuldner bis zur Bestandskraft des endgültigen Abgabenbescheides. Das Begehren auf Erstattung des geleisteten Betrages und die damit verbundene Geltendmachung eines Zinsanspruches aus § 11 Absatz 1 KAG iVm. § 236 AO setzt damit die rechtskräftige Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides, also den Wegfall des Rechtsgrundes, den der Kläger mit der Anfechtungsklage begehrt, voraus.

32

Demgegenüber regelt der Bescheid vom 25. Februar 2016 die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 zwar in Höhe der Vorauszahlungen, enthält darüber hinaus aber für das Steuerjahr 2015 keine bzw. keine weitergehende Zahlungsaufforderung gegenüber dem Steuerschuldner. In dem endgültigen Heranziehungsbescheid wird zwar gleichsam einer Verrechnung festgestellt, dass offene Forderungen aus dem Jahr 2015 gegenüber dem Steuerschuldner nicht bestehen. Als Konsequenz daraus wird der Vorauszahlungsbescheid indes nicht für gegenstandslos erklärt bzw. aufgehoben. In diesem Fall aber bleibt der Vorauszahlungsbescheid weiterhin Rechtsgrundlage für den mit ihm verlangten Teil der Abgabe und ist insoweit unabhängig vom rechtlichen Schicksal des endgültigen Bescheides. Daran wird deutlich, dass das Schleswig-Holsteinische Landesrecht die gesetzliche Möglichkeit einer Trennung zwischen der Festsetzung der Abgabe in Form der Zweitwohnungssteuerveranlagung und der Zahlungsverpflichtung als Zweitwohnungssteuervorauszahlung vorsieht mit der Konsequenz, dass beiden Bescheiden unterschiedliche Regelungsinhalte zu kommen (vgl. auch zum Beitragsbescheid, Urteil des Senats vom 27. Januar 2009 - 2 LB 43/08 -, Rn. 35 ff und zum Gebührenbescheid, Urteil des Senats vom 14. April 2016 - 2 LB 1/16 - juris, Rn. 44).

33

Der Senat setzt sich mit den vorgenannten Ausführungen nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. In den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 3. Juli 1978 - 7 B 118-124.78 - Leitsatz 2; vom 19. Dezember 1997 - 8 B 244.97 -, Leitsatz 1 und vom 31. Mai 2005, aaO.) ging es um die Frage, ob ein bestandskräftiger (hervorgehoben durch den Senat) endgültiger Vorausleistungsbescheid einen vorausgegangenen vorläufigen Heranziehungsbescheid gegenstandslos macht, ihn also als Rechtsgrund verbunden mit dem dann einhergehenden Verlust des Rechtsschutzbedürfnisses ablöst. Zudem stellt das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen auf die nach dem jeweiligen Landesrecht in den Blick zu nehmenden unterschiedlichen Regelungsgehalte von vorläufigen und endgültigen Abgabenbescheiden ab.

34

Daran gemessen kommt, wie oben aufgezeigt, nach dem Schleswig- Holsteinischen Landesrecht sowohl dem Vorauszahlungsbescheid als auch dem Veranlagungsbescheid eine andere und damit eigenständige Regelung zu. Darüber hinaus ist der Veranlagungsbescheid vom 25. Februar 2016 nicht bestandskräftig. Im Gegenteil: Die Beklagte hat das Ruhen des Widerspruchsverfahrens gemäß § 94 VwGO analog im Hinblick auf den Ausgang des Anfechtungsverfahrens gegen den Vorauszahlungsbescheid vom 20. Februar 2015 für das Jahr 2015 angeordnet.

35

II. Die hiernach zulässige Klage ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Bescheide, jeweils vom 20. Februar 2015, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

36

Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats zutreffend angenommen, dass der Steuertatbestand grundsätzlich erfüllt ist, wenn jemand neben seiner Hauptwohnung eine weitere Wohnung nicht für sich selbst, sondern für den persönlichen Lebensbedarf von Familienangehörigen vorhält, solange er sich nicht der Verfügungsmacht über die Wohnung begibt, sondern sie nur den Familienangehörigen tatsächlich zur Nutzung überlässt (UA S. 8). Die Zweitwohnungssteuer als Aufwandssteuer kennzeichnet das Anknüpfen an den Aufwand, der der persönlichen Lebensführung dient oder über das hinausgeht, was zur persönlichen Lebensführung erforderlich ist (1.).

37

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (UA S. 7/9) hat der Kläger die Verfügungsbefugnis über die überlassene Immobilie wegen der rechtlich als Leihvertrag gemäß § 598 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu qualifizierenden vereinbarten unentgeltlichen Nutzung des Grundvermögens bis zum Tode der Mutter trotz Übertragung des Grundeigentums nicht erlangt (2.).

38

Ob der Kläger darüber hinaus – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (UA S. 9/10) - im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum auch deshalb keine Verfügungsmacht über die Wohnung gehabt hat, weil er im Falle eines Herausgabeverlangens einem Widerrufsrecht seiner Mutter wegen groben Undanks nach § 530 Abs. 1 BGB ausgesetzt gewesen wäre, kann danach dahinstehen (3.).

39

1. Gemäß § 2 Abs. 2 ZwStS ist eine Zweitwohnung jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs oder dem persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat.

40

Innehaben einer Wohnung bedeutet ein Bewohnen oder jedenfalls eine entsprechende Absicht, wobei diese nicht tatsächlich verwirklicht werden muss; das Bereithalten, „Vorhalten“ der Wohnung ist ausreichend (Thiem/Böttcher, Rn. 292a zu § 3 KAG; OVG Schleswig, Urteil vom 22. Juli 2016 - 2 LB 12/16 -, juris, Rn. 32). Der Charakter der Zweitwohnungssteuer als Aufwandssteuer ergibt, dass der Steuertatbestand nur erfüllt ist, wenn die Wohnung (auch) für den persönlichen Lebensbedarf genutzt oder vorgehalten wird (OVG Schleswig, Urteil vom 22. Juli 2016, aaO., juris, Rn. 33). Ein nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG besteuerbarer Aufwand für eine Zweitwohnung liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die weitere Wohnung innehat. Dies setzt voraus, dass er für eine gewisse Dauer rechtlich gesichert über deren Nutzung verfügen kann. Entscheidend ist, ob er weiterhin rechtlich gesichert die Verfügungsbefugnis und die Verfügungsmacht behalten hat (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 9 B 25.12 -, juris, Rn. 4).

41

Zwar kann eine Steuerpflicht für den Eigentümer, Mieter oder sonst Nutzungsberechtigten auch dann begründet werden, wenn er die Wohnung nicht selbst nutzt, sondern sie anderen unentgeltlich zur Verfügung stellt. Wer eine Wohnung einem Angehörigen oder einem sonstigen Dritten unentgeltlich zur Nutzung überlässt, betreibt selbst Aufwand. Er kann Inhaber der Wohnung sein, soweit er sie weiterhin hält und sich der Verfügungsmacht über sie nicht begibt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 -), sich also die Möglichkeit der Eigennutzung offenhält (BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 1995 - 8 C 40.93 -; vom 27. Oktober 2004 - 10 C 2.04 -und vom 11. Oktober 2016 - 9 C 28.9 C 28.15 -, Rn. 14, juris).

42

Allerdings ist nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Oktober 2016 (9 C 28.15) eine unentgeltliche Wohnungsüberlassung an Familienangehörige zu Wohnzwecken dann kein zweitwohnungssteuerpflichtiger Aufwand im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, wenn die Wohnung für unbestimmte Zeit im Rahmen eines Leihverhältnisses überlassen wird, das nur nach den Bestimmungen der §§ 573 ff. BGB für ein Mietverhältnis über Wohnraum gekündigt werden kann, oder wenn der Verleiher im Einvernehmen mit dem Entleiher eine Zweckbestimmung getroffen hat und die Wohnung daher nur nach Maßgabe von § 604 Abs. 2 BGB zurückfordern kann (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 - 9 C 28.15 -, juris, rn 17f.;BVerwG, Beschluss vom 7. März 2017 - 9 B 64.16 -, Rn. 4, juris; vorgehend OVG Schleswig, Urteil vom 22. Juli 2016 - 2 LB 12/16 -). In Bezug auf die Zweckbestimmung der Zweitwohnung bedarf es einer umfassenden Würdigung aller Tatsachen und Gegebenheiten des Einzelfalls (OVG Schleswig, aaO., juris, Rn. 33f.).

43

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger nicht Inhaber der streitgegenständlichen Wohnung, weil er durch die Schenkung des Grundvermögens keine Verfügungsbefugnis an der Sache erlangt hat. Der Steueranspruch ist damit nicht entstanden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KAG iVm § 38 AO).

44

Der Kläger hat durch die Grundstücksübertragung keine Verfügungsbefugnis zum Nachteil seiner Mutter erlangt. Denn beide waren sich bereits bei Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages darüber einig, dass die Mutter in dem von ihr verschenkten Grundvermögen unentgeltlich bis zum Tode wohnen könne und dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur in tatsächlicher Hinsicht, sondern mit Rechtsbindungswillen. Lediglich zur Vermeidung oder Verringerung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen der Schwester des Klägers sollte dieses Nutzungsrecht etwa in Form eines Nießbrauchvorbehalts bzw. eines lebenslangen Wohnrechts nicht dinglich gesichert werden.

45

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat eine erwiesene Gefälligkeit dann rechtsgeschäftlichen Charakter, wenn der Leistende den Willen hat, seinem Handeln solle rechtliche Geltung zu kommen (Rechtsbindungswillen), und der Empfänger die Leistung in diesem Sinne entgegengenommen hat. Dabei ist die Frage, ob ein Rechtsbindungswillen vorhanden ist, ungeachtet des wirklichen inneren Willens des Leistenden danach zu beurteilen, ob aus dessen Handeln der Leistungsempfänger unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte einen solchen Willen schließen musste. Ob nur ein Gefälligkeitsverhältnis vorliegt, ist im Einzelfall nach Anlass und Zweck der Gebrauchsüberlassung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und nach der Interessenlage der Parteien zu beurteilen. Dabei ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch anerkannt, dass ein rechtlich verbindliches Leihverhältnis über die unentgeltliche Nutzung einer Wohnung auch stillschweigend vereinbart werden kann, wenn sich dies aus den Umständen, etwa der im Anschluss daran praktizierten Nutzung, ergibt. So beruht die unentgeltliche dauerhafte Nutzung von Wohnraum auf einem gegebenenfalls konkludent geschlossenen Leihvertrag, wenn diese vermögenswerte Gebrauchsüberlassung nach den Interessen der Parteien nicht im rechtsfreien Raum vollzogen sein sollte. Der Zweck einer unentgeltlichen Wohnraumnutzung hebt eine Gebrauchsüberlassung an Familienangehörige über den Bereich der üblichen Gefälligkeiten des täglichen Lebens hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1984 - VIII ZR 152/83 -, juris, Rn. 12; Urteil vom 18. Oktober 2011 - X ZR 45/10 -, juris, Rn. 26 und vom 4. März 2015 - XII ZR 46/13 -, juris, Rn. 16). Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Abgrenzung zu der nach § 518 BGB formbedürftigen Schenkung die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von Wohn- und Geschäftsräumen – Grenze stellt die einer Gebrauchsüberlassung nahekommende Weggabe der Substanz der Sache dar - regelmäßig auch bei langer Vertragslaufzeit der Leihe und auch dann wenn ein lebenslanges Wohnrecht zugunsten des Entleihers vereinbart worden ist, selbst dann nicht formbedürftig, wenn das Recht des Verleihers zur Eigenbedarfskündigung vertraglich ausgeschlossen ist (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 27. Januar 2016 - XII ZR 33/15 -, juris Leitsatz 2, Rn. 17ff).

46

Gemessen an diesen Grundsätzen stellt die mündliche Abrede des Klägers und seiner Mutter einen schuldrechtlichen Vertrag in Form der Leihe im Sinne der §§ 598 ff. BGB dar und kein bloßes Gefälligkeitsverhältnis, von dem die Leihe abzugrenzen ist. Durch den Leihvertrag hat sich der Kläger als Verleiher gegenüber seiner Mutter als Entleiherin vertraglich verpflichtet, ihr den Gebrauch des Grundvermögens unentgeltlich zu gestatten (vgl. § 598 BGB). Seine Mutter konnte sich auch nach Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages darauf verlassen, dass sie die Wohnung weiterhin nutzen kann, ohne etwa willkürlichen Räumungsverlangen des Klägers ausgesetzt zu sein. Dies entspricht auch dem erkennbar erklärten Willen des Klägers und seiner Mutter sowie der Lebenswirklichkeit. Der zwischen ihnen am 1. Januar 2015 in Schriftform geschlossene Nutzungsüberlassungsvertrag stellt lediglich die schriftliche Umsetzung ihres erkennbar erklärten Willens dar.

47

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Die Wohnsituation der Mutter des Klägers hat sich auch nach Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages nicht geändert; sie benutzt diese weiterhin, wie zuvor. Dies spricht bereits dafür, dass der Kläger und seine Mutter sich zumindest stillschweigend (konkludent) über die weitere Wohnnutzung der zu diesem Zeitpunkt bereits 70-jährigen Mutter einig waren. Zudem hat der Kläger - von der Beklagten nicht bestritten - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt, dass er alle Kosten einschließlich der verbrauchsabhängigen für das Grundvermögen trägt. Auch insoweit praktizieren der Kläger und seine Mutter die unentgeltliche Wohnnutzung. Im Übrigen aber ist ein bloßer Gefälligkeitscharakter der Vereinbarung schon deshalb nicht anzunehmen, da der Zweck der Nutzung des Wohnraums bis zum Tod über den Bereich der üblichen Gefälligkeiten des täglichen Lebens hinausgeht.

48

Der Kläger hat von Anbeginn des Verfahrens deutlich gemacht, dass für seine Mutter und ihn immer klar gewesen sei, dass diese die Immobilie bis zu ihrem Lebensende nutzen solle. So hat er bereits in seinem Widerspruch gegen den nicht streitgegenständlichen und bestandskräftigen Zweitwohnungssteuerbescheid über die Steuervorauszahlung für das Jahr 2014 vom 2. Dezember 2014 angegeben, dass er zwar seit Oktober 2014 Eigentümer des Grundvermögens sei, seine Mutter aber im … mietfrei bis zu ihrem Tode wohnen solle. Lediglich aus familieninternen Gründen, und zwar um die Anfechtungsmöglichkeiten der Schenkung seiner Schwester auszuschließen, und aufgrund des Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und seiner Mutter hätten sie bewusst keinen Nießbrauch vereinbart. Diese Angaben hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bestätigt. Dort hat er auf Nachfrage des erkennenden Einzelrichters zu den Gründen des Abschlusses des notariellen Überlassungsvertrages ausgeführt, dass es seiner Mutter darum gegangen sei, die in Ungnade gefallene Tochter von jeglicher Erbschaft auszuschließen. Sie seien aber dahin beraten worden, dass im Falle der Eintragung eines dinglichen Nießbrauchs an der Wohnung dieser Nießbrauch in die Erbmasse gefallen wäre. Nur aus diesen erbrechtlichen Gründen sei ein dinglicher Nießbrauch nicht eingetragen worden. Dies habe aber nichts daran geändert, dass er und seine Mutter selbstverständlich vereinbart hätten, dass sie das Haus bis zu ihrem Ableben weiter bewohnen dürfe (UA Seite 5). Dies deckt sich auch mit seinen Angaben in der Berufungsverhandlung. Dort hat der Kläger eindrucksvoll geschildert, wie es zur Übertragung der Immobilie gekommen ist. Dieser sei eine anwaltliche Beratung mit dem Ziel vorausgegangen, die rechtlichen Möglichkeiten aufzuzeigen, die Erbansprüche seiner Schwester „… (Name der Schwester) sollte wenig bekommen“, die sich im Pflegefall nicht um die Mutter kümmern würde und die deshalb nicht dieselben Erbansprüche wie der Kläger haben sollte, zu mindern bzw. auszuschließen. Die Beratung habe zu dem Ergebnis geführt, dass seine Mutter und er sich für die im Anschluss daran beurkundete Schenkung der Immobilie „ohne Wenn und Aber“ entschieden hätten. Dabei sei zwischen seiner Mutter und ihm aber von Anfang an klar gewesen, dass diese in dem Haus bis zu ihrem Lebensende wohnen dürfe.

