Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Okt. 2012 - 1 S 36/12

bei uns veröffentlicht am11.10.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 1. Dezember 2011 – 4 K 1112/11 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen das Verbot der Durchführung so genannter Gehsteigberatungen vor der vom Beigeladenen unterhaltenen Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle.
Der Kläger ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts ... eingetragener, vom Finanzamt ... als mildtätig und gemeinnützig anerkannter Verein. Zweck des Vereins ist nach § 2 Abs. 1 der Vereinssatzung „die konkrete Hilfe, die Information und das Gebet für Gottes kostbare Kinder.“ Gottes kostbare Kinder im Sinne des Vereins sind ausweislich der Präambel der Vereinssatzung ungeborene und geborene Kinder, Jugendliche, deren Mütter und Väter, Verwandte und Freunde sowie alle Personen, die von Abtreibung direkt oder indirekt betroffen sind, insbesondere die leidenden Frauen sowie Ärzte und deren Personal. Der Satzungszweck wird nach § 2 Abs. 2 der Vereinssatzung unter anderem verwirklicht durch unterschiedliche Formen von Gebetsveranstaltungen zum Schutz des ungeborenen Lebens, Veranstaltung von Katechesen und Vorträgen zur Lehre der römisch-katholischen Kirche in Bezug auf den Schutz des Lebens (Moral- und Sittenlehre), Beratungsstellen, Telefonseelsorge und Gehsteigberatung sowie durch Beratung der vom Schwangerschaftskonflikt betroffenen Frauen, auch nach der Abtreibung.
Der Beigeladene unterhält in der H...straße ... in Freiburg eine nach § 9 des Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten - SchKG - staatlich anerkannte Beratungsstelle.
Ab dem Spätsommer des Jahres 2010 organisierte der Kläger vor dieser Beratungsstelle so genannte Gehsteigberatungen. Die Gehsteigberatung richtet sich vornehmlich an Frauen, die nach Einschätzung der in Freiburg für den Kläger tätigen Gehsteigberaterin die Schwangerschaftskonfliktberatung in Anspruch nehmen könnten. Auf welche Art und Weise die zur Zielgruppe gehörenden Personen im Rahmen der Gehsteigberatung angesprochen werden, ist im einzelnen zwischen den Beteiligten streitig. Die Gehsteigberaterin wird in der Regel begleitet von einer „stillen Beterin“ oder einem „stillen Beter“, d.h. von einer Person, die in der Nähe still Rosenkränze betet. Die Gehsteigberatung wurde in dieser Form in der Regel an drei Wochentagen in der Zeit von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr durchgeführt. Diese Uhrzeiten entsprachen weitestgehend den Öffnungszeiten der Beratungsstelle des Beigeladenen.
Der Leiter des Beigeladenen wandte sich – nachdem ein persönliches Gespräch mit der vor der Beratungsstelle tätigen Gehsteigberaterin ergebnislos geblieben war – im September 2010 an die Beklagte. In einem am 14.09.2010 mit dem Vorstand des Klägers und der in Freiburg tätigen Gehsteigberaterin geführten Gespräch wies das Amt für öffentliche Ordnung der Beklagten darauf hin, dass es mit Blick auf die besondere Situation der Hilfe suchenden Frauen wünschenswert wäre, wenn die Gehsteigberatungen nicht unmittelbar vor der Beratungsstelle des Beigeladenen stattfänden. Einige Tage später berichtete der Leiter des Beigeladenen der Beklagten, dass in den vergangenen Wochen mehrfach jüngere Frauen unmittelbar vor der Beratungsstelle auf einen Schwangerschaftskonflikt angesprochen und mit „Parolen und einschlägigen Materialien“ behelligt worden seien.
Mit Schreiben vom 07.10.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass einer Gehsteigberatung in der H...straße nicht zugestimmt werden könne. Hingegen bestünden keine Einwände, wenn die Gehsteigberatung an der Ecke K...-Straße/H...straße stattfände. Sollte diesem Vorschlag nicht zugestimmt werden, sei beabsichtigt, die Ansprache von hilfesuchenden Personen in Form der Gehsteigberatung durch Erlass eines kostenpflichtigen Untersagungsbescheides zu unterbinden. Der Kläger erwiderte, es werde um Verständnis gebeten, dass die den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Gehsteigberatungen fortgeführt würden.
Nachdem der Beigeladene in der Folgezeit erneut über zunehmende Beschwerden seiner Klientinnen berichtet und sich an die Presse gewandt hatte, erließ die Beklagte am 16.02.2011 gegenüber dem Kläger den streitgegenständlichen Bescheid, in welchem ihm sowie den von ihm beauftragten Personen – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (II.) und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250,-- EUR (III.) – untersagt wurde, im gesamten Bereich der H...straße, Freiburg i.Br., Personen auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation anzusprechen oder ihnen unaufgefordert Broschüren, Bilder oder Gegenstände zu diesem Thema zu zeigen oder zu überreichen, d.h. so genannte Gehsteigberatungen durchzuführen (I.). Für die Entscheidung wurde eine Verwaltungsgebühr von 100,-- EUR festgesetzt (IV.). Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Art und Weise der Kontaktaufnahme und der Gesprächsführung sowie die Übergabe abschreckenden Informationsmaterials setze die betroffenen Frauen in einer ohnehin angespannten emotionalen Situation gleichsam einem Spießrutenlauf aus, was sie in ihren Persönlichkeitsrechten verletze. Daher sei die Untersagung der Gehsteigberatung in der H...straße auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG die erforderliche und angemessene Maßnahme.
Einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des gegen diese Verfügung eingelegten Widerspruchs lehnte das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 04.03.2011 (- 4 K 314/11 - juris) ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies der erkennende Senat mit Beschluss vom 10.06.2011 (- 1 S 915/11 - ESVGH 62, 27 = NJW 2011, 2532 = VBlBW 2011, 468) zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2011 wies das Regierungspräsidium Freiburg den vom Kläger eingelegten Widerspruch als unbegründet zurück.
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Bereits am 08.06.2011 hatte der Kläger (Anfechtungs-)Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, die er nach Ergehen des Widerspruchsbescheides als reguläre Anfechtungsklage fortführte. Zur Begründung führte er aus, die Beklagte habe keine eigenen Ermittlungen angestellt, sondern sich ausschließlich auf Gehörtes gestützt. Keine einzige der vermeintlich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzten Frauen habe sich bei der Beklagten beschwert. Tatsächlich erfolge die Gehsteigberatung in freundlicher und respektvoller Weise. Sie werde insbesondere Frauen angeboten, von denen Mitglieder des Klägers annähmen, dass sie sich in einem Schwangerschaftskonflikt befänden und möglicherweise für das Hilfsangebot dankbar seien. Es würden keine Personen belästigt oder verfolgt. Das angebotene Informationsmaterial sei sachlich gehalten und unterrichte zutreffend über die Abtreibungsproblematik. Die gleichen Informationen habe der Beigeladene gemäß § 5 Abs. 2 SchKG ebenfalls zu geben. Die Beklagte dürfe polizeirechtlich nicht ausschließlich zum Schutz privater Rechte Dritter eingreifen. Der Meinungs- und Religionsfreiheit des Klägers habe sie nicht hinreichend Rechnung getragen, zumal der Kläger dem nachkomme, was das Bundesverfassungsgericht dem Staat als besondere Aufgabe auferlegt habe, nämlich den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewusstsein zu halten.
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Die Beklagte hat die angefochtene Verfügung verteidigt und ergänzend ausgeführt: Soweit der Kläger seine Aktivitäten zwischenzeitlich an die Straßenecke K...-...Straße/H...straße verlegt habe, verstoße dieses Verhalten nicht gegen die Untersagungsverfügung; ein ordnungsbehördliches Einschreiten sei insoweit nicht geplant.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Vertreter der Beklagten klargestellt, dass von der angefochtenen Verfügung nur der von der K...Straße abknickende Abschnitt der H...straße erfasst sei; in dem zur R...straße führenden Abschnitt der H...straße gelte die Verfügung nicht.
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Mit Urteil vom 01.12.2011 hat das Verwaltungsgericht Freiburg die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: In der gebotenen restriktiven Auslegung sei das auf §§ 1, 3 PolG gestützte Verbot rechtmäßig. Die untersagte Handlung führe mit ausreichender Sicherheit zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der angesprochenen Frauen, so dass eine konkrete Gefahr vorliege. Im Unterschied zu einer allgemeinen Meinungskundgabe in persönlichen Gesprächen sehe das Konzept des Klägers gerade vor, Frauen in einem mutmaßlichen Schwangerschaftskonflikt auf ihre existentielle und intime Krise anzusprechen. Dahinter müsse die nur in einem kleinen Bereich und nur für eine spezifische Art der Ansprache eingeschränkte Meinungs- und Religionsfreiheit des Klägers zurückstehen. Dies gelte unabhängig von der genauen Art der Ansprache und der Höflichkeit des Auftretens, so dass es insoweit keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung etwa durch Vernehmung von Zeugen bedürfe.
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Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung vertieft und ergänzt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte habe schon den Sachverhalt unvollständig erforscht und sich ausschließlich auf Informationen der Beigeladenen gestützt, was aus der unzureichenden Sachverhaltsdarstellung des Verwaltungsgerichts nicht erkennbar werde. Der Bescheid sei außerdem nicht ausreichend bestimmt, weil sich der räumliche Geltungsbereich so, wie ihn die Beklagte verstanden wissen wolle, erst aus einer Auslegung ergebe. Das höfliche Ansprechen auf eine Schwangerschaft könne schon gar keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen. Der Gemütszustand der angesprochenen Frauen sei zudem so unterschiedlich, dass jedenfalls nicht generalisierend von einer Verletzung ausgegangen werden könne. Viele Frauen seien im Gegenteil dankbar für die angebotene Hilfe, wie diverse Frauen aus ..., wo der Kläger schon länger tätig sei, bestätigen könnten. Außerdem werde - im Gegensatz zu den Feststellungen des Verwaltungsgerichts - nicht ausschließlich, sondern insbesondere schwangeren Frauen Hilfe angeboten. Die meisten Frauen, die die Beratungsstelle aufsuchten, seien gar nicht schwanger, wie sich aus den Jahresberichten des Beigeladenen ergebe. Die Gehsteigberatung störe auch die staatliche Beratung nicht; vielmehr biete sie ergänzende Hilfe und gleiche die ungenügende Beratung seitens des Beigeladenen aus, der sich für ein unbeschränktes Recht auf Abtreibung einsetze. Das vom Kläger verwendete Informationsmaterial sei sachlich und korrekt. Es bestehe kein öffentliches Interesse an der Gefahrenabwehr; die Untersagungsverfügung verletze den Subsidiaritätsgrundsatz des § 2 Abs. 2 PolG. Bei der Abwägung seien die Meinungs- und Glaubensfreiheit des Klägers sowie der Schutz des ungeborenen Lebens nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die angesprochenen Frauen seien allenfalls in ihrer Sozialsphäre betroffen. Das Urteil sei schließlich wegen der zahlreichen Verweise auf die Gründe der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidungen unvollständig und nicht aus sich heraus verständlich, so dass auch ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorliege.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 1. Dezember 2011 - 4 K 1112/11 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2011 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 13. Juli 2011 aufzuheben,
hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Die regelmäßige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der angesprochenen Frauen entfalle nicht deshalb, weil einzelne Frauen für die Ansprache dankbar seien, zumal das Gros der Frauen tatsächlich sehr verstört auf die mitunter aufdringliche Vorgehensweise der Gehsteigberaterin und die unsachlichen Informationen reagiere. Der Beigeladene berate im Übrigen korrekt und den gesetzlichen Anforderungen entsprechend. Das Verbot sei sowohl in dem klargestellten räumlichen Umfang wie auch in Bezug auf die untersagten Handlungen verhältnismäßig, um das Persönlichkeitsrecht der Frauen, die sich in einem besonderen inneren Konflikt unmittelbar im Zusammenhang mit der Schwangerschaftskonfliktberatung befänden, zu schützen.
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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er legt dar, dass sich die Situation seit Erlass der Untersagungsverfügung zwar entspannt habe, fordert aber dennoch ein weitergehendes Verbot, da - außerhalb bzw. an der Grenze des räumlichen Geltungsbereichs der Untersagungsverfügung - weiterhin gezielt Frauen angesprochen würden, die die Beratungsstelle verließen. Entgegen dem Vorbringen des Klägers trete der Beigeladene nicht für eine unbeschränkte Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs, sondern nur für das Letztentscheidungsrecht der Schwangeren ein.
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Das gegen den Vorsitzenden des Senats und den Berichterstatter gerichtete Befangenheitsgesuch des Klägers hat der Senat ohne Mitwirkung der wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richter mit Beschluss vom 06.08.2012 abgelehnt.
24 
Den Antrag des Klägers, die vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 05.07.2011 ausgesprochene Beiladung rückgängig zu machen, hat der Senat mit Beschluss vom 08.08.2012, der in der öffentlichen Sitzung verkündet wurde, abgelehnt.
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Über die Art und Weise der Durchführung der Gehsteigberatung durch Mitarbeiter des Klägers in Freiburg hat der Senat durch Vernehmung von 11 Zeugen Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 11.10.2012 verwiesen.
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Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Freiburg und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten - auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
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Der Senat sieht keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen. Der Klägervertreter zeigt in seinem darauf gerichteten Antrag vom 13.10.2012 nicht auf, dass der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör eine Wiedereröffnung gebieten würde (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 03.12.2008 - 10 B 13.08 - juris m.w.N.). Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Der Klägervertreter hat hiervon auch ausführlich Gebrauch gemacht. Die Aussagen der Zeugen zum Beweisthema bewegten sich im Übrigen im Rahmen des von den Beteiligten zur Art und Weise der Durchführung der Gehsteigberatung schriftsätzlich Vorgetragenen und der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - von sechs der elf Zeugen - abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen. Es erscheint daher nicht geboten, dem Klägervertreter Gelegenheit zu einer nochmaligen Würdigung der Zeugenaussagen zu geben.
II.
28 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
29 
Gemäß § 130 Abs. 1 VwGO hat der Verwaltungsgerichtshof selbst in der Sache zu entscheiden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die vom Kläger (hilfsweise) beantragte Rückverweisung an das Verwaltungsgericht gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht leidet nicht an einem wesentlichen Mangel.
30 
1. Das Verwaltungsgericht hat seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht dadurch verletzt, dass es den schriftsätzlichen Beweisangeboten des Klägers nicht nachgegangen ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat, es sei denn, dem Gericht musste sich auch ohne Stellung eines Beweisantrags die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung aufdrängen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.02.1988 - 7 B 28.88 - NVwZ 1988, 1020; Beschl. v. 01.03.2001 - 6 B 6.01 - NVwZ 2001, 923). Hier hat der Kläger keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Dem Gericht musste sich die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch Vernehmung der schriftsätzlich benannten Zeugen zum konkreten Ablauf der Gehsteigberatung auch nicht aufdrängen, zumal die konkrete Form der Ansprache nach dem Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts für die Frage der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung rechtlich unerheblich war (UA S. 9).
31 
2. Die geltend gemachte Verletzung der Begründungspflicht nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Die Begründungspflicht verlangt, dass in den Urteilsgründen die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass das Gericht den ermittelten Tatsachenstoff wertend gesichtet und in welchen konkreten Bezug es ihn zu den angewandten Rechtsnormen gesetzt hat. Dies setzt voraus, dass das Gericht zum einen seinen rechtlichen Prüfungsmaßstab offen legt und zum anderen in tatsächlicher Hinsicht angibt, von welchem Sachverhalt es ausgeht und - sofern es den Tatsachenbehauptungen eines Beteiligten widerspricht - warum es dessen Vortrag nicht folgt und aufgrund welcher Erkenntnisse es eine ihm ungünstige Tatsachenlage als erwiesen ansieht. Aus den Entscheidungsgründen muss sowohl für die Beteiligten als auch für das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar sein, aus welchen Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts nach Meinung des Gerichts dem Vortrag eines Beteiligten, jedenfalls soweit es sich um einen zentralen Punkt seiner Rechtsverfolgung handelt, nicht zu folgen ist (BVerwG, Beschl. v. 18.10.2006 - 9 B 6.06 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 66 Rn. 24). Die Begründungspflicht ist immer dann verletzt, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonstwie unbrauchbar sind (BVerwG, Beschl. v.05.06.1998 - 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32; Beschl. v. 30.06.2009 - 9 B 23.09 - juris). Bezugnahmen auf andere Gerichtsentscheidungen sind jedoch zulässig, wenn diese den Beteiligten zugänglich und die eigene Entscheidung aus sich heraus noch verständlich ist (Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 108 Rn. 173 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 14.01.1991 - 1 B 171.90 - juris). Ausgehend davon lässt das Berufungsvorbringen eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht erkennen. Das angefochtene Urteil ist aus sich heraus verständlich. Die in Bezug genommenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des erkennenden Senats sind den Beteiligten bekannt. Es handelt sich um die im vorangegangenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Eilentscheidungen, die denselben Sachverhalt betreffen.
III.
32 
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die als (Anfechtungs-)Untätigkeitsklage in zulässiger Weise erhobene und nach Ergehen des Widerspruchsbescheides als reguläre Anfechtungsklage fortgeführte Klage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 75 Rn. 21, 26) ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33 
1. Der Bescheid der Beklagten vom 16.02.2011 ist formell rechtmäßig.
34 
a) Die nach § 28 Abs. 1 LVwVfG erforderliche Anhörung des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 07.10.2010.
35 
b) Die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen die sich aus § 24 Abs. 1 LVwVfG ergebende Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen verstoßen. Diese Vorschrift überlässt es im Interesse einer möglichst umfassenden, den Erfordernissen des einzelnen Falles angepassten Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dem pflichtgemäßen Verfahrensermessen der Behörde, welche Mittel sie zur Erforschung des Sachverhalts anwendet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.08.1998 - 11 VR 4.98 - NVwZ 1999, 535 und Beschl. v. 30.06.2004 - 5 B 32.03 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 24 Rn. 9 m.w.N.). Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet die Behörden nicht, sämtliche relevanten Tatsachen selbst zu erheben und erforderlichenfalls nachzuprüfen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 10 a). Ein Verfahrensfehler liegt erst dann vor, wenn die Behörde eine sachlich notwendige Aufklärung des Sachverhalts unterlässt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 36). Hier hat sich die Beklagte durch Auswertung der ihr vom Beigeladenen und vom Kläger übermittelten Unterlagen - darunter der Vereinssatzung und der bei der Gehsteigberatung verwendeten Faltblätter -, durch Auswertung allgemein zugänglicher Quellen (Presseberichte) sowie durch Führung eines Gesprächs mit dem Vorsitzenden des Klägers und der für den Kläger in Freiburg tätigen Gehsteigberaterin hinreichende Kenntnis von dem nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt verschafft. Eine Verpflichtung der Beklagten, darüber hinaus durch eigene Beobachtungen vor Ort einen unmittelbaren Eindruck vom Ablauf der sog. Gehsteigberatungen zu gewinnen, bestand nicht, zumal die Beklagte ihre Entscheidung im Kern auf vom Kläger selbst mitgeteilte bzw. bestätigte Tatsachen gestützt hat.
36 
2. Die Untersagungsverfügung ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG). Insoweit genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung und aus den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 12 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 03.02.1989 - 7 B 18.89 - NJW 1989, 1624). Hierbei ist entsprechend § 133 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 71). Ein ursprünglich zu unbestimmter Verwaltungsakt kann, wie sich aus § 79 Abs. 1 VwGO ergibt, im Widerspruchsverfahren, aber auch noch im Verwaltungsprozess präzisiert werden (BVerwG, Beschl. v. 21.06.2006 - 4 B 32.06 - NVwZ-RR 2006, 589).
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Daran gemessen bereitet es hier keine Schwierigkeiten festzustellen, dass die Untersagungsverfügung - was bereits im Verfügungstenor hinreichend zum Ausdruck kommt und auch der Zielrichtung der Verfügung entspricht - neben der persönlichen Ansprache auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation nur das unaufgeforderte und gezielt-individuelle Vorzeigen (Hinhalten) und Überreichen von Broschüren, Bildern und Gegenständen erfasst.
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Soweit nach dem Wortlaut der Verfügung allgemein das Ansprechen von „Personen“ auf einen Schwangerschaftskonflikt verboten wurde, wird bereits aus der Umschreibung der Verbotshandlungen mit dem Begriff der „Gehsteigberatung“ im Tenor hinreichend deutlich, dass das Verbot sich nur auf das Ansprechen von Personen bezieht, die zur Zielgruppe der vom Kläger angebotenen Beratung gehören können. Gestützt wird diese Auslegung durch die Begründung der Verfügung, wo ausgeführt wird, dass das Verbot dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der ratsuchenden Personen gelten soll. Das Ansprechen von unbegleiteten Männern oder von Frauen im Alter jenseits eines potentiellen Schwangerschaftskonflikts wird daher von der Verfügung nicht erfasst, wohl aber das Ansprechen von Frauen im gebärfähigen Alter, die von einer weiteren Person begleitet werden.
39 
In räumlicher Hinsicht ergibt die Auslegung und die durch die Beklagte im gerichtlichen Verfahren erfolgte Klarstellung, dass das Verbot nur für den etwa 70 m langen Abschnitt der H...straße, an dem die Beratungsstelle des Beigeladenen liegt, gelten soll. Der räumliche Geltungsbereich erstreckt sich also von der K...-...Straße aus nach Westen bis zur nächsten Straßenbiegung, nicht erfasst ist der abknickende, zur R...straße führende Straßenabschnitt. Zwar spricht der Tenor des Bescheides von der „gesamten H...straße“. Allerdings ergibt sich schon aus der Zielsetzung der Verfügung und der Begründung ein einschränkendes Verständnis. Das Verbot zielt darauf ab zu verhindern, dass der Kläger Frauen unmittelbar vor oder nach einer Schwangerschaftskonfliktberatung ansprechen kann. Demgegenüber soll nicht allgemein die Ansprache von Passanten unterbunden werden. Entsprechend endet das Verbot in östlicher Richtung an der Ecke H...straße/K...Straße, weil dort der Sichtkontakt mit der Beratungsstelle abbricht und die anzusprechenden Frauen in dem Strom der Passanten aufgehen. Nichts anderes kann für das andere Ende des räumlichen Geltungsbereichs gelten. Spätestens mit der Antragserwiderung vom 15.02.2011 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die Beklagte die insoweit möglicherweise bestehende Unklarheit mit dem Hinweis beseitigt, der Geltungsbereich erstrecke sich nur über 70 m. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat sie dies nochmals bestätigt.
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3. Das von der Untersagungsverfügung erfasste Verhalten des Klägers und der für ihn in Freiburg tätigen Gehsteigberaterin stellt eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, die ein Einschreiten auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG rechtfertigt.
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a) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel der §§ 1, 3 PolG ist weder durch das Straßenrecht noch durch das Versammlungsrecht gesperrt.
42 
aa) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel ist nicht durch vorrangige Vorschriften des Straßenrechts gesperrt. Denn die von der Beklagten untersagte Gehsteigberatung ist straßenrechtlich noch als Gemeingebrauch und nicht als Sondernutzung anzusehen (vgl. zu entsprechenden Formen des „politischen Meinungskampfes“ näher BVerfG [Kammer], Beschl. v. 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 - NVwZ 1992, 53; BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 <67 f.>), zumal ihre Erscheinungsformen nicht der erwerbswirtschaftlichen Nutzung des Straßenraums dienen und damit als noch dem „kommunikativen Verkehr“ zugehörig einzustufen sind (vgl. zur Abgrenzung im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.1996 - 5 S 472/96 - VBlBW 1997, 64; Sauthoff, NVwZ 1990, 223 <225>; Schnebelt/Sigel, Straßenrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl., Rn. 287 ff.; Lorenz/Will, Straßengesetz Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 13 Rn. 22 ff.). Daher bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Regelungen des Straßengesetzes im Sachbereich der erlaubnisfähigen Sondernutzung eine Sperrwirkung gegenüber allgemein-polizeirechtlichen Regelungen entfalten (vgl. dazu Schnebelt/Sigel, a.a.O., Rn. 255; s. auch Senatsurteil vom 26.06.1986 - 1 S 2448/85 - ESVGH 36, 293).
43 
bb) Die Gehsteigberatung ist auch keine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes. Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 12.06.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468). Hier zielt die Ansprache seitens der im Auftrag des Klägers tätigen Gehsteigberaterin auf eine individuelle Kommunikation mit Einzelpersonen, nicht aber auf die für die Annahme einer Versammlung konstitutive Kommunikation vermittels einer eigens zu diesem Zweck veranlassten Gruppenbildung (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.08.2007 - 6 C 22.06 - NVwZ 2007, 1434 ).
44 
b) Eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt vor, weil die vom Kläger im räumlichen Geltungsbereich der Untersagungsverfügung praktizierte Gehsteigberatung mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts insbesondere derjenigen angesprochenen Frauen führt, die sich tatsächlich in einer Schwangerschaftskonfliktsituation befinden.