49

Die Beklagte bestreitet die Angaben des Klägers auch nicht. Sie hat lediglich im erstinstanzlichen Verfahren die Auffassung vertreten, dass der Kläger gerade durch die tatsächliche Überlassung des Grundvermögens seine Verfügungsmacht ausgeübt habe und der am 1. Januar 2015 vereinbarte Nutzungsüberlassungsvertrag daran auch nichts ändere. Zudem vertritt sie im zweitinstanzlichen Verfahren darüber hinaus die Auffassung, dass der Kläger seiner Mutter die Immobilie nicht mit Rechtsbindungswillen zur Nutzung überlassen habe und der später aufgesetzte Nutzungsüberlassungsvertrag nur zur Vermeidung der Steuerpflicht, also zum Schein abgeschlossen worden und damit gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig sei. Zu dieser Folgerung gelangt sie, weil der Kläger und seine Mutter bei Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages nach Belehrung durch den Notar (§ 6 des notariellen Überlassungsvertrages) bewusst auf die Eintragung eines Nießbrauchvorbehalts bzw. lebenslangen Wohnrechts im Grundbuch zur Vermeidung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen der Schwester des Klägers verzichtet haben, diesen Zweck indes nicht erreichen könnten, wenn sie eine schuldrechtliche Verpflichtung über die lebenslange Nutzung der Immobilie eingingen.

50

Der unstreitig zwischen dem Kläger und seiner Mutter bei Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages verfolgte Zweck, den Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester des Klägers so gering wie möglich zu halten, führt indes nicht zu einem unwirksamen Scheingeschäft.

51

Zwar haben der Kläger und seine Mutter diesen Zweck, den Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester gering zu halten, verfehlt, indem sie sich schuldrechtlich darüber einig waren, dass die Mutter die Immobilie bis zu ihrem Tode nutzen kann. Denn die Eintragung eines Nießbrauchs bzw. eines Wohnrechts im Grundbuch hätte zur Folge gehabt, dass die Mutter die verschenkte Immobilie wirtschaftlich nicht aus ihrem Vermögen ausgegliedert hätte und diese somit bei ihrem Tode in die Erbmasse gefallen wäre. Der Lauf der in § 2325 Abs. 3 BGB normierten 10-Jahresfrist beginnt in einem solchen Fall, in welchem das Grundstück wegen der uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeit nicht aus dem Vermögen des Erblassers ausgegliedert wird, nicht (vgl. BGH, Urteil von dem 27. April 1994, - IV ZR 132 / 93 -, juris , Leitsatz 2). Diese Grundsätze gelten für die bei Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages getroffene mündliche schuldrechtliche Vereinbarung über die Nutzung der Immobilie gleichsam. Auch durch eine solche Vereinbarung wird das Grundstück nicht aus der Erbmasse ausgliedert und beginnt die 10-Jahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht zu laufen (BGH, Urteil vom 27. April 1994, - IV ZR 132/93 -, juris, Rn 12). Das hat zur Folge, dass die Schwester des Klägers den Pflichtteil von dem Verkehrswert des Grundvermögens beanspruchen kann.

52

Allerdings lässt sich aus der Verfehlung des Zwecks entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der rechtliche Schluss ziehen, dass der Kläger und seine Mutter den Nutzungsüberlassungsvertrag vom 1. Januar 2015 zur Vermeidung der Zahlung von Zweitwohnungssteuer nur zum Schein geschlossen und bei Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages lediglich eine tatsächliche Nutzung des Grundvermögens gewollt haben.

53

Voraussetzung für ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB ist es, dass sich der Erklärende und der Erklärungsempfänger darüber einig sind, dass das objektiv Erklärte nicht gelten solle, sie also einvernehmlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen wollen, ohne dass die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundene Rechtswirkung eintreten soll (BGH, Urteil vom 25. November 2009 - XI ZR 413/07 -, juris, Rn. 31). Kennzeichnend für das Scheingeschäft ist damit das Fehlen eines Rechtsbindungswillens (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1961 - V ZR 103/60 -, Rn. 30, juris). Ob dies der Fall ist, ist Tatfrage. Die Beweislast für ein Scheingeschäft trägt derjenige, der sich darauf beruft.

54

Gemessen an diesen Grundsätzen hätten der Kläger und seine Mutter bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages, um eine Erklärung nur zum Schein abgeben zu können, wissen müssen, dass sie den von ihnen verfolgten Zweck - Reduzierung bzw. Vermeidung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Schwester – nicht erreichen, wenn sie ohne dingliche Sicherung die unentgeltliche lebenslange Nutzung der Immobilie vereinbaren. Dies aber hat die Anhörung des Klägers gerade nicht ergeben. Vielmehr hat der Kläger angegeben, dass sowohl die Rechtsanwältin als auch der Notar nicht darüber belehrt hätten, dass sie den mit dem notariellen Überlassungsvertrag verfolgten Zweck, Pflichtteilsergänzungsansprüche der Schwester so gering wie möglich zu halten, nicht erreichten, wenn sie sich auch außerhalb einer dinglichen Sicherung des Nutzungsrechts über die lebenslange unentgeltliche Nutzung der Immobilie durch die Mutter einig seien. Ebenso sei eine Belehrung über eine mögliche Zweitwohnungssteuerpflicht des Klägers mit Erwerb der Immobilie nicht erfolgt. In Kenntnis dieser Umstände hätten sie ein Nießbrauchvorbehalt bzw. Wohnrecht in dem notariellen Überlassungsvertrag vereinbart. Denn die lebenslange Nutzung der Immobilie durch die Mutter sei von Anfang an gewollt gewesen.

55

Dass der am 1. Januar 2015 abgeschlossene Nutzungsüberlassungsvertrag zum Schein, also lediglich zum Zwecke der Vermeidung der Zahlung von Zweitwohnungssteuer geschlossen sein soll, widerspricht zu dem der Lebenswirklichkeit. Zu diesem Zeitpunkt haben sich der Kläger und seine Mutter bereits anwaltlich beraten lassen. Auch das hat die Anhörung des Klägers in der Berufungsverhandlung ergeben. Danach war den beiden bereits klar, dass die Zahlung von Zweitwohnungssteuer berechnet auf die durchschnittliche Lebenserwartung der zu diesem Zeitpunkt 70-jährigen Mutter des Klägers den Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester nahezu aufgezehrt hätte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass sie ihre Willenserklärungen, die zudem, wie oben dargelegt ohnehin nur die bei Abschluss des notariellen Überlassungsvertrages getroffene mündliche Abrede schriftlich umgesetzt hat, nur zum Schein abgegeben haben sollen, also das wirklich erklärte, in Wahrheit nicht gewollt haben.

56

Liegt danach ein wirksamer, nicht formbedürftiger Leihvertrag vor (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Januar 2016, aaO, juris, Rn. 24ff, Leitsatz 2 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH), durch den sich der Kläger gegenüber seiner Mutter zur unentgeltlichen und lebzeitigen Überlassung der Wohnung verpflichtet hat, kann das Leihverhältnis wegen der beschriebenen Zweckbestimmung nicht einseitig und ohne Vorliegen eines wichtigen dies rechtfertigenden Grundes beendet werden und wäre die Mutter nicht unberechtigten Räumungs- bzw. Herausgabebegehren ihres Sohnes ausgesetzt. Denn nach § 604 Abs. 2 Satz 2 BGB ist der Entleiher, wenn eine Zeit für die Leihe nicht bestimmt ist, erst verpflichtet, die Sache zurückzugeben, nachdem er den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Damit korrespondiert das Rückforderungsrecht des Verleihers gemäß § 604 Abs. 3 BGB. Danach kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern, wenn die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen ist. Vereinbarter Zweck der Leihe ist zwischen dem Kläger und seiner Mutter aber das lebenslange Wohnrecht der Mutter. Dies hat zur Folge, dass der Kläger, die Nichtigkeit der Regelung in Nummer vier des Nutzungsüberlassungsvertrages vom 1. Januar 2015 unterstellt, nur unter den Voraussetzungen der §§ 605, 314 BGB berechtigt ist, das Leihverhältnis mit seiner Mutter zu kündigen. Insoweit ist nichts erkennbar dafür, was das Rechtsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter von demjenigen eines Vermieters zu seiner Mieterin unterschiede (vgl. dazu OVG Schleswig, Urteil vom 22. Juli 2016, aaO, juris, Rn. 40; BVerwG, Beschluss vom 7. März 2017, aaO, juris, Rn. 8f.).

57

Der Senat merkt zum Einwand der Beklagten, die Regelung in Nummer vier des Nutzungsüberlassungsvertrages vom 1. Januar 2015 sei nichtig, lediglich an, dass eine Teilnichtigkeit nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führte. Denn nach § 139 BGB ist, wenn ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig ist, das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, das es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Der erkennbar erklärte Parteiwille aber war die unentgeltliche, lebzeitige Nutzungsüberlassung der Immobilie und damit der Abschluss eines Leihvertrages. Die Unwirksamkeit der den Kündigungsausschluss insgesamt betreffenden Regelung führt nicht dazu, dass die Parteien bei Kenntnis davon insgesamt Abstand vom Vertragsschluss, also von den vereinbarten Regelungen in Nr. 1 bis 3 und 5 genommen hätten. Die Unwirksamkeit dieser Regelung (Nr. 4) hätte auch nicht in rechtlicher Hinsicht eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge. Denn Leihverträge können auch ohne Ausschluss von Kündigungsrechten geschlossen werden; die restlichen Vereinbarungen hätten weiterhin einen Sinn. Die Nichtigkeit der Regelung (Nr. 4) also unterstellt, führt das dann verbleibende Vertragswerk, wie bereits oben dargelegt, ebenso zu einer mietähnlichen Rechtsposition für die Mutter des Klägers.

58

3. Darauf, ob der Kläger darüber hinaus – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (UA S. 9/10) - im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum auch deshalb keine Verfügungsmacht über die Wohnung gehabt hat, weil er im Falle eines Herausgabeverlangens einem Widerrufsrecht seiner Mutter wegen groben Undanks nach § 530 Abs. 1 BGB ausgesetzt gewesen wäre, kommt es danach nicht mehr an.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 Satz 1, § 711 ZPO.

61

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. März 2009 - 1 K 1237/07 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen einen Vorauszahlungsbescheid.
Die Kläger sind Eigentümer des im Gebiet der Beklagten gelegenen Grundstücks ... …. Mit Bescheid vom 12.1.2007 setzte die Beklagte die von ihnen für das Jahr 2006 zu bezahlenden Abwassergebühren auf 581,21 EUR fest und verlangte ferner zum 15.3., 15.5., 15.7., 15.9. und 15.11.2007 fällig werdende Abschlagszahlungen auf die Abwassergebühren für das Jahr 2007 in Höhe von jeweils 97 EUR. Nachdem die Beklagte mit Satzung vom 25.9.2007 den Abwassergebührensatz rückwirkend zum 1.1.2007 von 3,61 EUR/m³ auf 3,35 EUR/m³ reduziert hatte, ermäßigte sie mit Bescheid vom 29.10.2007 die am 15.11.2007 fällig werdende Abschlagszahlung auf 90 EUR.
Gegen beide Bescheide legten die Kläger Widerspruch ein, über den bisher nicht entschieden wurde.
Die Kläger haben am 8.6.2007 beim Verwaltungsgericht Freiburg (Untätigkeits-) Klage erhoben und zuletzt beantragt, den Bescheid vom 12.1.2007 aufzuheben, soweit er die zum 15.3., 15.5., 15.7. und 15.9.2007 fällig gewordenen Abschlagszahlungen betrifft. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens setzte die Beklagte mit Bescheid vom 8.2.2008 die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren auf 542,70 EUR fest und forderte die Kläger zur Zahlung des die geforderten Abschläge von insgesamt 478 EUR übersteigenden Betrags auf. Der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage gab das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25.3.2009 statt. Es begründete seine Entscheidung damit, dem Bescheid fehle es an der erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage, da der von der Beklagten verwendete einheitliche Frischwassermaßstab keine gültige Maßstabsregelung zur Ermittlung der Abwassergebühren sei.
Die gegen den Bescheid vom 12.1.2007 gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom gleichen Tag als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Rechtsschutzinteresse der Kläger sei mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 entfallen. Die sich aus dem Bescheid vom 12.1.2007 ergebende Zahlungsaufforderung habe sich bereits mit der Bezahlung der geforderten Abschläge erledigt. Mit dem Erlass des Gebührenbescheids habe sich auch der übrige Regelungsgegenstand des Bescheids erledigt, da mit der Festsetzung der Gebühr der Vorausleistungsbescheid als Rechtsgrund für das Behaltendürfen der geleisteten Zahlungen abgelöst worden sei. Dies gelte auch dann, wenn der endgültige Bescheid noch nicht bestandskräftig sei. Bei einer Aufhebung des endgültigen Bescheids entfalle der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der geleisteten Zahlungen. Der Vorausleistungsbescheid könne auch in diesem Fall nicht mehr als Rechtsgrundlage herangezogen werden, da er sich bereits durch den Erlass des endgültigen Bescheids erledigt habe.
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.11.2009 zugelassene Berufung der Kläger. Die Kläger machen geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe sich der angefochtene Vorausleistungsbescheid nicht erledigt. Das Verwaltungsgericht lasse unberücksichtigt, dass die endgültige Abwassergebührenschuld des Jahres 2007 noch entstehen könne, da die Beklagte die vom Verwaltungsgericht für nichtig erklärte Satzung durch eine rückwirkend in Kraft tretende neue Satzung ersetzen könne. Die Gemeinde habe in einem solchen Fall ein legitimes Interesse, den gezahlten Betrag trotz der Aufhebung des endgültigen Bescheids behalten zu dürfen. Die Erledigung des Vorausleistungsbescheids trete daher erst mit der Bestandskraft des endgültigen Bescheids ein. Da sich der Bescheid auf eine nichtige Satzung stütze, sei er rechtswidrig und müsse aufgehoben werden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.3.2009 - 1 K 1237/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 12.1.2007 aufzuheben, soweit er die zum 15.3., 15.5., 15.7. und 15.9.2007 fällig gewordenen Abschlagszahlungen auf die Abwassergebühr für das Jahr 2007 betrifft.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufungen zurückzuweisen.
12 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die Berufungen der Kläger sind unbegründet. Mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008, mit dem die Beklagte die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren endgültig festgesetzt hat, hat der angefochtene Vorausleistungsbescheid seine Wirkung verloren und sich damit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 b KAG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen danach zu Recht als unzulässig abgewiesen, da den Klägern für die begehrte Aufhebung des Vorausleistungsbescheids das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt.
16 
Vorausleistungsbescheide enthalten ebenso wie endgültige Abgabenbescheide regelmäßig zwei rechtlich selbständige Regelungen, nämlich zum einen die - vorläufige - Festsetzung des geschuldeten Betrags und zum anderen ein an den Adressaten des Bescheids gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrags. Um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Abgabenbescheid zu beantworten, müssen dementsprechend beide Regelungsgegenstände in die Betrachtung einbezogen werden. Nach dem Erlass eines Vorausleistungsbescheids erfolgte Zahlungen lassen das in dem Bescheid enthaltene Leistungsgebot entfallen. Da die Kläger die geforderten Abschlagszahlungen erbracht haben, kommt deshalb dem angefochtenen Bescheid jedenfalls insoweit keine die Kläger belastende Regelungswirkung mehr zu. Was die in dem Bescheid ferner enthaltene Festsetzung betrifft, ist der Bescheid durch den später erlassenen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst worden, der nunmehr den Rechtsgrund für das (endgültige) Behaltendürfen der - zunächst vorläufig erbrachten - Gebühr darstellt. Der angefochtene Bescheid hat sich damit auch insoweit erledigt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist diese Wirkung nicht von dem Fortbestand des endgültigen Gebührenbescheids abhängig. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daher nichts dem Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Kläger und der daraus folgenden Unzulässigkeit ihrer Klagen.
17 
1. Die Frage, ob die einen Vorausleistungsbescheid ablösende Wirkung des endgültigen Abgabenbescheids von dessen Bestandskraft abhängt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Für das Beitragsrecht wird überwiegend angenommen, dass sich das Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung vom Zeitpunkt des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheids allein nach diesem Bescheid beurteile und weder von seiner sofortigen Vollziehbarkeit noch von seiner Fortexistenz abhängig sei (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.6.2009 - 15 B 524/09 - KStZ 2009, 154; BayVGH, Urt. v. 3.7.2006 - 03.2544 - BayVBl 2007, 533; OVG Sachsen, Beschl. v. 20.8.2009 - 5 B 265/09 - Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 21 Rn. 39). Das Gleiche wird vom OVG Thüringen (Beschl. v. 29.6.2001 - 4 ZEO 917/97 - Juris) für das Gebührenrecht vertreten. Diese Auffassung entspricht der des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 3.7.1995 - GrS 3/93 - BFHE 178, 11; Vorlagebeschl. v. 23.6.1993 - X B 134/91 - BFHE 143, 101) über das Verhältnis zwischen dem endgültigen Einkommensteuerbescheid und einem Vorauszahlungsbescheid. Danach verliert der Vorauszahlungsbescheid seine Wirkung spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Steuerbescheid für den entsprechenden Veranlagungszeitraum wirksam bekanntgegeben worden ist, da ab diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Steuerfestsetzung allein der Einkommensteuerbescheid maßgebend sei. Der Jahressteuerbescheid könne zwar geändert oder aufgehoben werden. Er könne aber nicht mit der Wirkung aufgehoben werden, dass an seine Stelle wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden.
18 
Demgegenüber hat der Senat in seinem die Erhebung eines Anschlussbeitrags betreffenden Urteil vom 27.4.1989 - 2 S 2043/87 - (Juris) entschieden, dass der Vorauszahlungsbescheid als Rechtsgrundlage für die geleistete Zahlung wieder Rechtswirksamkeit erlange, wenn der endgültige Beitragsbescheid mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werde, da in Folge der Rücknahme der ursprüngliche Rechtszustand in vollem Umfang wiederhergestellt werde. Er hat dementsprechend angenommen, die mit dem Erlass des den endgültigen Beitragsbescheids eintretende Ablösung des Vorauszahlungsbescheids als Rechtsgrundlage für die geleisteten Zahlungen sei von der Fortexistenz des endgültigen Beitragsbescheids abhängig. In Übereinstimmung damit vertritt das OVG Schleswig (Urt. v. 27.1.2009 - 2 LB 43/08 - NVwZ-RR 2009, 627) für das Straßenausbaubeitragsrecht die Meinung, der Rechtsstreit über die Anfechtung eines Vorauszahlungsbescheids erledige sich nicht durch das Wirksamwerden des Bescheids über den endgültigen Beitrag. Denn werde der endgültige Bescheid in einem Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben, wirke dies auf den Zeitpunkt seines Erlasses zurück und sei der Bescheid als nicht erlassen zu behandeln. Damit entfalle rückwirkend die Ablösungswirkung und wirke die Festsetzung des Vorauszahlungsbescheids fort.
19 
2. Die genannte Frage bedarf anlässlich des vorliegenden Verfahrens nur insoweit einer Beantwortung, als sie sich auf das Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigen Gebührenbescheid im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses (§ 15 KAG) bezieht. Jedenfalls was dieses Verhältnis betrifft, schließt sich der Senat der auch vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung an, wonach ein Vorausleistungsbescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird, ohne dass es auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit ankommt.
20 
Nach § 15 KAG kann durch Satzung bestimmt werden, dass auf die Gebührenschuld im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses angemessene Vorauszahlungen zu leisten sind. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um vorläufige Leistungen auf die künftige Gebührenschuld, die mit der später nach dem Entstehen der Gebührenschuld festzusetzenden Gebühr zu verrechnen sind. Aus dem Wesen der Vorauszahlung ergibt sich, dass bei ihrer Festsetzung das voraussichtliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung durch den Pflichtigen zugrunde zu legen ist, das seinerseits unter Berücksichtigung des bisherigen Umfangs der Benutzung festzulegen ist (HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 - Juris; Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 Rn. 694). Die Vorauszahlungen können danach nur aufgrund einer regelmäßig auf dem Ergebnis der letzten Veranlagung beruhenden Prognose festgesetzt werden. Das steht der Annahme entgegen, dass mit der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids, mit dem auf der Grundlage des nunmehr feststehenden Umfangs der Benutzung die Gebührenschuld bestimmt wird, wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden. Der nur vorläufige Charakter der in einem Vorausleistungsbescheid prognostisch bestimmten Höhe der Gebührenschuld rechtfertigt vielmehr den Schluss, dass ein solcher Bescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird. Darauf, ob der endgültige Heranziehungsbescheid bereits Bestandskraft erlangt hat, kommt es somit nicht an.
21 
Der angefochtene Bescheid hat sich danach mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 erledigt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daran nichts. Der Hinweis der Kläger, dass die nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts mangels einer wirksamen Satzung bisher nicht entstandene Gebührenschuld in Zukunft noch entstehen könne, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat zwar im Hinblick auf das noch mögliche Entstehen der Gebührenschuld ein Interesse, den als Vorausleistung gezahlten Betrag auch nach der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids behalten zu dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung könnte sie dieses Ergebnis jedoch nur durch den Erlass eines neuen Vorausleistungsbescheids erreichen.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2, 159 S. 2 VwGO.
23 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
24 
Beschluss
25 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
26 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die Berufungen der Kläger sind unbegründet. Mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008, mit dem die Beklagte die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren endgültig festgesetzt hat, hat der angefochtene Vorausleistungsbescheid seine Wirkung verloren und sich damit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 b KAG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen danach zu Recht als unzulässig abgewiesen, da den Klägern für die begehrte Aufhebung des Vorausleistungsbescheids das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt.
16 
Vorausleistungsbescheide enthalten ebenso wie endgültige Abgabenbescheide regelmäßig zwei rechtlich selbständige Regelungen, nämlich zum einen die - vorläufige - Festsetzung des geschuldeten Betrags und zum anderen ein an den Adressaten des Bescheids gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrags. Um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Abgabenbescheid zu beantworten, müssen dementsprechend beide Regelungsgegenstände in die Betrachtung einbezogen werden. Nach dem Erlass eines Vorausleistungsbescheids erfolgte Zahlungen lassen das in dem Bescheid enthaltene Leistungsgebot entfallen. Da die Kläger die geforderten Abschlagszahlungen erbracht haben, kommt deshalb dem angefochtenen Bescheid jedenfalls insoweit keine die Kläger belastende Regelungswirkung mehr zu. Was die in dem Bescheid ferner enthaltene Festsetzung betrifft, ist der Bescheid durch den später erlassenen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst worden, der nunmehr den Rechtsgrund für das (endgültige) Behaltendürfen der - zunächst vorläufig erbrachten - Gebühr darstellt. Der angefochtene Bescheid hat sich damit auch insoweit erledigt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist diese Wirkung nicht von dem Fortbestand des endgültigen Gebührenbescheids abhängig. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daher nichts dem Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Kläger und der daraus folgenden Unzulässigkeit ihrer Klagen.
17 
1. Die Frage, ob die einen Vorausleistungsbescheid ablösende Wirkung des endgültigen Abgabenbescheids von dessen Bestandskraft abhängt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Für das Beitragsrecht wird überwiegend angenommen, dass sich das Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung vom Zeitpunkt des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheids allein nach diesem Bescheid beurteile und weder von seiner sofortigen Vollziehbarkeit noch von seiner Fortexistenz abhängig sei (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.6.2009 - 15 B 524/09 - KStZ 2009, 154; BayVGH, Urt. v. 3.7.2006 - 03.2544 - BayVBl 2007, 533; OVG Sachsen, Beschl. v. 20.8.2009 - 5 B 265/09 - Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 21 Rn. 39). Das Gleiche wird vom OVG Thüringen (Beschl. v. 29.6.2001 - 4 ZEO 917/97 - Juris) für das Gebührenrecht vertreten. Diese Auffassung entspricht der des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 3.7.1995 - GrS 3/93 - BFHE 178, 11; Vorlagebeschl. v. 23.6.1993 - X B 134/91 - BFHE 143, 101) über das Verhältnis zwischen dem endgültigen Einkommensteuerbescheid und einem Vorauszahlungsbescheid. Danach verliert der Vorauszahlungsbescheid seine Wirkung spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Steuerbescheid für den entsprechenden Veranlagungszeitraum wirksam bekanntgegeben worden ist, da ab diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Steuerfestsetzung allein der Einkommensteuerbescheid maßgebend sei. Der Jahressteuerbescheid könne zwar geändert oder aufgehoben werden. Er könne aber nicht mit der Wirkung aufgehoben werden, dass an seine Stelle wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden.
18 
Demgegenüber hat der Senat in seinem die Erhebung eines Anschlussbeitrags betreffenden Urteil vom 27.4.1989 - 2 S 2043/87 - (Juris) entschieden, dass der Vorauszahlungsbescheid als Rechtsgrundlage für die geleistete Zahlung wieder Rechtswirksamkeit erlange, wenn der endgültige Beitragsbescheid mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werde, da in Folge der Rücknahme der ursprüngliche Rechtszustand in vollem Umfang wiederhergestellt werde. Er hat dementsprechend angenommen, die mit dem Erlass des den endgültigen Beitragsbescheids eintretende Ablösung des Vorauszahlungsbescheids als Rechtsgrundlage für die geleisteten Zahlungen sei von der Fortexistenz des endgültigen Beitragsbescheids abhängig. In Übereinstimmung damit vertritt das OVG Schleswig (Urt. v. 27.1.2009 - 2 LB 43/08 - NVwZ-RR 2009, 627) für das Straßenausbaubeitragsrecht die Meinung, der Rechtsstreit über die Anfechtung eines Vorauszahlungsbescheids erledige sich nicht durch das Wirksamwerden des Bescheids über den endgültigen Beitrag. Denn werde der endgültige Bescheid in einem Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben, wirke dies auf den Zeitpunkt seines Erlasses zurück und sei der Bescheid als nicht erlassen zu behandeln. Damit entfalle rückwirkend die Ablösungswirkung und wirke die Festsetzung des Vorauszahlungsbescheids fort.
19 
2. Die genannte Frage bedarf anlässlich des vorliegenden Verfahrens nur insoweit einer Beantwortung, als sie sich auf das Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigen Gebührenbescheid im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses (§ 15 KAG) bezieht. Jedenfalls was dieses Verhältnis betrifft, schließt sich der Senat der auch vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung an, wonach ein Vorausleistungsbescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird, ohne dass es auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit ankommt.
20 
Nach § 15 KAG kann durch Satzung bestimmt werden, dass auf die Gebührenschuld im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses angemessene Vorauszahlungen zu leisten sind. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um vorläufige Leistungen auf die künftige Gebührenschuld, die mit der später nach dem Entstehen der Gebührenschuld festzusetzenden Gebühr zu verrechnen sind. Aus dem Wesen der Vorauszahlung ergibt sich, dass bei ihrer Festsetzung das voraussichtliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung durch den Pflichtigen zugrunde zu legen ist, das seinerseits unter Berücksichtigung des bisherigen Umfangs der Benutzung festzulegen ist (HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 - Juris; Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 Rn. 694). Die Vorauszahlungen können danach nur aufgrund einer regelmäßig auf dem Ergebnis der letzten Veranlagung beruhenden Prognose festgesetzt werden. Das steht der Annahme entgegen, dass mit der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids, mit dem auf der Grundlage des nunmehr feststehenden Umfangs der Benutzung die Gebührenschuld bestimmt wird, wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden. Der nur vorläufige Charakter der in einem Vorausleistungsbescheid prognostisch bestimmten Höhe der Gebührenschuld rechtfertigt vielmehr den Schluss, dass ein solcher Bescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird. Darauf, ob der endgültige Heranziehungsbescheid bereits Bestandskraft erlangt hat, kommt es somit nicht an.
21 
Der angefochtene Bescheid hat sich danach mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 erledigt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daran nichts. Der Hinweis der Kläger, dass die nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts mangels einer wirksamen Satzung bisher nicht entstandene Gebührenschuld in Zukunft noch entstehen könne, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat zwar im Hinblick auf das noch mögliche Entstehen der Gebührenschuld ein Interesse, den als Vorausleistung gezahlten Betrag auch nach der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids behalten zu dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung könnte sie dieses Ergebnis jedoch nur durch den Erlass eines neuen Vorausleistungsbescheids erreichen.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2, 159 S. 2 VwGO.
23 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
24 
Beschluss
25 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
26 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer, Einzelrichter -vom 10. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich in diesem Verfahren gegen seine Heranziehung zu Teilbeträgen auf den „Abschlag Abwasser“ für das Jahr 2010.

2

Mit Bescheid vom 18.01.2010 setzte die Bürgermeisterin der Beklagten die Abwassergebühr für das Verbrauchsjahr 2009 (01.01.2009 bis 22.12.2009 sowie 23.12. bis 31.12.2009) auf 333,39 € fest. Mit der gleichen Postsendung ging ein Schreiben der Gemeindewerke ... GmbH zu, mit dem die festgesetzte Gebühr mit den bereits geleisteten Abschlagszahlungen verrechnet und für das Jahr 2010 monatliche Abschlagzahlungen festgelegt wurden, nämlich für Abwasser i.H.v. jeweils 34,00 € monatlich.

3

Der Kläger legte am 23.04.2010 bei der Beklagten „Widerspruch gegen den Abwasserbescheid“ ein, der „sich nur gegen die neu festgesetzte Gebühr für Abwasser (… richten sollte…), da die neue Entwässerungssatzung der Gemeinde St... nunmehr die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in ... mit der Dorfgemeinschaft E... und die Dorfschaften D..., C..., A..., P... und K... abgaberechtlich gleichgestellt“ habe. Dieser Widerspruch wurde als „gegen den Abwassergebührenbescheid der Gemeinde St... vom 18.01.2010, Vorauszahlungen von Abwassergebühren für die Rechnungsperiode 2010“ eingelegt gesehen und mit Widerspruchsbescheid der Bürgermeisterin der Beklagten vom 02.12.2010 zurückgewiesen. Rechtsgrundlage für die Vorauszahlungen auf Abwassergebühren im Zeitraum 2010 seien die §§ 1, 2 und 6 KAG i.V.m. § 21 der Abwasserbeseitigungssatzung der Gemeinde vom 07.12.2009 sowie die Beitrags- und Gebührensatzung vom 07.12.2009. Seit dem 01.01.2010 sei die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in der Ortslage ... und der Dorfschaft E... durch Ableitung in das Zentralklärwerk ... und die Abwasserbeseitigung über Klärteiche in den Dorfschaften D..., C..., A..., P... und K... zu einer einheitlichen Einrichtung zusammengefasst. Diese beitragsrechtliche Zusammenfassung technisch voneinander unabhängiger Entwässerungssysteme sei rechtlich zulässig; eine Vergleichbarkeit der Entwässerungssysteme nach ihrer Arbeitsweise und ihren Arbeitsergebnissen sei gegeben.

4

Der Kläger hat am 23.12.2010 Klage erhoben. Die Satzung über die Erhebung von Abgaben für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung, die am 01.01.2010 in Kraft getreten sei, sei rechtswidrig. Der Zusammenfassung der Entwässerungssysteme zu einer öffentlichen Einrichtung stehe das Willkürverbot entgegen. Sowohl die Arbeitsweise wie auch die Arbeitsergebnisse der technisch selbständigen Entwässerungssysteme seien nicht vergleichbar. Auch mit dem von der Beklagten überreichten Gutachten lasse sich eine Vergleichbarkeit nicht begründen.

5

Der Kläger hatte zunächst den Antrag angekündigt,

6

den Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010 (Abrechnung 2009, Vorauszahlung für das Jahr 2010) und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2010 aufzuheben,

7

dann in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht diesen Antrag aus der Klagschrift mit der „Maßgabe“ gestellt,

8

dass in der Klammer „Abrechnung 2009“ gestrichen wird.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Zusammenfassung zu einer rechtlich einheitlichen Einrichtung sei rechtmäßig. Die Vergleichbarkeit der Reinigungsleistungen könne nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts anhand von wasserrechtlichen Erlaubnissen oder durch Gutachten belegt werden. Die Arbeitsergebnisse der zu einer Einrichtung zusammengefassten Anlagen seien in Bezug auf die Einhaltung der wasserrechtlichen Erlaubnisse vergleichbar. Natürlich enthielten die wasserrechtlichen Erlaubnisse unterschiedlich hohe Reinigungsanforderungen bei den verschiedenen Entwässerungssystemen. Entscheidend sei, dass die Arbeitsergebnisse in Bezug auf die Einhaltung der wasserrechtlichen Erlaubnisse vergleichbar seien. Der Sachverständige sei zu der Feststellung gelangt, dass die Abwasserbeseitigungsanlagen den angeschlossenen Grundstückseigentümern vergleichbare Vorteile bieten.

12

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.10.2012 abgewiesen. Der Kläger habe ausgehend von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts nichts dargelegt, was die Annahme einer willkürlichen Organisationsentscheidung der Beklagten tragen könnte.

13

Hiergegen hat der Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der damals zuständige 4. Senat mit Beschluss vom 18.04.2013 entsprochen hat.

14

Der Kläger hat vorgetragen, die Begründung des angefochtenen Urteils werde der Sach- und Rechtslage nicht gerecht. Eine Vergleichbarkeit hinsichtlich Arbeitsweise und Arbeitsergebnis der Entwässerungssysteme sei ausgeschlossen. So werde eine chemische Reinigung in den Klärteichanlagen nicht vorgenommen. Eine solche chemische Reinigung erfolge dagegen in der Kläranlage ... . In den Klärteichanlagen werde das Abwasser biologisch gereinigt. Die Arbeitsweise der Klärteichanlagen unterscheide sich daher systematisch von der des zentralen Klärwerks in ... .