45 
aa) Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 - BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 <283> und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375 <376> m.w.N. = NVwZ-RR 2008, 700 <701>).
46 
bb) Das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht dient dem Schutz der engeren persönlichen Lebenssphäre und der Erhaltung ihrer Grundbedingungen, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.11.1998 -1 BvR 1531/96 - BVerfGE 99, 185 <193>; Beschl. v. 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 - BVerfGE 114, 339 <346>; Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 <303>). Im Sinne eines Schutzes vor Indiskretion hat hiernach jedermann grundsätzlich das Recht ungestört zu bleiben. Dem Einzelnen wird ein Innenbereich freier Persönlichkeitsentfaltung garantiert, in dem er „sich selbst besitzt“ und in den er sich frei von jeder staatlichen Kontrolle und sonstiger Beeinträchtigung zurückziehen kann (BVerfG, Entscheidung vom 16.07.1969 - 1 BvL 19/63 - BVerfGE 27, 1 <6> m.w.N.; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 149). Diese Privatsphäre umfasst zum einen Rückzugsräume im Wortsinne, aber auch Themen der engeren Lebensführung, „deren öffentliche Erörterung als peinlich oder zumindest unschicklich empfunden wird“ (Di Fabio, a.a.O.).
47 
cc) Daran gemessen greift die Ansprache durch einen Fremden auf die Themen Schwangerschaft oder gar Schwangerschaftskonflikt in die Privatsphäre der betroffenen Frauen ein. Die Grundrechte sind zwar primär Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Sie konstituieren jedoch gleichzeitig eine Werteordnung, die auch die Rechtsverhältnisse zwischen Privaten mittelbar prägt, indem sie bei der Auslegung des einfachen Rechts - hier der polizeilichen Generalklausel - zu beachten ist. Zumindest in der Frühphase der Schwangerschaft, in der diese noch nicht äußerlich erkennbar ist, entscheidet die Frau darüber, die Schwangerschaft publik zu machen oder geheim zu halten. Der Schutz der Privatsphäre ist umso intensiver, je näher der Sachbereich der Intimsphäre steht. Gerade das erste Drittel der Schwangerschaft, in dem sich die überwiegende Mehrzahl der ratsuchenden Frauen befinden dürfte, weist eine große Nähe zur Intimsphäre auf, so dass für die Frage der Eingriffsrechtfertigung auch dann ein sehr hohes Schutzniveau für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zugrundezulegen ist, wenn man die Schwangerschaft nicht sogar pauschal der Intimsphäre der Frau zuordnet (so noch BVerfG, Urt. v. 25.02.1975 - 1 BvF 1/74 u.a. [Schwangerschaftsabbruch I] - BVerfGE 39, 1 <42>). In der Frühphase der Schwangerschaft befinden sich die meisten Frauen in einer besonderen seelischen Lage, in der es in Einzelfällen zu schweren Konfliktsituationen kommt. Diesen Schwangerschaftskonflikt erlebt die Frau als höchstpersönlichen Konflikt. Die Umstände erheblichen Gewichts, die einer Frau das Austragen eines Kindes bis zur Unzumutbarkeit erschweren können, bestimmen sich nicht nur nach objektiven Komponenten, sondern auch nach ihren physischen und psychischen Befindlichkeiten und Eigenschaften (BVerfG, Urt. v. 28.05.1993 - 2 BvF 2/90 u.a. [Schwangerschaftsabbruch II] - BVerfGE 88, 203 <265>). Die emotionalen Konflikte und persönlichen Lebensumstände, die Frauen in dieser Phase über einen Schwangerschaftsabbruch nachdenken lassen, berühren regelmäßig ebenfalls die Privatsphäre der Frau, unter anderem ihre Beziehung zum Vater des Kindes, ihre weitere Lebensplanung und die Beziehung zu dem in ihr wachsenden Kind.
48 
Gerade in dieser Konfliktsituation hat die schwangere Frau, die eine anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle aufsucht, ein Recht darauf, von fremden Personen, die sie auf der Straße darauf ansprechen, in Ruhe gelassen zu werden.
49 
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die für den Kläger in Freiburg tätige Gehsteigberaterin Frauen in unmittelbarer Nähe der von der Beigeladenen unterhaltenen Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle regelmäßig in einer Art und Weise angesprochen hat, die diese in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Mehrere Zeuginnen und Zeugen haben übereinstimmend und glaubhaft berichtet, dass die Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ erfolgte. Die Zeugin S..., die ab dem 01.08.2010 ein Praktikum bei ...... absolvierte, gab an, von Frau F... mehrfach mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ angesprochen worden zu sein. Sie habe auch gesehen, dass Frau F... andere Frauen, darunter eine erkennbar über den dritten Monat hinaus Schwangere, ebenfalls angesprochen habe. Die Zeuginnen Sch... und D... gaben ebenfalls an, von Frau F... mit diesen Worten angesprochen worden zu sein. Bestätigt werden diese Angaben durch den bei ...... in der Schwangerschaftsberatung tätigen Zeugen H... und die in einem Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit tätige Zeugin U..., die zwar keine Wahrnehmungen aus eigener Anschauung schildern konnten, aber angaben, dass Frauen ihnen von einer entsprechenden Ansprache berichtet hätten. Die als Schulsozialpädagogin in Freiburg tätige Zeugin M...-... erklärte, sie wisse konkret von zwei Schülerinnen von ihr, die bei ...... zur Schwangerschaftsberatung gewesen und nach Verlassen des Gebäudes angesprochen worden seien. Sie könne nicht mehr genau sagen, mit welchen Worten die Ansprache erfolgt sei, es habe sich auf jeden Fall um eine persönliche Frage gehandelt, die mit den Worten „Sind Sie“ begonnen habe. Sie vermute, dass die Frage „Sind Sie schwanger?“ gelautet habe, könne dies aber nicht sicher sagen.
50 
Gründe, die Richtigkeit dieser Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen, gibt es nicht. Allein der Umstand, dass die betreffenden Zeugen alle vom Beigeladenen benannt wurden, rechtfertigt nicht die Annahme, die Zeugen hätten ihre Aussagen abgesprochen. Gegen eine Absprache spricht auch, dass die betreffenden Zeugen ihre Wahrnehmungen nicht stereotyp, sondern jeweils individuell mit eigenen Worten geschildert haben. Soweit Zeugen sich nicht genau erinnern konnten, legten sie dies offen wie die Zeugin M... oder die als Praktikantin bei ...... tätige Zeugin M..., die angab, sich nicht genau zu erinnern, mit welchen Worten sie von Frau F... angesprochen worden sei.
51 
Die den im Kern übereinstimmenden Aussagen der Zeugen S..., S..., D..., H... und M... widersprechende Aussage der Zeugin F... war demgegenüber nicht glaubhaft. Die Zeugin F... hatte bei ihrer ersten Zeugenvernehmung angegeben, sie biete zunächst den Flyer an und beginne, wenn die Frau Interesse habe, ein Gespräch meistens nicht direkt auf die Frau bezogen, sondern allgemein, ob sie etwa jemanden kenne, der in einem Schwangerschaftskonflikt sei. Diese Art der Ansprache von Frauen im gebärfähigen Alter vor einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle wirkt lebensfremd und kann der Zeugin F... nicht abgenommen werden. Sie konnte selbst von den für den Kläger als sog. stille Beterinnen tätigen Zeuginnen U... und L... nicht bestätigt werden, obwohl Frau F... angegeben hatte, sie habe bei ihrer Tätigkeit bewusst darauf geachtet, dass die stille Beterin in Hörweite ist und das Gespräch mit verfolgen kann, um später einen Zeugen für den Inhalt des Gesprächs zu haben. Die als stille Beterin tätige Zeugin U... gab an, sie könne nicht wiederholen, was Frau F... bei der Ansprache gesagt habe. Sie habe allenfalls Gesprächsteile mitbekommen, die sie jedoch nicht wiedergeben könne. Von Ferne betrachtet sei die Ansprache der Passantinnen meistens höflich gewesen. Frau F... habe jedoch eine direkte Art, die einem manchmal wehtun könne. Die ebenfalls als stille Beterin tätige Zeugin L... gab an, sie habe meistens nicht verstehen können, was Frau F... zu den von ihr angesprochenen Personen gesagt habe.
52 
Entscheidend gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage von Frau F... spricht auch ihr übriges Aussageverhalten. Sie antwortete häufig ausweichend und war sehr darauf bedacht, nichts zu sagen, was ihre Tätigkeit als Gehsteigberaterin gefährden könnte. Ihre Aussage, sie bleibe bei der ersten Kontaktaufnahme in der Regel stehen, weil dies für die Frauen weniger aufdringlich wirke, wurde von den übrigen Zeugen ebenfalls nicht bestätigt. Die Zeugin U... gab an, Frau F... habe sich bewegt, wenn sie Kontakt gesucht habe. Sie sei aktiv auf die Angesprochenen zugegangen und während der Kontaktaufnahme auch mit den Angesprochenen mitgegangen. Ähnlich äußerte sich die Zeugin L..., die erklärte, Frau F... habe sich bei der Kontaktaufnahme bewegt, d.h. sie habe auch mal die Straße überquert. Bei ihrer nochmaligen Zeugenvernehmung konnte Frau F... sich auf den Vorhalt des Beigeladenen-Vertreters, er habe Informationen, dass sich der Anwalt des Klägers in der Sitzungspause um 16.30 Uhr mit ihr unterhalten und ihr mitgeteilt habe, dass die meisten Zeugen ausgesagt hätten, dass sie das Gespräch mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ beginne, zunächst nicht erinnern, ob sie überhaupt mit dem Anwalt des Klägers gesprochen habe. Erst auf Nachfrage und nach suchenden Blicken in Richtung des Prozessbevollmächtigten des Klägers räumte sie ein, dass ein Gespräch stattgefunden habe, in dessen Verlauf der Kläger-Anwalt sie über diesen Umstand informiert habe. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Zeugin F... sich sehr wohl unmittelbar an das erst etwa zwei Stunden zuvor stattgefundene Gespräch, welches den Kern ihrer Zeugenaussage betraf, erinnern konnte, aber zunächst Zeit gewinnen wollte, um sich eine „passende“ Antwort auf die an sich einfach zu beantwortende Frage zurechtzulegen. Auf Vorhalt der Zeugenaussagen blieb Frau F... dabei, dass es nicht zutreffe, dass ihre ersten Worte bei der Gesprächseröffnung „Sind Sie schwanger?“ seien. Sie habe in ihrer Ausbildung in Wien gelernt, dass man so ein Gespräch nicht beginnen könne. Sie zeige den Flyer und frage allgemein „Brauchen Sie Hilfe?“. Es könne sein, dass sie den Satz „Sind Sie schwanger?“ im Laufe eines Gesprächs vielleicht als vierten Satz gesagt habe. Nicht geglaubt werden kann der Zeugin F... des weiteren, dass sie das Gebäude, in dem sich die Beratungsstelle des Beigeladenen befindet, nie betreten hat. Denn der Zeuge T..., Geschäftsführer bei ......, hat glaubhaft erklärt, dass Flyer des Klägers auf den Toiletten und in den Broschürenständern im Gebäude H...straße ... aufgetaucht sind. Als er sie zur Rede gestellt habe, habe sie sich entschuldigt und versprochen, dass dies künftig nicht mehr vorkommen werde. Gestützt wird dies durch die Aussage der Zeugin D..., die erklärt hat, sie habe selbst gesehen, dass Frau F... in dem Gebäude H...straße ... gewesen sei, bevor ihr der Zugang untersagt worden sei.
53 
Der Senat sah keine Veranlassung, die vom Kläger beantragten Zeugengegenüberstellungen vorzunehmen, da die Zeuginnen S..., Sch... und D... bei ihren Vernehmungen bereits jeweils auf die abweichende Aussage von Frau F... hingewiesen worden waren und die Zeugin F... bei ihrer erneuten Vernehmung Gelegenheit hatte, ihre Aussage im Lichte der Aussagen der genannten Zeuginnen zu überdenken.
54 
Dass die Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ möglicherweise nicht seitens der Zeugin F..., sondern durch eine andere Person erfolgte, kann ausgeschlossen werden, weil die Zeugin F... die einzige in Freiburg für den Kläger tätige Gehsteigberaterin ist und die meisten Zeugen auch jeweils die bei der Gehsteigberatung verwendeten Flyer identifizieren konnten. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass diese Ansprache seitens anderer Abtreibungsgegner, die hin und wieder vor der Beratungsstelle des Beigeladenen demonstrieren, erfolgte.
55 
Der Kläger muss sich das Verhalten seiner Gehsteigberaterin auch zurechnen lassen, weil diese nach einer nur kurz währenden Anfangsphase im Juli/August 2010, in der sie auf eigene Verantwortung tätig war, die Gehsteigberatung im Auftrag des Klägers ausgeübt hat. An der Art der Ansprache hat sich hierdurch nichts geändert. Die Wahrnehmungen der Zeugen, die von einer Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ berichtet haben, beziehen sich auf unterschiedliche Zeiträume jedenfalls von Herbst 2010 bis nach Ergehen der angefochtenen Untersagungsverfügung. Geändert hat sich nach den glaubhaften Zeugenaussagen lediglich der Ort der Ansprache, die seit Ergehen der Untersagungsverfügung nicht mehr in der H...straße, sondern an der Ecke H...straße/K...Straße erfolgte.
56 
Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der angesprochenen Frauen erhält dadurch zusätzliches Gewicht, dass die Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ in der Öffentlichkeit auf einer belebten Straße in einer für unbeteiligte Dritte wahrnehmbaren Weise erfolgte. Nach der glaubhaften Aussage der Zeugin S... haben auch andere umstehende Personen wahrgenommen, wie sie von Frau F... mit diesen Worten angesprochen wurde.
57 
Vertieft wird der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die den angesprochenen Frauen angebotenen Faltblätter, die mit Sätzen wie „Kinder sind Gottes schönstes Geschenk. Jedes Kind hat das Recht, auf die Welt zu kommen, ob es erwünscht ist oder nicht“ oder „Bitte unternimm jetzt nichts, was DEINEM KIND WEHTUT, denn du wirst es später bereuen“ klar Position beziehen und im Ergebnis einen Schwangerschaftsabbruch nicht als moralisch vertretbar erscheinen lassen. Die Aussage „Glaube an Dich und folge Deinem Herz – Bitte behalte Dein Baby“ ist nicht nur ein eindringlicher und emotionaler Appell, sondern suggeriert auch, dass im Grunde jede Frau ihr Kind austragen will und nur durch äußere Einflüsse davon abgebracht wird. In diesem Kontext erscheinen die Hilfsangebote an die Mutter lediglich als Mittel zum Zweck, die Mutter um jeden Preis zum Austragen des Kindes zu bewegen. Das ebenfalls verteilte Faltblatt des „Lebenszentrum Wien“ geht noch darüber hinaus. Es konfrontiert die Frauen, die die Faltblätter annehmen, unvermittelt mit Bildern blutverschmierter und zerstückelter Föten und ist geeignet, einschüchternd und verstörend zu wirken. Diese Wirkung ist umso stärker, als auf der Außenseite der Faltblätter zunächst der Eindruck erweckt wird, es gehe ausschließlich um ein beratendes Hilfsangebot.
58 
Unerheblich für das Vorliegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist, dass möglicherweise nicht alle Frauen ablehnend auf die Ansprache reagieren. Entscheidend ist angesichts der Vielzahl der betroffenen Grundrechtsträgerinnen, dass eine nicht unerhebliche Zahl von ihnen die objektiv gegebene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch subjektiv als solche empfindet. Daher bedarf es keiner Beweiserhebung zu der Frage, ob es Frauen gibt, die dankbar für die Ansprache sind.
59 
Die Auffassung des Klägers, seine Tätigkeit greife lediglich in die weniger schützenswerte Sozialsphäre der angesprochenen Frauen ein, weil die Frage des Hilfsangebots in einer Schwangerschaftssituation eher die Sozial- als die Privatsphäre der Schwangeren betreffe, geht an der Realität der von ihm in Freiburg praktizierten Form der Gehsteigberatung vorbei. Mit der Sozialsphäre ist das Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit gemeint. Sie beschreibt einen Bereich, der ohnehin von der Umwelt nicht abgeschirmt werden kann (vgl. Di Fabio, a.a.O., Art. 2 Abs. 1 Rn. 160). Wie bereits dargelegt, geht es im vorliegenden Fall nicht um das Ansehen der betroffenen Frauen in der Öffentlichkeit, sondern um einen sensiblen Bereich der engeren Lebensführung und den Bereich der Gedanken- und Gefühlswelt eines Menschen als psychischem Innenbereich. Die eigene Gedanken- und Gefühlswelt in einem persönlichen Konflikt bleibt auch dann privat, wenn sie mit einem gesellschaftlichen Konflikt zusammenhängt. Daher geht auch der Verweis des Klägers auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.06.2010 (- 1 BvR 1745/06 [Abtreibungsgegner] - NJW 2011, 47) fehl, in dem es nicht um den Schutz der Privatsphäre schwangerer Frauen, sondern um den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Schwangerschaftsabbrüche vornehmenden Arztes ging.
60 
c) Nachdem die Beklagte ihre Verfügung nicht darauf gestützt hat, lässt der Senat offen, ob eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit darüber hinaus deshalb gegeben ist, weil die vom Kläger praktizierte Form der Gehsteigberatung das Beratungskonzept des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beeinträchtigt, welches der Erfüllung der dem Staat obliegenden Schutzpflicht für das ungeborene Leben dient (vgl. zum Schutz des Lebens als Schutzgut der öffentlichen Sicherheit Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 1 Rn. 50 m.w.N.).
61 
d) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Frauen ist nicht durch die Grundrechte des Klägers gerechtfertigt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht findet seine Schranken in den kollidierenden Grundrechten Dritter, hier der Meinungs- und Religionsfreiheit des Klägers. Umgekehrt sind auch die Grundrechte des Klägers in gleicher Weise beschränkt. Es ist daher eine Abwägung vorzunehmen, die im Wege praktischer Konkordanz allen Grundrechten zu jeweils bestmöglicher Wirkung und Geltung verhilft (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 - BVerfGE 7, 198 <210>; stRspr.).
62 
aa) Die durch Art. 5 Abs. 1 GG / Art. 10 EMRK geschützte Meinungsfreiheit des Klägers und der von ihm beauftragten Personen gebietet es nicht, den in der Verfügung untersagten Verhaltensweisen Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der betroffenen Frauen einzuräumen.
63 
Allerdings ist der personelle Schutzbereich der durch Art. 5 Abs. 1 GG / Art. 10 EMRK geschützten Meinungsfreiheit zugunsten des Klägers - einer juristischen Person des Privatrechts - eröffnet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88 - BVerfGE 85, 1 <11 ff.>; Beschl. v. 13.02.1996 - 1 BvR 262/91 - BVerfGE 94, 1 <7 ff.>; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 116) und die von der Verfügung erfassten Äußerungen und Verhaltensweisen können auch in sachlicher Hinsicht den Schutz der Meinungsfreiheit beanspruchen. Denn Art. 5 Abs. 1 GG umfasst in seiner Ausprägung als Meinungsäußerungs- und -verbreitungsfreiheit jede Art und Weise der Äußerung, das (fragende und behauptende) Ansprechen ebenso wie die Äußerung in Bild und Schrift sowie Tätigkeiten, die als Mittel des geistigen Meinungskampfes die Wirkung der Äußerung verstärken sollen, und damit sämtliche der hier im Streit stehenden Verhaltensweisen (vgl. zur sog. Gehsteigberatung auch: BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 - NJW 2011, 47; vgl. näher zum Schutzbereich: Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 49 ff. m.w.N.). Der Senat misst der Meinungsfreiheit des Klägers auch ein bedeutendes Gewicht bei. Das Recht, eine Meinung äußern zu dürfen, ist Teil des in der Menschenwürde wurzelnden elementaren Rechts auf Denkfreiheit und damit in einem gewissen Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt (vgl. BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 - BVerfGE 7, 198 <208>). Ungeachtet ihrer Ausprägung als privat-individuelles Entfaltungsrecht ist die Meinungsfreiheit auch für den Prozess politischer Öffentlichkeit im demokratischen Verfassungsstaat von schlechthin grundlegender Bedeutung (vgl. wiederum Schulze-Fielitz, in: Dreier, a.a.O., Rn. 40). Denn das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der das Lebenselement des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats ist (so schon BVerfG, Urt. v. 17.08.1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <205>). Als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft ist es eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (BVerfG, Urt. v. 15.01.1958, a.a.O.). Im Blick auf ihre konstituierende Funktion ist besonders die Mindermeinung, die für falsch gehaltene Auffassung, das Anders-Denken von Bedeutung. Nur die freie öffentliche Diskussion über Gegenstände von allgemeiner Bedeutung, zu denen die Debatte um den Schutz des ungeborenen Lebens zweifelsohne zu rechnen ist, sichert die freie Bildung der öffentlichen Meinung, die sich im freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat notwendig pluralistisch im Widerstreit verschiedener und aus verschiedenen Motiven vertretener, aber jedenfalls in Freiheit vorgetragener Auffassungen vollzieht (anschaulich Herzog, in: Maunz/Dürig, a.a.O., Rn. 10). Insoweit sind dem gesellschaftspolitischen „Mainstream“ widersprechende, im Wortsinne „anstößige“ Meinungsäußerungen von besonderem Wert.
64 
Die Meinungsfreiheit umfasst - das liegt gerade in ihrem soeben dargestellten Zweck begründet - auch das Recht, selbst zu bestimmen, wo und wann die Meinungskundgabe erfolgt, zumal an Orten, an denen ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (vgl. nur Hoffmann-Riem, in: Alternativkommentar zum GG, Art. 5 I, II Rn. 26). Denn der öffentliche Straßenraum ist das natürliche und geschichtlich leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die Öffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können (so jüngst im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit: BVerfG, Urt. v. 23.11.2010 - 1 BvR 699/06 [Fraport] - BVerfGE 128, 226 <251>). Auch die Auswahl des Meinungsadressaten obliegt prinzipiell dem Meinenden. Er bestimmt, wen er mit seiner Meinungsäußerung konfrontieren will. Der von der Meinungskundgabe thematisch Betroffene muss die Meinung grundsätzlich ebenso „aushalten“ wie der Meinungslose und der Desinteressierte, wobei Kehrseite der Meinungsäußerungsfreiheit die selbstverständliche Freiheit des Einzelnen ist, von Meinungen anderer verschont zu bleiben und ihnen auszuweichen. Art. 5 Abs. 1 GG schützt auch bei Themen von besonderem öffentlichen Interesse keine Tätigkeiten, mit denen Anderen eine bestimmte Meinung aufgedrängt werden soll (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 - a.a.O. S. 48).
65 
Für die im Wege praktischer Konkordanz vorzunehmende Abwägung ist zunächst von Bedeutung, dass die Gehsteigberatung über eine bloße Meinungskundgabe hinausgeht. Wie auch die von der Gehsteigberaterin verwendeten Flyer zeigen, zielt sie darauf, den angesprochenen Frauen eine bestimmte Meinung aufzudrängen und sie zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen.
66 
Von entscheidendem Gewicht ist im Rahmen der Abwägung des weiteren, dass die Gehsteigberatung ausschließlich in einem lediglich ca. 70 m langen Abschnitt der H...straße untersagt wurde. Diese Straße müssen die schwangeren Frauen notwendigerweise passieren, um die Beratungsstelle des Beigeladenen zu erreichen. Sie haben daher keine Möglichkeit der Gehsteigberatung auszuweichen. Dem Kläger und seinen Mitgliedern bleibt es jedoch möglich, die Gehsteigberatung im restlichen Stadtgebiet durchzuführen und seine Meinung in Freiburg an anderen Stellen kund zu tun. Es bleibt ihm unbenommen, in anderer Weise als durch direkte Ansprache der Betroffenen unmittelbar vor einer anerkannten Beratungsstelle auf seine Hilfsangebote aufmerksam zu machen. So wurde dem Kläger auch in dem fraglichen Abschnitt der H...straße nicht jegliche Form der Meinungsäußerung verboten, sondern nur das Ansprechen von Personen auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation und das unaufgeforderte Überreichen von Broschüren, Bildern oder Gegenständen zu diesem Thema. Eine allgemeine Kritik an der Möglichkeit der Abtreibung und das Äußern dieser Meinung ohne eine gezielte Ansprache von Frauen im gebärfähigen Alter vor der Beratungsstelle des Beigeladenen bleibt dem Kläger daher möglich. Somit schränkt die Untersagungsverfügung die Meinungsfreiheit des Klägers auch nicht unverhältnismäßig ein.
67 
bb) Die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Klägers gebietet es ebenfalls nicht, den in der Verfügung untersagten Verhaltensweisen Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der betroffenen Frauen einzuräumen.
68 
Der personelle Schutzbereich der durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit dürfte vorliegend zugunsten des Klägers als juristischer Person des Privatrechts eröffnet sein, da es nicht um die Glaubensfreiheit als Denkfreiheit geht, sondern rede- und handlungsorientierte Ausprägungen der Glaubensfreiheit in Rede stehen (vgl. Kokott, in: Sachs, GG, 6. Aufl., Art. 4 Rn. 9 m.w.N.). Die von der Verfügung erfassten Verhaltensweisen können auch in sachlicher Hinsicht den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit beanspruchen. Die Bekenntnisfreiheit ist die Freiheit, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen kundzutun. Sie ist eine grundrechtlich verselbständigte, besonders privilegierte Form der Kommunikation; nach überwiegender Auffassung handelt es sich um einen Spezialfall der Meinungsfreiheit (vgl. Kokott, a.a.O. Rn. 32).
69 
Gerät Art. 4 GG in Kollision mit einer anderen Verfassungsnorm, so ist eine Abwägung erforderlich (vgl. u.a. BVerfG, Beschl. v. 19.10.1971 - 1 BvR 387/65 - BVerfGE 32, 98 <108>; Beschl. v. 16.10.1979 - 1 BvR 697/70 u.a. - BVerfGE 52, 223 <246 f.>; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 - 3 C 20.00 - BVerwGE 112, 314 <318>). Die danach vorzunehmende Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der von der Gehsteigberatung betroffenen Frauen führt zu einem Überwiegen der Grundrechte letzterer. Insoweit gilt das unter aa) Ausgeführte entsprechend.
70 
e) Das Einschreiten der Beklagten ist auch im öffentlichen Interesse geboten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. PolG). Die Funktion dieser Beschränkung besteht darin, aus dem Aufgabenbereich der Polizei den Schutz bestimmter Rechtsgüter und Rechte des Einzelnen auszuscheiden, vor allem wenn er nur sich selbst gefährdet oder wenn es um den Schutz (nur) privater Rechte geht, der gegebenenfalls auf gerichtlichem Weg möglich ist (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 1 Rn. 79). Die hier mit der streitgegenständlichen Gehsteigberatung einhergehenden Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer unbestimmten Vielzahl schwangerer Frauen sind jedoch selbst öffentlich-rechtlich relevant. Die Bedrohung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer unbestimmten Zahl von Personen folgt zwangsläufig aus der erklärten Absicht des Klägers, mit der Gehsteigberatung möglichst viele schwangere Frauen zu erreichen.
71 