15

Auch in Bezug auf das Arbeitsergebnis ergäben sich beispielsweise hinsichtlich Phosphatwert und Schadstoffanteil erhebliche Abweichungen, so dass auch insoweit von einer Vergleichbarkeit nicht mehr gesprochen werden könne.

16

Das Verwaltungsgericht stelle weder fest, dass die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Reinigungsleistung gegeben sei, noch dass diese durch wasserrechtliche Erlaubnisse belegt worden sei. Es berücksichtige auch nicht, dass in einzelnen Ortschaften ein erheblich abweichendes Arbeitsergebnis hinsichtlich der Abwasserklärung erreicht werde.

17

Der Kläger hat beantragt,

18

das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2010 aufzuheben.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Zusammenfassung der technisch getrennten Anlagen zu einer öffentlichen Einrichtung im Rechtssinne zulässig sei.

22

In der mündlichen Verhandlung des Oberverwaltungsgerichts – 4. Senat – am 05.02.2015 ist bei Aufruf der Sache für den Kläger niemand erschienen. In der Verhandlungsniederschrift heißt es hierzu: „Rechtzeitigkeit der Ladung wurde festgestellt“. Mit Urteil vom gleichen Tage ist die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden.

23

Die Klage sei unzulässig. Der Kläger begehre die Aufhebung des Abwassergebührenbescheides der Beklagten vom 18. Januar 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2010.

24

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe der Kläger durch die „Maßgabe“, dass der Klammerzusatz des angekündigten Antrags „Abrechnung 2009“ gestrichen werde, sinngemäß klargestellt, dass er sich nicht gegen die Festsetzung der Schmutzwasserbeseitigungsgebühr für das Rechnungsjahr 2009 wende, sondern nur gegen die Vorauszahlung für das Jahr 2010. Dem entspreche auch sein gesamtes Vorbringen. Er halte die Zusammenfassung der technisch getrennten Anlagen zu einer öffentlichen Einrichtung im Rechtssinne und eine darauf beruhende Abgabenerhebung für rechtswidrig. Das insoweit maßgebliche Satzungsrecht sei am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Rechtsgrundlage der Gebührenerhebung für das Jahr 2009 sei dagegen die mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft getretene Beitrags- und Gebührensatzung der Beklagten, die noch keine einheitliche Gebühr für die Schmutzwasserbeseitigung im gesamten Entsorgungsgebiet vorgesehen habe. Schon der Widerspruch des Klägers beschränke sich nach seiner Begründung auf die „neu festgesetzte Gebühr“. Damit könnten nur Vorauszahlungen beziehungsweise Abschlagszahlungen auf die Gebühr für das Rechnungsjahr 2010 gemeint sein. Demzufolge habe die Beklagte den Widerspruch des Klägers zutreffend auch nur als Widerspruch gegen die Vorauszahlungen von Abwassergebühren für die Rechnungsperiode 2010 angesehen und diesen Widerspruch als unbegründet durch Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2010 zurückgewiesen.

25

Der Widerspruch und die auf die Vorauszahlung für das Jahr 2010 eingeschränkte Klage gingen jedoch ins Leere, weil der streitgegenständliche Abwassergebührenbescheid der Beklagten weder eine Festsetzung von Vorauszahlungen noch ein entsprechendes Leistungsgebot enthalte.

26

Auch eine isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2010 komme nicht in Betracht. Dies setzte voraus, dass mit dem Widerspruchsbescheid erstmalig Vorauszahlungen auf die Schmutzwasserbeseitigungsgebühr für das Jahr 2010 festgesetzt oder Abschlagszahlungen gefordert würden. Dies sei jedoch nicht der Fall.

27

Dem Widerspruchsbescheid fehlten sämtliche Merkmale eines Festsetzungs- oder Leistungsbescheides. Abschlagzahlungen würden vom Kläger und seiner Ehefrau nicht von der Beklagten, sondern von den Gemeindewerken ... GmbH durch Rechnung vom 18. Januar 2010 gefordert. Die rechtsirrige Annahme der Beklagten im Widerspruchsbescheid, es seien Vorauszahlungen auf Benutzungsgebühren für 2010 festgesetzt worden und eine damit verbundene, allenfalls inhaltliche Bezugnahme auf die Rechnung der Gemeindewerke könnten eine förmliche Festsetzung nicht ersetzen. Des Weiteren sei zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides das Erhebungsjahr 2010 nahezu abgelaufen und die von den Gemeindewerken gesetzten Zahlungstermine für Abschlagszahlungen - bis auf den Dezembertermin - verstrichen gewesen. Der Widerspruchsbescheid sei als solcher auch nicht rechtswidrig. Der Widerspruch hätte vielmehr schon als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.

28

Der Widerspruch des Klägers gegen die Abschlagzahlungen auf Abwasser, bemessen nach einer einheitlichen Gebühr für das gesamte Entsorgungsgebiet der Beklagten, hätten nach alledem gegenüber den Gemeindewerken als Einwand gegen deren Rechnungslegung erhoben werden müssen, weil die Gemeindewerke als privates Unternehmen keine „Abschlagzahlungen“ auf Gebühren fordern dürften. Im Streitfall wäre nicht die Verwaltungsgerichtsbarkeit, sondern die Zivilgerichtsbarkeit zuständig gewesen.

29

Am 11.03.2015 hat der Kläger gegen das Urteil vom 05.02.2015 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, u.a. mit der Begründung, dass er zum Termin am 05.02.2015 nicht geladen gewesen sei.

30

Mit Beschluss vom 27.07.2015 hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil vom 05.02.2015 aufgehoben und den Rechtstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil nicht nachgewiesen sei, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Ladung zur in seiner Abwesenheit durchgeführten mündlichen Verhandlung am 05.02.2015 erhalten habe. Darüber hinaus liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darin, dass das Gericht eine Überraschungsentscheidung getroffen habe, weil es einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben habe, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten.

31

Nach Zurückverweisung der Sache hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 26.11.2015 das bisherige prozessuale und außerprozessuale Verfahren noch einmal dargestellt.

32

Der Kläger beantragt,

33

das angefochtene Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer, Einzelrichter - vom 10.10.2012 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02. Dezember 2010 aufzuheben mit der Maßgabe dass es um die Vorauszahlungen für 2010 geht.

34

Hilfsweise erklärt er

35

im Hinblick auf den mittlerweile ergangenen Gebührenbescheid vom 17.1.2011 für das Abrechnungsjahr 2010 das Verfahren für erledigt.

36

Weiter hilfsweise beantragt er für den Fall der Zurückweisung der Berufung,

37

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

38

Die Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

41

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind in der Fassung, die durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.12. 2010 geschaffen worden ist, rechtmäßig und können den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzen.

42

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Zwar hatte die Rechnung der Stadtwerke GmbH vom 18.01.2010 nicht den rechtlichen Charakter eines Verwaltungsakts, schon bereits deshalb, weil sie nicht – wie in § 106 Abs. 1 LVwG und § 118 Satz 1 AO - angesprochen – von einer Behörde erlassen worden ist, sondern von einer juristischen Person des Privatrechts, die nicht etwa i.S.d. § 24 LVwG beliehen worden ist.

43

Die Forderung und die Festlegung der Vorauszahlungen ist jedoch von der Beklagten in den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.12. 2010 inhaltlich aufgenommen worden und ist deshalb seitdem in der Form eines Verwaltungsaktes existent. In der Begründung wird das Rechnungsschreiben als „Bescheid vom 18.01.2010“ bezeichnet, mit dem die Vorauszahlungen „festgesetzt“ worden seien. Dementsprechend wurde der Widerspruch des Klägers auch nicht als unzulässig verworfen, sondern in der Sache erörtert und als unbegründet beschieden. Ob daraus die Folgerung, dass (zumindest fortan) ein Verwaltungsakt vorliege, zweifelsfrei zu ziehen war, mag dahinstehen. Darauf kommt es nicht an. Der Bürger als Empfänger einer nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt missverständlichen Willensäußerung der Verwaltung darf durch etwaige Unklarheiten nicht benachteiligt werden; dies gebietet nicht zuletzt die Grundrechtsbestimmung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.06.1987 – 8 C 21.86 -, E 78, 3 = Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 23 = KStZ 1987, 939 = NVwZ 1988, 660).

44

Der Zulässigkeit der gegen den in dieser Form ergangenen Verwaltungsakt erhobenen Anfechtungsklage steht nicht entgegen, dass am 17.01.2011 für das Abrechnungsjahr 2010 von der Beklagten der endgültige Festsetzungsbescheid erlassen worden ist. Mit diesem Bescheid hat sich der den gleichen Zeitraum betreffende Vorauszahlungsbescheid weder hinsichtlich seiner Festsetzung noch hinsichtlich seines Leistungsgebotes erledigt. Der Bescheid vom 17.01.2011 ist vom Kläger angefochten worden. Auch wenn mit der Bekanntgabe gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 KAG i.V.m. § 112 Abs. 1 Satz 1 LVwG die Wirksamkeit des Bescheides eintritt, erfolgt die endgültige Ablösung des Vorauszahlungsbescheides erst mit der Bestandskraft des endgültigen Gebührenbescheides. Dem Kläger ist deshalb weiterhin das erforderliche Rechtsschutzinteresse für die von ihm erhobene Anfechtungsklage zuzusprechen (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2009 - 2 LB 43/08 - juris).

45

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide halten in der Gestalt, die durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.12. 2010 verschafft worden ist, in der Sache einer rechtlichen Überprüfung stand.

46

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es der Beklagten gestattet ist, ihre technisch voneinander unabhängigen Anlagen der Abwasserbeseitigung – wie mit der Satzung vom 07.12.2009 geschehen - organisatorisch zu einer einheitlichen Anlage zu verbinden, ist für den gegebenen Sachverhalt zu bejahen.

47

Der erkennende Senat hatte in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.09.2008 – 2 LB 2/08 – (juris) zu einem vergleichbar gestalteten Sachverhalt hinsichtlich der Kalkulation eines Anschlussbeitrages ausgeführt:

48

„Die dem Ortsrecht zugrunde liegende Entscheidung des Beklagten, die technisch und funktional getrennten Entwässerungssysteme zu einer öffentlichen Einrichtung "Schmutzwasserentsorgung" zusammenzufassen, ist nicht zu beanstanden.

49

Eine Gemeinde ist aufgrund ihres Organisationsermessens grundsätzlich berechtigt, leitungsmäßig voneinander getrennte Entwässerungseinrichtungen als rechtlich einheitliche Einrichtung mit einheitlichen Entwässerungsabgaben zu betreiben (std. Rechtsprechung vgl. OVG Münster, Urteil vom 17.11.1975 – II A 203/74 -, E 31, 252; OVG Lbg., Urteil vom 24.05.1989 – 9 L 3/89 -, Die Gemeinde 1990, 29 – NVwZ-RR 1990, 507; Senatsurteile vom 26.03.1992 – 2 L 167/91 -, Die Gemeinde 1992, 157 und vom 24.10.2001 – 2 L 29/00 -, Die Gemeinde 2002, 69 = NordÖR 2002, 239 und vom 22.01.2003 – 2 K 1/01 -, SchlHA 2003, 155).

50

Entscheidend ist insoweit nicht die technische Ausgestaltung, sondern die rechtliche Bestimmung durch die Gemeinde. Die satzungsrechtliche Zusammenfassung technisch voneinander unabhängiger Entwässerungssysteme ist aus Rechtsgründen allein dann ausgeschlossen, wenn sie in ihrer Arbeitsweise und in ihren Arbeitsergebnissen so unterschiedlich sind, dass eine Vergleichbarkeit der Anlagen schlechterdings ausgeschlossen ist (l. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Beschl. v. 03.07.1978 – 7 B 118 – 124.78 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 40 sowie Senatsurteil vom 24.10.2001 – 2 L 29/00 -). Dies ist indes nur anzunehmen, wenn das Äquivalenzprinzip oder der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.03.1985 – 8 B 11.84 -, KStZ 1985, 129 und Urteil vom 20.12.2000 – 11 C 7.00 -, DVBl 2001, 488 zur Abfallgebühr) und eine Zusammenfassung als rechtliche Einheit mit gleichen Beitragssätzen als willkürlich erscheint. Eine Gemeinde kann danach mehrere technisch getrennte, funktionell gleichartige leitungsgebundene Ent- und Versorgungssysteme zu einer Einrichtung im Rechtssinne zusammenfassen, wenn den anzuschließenden Grundstückseigentümern vergleichbare Vorteile geboten werden (Senatsurteil vom 22.01.2003 – 2 L 170/01 -).“

51

Nach diesen Maßstäben, an denen der Senat weiterhin festhält, ist gegen die dem Satzungsrecht zugrundeliegende Organisationsentscheidung entgegen der Ansicht des Klägers nichts zu erinnern. Dabei mag es sein, dass in den Klärteichanlagen, anders als bei den dem Zentralklärwerk der Hansestadt ... aus den Ortslagen ... und E... zugeführten Abwassermengen, keine chemische Reinigung, sondern lediglich eine biologische Reinigung stattfindet und dass insoweit Abweichungen hinsichtlich des Phosphatwertes und der Schadstoffanteile auftreten. Alle verwandten Reinigungsmethoden genügen jeweils den Anforderungen der entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnisse und erfüllen deshalb die Standards einer möglichst unschädlichen Abwasserbeseitigung. Die Leistungsfähigkeit der einzelnen technischen Anlagen ist dadurch vergleichbar. Alle Anlagenteile bieten den angeschlossenen Grundstücken den Vorteil, sich nach leitungsgebundener Einleitung der Abwässer in die öffentlich-rechtliche Abwasserbeseitigungseinrichtung der Beseitigungspflicht in ordnungsgemäßer Weise entledigt zu haben. Dies wird durch das von der Beklagten in Auftrag gegebene „Gutachten zur technischen Vergleichbarkeit voneinander unabhängiger Entwässerungssysteme“ des Privatinstituts für Klärtechnik GmbH vom 01.12.2010 bestätigt und vom Klägervorbringen nicht substantiiert in Frage gestellt.

52

Dass durch die unterschiedliche Behandlung der unterschiedlichen Abwassermengen in gebührenrechtlicher Hinsicht eine Schlechterstellung erfolgt, wird vom ihm nicht substantiiert vorgetragen. Die Beklagte hat die Anhebung der Gebührensätze in plausibler Weise damit begründet, dass mit der Umstellung der Organisation eine umfassende Neukalkulation im Gebührenhaushalt stattgefunden hatte.

53

Die vom Kläger gestellten Hilfsanträge sind ebenfalls abzulehnen. Das Vorauszahlungsverlangen hat sich nach dem oben Ausgeführten durch den Erlass des Gebührenbescheides vom 17.01.2011 für das Abrechnungsjahr nicht erledigt. Dem Antrag, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird, war ebensowenig zu entsprechen, da die Klage nach dem oben ebenfalls Ausgeführten nicht unzulässig war.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

55

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

56

Die Revision war nicht zuzulassen, da das Vorliegen von Gründen hierfür i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben ist.

57

Beschluss

58

Der Streitwert wird auf 1.224,00 € festgesetzt.


Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. März 2009 - 1 K 1237/07 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen einen Vorauszahlungsbescheid.
Die Kläger sind Eigentümer des im Gebiet der Beklagten gelegenen Grundstücks ... …. Mit Bescheid vom 12.1.2007 setzte die Beklagte die von ihnen für das Jahr 2006 zu bezahlenden Abwassergebühren auf 581,21 EUR fest und verlangte ferner zum 15.3., 15.5., 15.7., 15.9. und 15.11.2007 fällig werdende Abschlagszahlungen auf die Abwassergebühren für das Jahr 2007 in Höhe von jeweils 97 EUR. Nachdem die Beklagte mit Satzung vom 25.9.2007 den Abwassergebührensatz rückwirkend zum 1.1.2007 von 3,61 EUR/m³ auf 3,35 EUR/m³ reduziert hatte, ermäßigte sie mit Bescheid vom 29.10.2007 die am 15.11.2007 fällig werdende Abschlagszahlung auf 90 EUR.
Gegen beide Bescheide legten die Kläger Widerspruch ein, über den bisher nicht entschieden wurde.
Die Kläger haben am 8.6.2007 beim Verwaltungsgericht Freiburg (Untätigkeits-) Klage erhoben und zuletzt beantragt, den Bescheid vom 12.1.2007 aufzuheben, soweit er die zum 15.3., 15.5., 15.7. und 15.9.2007 fällig gewordenen Abschlagszahlungen betrifft. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens setzte die Beklagte mit Bescheid vom 8.2.2008 die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren auf 542,70 EUR fest und forderte die Kläger zur Zahlung des die geforderten Abschläge von insgesamt 478 EUR übersteigenden Betrags auf. Der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage gab das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25.3.2009 statt. Es begründete seine Entscheidung damit, dem Bescheid fehle es an der erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage, da der von der Beklagten verwendete einheitliche Frischwassermaßstab keine gültige Maßstabsregelung zur Ermittlung der Abwassergebühren sei.
Die gegen den Bescheid vom 12.1.2007 gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom gleichen Tag als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Rechtsschutzinteresse der Kläger sei mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 entfallen. Die sich aus dem Bescheid vom 12.1.2007 ergebende Zahlungsaufforderung habe sich bereits mit der Bezahlung der geforderten Abschläge erledigt. Mit dem Erlass des Gebührenbescheids habe sich auch der übrige Regelungsgegenstand des Bescheids erledigt, da mit der Festsetzung der Gebühr der Vorausleistungsbescheid als Rechtsgrund für das Behaltendürfen der geleisteten Zahlungen abgelöst worden sei. Dies gelte auch dann, wenn der endgültige Bescheid noch nicht bestandskräftig sei. Bei einer Aufhebung des endgültigen Bescheids entfalle der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der geleisteten Zahlungen. Der Vorausleistungsbescheid könne auch in diesem Fall nicht mehr als Rechtsgrundlage herangezogen werden, da er sich bereits durch den Erlass des endgültigen Bescheids erledigt habe.
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.11.2009 zugelassene Berufung der Kläger. Die Kläger machen geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe sich der angefochtene Vorausleistungsbescheid nicht erledigt. Das Verwaltungsgericht lasse unberücksichtigt, dass die endgültige Abwassergebührenschuld des Jahres 2007 noch entstehen könne, da die Beklagte die vom Verwaltungsgericht für nichtig erklärte Satzung durch eine rückwirkend in Kraft tretende neue Satzung ersetzen könne. Die Gemeinde habe in einem solchen Fall ein legitimes Interesse, den gezahlten Betrag trotz der Aufhebung des endgültigen Bescheids behalten zu dürfen. Die Erledigung des Vorausleistungsbescheids trete daher erst mit der Bestandskraft des endgültigen Bescheids ein. Da sich der Bescheid auf eine nichtige Satzung stütze, sei er rechtswidrig und müsse aufgehoben werden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.3.2009 - 1 K 1237/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 12.1.2007 aufzuheben, soweit er die zum 15.3., 15.5., 15.7. und 15.9.2007 fällig gewordenen Abschlagszahlungen auf die Abwassergebühr für das Jahr 2007 betrifft.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufungen zurückzuweisen.
12 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die Berufungen der Kläger sind unbegründet. Mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008, mit dem die Beklagte die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren endgültig festgesetzt hat, hat der angefochtene Vorausleistungsbescheid seine Wirkung verloren und sich damit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 b KAG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen danach zu Recht als unzulässig abgewiesen, da den Klägern für die begehrte Aufhebung des Vorausleistungsbescheids das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt.
16 
Vorausleistungsbescheide enthalten ebenso wie endgültige Abgabenbescheide regelmäßig zwei rechtlich selbständige Regelungen, nämlich zum einen die - vorläufige - Festsetzung des geschuldeten Betrags und zum anderen ein an den Adressaten des Bescheids gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrags. Um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Abgabenbescheid zu beantworten, müssen dementsprechend beide Regelungsgegenstände in die Betrachtung einbezogen werden. Nach dem Erlass eines Vorausleistungsbescheids erfolgte Zahlungen lassen das in dem Bescheid enthaltene Leistungsgebot entfallen. Da die Kläger die geforderten Abschlagszahlungen erbracht haben, kommt deshalb dem angefochtenen Bescheid jedenfalls insoweit keine die Kläger belastende Regelungswirkung mehr zu. Was die in dem Bescheid ferner enthaltene Festsetzung betrifft, ist der Bescheid durch den später erlassenen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst worden, der nunmehr den Rechtsgrund für das (endgültige) Behaltendürfen der - zunächst vorläufig erbrachten - Gebühr darstellt. Der angefochtene Bescheid hat sich damit auch insoweit erledigt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist diese Wirkung nicht von dem Fortbestand des endgültigen Gebührenbescheids abhängig. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daher nichts dem Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Kläger und der daraus folgenden Unzulässigkeit ihrer Klagen.
17 
1. Die Frage, ob die einen Vorausleistungsbescheid ablösende Wirkung des endgültigen Abgabenbescheids von dessen Bestandskraft abhängt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Für das Beitragsrecht wird überwiegend angenommen, dass sich das Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung vom Zeitpunkt des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheids allein nach diesem Bescheid beurteile und weder von seiner sofortigen Vollziehbarkeit noch von seiner Fortexistenz abhängig sei (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.6.2009 - 15 B 524/09 - KStZ 2009, 154; BayVGH, Urt. v. 3.7.2006 - 03.2544 - BayVBl 2007, 533; OVG Sachsen, Beschl. v. 20.8.2009 - 5 B 265/09 - Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 21 Rn. 39). Das Gleiche wird vom OVG Thüringen (Beschl. v. 29.6.2001 - 4 ZEO 917/97 - Juris) für das Gebührenrecht vertreten. Diese Auffassung entspricht der des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 3.7.1995 - GrS 3/93 - BFHE 178, 11; Vorlagebeschl. v. 23.6.1993 - X B 134/91 - BFHE 143, 101) über das Verhältnis zwischen dem endgültigen Einkommensteuerbescheid und einem Vorauszahlungsbescheid. Danach verliert der Vorauszahlungsbescheid seine Wirkung spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Steuerbescheid für den entsprechenden Veranlagungszeitraum wirksam bekanntgegeben worden ist, da ab diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Steuerfestsetzung allein der Einkommensteuerbescheid maßgebend sei. Der Jahressteuerbescheid könne zwar geändert oder aufgehoben werden. Er könne aber nicht mit der Wirkung aufgehoben werden, dass an seine Stelle wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden.
18 
Demgegenüber hat der Senat in seinem die Erhebung eines Anschlussbeitrags betreffenden Urteil vom 27.4.1989 - 2 S 2043/87 - (Juris) entschieden, dass der Vorauszahlungsbescheid als Rechtsgrundlage für die geleistete Zahlung wieder Rechtswirksamkeit erlange, wenn der endgültige Beitragsbescheid mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werde, da in Folge der Rücknahme der ursprüngliche Rechtszustand in vollem Umfang wiederhergestellt werde. Er hat dementsprechend angenommen, die mit dem Erlass des den endgültigen Beitragsbescheids eintretende Ablösung des Vorauszahlungsbescheids als Rechtsgrundlage für die geleisteten Zahlungen sei von der Fortexistenz des endgültigen Beitragsbescheids abhängig. In Übereinstimmung damit vertritt das OVG Schleswig (Urt. v. 27.1.2009 - 2 LB 43/08 - NVwZ-RR 2009, 627) für das Straßenausbaubeitragsrecht die Meinung, der Rechtsstreit über die Anfechtung eines Vorauszahlungsbescheids erledige sich nicht durch das Wirksamwerden des Bescheids über den endgültigen Beitrag. Denn werde der endgültige Bescheid in einem Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben, wirke dies auf den Zeitpunkt seines Erlasses zurück und sei der Bescheid als nicht erlassen zu behandeln. Damit entfalle rückwirkend die Ablösungswirkung und wirke die Festsetzung des Vorauszahlungsbescheids fort.
19 
2. Die genannte Frage bedarf anlässlich des vorliegenden Verfahrens nur insoweit einer Beantwortung, als sie sich auf das Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigen Gebührenbescheid im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses (§ 15 KAG) bezieht. Jedenfalls was dieses Verhältnis betrifft, schließt sich der Senat der auch vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung an, wonach ein Vorausleistungsbescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird, ohne dass es auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit ankommt.
20 
Nach § 15 KAG kann durch Satzung bestimmt werden, dass auf die Gebührenschuld im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses angemessene Vorauszahlungen zu leisten sind. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um vorläufige Leistungen auf die künftige Gebührenschuld, die mit der später nach dem Entstehen der Gebührenschuld festzusetzenden Gebühr zu verrechnen sind. Aus dem Wesen der Vorauszahlung ergibt sich, dass bei ihrer Festsetzung das voraussichtliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung durch den Pflichtigen zugrunde zu legen ist, das seinerseits unter Berücksichtigung des bisherigen Umfangs der Benutzung festzulegen ist (HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 - Juris; Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 Rn. 694). Die Vorauszahlungen können danach nur aufgrund einer regelmäßig auf dem Ergebnis der letzten Veranlagung beruhenden Prognose festgesetzt werden. Das steht der Annahme entgegen, dass mit der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids, mit dem auf der Grundlage des nunmehr feststehenden Umfangs der Benutzung die Gebührenschuld bestimmt wird, wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden. Der nur vorläufige Charakter der in einem Vorausleistungsbescheid prognostisch bestimmten Höhe der Gebührenschuld rechtfertigt vielmehr den Schluss, dass ein solcher Bescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird. Darauf, ob der endgültige Heranziehungsbescheid bereits Bestandskraft erlangt hat, kommt es somit nicht an.
21 
Der angefochtene Bescheid hat sich danach mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 erledigt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daran nichts. Der Hinweis der Kläger, dass die nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts mangels einer wirksamen Satzung bisher nicht entstandene Gebührenschuld in Zukunft noch entstehen könne, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat zwar im Hinblick auf das noch mögliche Entstehen der Gebührenschuld ein Interesse, den als Vorausleistung gezahlten Betrag auch nach der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids behalten zu dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung könnte sie dieses Ergebnis jedoch nur durch den Erlass eines neuen Vorausleistungsbescheids erreichen.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2, 159 S. 2 VwGO.
23 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
24 
Beschluss
25 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
26 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die Berufungen der Kläger sind unbegründet. Mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008, mit dem die Beklagte die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren endgültig festgesetzt hat, hat der angefochtene Vorausleistungsbescheid seine Wirkung verloren und sich damit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 b KAG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen danach zu Recht als unzulässig abgewiesen, da den Klägern für die begehrte Aufhebung des Vorausleistungsbescheids das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt.
16 
Vorausleistungsbescheide enthalten ebenso wie endgültige Abgabenbescheide regelmäßig zwei rechtlich selbständige Regelungen, nämlich zum einen die - vorläufige - Festsetzung des geschuldeten Betrags und zum anderen ein an den Adressaten des Bescheids gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrags. Um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Abgabenbescheid zu beantworten, müssen dementsprechend beide Regelungsgegenstände in die Betrachtung einbezogen werden. Nach dem Erlass eines Vorausleistungsbescheids erfolgte Zahlungen lassen das in dem Bescheid enthaltene Leistungsgebot entfallen. Da die Kläger die geforderten Abschlagszahlungen erbracht haben, kommt deshalb dem angefochtenen Bescheid jedenfalls insoweit keine die Kläger belastende Regelungswirkung mehr zu. Was die in dem Bescheid ferner enthaltene Festsetzung betrifft, ist der Bescheid durch den später erlassenen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst worden, der nunmehr den Rechtsgrund für das (endgültige) Behaltendürfen der - zunächst vorläufig erbrachten - Gebühr darstellt. Der angefochtene Bescheid hat sich damit auch insoweit erledigt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist diese Wirkung nicht von dem Fortbestand des endgültigen Gebührenbescheids abhängig. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daher nichts dem Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Kläger und der daraus folgenden Unzulässigkeit ihrer Klagen.
17 
1. Die Frage, ob die einen Vorausleistungsbescheid ablösende Wirkung des endgültigen Abgabenbescheids von dessen Bestandskraft abhängt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Für das Beitragsrecht wird überwiegend angenommen, dass sich das Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung vom Zeitpunkt des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheids allein nach diesem Bescheid beurteile und weder von seiner sofortigen Vollziehbarkeit noch von seiner Fortexistenz abhängig sei (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.6.2009 - 15 B 524/09 - KStZ 2009, 154; BayVGH, Urt. v. 3.7.2006 - 03.2544 - BayVBl 2007, 533; OVG Sachsen, Beschl. v. 20.8.2009 - 5 B 265/09 - Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 21 Rn. 39). Das Gleiche wird vom OVG Thüringen (Beschl. v. 29.6.2001 - 4 ZEO 917/97 - Juris) für das Gebührenrecht vertreten. Diese Auffassung entspricht der des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 3.7.1995 - GrS 3/93 - BFHE 178, 11; Vorlagebeschl. v. 23.6.1993 - X B 134/91 - BFHE 143, 101) über das Verhältnis zwischen dem endgültigen Einkommensteuerbescheid und einem Vorauszahlungsbescheid. Danach verliert der Vorauszahlungsbescheid seine Wirkung spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Steuerbescheid für den entsprechenden Veranlagungszeitraum wirksam bekanntgegeben worden ist, da ab diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Steuerfestsetzung allein der Einkommensteuerbescheid maßgebend sei. Der Jahressteuerbescheid könne zwar geändert oder aufgehoben werden. Er könne aber nicht mit der Wirkung aufgehoben werden, dass an seine Stelle wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden.
18 
Demgegenüber hat der Senat in seinem die Erhebung eines Anschlussbeitrags betreffenden Urteil vom 27.4.1989 - 2 S 2043/87 - (Juris) entschieden, dass der Vorauszahlungsbescheid als Rechtsgrundlage für die geleistete Zahlung wieder Rechtswirksamkeit erlange, wenn der endgültige Beitragsbescheid mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werde, da in Folge der Rücknahme der ursprüngliche Rechtszustand in vollem Umfang wiederhergestellt werde. Er hat dementsprechend angenommen, die mit dem Erlass des den endgültigen Beitragsbescheids eintretende Ablösung des Vorauszahlungsbescheids als Rechtsgrundlage für die geleisteten Zahlungen sei von der Fortexistenz des endgültigen Beitragsbescheids abhängig. In Übereinstimmung damit vertritt das OVG Schleswig (Urt. v. 27.1.2009 - 2 LB 43/08 - NVwZ-RR 2009, 627) für das Straßenausbaubeitragsrecht die Meinung, der Rechtsstreit über die Anfechtung eines Vorauszahlungsbescheids erledige sich nicht durch das Wirksamwerden des Bescheids über den endgültigen Beitrag. Denn werde der endgültige Bescheid in einem Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben, wirke dies auf den Zeitpunkt seines Erlasses zurück und sei der Bescheid als nicht erlassen zu behandeln. Damit entfalle rückwirkend die Ablösungswirkung und wirke die Festsetzung des Vorauszahlungsbescheids fort.
19 
2. Die genannte Frage bedarf anlässlich des vorliegenden Verfahrens nur insoweit einer Beantwortung, als sie sich auf das Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigen Gebührenbescheid im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses (§ 15 KAG) bezieht. Jedenfalls was dieses Verhältnis betrifft, schließt sich der Senat der auch vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung an, wonach ein Vorausleistungsbescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird, ohne dass es auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit ankommt.
20 
Nach § 15 KAG kann durch Satzung bestimmt werden, dass auf die Gebührenschuld im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses angemessene Vorauszahlungen zu leisten sind. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um vorläufige Leistungen auf die künftige Gebührenschuld, die mit der später nach dem Entstehen der Gebührenschuld festzusetzenden Gebühr zu verrechnen sind. Aus dem Wesen der Vorauszahlung ergibt sich, dass bei ihrer Festsetzung das voraussichtliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung durch den Pflichtigen zugrunde zu legen ist, das seinerseits unter Berücksichtigung des bisherigen Umfangs der Benutzung festzulegen ist (HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 - Juris; Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 Rn. 694). Die Vorauszahlungen können danach nur aufgrund einer regelmäßig auf dem Ergebnis der letzten Veranlagung beruhenden Prognose festgesetzt werden. Das steht der Annahme entgegen, dass mit der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids, mit dem auf der Grundlage des nunmehr feststehenden Umfangs der Benutzung die Gebührenschuld bestimmt wird, wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden. Der nur vorläufige Charakter der in einem Vorausleistungsbescheid prognostisch bestimmten Höhe der Gebührenschuld rechtfertigt vielmehr den Schluss, dass ein solcher Bescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird. Darauf, ob der endgültige Heranziehungsbescheid bereits Bestandskraft erlangt hat, kommt es somit nicht an.
21 
Der angefochtene Bescheid hat sich danach mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 erledigt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daran nichts. Der Hinweis der Kläger, dass die nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts mangels einer wirksamen Satzung bisher nicht entstandene Gebührenschuld in Zukunft noch entstehen könne, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat zwar im Hinblick auf das noch mögliche Entstehen der Gebührenschuld ein Interesse, den als Vorausleistung gezahlten Betrag auch nach der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids behalten zu dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung könnte sie dieses Ergebnis jedoch nur durch den Erlass eines neuen Vorausleistungsbescheids erreichen.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2, 159 S. 2 VwGO.
23 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
24 
Beschluss
25 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
26 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Abfallgebührensatzung des Antragsgegners vom 30. Juli 2014. Die „Gebührensatzung für die öffentliche Abfallentsorgung des Landkreises K. (Abfallgebührensatzung)“ wurde am 8. August 2014 im Amtsblatt des Antragsgegners bekannt gemacht und trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Ihr liegt eine Gebührenkalkulation für die Jahre 2015 bis 2018 zugrunde. Der Antragsteller ist Miteigentümer eines Hausgrundstücks im Geltungsbereich der Satzung. Er wurde mit Bescheid vom 12. Januar 2015 zur Entrichtung von Abfallgebühren auf der Grundlage der Satzung aufgefordert. Sein Widerspruch gegen den Gebührenbescheid wurde nach Aktenlage bislang nicht verbeschieden. Am 6. August 2015 stellte der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Abfallgebührensatzung. Er beantragte mit Schriftsatz vom 24. März 2016,

die Gebührensatzung des Antragsgegners vom 30. Juli 2014 für unwirksam zu erklären.