Zwar steht im Ausgangspunkt die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der im Einzelfall im Rahmen der Gehsteigberatung angesprochenen Frau in Rede, so dass in erster Linie die ordentlichen Gerichte zur Gewährung von Rechtsschutz berufen sind. In Betracht kommt ein im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu verfolgender Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB. Dieser Rechtsschutz ist grundsätzlich genauso effektiv i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG wie der Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten (vgl. Art. 19 Abs. 4 Satz 2 GG). Bei den hier in Rede stehenden Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist jedoch typischerweise wirkungsvoller Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten für viele der betroffenen Frauen schon deshalb nicht zu erlangen, weil sie die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle nur einmal aufsuchen und es wegen der Einmaligkeit der Rechtsgutbeeinträchtigung am Rechtsschutzinteresse fehlt. Bei dieser Sachlage gebietet es der im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnde allgemeine Justizgewährleistungsanspruch, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. Senatsurteil vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. - BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.), das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. PolG erforderliche öffentliche Interesse am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu bejahen. Hinzu kommt, dass einzelne Unterlassungsklagen der betroffenen Frauen vor den ordentlichen Gerichten nicht genauso effektiv sind wie die Gefahrenabwehr durch eine polizeiliche Untersagungsverfügung, die die Gefahr der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch gegenüber künftig die Beratungsstelle aufsuchenden Frauen abwehrt.
72 
Des weiteren ist der jeweils betroffenen Frau jedenfalls dann, wenn sie sich tatsächlich in einer Schwangerschaftskonfliktsituation befindet, die Rechtsverfolgung vor den ordentlichen Gerichten nicht zumutbar, weil ihr dies einen Verzicht auf die durch § 6 Abs. 2 SchKG gesetzlich gewährleistete Anonymität abverlangen würde. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass die Anonymität bei Ausstellung einer Beratungsbescheinigung nach § 7 SchKG ohnehin aufgehoben wird. Denn zum einen mündet nicht jede Beratung in die Ausstellung einer Beratungsbescheinigung, zum anderen wird die Vertraulichkeit der Beratung durch das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3a StPO und durch die arbeitsvertraglich vereinbarte Schweigepflicht der Berater abgesichert. Es macht daher einen erheblichen Unterschied, ob eine schwangere Frau ihre Anonymität bei einer anerkannten Beratungsstelle aufgibt, um eine Beratungsbescheinigung zu erhalten oder ob sie im Rahmen eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten preisgeben müsste, dass sie eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle aufgesucht hat.
73 
Schließlich ist das öffentliche Interesse am polizeilichen Einschreiten auch deshalb zu bejahen, weil - angesichts der bei der aufgezeigten Sachlage eingeschränkten und wenig effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten vor den ordentlichen Gerichten - die Staatsorgane im Hinblick darauf, dass die Grundrechte zugleich Ausdruck einer objektiven Wertordnung sind, eine objektivrechtliche Pflicht zum Schutz der grundrechtlich gesicherten Individualgüter - hier des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - trifft (in diesem Sinne Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., D 30). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Individualgüter einer unbestimmten Vielzahl von Grundrechtsträgerinnen bedroht werden (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl., Rn. 56).
74 
4. Damit steht auch die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG einem Einschreiten gegen den Kläger nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Diese Subsidiaritätsklausel hindert jedoch ein polizeiliches Tätigwerden nur dann, wenn es ausschließlich um den Schutz privater Rechte geht (vgl. Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 2 Rn. 12; Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 7. Aufl., Rn. 119). Dies ist hier, wie soeben ausgeführt (3. e), nicht der Fall.
75 
5. Das Verbot beachtet auch den in § 5 PolG einfachgesetzlich normierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
76 
a) Die Maßnahme ist geeignet, gerade die Ansprache der zu schützenden Frauen erheblich zu erschweren, auch wenn möglicherweise von den räumlichen Grenzen des Verbotsbereichs aus noch einzelne Frauen, die das Gebäude der Beratungsstelle verlassen, individualisiert und gezielt angesprochen werden können.
77 
b) Das Verbot ist auch erforderlich. Mildere Maßnahmen in Form eines weniger weitreichenden Verbots wären weniger effektiv. Dies gilt zunächst mit Blick auf den räumlichen Umfang des Verbots. Je näher die Gehsteigberatung an die Beratungsstelle heranrückt, desto eher ist es möglich, gezielt Frauen, die die Beratungsstelle verlassen, anzusprechen. Damit wäre jedes weniger weit reichende Verbot auch dem Schutzzweck weniger dienlich.
78 
Inhaltlich ist das Verbot auf solche Handlungsformen begrenzt, die die vom Kläger praktizierte Gehsteigberatung kennzeichnen. Eine präzisere Definition des Verbotstatbestandes ist nicht möglich.
79 
c) Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Vorrang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen Frauen vor der Glaubens- und Meinungsfreiheit des Klägers wurde im Rahmen der Abwägung der betroffenen Grundrechte bereits begründet (3. d) aa)).
80 
6. Ermessensfehler sind ebenfalls nicht erkennbar. Allein der Umstand, dass auch der öffentliche Druck des Beigeladenen die Beklagte dazu bewogen haben mag, ihre schon zuvor geäußerte Rechtsposition in einer Verbotsverfügung umzusetzen, lässt nicht darauf schließen, dass sachfremde Erwägungen das Entschließungsermessen geleitet haben könnten.
81 
7. Nach dem Vorstehenden erweist sich schließlich auch die auf §§ 2, 20 und 23 LVwVG gestützte Zwangsgeldandrohung in dem angefochtenen Bescheid (Verfügung Nr. III) als rechtmäßig. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, namentlich ist das Zwangsgeld das geeignete Zwangsmittel, das auch im Hinblick auf die angedrohte Höhe nicht zu beanstanden ist. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr von 100,-- EUR und der Widerspruchsgebühr von 150,-- EUR weisen ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr beruht auf den §§ 1, 2 und 4 der Verwaltungsgebührensatzung der Beklagten, die Festsetzung der Widerspruchsgebühr auf den §§ 1 - 8, 12, 14 LGebG i.V.m. Nr. 7.1 des Gebührenverzeichnisses zum LGebG.
IV.
82 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit auch ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen.
83 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es stellt sich keine revisible, nach § 137 VwGO vom Bundesverwaltungsgericht überprüfbare Rechtsfrage (vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 132 Rn. 28 ff.). Die Beklagte handelte auf Grund einer landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage. Als revisibles Recht kommen nur der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerwG, Beschl. v. 18.02.2002 - 3 B 149.01 - NJW 2002, 2122) oder die Auslegung der abzuwägenden Grundrechte (Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 137 Rn. 80) in Betracht. Fragen des Bundesrechts bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht vermögen die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (BVerwG, Beschl. v. 17.08.2009 - 6 B 10.09 - juris). Dies ist hier nicht ersichtlich.
84 
Beschluss vom 11. Oktober 2012
85 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
86 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
27 
Der Senat sieht keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen. Der Klägervertreter zeigt in seinem darauf gerichteten Antrag vom 13.10.2012 nicht auf, dass der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör eine Wiedereröffnung gebieten würde (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 03.12.2008 - 10 B 13.08 - juris m.w.N.). Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Der Klägervertreter hat hiervon auch ausführlich Gebrauch gemacht. Die Aussagen der Zeugen zum Beweisthema bewegten sich im Übrigen im Rahmen des von den Beteiligten zur Art und Weise der Durchführung der Gehsteigberatung schriftsätzlich Vorgetragenen und der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - von sechs der elf Zeugen - abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen. Es erscheint daher nicht geboten, dem Klägervertreter Gelegenheit zu einer nochmaligen Würdigung der Zeugenaussagen zu geben.
II.
28 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
29 
Gemäß § 130 Abs. 1 VwGO hat der Verwaltungsgerichtshof selbst in der Sache zu entscheiden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die vom Kläger (hilfsweise) beantragte Rückverweisung an das Verwaltungsgericht gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht leidet nicht an einem wesentlichen Mangel.
30 
1. Das Verwaltungsgericht hat seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht dadurch verletzt, dass es den schriftsätzlichen Beweisangeboten des Klägers nicht nachgegangen ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat, es sei denn, dem Gericht musste sich auch ohne Stellung eines Beweisantrags die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung aufdrängen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.02.1988 - 7 B 28.88 - NVwZ 1988, 1020; Beschl. v. 01.03.2001 - 6 B 6.01 - NVwZ 2001, 923). Hier hat der Kläger keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Dem Gericht musste sich die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch Vernehmung der schriftsätzlich benannten Zeugen zum konkreten Ablauf der Gehsteigberatung auch nicht aufdrängen, zumal die konkrete Form der Ansprache nach dem Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts für die Frage der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung rechtlich unerheblich war (UA S. 9).
31 
2. Die geltend gemachte Verletzung der Begründungspflicht nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Die Begründungspflicht verlangt, dass in den Urteilsgründen die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass das Gericht den ermittelten Tatsachenstoff wertend gesichtet und in welchen konkreten Bezug es ihn zu den angewandten Rechtsnormen gesetzt hat. Dies setzt voraus, dass das Gericht zum einen seinen rechtlichen Prüfungsmaßstab offen legt und zum anderen in tatsächlicher Hinsicht angibt, von welchem Sachverhalt es ausgeht und - sofern es den Tatsachenbehauptungen eines Beteiligten widerspricht - warum es dessen Vortrag nicht folgt und aufgrund welcher Erkenntnisse es eine ihm ungünstige Tatsachenlage als erwiesen ansieht. Aus den Entscheidungsgründen muss sowohl für die Beteiligten als auch für das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar sein, aus welchen Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts nach Meinung des Gerichts dem Vortrag eines Beteiligten, jedenfalls soweit es sich um einen zentralen Punkt seiner Rechtsverfolgung handelt, nicht zu folgen ist (BVerwG, Beschl. v. 18.10.2006 - 9 B 6.06 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 66 Rn. 24). Die Begründungspflicht ist immer dann verletzt, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonstwie unbrauchbar sind (BVerwG, Beschl. v.05.06.1998 - 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32; Beschl. v. 30.06.2009 - 9 B 23.09 - juris). Bezugnahmen auf andere Gerichtsentscheidungen sind jedoch zulässig, wenn diese den Beteiligten zugänglich und die eigene Entscheidung aus sich heraus noch verständlich ist (Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 108 Rn. 173 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 14.01.1991 - 1 B 171.90 - juris). Ausgehend davon lässt das Berufungsvorbringen eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht erkennen. Das angefochtene Urteil ist aus sich heraus verständlich. Die in Bezug genommenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des erkennenden Senats sind den Beteiligten bekannt. Es handelt sich um die im vorangegangenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Eilentscheidungen, die denselben Sachverhalt betreffen.
III.
32 
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die als (Anfechtungs-)Untätigkeitsklage in zulässiger Weise erhobene und nach Ergehen des Widerspruchsbescheides als reguläre Anfechtungsklage fortgeführte Klage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 75 Rn. 21, 26) ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33 
1. Der Bescheid der Beklagten vom 16.02.2011 ist formell rechtmäßig.
34 
a) Die nach § 28 Abs. 1 LVwVfG erforderliche Anhörung des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 07.10.2010.
35 
b) Die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen die sich aus § 24 Abs. 1 LVwVfG ergebende Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen verstoßen. Diese Vorschrift überlässt es im Interesse einer möglichst umfassenden, den Erfordernissen des einzelnen Falles angepassten Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dem pflichtgemäßen Verfahrensermessen der Behörde, welche Mittel sie zur Erforschung des Sachverhalts anwendet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.08.1998 - 11 VR 4.98 - NVwZ 1999, 535 und Beschl. v. 30.06.2004 - 5 B 32.03 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 24 Rn. 9 m.w.N.). Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet die Behörden nicht, sämtliche relevanten Tatsachen selbst zu erheben und erforderlichenfalls nachzuprüfen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 10 a). Ein Verfahrensfehler liegt erst dann vor, wenn die Behörde eine sachlich notwendige Aufklärung des Sachverhalts unterlässt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 36). Hier hat sich die Beklagte durch Auswertung der ihr vom Beigeladenen und vom Kläger übermittelten Unterlagen - darunter der Vereinssatzung und der bei der Gehsteigberatung verwendeten Faltblätter -, durch Auswertung allgemein zugänglicher Quellen (Presseberichte) sowie durch Führung eines Gesprächs mit dem Vorsitzenden des Klägers und der für den Kläger in Freiburg tätigen Gehsteigberaterin hinreichende Kenntnis von dem nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt verschafft. Eine Verpflichtung der Beklagten, darüber hinaus durch eigene Beobachtungen vor Ort einen unmittelbaren Eindruck vom Ablauf der sog. Gehsteigberatungen zu gewinnen, bestand nicht, zumal die Beklagte ihre Entscheidung im Kern auf vom Kläger selbst mitgeteilte bzw. bestätigte Tatsachen gestützt hat.
36 
2. Die Untersagungsverfügung ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG). Insoweit genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung und aus den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 12 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 03.02.1989 - 7 B 18.89 - NJW 1989, 1624). Hierbei ist entsprechend § 133 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 71). Ein ursprünglich zu unbestimmter Verwaltungsakt kann, wie sich aus § 79 Abs. 1 VwGO ergibt, im Widerspruchsverfahren, aber auch noch im Verwaltungsprozess präzisiert werden (BVerwG, Beschl. v. 21.06.2006 - 4 B 32.06 - NVwZ-RR 2006, 589).
37 
Daran gemessen bereitet es hier keine Schwierigkeiten festzustellen, dass die Untersagungsverfügung - was bereits im Verfügungstenor hinreichend zum Ausdruck kommt und auch der Zielrichtung der Verfügung entspricht - neben der persönlichen Ansprache auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation nur das unaufgeforderte und gezielt-individuelle Vorzeigen (Hinhalten) und Überreichen von Broschüren, Bildern und Gegenständen erfasst.
38 
Soweit nach dem Wortlaut der Verfügung allgemein das Ansprechen von „Personen“ auf einen Schwangerschaftskonflikt verboten wurde, wird bereits aus der Umschreibung der Verbotshandlungen mit dem Begriff der „Gehsteigberatung“ im Tenor hinreichend deutlich, dass das Verbot sich nur auf das Ansprechen von Personen bezieht, die zur Zielgruppe der vom Kläger angebotenen Beratung gehören können. Gestützt wird diese Auslegung durch die Begründung der Verfügung, wo ausgeführt wird, dass das Verbot dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der ratsuchenden Personen gelten soll. Das Ansprechen von unbegleiteten Männern oder von Frauen im Alter jenseits eines potentiellen Schwangerschaftskonflikts wird daher von der Verfügung nicht erfasst, wohl aber das Ansprechen von Frauen im gebärfähigen Alter, die von einer weiteren Person begleitet werden.
39 
In räumlicher Hinsicht ergibt die Auslegung und die durch die Beklagte im gerichtlichen Verfahren erfolgte Klarstellung, dass das Verbot nur für den etwa 70 m langen Abschnitt der H...straße, an dem die Beratungsstelle des Beigeladenen liegt, gelten soll. Der räumliche Geltungsbereich erstreckt sich also von der K...-...Straße aus nach Westen bis zur nächsten Straßenbiegung, nicht erfasst ist der abknickende, zur R...straße führende Straßenabschnitt. Zwar spricht der Tenor des Bescheides von der „gesamten H...straße“. Allerdings ergibt sich schon aus der Zielsetzung der Verfügung und der Begründung ein einschränkendes Verständnis. Das Verbot zielt darauf ab zu verhindern, dass der Kläger Frauen unmittelbar vor oder nach einer Schwangerschaftskonfliktberatung ansprechen kann. Demgegenüber soll nicht allgemein die Ansprache von Passanten unterbunden werden. Entsprechend endet das Verbot in östlicher Richtung an der Ecke H...straße/K...Straße, weil dort der Sichtkontakt mit der Beratungsstelle abbricht und die anzusprechenden Frauen in dem Strom der Passanten aufgehen. Nichts anderes kann für das andere Ende des räumlichen Geltungsbereichs gelten. Spätestens mit der Antragserwiderung vom 15.02.2011 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die Beklagte die insoweit möglicherweise bestehende Unklarheit mit dem Hinweis beseitigt, der Geltungsbereich erstrecke sich nur über 70 m. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat sie dies nochmals bestätigt.
40 
3. Das von der Untersagungsverfügung erfasste Verhalten des Klägers und der für ihn in Freiburg tätigen Gehsteigberaterin stellt eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, die ein Einschreiten auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG rechtfertigt.
41 
a) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel der §§ 1, 3 PolG ist weder durch das Straßenrecht noch durch das Versammlungsrecht gesperrt.
42 
aa) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel ist nicht durch vorrangige Vorschriften des Straßenrechts gesperrt. Denn die von der Beklagten untersagte Gehsteigberatung ist straßenrechtlich noch als Gemeingebrauch und nicht als Sondernutzung anzusehen (vgl. zu entsprechenden Formen des „politischen Meinungskampfes“ näher BVerfG [Kammer], Beschl. v. 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 - NVwZ 1992, 53; BVerwG, Urt. v. 07.06.1978 - 7 C 5.78 - BVerwGE 56, 63 <67 f.>), zumal ihre Erscheinungsformen nicht der erwerbswirtschaftlichen Nutzung des Straßenraums dienen und damit als noch dem „kommunikativen Verkehr“ zugehörig einzustufen sind (vgl. zur Abgrenzung im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.1996 - 5 S 472/96 - VBlBW 1997, 64; Sauthoff, NVwZ 1990, 223 <225>; Schnebelt/Sigel, Straßenrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl., Rn. 287 ff.; Lorenz/Will, Straßengesetz Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 13 Rn. 22 ff.). Daher bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Regelungen des Straßengesetzes im Sachbereich der erlaubnisfähigen Sondernutzung eine Sperrwirkung gegenüber allgemein-polizeirechtlichen Regelungen entfalten (vgl. dazu Schnebelt/Sigel, a.a.O., Rn. 255; s. auch Senatsurteil vom 26.06.1986 - 1 S 2448/85 - ESVGH 36, 293).
43 
bb) Die Gehsteigberatung ist auch keine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes. Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 12.06.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468). Hier zielt die Ansprache seitens der im Auftrag des Klägers tätigen Gehsteigberaterin auf eine individuelle Kommunikation mit Einzelpersonen, nicht aber auf die für die Annahme einer Versammlung konstitutive Kommunikation vermittels einer eigens zu diesem Zweck veranlassten Gruppenbildung (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.08.2007 - 6 C 22.06 - NVwZ 2007, 1434 ).
44 
b) Eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt vor, weil die vom Kläger im räumlichen Geltungsbereich der Untersagungsverfügung praktizierte Gehsteigberatung mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts insbesondere derjenigen angesprochenen Frauen führt, die sich tatsächlich in einer Schwangerschaftskonfliktsituation befinden.
45 
aa) Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 - BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 <283> und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375 <376> m.w.N. = NVwZ-RR 2008, 700 <701>).
46 
bb) Das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht dient dem Schutz der engeren persönlichen Lebenssphäre und der Erhaltung ihrer Grundbedingungen, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.11.1998 -1 BvR 1531/96 - BVerfGE 99, 185 <193>; Beschl. v. 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 - BVerfGE 114, 339 <346>; Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 <303>). Im Sinne eines Schutzes vor Indiskretion hat hiernach jedermann grundsätzlich das Recht ungestört zu bleiben. Dem Einzelnen wird ein Innenbereich freier Persönlichkeitsentfaltung garantiert, in dem er „sich selbst besitzt“ und in den er sich frei von jeder staatlichen Kontrolle und sonstiger Beeinträchtigung zurückziehen kann (BVerfG, Entscheidung vom 16.07.1969 - 1 BvL 19/63 - BVerfGE 27, 1 <6> m.w.N.; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 149). Diese Privatsphäre umfasst zum einen Rückzugsräume im Wortsinne, aber auch Themen der engeren Lebensführung, „deren öffentliche Erörterung als peinlich oder zumindest unschicklich empfunden wird“ (Di Fabio, a.a.O.).
47 
cc) Daran gemessen greift die Ansprache durch einen Fremden auf die Themen Schwangerschaft oder gar Schwangerschaftskonflikt in die Privatsphäre der betroffenen Frauen ein. Die Grundrechte sind zwar primär Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Sie konstituieren jedoch gleichzeitig eine Werteordnung, die auch die Rechtsverhältnisse zwischen Privaten mittelbar prägt, indem sie bei der Auslegung des einfachen Rechts - hier der polizeilichen Generalklausel - zu beachten ist. Zumindest in der Frühphase der Schwangerschaft, in der diese noch nicht äußerlich erkennbar ist, entscheidet die Frau darüber, die Schwangerschaft publik zu machen oder geheim zu halten. Der Schutz der Privatsphäre ist umso intensiver, je näher der Sachbereich der Intimsphäre steht. Gerade das erste Drittel der Schwangerschaft, in dem sich die überwiegende Mehrzahl der ratsuchenden Frauen befinden dürfte, weist eine große Nähe zur Intimsphäre auf, so dass für die Frage der Eingriffsrechtfertigung auch dann ein sehr hohes Schutzniveau für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zugrundezulegen ist, wenn man die Schwangerschaft nicht sogar pauschal der Intimsphäre der Frau zuordnet (so noch BVerfG, Urt. v. 25.02.1975 - 1 BvF 1/74 u.a. [Schwangerschaftsabbruch I] - BVerfGE 39, 1 <42>). In der Frühphase der Schwangerschaft befinden sich die meisten Frauen in einer besonderen seelischen Lage, in der es in Einzelfällen zu schweren Konfliktsituationen kommt. Diesen Schwangerschaftskonflikt erlebt die Frau als höchstpersönlichen Konflikt. Die Umstände erheblichen Gewichts, die einer Frau das Austragen eines Kindes bis zur Unzumutbarkeit erschweren können, bestimmen sich nicht nur nach objektiven Komponenten, sondern auch nach ihren physischen und psychischen Befindlichkeiten und Eigenschaften (BVerfG, Urt. v. 28.05.1993 - 2 BvF 2/90 u.a. [Schwangerschaftsabbruch II] - BVerfGE 88, 203 <265>). Die emotionalen Konflikte und persönlichen Lebensumstände, die Frauen in dieser Phase über einen Schwangerschaftsabbruch nachdenken lassen, berühren regelmäßig ebenfalls die Privatsphäre der Frau, unter anderem ihre Beziehung zum Vater des Kindes, ihre weitere Lebensplanung und die Beziehung zu dem in ihr wachsenden Kind.
48 
Gerade in dieser Konfliktsituation hat die schwangere Frau, die eine anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle aufsucht, ein Recht darauf, von fremden Personen, die sie auf der Straße darauf ansprechen, in Ruhe gelassen zu werden.
49 
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die für den Kläger in Freiburg tätige Gehsteigberaterin Frauen in unmittelbarer Nähe der von der Beigeladenen unterhaltenen Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle regelmäßig in einer Art und Weise angesprochen hat, die diese in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Mehrere Zeuginnen und Zeugen haben übereinstimmend und glaubhaft berichtet, dass die Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ erfolgte. Die Zeugin S..., die ab dem 01.08.2010 ein Praktikum bei ...... absolvierte, gab an, von Frau F... mehrfach mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ angesprochen worden zu sein. Sie habe auch gesehen, dass Frau F... andere Frauen, darunter eine erkennbar über den dritten Monat hinaus Schwangere, ebenfalls angesprochen habe. Die Zeuginnen Sch... und D... gaben ebenfalls an, von Frau F... mit diesen Worten angesprochen worden zu sein. Bestätigt werden diese Angaben durch den bei ...... in der Schwangerschaftsberatung tätigen Zeugen H... und die in einem Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit tätige Zeugin U..., die zwar keine Wahrnehmungen aus eigener Anschauung schildern konnten, aber angaben, dass Frauen ihnen von einer entsprechenden Ansprache berichtet hätten. Die als Schulsozialpädagogin in Freiburg tätige Zeugin M...-... erklärte, sie wisse konkret von zwei Schülerinnen von ihr, die bei ...... zur Schwangerschaftsberatung gewesen und nach Verlassen des Gebäudes angesprochen worden seien. Sie könne nicht mehr genau sagen, mit welchen Worten die Ansprache erfolgt sei, es habe sich auf jeden Fall um eine persönliche Frage gehandelt, die mit den Worten „Sind Sie“ begonnen habe. Sie vermute, dass die Frage „Sind Sie schwanger?“ gelautet habe, könne dies aber nicht sicher sagen.
50 
Gründe, die Richtigkeit dieser Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen, gibt es nicht. Allein der Umstand, dass die betreffenden Zeugen alle vom Beigeladenen benannt wurden, rechtfertigt nicht die Annahme, die Zeugen hätten ihre Aussagen abgesprochen. Gegen eine Absprache spricht auch, dass die betreffenden Zeugen ihre Wahrnehmungen nicht stereotyp, sondern jeweils individuell mit eigenen Worten geschildert haben. Soweit Zeugen sich nicht genau erinnern konnten, legten sie dies offen wie die Zeugin M... oder die als Praktikantin bei ...... tätige Zeugin M..., die angab, sich nicht genau zu erinnern, mit welchen Worten sie von Frau F... angesprochen worden sei.
51 