Zur Begründung wurden verschiedene Verstöße der Satzung gegen Art. 8 KAG gerügt. Auf den umfangreichen Vortrag wird im Einzelnen verwiesen. Zur Gebührenkalkulation insgesamt, insbesondere zur Frage der Kostenüberdeckung und zum Umgang mit Investitionsaufwendungen, hat der Antragsteller im Wesentlichen folgende Rügen erhoben:

1. Bei der „Sonderrücklage Gebühren“ seien systematisch erhebliche Rücklagen ohne entsprechenden Ausgleich innerhalb des nächsten Bemessungszeitraums aufgehäuft worden. Die Kostenüberdeckungen seien zu Unrecht aus den Ist-Ergebnissen des kameralen Rechnungsabschlusses und nicht, wie es sich nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gehöre, aus den Betriebsergebnissen übernommen worden. Diese Praxis des Antragsgegners sei bereits 2012 in einem Prüfbericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands (BKPV) beanstandet worden und stelle deshalb einen bewussten Verstoß gegen kommunalabgabenrechtliche Vorgaben dar.

2. Damit zusammenhängend sei der Umgang des Antragsgegners mit den kalkulatorischen Kosten bzw. Investitionsaufwendungen zu beanstanden. Beim Antragsgegner bestehe die Praxis, den Investitionsaufwand doppelt, nämlich sowohl durch rechtswidrige Direktentnahme aus der Sonderrücklage als auch durch Einstellung als kalkulatorische Kosten, geltend zu machen und damit den Gebührenschuldner doppelt zu belasten.

3. Bei den Bauschuttdeponien würden Investitionen als andere Kosten, etwa als Unterhaltskosten, getarnt. Der Kostenansatz für Rekultivierungen (7210.5189) sei für das Jahr 2018 unerklärlich hoch. In der Betriebsabrechnung 2013 würden unter Rekultivierung rein fiktive Kosten in Höhe von 345.262 Euro mit dem alleinigen Zweck der Minderung des Betriebsergebnisses eingebracht. Tatsächlich seien daher noch höhere Überdeckungen entstanden, als sie aus den Betriebsabrechnungen 2013 und 2014 hervorgingen.

Daneben hat der Antragsteller Rügen zu einzelnen Kostenstellen der Kalkulation erhoben. Hierzu hat er im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

1. Die Einbeziehung von Portokosten in die Kalkulation (7201.6525) verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a KG.

2. Anwalts- und Gerichtskosten (7201.6552) stellten keine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten dar. Die Einbeziehung betriebsfremder Kosten sei zu vermuten. Es werde um die Beiziehung von Unterlagen zu den beglichenen Kosten für die Erledigung bestimmter Rechtsstreitigkeiten gebeten.

3. Bei der Erstattung zentraler Dienste (7201.6750) seien die Personalkosten zu hoch bemessen. Der angesetzte Verteilungsschlüssel sei unzutreffend; die Kosten für den Geschäftsführer/Abteilungsleiter seien zu hoch angesetzt. Es werde um die Beiziehung von Unterlagen zur konkreten Berechnung und Prognose der einzelnen Personalkosten gebeten.

4. Die sonstigen Dienstleistungen Dritter (7201.6369 und 7202.6369) würden bezweifelt.

5. Beim „Mietkauf“ der Restmülltonnen (7201.6361) handele es sich nicht um eine Miete, sondern um einen Kauf, also eine Investition. Der Antragsgegner habe die jährlichen Kaufpreisraten zu Unrecht als Sachkosten und nicht als kalkulatorische Kosten erfasst. Eine Abschreibung der Tonnen über eine Nutzungsdauer von 20 Jahren erscheine sachgerecht. Gleiches gelte für die Papiertonnen (7201.6360) und Biomülltonnen (7201.4329). Es sei unklar, wer wirtschaftlicher Eigentümer der Tonnen sei.

6. Bei den Kosten für die Müllverbrennungsanlage (MVA) Ingolstadt (7201.6730) sei eine bei Satzungsbeschluss bereits absehbare Gebührensenkung nicht berücksichtigt worden. Es bestünden eine Erkundigungspflicht, eine Vertagungspflicht für die Beschlussfassung im Kreistag sowie eine Nachbesserungspflicht zwischen Satzungsbeschluss und Inkrafttreten der Satzung.

Der Antragsgegner beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Er tritt dem Vorbringen des Antragstellers unter Vorlage der Normaufstellungsakten entgegen. Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht zum Verfahren geäußert.

In der ersten mündlichen Verhandlung am 5. April 2017 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Der Antragsgegner erhielt Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme, insbesondere zur Vorlage von Alternativberechnungen unter Berücksichtigung der realen Betriebsergebnisse für 2013 und 2014 sowie verschiedener Abschreibungsvarianten für die Mülltonnen. Des Weiteren wurde anheimgestellt, eine Stellungnahme des BKPV zur Ermittlung der Sonderrücklage Gebühren einholen. Auf die daraufhin vorgelegten Alternativberechnungen des Antragsgegners sowie auf die Stellungnahme des BKPV vom 20. Juli 2017 wird Bezug genommen.

Die Ergebnisse wurden in der zweiten mündlichen Verhandlung am 16. August 2017 mit den Verfahrensbeteiligten besprochen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlungen wird auf die hierzu erstellten Niederschriften Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Akten zum Normaufstellungsverfahren verwiesen.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers, die Abfallgebührensatzung des Antragsgegners vom 30. Juli 2014 für unwirksam zu erklären, ist zulässig (dazu 1.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (dazu 2.).

1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Er ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 AGVwGO statthaft. Auf der Grundlage der angegriffenen Satzung hat der Antragsteller als Miteigentümer eines Grundstücks im Satzungsgebiet den Abfallgebührenbescheid vom 12. Januar 2015 erhalten, gegen den er Widerspruch eingelegt hat. Er kann daher gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend machen, durch die Anwendung der Satzung in seinen Rechten verletzt zu sein. Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Normenkontrollantrags sind erfüllt. Der Antrag wurde mit einem beim Verwaltungsgerichtshof am 6. August 2015 eingegangenen Schriftsatz und damit innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Gebührensatzung am 8. August 2014 gestellt.

2. Der Normenkontrollantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die Abfallgebührensatzung des Antragsgegners vom 30. Juli 2014 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemessen an den Grundsätzen für die gerichtliche Überprüfbarkeit kommunaler Gebührenkalkulationen (dazu a) liegt kein beachtlicher, auf die Gültigkeit der Satzung durchschlagender Verstoß gegen höherrangiges Recht vor. Der festgesetzte Gebührensatz beruht auf einer den tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen genügenden Gebührenkalkulation und führt zu keiner unzulässigen Kostenüberdeckung. Weder lässt sich ein bewusster Verstoß des Antragsgegners gegen das Kostenüberdeckungsverbot feststellen (dazu b), noch ist die Toleranzschwelle für geringfügige Kostenüberdeckungen überschritten (dazu c).

a) Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KAG können Gemeinden, Landkreise und Bezirke für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Zu diesen Einrichtungen gehört nach Art. 7 Abs. 2 BayAbfG auch die kommunale Abfallentsorgung, die der Antragsgegner als Regiebetrieb führt (vgl. Art. 76 Abs. 6 Satz 1, Art. 74 Hs. 1 LKrO). Für sie gilt gemäß § 6 der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners vom 16. Dezember 2014 ein Benutzungszwang im Sinn des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG. Die öffentliche Abfallentsorgungseinrichtung des Antragsgegners lässt sich insgesamt als einheitliche öffentliche Einrichtung verstehen, für deren Benutzung eine einheitliche Gebühr erhoben werden darf (vgl. BayVGH, U.v. 20.6.2001 – 4 N 99.2759 – VGH n.F. 54, 119/121 = NVwZ-RR 2002, 380). Von der Ermächtigung des Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KAG und Art. 7 Abs. 2 BayAbfG hat der Antragsgegner durch Erlass der Abfallgebührensatzung vom 30. Juli 2014 Gebrauch gemacht. Diese muss sich an den Vorgaben des Kommunalabgabenrechts in Gestalt der speziellen Anforderungen des Art. 7 Abs. 5 BayAbfG messen lassen. Bei der gerichtlichen Überprüfung von Gebührensatzungen ist der Gestaltungsspielraum des Normgebers zu achten (aa), der seine Grenze in bewussten oder nicht mehr geringfügigen Kostenüberdeckungen findet (bb). Diese Vorgaben gelten auch für die im Streit befindliche Abfallgebührenkalkulation (cc).

aa) Nach ständiger Rechtsprechung kommt dem Satzungsgeber bei der Gebührenbemessung ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerwG, B.v. 10.5.2006 – 10 B 56.05 – NVwZ 2006, 936/937; BayVGH, U.v. 20.6.2001 – 4 N 99.2759 – VGH n.F. 54, 119/ 122 = NVwZ-RR 2002, 380). Die ihm durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das Äquivalenzprinzip (vgl. Art. 8 Abs. 4 Hs. 1 KAG) gesetzten Grenzen sind erst überschritten, wenn die Gebührenregelung nicht mehr durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Dieser eingeschränkte gerichtliche Prüfungsmaßstab gilt auch für das in Art. 8 Abs. 2 Satz 3 KAG normierte Kostenüberdeckungsverbot. Danach soll das Gebührenaufkommen für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung mit Benutzungszwang die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten einschließlich der Kosten für die Ermittlung und Anforderung einrichtungsbezogener Abgaben nicht übersteigen. Das Kostenüberdeckungsverbot ist eine Veranschlagungsmaxime (stRspr; vgl. nur BayVGH, U.v. 20.10.1997 – 4 N 95.3631 – BayVBl 1998, 148; U.v. 2.3.2000 – 4 N 99.86 – VGH n.F. 53, 71/76 f. = NVwZ-RR 2001, 120). Dies bedeutet, dass der Gebührensatzungsgeber eine Prognose auf der Grundlage der im Zeitpunkt des Satzungserlasses bekannten Tatsachen zu treffen hat, wie sich die vorhersehbaren Gebühreneinnahmen zu den im gleichen Zeitpunkt vorhersehbaren Kosten verhalten (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.1961 – VII C 2.61 – BVerwGE 13, 214/223 f. = NJW 1962, 1583; BayVGH, U.v. 3.3.1993 – 4 B 92.1878 – VGH n.F. 46, 70/71 = BayVBl 1993, 528). Das Kostenüberdeckungsverbot ist nur dann verletzt, wenn Kostenschätzung und Tarifgestaltung nicht auf das Ziel der Beschränkung der Gebühreneinnahmen auf die Höhe des Verwaltungsaufwands gerichtet werden, sei es, dass sie nicht sachgerecht geschehen, sei es in der Weise, dass von vornherein ein Gebührenüberschuss angestrebt wird. Dementsprechend prüft der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Normenkontrolle nur, ob die Kostenprognose im Zeitpunkt des Satzungserlasses vertretbar war, nicht aber, ob sich die Prognose durch die Rechnungsergebnisse nach Ablauf des Kalkulationszeitraums bestätigt hat (BayVGH, U.v. 20.10.1997 – 4 N 95.3631 – BayVBl 1998, 148).

bb) Aus der Sollvorschrift des Art. 8 Abs. 2 Satz 3 KAG ergibt sich ein Spielraum für den Satzungsgeber dahingehend, dass geringfügige Überschreitungen als unbeabsichtigte Folge prognostischer Unsicherheiten keine Verletzung des Kostenüberdeckungsverbots darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind Kostenüberdeckungen von bis zu 12% grundsätzlich unschädlich (vgl. BayVGH, U.v. 25.2.1998 – 4 B 97.399 – NVwZ-RR 1998, 774 f.; U.v. 16.12.1998 – 23 N 94.3201 u.a. – BayVBl 1999, 463). Diese Toleranzschwelle gilt allerdings nicht für bewusst und gewollt herbeigeführte Kostenüberdeckungen, die von Umständen oder Überlegungen bestimmt wurden, die nicht im Haushalt des Kalkulationszeitraums wurzeln (BayVGH, U.v. 25.2.1998 – 4 B 97.399 – NVwZ-RR 1998, 774 f.; U.v. 2.4.2004 – 4 N 00.1645 – NVwZ-RR 2005, 281/282 f.). Ein bewusster Verstoß im Sinn dieser Rechtsprechung liegt vor, wenn sich der Vorsatz des Satzungsgebers (zumindest auch) auf das Berechnungsergebnis in Gestalt der Erzielung eines Überschusses zu Lasten des Gebührenzahlers bezieht (vgl. BayVGH, U.v. 2.3.2000 – 4 N 99.68 – VGH n.F. 53, 71/76 f. = NVwZ-RR 2001, 120). In diesem Fall wird die Kalkulation von sachfremden Erwägungen beeinflusst, die zur Ungültigkeit der sich daraus ergebenden Gebührensätze bzw. der weiteren, damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Satzungsbestimmungen führen (vgl. BayVGH, U.v. 20.10.1997 – 4 N 95.3631 – BayVBl 1998, 148; U.v. 25.2.1998 – 4 B 97.399 – NVwZ-RR 1998, 774 f.; näher zum Problemkreis Lange, DVBl 2017, 928/933 f.).

cc) Die dargestellten Maßstäbe gelten auch für die streitgegenständliche Abfallgebührenkalkulation des Antragsgegners betreffend die Jahre 2015 bis 2018. Aus Art. 7 Abs. 5 BayAbfG folgen keine für den Streitfall relevanten Modifizierungen. Gemäß den dortigen Vorgaben hat der Antragsgegner neben der im Verfahren als „Sonderrücklage Gebühr“ bezeichneten Rücklage (vgl. § 20 Abs. 4 Satz 2 KommHV-Kameralistik) gesonderte kalkulatorische Rückstellungen für Deponiesanierungen gebildet. Für den Prüfungsumfang des Senats ergeben sich hinsichtlich der Gebührenkalkulation des Antragsgegners die folgenden Größenordnungen: Der Antragsgegner hat in seiner auf vier Jahre (vgl. Art. 8 Abs. 6 Satz 1 KAG) angelegten Gebührenberechnung zu verteilende Kosten von insgesamt 23.993.317 Euro, also von knapp 24 Mio. Euro ermittelt (vgl. S. 4 der Gebührenkalkulation vom 9.5.2014). Bezogen auf ein Jahr ergibt dies ein Volumen von nahezu 6 Mio. Euro (5.998.329,25 Euro). Die Toleranzschwelle von 12% eröffnet damit – auf vier Jahre gesehen – einen Spielraum von knapp 2,88 Mio. Euro (2.879.198,04 Euro) bzw. pro Jahr eine Marge von knapp 720.000 Euro (719.799,51 Euro), innerhalb derer ungewollte Kostenüberdeckungen grundsätzlich als unschädlich hinzunehmen sind. Eine bewusst herbeigeführte Kostenüberdeckung führt auch dann zur Nichtigkeit der Gebührensatzung, wenn die so bewirkte Überdeckung nur geringfügig ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.2.1998 – 4 B 97.399 – NVwZ-RR 1998, 774 f.: dort 3%).

b) An diesen Grundsätzen gemessen lässt sich ein bewusster bzw. vorsätzlicher Verstoß des Antragsgegners gegen das Kostenüberdeckungsverbot nicht feststellen. Ein solcher Verstoß folgt insbesondere nicht aus den nach dem Vortrag des Antragstellers wohl (zuletzt) maßgeblichen Kalkulationsrügen (vgl. Schriftsatz vom 6.7.2017, Bl. 495 ff. der Gerichtsakte). Bezogen auf die Gesamtkalkulation des Antragsgegners rügt der Antragsteller im Kern, dass es infolge einer nicht konsequent nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erfolgten Kalkulation zu einer unzulässigen Kostenüberdeckung gekommen sei. Dies betreffe namentlich die in der Kalkulation als Abzugsposten berücksichtigte Sonderrücklage Gebühren. Es sei eine doppelte Finanzierung der Investitionsaufwendungen durch rechtswidrige Direktentnahme aus der Sonderrücklage und gleichzeitige Einstellung als kalkulatorische Kosten festzustellen. Zudem seien die angefallenen Kostenüberdeckungen im Bemessungszeitraum 2015 bis 2018 nicht vollständig ausgeglichen worden. Der Senat beurteilt die Einwände dahingehend, dass durchaus ein objektiver Verstoß gegen kommunalabgabenrechtliche Vorgaben in Betracht kommt (aa). Die Bewertung der Gesamtumstände des Falls erlaubt in subjektiver Hinsicht jedoch nicht den Schluss auf ein bewusstes und gewolltes Handeln des Antragsgegners (bb).

aa) Die Praxis des Antragsgegners, die zum Ausgleich der aufgelaufenen Kostenüberdeckung in Ansatz gebrachte Sonderrücklage Gebühren (vgl. S. 4 der Kalkulation vom 9.5.2014) anhand kameraler Grundsätze zu ermitteln und – damit zusammenhängend – eine doppelte Refinanzierung der Investitionskosten zu erzielen, verstößt möglicherweise gegen die Vorgaben des Kommunalabgabenrechts. Der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff ist auch für die Pflicht zum Ausgleich von Kostenüberdeckungen nach Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG maßgeblich (1). Er weicht von den kameralen Berechnungsmethoden ab (2). Der Antragsgegner hat die Sonderrücklage Gebühren nach kameralen und nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gebildet (3). Dies könnte kommunalabgabenrechtlich unzulässig sein (4).