Die den im Kern übereinstimmenden Aussagen der Zeugen S..., S..., D..., H... und M... widersprechende Aussage der Zeugin F... war demgegenüber nicht glaubhaft. Die Zeugin F... hatte bei ihrer ersten Zeugenvernehmung angegeben, sie biete zunächst den Flyer an und beginne, wenn die Frau Interesse habe, ein Gespräch meistens nicht direkt auf die Frau bezogen, sondern allgemein, ob sie etwa jemanden kenne, der in einem Schwangerschaftskonflikt sei. Diese Art der Ansprache von Frauen im gebärfähigen Alter vor einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle wirkt lebensfremd und kann der Zeugin F... nicht abgenommen werden. Sie konnte selbst von den für den Kläger als sog. stille Beterinnen tätigen Zeuginnen U... und L... nicht bestätigt werden, obwohl Frau F... angegeben hatte, sie habe bei ihrer Tätigkeit bewusst darauf geachtet, dass die stille Beterin in Hörweite ist und das Gespräch mit verfolgen kann, um später einen Zeugen für den Inhalt des Gesprächs zu haben. Die als stille Beterin tätige Zeugin U... gab an, sie könne nicht wiederholen, was Frau F... bei der Ansprache gesagt habe. Sie habe allenfalls Gesprächsteile mitbekommen, die sie jedoch nicht wiedergeben könne. Von Ferne betrachtet sei die Ansprache der Passantinnen meistens höflich gewesen. Frau F... habe jedoch eine direkte Art, die einem manchmal wehtun könne. Die ebenfalls als stille Beterin tätige Zeugin L... gab an, sie habe meistens nicht verstehen können, was Frau F... zu den von ihr angesprochenen Personen gesagt habe.
52 
Entscheidend gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage von Frau F... spricht auch ihr übriges Aussageverhalten. Sie antwortete häufig ausweichend und war sehr darauf bedacht, nichts zu sagen, was ihre Tätigkeit als Gehsteigberaterin gefährden könnte. Ihre Aussage, sie bleibe bei der ersten Kontaktaufnahme in der Regel stehen, weil dies für die Frauen weniger aufdringlich wirke, wurde von den übrigen Zeugen ebenfalls nicht bestätigt. Die Zeugin U... gab an, Frau F... habe sich bewegt, wenn sie Kontakt gesucht habe. Sie sei aktiv auf die Angesprochenen zugegangen und während der Kontaktaufnahme auch mit den Angesprochenen mitgegangen. Ähnlich äußerte sich die Zeugin L..., die erklärte, Frau F... habe sich bei der Kontaktaufnahme bewegt, d.h. sie habe auch mal die Straße überquert. Bei ihrer nochmaligen Zeugenvernehmung konnte Frau F... sich auf den Vorhalt des Beigeladenen-Vertreters, er habe Informationen, dass sich der Anwalt des Klägers in der Sitzungspause um 16.30 Uhr mit ihr unterhalten und ihr mitgeteilt habe, dass die meisten Zeugen ausgesagt hätten, dass sie das Gespräch mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ beginne, zunächst nicht erinnern, ob sie überhaupt mit dem Anwalt des Klägers gesprochen habe. Erst auf Nachfrage und nach suchenden Blicken in Richtung des Prozessbevollmächtigten des Klägers räumte sie ein, dass ein Gespräch stattgefunden habe, in dessen Verlauf der Kläger-Anwalt sie über diesen Umstand informiert habe. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Zeugin F... sich sehr wohl unmittelbar an das erst etwa zwei Stunden zuvor stattgefundene Gespräch, welches den Kern ihrer Zeugenaussage betraf, erinnern konnte, aber zunächst Zeit gewinnen wollte, um sich eine „passende“ Antwort auf die an sich einfach zu beantwortende Frage zurechtzulegen. Auf Vorhalt der Zeugenaussagen blieb Frau F... dabei, dass es nicht zutreffe, dass ihre ersten Worte bei der Gesprächseröffnung „Sind Sie schwanger?“ seien. Sie habe in ihrer Ausbildung in Wien gelernt, dass man so ein Gespräch nicht beginnen könne. Sie zeige den Flyer und frage allgemein „Brauchen Sie Hilfe?“. Es könne sein, dass sie den Satz „Sind Sie schwanger?“ im Laufe eines Gesprächs vielleicht als vierten Satz gesagt habe. Nicht geglaubt werden kann der Zeugin F... des weiteren, dass sie das Gebäude, in dem sich die Beratungsstelle des Beigeladenen befindet, nie betreten hat. Denn der Zeuge T..., Geschäftsführer bei ......, hat glaubhaft erklärt, dass Flyer des Klägers auf den Toiletten und in den Broschürenständern im Gebäude H...straße ... aufgetaucht sind. Als er sie zur Rede gestellt habe, habe sie sich entschuldigt und versprochen, dass dies künftig nicht mehr vorkommen werde. Gestützt wird dies durch die Aussage der Zeugin D..., die erklärt hat, sie habe selbst gesehen, dass Frau F... in dem Gebäude H...straße ... gewesen sei, bevor ihr der Zugang untersagt worden sei.
53 
Der Senat sah keine Veranlassung, die vom Kläger beantragten Zeugengegenüberstellungen vorzunehmen, da die Zeuginnen S..., Sch... und D... bei ihren Vernehmungen bereits jeweils auf die abweichende Aussage von Frau F... hingewiesen worden waren und die Zeugin F... bei ihrer erneuten Vernehmung Gelegenheit hatte, ihre Aussage im Lichte der Aussagen der genannten Zeuginnen zu überdenken.
54 
Dass die Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ möglicherweise nicht seitens der Zeugin F..., sondern durch eine andere Person erfolgte, kann ausgeschlossen werden, weil die Zeugin F... die einzige in Freiburg für den Kläger tätige Gehsteigberaterin ist und die meisten Zeugen auch jeweils die bei der Gehsteigberatung verwendeten Flyer identifizieren konnten. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass diese Ansprache seitens anderer Abtreibungsgegner, die hin und wieder vor der Beratungsstelle des Beigeladenen demonstrieren, erfolgte.
55 
Der Kläger muss sich das Verhalten seiner Gehsteigberaterin auch zurechnen lassen, weil diese nach einer nur kurz währenden Anfangsphase im Juli/August 2010, in der sie auf eigene Verantwortung tätig war, die Gehsteigberatung im Auftrag des Klägers ausgeübt hat. An der Art der Ansprache hat sich hierdurch nichts geändert. Die Wahrnehmungen der Zeugen, die von einer Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ berichtet haben, beziehen sich auf unterschiedliche Zeiträume jedenfalls von Herbst 2010 bis nach Ergehen der angefochtenen Untersagungsverfügung. Geändert hat sich nach den glaubhaften Zeugenaussagen lediglich der Ort der Ansprache, die seit Ergehen der Untersagungsverfügung nicht mehr in der H...straße, sondern an der Ecke H...straße/K...Straße erfolgte.
56 
Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der angesprochenen Frauen erhält dadurch zusätzliches Gewicht, dass die Ansprache mit den Worten „Sind Sie schwanger?“ in der Öffentlichkeit auf einer belebten Straße in einer für unbeteiligte Dritte wahrnehmbaren Weise erfolgte. Nach der glaubhaften Aussage der Zeugin S... haben auch andere umstehende Personen wahrgenommen, wie sie von Frau F... mit diesen Worten angesprochen wurde.
57 
Vertieft wird der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die den angesprochenen Frauen angebotenen Faltblätter, die mit Sätzen wie „Kinder sind Gottes schönstes Geschenk. Jedes Kind hat das Recht, auf die Welt zu kommen, ob es erwünscht ist oder nicht“ oder „Bitte unternimm jetzt nichts, was DEINEM KIND WEHTUT, denn du wirst es später bereuen“ klar Position beziehen und im Ergebnis einen Schwangerschaftsabbruch nicht als moralisch vertretbar erscheinen lassen. Die Aussage „Glaube an Dich und folge Deinem Herz – Bitte behalte Dein Baby“ ist nicht nur ein eindringlicher und emotionaler Appell, sondern suggeriert auch, dass im Grunde jede Frau ihr Kind austragen will und nur durch äußere Einflüsse davon abgebracht wird. In diesem Kontext erscheinen die Hilfsangebote an die Mutter lediglich als Mittel zum Zweck, die Mutter um jeden Preis zum Austragen des Kindes zu bewegen. Das ebenfalls verteilte Faltblatt des „Lebenszentrum Wien“ geht noch darüber hinaus. Es konfrontiert die Frauen, die die Faltblätter annehmen, unvermittelt mit Bildern blutverschmierter und zerstückelter Föten und ist geeignet, einschüchternd und verstörend zu wirken. Diese Wirkung ist umso stärker, als auf der Außenseite der Faltblätter zunächst der Eindruck erweckt wird, es gehe ausschließlich um ein beratendes Hilfsangebot.
58 
Unerheblich für das Vorliegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist, dass möglicherweise nicht alle Frauen ablehnend auf die Ansprache reagieren. Entscheidend ist angesichts der Vielzahl der betroffenen Grundrechtsträgerinnen, dass eine nicht unerhebliche Zahl von ihnen die objektiv gegebene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch subjektiv als solche empfindet. Daher bedarf es keiner Beweiserhebung zu der Frage, ob es Frauen gibt, die dankbar für die Ansprache sind.
59 
Die Auffassung des Klägers, seine Tätigkeit greife lediglich in die weniger schützenswerte Sozialsphäre der angesprochenen Frauen ein, weil die Frage des Hilfsangebots in einer Schwangerschaftssituation eher die Sozial- als die Privatsphäre der Schwangeren betreffe, geht an der Realität der von ihm in Freiburg praktizierten Form der Gehsteigberatung vorbei. Mit der Sozialsphäre ist das Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit gemeint. Sie beschreibt einen Bereich, der ohnehin von der Umwelt nicht abgeschirmt werden kann (vgl. Di Fabio, a.a.O., Art. 2 Abs. 1 Rn. 160). Wie bereits dargelegt, geht es im vorliegenden Fall nicht um das Ansehen der betroffenen Frauen in der Öffentlichkeit, sondern um einen sensiblen Bereich der engeren Lebensführung und den Bereich der Gedanken- und Gefühlswelt eines Menschen als psychischem Innenbereich. Die eigene Gedanken- und Gefühlswelt in einem persönlichen Konflikt bleibt auch dann privat, wenn sie mit einem gesellschaftlichen Konflikt zusammenhängt. Daher geht auch der Verweis des Klägers auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.06.2010 (- 1 BvR 1745/06 [Abtreibungsgegner] - NJW 2011, 47) fehl, in dem es nicht um den Schutz der Privatsphäre schwangerer Frauen, sondern um den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Schwangerschaftsabbrüche vornehmenden Arztes ging.
60 
c) Nachdem die Beklagte ihre Verfügung nicht darauf gestützt hat, lässt der Senat offen, ob eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit darüber hinaus deshalb gegeben ist, weil die vom Kläger praktizierte Form der Gehsteigberatung das Beratungskonzept des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beeinträchtigt, welches der Erfüllung der dem Staat obliegenden Schutzpflicht für das ungeborene Leben dient (vgl. zum Schutz des Lebens als Schutzgut der öffentlichen Sicherheit Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 1 Rn. 50 m.w.N.).
61 
d) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Frauen ist nicht durch die Grundrechte des Klägers gerechtfertigt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht findet seine Schranken in den kollidierenden Grundrechten Dritter, hier der Meinungs- und Religionsfreiheit des Klägers. Umgekehrt sind auch die Grundrechte des Klägers in gleicher Weise beschränkt. Es ist daher eine Abwägung vorzunehmen, die im Wege praktischer Konkordanz allen Grundrechten zu jeweils bestmöglicher Wirkung und Geltung verhilft (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 - BVerfGE 7, 198 <210>; stRspr.).
62 
aa) Die durch Art. 5 Abs. 1 GG / Art. 10 EMRK geschützte Meinungsfreiheit des Klägers und der von ihm beauftragten Personen gebietet es nicht, den in der Verfügung untersagten Verhaltensweisen Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der betroffenen Frauen einzuräumen.
63 
Allerdings ist der personelle Schutzbereich der durch Art. 5 Abs. 1 GG / Art. 10 EMRK geschützten Meinungsfreiheit zugunsten des Klägers - einer juristischen Person des Privatrechts - eröffnet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88 - BVerfGE 85, 1 <11 ff.>; Beschl. v. 13.02.1996 - 1 BvR 262/91 - BVerfGE 94, 1 <7 ff.>; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 116) und die von der Verfügung erfassten Äußerungen und Verhaltensweisen können auch in sachlicher Hinsicht den Schutz der Meinungsfreiheit beanspruchen. Denn Art. 5 Abs. 1 GG umfasst in seiner Ausprägung als Meinungsäußerungs- und -verbreitungsfreiheit jede Art und Weise der Äußerung, das (fragende und behauptende) Ansprechen ebenso wie die Äußerung in Bild und Schrift sowie Tätigkeiten, die als Mittel des geistigen Meinungskampfes die Wirkung der Äußerung verstärken sollen, und damit sämtliche der hier im Streit stehenden Verhaltensweisen (vgl. zur sog. Gehsteigberatung auch: BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 - NJW 2011, 47; vgl. näher zum Schutzbereich: Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 49 ff. m.w.N.). Der Senat misst der Meinungsfreiheit des Klägers auch ein bedeutendes Gewicht bei. Das Recht, eine Meinung äußern zu dürfen, ist Teil des in der Menschenwürde wurzelnden elementaren Rechts auf Denkfreiheit und damit in einem gewissen Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt (vgl. BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 - BVerfGE 7, 198 <208>). Ungeachtet ihrer Ausprägung als privat-individuelles Entfaltungsrecht ist die Meinungsfreiheit auch für den Prozess politischer Öffentlichkeit im demokratischen Verfassungsstaat von schlechthin grundlegender Bedeutung (vgl. wiederum Schulze-Fielitz, in: Dreier, a.a.O., Rn. 40). Denn das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der das Lebenselement des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats ist (so schon BVerfG, Urt. v. 17.08.1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <205>). Als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft ist es eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (BVerfG, Urt. v. 15.01.1958, a.a.O.). Im Blick auf ihre konstituierende Funktion ist besonders die Mindermeinung, die für falsch gehaltene Auffassung, das Anders-Denken von Bedeutung. Nur die freie öffentliche Diskussion über Gegenstände von allgemeiner Bedeutung, zu denen die Debatte um den Schutz des ungeborenen Lebens zweifelsohne zu rechnen ist, sichert die freie Bildung der öffentlichen Meinung, die sich im freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat notwendig pluralistisch im Widerstreit verschiedener und aus verschiedenen Motiven vertretener, aber jedenfalls in Freiheit vorgetragener Auffassungen vollzieht (anschaulich Herzog, in: Maunz/Dürig, a.a.O., Rn. 10). Insoweit sind dem gesellschaftspolitischen „Mainstream“ widersprechende, im Wortsinne „anstößige“ Meinungsäußerungen von besonderem Wert.
64 
Die Meinungsfreiheit umfasst - das liegt gerade in ihrem soeben dargestellten Zweck begründet - auch das Recht, selbst zu bestimmen, wo und wann die Meinungskundgabe erfolgt, zumal an Orten, an denen ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (vgl. nur Hoffmann-Riem, in: Alternativkommentar zum GG, Art. 5 I, II Rn. 26). Denn der öffentliche Straßenraum ist das natürliche und geschichtlich leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die Öffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können (so jüngst im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit: BVerfG, Urt. v. 23.11.2010 - 1 BvR 699/06 [Fraport] - BVerfGE 128, 226 <251>). Auch die Auswahl des Meinungsadressaten obliegt prinzipiell dem Meinenden. Er bestimmt, wen er mit seiner Meinungsäußerung konfrontieren will. Der von der Meinungskundgabe thematisch Betroffene muss die Meinung grundsätzlich ebenso „aushalten“ wie der Meinungslose und der Desinteressierte, wobei Kehrseite der Meinungsäußerungsfreiheit die selbstverständliche Freiheit des Einzelnen ist, von Meinungen anderer verschont zu bleiben und ihnen auszuweichen. Art. 5 Abs. 1 GG schützt auch bei Themen von besonderem öffentlichen Interesse keine Tätigkeiten, mit denen Anderen eine bestimmte Meinung aufgedrängt werden soll (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 - a.a.O. S. 48).
65 
Für die im Wege praktischer Konkordanz vorzunehmende Abwägung ist zunächst von Bedeutung, dass die Gehsteigberatung über eine bloße Meinungskundgabe hinausgeht. Wie auch die von der Gehsteigberaterin verwendeten Flyer zeigen, zielt sie darauf, den angesprochenen Frauen eine bestimmte Meinung aufzudrängen und sie zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen.
66 
Von entscheidendem Gewicht ist im Rahmen der Abwägung des weiteren, dass die Gehsteigberatung ausschließlich in einem lediglich ca. 70 m langen Abschnitt der H...straße untersagt wurde. Diese Straße müssen die schwangeren Frauen notwendigerweise passieren, um die Beratungsstelle des Beigeladenen zu erreichen. Sie haben daher keine Möglichkeit der Gehsteigberatung auszuweichen. Dem Kläger und seinen Mitgliedern bleibt es jedoch möglich, die Gehsteigberatung im restlichen Stadtgebiet durchzuführen und seine Meinung in Freiburg an anderen Stellen kund zu tun. Es bleibt ihm unbenommen, in anderer Weise als durch direkte Ansprache der Betroffenen unmittelbar vor einer anerkannten Beratungsstelle auf seine Hilfsangebote aufmerksam zu machen. So wurde dem Kläger auch in dem fraglichen Abschnitt der H...straße nicht jegliche Form der Meinungsäußerung verboten, sondern nur das Ansprechen von Personen auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation und das unaufgeforderte Überreichen von Broschüren, Bildern oder Gegenständen zu diesem Thema. Eine allgemeine Kritik an der Möglichkeit der Abtreibung und das Äußern dieser Meinung ohne eine gezielte Ansprache von Frauen im gebärfähigen Alter vor der Beratungsstelle des Beigeladenen bleibt dem Kläger daher möglich. Somit schränkt die Untersagungsverfügung die Meinungsfreiheit des Klägers auch nicht unverhältnismäßig ein.
67 
bb) Die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Klägers gebietet es ebenfalls nicht, den in der Verfügung untersagten Verhaltensweisen Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der betroffenen Frauen einzuräumen.
68 
Der personelle Schutzbereich der durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit dürfte vorliegend zugunsten des Klägers als juristischer Person des Privatrechts eröffnet sein, da es nicht um die Glaubensfreiheit als Denkfreiheit geht, sondern rede- und handlungsorientierte Ausprägungen der Glaubensfreiheit in Rede stehen (vgl. Kokott, in: Sachs, GG, 6. Aufl., Art. 4 Rn. 9 m.w.N.). Die von der Verfügung erfassten Verhaltensweisen können auch in sachlicher Hinsicht den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit beanspruchen. Die Bekenntnisfreiheit ist die Freiheit, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen kundzutun. Sie ist eine grundrechtlich verselbständigte, besonders privilegierte Form der Kommunikation; nach überwiegender Auffassung handelt es sich um einen Spezialfall der Meinungsfreiheit (vgl. Kokott, a.a.O. Rn. 32).
69 
Gerät Art. 4 GG in Kollision mit einer anderen Verfassungsnorm, so ist eine Abwägung erforderlich (vgl. u.a. BVerfG, Beschl. v. 19.10.1971 - 1 BvR 387/65 - BVerfGE 32, 98 <108>; Beschl. v. 16.10.1979 - 1 BvR 697/70 u.a. - BVerfGE 52, 223 <246 f.>; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 - 3 C 20.00 - BVerwGE 112, 314 <318>). Die danach vorzunehmende Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der von der Gehsteigberatung betroffenen Frauen führt zu einem Überwiegen der Grundrechte letzterer. Insoweit gilt das unter aa) Ausgeführte entsprechend.
70 
e) Das Einschreiten der Beklagten ist auch im öffentlichen Interesse geboten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. PolG). Die Funktion dieser Beschränkung besteht darin, aus dem Aufgabenbereich der Polizei den Schutz bestimmter Rechtsgüter und Rechte des Einzelnen auszuscheiden, vor allem wenn er nur sich selbst gefährdet oder wenn es um den Schutz (nur) privater Rechte geht, der gegebenenfalls auf gerichtlichem Weg möglich ist (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 1 Rn. 79). Die hier mit der streitgegenständlichen Gehsteigberatung einhergehenden Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer unbestimmten Vielzahl schwangerer Frauen sind jedoch selbst öffentlich-rechtlich relevant. Die Bedrohung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer unbestimmten Zahl von Personen folgt zwangsläufig aus der erklärten Absicht des Klägers, mit der Gehsteigberatung möglichst viele schwangere Frauen zu erreichen.
71 
Zwar steht im Ausgangspunkt die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der im Einzelfall im Rahmen der Gehsteigberatung angesprochenen Frau in Rede, so dass in erster Linie die ordentlichen Gerichte zur Gewährung von Rechtsschutz berufen sind. In Betracht kommt ein im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu verfolgender Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB. Dieser Rechtsschutz ist grundsätzlich genauso effektiv i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG wie der Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten (vgl. Art. 19 Abs. 4 Satz 2 GG). Bei den hier in Rede stehenden Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist jedoch typischerweise wirkungsvoller Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten für viele der betroffenen Frauen schon deshalb nicht zu erlangen, weil sie die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle nur einmal aufsuchen und es wegen der Einmaligkeit der Rechtsgutbeeinträchtigung am Rechtsschutzinteresse fehlt. Bei dieser Sachlage gebietet es der im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnde allgemeine Justizgewährleistungsanspruch, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. Senatsurteil vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. - BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.), das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. PolG erforderliche öffentliche Interesse am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu bejahen. Hinzu kommt, dass einzelne Unterlassungsklagen der betroffenen Frauen vor den ordentlichen Gerichten nicht genauso effektiv sind wie die Gefahrenabwehr durch eine polizeiliche Untersagungsverfügung, die die Gefahr der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch gegenüber künftig die Beratungsstelle aufsuchenden Frauen abwehrt.
72 
Des weiteren ist der jeweils betroffenen Frau jedenfalls dann, wenn sie sich tatsächlich in einer Schwangerschaftskonfliktsituation befindet, die Rechtsverfolgung vor den ordentlichen Gerichten nicht zumutbar, weil ihr dies einen Verzicht auf die durch § 6 Abs. 2 SchKG gesetzlich gewährleistete Anonymität abverlangen würde. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass die Anonymität bei Ausstellung einer Beratungsbescheinigung nach § 7 SchKG ohnehin aufgehoben wird. Denn zum einen mündet nicht jede Beratung in die Ausstellung einer Beratungsbescheinigung, zum anderen wird die Vertraulichkeit der Beratung durch das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3a StPO und durch die arbeitsvertraglich vereinbarte Schweigepflicht der Berater abgesichert. Es macht daher einen erheblichen Unterschied, ob eine schwangere Frau ihre Anonymität bei einer anerkannten Beratungsstelle aufgibt, um eine Beratungsbescheinigung zu erhalten oder ob sie im Rahmen eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten preisgeben müsste, dass sie eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle aufgesucht hat.
73 
Schließlich ist das öffentliche Interesse am polizeilichen Einschreiten auch deshalb zu bejahen, weil - angesichts der bei der aufgezeigten Sachlage eingeschränkten und wenig effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten vor den ordentlichen Gerichten - die Staatsorgane im Hinblick darauf, dass die Grundrechte zugleich Ausdruck einer objektiven Wertordnung sind, eine objektivrechtliche Pflicht zum Schutz der grundrechtlich gesicherten Individualgüter - hier des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - trifft (in diesem Sinne Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., D 30). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Individualgüter einer unbestimmten Vielzahl von Grundrechtsträgerinnen bedroht werden (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl., Rn. 56).
74 
4. Damit steht auch die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG einem Einschreiten gegen den Kläger nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Diese Subsidiaritätsklausel hindert jedoch ein polizeiliches Tätigwerden nur dann, wenn es ausschließlich um den Schutz privater Rechte geht (vgl. Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 2 Rn. 12; Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 7. Aufl., Rn. 119). Dies ist hier, wie soeben ausgeführt (3. e), nicht der Fall.
75 
5. Das Verbot beachtet auch den in § 5 PolG einfachgesetzlich normierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
76 
a) Die Maßnahme ist geeignet, gerade die Ansprache der zu schützenden Frauen erheblich zu erschweren, auch wenn möglicherweise von den räumlichen Grenzen des Verbotsbereichs aus noch einzelne Frauen, die das Gebäude der Beratungsstelle verlassen, individualisiert und gezielt angesprochen werden können.
77 
b) Das Verbot ist auch erforderlich. Mildere Maßnahmen in Form eines weniger weitreichenden Verbots wären weniger effektiv. Dies gilt zunächst mit Blick auf den räumlichen Umfang des Verbots. Je näher die Gehsteigberatung an die Beratungsstelle heranrückt, desto eher ist es möglich, gezielt Frauen, die die Beratungsstelle verlassen, anzusprechen. Damit wäre jedes weniger weit reichende Verbot auch dem Schutzzweck weniger dienlich.
78 
Inhaltlich ist das Verbot auf solche Handlungsformen begrenzt, die die vom Kläger praktizierte Gehsteigberatung kennzeichnen. Eine präzisere Definition des Verbotstatbestandes ist nicht möglich.
79 
c) Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Vorrang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen Frauen vor der Glaubens- und Meinungsfreiheit des Klägers wurde im Rahmen der Abwägung der betroffenen Grundrechte bereits begründet (3. d) aa)).
80 
6. Ermessensfehler sind ebenfalls nicht erkennbar. Allein der Umstand, dass auch der öffentliche Druck des Beigeladenen die Beklagte dazu bewogen haben mag, ihre schon zuvor geäußerte Rechtsposition in einer Verbotsverfügung umzusetzen, lässt nicht darauf schließen, dass sachfremde Erwägungen das Entschließungsermessen geleitet haben könnten.
81 
7. Nach dem Vorstehenden erweist sich schließlich auch die auf §§ 2, 20 und 23 LVwVG gestützte Zwangsgeldandrohung in dem angefochtenen Bescheid (Verfügung Nr. III) als rechtmäßig. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, namentlich ist das Zwangsgeld das geeignete Zwangsmittel, das auch im Hinblick auf die angedrohte Höhe nicht zu beanstanden ist. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr von 100,-- EUR und der Widerspruchsgebühr von 150,-- EUR weisen ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr beruht auf den §§ 1, 2 und 4 der Verwaltungsgebührensatzung der Beklagten, die Festsetzung der Widerspruchsgebühr auf den §§ 1 - 8, 12, 14 LGebG i.V.m. Nr. 7.1 des Gebührenverzeichnisses zum LGebG.
IV.
82 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit auch ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen.
83 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es stellt sich keine revisible, nach § 137 VwGO vom Bundesverwaltungsgericht überprüfbare Rechtsfrage (vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 132 Rn. 28 ff.). Die Beklagte handelte auf Grund einer landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage. Als revisibles Recht kommen nur der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerwG, Beschl. v. 18.02.2002 - 3 B 149.01 - NJW 2002, 2122) oder die Auslegung der abzuwägenden Grundrechte (Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 137 Rn. 80) in Betracht. Fragen des Bundesrechts bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht vermögen die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (BVerwG, Beschl. v. 17.08.2009 - 6 B 10.09 - juris). Dies ist hier nicht ersichtlich.
84 
Beschluss vom 11. Oktober 2012
85 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
86 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Okt. 2012 - 1 S 36/12