(1) Nach dem Kostendeckungsprinzip des Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG soll im gewählten Kalkulationszeitraum das Gebührenaufkommen die Kosten decken. Da die Kostenentwicklung für den Kalkulationszeitraum nur prognostiziert werden kann, sind Kostenüberdeckungen oder -unterdeckungen am Ende des Bemessungszeitraums zu erwarten. Hierzu trifft Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG die Regelung, dass Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraums ergeben, innerhalb des folgenden Bemessungszeitraums auszugleichen sind. Dies ist Ausdruck des Grundsatzes der Periodengerechtigkeit und trägt den systemimmanenten Ungenauigkeiten Rechnung, die sich aus einer Vorauskalkulation ergeben (BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 23 B 04.2683 – juris Rn. 33 m.w.N.). Angesichts des Zusammenspiels mit dem Kostendeckungsprinzip des Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG ist der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff auch für die Pflicht zum Ausgleich von Kostenüberdeckungen nach Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG maßgeblich. Maßstab für das Vorhandensein einer Kostenüber- oder -unterdeckung ist die Betriebsabrechnung (vgl. Stadlöder in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Stand Juni 2016, Erl. Art. 8 Rn. 18).

(2) Gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG sind der Gebührenbemessung die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten zugrunde zu legen. Diese können betragsmäßig von den nach finanzwirtschaftlichen Methoden ermittelten kameralen Ausgaben des Verwaltungshaushalts abweichen, die möglicherweise auch betriebsfremde Aufwendungen enthalten und zeitlich anders abgegrenzt werden (vgl. BayVGH, U.v. 3.3.1993 – 4 B 92.1878 – VGH n.F. 46, 70/72 f. = NVwZ-RR 1994, 290; U.v. 2.3.2000 – 4 N 99.68 – VGH n.F. 53, 71/72 f. = NVwZ-RR 2001, 120 m.w.N.). Zu den Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinn gehören nach Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG insbesondere angemessene Abschreibungen und eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals. Im Übrigen definiert das Kommunalabgabengesetz den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff nicht, sondern setzt ihn als gegeben voraus (vgl. BayVGH, U.v. 28.11.2002 – 23 B 02.384 – juris Rn. 42; Stadlöder in Schieder/Happ, a.a.O., Erl. Art. 8 Rn. 21 m.w.N.; vgl. auch LT-Drs. 7/5192 S. 19 f.). Es ist also nach den in der betriebswirtschaftlichen Kostenlehre entwickelten Regeln zu verfahren, die freilich nirgends verbindlich festgeschrieben sind. Dementsprechend hat das Gericht die im konkreten Fall angewandten betriebswirtschaftlichen Grundsätze nicht auf ihre „Richtigkeit“ zu überprüfen. Der Kommune steht ein Beurteilungsspielraum zu; entscheidend ist allein, ob ihre Auffassung betriebswirtschaftlich (noch) vertretbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.5.2006 – 10 B 56.05 – NVwZ 2006, 936/937; BayVGH, U.v. 3.3.1993 – 4 B 92.1878 – VGH n.F. 46, 70/72 f. = NVwZ-RR 1994, 290).

(3) Der Antragsgegner hat die Sonderrücklage Gebühren, die als Abzugsposten von den Gesamtkosten der Abfallbeseitigung in die Gebührenkalkulation eingeflossen ist, unstreitig nach kameralen Grundsätzen berechnet. Er hat die Ist-Zahlen des Haushalts und nicht die bereits vorliegenden oder zu erwartenden Betriebsergebnisse herangezogen. Diese aus den Normaufstellungsakten hervorgehende Praxis (vgl. insbesondere die Übersicht vom 7.4.2014 über die Rücklagen im Bereich der Abfallwirtschaft, Bl. 217 der Behördenakte „Gebührenkalkulation“) hat der Kämmerer des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt (S. 2 der Niederschrift vom 5.4.2017, Bl. 393 der Gerichtsakte). Insoweit hat der Antragsgegner seine frühere Handhabung fortgeführt, die der BKPV in Bezug auf einen früheren Zeitraum beanstandet hatte. Wie der BKPV unter Tz. 11 seines Berichts über die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2006 bis 2010 des Antragsgegners ausführte (S. 47 des Prüfberichts vom 18.1.2012, Bl. 306 f. der Gerichtsakte), war Ausgangspunkt für die Kalkulation der Stand der kameralen, bereits um Investitionsausgaben geminderten Sonderrücklagen. Hierdurch ergab sich ein doppelter Refinanzierungseffekt, weil die getätigten Investitionen über den Ansatz kalkulatorischer Kosten erneut refinanziert wurden. Nach Auffassung des BKPV „wären künftig für Nach- und Vorauskalkulationen stets die kumulierten Über- und Unterdeckungen aus den bisherigen Betriebsabrechnungen zu verwenden“, damit Investitionsausgaben nicht doppelt in den Gebührenbedarf einfließen. Der Antragsgegner hat diesen Hinweis für den streitgegenständlichen Kalkulationszeitraum nicht umgesetzt.

(4) Ob diese Praxis des Antragsgegners einen Rechtsverstoß darstellt, lässt sich anhand der Stellungnahmen des BKPV nicht abschließend beurteilen. Zwar legt dessen Prüfbericht aus dem Jahr 2012 einen Verstoß nahe. Andere, nicht speziell auf den Antragsgegner bezogene Äußerungen des BKPV lassen hingegen eine gewisse Vorsicht erkennen. So führt der BKPV in seinen Mitteilungen vom November 2002 aus, dass die gesetzlichen Regelungen über die Gebührenkalkulation „an sich dafür sprächen“, der Sonderrücklage die betriebswirtschaftliche Kostenüberdeckung, nicht den kameralen Überschuss der Einrichtung zuzuführen (S. 10 der BKPV-Mitteilungen 2/2002). In der Folge wird diese Aussage allerdings dahingehend relativiert, dass in der Praxis die betragsmäßigen Abweichungen zwischen den beiden Berechnungsmethoden vernachlässigbar seien. Es sei deshalb „in der Regel nicht zu beanstanden“, wenn die Zuführungs- und Entnahmebeträge auf der Grundlage der kameralen Rechnungsergebnisse ermittelt würden. Der Geschäftsbericht 1997 des BKPV weist in eine ähnliche Richtung (vgl. dort S. 30 f.). Auch die vom Antragsgegner im Gerichtsverfahren vorgelegte Stellungnahme des BKPV vom 20. Juli 2017 enthält differenzierende Elemente. So heißt es unter Nr. 1 (Ausgleich des Verwaltungshaushalts), dass aus der überörtlichen Prüfungspraxis zahlreiche Kommunen bekannt seien, die über einen kameralen Haushaltsausgleich die Zuführung zur Sonderrücklage für den Gebührenausgleich ermitteln. Sofern im Haushalt auch kalkulatorische Kosten im Sinn von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG nachgewiesen würden, halte man es für vertretbar, das Ergebnis des Verwaltungshaushalts mit dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis gleichzusetzen und durch die Zuführung des Überschusses zu einer Sonderrücklage die Kostenüber- und -unterdeckungen fortzuschreiben. Unter Nr. 2 (Ausgleich des Vermögenshaushalts) wird zwar moniert, dass die Investitionsausgaben entgegen der betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise in voller Höhe dem Gebührenbedarf zugerechnet würden, gleichzeitig aber betont, dass sich – auf die Nutzungsdauer der Anlagegüter gesehen – keine Doppelbelastung der Gebührenzahler ergebe.

bb) Letztlich bedarf die Frage eines objektiven Rechtsverstoßes keiner abschließenden Klärung, weil sich jedenfalls in subjektiver Hinsicht kein bewusstes und gewolltes Handeln des Antragsgegners feststellen lässt. Nach den Gesamtumständen des Falls bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner eine überhöhte Rücklage zum Nachteil der Gebührenzahler bilden wollte. Der Hinweis des BKPV im Prüfbericht vom Januar 2012 hat den Antragsgegner nicht bösgläubig werden lassen (1). Dies gilt erst recht mit Blick auf die sonstigen nuancierten Stellungnahmen des BKPV und den Umstand, dass angesichts der regelmäßig geringen Abweichungen zwischen den beiden Berechnungsmethoden eine Benachteiligungsabsicht fernliegt (2).

(1) Das – für die Beurteilung der subjektiven Seite primär maßgebliche – Geschehen im Zusammenhang mit dem Prüfbericht des BKPV vom Januar 2012 führt zur Annahme eines „Verbotsirrtums“ des Antragsgegners und nicht zur Bejahung vorsätzlichen Handelns. Zwar geht der Prüfbericht von einem Verstoß aus und mahnt für die Zukunft eine andere Handhabung an, doch hat der Antragsgegner diese Monita nicht einfach ignoriert oder bewusst missachtet. Vielmehr hat er sich mit dem Vorbringen des BKPV inhaltlich auseinandergesetzt und in seiner Stellungnahme zum Prüfbericht dargelegt, warum seiner Ansicht nach die Investitionskosten nicht doppelt refinanziert werden (vgl. die Stellungnahme des Sachgebiets V 3 vom 12.3.2012 zu Tz. 11 des Prüfberichts, Bl. 315 der Gerichtsakte). Wie der Antragsgegner im Gerichtsverfahren unwidersprochen vorgetragen hat, ist auf diese Stellungnahme hin keine Reaktion mehr erfolgt, weder seitens des BKPV noch seitens der – ebenfalls mit dem Prüfbericht befassten – Regierung von Niederbayern als Rechtsaufsichtsbehörde. Der Antragsgegner ist daher ersichtlich davon ausgegangen, dass sein Verhalten keinen beanstandungswürdigen Rechtsverstoß darstellte, der zwangsläufig einen zukünftigen Handlungsbedarf ausgelöst hätte.

(2) Diese Wertung wird durch weitere Umstände, insbesondere den relativierenden Charakter der weiteren Stellungnahmen des BKPV bekräftigt. Die Schlussfolgerung, dass die Pflicht zur Heranziehung betriebswirtschaftlicher Grundsätze nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG zwingend auch für die Ausgleichspflicht bei Kostenüberdeckungen nach Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG Geltung beansprucht, lag daher für den Antragsgegner zumindest nicht auf der Hand. Dieser war vielmehr der Auffassung, über interne Verrechnungen bzw. Gegenbuchungen (Ausgabebuchungen bei den Gruppierungen 6790/6791 und gleichzeitige Einnahmebuchungen bei den Gruppierungen 1690/1691 innerhalb des Haushaltsabschnitts Abfallbeseitigung) eine korrekte Handhabung erzielen zu können. Dies entspricht der Einschätzung des BKPV, wonach bei der Ermittlung kalkulatorischer Kosten und innerer Verrechnungen Bewertungsspielräume der Kommune gegeben sind (vgl. S. 12 der BKPV-Mitteilungen 2/2002). Nicht zuletzt lassen die vom BKPV in den Vordergrund gerückten typischerweise geringen betragsmäßigen Abweichungen zwischen den beiden Berechnungsmethoden eine bewusste Benachteiligung des Gebührenzahlers fernliegend erscheinen. Dementsprechend hat der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2017 darauf verwiesen, dass der Haushalt für die Abfallwirtschaft separat geführt werde. Es bestehe daher nicht die Gefahr, dass mit den anfallenden Überschüssen der Kreishaushalt saniert werden könnte.

c) Da sich nach alledem ein bewusster und gewollter Verstoß des Antragsgegners gegen das Kostenüberdeckungsverbot nicht feststellen lässt, verbleibt es bei der Geltung der 12%-Toleranzschwelle. Diese ist im Streitfall nicht überschritten. Das gilt sowohl unter Berücksichtigung der vom Antragsteller monierten Höhe der in die Kalkulation eingestellten Sonderrücklage (aa) als auch mit Blick auf die Rügen des Antragstellers zu einzelnen Kostenpositionen der Gebührenkalkulation (bb).

aa) Unterstellt man, dass die Sonderrücklage Gebühren anhand der falschen Berechnungsmethode ermittelt wurde und daher in unzutreffender Höhe in die Kalkulationsprognose eingeflossen ist, bedarf es einer Alternativberechnung. Diese kann nur anhand der inzwischen vorliegenden realen Betriebsergebnisse nach den Betriebsabrechnungsbögen erfolgen. Angesichts des vom Antragsgegner für die Vorgängerkalkulation gewählten zweijährigen Bemessungszeitraums sind die im Zeitraum 2013/2014 aufgelaufenen Überdeckungen, also der Rücklagenbestände zum 31. Dezember 2014 ausgleichspflichtig (1). Die einschlägige Alternativberechnung Nr. 10 des Antragsgegners nimmt ihren Ausgangspunkt zutreffend in dem als gegeben hinzunehmenden Rücklagenbestand zum 31. Dezember 2012 (2). Sie ergibt unter Rückgriff auf die realen Betriebsergebnisse 2013 und 2014 eine Abweichung zur bestehenden Kalkulation von (lediglich) 6,67% (3). Die vom Antragsgegner in den Betriebsabrechnungen ermittelten Zahlen sind nicht zu beanstanden (4).

(1) Die streitgegenständliche Kalkulation beruht auf der Annahme (vgl. S. 4 der Kalkulation vom 9.5.2014), dass der Bestand der Sonderrücklage Gebühr in Höhe von voraussichtlich 1.373.079 Euro zum 31. Dezember 2014 aufgelöst wird. Diesen im Wege einer „Rücklagenhochrechnung“ ermittelten Überschuss aus den Vorjahren hat der Antragsgegner als Abzugsposten in die Gebührenkalkulation eingestellt, um die bei Ablauf des vorhergehenden Kalkulationszeitraums entstandenen Kostenüberdeckungen auszugleichen. Für seine Vorgängerkalkulation hat der Antragsgegner einen zweijährigen Bemessungszeitraum, nämlich die Jahre 2013 und 2014, zugrunde gelegt. Die Entscheidung für einen zweijährigen und nicht – wie der Antragsteller zunächst meinte – einjährigen Bemessungszeitraum ergibt sich aus den im Gerichtsverfahren vorgelegten Akten zur Vorgängerkalkulation (Bl. 107 ff. der Behördenakte „Gebührenkalkulation“), welche in die Änderungssatzung vom 2. Juli 2013 einmündete (Bl. 183 der Behördenakte „Gebührenkalkulation). Diese führte zu (punktuellen) Änderungen gegenüber der zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Abfallgebührensatzung vom 20. Oktober 2009, die den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2012 abgedeckt hatte. Im Übrigen dürfte zuletzt Einigkeit zwischen den Verfahrensbeteiligten bestanden haben, dass für 2013/2014 ein zweijähriger Kalkulationszeitraum gewählt wurde (vgl. den Schriftsatz des Antragstellers vom 6.7.2017, Bl. 496 der Gerichtsakte).