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 137


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung1.von Bundesrecht oder2.einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 79


(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 104


(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. (2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das

Strafprozeßordnung - StPO | § 53 Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt 1. Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;2. Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anv

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 130


(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Ver

Schwangerschaftskonfliktgesetz - BeratungsG | § 5 Inhalt der Schwangerschaftskonfliktberatung


(1) Die nach § 219 des Strafgesetzbuches notwendige Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktbe

Schwangerschaftskonfliktgesetz - BeratungsG | § 9 Anerkennung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen


Eine Beratungsstelle darf nur anerkannt werden, wenn sie die Gewähr für eine fachgerechte Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 5 bietet und zur Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 6 in der Lage ist, insbesondere 1. über hinrei

Schwangerschaftskonfliktgesetz - BeratungsG | § 6 Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung


(1) Eine ratsuchende Schwangere ist unverzüglich zu beraten. (2) Die Schwangere kann auf ihren Wunsch gegenüber der sie beratenden Person anonym bleiben. (3) Soweit erforderlich, sind zur Beratung im Einvernehmen mit der Schwangeren 1. andere

Schwangerschaftskonfliktgesetz - BeratungsG | § 7 Beratungsbescheinigung


(1) Die Beratungsstelle hat nach Abschluß der Beratung der Schwangeren eine mit Namen und Datum versehene Bescheinigung darüber auszustellen, daß eine Beratung nach den §§ 5 und 6 stattgefunden hat. (2) Hält die beratende Person nach dem Beratungsge

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Okt. 2012 - 1 S 36/12 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Bundesverfassungsgericht Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren, 23. Mai 2011 - 1 BvR 699/06

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Tenor Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG auf 50.000 € (in Worten: fünfz

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 04. März 2011 - 4 K 314/11

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt. Gründe   I. 1 Der Antragsteller - ein eingetragener, mildtätiger Verein - begehrt unter Berufung auf sei

Bundesverfassungsgericht Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren, 14. Sept. 2010 - 1 BvR 1745/06

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Tenor Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt (§ 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 RVG).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. Mai 2008 - 1 S 2914/07

bei uns veröffentlicht am 08.05.2008

Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - ist insoweit unwirksam.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Okt. 2012 - 1 S 36/12.

Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Mai 2016 - M 22 K 15.4369

bei uns veröffentlicht am 12.05.2016

Tenor I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 1. September 2015 rechtswidrig gewesen ist. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig

Referenzen

Eine Beratungsstelle darf nur anerkannt werden, wenn sie die Gewähr für eine fachgerechte Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 5 bietet und zur Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 6 in der Lage ist, insbesondere

1.
über hinreichend persönlich und fachlich qualifiziertes und der Zahl nach ausreichendes Personal verfügt,
2.
sicherstellt, daß zur Durchführung der Beratung erforderlichenfalls kurzfristig eine ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkraft hinzugezogen werden kann,
3.
mit allen Stellen zusammenarbeitet, die öffentliche und private Hilfen für Mutter und Kind gewähren, und
4.
mit keiner Einrichtung, in der Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden ist, daß hiernach ein materielles Interesse der Beratungseinrichtung an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht auszuschließen ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller - ein eingetragener, mildtätiger Verein - begehrt unter Berufung auf seine Vereinszwecke und die Meinungsäußerungsfreiheit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung der Antragsgegnerin vom 16.02.2011. Mit dieser Verfügung ist ihm und den von ihm beauftragten Personen unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250,-- EUR untersagt worden, „im Bereich der gesamten ... Straße, Freiburg i.Br., Personen auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation anzusprechen oder ihnen unaufgefordert Broschüren, Bilder oder Gegenstände zu diesem Thema zu zeigen oder zu überreichen, d.h. sogenannte Gehsteigberatungen durchzuführen“. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag unter Berufung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der beratungssuchenden Personen entgegen getreten und macht geltend, die Untersagungsverfügung sei zum Schutz derjenigen hilfesuchenden Personen erforderlich, die in der in der ... Straße ansässigen Beratungsstelle ... ein Schwangerschaftskonfliktberatungsgespräch führen wollten. Mehrere Personen hätten sich in den letzten Wochen und Monaten bei ... über bestimmte Verhaltensweisen (z.B. Übergabe von Plastikembryonen, Zeigen drastischen Bildmaterials, bedrängende Gesprächsführung) der vom Antragsteller beauftragten Personen beschwert und sich belästigt gefühlt. Die etwa 70 m lange ... Straße befindet sich in der Freiburger Innenstadt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Martinstor und der dort beginnenden Fußgängerzone. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben jeweils eidesstattliche Versicherungen zur Glaubhaftmachung des Ablaufs der Gehsteigberatung vorgelegt.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des zwischenzeitlich eingelegten Widerspruchs gegen den angefochtenen Bescheid ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs unter Nr. II. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 16.02.2011 genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsgegnerin hat insoweit darauf abgestellt, dass für den Fall der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die seelische Not der ratsuchenden Personen durch Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte unzulässig erhöht werde und sich die von den Vereinsmitgliedern ausgehenden Belästigungen und Ordnungsstörungen bis zum Ende eines eventuellen Rechtsbehelfsverfahrens wiederholen könnten. Diese keineswegs formelhafte Begründung ist formalrechtlich nicht zu beanstanden. Mit ihr hat die Antragsgegnerin die Gründe angegeben, die nach ihrer Ansicht im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers einräumen. Ob diese Erwägungen tatsächlich ausreichen, um die Anordnung des Sofortvollzugs materiell-rechtlich zu rechtfertigen, ist für die Einhaltung des formellen Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht von Bedeutung.
2. Die beschließende Kammer ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage der Auffassung, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung das Interesse des Antragstellers überwiegt, vorläufig weiter „Gehsteigberatungen“ in der ... Straße in Freiburg durchführen zu dürfen, da der angefochtene Bescheid voraussichtlich rechtmäßig sein dürfte und den Antragsteller somit wohl nicht in seinen Rechten verletzt.
2.1 Die Kammer versteht die angefochtene Untersagungsverfügung (Nr. I im Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.02.2011) dahingehend, dass mit ihr neben der persönlichen Ansprache auf eine Schwangerschaftskonfliktsituation nur das unaufgeforderte und gezieltindividuelle Vorzeigen (Hinhalten) und Überreichen von Broschüren, Bildern und Gegenständen untersagt wird. Die Antragsgegnerin beschreibt dieses Verhalten anknüpfend an die von dem Antragsteller verfolgten Satzungszwecke zusammenfassend als „Gehsteigberatung“ (vgl. § 2 Nr. 2 der Vereinssatzung). Allgemein gehaltene Formen der Meinungsäußerung (z.B. Mahnwachen, Gebetsvigilien, Hochhalten von Transparenten und Spruchbändern) dürften von der Untersagungsverfügung nicht erfasst sein. Denn der angefochtene Bescheid verbietet - was im Hinblick auf die Meinungsfreiheit des Antragstellers und seiner Mitglieder rechtlich auch geboten sein dürfte (vgl. unten 2.3) - nur die individualisierte, gezielte („beratende“) Ansprache von bewusst ausgesuchten „Zielpersonen“, lässt aber „ungezielte“, an die Allgemeinheit gerichtete Formen der Meinungskundgabe weiterhin zu. Hierauf deutet neben dem Verfügungssatz (Tenor) des Bescheids auch dessen Begründung hin, die sich - was im Hinblick auf den zu regelnden Sachverhalt völlig zutreffend ist - allein mit der persönlichkeitsrechtsrelevanten Gehsteigberatung befasst. Soweit in der örtlichen Presse teilweise davon die Rede gewesen ist, das Amt für öffentliche Ordnung habe eine „Bannmeile“ über den Antragsteller und die von ihm beauftragten Personen verhängt (vgl. etwa Badische Zeitung vom 21.02.2011: „Abtreibungsgegner müssen sich von Pro Familia fernhalten“), findet dies in der angefochtenen Verfügung ebenso wenig eine Entsprechung wie die Auslegung der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung, wonach (nur) „der schlichte Aufenthalt in der ... Straße prinzipiell weiterhin möglich bleibe“.
2.2 So verstanden dürfte die angefochtene Untersagungsverfügung ihre Rechtsgrundlage voraussichtlich in der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) finden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG hat die Polizei die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Die Polizei hat hierbei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtmäßigem Ermessen erforderlich erscheinen (§ 3 PolG).
a) Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel ist im vorliegenden Verfahren voraussichtlich nicht durch vorrangige Vorschriften des Straßenrechts gesperrt. Denn die von der Antragsgegnerin untersagte „Gehsteigberatung“ dürfte straßenrechtlich noch als Gemeingebrauch und nicht als Sondernutzung anzusehen sein (vgl. zu entsprechenden Formen des „politischen Meinungskampfes“ näher BVerfG [Kammer], Beschluss vom 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 -, NVwZ 1992, 53; BVerwG, Urteil vom 07.06.1978 - 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63 [67 f.]), zumal ihre Erscheinungsformen nicht der erwerbswirtschaftlichen Nutzung des Straßenraums dienen und damit als noch dem „kommunikativen Verkehr“ zugehörig einzustufen sind (vgl. zur Abgrenzung im Einzelnen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.07.1996 - 5 S 472/96 -, VBlBW 1997, 64; Sauthoff, NVwZ 1990, 223 [225]; Schnebelt/Sigel, Straßenrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. <2004>, RdNrn. 287 ff.; Lorenz/Will, Straßengesetz Baden-Württemberg, 2. Aufl. <2005>, § 13 RdNrn. 22 ff.). Daher bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Regelungen des Straßengesetzes im Sachbereich der erlaubnisfähigen Sondernutzung eine Sperrwirkung gegenüber allgemein-polizeirechtlichen Regelungen entfalten (vgl. dazu Schnebelt/Sigel, a.a.O., RdNr. 255; s. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.1986 - 1 S 2448/85 -, ESVGH 36, 293).
b) Die beschließende Kammer geht für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ferner davon aus, dass die Antragsgegnerin auch unter Berücksichtigung der Subsidiaritätsklausel nicht an einem Einschreiten gegen den Antragsteller gehindert ist. Zwar erfolgt der Schutz privater Rechte durch die Polizei nach dem Polizeigesetz nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 2 Abs. 2 PolG). Der im Streit stehenden Untersagungsverfügung dürfte die Subsidiaritätsklausel aber wohl nicht entgegen stehen.
Allerdings muss am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sanktioniert sind, nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen, soweit nicht aus anderen Gründen die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht. Das danach grundsätzlich erforderliche öffentliche Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG [Senat], Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 [121 f.]; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 -, NVwZ-RR 2008, 700). Der Schutz privater Rechte durch die Polizei soll mithin grundsätzlich nur dann und nur solange erfolgen, wie Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten nicht rechtzeitig zu erlangen ist. Freilich beschreibt dieser Grundsatz die Rechtslage nur bezogen auf die vereinzelt bleibende Persönlichkeitsrechtsverletzung. Für den hier in Rede stehenden Sachverhalt, bei dem sich die Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung ständig wiederkehrend an immer neuen Grundrechtsträgern vollzieht, dürfte die Subsidiaritätsklausel ein Einschreiten der Polizei kaum hindern. Denn zum einen können die betroffenen Frauen wohl gar keinen Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten (mehr) erlangen, da es insoweit - gerade wegen der Einmaligkeit der Rechtsgutbeeinträchtigung - am Rechtsschutzinteresse fehlen dürfte. Zum anderen dürften jedenfalls Einschränkungen des Antragserfordernisses des § 2 Abs. 2 PolG geboten sein, weil der Beratung suchenden Frau andernfalls der Verzicht auf ihre Anonymität abverlangt würde, die ihr gegenüber der beratenden Person durch das Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz - SchKG) aber gerade gesetzlich gewährleistet ist (§ 6 Abs. 2 SchKG). Dem Anliegen des Gesetzgebers, die Schwangerschaftskonfliktberatung auch durch äußere Rahmenbedingungen normativinstitutionell abzusichern, dürfte kaum hinreichend Rechnung getragen sein, wollte man fordern, dass die Beratung suchende schwangere Frau verpflichtet wäre, den Umstand der Wahrnehmung eines Beratungsgesprächs bei einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle und die in diesem Zusammenhang erfolgte Ansprache durch vom Antragsteller beauftragte Personen auf der Straße gegenüber dem Amt für öffentliche Ordnung zu offenbaren, während ihr diese Offenbarungspflicht sogar im vertraulichen Beratungsgespräch nicht angesonnen wird.
10 
Diese Fragen bedürfen im Widerspruchsverfahren jedoch voraussichtlich keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG dürfte jedenfalls dann keine das Einschreiten der Polizei hindernde Sperrwirkung haben, wenn die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts selbst öffentlich-rechtlich relevant sind, wie dies etwa der Fall ist, wenn - wie hier - die Individualgüter einer unbestimmten Vielzahl von Personen bedroht werden (vgl. statt vieler: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. <2007>, RdNr. 56) oder aber die inkriminierte Handlung als Grundrechtsverletzung anzusehen ist, der der Staat nicht tatenlos (und fortgesetzt) zuzuschauen braucht (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 PolG). Dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der schwangeren Frauen durch die Gehsteigberatung bedroht wird, ist durch die eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers von ..., zweier Mitarbeiterinnen und der Leiterin der Beratungsstelle Freiburg belegt; diese - für die beschließende Kammer plausiblen - eidesstaatlichen Versicherungen bilden jedenfalls für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine hinreichend tragfähige Grundlage. Die eidesstattliche Versicherung der Gehsteigberaterin ... ist zum einen durch deren E-Mail vom 29.07.2010 (Bl. 135 d.A.) weitgehend entkräftet, zum anderen steht sie der Annahme des mit einer gewissen Regelhaftigkeit bedrohten Persönlichkeitsrechts nicht entgegen. Denn schon die - zwischen den Beteiligten unstreitige und dem in der Zeitschrift Lebensforum (Heft 80, S. 9) dargestellten „Ansprachekonzept“ entsprechende - gezielte Ansprache von (vermeintlich) schwangeren Frauen auf eine denkbare Konfliktsituation ist geeignet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen zu bedrohen; es löst, zumal flankiert durch bildliche Darstellungen und eine gewisse Intensität der Gesprächsführung in einer seelisch ohnehin belastenden Situation, jedenfalls subjektiv einen Erklärungs- oder Rechtfertigungsbedarf der schwangeren Frau aus. Dieser Umstand des mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und Regelhaftigkeit bedrohten allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei einer Vielzahl von Frauen dürfte für die kompetenzielle Frage der Befugnis zum Einschreiten ausreichen. Auf die zwischen den Beteiligten ebenfalls - und vor allem - streitige (und nachstehend zu klärende) Frage, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die Meinungsfreiheit des Antragstellers oder der von ihm beauftragten Personen gerechtfertigt ist, kommt es im Hinblick auf die Kompetenznorm wohl nicht an.
11 
Nach dem Vorstehenden bedarf daher voraussichtlich auch die Frage keiner Entscheidung, ob das normative Beratungskonzept, mit dem der Staat seiner grundrechtlichen Schutzpflicht zugunsten des ungeborenen Lebens Rechnung tragen will (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 28.05.1993 - 2 BvF 2/90 u.a. -, BVerfGE 88, 203) und das insoweit jedenfalls auch öffentlich-rechtlichen Gehalt hat (vgl. BVerfG [Senat], ebenda, RdNr. 242: Beratung als Aufgabe des Staates ), bereits für sich allein gesehen ein Eingreifen der Antragsgegnerin - gleichsam zur institutionellen Absicherung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach den §§ 5 ff. SchKG - rechtfertigen kann. Dieser Frage wird möglicherweise in einem gegebenenfalls durchzuführenden Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein; für das vorläufige Rechtsschutzverfahren kommt es hierauf aus den oben geschilderten Gründen nicht entscheidungserheblich an.
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2.3 Mit der Antragsgegnerin geht die beschließende Kammer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon aus, dass das von der Untersagungsverfügung erfasste Verhalten des Antragstellers und der von ihm beauftragten Personen eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Denn die „Gehsteigberatung“ führt voraussichtlich mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen Frauen.
13 
a) Das Grundgesetz gewährleistet dem einzelnen Bürger einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt generell entzogen ist (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 16.01.1957 - 1 BvR 253/56 -, BVerfGE 6, 32 [41]; Urteil vom 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98 u.a. -, BVerfGE 109, 279 = NJW 2004, 999; vgl. hierzu jüngst auch Beschluss der Kammer vom 29.12.2010 - 4 K 2629/10 -, BA S. 7 ff.). Dieses abwägungsresistente Recht auf Achtung der Intimsphäre hat seine (unverbrüchliche) Grundlage in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Daneben - und darum geht es hier - statuiert das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein dortselbst verankertes Recht des Einzelnen auf Wahrung seiner Privatsphäre, das seine Entsprechung als grundlegendes Menschenrecht auch in Art. 8 Abs. 1 EMRK findet. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht hat eine räumliche und thematische Ausprägung und schützt überdies die Gedanken- und Gefühlswelt eines Menschen als „psychischen Innenbereich“ (vgl. etwa BVerfG [Senat], Beschluss vom 24.06.1993 - 1 BvR 689/92 -, BVerfGE 89, 69 [82 f.]; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 2 Abs. 1 RdNrn. 149 und 150). Der Schutz ist umso intensiver, je näher der Sachbereich der Intimsphäre des Betroffenen steht. Umstände der engeren privaten Lebensführung, deren öffentliche Erörterung gemeinhin als peinlich oder unschicklich empfunden wird, genießen naturgemäß einen höheren Schutz als gewöhnliche oder gar banale Vorgänge der äußeren Lebensführung. Auch wenn die Grundrechte primär in ihrer abwehrrechtlichen Dimension Schutz gegen und vor dem Staat statuieren, wirken sie mittelbar über Generalklauseln auch auf die Beziehungen der Grundrechtsberechtigten untereinander (vgl. speziell zum Ansprechen in der Öffentlichkeit zu Werbezwecken: BGH, Urteil vom 01.04.2004 - I ZR 227/01 -, NJW 2004, 593; Urteil vom 09.09.2004 - I ZR 93/02 -, NJW 2005, 1050; OLG Bremen, Beschluss vom 22.07.2005 - 2 W 54/2005 -, juris RdNr. 3). Deshalb kann zur Bestimmung des Schutzniveaus der Privatsphäre im konkreten Fall auch bei Beeinträchtigungen durch private Dritte - wie hier - zwanglos auf die für Eingriffe des Staates entwickelten Abstufungen zurückgegriffen werden, die ihre Entsprechung im Übrigen auch in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu § 823 BGB gefunden haben (vgl. statt Vieler: Rixecker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. <2006>, Band 1, Anhang zu § 12 RdNrn. 84 ff. m.w.N.). Danach dürfte für die hier im Streit stehende Gehsteigberatung ein relativ hoher Schutz der von der Ansprache betroffenen schwangeren Frauen zugrunde zu legen sein. Der Umstand einer Schwangerschaft ist zweifellos dem höchstpersönlichen Bereich der schwangeren Frau zuzuordnen. Gerade für das erste Schwangerschaftsdrittel besteht aus mannigfaltigen, hier nicht im Einzelnen darzustellenden Gründen ein relativ stark ausgeprägter gesellschaftlicher Konsens, dass das Wissen um die Schwangerschaft zunächst im engeren und engsten persönlichen Kreis verbleibt. Die Ansprache durch unbekannte Dritte auf der Straße auf eine etwa bestehende Schwangerschaft ist unüblich und dürfte zudem - gemessen an den sonst obwaltenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten - ein nicht unbeträchtliches Maß an Distanzlosigkeit erfordern, wobei auf Fragen der Höflichkeit und des Anstands an dieser Stelle nicht weiter einzugehen ist. Das schon für sich gesehen weitgehende Eindringen in die Privatsphäre wird noch verstärkt, wenn der Ansprache auf eine bestehende Schwangerschaft eine solche auf eine etwa bestehende Schwangerschaftskonfliktsituation folgt. Hierbei kommt der Fragende dem innersten Bereich der Gefühls- und Gedankenwelt des Befragten so nahe, dass für die Frage der Eingriffsrechtfertigung ein sehr hohes Schutzniveau für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zugrunde zu legen ist (vgl. so auch zur medizinisch-psychologischen Untersuchung: BVerfG [Senat], Beschluss vom 24.06.1993 - 1 BvR 689/92 -, BVerfGE 89, 69 [82 f.]). Die Schwangere wird gerade im Kontext mit einem unmittelbar bevorstehenden bzw. gerade beendeten Schwangerschaftskonfliktberatungsgespräch in einem überaus verletzbaren seelischen Zustand getroffen, der bereits die Abwehr eines weiteren Eindringens in die eigene Privatsphäre zu einer Herausforderung werden lässt, zumal dann, wenn die Nachfragen mit einem bestimmten „Meinungsprogramm“ verbunden sind. Nicht umsonst hat der Gesetzgeber - der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgend (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 28.05.1993, a.a.O., RdNrn. 226 ff.) - in §§ 5 ff. SchKG besondere Sicherungen für das Konfliktberatungsgespräch vorgesehen, die nicht zuletzt auch dem Schutz der innersten Gefühls- und Gedankenwelt der Schwangeren und ihrer freien Willensbildung dienen. Auch dieser normativen Ausgestaltung entnimmt die beschließende Kammer, dass bei den hier in Rede stehenden Situationen - übrigens vor allem im Interesse des ungeborenen Lebens - von einem sehr hohen Schutzniveau des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszugehen ist.
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b) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährt. Es reicht nur so weit, als nicht „Rechte anderer“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG oder die verfassungsmäßige Ordnung Einschränkungen des Persönlichkeitsrechts gebieten. Dieser Umstand folgt der Erkenntnis, dass der gemeinschaftsbezogene und gemeinschaftsgebundene Bürger unter Beachtung des Übermaßverbots solche Maßnahmen hinnehmen muss, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit oder im Blick auf (grund-)rechtliche Freiheiten Dritter vorrangig sind. Hiervon geht die beschließende Kammer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes indes nicht aus. Namentlich dürfte es die Meinungsfreiheit nicht gebieten, den inkriminierten Verhaltensweisen den Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen einzuräumen.
15 
Allerdings ist der personelle Schutzbereich der durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Meinungsfreiheit zugunsten des Antragstellers - einer juristischen Person des Privatrechts - eröffnet (vgl. BVerfG [Senat], Beschluss vom 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88 -, BVerfGE 85, 1 [11 ff.]; Beschluss vom 13.02.1996 - 1 BvR 262/91 -, BVerfGE 94, 1 [7 ff.]; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, Band 1, Art. 5 RdNr. 116) und die von der Verfügung erfassten Äußerungen und Verhaltensweisen können auch in sachlicher Hinsicht den Schutz der Meinungsfreiheit beanspruchen. Denn Art. 5 Abs. 1 GG umfasst in seiner Ausprägung als Meinungsäußerungs und -verbreitungsfreiheit jede Art und Weise der Äußerung, das (fragende und behauptende) Ansprechen ebenso wie die Äußerung in Bild und Schrift sowie Tätigkeiten, die als Mittel des geistigen Meinungskampfes die Wirkung der Äußerung verstärken sollen, und damit sämtliche der hier im Streit stehenden Verhaltensweisen (vgl. zur sog. Gehsteigberatung auch: BVerfG [Kammer], Beschluss vom 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 -, NJW 2011, 47; vgl. näher zum Schutzbereich: Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Band 1, Art. 5 RdNrn. 49 ff. m.w.N.). Die beschließende Kammer misst der Meinungsfreiheit des Antragstellers auch ein bedeutendes Gewicht bei. Das Recht, eine Meinung äußern zu dürfen, ist Teil des in der Menschenwürde wurzelnden elementaren Rechts auf Denkfreiheit und damit in einem gewissen Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt (vgl. BVerfG [Senat], Urteil vom 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198 [208]). Ungeachtet ihrer Ausprägung als privat-individuelles Entfaltungsrecht ist die Meinungsfreiheit auch für den Prozess politischer Öffentlichkeit im demokratischen Verfassungsstaat von schlechthin grundlegender Bedeutung (vgl. wiederum Schulze-Fielitz, in: Dreier, a.a.O., RdNr. 40). Denn das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der das Lebenselement des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats ist (so schon BVerfG [Senat], Urteil vom 17.08.1956 - 1 BvB 2/51 -, BVerfGE 5, 85 [205]). Als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft ist es eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (BVerfG [Senat], Urteil vom 15.01.1958, a.a.O.). Im Blick auf ihre konstituierende Funktion ist besonders die Mindermeinung, die für falsch gehaltene Auffassung, das Anders-Denken von Bedeutung. Nur die freie öffentliche Diskussion über Gegenstände von allgemeiner Bedeutung, zu denen die Debatte um den Schutz des ungeborenen Lebens zweifelsohne zu rechnen ist, sichert die freie Bildung der öffentlichen Meinung, die sich im freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat notwendig pluralistisch im Widerstreit verschiedener und aus verschiedenen Motiven vertretener, aber jedenfalls in Freiheit vorgetragener Auffassungen vollzieht (anschaulich Herzog, in: Maunz/Dürig, a.a.O., RdNr. 10). Insoweit sind dem gesellschaftspolitischen „Mainstream“ widersprechende, im Wortsinne „anstößige“ Meinungsäußerungen von besonderem Wert.
16 
Die Meinungsfreiheit umfasst - das liegt gerade in ihrem soeben dargestellten Zweck begründet - auch das Recht, selbst zu bestimmen, wo und wann die Meinungskundgabe erfolgt, zumal an Orten, an denen ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (vgl. nur Hoffmann-Riem, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz, Art. 5 I, II RdNr. 26). Denn der öffentliche Straßenraum ist das natürliche und geschichtlich leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die Öffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können (so jüngst im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit: BVerfG [Senat], Urteil vom 23.11.2010 - 1 BvR 699/06 - RdNr. 67). Auch die Auswahl des Meinungsadressaten obliegt prinzipiell dem Meinenden. Er bestimmt, wen er mit seiner Meinungsäußerung konfrontieren will. Der von der Meinungskundgabe thematisch Betroffene muss die Meinung grundsätzlich ebenso „aushalten“ wie der Meinungslose und der Desinteressierte, wobei Kehrseite der Meinungsäußerungsfreiheit die selbstverständliche Freiheit des Einzelnen ist, von Meinungen anderer verschont zu bleiben und ihr auszuweichen.
17 
Auch die Meinungsfreiheit gilt freilich nicht vorbehaltlos; sie findet ihre Schranken vielmehr ihrerseits in den allgemeinen Gesetzen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG, zu denen auch die polizeiliche Generalklausel rechnen kann (vgl. hierzu Schulze-Fielitz, in: Dreier, a.a.O., Art. 5 RdNr. 196; offen: BVerwG, Urteil vom 21.12.1954 - I C 14.53 -, BVerwGE 1, 303 [307]), und in verfassungsimmanenten Beschränkungen. Kollidiert die Meinung wie hier mit verfassungskräftigen Rechten Dritter, ist beiden Grundrechten - gleichsam wechselwirkend - im Wege praktischer Konkordanz zu jeweils bestmöglicher Wirkung und Geltung zu verhelfen (vgl. nur BVerfG [Senat], Urteil vom 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198 [210]; stRspr.).
18 
c) Dies berücksichtigend dürfte die Untersagungsverfügung in ihrer von der Kammer vorgenommenen Auslegung im Widerspruchsverfahren voraussichtlich Bestand haben. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass es nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, bestimmte Formen von Protestaktionen der Abtreibungsgegner zu verbieten, wenn Rechte Dritter dies erfordern. Denn Art. 5 Abs. 1 GG schützt zwar das Äußern von Meinungen, nicht aber Tätigkeiten, mit denen beispielsweise anderen eine Meinung aufgedrängt werden soll und die die betroffenen Frauen gleichsam einem Spießrutenlauf aussetzen (so BVerfG [Kammer], Beschluss vom 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06 -, NJW 2011, 47). Es mag sein, dass sich die vom Antragsteller praktizierte „Gehsteigberatung“ nicht notwendig als Spießrutenlauf für die schwangeren Frauen darstellen muss. Hierauf deuten namentlich die eidesstattlichen Versicherungen von Frau ... und Frau ... hin, deren Überzeugungskraft in einem sich möglicherweise anschließenden Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein wird. Für einen „Spießrutenlauf psychischer Art“ könnte allerdings die von Frau ... verfasste und von der Antragsgegnerin vorgelegte E-Mail vom 29.07.2010 sprechen, die die psychische Notlage der schwangeren Frau („...“) handgreiflich werden lässt und das Erfordernis fachkundiger und geschulter Beratung deutlich sichtbar macht. Auch die von der Antragsgegnerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sprechen dafür, dass die „Gehsteigberatung“ von den schwangeren Frauen mit einer gewissen Regelmäßigkeit als bedrängend und belästigend empfunden wird. Allerdings dürfte der vom Bundesverfassungsgericht angeführte Spießrutenlauf nicht die unterste Grenze für ein Einschreiten der Antragsgegnerin markieren. Denn anders als im dort - zum Protest vor einer Abtreibungsklinik - entschiedenen Fall geht es hier auch um den Schutz des gesetzlichen Beratungskonzepts, das einerseits nicht zuletzt im Interesse des ungeborenen Lebens einen höheren Schutz des Persönlichkeitsrechts nahelegt, andererseits gewisse Einschränkungen des Meinungskampfes noch als hinnehmbar erscheinen lässt. Denn der Gesetzgeber handelt mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz in Erfüllung der grundrechtlichen Schutzpflicht. Dies lässt es gerechtfertigt erscheinen, die Konfliktberatung gegen den Meinungskampf stärker abzusichern, als es nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar vor einem Schwangerschaftsabbruch gerechtfertigt zu sein scheint. Bei der Herstellung der praktischen Konkordanz der widerstreitenden Grundrechte ist für die Kammer von ausschlaggebender Bedeutung, dass die „Gehsteigberatung“ überall im Stadtgebiet mit Ausnahme der ... Straße zulässig bleibt und auch dort die Meinungsäußerungsfreiheit des Antragstellers und der von ihm beauftragten Personen nicht gänzlich eingeschränkt ist. Bei zutreffendem Verständnis der angefochtenen Verfügung bleiben allgemein gehaltene Formen des Protests und der Meinungskundgabe gegen Schwangerschaftsabbrüche vielmehr auch in der ... Straße weiterhin möglich (vgl. näher oben 2.1). Die Kammer hat darüber hinaus in Erwägung gezogen, ob aus Gründen der Angemessenheit weitere, insbesondere räumliche Einschränkungen der angefochtenen Verfügungen geboten sein könnten. Jedoch ist die ... Straße mit nur 70 m Länge ohnehin relativ kurz und es erscheint bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage - auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit und die Vollstreckbarkeit der Verfügung - nicht angezeigt, den von der „Gehsteigberatung“ ausgeschlossenen Bereich räumlich noch enger zu fassen. Die Kammer hat ferner erwogen, ob Art. 5 Abs. 1 GG es gebieten könnte, eine Ansprache durch die vom Antragsteller beauftragten Personen jedenfalls nach Durchführung des Schwangerschaftskonfliktgesprächs - bei Verlassen der Beratungsstelle - zuzulassen. Auch insoweit dürfte aber der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch überwiegen. Für die beschließende Kammer ist insoweit gerade das in §§ 5 ff. SchKG einfachrechtlich ausgestaltete Beratungskonzept von Bedeutung, das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht einen gewissen vor- und nachwirkenden Schutz für sich in Anspruch nehmen kann. Denn die gesetzlich ausgestaltete Schwangerschaftskonfliktberatung, die gerade dem auch vom Antragsteller bezweckten Schutz des ungeborenen Lebens zu dienen bestimmt ist, soll dem Recht auf Selbstbestimmung der schwangeren Frau - einer besonderen Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - Rechnung tragen. Mit diesem Konzept zielorientierter, aber doch ergebnisoffener Beratung (vgl. § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 4 SchKG) verträgt sich die „Gehsteigberatung“ in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang nicht. Denn das Bundesverfassungsgericht knüpft an das Beratungsgespräch strenge inhaltliche, organisatorische und personelle Voraussetzungen (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerfG [Senat], Urteil vom 28.05.1993, a.a.O. RdNrn. 226 ff.). Weder die sich lediglich an der im Beratungsgespräch vorgetragenen Interessenlage der schwangeren Frau orientierende Beratung wird dem Auftrag der Beratung gerecht noch die auf die Erzeugung von Schuldgefühlen zielende und in dieser Weise belehrende Einflussnahme, die die Bereitschaft der Frau behindert, sich der Beratung zu öffnen und sich ihren Zwiespalt bewusst zu machen. Denn mit der manipulativen und indoktrinierenden Beratung wird weder dem Selbstbestimmungsrecht der Frau noch dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes hinreichend Rechnung getragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O., RdNrn. 230 f.), auf der das Beratungskonzept des Schwangerschaftskonfliktgesetzes gründet (vgl. BT-Drs. 13/1850 S. 20), soll die Beratung vielmehr ermutigen, nicht einschüchtern. Sie soll Verständnis wecken, nicht belehren, und die Verantwortung der Frau stärken, nicht sie bevormunden (vgl. hierzu auch die Broschüre „Schwangerschaftsberatung“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend). Das stellt hohe Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Beratung und an die persönliche und fachliche Kompetenz der Personen, die sie durchführen. Nicht zuletzt aus diesem Grund bedarf die Beratungsstelle der staatlichen Anerkennung (§ 9 SchKG); sie unterliegt der regelmäßigen Überprüfung und muss bestimmte Rechenschafts- und Informationspflichten erfüllen (§ 10 SchKG). Die vom Antragsteller angebotene „Gehsteigberatung“ gerät - was die Beratung der schwangeren Frauen angeht - mit diesem ausdifferenzierten Konzept des Gesetzgebers beinahe notwendig in Konflikt. Die „Gehsteigberatung“ kann schon den Rahmen des vertraulichen Ortes nicht gewährleisten und die Anonymität der Schwangeren nicht absichern; die persönliche und fachliche Kompetenz der beratenden Personen ist nicht gewährleistet und es fehlt an der Ergebnisoffenheit der Beratung. Deshalb nimmt der Antragsteller zu Recht nicht den Schutz des Schwangerschaftskonfliktgesetzes für sich in Anspruch. Das nämliche Gesetz und das in ihm enthaltene ausdifferenzierte Beratungskonzept erzeugen aber zugleich Rückwirkungen auf die Durchsetzungsmacht der Meinungsäußerungsfreiheit des Antragstellers: Denn das normative Beratungskonzept kann - soll es wirksam und dem Schutz des ungeborenen Lebens dienlich sein - auch unter Berücksichtigung des hohen Schutzniveaus des Art. 5 Abs. 1 GG nicht dadurch konterkariert werden, dass sogleich nach dem Verlassen der Beratungsstelle auf dem Gehsteig eine ungefragte Ansprache durch hierfür nicht hinreichend geschulte Personen erfolgt, die in Kenntnis der seelischen Anfälligkeit und Verletzbarkeit der Schwangeren ein nicht den gesetzlichen Grundsätzen entsprechendes, inhaltlich einseitiges Gespräch an die Stelle des gesetzlichen Beratungskonzepts zu setzen versuchen. Diese Form der Meinungskundgabe kann nach Auffassung der beschließenden Kammer - wie es hier geschehen ist - nicht zuletzt wegen ihrer situativ bedrängend wirkenden Einmischung in einen sehr persönlichen Lebensbereich in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle untersagt werden.
19 
2.4 Ob die Gehsteigberatung auch gegen die öffentliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 1 PolG verstößt, kann nach dem Vorstehenden jedenfalls für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen bleiben (vgl. hierzu noch recht weitgehend: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.09.2001 - 1 S 2842/99 - UA S. 8), dürfte aber nicht zuletzt wegen der Pluralität der gesellschaftlichen Anschauungen eher fraglich erscheinen (vgl. hierzu auch Schenke, a.a.O., RdNr. 63 f.).
20 
3. Das besondere Vollziehungsinteresse für die angefochtene Untersagungsverfügung ergibt sich aus dem Umstand, dass sich diese im Hauptsacheverfahren nach derzeitiger Einschätzung der Kammer voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und es bei dieser Sachlage nicht vertretbar erscheint, den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen schwangeren Frauen bis zum Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft der Verfügung zurücktreten zu lassen. Die Kammer macht sich insoweit die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid zu eigen (dort S. 5) und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO Bezug.
21 
4. Nach dem Vorstehenden erweist sich schließlich auch die Zwangsgeldandrohung in dem angefochtenen Bescheid (Verfügung Nr. III) als voraussichtlich rechtmäßig. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, namentlich dürfte das Zwangsgeld das geeignete Zwangsmittel sein, das wohl auch im Hinblick auf die angedrohte Höhe nicht zu beanstanden sein dürfte. Auch der Antragsteller hat hierfür nichts vorgebracht.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.