(2) Der vom Antragsgegner als ausgleichspflichtig erachtete Betrag von rund 1,373 Mio. Euro ergibt sich aus dem Rücklagenbestand von rund 1,627 Mio. Euro (1.627.079,56 Euro) zum 31. Dezember 2012, der um eine „Entnahmeprognose“ für den restlichen Bemessungszeitraum bis Ende 2014 von 254.000 Euro gemindert wurde (Übersicht vom 7.4.2014, Bl. 217 der Behördenakte „Gebührenkalkulation“). Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist der Rücklagenbestand von 1,627 Mio. Euro als gegeben zugrunde zu legen. Zwar will der Antragsteller den ausgleichspflichtigen Betrag deutlich höher ansetzen, weil er eine systematische Anhäufung erheblicher Rücklagen seit dem Jahr 2001 – bis Ende 2009 von 4,5 Mio. Euro – ohne rechtzeitigen und vollständigen Ausgleich in den nachfolgenden Bemessungszeiträumen vermutet. Diesem Einwand kann das Gericht aber nur insoweit nachgehen, als er die Überdeckung aus dem vorherigen Kalkulationszeitraum betrifft. Die Ausgleichspflicht des Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG bezieht sich nach ihrem klaren Wortlaut – unbeschadet weitergehender Ausgleichsrechte der Kommune – nur auf Kostenüberdeckungen aus dem unmittelbar vorhergehenden Bemessungszeitraum, die innerhalb des folgenden Bemessungszeitraums auszugleichen sind. Kostenüberdeckungen, die nicht innerhalb der gesetzlichen Ausgleichsfrist ausgeglichen werden, bleiben nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht weiterhin ausgleichspflichtig (OVG SH, U.v. 22.10.2003 – 2 LB 148/02 – KStZ 2004, 29/31; VGH BW, B.v. 20.9.2010 – 2 S 138/10 – KStZ 2010, 236/237; OVG NW, B.v. 30.11.2010 – 9 A 1579/08 – NWVBl 2011, 224; NdsOVG, U.v. 17.7.2012 – 9 LB 187/09 – DVBl 2012, 1255/1256). Auch im Schrifttum wird ein Anspruch auf den Ausgleich von Kostenüberdeckungen aus länger zurückliegenden Bemessungszeiträumen verneint (Friedl in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 56. EL März 2017, § 6 Rn. 641b; Vetter in Christ/ Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, 2016, D Rn. 196).

(3) Tatsächlich sind ausweislich der Betriebsabrechnungen 2013 und 2014 nicht die vom Antragsgegner prognostizierten Unterdeckungen, sondern Überschüsse in Höhe von 479.113 Euro für das Jahr 2013 und 866.336 Euro für das Jahr 2014 entstanden. Die Betriebsabrechnung für das Jahr 2013 wurde im Umweltausschuss des Antragsgegners – zusammen mit dem Entwurf der zukünftigen Gebührensatzung – am 25. Juni 2014 vorgestellt, war also zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits bekannt. Die für 2013 und 2014 retrospektiv ermittelte Überdeckung von insgesamt von 1.345.449 Euro entspricht in etwa dem in die Kalkulation tatsächlich eingestellten Ausgleichsbetrag von 1,373 Mio. Euro. Rechnet man zum Rücklagenstand vom 31. Dezember 2012 die positiven Betriebsergebnisse von 2013 und 2014 hinzu, anstatt die der Kalkulation zugrunde gelegte „Entnahmeprognose“ von 254.000 Euro abzuziehen, ergäbe sich zum 31. Dezember 2014 eine fiktive ausgleichspflichtige Sonderrücklage Gebühren in Höhe von 2.972.528,56 Euro. Bei den zu verteilenden Gesamtkosten entstünde zwischen der bestehenden Kalkulation (23.993.317 Euro) und der Alternativberechnung (22.393.867,44 Euro) eine Differenz von knapp 1,6 Mio. Euro (1.599.449,56 Euro), die nach der Alternativberechnung Nr. 10 des Antragsgegners (Bl. 429, Bl. 457 der Gerichtsakte) eine Abweichung zu Lasten des Gebührenzahlers von 6,67% darstellen würde. Die für ungewollte Kostenüberschreitungen geltende Fehlertoleranz von bis zu 12% ist damit bei weitem nicht ausgeschöpft.

(4) Die der Alternativberechnung zugrunde liegenden realen Betriebsergebnisse für die Jahre 2013 und 2014 sind nicht zu beanstanden. Der Antragsteller macht in diesem Zusammenhang geltend, in der Betriebsabrechnung 2013 würden unter Rekultivierung (7210.5189) rein fiktive Kosten in Höhe von 345.262 Euro mit dem alleinigen Zweck der Minderung des Betriebsergebnisses eingebracht. Als tatsächliches Betriebsergebnis für 2013 sei daher eine Kostenüberdeckung von 824.375 Euro anstatt von 479.113 Euro anzusetzen. Diesen Einwand hat der Antragsgegner mit dem Hinweis darauf entkräftet, dass der Betrag – ohne Auswirkungen auf das Betriebsergebnis – versehentlich falsch zugeordnet worden sei. Selbst wenn man ihn jedoch zusätzlich in die Alternativberechnung einbeziehen würde, ergäbe sich mit einer Differenz von dann 1.944.711 Euro (d.h. knapp 500.000 Euro pro Jahr) keine substantielle Veränderung der Abweichung zwischen der bestehenden Kalkulation und der Alternativberechnung. Gleiches gilt im Übrigen für den Kostenansatz für Rekultivierungen bei Bauschuttdeponien (7210.5189), der für das Jahr 2018 mit 200.000 Euro im Vergleich zu den Jahren 2015 bis 2017 (jeweils 5.000 Euro) ausgesprochen hoch veranschlagt ist (vgl. Bl. 207 der Behördenakte „Gebührenkalkulation“). Auch dieser Betrag bewegt sich in einer Größenordnung, die bei einer Hinzurechnung zu den vorhandenen Beträgen bei weitem nicht die Toleranzschwelle von 12% erreicht. Die Entwicklung nach Satzungserlass, etwa die vom Antragsteller thematisierte Betriebsabrechnung für das Jahr 2015, betrifft den späteren Vollzug der Satzung und spielt für die Kalkulation selbst keine Rolle.

bb) An der demnach gegebenen Geringfügigkeit der Kostenüberdeckung vermögen die weiteren Rügen des Antragstellers zu einzelnen Kostenpositionen der Kalkulation nichts zu ändern. Unter Berücksichtigung des dem Gebührensatzungsgeber bei seiner Prognoseentscheidung zukommenden Beurteilungsspielraums greifen die Rügen allesamt nicht durch. Die maßgebliche Frage, ob sich der Antragsgegner von Willkür oder sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 23 B 04.2683 – juris Rn. 35), ist zu verneinen. Die für die Jahre 2015 bis 2018 angesetzten Kosten, die ausweislich der Kalkulation auf den Rechnungsergebnissen 2013 laut Kämmerei sowie den Haushaltsansätzen für 2014 (Zusammenstellung vom 6.9.2013, Bl. 199 ff. der Behördenakte „Gebührenkalkulation“) beruhen, lassen sich in aller Regel anhand der vom Antragsgegner vorgelegten Kalkulationsunterlagen in der angesetzten Größenordnung nachvollziehen. Etwaige Unstimmigkeiten bewegen sich in einem Bagatellbereich, der an der deutlichen Unterschreitung der Toleranzgrenze nichts zu ändern vermag. Eine ungefragte gerichtliche Fehlersuche ist bei der Überprüfung der Gebührenkalkulation eines kommunalen Satzungsgebers nicht angezeigt (BVerwG, U.v. 17.4.2002 – 9 CN 1.01 – BVerwGE 116, 188 = NVwZ 2002, 1123). Im Einzelnen sind die Rügen wie folgt zu bewerten:

(1) Entgegen der Ansicht des Antragstellers verstößt die Einbeziehung von Portokosten, also der Kosten für die Versendung von Gebührenbescheiden, in die Kalkulation (7201.6525) nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a KG. Die frühere Rechtsprechung des 23. Senats (BayVGH, B.v. 11.7.1991 – 23 N 88.306 – JurPC 1991, 1322) ist durch die Neufassung des Kommunalabgabengesetzes im Jahr 1992 überholt. Seither schließen die nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG ansatzfähigen Kosten ausdrücklich die „Kosten für die Ermittlung und Anforderung von einrichtungsbezogenen Abgaben“ mit ein.

(2) Die vom Antragsgegner angesetzten Gerichts- und Anwaltskosten (7201.6552) durften sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach in die Gebührenkalkulation einfließen. Soweit in der Rechtsprechung die Ansatzfähigkeit von Kosten für gerichtliche und außergerichtliche Rechtsberatung mangels Betriebsbedingtheit verneint wurde (vgl. VGH BW, U.v. 13.5.1997 – 2 S 3246/94 – ZKF 1998, 135; BayVGH, U.v. 29.4.1999 – 23 B 97.1628 – juris Rn. 41), bezieht sich diese Aussage ausdrücklich nur auf Kosten für Rechtsbehelfsverfahren von Gebührenzahlern gegen Abgabenbescheide. Unabhängig davon, ob dieser Rechtsprechung zu folgen ist (ablehnend Friedl in Driehaus, a.a.O., § 6 Rn. 636; kritisch auch Vetter in Christ/Oebbecke, a.a.O., Rn. 320), kann sie jedenfalls auf die hiesige Fallkonstellation nicht übertragen werden. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Antragsgegners sind die Kosten für zu besorgende oder laufende Gerichtsverfahren mit Vertragspartnern auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft eingeplant, wobei sich die jährlich wechselnde Höhe des Kostenansatzes aus konkreten Prognosen für einzelne, passgenau zu berücksichtigende Rechtsstreitigkeiten ergibt. Soweit der Antragsteller die Beiziehung von (nicht näher bezeichneten) Unterlagen für bereits beglichene Kosten erledigter Rechtsstreitigkeiten begehrt, ist eine solche retrospektive Betrachtung im Rahmen der Gebührenkalkulation nicht angezeigt. Im Übrigen bestehen für eine unzutreffende Prognose der angesetzten Kostenhöhen keine Anhaltspunkte.

(3) Der Kostenansatz für die Erstattung der „Zentralen Dienste“ (7201.6750) ist nicht zu beanstanden. Zu den ansatzfähigen Kosten gehören neben den Betriebskosten auch Verwaltungskosten, d.h. Personal- und Sachkosten der für die Einrichtung tätigen zentralen Dienststellen, wobei die Zuordnung über einen Verrechnungsschlüssel der anteiligen Arbeitszeiten und das Verhältnis der Anzahl der Beschäftigen der Einrichtung zur Gesamtbeschäftigtenzahl zu erfolgen hat (BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 23 B 04.2683 – juris Rn. 29; Friedl in Driehaus, a.a.O., § 6 Rn. 636). Diese Kosten hat der Antragsgegner auf der Grundlage seiner detaillierten Aufstellung des Jahres 2013 anhand des dortigen Verteilungsschlüssels plausibel ermittelt (Bl. 255 ff. der Behördenakte „Betriebsabrechnung“). Soweit der Antragsteller die Höhe der veranschlagten Personalkosten rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass es dem Organisationsermessen des kommunalen Trägers anheimgestellt ist, wie viele und welche Mitarbeiter zu welchem Entgelt eingesetzt werden (Brüning in Driehaus, a.a.O., § 6 Rn. 168). Dies gilt auch für die auf die Abfallwirtschaft entfallenden Arbeitszeitanteile des Geschäftsführers / Abteilungsleiters. Anhaltspunkte dafür, dass die Grenze eines sachlich nicht mehr vertretbaren Verbrauchs an öffentlichen Mitteln überschritten sein könnte, sind weder plausibel vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vor diesem Hintergrund war die vom Antragsteller begehrte Heranziehung weiterer (nicht spezifizierter) Unterlagen zu den Personalkosten nicht veranlasst.

(4) Soweit der Antragsteller für die „Sonstigen Dienstleistungen Dritter“ (7201.6369 und 7202.6369) eine Detaildarstellung erbeten hat, ist der Antragsgegner diesem Begehren durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachgekommen (Bl. 203 ff. der Behördenakte „Gebührenkalkulation“ und Bl. 16 der nachgelieferten Anlage dazu). Die dort bei den Haushaltsansätzen 2014 erfolgte plausible Aufschlüsselung der Kosten wird vom Antragsteller nicht (mehr) in Zweifel gezogen.

(5) Es begegnet keinen Bedenken, dass der Antragsgegner die Abfallsammelbehälter in seiner Kalkulation bei den Sachkosten als „Miete“ erfasst hat. Dies gilt sowohl hinsichtlich der (vom Antragsteller primär beanstandeten) Restmülltonnen (7201.6361) als auch hinsichtlich der Biotonnen (7201.6329) und der Papiertonnen (7201.6360), deren Kosten jeweils in der Rubrik „Abfuhr/Miete“ direkt berücksichtigt sind. Dass der Antragsgegner von einer Anmietung und nicht von einem Erwerb der Tonnen ausgeht, ergibt sich auch aus seinen Haushaltsansätzen 2014, bei denen die Kosten für „Miete“ und „Entleerung/Transport“ getrennt ausgewiesen sind (Bl. 13 der Anlage zur Behördenakte „Gebührenkalkulation“). Der Antragsteller hat seine Rüge, dass in Wahrheit ein Mietkauf der Tonnen vorliege und dass diese über einen langjährigen Zeitraum – etwa über 20 Jahre – als Investitionsgüter abgeschrieben werden müssten, zuletzt wohl nicht mehr aufrechterhalten. Unabhängig davon dürfte ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Ausschreibungsunterlagen (Bl. 383 ff. der Gerichtsakte) tatsächlich ein Mietverhältnis vorliegen, so dass die Kosten zu Recht als Sachkosten und nicht als kalkulatorische Kosten erfasst wurden. Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers vom Vorliegen eines Mietkaufs ausginge, wäre nach den – anders als im Steuerrecht nicht verbindlichen – Abschreibungstabellen (vgl. Nr. 1.6 der AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig „Abfallentsorgungs- und Recyclingwirtschaft“ des Bundesministeriums der Finanzen vom 1.7.1995) eine Abschreibung über eine Nutzungsdauer von vier Jahren nicht zu beanstanden, sofern es sich nicht ohnehin um sofort als Betriebsausgaben abziehbare geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinn des § 6 Abs. 2 EStG handelt (vgl. R 6.13 Abs. 1 Satz 4 der Einkommensteuer-Richtlinien zu § 6 EStG). Mangels expliziter Vorgaben in Art. 8 KAG kommt der Kommune bei der objektbezogenen Betrachtung ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. Hasl-Kleiber in Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand August 2017, Kz. 54.00 Erl. 2.2).

(6) Die Rüge des Antragstellers, bei den Kosten für die MVA Ingolstadt (7201.6730) sei eine zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits absehbare Gebührensenkung nicht berücksichtigt worden, greift nicht durch. Die Antragsgegner legte seiner Prognose die Annahme zugrunde (vgl. S. 4 der Kalkulation vom 9.5.2014), dass die MVA-Gebühren zum 1. Januar 2015 nicht erneut gesenkt würden bzw. trotz der Risiken durch das EEG in unveränderter Höhe bestehen blieben. Tatsächlich wurde am 23. Oktober 2014 eine weitere Senkung der MVA-Gebühren beschlossen. Die vom Antragsteller angesichts dieser zeitlichen Abläufe behaupteten Pflichten des Antragsgegners in Gestalt einer Erkundigungspflicht, einer Vertagungspflicht für die Beschlussfassung im Kreistag sowie einer Nachbesserungspflicht zwischen Satzungsbeschluss und Inkrafttreten der Satzung finden in Gesetz und Rechtsprechung keine Grundlage. Angesichts der Normqualität der Gebührensatzung sind für die Beurteilung die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Satzungserlasses maßgeblich (BayVGH, U.v. 2.3.2000 – 4 N 99.68 – VGH n.F. 53, 71/76 = NVwZ-RR 2001, 120; U.v. 2.4.2004 – 4 N 00.1645 – NVwZ-RR 2005, 281/282). Wegen des Prognosecharakters der Kalkulation kann es dem Satzungsgeber weder angesonnen werden, gleichsam ins Blaue hinein bzw. im „vorauseilenden Gehorsam“ etwaige zu einem späteren Zeitpunkt denkbare Gebührensenkungen zu berücksichtigen, noch muss er seinen Sitzungsrhythmus im Kreistag von derartigen Überlegungen abhängig machen. Eine Erkundigungspflicht ist schon deshalb zu verneinen, weil es bei Zweckverbänden und ähnlichen Gremien keinen Ansprechpartner gibt, der verbindlich über die zukünftige – gegebenenfalls ihrerseits einer Kalkulation unterliegende – Kostenplanung Auskunft geben kann. Dementsprechend scheidet auch eine Nachbesserungspflicht vor Inkrafttreten der Satzung aus. Kommt es infolge von Unwägbarkeiten bei der Gebührenentwicklung zu Kostenüberdeckungen, sind diese vielmehr nach Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG im nachfolgenden Bemessungszeitraum auszugleichen.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.