(1) Die nach § 219 des Strafgesetzbuches notwendige Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens.

(2) Die Beratung umfaßt:

1.
das Eintreten in eine Konfliktberatung; dazu wird erwartet, daß die schwangere Frau der sie beratenden Person die Gründe mitteilt, derentwegen sie einen Abbruch der Schwangerschaft erwägt; der Beratungscharakter schließt aus, daß die Gesprächs- und Mitwirkungsbereitschaft der schwangeren Frau erzwungen wird;
2.
jede nach Sachlage erforderliche medizinische, soziale und juristische Information, die Darlegung der Rechtsansprüche von Mutter und Kind und der möglichen praktischen Hilfen, insbesondere solcher, die die Fortsetzung der Schwangerschaft und die Lage von Mutter und Kind erleichtern;
3.
das Angebot, die schwangere Frau bei der Geltendmachung von Ansprüchen, bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind und bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung zu unterstützen, sowie das Angebot einer Nachbetreuung.
Die Beratung unterrichtet auf Wunsch der Schwangeren auch über Möglichkeiten, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - ist insoweit unwirksam.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 4/5, der Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beschlagnahme eines Films rechtswidrig war.
Am 29.06.2005 hielt sich der Kläger im Lesesaal der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe auf. Dort fotografierte er ohne deren Einwilligung eine andere Bibliotheksnutzerin, Frau ..., die ihm seiner Ansicht nach den von ihm benutzten Arbeitsplatz streitig gemacht hatte. Der Aufforderung von Frau ..., den Film herauszugeben, kam der Kläger nicht nach. Der hinzu gerufene Polizeivollzugsdienst verbrachte den Kläger zum Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz, wo der Film beschlagnahmt und in Verwahrung genommen wurde. In der dem Kläger ausgehändigten Beschlagnahmeverfügung wird als Grund für die Beschlagnahme angegeben „Schutz privater Rechte (KUG)“. Im Vermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe - Polizeirevier Marktplatz - vom 09.08.2005 wird ausgeführt, dass weder strafrechtliche noch ordnungswidrigkeitenrechtliche Vorschriften verletzt worden seien; es seien ausschließlich die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu schützen gewesen. Diese sei angewiesen worden, sich unverzüglich an das Amtsgericht Karlsruhe zu wenden, um dort eine Entscheidung über den Verbleib des Films zu erwirken.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2005 erhob Frau ... vor dem Amtsgericht Karlsruhe Klage gegen den Kläger und begehrte die Herausgabe des Films, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nachdem das Amtsgericht den zugleich gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 20.09.2005 abgelehnt hatte, verfolgte Frau ... die Klage nicht weiter.
Mit seinem am 29.07.2005 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass eine nach § 22 KUG allein verbotene Veröffentlichung oder Verbreitung des Bildes nicht zu befürchten sei. Eine andere Vorschrift, die das Fotografieren von Personen hindere, sei nicht ersichtlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2005 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Beschlagnahme sei auf Antrag der Besucherin der Landesbibliothek erfolgt, um das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, das bereits durch das Herstellen eines Bildes berührt sei, zu schützen. Von einer missbräuchlichen Verwendung der Bilder durch den Kläger sei auszugehen. Die Beschlagnahme habe als vorläufige Sicherungsmaßnahme der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gedient. Die gefertigten Bilder würden bis zu einer gerichtlichen Entscheidung beim Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz verwahrt.
Der Kläger hat hiergegen zunächst Anfechtungsklage erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, dass er Frau ... zum Zwecke der Identifizierung fotografiert habe. Sie habe ihn als „devil“ bezeichnet. Auch habe der Verdacht bestanden, dass sie an den gegen ihn gerichteten Giftangriffen beteiligt gewesen sei; denn er habe den Platz am Fenster bewusst gewählt, nachdem in der Bibliothek verschiedentlich an anderen Stellen Giftstoffe emittiert worden seien. Aus der Entscheidung des Amtsgerichts ergebe sich, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben gewesen sei; eine Beschlagnahme dürfe aber nicht an Stelle einer unzulässigen zivilrechtlichen einstweiligen Verfügung erfolgen. Nach einem gerichtlichen Hinweis, dass die Beschlagnahme zwischenzeitlich nach Ablauf der sechsmonatigen Höchstdauer gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG automatisch außer Kraft getreten sei, hat der Beklagte mitgeteilt, dass der beschlagnahmte Film der Stadt Karlsruhe zugeleitet worden sei, die allerdings eine Einziehung nicht verfügt habe. Der Kläger hat daraufhin u.a. auf eine Wiederholungsgefahr und eine diskriminierende Wirkung der polizeilichen Maßnahme verwiesen. Darüber hinaus hat er ausgeführt, dass er bei der Einsicht in die Gerichtsakten im Verwaltungsgericht mit Giftgasen angegriffen worden sei.
Mit Urteil vom 02.04.2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage, mit der nunmehr sachdienlich ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren verfolgt werde, abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Aufgrund der Umstände der Beschlagnahme - heftige verbale Dispute in der Bibliothek und die anschließende Verbringung des Klägers auf das Polizeirevier - bestehe ein Rehabilitationsinteresse des Klägers. Die Klage sei aber nicht begründet. Die Beschlagnahme sei rechtmäßig gewesen. Aufgrund der Gesamtumstände des Lebenssachverhalts habe jedenfalls die Anscheinsgefahr bestanden, dass der Kläger die von ihm angefertigten Fotos zur Begehung von Rechtsverstößen habe verwenden wollen. Die Polizei habe aufgrund des Verhaltens des Klägers und seiner Einlassungen bei verständiger Würdigung des Falles davon ausgehen dürfen, dass der Kläger bei Nichtbeschlagnahme der Bilder gegen § 240 oder § 164 StGB verstoßen werde. Die Beschlagnahme sei insoweit auch für die volle Dauer von 6 Monaten erforderlich gewesen, da der Kläger auch über diese Frist hinaus die Verdächtigungen gegenüber der fotografierten Frau aufrechterhalten habe. Unbeachtlich sei, dass in der Beschlagnahmeverfügung und im Widerspruchsbescheid auf eine andere Begründung abgestellt worden sei.
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 12.12.2007 - 1 S 1146/07 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung teilweise für erledigt erklärt haben, nunmehr vor: Für die Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahmeverfügung komme es allein darauf an, ob die zum Zeitpunkt der Beschlagnahme angenommenen Gründe die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage erfüllten. Der handelnde Beamte habe indessen zu Unrecht angenommen, dass ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz vorliege. Rechtswidrig wäre die Beschlagnahme aber auch dann, wenn auf das erst im Widerspruchsbescheid herangezogene allgemeine Persönlichkeitsrecht abgestellt würde. Es sei bereits zweifelhaft, ob es bei einer Aufnahme außerhalb des Bereichs der geschützten Privatsphäre überhaupt tangiert sei. Jedenfalls stehe der Beschlagnahme die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG entgegen. Er habe nämlich keine Anstalten gemacht, weitere Fotos zu machen. Im Übrigen könne allein die Tatsache, dass die Durchsetzung privater Rechte über die Gerichte stets schwieriger sei als die Vollstreckung durch einen Hoheitsträger, das Eingreifen der Polizei nicht rechtfertigen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Verstöße gegen die Strafgesetze unmittelbar bevorgestanden hätten, sei völlig aus der Luft gegriffen. Im Übrigen führe eine solche Auswechslung der Begründung entweder zum unzulässigen Verlust der Wesensidentität des Verwaltungsakts oder mache diesen zumindest ermessensfehlerhaft. Denn ohne Kenntnis des zu schützenden Rechtsguts habe der Polizeibeamte eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht treffen können.
Der Kläger beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zu ändern und festzustellen, dass die Beschlagnahmeverfügung des Polizeireviers Karlsruhe-Marktplatz vom 29. Juni 2005 von Anfang an rechtswidrig war.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er ist der Auffassung, dass mangels Wiederholungsgefahr eine Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht bestehe.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt (§ 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 RVG).

Tenor

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG auf 50.000 € (in Worten: fünfzigtausend Euro) festgesetzt.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt (§ 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 RVG).

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - ist insoweit unwirksam.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 4/5, der Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beschlagnahme eines Films rechtswidrig war.
Am 29.06.2005 hielt sich der Kläger im Lesesaal der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe auf. Dort fotografierte er ohne deren Einwilligung eine andere Bibliotheksnutzerin, Frau ..., die ihm seiner Ansicht nach den von ihm benutzten Arbeitsplatz streitig gemacht hatte. Der Aufforderung von Frau ..., den Film herauszugeben, kam der Kläger nicht nach. Der hinzu gerufene Polizeivollzugsdienst verbrachte den Kläger zum Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz, wo der Film beschlagnahmt und in Verwahrung genommen wurde. In der dem Kläger ausgehändigten Beschlagnahmeverfügung wird als Grund für die Beschlagnahme angegeben „Schutz privater Rechte (KUG)“. Im Vermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe - Polizeirevier Marktplatz - vom 09.08.2005 wird ausgeführt, dass weder strafrechtliche noch ordnungswidrigkeitenrechtliche Vorschriften verletzt worden seien; es seien ausschließlich die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu schützen gewesen. Diese sei angewiesen worden, sich unverzüglich an das Amtsgericht Karlsruhe zu wenden, um dort eine Entscheidung über den Verbleib des Films zu erwirken.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2005 erhob Frau ... vor dem Amtsgericht Karlsruhe Klage gegen den Kläger und begehrte die Herausgabe des Films, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nachdem das Amtsgericht den zugleich gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 20.09.2005 abgelehnt hatte, verfolgte Frau ... die Klage nicht weiter.
Mit seinem am 29.07.2005 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass eine nach § 22 KUG allein verbotene Veröffentlichung oder Verbreitung des Bildes nicht zu befürchten sei. Eine andere Vorschrift, die das Fotografieren von Personen hindere, sei nicht ersichtlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2005 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Beschlagnahme sei auf Antrag der Besucherin der Landesbibliothek erfolgt, um das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, das bereits durch das Herstellen eines Bildes berührt sei, zu schützen. Von einer missbräuchlichen Verwendung der Bilder durch den Kläger sei auszugehen. Die Beschlagnahme habe als vorläufige Sicherungsmaßnahme der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gedient. Die gefertigten Bilder würden bis zu einer gerichtlichen Entscheidung beim Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz verwahrt.
Der Kläger hat hiergegen zunächst Anfechtungsklage erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, dass er Frau ... zum Zwecke der Identifizierung fotografiert habe. Sie habe ihn als „devil“ bezeichnet. Auch habe der Verdacht bestanden, dass sie an den gegen ihn gerichteten Giftangriffen beteiligt gewesen sei; denn er habe den Platz am Fenster bewusst gewählt, nachdem in der Bibliothek verschiedentlich an anderen Stellen Giftstoffe emittiert worden seien. Aus der Entscheidung des Amtsgerichts ergebe sich, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben gewesen sei; eine Beschlagnahme dürfe aber nicht an Stelle einer unzulässigen zivilrechtlichen einstweiligen Verfügung erfolgen. Nach einem gerichtlichen Hinweis, dass die Beschlagnahme zwischenzeitlich nach Ablauf der sechsmonatigen Höchstdauer gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG automatisch außer Kraft getreten sei, hat der Beklagte mitgeteilt, dass der beschlagnahmte Film der Stadt Karlsruhe zugeleitet worden sei, die allerdings eine Einziehung nicht verfügt habe. Der Kläger hat daraufhin u.a. auf eine Wiederholungsgefahr und eine diskriminierende Wirkung der polizeilichen Maßnahme verwiesen. Darüber hinaus hat er ausgeführt, dass er bei der Einsicht in die Gerichtsakten im Verwaltungsgericht mit Giftgasen angegriffen worden sei.
Mit Urteil vom 02.04.2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage, mit der nunmehr sachdienlich ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren verfolgt werde, abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Aufgrund der Umstände der Beschlagnahme - heftige verbale Dispute in der Bibliothek und die anschließende Verbringung des Klägers auf das Polizeirevier - bestehe ein Rehabilitationsinteresse des Klägers. Die Klage sei aber nicht begründet. Die Beschlagnahme sei rechtmäßig gewesen. Aufgrund der Gesamtumstände des Lebenssachverhalts habe jedenfalls die Anscheinsgefahr bestanden, dass der Kläger die von ihm angefertigten Fotos zur Begehung von Rechtsverstößen habe verwenden wollen. Die Polizei habe aufgrund des Verhaltens des Klägers und seiner Einlassungen bei verständiger Würdigung des Falles davon ausgehen dürfen, dass der Kläger bei Nichtbeschlagnahme der Bilder gegen § 240 oder § 164 StGB verstoßen werde. Die Beschlagnahme sei insoweit auch für die volle Dauer von 6 Monaten erforderlich gewesen, da der Kläger auch über diese Frist hinaus die Verdächtigungen gegenüber der fotografierten Frau aufrechterhalten habe. Unbeachtlich sei, dass in der Beschlagnahmeverfügung und im Widerspruchsbescheid auf eine andere Begründung abgestellt worden sei.
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 12.12.2007 - 1 S 1146/07 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung teilweise für erledigt erklärt haben, nunmehr vor: Für die Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahmeverfügung komme es allein darauf an, ob die zum Zeitpunkt der Beschlagnahme angenommenen Gründe die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage erfüllten. Der handelnde Beamte habe indessen zu Unrecht angenommen, dass ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz vorliege. Rechtswidrig wäre die Beschlagnahme aber auch dann, wenn auf das erst im Widerspruchsbescheid herangezogene allgemeine Persönlichkeitsrecht abgestellt würde. Es sei bereits zweifelhaft, ob es bei einer Aufnahme außerhalb des Bereichs der geschützten Privatsphäre überhaupt tangiert sei. Jedenfalls stehe der Beschlagnahme die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG entgegen. Er habe nämlich keine Anstalten gemacht, weitere Fotos zu machen. Im Übrigen könne allein die Tatsache, dass die Durchsetzung privater Rechte über die Gerichte stets schwieriger sei als die Vollstreckung durch einen Hoheitsträger, das Eingreifen der Polizei nicht rechtfertigen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Verstöße gegen die Strafgesetze unmittelbar bevorgestanden hätten, sei völlig aus der Luft gegriffen. Im Übrigen führe eine solche Auswechslung der Begründung entweder zum unzulässigen Verlust der Wesensidentität des Verwaltungsakts oder mache diesen zumindest ermessensfehlerhaft. Denn ohne Kenntnis des zu schützenden Rechtsguts habe der Polizeibeamte eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht treffen können.
Der Kläger beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zu ändern und festzustellen, dass die Beschlagnahmeverfügung des Polizeireviers Karlsruhe-Marktplatz vom 29. Juni 2005 von Anfang an rechtswidrig war.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er ist der Auffassung, dass mangels Wiederholungsgefahr eine Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht bestehe.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Eine ratsuchende Schwangere ist unverzüglich zu beraten.

(2) Die Schwangere kann auf ihren Wunsch gegenüber der sie beratenden Person anonym bleiben.

(3) Soweit erforderlich, sind zur Beratung im Einvernehmen mit der Schwangeren

1.
andere, insbesondere ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkräfte,
2.
Fachkräfte mit besonderer Erfahrung in der Frühförderung behinderter Kinder und
3.
andere Personen, insbesondere der Erzeuger sowie nahe Angehörige,
hinzuzuziehen.

(4) Die Beratung ist für die Schwangere und die nach Absatz 3 Nr. 3 hinzugezogenen Personen unentgeltlich.

(1) Die Beratungsstelle hat nach Abschluß der Beratung der Schwangeren eine mit Namen und Datum versehene Bescheinigung darüber auszustellen, daß eine Beratung nach den §§ 5 und 6 stattgefunden hat.

(2) Hält die beratende Person nach dem Beratungsgespräch eine Fortsetzung dieses Gesprächs für notwendig, soll diese unverzüglich erfolgen.

(3) Die Ausstellung einer Beratungsbescheinigung darf nicht verweigert werden, wenn durch eine Fortsetzung des Beratungsgesprächs die Beachtung der in § 218a Abs. 1 des Strafgesetzbuches vorgesehenen Fristen unmöglich werden könnte.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations- und Kommunikationsdienste handelt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung

1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder
3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Zeuge kann jedoch auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, soweit sie zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten oder der ihm im Hinblick auf seine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilungen oder deren Inhalts führen würde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - ist insoweit unwirksam.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 4/5, der Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beschlagnahme eines Films rechtswidrig war.
Am 29.06.2005 hielt sich der Kläger im Lesesaal der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe auf. Dort fotografierte er ohne deren Einwilligung eine andere Bibliotheksnutzerin, Frau ..., die ihm seiner Ansicht nach den von ihm benutzten Arbeitsplatz streitig gemacht hatte. Der Aufforderung von Frau ..., den Film herauszugeben, kam der Kläger nicht nach. Der hinzu gerufene Polizeivollzugsdienst verbrachte den Kläger zum Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz, wo der Film beschlagnahmt und in Verwahrung genommen wurde. In der dem Kläger ausgehändigten Beschlagnahmeverfügung wird als Grund für die Beschlagnahme angegeben „Schutz privater Rechte (KUG)“. Im Vermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe - Polizeirevier Marktplatz - vom 09.08.2005 wird ausgeführt, dass weder strafrechtliche noch ordnungswidrigkeitenrechtliche Vorschriften verletzt worden seien; es seien ausschließlich die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu schützen gewesen. Diese sei angewiesen worden, sich unverzüglich an das Amtsgericht Karlsruhe zu wenden, um dort eine Entscheidung über den Verbleib des Films zu erwirken.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2005 erhob Frau ... vor dem Amtsgericht Karlsruhe Klage gegen den Kläger und begehrte die Herausgabe des Films, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nachdem das Amtsgericht den zugleich gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 20.09.2005 abgelehnt hatte, verfolgte Frau ... die Klage nicht weiter.
Mit seinem am 29.07.2005 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass eine nach § 22 KUG allein verbotene Veröffentlichung oder Verbreitung des Bildes nicht zu befürchten sei. Eine andere Vorschrift, die das Fotografieren von Personen hindere, sei nicht ersichtlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2005 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Beschlagnahme sei auf Antrag der Besucherin der Landesbibliothek erfolgt, um das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, das bereits durch das Herstellen eines Bildes berührt sei, zu schützen. Von einer missbräuchlichen Verwendung der Bilder durch den Kläger sei auszugehen. Die Beschlagnahme habe als vorläufige Sicherungsmaßnahme der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gedient. Die gefertigten Bilder würden bis zu einer gerichtlichen Entscheidung beim Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz verwahrt.
Der Kläger hat hiergegen zunächst Anfechtungsklage erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, dass er Frau ... zum Zwecke der Identifizierung fotografiert habe. Sie habe ihn als „devil“ bezeichnet. Auch habe der Verdacht bestanden, dass sie an den gegen ihn gerichteten Giftangriffen beteiligt gewesen sei; denn er habe den Platz am Fenster bewusst gewählt, nachdem in der Bibliothek verschiedentlich an anderen Stellen Giftstoffe emittiert worden seien. Aus der Entscheidung des Amtsgerichts ergebe sich, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben gewesen sei; eine Beschlagnahme dürfe aber nicht an Stelle einer unzulässigen zivilrechtlichen einstweiligen Verfügung erfolgen. Nach einem gerichtlichen Hinweis, dass die Beschlagnahme zwischenzeitlich nach Ablauf der sechsmonatigen Höchstdauer gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG automatisch außer Kraft getreten sei, hat der Beklagte mitgeteilt, dass der beschlagnahmte Film der Stadt Karlsruhe zugeleitet worden sei, die allerdings eine Einziehung nicht verfügt habe. Der Kläger hat daraufhin u.a. auf eine Wiederholungsgefahr und eine diskriminierende Wirkung der polizeilichen Maßnahme verwiesen. Darüber hinaus hat er ausgeführt, dass er bei der Einsicht in die Gerichtsakten im Verwaltungsgericht mit Giftgasen angegriffen worden sei.
Mit Urteil vom 02.04.2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage, mit der nunmehr sachdienlich ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren verfolgt werde, abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Aufgrund der Umstände der Beschlagnahme - heftige verbale Dispute in der Bibliothek und die anschließende Verbringung des Klägers auf das Polizeirevier - bestehe ein Rehabilitationsinteresse des Klägers. Die Klage sei aber nicht begründet. Die Beschlagnahme sei rechtmäßig gewesen. Aufgrund der Gesamtumstände des Lebenssachverhalts habe jedenfalls die Anscheinsgefahr bestanden, dass der Kläger die von ihm angefertigten Fotos zur Begehung von Rechtsverstößen habe verwenden wollen. Die Polizei habe aufgrund des Verhaltens des Klägers und seiner Einlassungen bei verständiger Würdigung des Falles davon ausgehen dürfen, dass der Kläger bei Nichtbeschlagnahme der Bilder gegen § 240 oder § 164 StGB verstoßen werde. Die Beschlagnahme sei insoweit auch für die volle Dauer von 6 Monaten erforderlich gewesen, da der Kläger auch über diese Frist hinaus die Verdächtigungen gegenüber der fotografierten Frau aufrechterhalten habe. Unbeachtlich sei, dass in der Beschlagnahmeverfügung und im Widerspruchsbescheid auf eine andere Begründung abgestellt worden sei.
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 12.12.2007 - 1 S 1146/07 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung teilweise für erledigt erklärt haben, nunmehr vor: Für die Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahmeverfügung komme es allein darauf an, ob die zum Zeitpunkt der Beschlagnahme angenommenen Gründe die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage erfüllten. Der handelnde Beamte habe indessen zu Unrecht angenommen, dass ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz vorliege. Rechtswidrig wäre die Beschlagnahme aber auch dann, wenn auf das erst im Widerspruchsbescheid herangezogene allgemeine Persönlichkeitsrecht abgestellt würde. Es sei bereits zweifelhaft, ob es bei einer Aufnahme außerhalb des Bereichs der geschützten Privatsphäre überhaupt tangiert sei. Jedenfalls stehe der Beschlagnahme die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG entgegen. Er habe nämlich keine Anstalten gemacht, weitere Fotos zu machen. Im Übrigen könne allein die Tatsache, dass die Durchsetzung privater Rechte über die Gerichte stets schwieriger sei als die Vollstreckung durch einen Hoheitsträger, das Eingreifen der Polizei nicht rechtfertigen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Verstöße gegen die Strafgesetze unmittelbar bevorgestanden hätten, sei völlig aus der Luft gegriffen. Im Übrigen führe eine solche Auswechslung der Begründung entweder zum unzulässigen Verlust der Wesensidentität des Verwaltungsakts oder mache diesen zumindest ermessensfehlerhaft. Denn ohne Kenntnis des zu schützenden Rechtsguts habe der Polizeibeamte eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht treffen können.
Der Kläger beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zu ändern und festzustellen, dass die Beschlagnahmeverfügung des Polizeireviers Karlsruhe-Marktplatz vom 29. Juni 2005 von Anfang an rechtswidrig war.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er ist der Auffassung, dass mangels Wiederholungsgefahr eine Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht bestehe.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt (§ 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 RVG).

Tenor

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG auf 50.000 € (in Worten: fünfzigtausend Euro) festgesetzt.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt (§ 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 RVG).

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - ist insoweit unwirksam.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 4/5, der Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beschlagnahme eines Films rechtswidrig war.
Am 29.06.2005 hielt sich der Kläger im Lesesaal der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe auf. Dort fotografierte er ohne deren Einwilligung eine andere Bibliotheksnutzerin, Frau ..., die ihm seiner Ansicht nach den von ihm benutzten Arbeitsplatz streitig gemacht hatte. Der Aufforderung von Frau ..., den Film herauszugeben, kam der Kläger nicht nach. Der hinzu gerufene Polizeivollzugsdienst verbrachte den Kläger zum Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz, wo der Film beschlagnahmt und in Verwahrung genommen wurde. In der dem Kläger ausgehändigten Beschlagnahmeverfügung wird als Grund für die Beschlagnahme angegeben „Schutz privater Rechte (KUG)“. Im Vermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe - Polizeirevier Marktplatz - vom 09.08.2005 wird ausgeführt, dass weder strafrechtliche noch ordnungswidrigkeitenrechtliche Vorschriften verletzt worden seien; es seien ausschließlich die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu schützen gewesen. Diese sei angewiesen worden, sich unverzüglich an das Amtsgericht Karlsruhe zu wenden, um dort eine Entscheidung über den Verbleib des Films zu erwirken.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2005 erhob Frau ... vor dem Amtsgericht Karlsruhe Klage gegen den Kläger und begehrte die Herausgabe des Films, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nachdem das Amtsgericht den zugleich gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 20.09.2005 abgelehnt hatte, verfolgte Frau ... die Klage nicht weiter.
Mit seinem am 29.07.2005 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass eine nach § 22 KUG allein verbotene Veröffentlichung oder Verbreitung des Bildes nicht zu befürchten sei. Eine andere Vorschrift, die das Fotografieren von Personen hindere, sei nicht ersichtlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2005 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Beschlagnahme sei auf Antrag der Besucherin der Landesbibliothek erfolgt, um das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, das bereits durch das Herstellen eines Bildes berührt sei, zu schützen. Von einer missbräuchlichen Verwendung der Bilder durch den Kläger sei auszugehen. Die Beschlagnahme habe als vorläufige Sicherungsmaßnahme der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gedient. Die gefertigten Bilder würden bis zu einer gerichtlichen Entscheidung beim Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz verwahrt.
Der Kläger hat hiergegen zunächst Anfechtungsklage erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, dass er Frau ... zum Zwecke der Identifizierung fotografiert habe. Sie habe ihn als „devil“ bezeichnet. Auch habe der Verdacht bestanden, dass sie an den gegen ihn gerichteten Giftangriffen beteiligt gewesen sei; denn er habe den Platz am Fenster bewusst gewählt, nachdem in der Bibliothek verschiedentlich an anderen Stellen Giftstoffe emittiert worden seien. Aus der Entscheidung des Amtsgerichts ergebe sich, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben gewesen sei; eine Beschlagnahme dürfe aber nicht an Stelle einer unzulässigen zivilrechtlichen einstweiligen Verfügung erfolgen. Nach einem gerichtlichen Hinweis, dass die Beschlagnahme zwischenzeitlich nach Ablauf der sechsmonatigen Höchstdauer gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG automatisch außer Kraft getreten sei, hat der Beklagte mitgeteilt, dass der beschlagnahmte Film der Stadt Karlsruhe zugeleitet worden sei, die allerdings eine Einziehung nicht verfügt habe. Der Kläger hat daraufhin u.a. auf eine Wiederholungsgefahr und eine diskriminierende Wirkung der polizeilichen Maßnahme verwiesen. Darüber hinaus hat er ausgeführt, dass er bei der Einsicht in die Gerichtsakten im Verwaltungsgericht mit Giftgasen angegriffen worden sei.
Mit Urteil vom 02.04.2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage, mit der nunmehr sachdienlich ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren verfolgt werde, abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Aufgrund der Umstände der Beschlagnahme - heftige verbale Dispute in der Bibliothek und die anschließende Verbringung des Klägers auf das Polizeirevier - bestehe ein Rehabilitationsinteresse des Klägers. Die Klage sei aber nicht begründet. Die Beschlagnahme sei rechtmäßig gewesen. Aufgrund der Gesamtumstände des Lebenssachverhalts habe jedenfalls die Anscheinsgefahr bestanden, dass der Kläger die von ihm angefertigten Fotos zur Begehung von Rechtsverstößen habe verwenden wollen. Die Polizei habe aufgrund des Verhaltens des Klägers und seiner Einlassungen bei verständiger Würdigung des Falles davon ausgehen dürfen, dass der Kläger bei Nichtbeschlagnahme der Bilder gegen § 240 oder § 164 StGB verstoßen werde. Die Beschlagnahme sei insoweit auch für die volle Dauer von 6 Monaten erforderlich gewesen, da der Kläger auch über diese Frist hinaus die Verdächtigungen gegenüber der fotografierten Frau aufrechterhalten habe. Unbeachtlich sei, dass in der Beschlagnahmeverfügung und im Widerspruchsbescheid auf eine andere Begründung abgestellt worden sei.
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 12.12.2007 - 1 S 1146/07 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung teilweise für erledigt erklärt haben, nunmehr vor: Für die Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahmeverfügung komme es allein darauf an, ob die zum Zeitpunkt der Beschlagnahme angenommenen Gründe die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage erfüllten. Der handelnde Beamte habe indessen zu Unrecht angenommen, dass ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz vorliege. Rechtswidrig wäre die Beschlagnahme aber auch dann, wenn auf das erst im Widerspruchsbescheid herangezogene allgemeine Persönlichkeitsrecht abgestellt würde. Es sei bereits zweifelhaft, ob es bei einer Aufnahme außerhalb des Bereichs der geschützten Privatsphäre überhaupt tangiert sei. Jedenfalls stehe der Beschlagnahme die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG entgegen. Er habe nämlich keine Anstalten gemacht, weitere Fotos zu machen. Im Übrigen könne allein die Tatsache, dass die Durchsetzung privater Rechte über die Gerichte stets schwieriger sei als die Vollstreckung durch einen Hoheitsträger, das Eingreifen der Polizei nicht rechtfertigen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Verstöße gegen die Strafgesetze unmittelbar bevorgestanden hätten, sei völlig aus der Luft gegriffen. Im Übrigen führe eine solche Auswechslung der Begründung entweder zum unzulässigen Verlust der Wesensidentität des Verwaltungsakts oder mache diesen zumindest ermessensfehlerhaft. Denn ohne Kenntnis des zu schützenden Rechtsguts habe der Polizeibeamte eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht treffen können.
Der Kläger beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. April 2007 - 3 K 3158/05 - zu ändern und festzustellen, dass die Beschlagnahmeverfügung des Polizeireviers Karlsruhe-Marktplatz vom 29. Juni 2005 von Anfang an rechtswidrig war.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er ist der Auffassung, dass mangels Wiederholungsgefahr eine Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht bestehe.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll gegebene Erklärung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 125 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
16 
Im Übrigen ist die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
17 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die angefochtene Beschlagnahmeverfügung hat sich nach der Klageerhebung erledigt. Allerdings hat die Beschlagnahme nicht automatisch durch Zeitablauf ihren Regelungsgehalt, nämlich die Anordnung eines behördlichen Gewahrsams (siehe Dolderer VBlBW 2003, 222), verloren. Zwar bestimmt § 33 Abs. 3 Satz 2 PolG, dass eine Beschlagnahme längstens sechs Monate aufrechterhalten werden darf. Wird diese materiell-rechtliche Vorgabe in einer Beschlagnahmeverfügung nicht beachtet, ist diese rechtswidrig; sie verliert deswegen aber nicht automatisch ihre Wirksamkeit. Im Widerspruchsbescheid wurde die Beschlagnahme nicht auf eine Höchstdauer von sechs Monaten beschränkt, sondern vielmehr „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung“ angeordnet. Eine solche Entscheidung, mit der nach den Ausführungen im Bescheid nur eine zivilgerichtliche gemeint sein konnte, war zwar schon im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten; denn Frau ... hatte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch das Amtsgericht ihre Klage nicht mehr weiter betrieben. Der Widerspruchsbescheid erstreckte die Geltungsdauer indessen bis zu einem solchen unbestimmten Zeitpunkt. Die Beschlagnahmeverfügung hat sich demnach erst dann erledigt, als das Polizeipräsidium den Film an die Stadt Karlsruhe weitergeleitet und damit den bei ihm begründeten amtlichen Gewahrsam beendet hat.
18 
2. Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zulässig. Der Kläger ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bezogen auf den Zeitpunkt feststellen zu lassen, der im Erledigungszeitpunkt für den mit der ursprünglichen Anfechtungsklage geltend gemachten Aufhebungsanspruch maßgeblich war. Dies ist bei einem Dauerverwaltungsakt wie der Beschlagnahme grundsätzlich der Zeitpunkt der Erledigung. Allerdings kommt auch bei einem Anfechtungsstreit insoweit nicht nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts ex nunc - nur für die Zukunft -, sondern auch ex tunc - bezogen auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1994 - 11 C 25.93 -, BVerwGE 97, 214 <220 f.>; Gerhardt in: Schoch u.a. , VwGO, § 113 Rn. 34 f.). Demnach kann auch in der veränderten prozessualen Situation die Rechtswidrigkeit eines Dauerverwaltungsakts bezogen auf verschiedene Zeitpunkte geltend gemacht werden (siehe Urteil des erk. Senats vom 17.07.2000 - 1 S 1862/99 -, VBlBW 2001, 100 <101>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <158 f., 163>).
19 
3. Der Kläger kann sich auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung stützen.
20 
a) Aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr kann dieses aber nicht hergeleitet werden. Denn diese setzte die hinreichend bestimmte Gefahr aus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom für 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23). Hierfür ist aber nichts ersichtlich.
21 
b) Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
22 
Der Kläger beruft sich auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen der diskriminierenden Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. nur Urteil des erk. Senats vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Ob der Kläger in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats in diesem Sinne noch auf merkliche ungünstige Nachwirkungen im persönlichen oder gesellschaftlichen Bereich verweisen kann, erscheint fraglich, bedarf hier aber keiner weiteren Prüfung. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engen Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
23 
Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein Feststellungsinteresse begründen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Auch bei der Beschlagnahme fällt insoweit ins Gewicht, dass aufgrund von deren nur verhältnismäßig kurzer Dauer der gebotene Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren kaum gewährt werden könnte.
II.
24 
Die Klage ist nicht begründet. Die Anordnung der Beschlagnahme war anfänglich rechtmäßig.
25 
1. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes waren nach § 60 Abs. 3 PolG für die auf § 33 Abs. 1 PolG gestützte Maßnahme zuständig. Den formellen Anforderungen des § 33 Abs. 2 PolG wurde durch die Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung entsprochen.
26 
2. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig. Sie war durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 PolG gedeckt.
27 
a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG ist die Polizei zur Beschlagnahme einer Sache ermächtigt, wenn dies erforderlich ist zum Schutze des Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Eine solche Störungslage haben die handelnden Polizeibeamten zutreffend angenommen.
28 
Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG umfasst die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; dazu gehört neben Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 241/81 -, BVerfGE 69, 315 <352>) auch das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>; sowie Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2005, Rn. 236; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rn. 91). Dieses wird u.a. durch das Recht am eigenen Bild konkretisiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <381>; di Fabio in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 173 ff.; Dreier in: ders. , GG, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1, Rn. 72, jeweils m.w.N.). Eine Verletzung dieses Rechts war hier gegeben.
29 
§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 22 KUG Rn. 9; Steffen in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 6 LPG Rn. 119, 123, jeweils m.w.N.; Urteil des erk. Senats vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 -, VBlBW 1995, 282 <283>). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betroffenen in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (siehe BVerfG, Urteil vom 15.11.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 <380 f.>; Beschluss vom 26.02.2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - ). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Beteiligten (BGH, Urteil vom 25.04.1995 - VI ZR 272/94 -, NJW 1995, 1955 <1956 f.>). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betroffene die Anfertigung der Bilder durch den Kläger hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betroffene zu fotografieren, hat der Kläger nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betroffenen, nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Klägers stellte sich aus der Sicht der Betroffenen - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden.
30 
Diese materiell-rechtliche Bewertung wird durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe im Prozesskostenhilfeverfahren schon deswegen nicht in Frage gestellt, weil es die mangelnde Erfolgsaussicht des Herausgabeverlangens mit der Erwägung begründet hat, die Polizei, nicht aber der Kläger, sei im Besitz des Films. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat es sich gar nicht geäußert.
31 
b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.11.2006 - 2 BvR 578/02 u.a. -, BVerfGE 117, 71 <121 f.> m.w.N.; siehe auch Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Kap. E Rn. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
32 
Der Polizeivollzugsdienst des Beklagten hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. Urteil des erk. Senats vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 -, VBlBW 2001, 102 <103>). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Klägers über eine Fotografie der Betroffenen in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
III.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 VwGO.
34 
Soweit das Verfahren die Feststellung der anfänglichen Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme betrifft, hat der Kläger nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten zu tragen.
35 
Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens, dem nach der Interessenlage des Klägers ein verhältnismäßig geringes Gewicht zukommt, findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die Kostenlast des Beklagten der Billigkeit, denn er hat sich durch seine Erklärung in die Rolle des Unterlegenen begeben. Im Übrigen hätte ein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezogener (Hilfs-)Antrag - soweit insoweit ein Feststellungsinteresse gleichfalls bejaht würde - auch Erfolg gehabt. Denn jedenfalls in diesem Zeitpunkt war kein Anlass mehr gegeben, im Wege eines subsidiären polizeilichen Handelns eine zivilgerichtliche Entscheidung offen zu halten. Die Betroffene hatte damals die Bemühungen um Erlangung von Rechtsschutz vor dem Amtsgericht offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt, so dass die Beschlagnahme insoweit ihren Zweck erreicht hatte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 PolG).
36 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
37 
Beschluss
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Eine ratsuchende Schwangere ist unverzüglich zu beraten.

(2) Die Schwangere kann auf ihren Wunsch gegenüber der sie beratenden Person anonym bleiben.

(3) Soweit erforderlich, sind zur Beratung im Einvernehmen mit der Schwangeren

1.
andere, insbesondere ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkräfte,
2.
Fachkräfte mit besonderer Erfahrung in der Frühförderung behinderter Kinder und
3.
andere Personen, insbesondere der Erzeuger sowie nahe Angehörige,
hinzuzuziehen.

(4) Die Beratung ist für die Schwangere und die nach Absatz 3 Nr. 3 hinzugezogenen Personen unentgeltlich.

(1) Die Beratungsstelle hat nach Abschluß der Beratung der Schwangeren eine mit Namen und Datum versehene Bescheinigung darüber auszustellen, daß eine Beratung nach den §§ 5 und 6 stattgefunden hat.

(2) Hält die beratende Person nach dem Beratungsgespräch eine Fortsetzung dieses Gesprächs für notwendig, soll diese unverzüglich erfolgen.

(3) Die Ausstellung einer Beratungsbescheinigung darf nicht verweigert werden, wenn durch eine Fortsetzung des Beratungsgesprächs die Beachtung der in § 218a Abs. 1 des Strafgesetzbuches vorgesehenen Fristen unmöglich werden könnte.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations- und Kommunikationsdienste handelt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung

1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder
3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Zeuge kann jedoch auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, soweit sie zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten oder der ihm im Hinblick auf seine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilungen oder deren Inhalts führen würde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.